Erhalten Sie Zugang zu diesem und mehr als 300000 Büchern ab EUR 5,99 monatlich.
Dillon Fitzgerald, weltberühmter Sänger, ist völlig ausgelaugt. Zu viele Shows und ein viel zu straffer Tourneeplan rauben ihm die Zeit, neue Lieder zu schreiben und auch mal zu entspannen. Was er braucht, ist eine Auszeit, und eine Woche Kreuzfahrt mit dem besten Freund kommt da gerade recht. Er lässt sich einen Bart wachsen und hofft, dass das ausreicht, um ihm eine unbeschwerte Zeit inkognito zu bescheren. Der Finanzberater Tio Smythe-Barrett ist schon ewig mit Dillon befreundet. Als er herausfindet, dass seine Freundin ihn betrogen hat, ist der mit ihr geplante romantische Urlaub für ihn erledigt und er fragt Dillon, ob er nicht mitkommen möchte. Was spricht dagegen, eine Woche mit dem besten Freund Urlaub zu machen? Gemeinsam in der engen Kabine kommen sich die beiden immer näher und die Grenzen ihrer Freundschaft verschwimmen mehr und mehr. Die Zeit mit Tio bringt Dillons Muse zurück und er kann nicht länger leugnen, dass seine Gefühle für Tio mehr als nur freundschaftlicher Natur sind. Er kann sein Glück kaum fassen, als Tio auf sein Flirten reagiert - aber ist er bereit, dafür ihre Freundschaft zu riskieren?
Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:
Seitenzahl: 311
Veröffentlichungsjahr: 2025
Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:
Inhaltsverzeichnis
Klappentext
Widmung
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
Epilog
Über Andrew Grey
Von Andrew Grey
Mehr Bücher von Andrew Grey
Besuchen Sie Dreamspinner Press
Copyright
Von Andrew Grey
Dillon Fitzgerald, weltberühmter Sänger, ist völlig ausgelaugt. Zu viele Shows und ein viel zu straffer Tourneeplan rauben ihm die Zeit, neue Lieder zu schreiben und auch mal zu entspannen. Was er braucht, ist eine Auszeit, und eine Woche Kreuzfahrt mit dem besten Freund kommt da gerade recht. Er lässt sich einen Bart wachsen und hofft, dass das ausreicht, um ihm eine unbeschwerte Zeit inkognito zu bescheren.
Der Finanzberater Tio Smythe-Barrett ist schon ewig mit Dillon befreundet. Als er herausfindet, dass seine Freundin ihn betrogen hat, ist der mit ihr geplante romantische Urlaub für ihn erledigt und er fragt Dillon, ob er nicht mitkommen möchte. Was spricht dagegen, eine Woche mit dem besten Freund Urlaub zu machen?
Gemeinsam in der engen Kabine kommen sich die beiden immer näher und die Grenzen ihrer Freundschaft verschwimmen mehr und mehr. Die Zeit mit Tio bringt Dillons Muse zurück und er kann nicht länger leugnen, dass seine Gefühle für Tio mehr als nur freundschaftlicher Natur sind. Er kann sein Glück kaum fassen, als Tio auf sein Flirten reagiert – aber ist er bereit, dafür ihre Freundschaft zu riskieren?
Für Dominic – Mit dir fühl ich mich dem Himmel ganz nah.
DIE GRÖLENDE Menge elektrisierte ihn. Er stand hinter der Bühne in einem dunklen Anzug, der so eng war, dass die Nähte zu platzen drohten. Eine falsche Bewegung und sein Publikum würde einen Blick auf Teile von ihm erhaschen, die er nur ungern in der Presse wiedersehen würde. Aber er fühlte sich bereit. Die Lichter durchfluteten das riesige Auditorium, in dem an die dreitausend Fans, fast alle weiblich, auf ihn warteten. Jeder hatte eine obszöne Menge Geld bezahlt, um ihn live zu sehen.
„Meine Damen, meine Damen und, na ja, auch die wenigen Herren da draußen … das Orpheum ist überglücklich, Ihnen die magischen Gesangskünste von Dillon Fitzgerald präsentieren zu dürfen.“
Als er seinen Namen hörte, trat er auf die Bühne. Die Fans applaudierten und schrien vor Freude. Er liebte seine Fans und sie ihn. Zumindest stiegen nach jedem Auftritt seine Einnahmen.
„Guten Abend“, sagte er mit seiner kräftigen Baritonstimme, von der er wusste, dass sie Frauen verrückt machte. Das war schon immer so gewesen. „Ich bin so glücklich, hier bei euch in Chicago zu sein. Es ist immer etwas Besonderes, in meiner Heimatstadt zu spielen.“ Beim letzten Wort begann die Band den ersten Song zu spielen, eine Liebesballade namens Home. Es war sein erster Hit gewesen und die Fans liebten ihn als Eröffnung. Viele sangen mit, was sich immer noch unglaublich gut anfühlte. Immer, wenn das Publikum mitsang, bedeutete das, dass er es geschafft hatte, eine Verbindung zu ihm aufzubauen.
Sie sangen und kreischten, und ein paar von ihnen wurden während des Konzerts fast ohnmächtig. Jedes Konzert war verschieden. Das Publikum heute reagierte besser auf seine alten Lieder als auf die neuen, also änderte er die Setlist entsprechend. Sie dankten es ihm mit donnerndem Applaus. Dillon spürte die Liebe, die ihm die Fans entgegenbrachte.
Nachdem er seine zweite Zugabe gespielt hatte und der Vorhang zum letzten Mal gefallen war, gab Dillon der Band das Signal, dass er fertig war. Und das, obwohl das Publikum immer noch wie wild tobte. Er hatte etwas Halsschmerzen und seine Kleidung war komplett durchschwitzt.
