Ein Milliardär für mehr - Annabelle Benn - E-Book

Ein Milliardär für mehr E-Book

Annabelle Benn

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Beschreibung

Manhattan, New York: Niemand hätte damit gerechnet, dass das Landei Chaney Veeder den Job als Projektmanagerin bei dem renommierten New Yorker Unternehmen Tremden-Filbert ausgerechnet wegen ihres Aussehens bekommen würde. Und doch tat sie genau das, wenn auch anders, als erwartet. Denn wie es der Zufall wollte, war für ihre Einstellung nicht der als eiskalter Fiesling und alternder Lustmolch bekannte Arthur Tremden, sondern dessen atemberaubend attraktiver Sohn Tanner verantwortlich. Vom ersten Augenblick an fühlte Chaney sich von seinen warm funkelnden Augen und seinem männlichen Charme unwiderstehlich angezogen. Dass Vater und Sohn wenig mehr als den Nachnamen teilen, bleibt der einfühlsamen Chaney ebenso wenig verborgen wie die Tatsache, dass der oft abweisende Tanner in einem Netz aus Intrigen gefangen ist, aus dem er sich nicht selbst zu befreien vermag. Wird Chaney ihm helfen und so den Weg für ihr privates Glück ebnen können?

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Annabelle Benn

Ein Milliardär für mehr

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

18 Dance with me: Salsa

19 Dance with me: Tango

Impressum tolino

Kapitel 1

    Nella nahm einen langen und beinahe dramatisch nachdenklichen Schluck von ihrem Tee.

    “Pass auf, Chaney ... ich sag ja nicht, dass du unqualifiziert bist”, meinte sie schließlich, während ihre pechschwarzen Augen versuchten, meinem Blick auszuweichen. “Es ist nur … ich bin ja nicht mal Mr. Tremdens Assistentin, aber sogar ich weiß, dass er einen sehr bestimmten … Typ … an Bewerberinnen im Kopf hat. In den letzten fünf Jahren hat er niemanden eingestellt, der nicht genau seinen … Kriterien entsprach.”

    Ich kaute auf meiner Lippe. “Ich bin mir nicht sicher, ob ich das richtig verstehe”, erwiderte ich mit einem Stirnrunzeln. “Ich spreche fließend Spanisch, bin in allen Gebieten, die er verlangt, qualifiziert …”

    “Chaney …”

    “...habe die Uni mit Eins Minus abgeschlossen, fünf Jahre Erfahrung in Corporate Design und kann überdurchschnittlich schnell tippen …”

    “Chaney, du hörst mir nicht zu ...”

    “... bin VERDAMMT flexibel verfügbar, weil ich zurzeit kein Sozialleben habe …”

    “Chaney! Er macht kein Geheimnis daraus, dass er nur schüchterne, große, blonde und … äh … physisch begabte … Bewerberinnen einstellt.”

    Abrupt klappte ich meinen Mund zu und blickte in das entschuldigende Gesicht meiner Freundin. “Also, willst du damit sagen, dass ich mir High Heels, eine platinblonde Perücke und einen Push-up-BH kaufen muss?”

    Angewidert verzog Nella das Gesicht. “Du HAST gar keinen Push-up-BH? Chaney, im Ernst? Sag mal, lebst du hinterm Mond, oder was?” Mit diesen Worten riss sie ihre Augen genau so weit auf wie ihren Mund, den sie zu einem großen O formte.

    “Hör doch auf, Nel!” Ich zischte durch die Zähne und schielte verstohlen zu den anderen Gästen im Café hinüber, in der Hoffnung, dass uns niemand zugehört hatte. Die einzige Person, die in unsere Richtung blickte, war ein Teenager im Emo-Look mit schwarz umrandeten Augen und ungefähr zehn Piercings zu viel im Gesicht.

    Mit einem Seufzer wedelte Nella mit ihrer Hand durch die Luft. “Der BH ist doch gar nicht der Punkt. Mr. Tremden ist ein fieser, alter Milliardär, der ein Zeitschriftenmodel als Projektmanagerin haben will. Pausenlos begafft er seine Angestellten. Willst du wirklich so tief sinken und dich zum … Objekt machen lassen?”

