Ein Keks zum Verlieben - Lucy Storm - E-Book

Ein Keks zum Verlieben E-Book

Lucy Storm

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Beschreibung

Weihnachten ist die schönste Zeit des Jahres. Davon ist Sarah felsenfest überzeugt. Wären da nur nicht ihr griesgrämiger Chef und ihre zeitraubende Arbeit am Weihnachtsmarktstand bei Winterbachs Weinparadies. Bis Jonas "Keks" Winterbach, der charmante Sohn ihres Chefs, in sie hineinläuft und Sarah feststellen muss, dass Jonas und seine Kekse unverschämt süß und unwiderstehlich sind - einfach zum Verlieben. Jonas ist Anfang 30, Geschäftsmann und backt leidenschaftlich gerne Kekse - besonders zu Weihnachten. Er ist glücklich mit dem Leben, das sein Vater für ihn arrangiert hat. Bis er sich Hals über Kopf in Sarahs verliebt und herausfindet, was er wirklich will ... Meinungen: "Lucy Storms Schreibstil ist leicht zu lesen, aber dennoch niveauvoll. Sie versteht es, sich auszudrücken und beweist sprachliche Gewandtheit." Christoph Haber. "Es ist eine schöne kurzweilige Liebesgeschichte, die unterhaltsam ist und die Lust auf Weihnachten macht." Madeleine E. "Ein Keks zum Verlieben ist zwar ein Kurzroman, doch so süß verpackt, dass dieser alles hat, was auch ein Standardroman beinhaltet. Die Geschichte von Sarah und Jonas ist einfach super und lässt sich dank dem angenehmen Schreibstil auch dementsprechend lesen." Sandra "Der Schreibstil hat mir gut gefallen, er war einfach zu lesen. Ich mochte Jonas von Anfang an. Er ist sehr mutig, wie er sich gegen seine Familie stellt. [...] Auch Sarah mochte ich sehr gerne, ich kann ihre Vorsicht anfangs gut verstehen." D. Oberem "Die Geschichte ist einfach wie Weihnachtsplätzchen mit Zuckerguss. Eine wunderbare, leichte Lektüre. Sehr gerne mehr von Lucy Storm. Von mir eine klare Leseempfehlung." Marlies und Burkhard B. "Die Protagonisten sind äußerst sympathisch und herzlich. Dabei ist der Schreib- und Erzählstil bildhaft, locker und flüssig zu lesen." Ulrikes Bücherschrank.

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Seitenzahl: 145

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Lucy Storm

Ein Keks zum Verlieben

Lucy Storm

Ein Keks zum Verlieben

Roman

Das Buch

Sarah studiert an der Georg-August-Universität Göttingen Germanistik im Zwei-Fach-Bachelor. Besonders der Bereich Linguistik geht ihr dabei gehörig auf die Nerven, weshalb sie mit ihrem Studium länger braucht, als erwartet. Da sie schon 25 Jahre alt ist und nun auch auf eigene Kosten versichert sein muss, jobbt sie für Winterbachs Weinparadies und wird am Weihnachtsmarktstand eingesetzt. Dabei begegnet sie dem charmanten Sohn ihres Chefs. Mit seiner süßen und lockeren Art schafft der 30-jährige Geschäftsmann es, Sarahs Wut auf ihn sowie ihr Herz zum Schmelzen zu bringen. Anfangs war Jonas mit dem von seinem Vater arrangierten Leben zufrieden, bis Sarah im zeigt, worauf es tatsächlich ankommt.

Die Autorin

Lucy Storm wurde 1996 in der Nähe von Hannover geboren und absolvierte ihre Fachhochschulreife im Bereich Ernährung und Hauswirtschaft. Anschließend ging sie für ihr Studium der Kulturwissenschaften nach Frankfurt (Oder). Von dort aus zog es sie für ein Auslandssemester nach Wales, bevor sie an die Georg-August-Universität Göttingen in den Zwei-Fach-Bachelor wechselte. Lucy schrieb in ihrer Jugend Fanfictions, 2020 erschien die Erstausgabe ihres Debütromans »Ein Keks zum Verlieben« bei BoD.