„Komm, ich bringe dich in deine Garderobe“, sagte eine Assistentin und führte ihn Backstage. Dillon dankte ihr und schloss die Tür hinter sich. Er schmiss sich auf einen Stuhl, streckte seine Beine aus und kickte seine Schuhe von sich. Bevor er irgendetwas anderes tun konnte, eilte sein Manager Leon hinein.
„Das war unglaublich. Wir haben spezielle WLAN-Verbindungen in der Lobby eingerichtet, und hunderte Fans haben deine Musik schon beim Rausgehen heruntergeladen. Du bist wieder mal der Trend auf Twitter, und Instagram ist voll von dir, seit wir erlaubt haben, dass während der Zugaben Bilder gemacht werden dürfen.“ Er war überglücklich, und Dillon war zufrieden. Leon begeisterte man nicht so schnell.
„Fantastisch.“ Dillon griff nach der Wasserflasche auf dem Tisch und nahm einen Schluck. Er überlegte kurz, den guten Scotch aufzumachen, aber entschied, das für später aufzuheben.
„Wir müssen dich in den Bus und weg vom Veranstaltungsort bringen. Draußen warten viele Fans, die hoffen, noch einen Blick auf dich zu erhaschen.“
„Das ist okay. Ich werde noch ein paar Autogramme geben. Denk an die Fotos dafür.“ Jetzt, da das Konzert vorbei war – das letzte einer dreimonatigen Tour durchs ganze Land –, konnte er sich endlich entspannen und hoffentlich wieder neue Lieder schreiben.
„Okay.“ Leon blieb stehen.
„Ich muss mich umziehen.“ Dillon hatte das Gefühl, als würde er in einer heißen Suppe sitzen. Er musste unbedingt raus aus diesen Kleidern, sich etwas Bequemeres anziehen und ein paar Tage in seiner Wohnung ausruhen. Leon verschwand immer noch nicht, und Dillon war langsam wirklich zu müde für all das hier. „Lass mich bitte allein.“ Normalerweise war er nicht so unverblümt, aber er brauchte einen Moment für sich.
„Ja … sorry“, sagte Leon und verließ die Umkleidekabine.
Dillon zog sich seine Konzertkleidung aus und eine frische schwarze Hose und ein weißes Hemd an. Er fand saubere Socken an und schlüpfte dann in seine Konzertschuhe. So gerne er auch Jeans und T-Shirt angezogen hätte – er hatte ein Image zu bewahren. Komfort musste warten.
Er trank noch mehr Wasser und öffnete dann die Garderoben-Tür. Ellen eilte herein, um sich um seine Kleidung zu kümmern. Sie war Leons Assistentin, und meistens mochte er sie mehr als seinen Manager. „Das Konzert war wunderbar“, sagte sie, während sie seine Kleider aufhängte, um sie später in den Bus zu bringen. Sie würde sie zur Reinigung bringen, damit sie fürs nächste Konzert bereitstünden.
„Vielen Dank. Ich bin froh, dass es dir gefallen hat“, sagte er ihr. „Aber ich bin froh, dass jetzt erst mal Konzertpause ist.“ Er lächelte, als sie zur Tür trat. „Du hast während der gesamten Tour großartige Arbeit geleistet und ich danke dir für alles.“ Er griff in seine Tasche, zog einen Umschlag heraus und gab ihn ihr. „Das ist für all die Male, in denen du dafür gesorgt hast, dass Schokolade, Cola Light und Chips in meinem Zimmer waren.“ Das war Nervennahrung, die Leon ihm eigentlich verboten hatte, damit Dillon nicht zunahm.
Sie öffnete den Umschlag und ihre Augen weiteten sich. „Das ist viel zu viel.“
Dillon tätschelte ihre Schulter. „Das ist es wirklich nicht“, sagte er ihr. Sie drapierte die Kleidung über den Stuhl, steckte den Umschlag in ihre Tasche und umarmte ihn.
„Das ist so toll. So kann ich meiner Schwester bei ihren Unigebühren helfen.“ Sie lächelte ihn an und küsste seine Wange. „Ich weiß, dass du nicht auf Frauen stehst, aber wenn du es tun würdest …“ Sie seufzte und hob die Kleider wieder auf. Sie eilte aus der Umkleidekabine, als Leon wieder hereinkam.
„Hat sie dich gestört?“, fragte Leon.
Dillon schüttelte den Kopf. „Im Gegenteil. Und du musst sie wirklich besser behandeln. Sie ist gut in dem, was sie tut, und ich will sie weiter in meinem Team haben.“ Er sah Leon böse an. Was auch immer dem gerade auf den Lippen lag, erstarb. „Ich bin jetzt so weit.“
„Sicher, dass du dich den Fans noch mal stellen willst?“ , fragte Leon.
Dillon lächelte und nickte. „Lass uns gehen.“ Er wollte seine Fans nicht enttäuschen. Und der Tourbus wartete bereits nicht weit vom Ausgang.
Er folgte Leon. Als er sich dem Meer von Frauen und Blitzgewitter näherte, lächelte er, gab Autogramme und machte ein paar Fotos mit Fans. „Ich muss jetzt leider gehen. Euch alle zu treffen ist wirklich etwas ganz Besonderes für mich, aber es ist schon echt spät und ihr wollt doch alle, dass ich meine Stimme behalte. Ich muss aufhören zu reden und mich ausruhen.“ Er ging die Stufen hinunter und die Fans machten ihm Platz. Er stieg in den Bus und winkte ihnen nochmals zu. Die Tür schloss sich hinter ihm und der Bus fuhr langsam los.
Zum Glück kannten ihn die Bandmitglieder so gut, dass sie wussten, dass er keine Lust mehr zum Reden hatte. Er machte sich auf den Weg in seinen kleinen Bereich im hinteren Bereich des Busses und schmiss sich dort auf sein Doppelbett. Diese Tour war vorbei. Er hatte es geschafft. Aber schon nächsten Monat sollte er mit neuem Material im Studio stehen, und drei Monate später ging es auf Tour durch Europa.