Impressum

Texte: © 2022 Copyright by Lucy Storm

Umschlag: © 2022 Covergestaltung: Kreationswunder by Katie Weber, kreationswunder.de

Verantwortlich

für den Inhalt: Mandy Grimsehl

Bissendorfer Weg 10

30855 Langenhagen

[email protected]

Sie finden mich im Internet unter:

lucystorm.wixsite.com/lucy-storm

Druck: epubli – ein Service der Neopubli GmbH, Berlin

1

Sarah

Hoch konzentriert sitze ich am Küchentisch und versuche mit aller Macht, mir den gesamten Stoff der Linguistik-Klausur in den Kopf zu hämmern. Allerdings ohne großen Erfolg. Wieso muss man als Germanistikstudentin Mengentheorie lernen oder irgendwelche Baumstrukturen aufzeichnen, die sowieso niemanden interessierten? Ernsthaft, bei keinem Vorstellungsgespräch würde ich das brauchen! Nie würde ich irgendwem dabei eine Tabelle zeichnen müssen, nur um anschließend mit einer Formel zu erklären, ob der gegebene Satz wahr oder falsch ist! Welcher Sprachwissenschaftler bevorzugt denn Mathematik, wenn es unkompliziert und mit Wörtern funktioniert?

Frustriert seufze ich auf und vergrabe mein Gesicht in den Händen. Wie soll ich nächsten Freitag nur die Prüfung bestehen? Klar könnte ich sie schieben, aber das würde nur unnötig Zeit kosten, und die hatte ich nicht.

Vor zwei Wochen bin ich fünfundzwanzig geworden. Nun ist mir pünktlich zum 1. Dezember das Kindergeld gestrichen worden, und die Kranken- und Pflegeversicherung verlangte ab diesem Monat einen Beitrag von zirka einhundert Euro von mir.

Also arbeite ich seit einer Woche nebenbei, um mich über Wasser halten zu können.

Wenn alles gut geht, werde ich in einem Jahr den Bachelor-Abschluss in der Tasche haben. Würde ich allerdings durch diese Klausur fallen oder sie schieben, würde sich mein Abschluss um ein ganzes Semester verzögern. Und ehrlich gesagt, will ich mich nicht lange mit undankbaren Nebenjobs durchschlagen müssen, wenn ich stattdessen ein Volontariat bei einer Zeitung, einem Verlag oder beim Fernsehen machen kann! Außerdem studiere ich schon seit drei Jahren und will irgendwann damit fertig werden.

»Da ist aber jemand gut gelaunt!« Die melodische Stimme meiner Mitbewohnerin durchdringt meine Grübeleien und seufzend halte ich inne.

»Hm!«, ist alles, was ich von mir gebe, während ich mich weiter in Selbstmitleid suhle.

»Wow, so schlimm?« Karin legt ihre Hand auf meine Schulter und drückt leicht zu. Gequält schaue ich auf und nicke. Ihre grünbraunen Augen mustern mich. Jedoch nicht, wie ich erwartet hätte, voller Mitleid, sondern amüsiert.

»Das ist nicht lustig! Falle ich durch, habe ich ein Problem!«, maule ich und vergrabe erneut mein Gesicht in meinen Händen.

»Herrgott noch mal, Sarah, jetzt stell dich nicht so an! Es ist nur eine Klausur und keine Feuerprobe. Was meinst du, wie es aussehen wird, wenn du ins Berufsleben einsteigst? Dann musst du innerhalb kürzester Zeit ein fesselndes Thema finden und einen grandiosen Artikel schreiben, wenn du nicht kurz darauf arbeitslos sein willst. Dann wirst du wirklich gestresst sein.«

»Hey, das bin ich jetzt auch! Sogar mehr als während des Praktikums! Da musste ich keinen Schwachsinn auswendig lernen, den kein Schwein braucht.«

Ich funkele sie an, während ich am liebsten das ganze Papier vom Tisch feuern würde.