Wenn er zu viel über seinen engen Zeitplan nachdachte, wurde ihm schwindelig, also versuchte er, sich auf das zu konzentrieren, was als nächstes dran war: neue Lieder zu schreiben. Das Problem war, dass er keine Ahnung hatte, was er schreiben sollte. Aber er hatte ja noch etwas Zeit. Die Tour war geschafft und erst einmal konnte er durchatmen. Er würde schon den richtigen Sound finden.
„Wir müssen darüber reden, was als nächstes ansteht.“
Dillon hielt die Augen geschlossen. „Nein. Was wir tun müssen: mir eine Chance zu geben, mich zu erholen. Ich bin müde und ich kann nicht mehr klar denken. Die Tour ist vorbei und ich brauche etwas Zeit für mich.“
„Na ja“, sagte Leon, der sich auf die Bettkante setzte, „es kam eine Anfrage rein. In drei Wochen gibt ein Benefizkonzert für die Ukraine und du sollst daran teilnehmen. Ein großer Sender wird es live im Fernsehen übertragen. Ich denke, wir sollten mitmachen.“
„Okay. Das ist ja nur ein Abend. Das können wir machen. Aber ich brauche den Rest der nächsten Wochen frei. Du weißt, dass ich fürs Schreiben und Komponieren Konzentration brauche. Ich brauche diese Zeit.“ Die brauchte er wirklich.
ES FÜHLTE sich so gut an, in seinem eigenen Bett aufzuwachen. Noch besser war, dass ihn keine Agenten, Manager oder Haushälterinnen störten. Er war zu Hause, und die Morgensonne erhellte den Raum. Er liebte seine Wohnung im dreißigsten Stock eines Wolkenkratzers in der Innenstadt Chicagos. Er hatte einen Blick über den Grant Park und bis hin zum See. An sonnigen Tagen wie diesem funkelte das Wasser, und an regnerischen Tagen schien er den Wolken ganz nah zu sein. Auch dieses Gefühl liebte er.
Dillon stand auf, zog einen dünnen Bademantel an und machte sich auf den Weg in die Küche, wo er sich einen Cappuccino machte und die Morgenzeitung las, die in seiner geräumigen Küche auf dem Tisch lag.
„Da bist du ja schon“, sagte sein Freund Tio, der hereinkam und die Schlüssel zu Dillons Wohnung wieder einsteckte. „Ich dachte, du würdest erst mal ewig schlafen.“ Horatio Smythe-Barrett – oder einfach nur Tio – war seit der achten Klasse sein Freund. Sie hatten sich damals gemeinsam gegen den Klassentyrann gewehrt, der Tio immer mit seinem ganzen Vornamen ansprach. Am Ende hatte er eine blutige Nase, ein zerrissenes Hemd und einen Mund voll Erde. Danach legte er sich nie wieder mit ihnen an.
„Und warum sollte ich?“ Er stellte seine Tasse mit einem Seufzer ab.
„Wenn ich gerade eine Konzerttournee hinter mir hätte, würde ich als Erstes in einen Club gehen und nach jemandem Ausschau halten, der mich in den kalten Nächten in Chicago wärmt.“ Tio machte sich einen Kaffee und setzte sich auf einen Stuhl. Er drehte ihn so, dass er Dillon gegenüber saß. Dillion durchfuhr dabei stets ein Schauer.
Dillon hatte schon vor langer Zeit herausgefunden, dass er Gefühle für seinen Freund hatte. Tio verbrachte viele Stunden im Fitnessstudio und sah entsprechend aus. Er hatte braune Augen, in denen man sich verlieren konnte. Und seine gewellten Haare, die ihm bis zu den Schultern gingen, machten jedem Schmonzetten-Covermodell Konkurrenz. Vor vielen Jahren, mit vielen Martinis intus, hatte Tio zugegeben, dass er glaubte, bisexuell zu sein. Aber soweit es Dillon wusste, war er immer nur mit Frauen zusammen gewesen – leider.
Unabhängig von Tios sexuellen Neigungen würde Dillon sich sowieso nie an ihn ranmachen. Seit Dillon berühmt geworden war, stellte er fest, dass er nur wenige echte Freunde hatte und viele sich einfach etwas von seinem Ruhm erhofften. Tio war keiner davon, er war absolut loyal. Dillon war diese Freundschaft unglaublich wichtig.
„Das ist wahrscheinlich eher dein als mein Ding“, sagte Dillon, bevor er seinen Kaffee austrank. „Vielleicht können wir bald mal zu Abend essen, da ich doch jetzt erst mal eine Weile zu Hause bin.“
Tio setzte seine Tasse mit einem Ruck ab. „Klar. Jederzeit. Ich bin so frei wie ein Vogel.“ Er seufzte unzufrieden.
„Ich nehme an, mit Carole ist es vorbei?“ Tios Beziehungen dauerten nie sehr lange.
„Da kannst du Gift drauf nehmen. Nicht nur, dass sie mich betrogen hat … sie hat auch mein Geburtstagsgeschenk verscherbelt.“ Er seufzte. „Sie war nur hinter meinem Geld her.“ Er hob den Blick. „Ich hätte mich nie von Corey trennen sollen. Sie hat mich manchmal verrückt gemacht, aber ich wusste, dass sie wirklich mich mochte und nicht nur mein Geld.“ Tio war Finanzmanager und verdiente in einem Jahr mehr Geld als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben zusammen.
„Das tut mir echt leid. Ich fand sie nett.“ Dillon hatte Corey nur zweimal kurz getroffen. Sein Freund tat ihm meistens leid – er verdiente jemanden, der ihn mochte, so wie er war, und nicht nur wegen seines Geldes. „Aber du weißt, dass es besser ist, diese Sachen über sie zu wissen und dann einen Schlussstrich zu ziehen.“
„Ich weiß.“ Er zuckte mit den Schultern und trank den letzten Schluck seines Cappuccinos. „Ich muss ins Büro. Ich habe den ganzen Tag Meetings. Ich wollte eigentlich nächste Woche mit Carole in den Urlaub fahren. Es ist zu spät, um abzusagen, aber vielleicht kann mir die Kreuzfahrtgesellschaft eine Gutschrift geben oder so.“
„Fahr doch einfach allein. Da gibt es sicher viele Frauen, mit denen du Spaß haben könntest.“ Tio blieb nie lang allein.
„Alleine eine Kreuzfahrt machen? Das macht doch keinen Spaß!“, erwiderte Tio. „Da ist man die ganze Zeit allein.“ Er verzog sein Gesicht und schüttelte sich. „Und es ist auch noch so eine tolle Kreuzfahrt! Sie startet in Lauderdale und dann geht es nach Aruba und so. Der Winter hier ist so lang und kalt. Ich könnte die Wärme und Sonne wirklich gebrauchen, sonst werde ich noch so blass wie du.“ Er stand auf und ging auf und ab. Dillon kannte das. Tio musste sich immer bewegen, wenn er nachdachte. Tio sah einfach unglaublich aus in seiner Hose und seinem Button-down-Hemd, das wie angegossen saß.
Dillon hatte Tio zwar ein paar Mal nackt im Fitnessstudio gesehen, aber die Art und Weise, wie der Mann Kleidung trug, machte Dillon ganz verrückt. Nicht, dass irgendetwas davon im Geringsten von Bedeutung wäre. Anfangs hatte er sich lange gewünscht, Tio würde seine Gefühle erwidern. Aber jetzt schätzte er ihre Freundschaft viel zu sehr, um irgendwas daran zu ändern. Auf Tio zu stehen war eine ganz schlechte Idee, und Dillon musste endlich aufhören, so über ihn zu denken.
„Dillon“, sagte Tio und zog ihn damit zurück ins Hier und Jetzt, „hörst du mir überhaupt zu? Du hast gerade Zeit und bist nicht auf Tour und in einer Woche geht es los. Du solltest mitkommen.“ Er sah aus, als habe er eben einen Geistesblitz gehabt.
„Wohin?“, fragte Dillon. Er kam nicht hinterher.
„Auf die Kreuzfahrt. Hast du nicht zugehört? Ich habe eine Suite mit viel Platz. Wir können sicher ein zweites Bett arrangieren. Deine Tour ist vorbei und du hast etwas Zeit, bevor du ins Studio zurückgehen musst.“ Er eilte durch den Raum, weg von der Fensterfront, an der er gestanden hatte. „Urlaub würde dir wirklich guttun.“
Das war so was von wahr. Er brauchte eine Auszeit, musste sich auszuruhen. „Wie soll das denn gehen? Sind diese Schiffe nicht voller Menschen? Wie soll ich mich erholen, wenn die Hälfte der Leute an Bord mich erkennt?“
Tio lachte. „Sieh mal einer an. So berühmt, dass er nicht einmal in die Öffentlichkeit gehen kann. Und du hältst mich für eingebildet!“
„Zumindest heule ich im Fitnessstudio nicht rum, weil die Spiegel nicht so hängen, dass ich mir beim Work-out zusehen kann. Du bist einer der eitelsten Menschen, die ich je getroffen habe. Aber darum geht es nicht. Ich meine es ernst! Mich erkennen dauernd Leute. Erinner dich an die Meute vor ein paar Monaten im Supermarkt.“ Er brauchte ernsthaft eine Auszeit, aber ein Urlaub war einfach nicht möglich – zumindest nicht so eine Art von Urlaub.
„Die Leute interessieren sich nicht die ganze Zeit für dich. Lasse dir einen Bart und einen Schnurrbart wachsen und poste in der Zeit keine Bilder in den sozialen Medien. Du bist immer so ordentlich und adrett – anders erkennt dich niemand. Du kannst alle deine dunklen Anzüge zu Hause lassen. Zieh dich anders an, seh anders aus, und niemand wird dich erkennen.“
„Ich kann nicht“, sagte Dillon. „Ich habe vielleicht noch einen Monat Zeit, bevor ich auf Tour gehe, aber ich habe noch viel zu tun, bevor ich ins Studio gehe. Ich kann nicht einfach eine ganze Woche abhauen, so spaßig das auch klingt.“ Er sah auf die Uhr und stellte fest, dass er sich anziehen und beeilen musste. „Du kommst noch zu spät ins Büro.“
Tio ging zur Tür. In diesem Anzug sah er zum Anbeißen aus. Dillon seufzte, als er Tio herausließ und die Tür hinter sich schloss. Es war Zeit, sich an die Arbeit zu machen.
DILLON SAß am Flügel im Wohnzimmer und versuchte, sich etwas Neues auszudenken. Aber alles, was ihm einfiel, waren nur Kopien von Liedern, die er früher schon geschrieben hatte. Er wollte etwas Helles und Handfestes, eine Melodie und Worte, in die er seine Zähne versenken konnte. Es musste mal richtig intensiv sein, nicht leicht und fluffig. Seine Stimme konnte seelenvoll und dramatisch rüberkommen. Das war es, was seine Zuhörer liebten, und er musste abliefern … irgendwie.
Es war erst der erste Tag und er hatte noch Zeit, aber es wäre trotzdem toll, wenn ihm irgendeine Art Inspiration käme. Dann wüsste er zumindest, in welche Richtung es gehen würde. Aber ihm fiel einfach gar nichts ein. Er schloss die Augen und beschloss, seine Finger einfach über die Tastatur wandern zu lassen.
„Dillon, ich muss mit dir reden“, sagte Leon, der plötzlich hereinkam, ohne anzuklopfen.