Karin grinst und unterdrückt ein Lachen. »Du hast recht, ein Schwein braucht das nicht, aber ein Mensch, der Germanistik studiert. Und ich wette, in der Schule hast du auch immer gesagt, dass die Schulzeit ja sooo stressig ist und alles andere danach leichter wird. Du hast einfach einen Hang zur Dramatik! Im Master wird es noch schwieriger … und vom Promovieren will ich gar nicht erst anfangen. Wenn es dir schon im Bachelor zu viel wird, solltest du auf den Master verzichten.«

»Ich hab keinen Hang zur Dramatik, ich sag nur die Wahrheit. Außerdem meckere ich nur bei Linguistik, nicht bei Mediävistik. Und Literatur liebe ich. Aber in der Sprachwissenschaft muss man so unendlich viel lernen … Und dann ist das auch noch kompliziert und abstrakt. Kein Wunder, dass die meisten acht Semester brauchen, weil sie dauernd durchfallen.«

Karin mustert mich mit ernstem Blick. »Dann fang früher an. Im Studium ist Zeitmanagement das Wichtigste. Ich denke aber, für heute solltest du aufhören. Du bist zu verzweifelt, da checkst du eh nichts mehr! Wenn du willst, kann ich dir morgen helfen.« In diesem Moment leuchten ihre Augen liebevoll.

Dankbar sehe ich meine Freundin an. Karin ist zwei Jahre älter als ich und promoviert, ihren Master in Germanistik hat sie mit einem Schnitt von 1,3 bestanden.

Karin streicht sich die rotbraunen Haare, die in sanften Wellen über ihre Schultern fallen, aus dem Gesicht. Sie bringt einige Kilos zu viel auf die Waage, was sie persönlich aber nicht stört. Was mich besonders bei ihr beeindruckt, ist, dass sie immer viel Selbstbewusstsein und Intelligenz ausstrahlt.

»Karin, das ist so lieb, danke schön! Vielleicht habe ich ja so doch noch eine Chance, zu bestehen!«, rufe ich dankbar aus und falle ihr um den Hals. »Wie kann ich mich revanchieren?«

»Bring mir nachher eine Tüte gebrannte Mandeln und zwei Liebesäpfel von Maya’s mit. Dann bin ich happy!«

Erschrocken fällt mein Blick auf die Uhr. Ach du Schande, meine Schicht! Ich hatte ja total vergessen, dass ich in einer halben Stunde auf dem Weihnachtsmarkt beim Stand von Winterbachs Weinparadies sein muss. Zugegeben, obwohl mein Chef ein arroganter und unfreundlicher Anzugträger ist, gibt es bei ihm tatsächlich den besten Glühwein auf dem gesamten Weihnachtsmarkt. Auch die Bezahlung und die Arbeitszeiten sind gut, nur leider hat Markus Winterbach immer etwas zu meckern. Zum Glück muss ich das nur noch bis Ende Dezember aushalten, denn ab Januar habe ich einen Job als Texterin bei einer Marketingagentur ergattern können.

Völlig lustlos stehe ich auf, um mich für den Job fertig zu machen und meinen wundervollen Arbeitspullover überzuziehen. Der Chef besteht darauf, dass jeder Mitarbeiter und jede Mitarbeiterin den grässlichen hellroten Pullover mit übertrieben großem Weihnachtsmann und dem Slogan Bei Winterbach schweben Sie im Weinparadies tragen muss, um Zugehörigkeit und Identifikation auszustrahlen. Abgesehen davon, dass mir das ungemein schwerfällt, kratzt dieses Ding zu allem Überfluss an allen Ecken und Enden, lässt mich mindestens zehn Kilo schwerer aussehen und ist einfach nur unheimlich peinlich. Nur leider muss ich mich damit arrangieren, denn dafür kann ich wenigstens die Versicherung und Lebensmittel bezahlen. Und zum Glück sind mir bisher während meiner Schichten – außer Karin und Chiara – keine weiteren bekannten Gesichter begegnet, sodass mich niemand deshalb hätte verspotten können. Von daher würde ich es noch bis zum Jahresende überleben. Nur schade, dass ich solange die Samstagabende nicht mit meinen beiden Mädels verbringen kann.