Dillon erschrak sich und schloss das Klavier mit mehr Druck, als er es beabsichtigt hatte. „Ich muss diese verdammten Schlösser auswechseln lassen“, schwor er sich. „Glaubt eigentlich niemand, dass ich ein Recht auf Privatsphäre habe?“ Er drehte sich um und starrte Leon an.
„Ich habe dreimal versucht anzurufen, aber du hast nicht abgehoben.“ Leon trat ans Klavier. „In New York ist was frei geworden und das Plattenlabel will unbedingt, dass du das machst. Zwei Tage in der Carnegie Hall. Nächste Woche. Es ist die Chance deines Lebens. Nur du und ein Begleitmusiker. Es wäre intim und wirklich etwas Besonderes, und …“ Seine Augen tanzten vor Aufregung.
„Und: nächste Woche. Das würde bedeuten, mich mit einem Begleitmusiker einzuarbeiten, und all das, was zu einem Konzert dazugehört. Und ich habe nur eine Woche Zeit dafür. Plus … eine Million anderer Dinge, die ich noch tun muss.“ Sein Herz schlug so laut, dass er es hören konnte.
„Du hast mir gesagt, dass du schon immer in der Carnegie Hall spielen wolltest“, sagte Leon.
„Das stimmt auch. Aber ich will kein Last-Minute-Ersatz für jemand anderen sein. Außerdem, was wird das Publikum dann denken, wenn ich auf der Bühne auftauche als Ersatz?“ Er schüttelte den Kopf.
„Es ist die Carnegie Hall! Das wäre eine so gute Publicity für dich. Dein Gesicht und Name überall in New York.“ Leon hielt inne. „Denk einfach noch mal darüber nach. Ich muss ihnen bis morgen eine Antwort geben.“ Er eilte aus der Wohnung und Dillon wusste, dass er nicht aufgeben würde. Leon konnte sehr penetrant sein und er würde Dillon bestimmt keinen Moment Ruhe geben, bis er endlich zustimmte.
Vielleicht war er dumm, so eine Chance abzulehnen, aber er war so müde, so unglaublich müde. Wenn er nächste Woche das Konzert geben würde, würde er wahrscheinlich nicht so gut singen, weil er so erschöpft war. Und das Letzte, was er wollte, war ein schlechtes Konzert in der Carnegie Hall geben. Nein, die Gelegenheit würde wieder kommen – er wusste es einfach. Aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt dafür.
Dillon setzte sich wieder ans Klavier, aber er konnte sich einfach nicht konzentrieren. Warum begriff niemand, dass er kein Roboter war und seine Kreativität nicht wie einen Lichtschalter einschalten konnte?
Nachdem er eine Weile am Klavier gesessen hatte, begann er, wieder zu spielen und seine Gedanken schweifen zu lassen. Er spielte einige der Lieder, die er vor Jahren für Konzerte gelernt hatte – alte, vertraute Musik, die ihn beruhigte. Aber es hielt nicht lange an. Der Hunger überkam ihn und er stand auf und bemerkte, dass sein Handy immer noch im anderen Raum war. Er holte es, als es gerade klingelte.
„Was ist denn noch, Leon?“, sagte er, als er abnahm. Er versuchte, seine Stimme unter Kontrolle zu halten. Leon war ein guter Manager und hatte gute Instinkte, auch wenn er manchmal zu aggressiv war.
„Ich habe gerade einen Anruf bekommen und … na ja, sie brauchen eine Antwort, aber es scheint, dass diese Konzerte Teil einer Veranstaltungsserie sind und nur einige von ihnen sind in der Carnegie Hall. Deine wären zwar in Manhattan, aber nicht in der Hall. Ich denke trotzdem, dass wir es tun sollten. Ich kann mich um alles kümmern.“ Verdammt, manchmal wusste er wirklich nicht, wann es genug war.
„Also dieses Konzert, das wirklich sehr viel Arbeit für mich wäre, ist also nicht mal in der Carnegie Hall“, stellte Dillon klar. „Sondern ganz woanders in der Stadt.“
„Ja. Aber sie werden trotzdem stark beworben und es wäre eine tolle Chance für dich. Aber sie brauchen eine schnelle Antwort. Wenn wir es nicht machen, müssen die Konzerte ganz abgesagt werden.“ Plötzlich fühlte sich Dillon sehr müde. Die Energie, die er am Klavier verspürt hatte, war wieder verpufft. „Nimm dir eine Stunde Zeit und schreibe mir dann deine Antwort.“ Leon legte auf und Dillon warf sein Handy aufs Bett, bevor er sich aufs zerknitterte Laken fallen ließ.
Er wusste, er wollte dieses Konzert nicht geben, und es war Zeit für eine Pause. Er fischte nach seinem Telefon und tätigte einen Anruf. „Smythe-Barrett und Sohn“, sagte die Stimme am anderen Ende.
„Bitte verbinden Sie mich mit Tio. Aaron Fisher hier.“ Er benutzte seinen echten Namen und seufzte, während er darauf wartete, durchgestellt zu werden.
„Hey, was ist los?“, fragte Tio. „Gibt es ein Problem?“ Er klang niedergeschlagen und hatte scheinbar einen miesen Tag.
„Steht das Angebot mit der Kreuzfahrt noch?“, fragte Dillon. „Du hast noch nicht storniert, oder?“
„Meinst du das ernst?“, fragte Tio. „Ich wollte da gerade anrufen, um zu stornieren.“
Dillon wusste, dass Leon sauer sein würde, aber er brauchte Urlaub. „Ich meine es ernst. Benutz meinen echten Namen bei der Umbuchung, aber sag niemandem, dass ich mitkomme. Keine sozialen Medien, genau, wie du gesagt hast. Und ja, ich komme mit. Buch mein Flugticket und so. Ich gebe dir natürlich das Geld zurück.“
„Soll das ein Witz sein? Das wird fantastisch.“ Plötzlich klang Tio total glücklich. „Ich organisiere alles und rufe dich heute Abend an.“
„Wunderbar. Sag einfach, wann es los geht.“ Das würde sicher Spaß machen. Sich zu verkleiden und so zu tun, als wäre man jemand ganz Normales. Dillon legte auf und war froh, dass Tio sich um alles kümmerte. Er oder zumindest seine Assistentin.
Er wagte nicht anzurufen, also schrieb er Leon eine Nachricht. Bedanke dich bei den Konzertleuten für die Anfrage, aber ich habe keine Zeit. Ich werde nächste Woche nicht da und auch nicht erreichbar sein. Verdammt, er würde tatsächlich in den Urlaub fahren! Er freute sich darauf, egal, wie sauer Leon sein würde.
„ANNE!“, RIEF Tio, sobald er aufgelegt hatte, „ich brauche deine Hilfe.“ Sie war es gewohnt, sich um Tios seltsame Anfragen zu kümmern.
„Ja, Mr. Smythe-Barrett“, sagte sie ruhig. Tio fragte sich, was er getan hatte, um sie zu verärgern. Sie nannte ihn nur beim Nachnamen, wenn sie fand, er sei herrisch. „Was kann ich für dich tun, O Mächtiger?“
„Hör auf mit dem Mist“, erwiderte er lächelnd, als sein Telefon wieder klingelte. Die Märkte gingen heute auf und ab und er war fast ständig am Telefonieren. Er musste Leute beruhigen, die Finanznachrichten ansahen oder auf ihre App starrten, die ihnen sagte, dass die Kurse gerade um fünfzig Punkte eingefallen seien. Das Geld seiner Kunden zu verwalten und zu vermehren war sein Job, und er war sehr gut darin, aber die ängstlichen Kunden machten ihn fertig. „Es war ein harter Tag und mein Vater möchte sich mit mir treffen.“ Vom Regen in die Traufe. Sein Vater hatte immer irgendwas zu meckern.
Ihr Gesichtsausdruck wurde weicher. „Wie kann ich helfen? Ich sitze noch an den Projektionen, nach denen du vor einer halben Stunde gefragt hast.“
Anne war ein Geschenk des Himmels und ohne sie wäre er absolut aufgeschmissen. Sie kümmerte sich nicht nur um sein Arbeitsleben, sondern teilweise auch um sein Privatleben. „Kannst du die Kreuzfahrtfirma für mich anrufen und Carole aus meiner Buchung entfernen?“
„Oh, Gott sei Dank“, atmete Anne aus. „Ich hatte gehofft, dass ihr euch bald trennen würdet. Die war doch nur hinter deinem Geld her.“ Sie setzte sich. „Machst du die Kreuzfahrt jetzt alleine?“
„Nein. Stattdessen kommt Aaron Fisher mit. Hier sind seine Daten für die Umbuchung. Und kümmere dich auch um einen Flug für ihn. Um den Rest kümmern wir uns heute Abend.“ Er drehte sich um, als sein Handy klingelte – ein weiterer Kunde, mit dem er sprechen musste. „Vielen, vielen Dank. Ich weiß es zu schätzen.“
Tio nahm den Anruf an und war erleichtert, dass es kein ängstlicher Kunde war, sondern nur jemand, der eine große Überweisung tätigen wollte. Tio half ihm bei der Überweisung und bestätigte, dass das Geld angekommen war, bevor er sich bedankte und den Anruf beendete. Das war einer der positiven Momente des Tages. Schade nur, dass der nicht von Dauer war.
Tio hatte den ganzen Nachmittag kaum die Möglichkeit, von seinem Schreibtisch aufzustehen. Am Ende des Tages würde er wahrscheinlich dauerhaft mit seinem Stuhl verschmolzen sein. Als er aufstand, um ins Badezimmer zu gehen, verkrampften sich seine Beine vom stundenlangen Sitzen.
Auf dem Weg zurück zum Schreibtisch spähte er durch die Bürofenster hinaus zur Rezeption und stöhnte auf. Carole stand an der Rezeption. Ihr Gesicht sah verärgert aus. Das war genau das, was er jetzt noch brauchte. Er öffnete die Tür zur Rezeption und ging hindurch. Er konnte sie nicht James, dem Pförtner, überlassen.
„Was willst du, Carole?“, fragte Tio so trocken, wie er nur konnte.
„Oh, Baby“, sagte sie und fing an zu weinen. Er hatte diese Krokodilstränen schon öfter gesehen. Beim ersten Mal hatten sie zugegebenermaßen noch auf ihn gewirkt, aber jetzt nicht mehr. „Ich weiß nicht, was ich machen soll.“
„Wegen was?“, fragte Tio in neutralem Ton. „Dein Weinen wirkt nicht mehr auf mich. Wenn du mit mir reden willst, warum kommst du dann extra her?“ Er blieb bei seinem neutralen Ton. „Du bist die, die mich betrogen hat, nicht andersherum.“
Sie blinzelte ihn mit ihren riesigen, tränengefüllten Augen an. „Ich hatte vor, mit ihm Schluss zu machen. Deinetwegen.“ Sie blinzelte wieder und eine Träne lief über ihre Wange. Für eine Sekunde spürte Tio, wie er unsicherer wurde. „Du und ich wollten doch wegfahren, und ich wollte davor mit Steven Schluss machen.“ Sie schniefte und Tio hatte genug.