Kurze Zeit später verlasse ich die Wohnung. Es ist fast siebzehn Uhr und dunkel. Obwohl es kalt ist, bleibe ich einen kurzen Moment stehen und lasse den traumhaften Winteranblick auf mich wirken. Die Lichter der Stadt leuchten in allen möglichen Farben um die Wette. Da es seit Stunden schon schneit, lässt eine dicke Schneeschicht am Boden den Himmel heller aussehen und bringt mich von jetzt auf gleich in Weihnachtsstimmung. Schon zwei Straßen vom Weihnachtsmarkt entfernt, höre ich Gelächter, Musik und fröhlich klingende Gespräche, und der unverwechselbare Geruch von Glühwein, Lebkuchen, Schmalzkuchen strömen mir entgegen. An vielen Fenstern leuchten Weihnachtsmänner, Lichterketten, Schlitten und Weihnachtssterne mit dem Mond um die Wette, und der Wind bläst die Schneeflocken in alle Richtungen. Kinder spielen mit Freunden oder Eltern im Schnee, liefern sich Schneeballschlachten und bauen Schneemänner. Bei diesem Anblick kann ich mir ein Lächeln nicht verkneifen. Es ist Jahre her, dass wir in Göttingen solch schöne Wintertage gehabt haben, und das auch noch in der Vorweihnachtszeit. Das heutige Wetter erinnerte mich an meine Kindheit, als es normal gewesen ist, wenn draußen Schnee lag und alle Kinder zum Spielen rauskamen.

Kaum am Stand angekommen – es hat etwas länger gedauert, weil ich vorsichtig gehen musste, um nicht auszurutschen –, baut sich mein Chef so nah vor mir auf, dass ich trotz der Dunkelheit seinen leicht gebräunten Teint und die grauen Strähnen in seinen Haaren erkennen kann. Er ist etwas größer als ich und recht rundlich. Wie immer trägt er als Einziger einen Anzug, darüber einen Mantel mit einem Namensschild in den gleichen Farben, mit dem Slogan und dem Weihnachtsmann wie auf unseren Pullovern.

»Es wird auch Zeit, dass du hier auftauchst, Mädchen. Ich bezahle dich nicht fürs Zuspätkommen!«, brummt er schlecht gelaunt. Dass er seine Leute alle duzt, stört mich zwar, ist aber – wie mir eine Kollegin gesagt hatte – nicht zu ändern.

»Aber das waren doch nur fünf Minuten, und es ist so rutschig durch den Schnee«, versuche ich, ihn zu beruhigen.

»Zeit ist Geld. Dann musst du halt früher losgehen! So einfach ist das. Heute lasse ich dir das durchgehen, doch beim nächsten Mal kannst du gleich umkehren. Du wirst nicht hinter der Theke stehen, sondern an die Tische gehen. Vielleicht lernst du dann daraus.« Ohne mich eines weiteren Blickes zu würdigen, wendet er sich einem anderen Mitarbeiter zu. Verdammt, kann der Tag noch beschissener werden? Die Tische sind viel schlimmer als die Theke. Mehrere Kunden geben gleichzeitig ihre Bestellungen auf und behandeln mich manchmal von oben herab. Und dann ist es auch noch rutschig!

Genervt bringe ich meine Tasche hinter der Theke in Sicherheit, lege meine dicke Jacke ab, damit auch alle Kunden meinen tollen Weihnachtsmann-Pullover sehen können, hole mir einen Kugelschreiber und einen Block und beginne mit der Arbeit.

2

Sarah

Genervt nehme ich die Bestellung auf und schiele dabei unauffällig auf meine Armbanduhr. Verdammt, erst zehn vor sechs, und ich habe jetzt schon keine Lust mehr. Denn mir wurde ein besonders anstrengender Tisch mit vier feierwütigen Studenten zugewiesen, die im Gegensatz zu mir ihre Prüfungen schon hinter sich haben und dies nun gebührend feiern wollen. An sich habe ich nichts dagegen, allerdings ist diese Clique unglaublich laut und penetrant. Und ihr Anführer hat mich nun schon zum dritten Mal eingeladen, nach meiner Schicht die Party bei ihm ausklingen zu lassen. Nein danke, eine Nacht mit einem selbstverliebten und betrunkenen Vollidioten brauche ich nun wirklich nicht.