Er deutete nach innen und führte sie zu einem der kleinen Konferenzräume, dann schloss er die Tür. „Ich bitte dich. Ich weiß genau, was du getan hast, und dein lächerlicher Versuch, es anders darzustellen als es war, ändert daran nichts.“ Sein Kopf schmerzte und er sah Carole zum ersten Mal wirklich an. Er schüttelte den Kopf. Sie war wunderschön, mit perfekten Haaren und dem Körper eines Models – die Art von Körper, von der Männer ihr Leben lang träumten. Aber dahinter steckte eine Intrigantin, die ihn nur wegen seines Geldes mochte und ausgenutzt hatte.
Sie trat näher an ihn heran. „Komm schon, Tio. Du und ich werden im Urlaub ganz viel Spaß haben. Ich habe Steven gesagt, dass es vorbei ist und ich nur mit dir zusammen sein will.“ Sie legte ihre Arme um seine Schultern, aber ihre Berührung ließ ihn kalt. Da war nichts mehr. Und wahrscheinlich war zwischen ihnen nie etwas Echtes gewesen.
Ein sanftes Klopfen an der Tür ließ ihn aus ihren Armen gleiten. Tio öffnete die Tür und sah Anne vor sich stehen. „Ich habe die Umbuchungen für die Kreuzfahrt vorgenommen, um die du gebeten hast. Carole ist draußen und dein Freund mit dabei. Und ich nahm mir die Freiheit, ihr Flugticket zurückzugeben. Das Geld wurde dir auf deine Kreditkarte zurückerstattet.“ Sie lächelte und Tio hörte Carole hinter sich jammern. Anne kehrte zu ihrem Schreibtisch zurück und Tio ließ die Tür offen.
„Du Bastard“, fluchte Carole. Alle Anzeichen von Traurigkeit waren verschwunden. Tio hatte mehr als genug von ihr. „Du bist wirklich ein Scheißkerl.“
„Nein, bin ich nicht. Nicht von dir auf andere schließen“, sagte Tio ruhig. „Und jetzt schlage ich vor, dass du gehst, bevor ich den Sicherheitsdienst rufe und du hinausbegleitet wirst.“ Er verschränkte die Arme vor seiner Brust und sie rannte wütend aus dem Raum. Dabei wackelte sie mit den Hüften, als wollte sie ihm zeigen, was ihm entging.
Oh Mann, er war plötzlich so müde. Er fragte sich, was er je an ihr gefunden hatte, außer einem tollen Körper. Er musste wirklich aufhören, nur mit seinem Schwanz zu denken, wenn es um Frauen ging. Etwas musste sich definitiv ändern.
Tio hatte längst akzeptiert, dass er sich nicht nur zu Frauen, sondern auch zu Männern hingezogen fühlte. Aber er hatte seine Neugierde noch nie befriedigt. Es hatte immer nur Frauen in seinem Leben gegeben. Tio wusste, dass er gut aussah. Das bestätigte der morgendliche Blick in den Spiegel und die viele Aufmerksamkeit, die ihm andere schenkten. Es war einfach, Frauen kennenzulernen und mit ihnen zu schlafen, also hatte er sich nie anderweitig umgesehen.
Nachdem er zu seinem Schreibtisch zurückgekehrt war, sah er sich die Nachrichten an, die er bekommen hatte, und checkte, wer versucht hatte, ihn anzurufen. Die letzte Person war Dillon. „Es ist alles geklärt“, sagte ihm Tio bei seinem Rückruf und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Nach Caroles Abgang konnte er sich endlich entspannen, als er die Stimme seines Freundes jetzt hörte.
„Wunderbar. Was muss ich noch tun?“ Dillon klang aufgeregt und Tio lächelte vor sich hin. Ein kleines Kribbeln der Vorfreude durchströmte ihn. Es war lange her, dass sie beide zusammen unterwegs gewesen waren. Wahrscheinlich nicht mehr seit dem College, was über zehn Jahre her war.
„Lad dir die App für Crown Cruises herunter.“ Er gab Dillon die Buchungsnummer durch. „Erstelle ein Konto und füge dann diese Buchung hinzu. Dann gibst du deinen Reisepass und deine Reisedaten ein und es kann losgehen und wir können dieses Winterwetter für eine Weile hinter uns lassen.“ Sie würden zusammen wegfahren! Er freute sich sehr darauf.
„Leon ist sauer auf mich, weil ich wegfahre. Er wollte, dass ich nächste Woche ein Konzert in New York gebe. Ich habe ihm abgesagt und mitgeteilt, dass ich nicht in der Stadt sein werde.“ Dillon schien viel weniger gestresst als gestern. Das war schön zu hören. Dillon arbeitete zu hart und war eh immer viel zu lange auf Tour, fand Tio.
„Na ja, wie gut, dass du der Chef bist und nicht er“, sagte Tio und brachte Dillon damit zum Lachen.
„Lass ihn das nicht hören“, erwiderte Dillon. „Er denkt gerne, dass sich die ganze Welt um ihn dreht.“
Tio schnaubte. „Nein, die ganze Welt dreht sich um mich!“
„Was du nicht sagst“, sagte Dillon. „Du bist eine größere Diva als Cher und verbringst mehr Zeit damit, deine Haare zu machen, als jede Frau, mit der du je zusammen warst.“
Tio hielt inne. „Woher willst du das wissen?“
„Weil die, die ich getroffen habe, mir davon erzählt haben.“ Er lachte. Dieser schöne Klang beruhigte Tio. Dillon zu bitten, mit ihm mitzukommen, war die beste Idee gewesen, die er seit langem gehabt hatte.
Ein Türknallen ließ ihn aufschrecken. „Ich muss gehen, aber ich rufe dich heute Abend an, damit wir sicherstellen können, dass alles klar geht.“ Er legte auf und sah in die kalten, blauen Augen seines Vaters.
„Du und ich müssen uns unterhalten.“ Sein Vater hielt sich für irgendwas zwischen einem König und einem Gott, da war sich Tio sicher.