Um meinen Job nicht zu verlieren, lächele ich höflich und lehne erneut ab. Dann drehe ich mich um, gehe zur Theke und gebe die Bestellung an meine Kollegin weiter. Während sie die Getränke fertig macht, kann ich etwas durchatmen, für einen Moment das Geschehen beobachten und über meine Weihnachtsdeko nachdenken.

Normalerweise dekoriere ich die Wohnung immer am 1. Dezember, um möglichst lange die Vorfreude auf Weihnachten auskosten zu können. Doch durch meinen Job und die Klausurvorbereitungen habe ich es bisher nicht geschafft. Aber ich nehme mir vor, es auf jeden Fall morgen nach dem Lernen mit Karin zu erledigen, dann werde ich endlich Zeit dafür haben und sicherlich wird mir Chiara, unsere andere Mitbewohnerin, dabei behilflich sein.

Bevor ich mir weiter in Gedanken das perfekt dekorierte Wohnzimmer vorstellen kann, klopft mir meine Kollegin auf die Schulter und drückt mir ein Tablett mit vier Gläsern in die Hand. Auf dem Weg zurück an den Tisch, schlängele ich mich vorsichtig an Pärchen, Familien und Cliquen vorbei. Doch nur wenige Meter von meinem Ziel entfernt, läuft jemand in mich hinein, und ich verschütte die Getränke ausgerechnet auf meinen Pullover. Die Gläser fallen klirrend zu Boden. Na, danke auch!

»Können Sie nicht aufpassen!«, schimpfe ich und starre entsetzt das Desaster auf meinem Pullover an. »Es ist schon peinlich genug, dieses Ding zu tragen, wenn es sauber ist. Mich so den Gästen zu präsentieren, hatte ich nicht vorgehabt.«

»Entschuldige bitte, das wollte ich nicht. Ich hab wohl nicht aufgepasst. Hast du dich verletzt?« Die Stimme klingt sanft, aber ich bin viel zu gereizt, als dass mich das beruhigen könnte.

»Verletzt nicht, aber wie sehe ich denn jetzt aus! Und … wieso duzen Sie mich eigentlich?«, gebe ich daher bissig zurück. Ich bin wirklich total sauer, während ich mit dem Tuch, das fürs Tischeabwischen gedacht war, versuche, meinen Pulli etwas abzutrocknen.

»Ach komm schon! Wie alt bist du … zweiundzwanzig, dreiundzwanzig? Da kannst du doch nicht ernsthaft aufs Siezen bestehen«, erwidert er lachend.

Die Wut in mir kocht hoch und zwinge mich, jetzt doch aufzusehen. Und was ich sehe, gefällt mir – gegen meinen Willen – verdammt gut.

Er ist sicher ein paar Jahre älter als ich und die dunkelbraune Wuschelfrisur sieht extrem gut an ihm aus. Seine grau-blauen Augen funkeln mich amüsiert an, und kleine Grübchen in seinem Gesicht lassen mein Herz höher schlagen. Verdammt, wäre der Typ nicht so arrogant, könnte ich ihn glatt mögen, schießt es mir unweigerlich durch den Kopf.

Nach einem deutlichen Räuspern finde ich endlich meine Sprache wieder. »Doch, das tue ich … normalerweise … bei Gästen. Mein Alter geht dich zwar nichts an, aber ich bin fünfundzwanzig. Da darf ich schon mal drauf bestehen, dass völlig Fremde mich siezen.«

Der Typ ist noch größer als mein Chef, er überragt mich um eine ganze Kopflänge. Aber im Unterschied zu Herrn Winterbach wirkt er sehr sportlich. Ich dachte, dass das Thema damit beendet ist, doch er lässt nicht locker, sondern grinst nur frech, was ihn sehr sympathisch macht. »Du bist echt schon fünfundzwanzig? Hätte ich nie gedacht. Durch deine blonden Engelslocken, deine geröteten Wangen und das auch noch in Kombi mit dem Pulli, hab ich dich halt jünger geschätzt.«