„Worüber denn?”, fragte Tio. „Ich habe heute Morgen fünf Millionen eingebracht, und ich habe den Rest der Woche noch viele Kunden, die ich treffen muss.“ Was um alles in der Welt konnte seinen Vater so aufregen? Das Einzige, was ihm wichtig war, war Geld, und Tio war bei weitem der beste Geldmacher in der Firma. Und das hatte nichts damit zu tun, dass sein Vater der Firmenchef war. Tio hatte hart daran gearbeitet, ein gutes Investmentprogramm aufzubauen. Er hatte vor acht Jahren bei null angefangen und verwaltete nun eine halbe Milliarde Dollar, Tendenz steigend.
„Das habe ich gesehen.“ Er schloss die Tür. „Du musst endlich etwas gegen deinen Frauenverschleiß tun. Ich dachte, du würdest Corey eine echte Chance geben. Aber nein, du hast sie gehen lassen. Jetzt hast du jeden Monat eine andere Frau und das ist wirklich schlecht fürs Image. Vor einer Woche ist irgendeine davon hier aufgetaucht und hat nach dir gesucht. Ich glaube, sie hieß Sheila. Anscheinend brauchte sie Geld.“ Er setzte sich. „Du musst jemanden Solides finden. Keins dieser Mädchen zum Vergnügen.“ Manchmal klang sein Vater wie aus einem anderen Jahrhundert.
„Mir geht es gut“, sagte Tio mit fester Stimme.
„Ja. So gut, dass heute schon wieder eine dieser Frauen auftauchte und eine riesige Szene machte. Das ist eine Firma und kein Ort für dein persönliches Drama. Es ist an der Zeit, dass du dich mit einem netten Mädchen niederlässt und ein Leben beginnst, das mehr als nur schnelle Autos und noch schnellere Frauen umfasst. Vielleicht kannst du sogar eine Familie gründen. Das ist nun mal, was man so macht, und Menschen wollen Stabilität, wenn es um ihr Geld geht. Sie wollen jemanden mit einer Familie. Menschen, die ihr Leben verstehen.“
„Was sie wollen, ist jemand, der sich um ihr Geld kümmert und ihnen eine gute Rendite einbringt. Es ist ihnen scheißegal, mit wem ich ins Bett gehe. Nur dir nicht.“ Er erwiderte den harten Blick seines Vaters.
„Es gibt keinen Grund, vulgär zu werden. Und ich stimme dir nicht zu.“
Tio schüttelte den Kopf. „Okay. Wie wäre es dann, wenn ich stattdessen für eine der anderen großen Firmen in Chicago arbeiten würde? Ich würde selbstverständlich die meisten meiner Kunden mitnehmen. Wie fändest du das?“ Er und sein Vater hatten dieses Gespräch schon einmal geführt. Es war Tios einziges wirkliches Gegenargument und traf seinen Vater da, wo es wehtat: beim Geld.
„Deine Mutter veranstaltet nächste Woche eine ihrer großen Wohltätigkeitsgalas und wir erwarten, dass du erscheinst. Viele ihrer Freunde werden da sein, und es gibt einige Leute, die sie dir gerne vorstellen möchte. Frauen, die dir eine gute Ehefrau sein könnten. Frauen, die selbst Geld haben und dich nicht ausnehmen würden.“ Das war mal was Neues.
„Erstens bin ich in der Lage, mir meine Partner selbst auszusuchen, und zweitens bin ich nächste Woche im Urlaub. Das steht seit Monaten im Kalender.“ Er lehnte sich zurück.
„Du bist doch nicht immer noch mit der Verrückten von heute zusammen? Ich dachte, du würdest den Urlaub absagen, da du ganz sicher nicht alleine wegfährst.“ Sein Vater klang fast ein wenig neugierig, aber trotzdem streng.
Tio legte seine Hände auf seinen Schreibtisch. „Ich fahre trotzdem weg. Statt mit Carole fahr ich mit Dillion. Erinnerst du dich an ihn? Vom College.“
„Der Sänger?“, fragte sein Vater. „Du fährst also mit einem Freund weg.“ Sein Gesichtsausdruck wurde sanfter. „Na ja, vielleicht kann er dich vor Ärger bewahren.“ Es würde seinem Vater niemals in den Sinn kommen, dass Tio mit Dillon genauso viel anstellen könnte wie mit einer Frau. Das würde sein Vater sowieso niemals akzeptieren. Seine Eltern waren evangelikal und streng gläubig, besonders sein Vater. Natürlich hatte Tio sowieso nicht die Absicht, dass irgendetwas zwischen Dillon und ihm laufen würde, nur weil sie sich eine Kabine teilten. Dillon war sein ältester Freund. Niemals würde er diese Freundschaft riskieren, nur wegen Sex. „Ich werde deiner Mutter sagen, dass du nächste Woche nicht zu Hause bist, aber sie wird dir trotzdem bei der Suche nach der richtigen Partnerin helfen wollen. Du weißt ja, wie sie ist.“
Tio musste lächeln. Damit konnte er umgehen. „Mom spinnt, wenn sie wirklich denkt, dass ich mir von ihr meine Partner auswählen lasse. Das würde ich schon aus Prinzip nicht zulassen. Und das wisst ihr beide auch.“ Er beugte sich vor. „Was ich stattdessen tun werde, ist die unpassendste Person, die ich finden kann, zu ihrer nächsten Veranstaltung mitzubringen. Ich habe da ein Mädchen im Auge, das gerne an Straßenecken steht. Ich bin in der Lage, mir die Menschen in meinem Leben selbst auszuwählen.“
Sein Vater stand auf. „Wir sind es einfach leid, enttäuscht zu werden.“ Er verließ das Büro und das selbstgefällige Lächeln glitt von Tios Lippen. So war das mit Familien – sie wussten immer, wie man die wunde Stelle traf. Zum Glück klingelte sein Telefon erneut und er wurde wieder abgelenkt.
„DABEI WÜRDE