Etwas verlegen sehe ich zum ihm auf, da er mir nun auch noch seine Hand entgegenstreckt. »Und damit wir uns nicht mehr fremd sind, stelle ich mich mal vor. Ich bin Jonas, und du?«

Bevor ich antworten kann, höre ich meinen Chef rufen: »Sarah, kommst du bitte mal her?« Verdammt, das klingt nach Ärger! Ich schlucke. Hoffentlich feuerte der mich jetzt nicht! Immerhin habe ich seine Kunden für ein Gespräch im Stich gelassen, und die Getränke sind auch noch verschüttet. Mit einem knappen Nicken Richtung Jonas, gehe ich zur Theke zurück.

»Sie wollten mich sprechen, Herr Winterbach?«, versuche ich, die Situation mit besonders viel Höflichkeit in den Griff zu bekommen.

»Allerdings. Wie kann es sein, dass ein erwachsener Mensch zwei Mal am selben Tag Mist auf der Arbeit baut? Ist es nicht schon schlimm genug, dass du heute unpünktlich warst? Nun verschüttest du auch noch Getränke und verplapperst dich, anstatt unsere Kunden erneut zu bedienen. Du wirst jetzt die neue Runde für die Kunden bezahlen, ihnen die Getränke dieses Mal sicher servieren und dich bei ihnen entschuldigen.«

Wie bitte? Das war doch nicht meine Schuld, dass dieser Jonas in mich hineingelaufen ist. Und ich sollte das jetzt ausbaden – verdammt!

»Das war meine Schuld, Vater, nicht Sarahs. Ich war unaufmerksam und habe sie angerempelt. Ich werde also die Getränke bezahlen und sie zum Tisch bringen.«

Mittlerweile steht Jonas neben mir. Moment mal, was? Dieser süße Kerl ist der Sohn von solch einem arroganten und unfreundlichen Anzugträger? Mein Blick wandert von meinem Chef zu seinem Sohn. Erst jetzt fallen mir gewisse Ähnlichkeiten zwischen den beiden auf. Sowohl Jonas, als auch sein Vater, haben eine gerade Körperhaltung und auch seine wunderschönen Augen hat er von seinem Vater geerbt. Wie konnte mir das nur entgehen?

»Ach, ist das so?«, hakt Herr Winterbach entnervt nach. »Ich kann mich nicht daran erinnern, dich zu solch einem Tollpatsch erzogen zu haben. Aber das besprechen wir wann anders, schließlich geht dieses Thema Außenstehende nichts an.«

»Ich bin kein Tollpatsch, sondern ein Mensch, der Fehler macht. Entschuldige, dass ich nicht die Perfektion in Person bin. Es kann nicht jeder wie du sein.« Entrüstet verschränkt Jonas die Arme vor der Brust und atmete tief aus.

Seinen Sohn ignorierend, wendet sich mein Chef wieder mir wieder zu, und sein Blick ist kein bisschen freundlicher als zuvor. »Und nun zu dir, Sarah. Mag sein, dass du für das Verschütten der Getränke nicht verantwortlich bist, also musst du sie auch nicht zahlen. Aber du hast heute dennoch zwei Fehler begangen. Und nun platzt mir der Geduldsfaden. Du bist hier auf der Arbeit, da sind Privatgespräche nicht erwünscht. Das hättest du meinem Sohn sagen sollen. Da du aber die letzten Tage deine Arbeit gut erledigt hast, ist das kein Grund, dir zu kündigen. Aber … du wirst nächste Woche ins Weihnachtsfrauenkostüm schlüpfen und über den Weihnachtsmarkt laufen. Dabei verteilst du Flyer, Kekse und Kostproben unserer alkoholischen und alkoholfreien Glühweine. Freitag werden wir dann sehen, wie es weiter geht. Verstanden?«

Das ist ja wohl nicht wahr! Ich habe nichts verbrochen und soll so bestraft werden? Tränen steigen in meine Augen, aber ich will nicht, dass er sie sieht und einen weiteren Grund findet, mich zu kritisieren. Also blinzele ich sie einfach weg.