    “Ehrlich gesagt überlege ich, das noch schnell auf meinen Lebenslauf zu setzen, um zu sehen, ob es hilft. Stell dir das mal vor – ‘stehe gerne regelmäßig als Objekt zur Verfügung, wenn ich dafür als Gegenleistung ein solides Gehalt und gute Empfehlungsschreiben erhalte.’ Bumm! Und schon bin ich eingestellt! ”

    Nella schnaubte und rollte mit den Augen. “Übertreib’s mal nicht, Chaney. Es liegt ein schmaler Grat zwischen entzückend und verzweifelt.” Anmutig trank sie den Rest ihres Tees, schob eine Korkenzieherlocke zurück unter ihr Beanie und erhob sich von ihrem Platz. Ich beobachtete sie und dachte im Stillen, dass sie locker die nächste Tyra Banks hätte sein können, wäre sie nicht nur zierliche 1,58 Meter. Auf einmal wurde mir alles klar.

“Nel! Du bist schwarz!”

Während Nel damit beschäftigt war, sich das Band ihrer Tasche über die Schulter zu legen, stöhnte sie laut auf: “Ich wusste, dass dir das irgendwann auffallen würde. Hat ja nur sieben Jahre Freundschaft gedauert!” Dann grinste sie mich breit an.

“Nein, ich meine … du bist nicht groß, blond und … hast tolle Brüste!”

“Hey! Was hast du denn an meinen Brüsten auszusetzen?”

“Nichts. Die sind fantastisch. Ich würde sofort mit dir ein Date wollen. Ich meine, wenn ich ein Mann wäre. Aber verstehst du nicht, was ich dir sagen will? Ich habe doch eine Chance! Und du bist der Beweis dafür!”

“Hör mal, ich bewundere deinen Optimismus, aber ich muss dich wohl nochmal daran erinnern, dass ich nur eingestellt wurde, weil Jason …”

    “... das Arschloch …”

“... yep – mit der Einstellungsmanagerin Monica geschlafen hat. Er hat mir zu dem Job verholfen!“ Damit war das Thema für sie beendet und sie zeigte mit einem perfekt manikürten Finger vor mich: „Vergiss dein Handy nicht.”

Ich nickte dankend, nahm mein Handy vom Tisch und folgte ihr zur Tür. Das Emo-Mädchen sah von ihrem Handy auf, als wir gingen.

“Viel Glück mit Ihrem Push-up-BH”, rief sie mir nach, als wir zur Tür hinausgingen.

Leicht grinsend holte ich Nella ein, die sich schon ihren Weg über den Gehsteig bahnte.

“Also brauche ich gar keine neue Garderobe, sondern muss mir nur einen betrügerischen Freund aus der Personalabteilung suchen?”

Nella lachte.

“Du bekommst den Job am Ende noch aus purer Hartnäckigkeit”, stöhnte sie und schüttelte ihren Kopf. „Vorausgesetzt, man versteht deine schlechten Witze.”

Ich boxte in der Luft nach ihr, grinste dabei aber über beide Ohren. “Ich schätze, das finden wir morgen heraus.”

Der Warteraum bei Tremden-Filbert war dank einer nicht funktionierenden Klimaanlage erstickend heiß. Offenbar hielt das schöne Gebäude aus Zeiten der vorletzten Jahrhundertwende immer noch an seinem nicht so schönen Jahrhundertwendenheiz- und kühlsystem fest, zumindest im Trakt für die untersten Angestellten. Ich war bereits um 7:30 Uhr dort und man hatte mir mitgeteilt, dass die Vorstellungsgespräche noch nicht begonnen hatten. Man verwies mich auf einen unbequemen Stuhl, von dem aus ich die anderen hoffnungsvollen Kandidatinnen bei ihrer Ankunft genau beobachten konnte. Zwei Stunden, drei Zeitschriften, vier Tassen Kaffee und eine erschütternd hohe Anzahl großer, draller, blonder Bewerberinnen später, wartete ich immer noch.

Während ich einen gelangweilten Seufzer unterdrückte, schielte ich zu der Frau hinüber, die neben mir saß. Ihr Haar war erdbeerfarben, wodurch wir meiner Meinung nach im selben Boot saßen. Ich lehnte mich zu ihr hinüber.

“Ich glaube, wir sollten unsere Weihnachtspläne besser abblasen”, raunte ich ihr zu.

Stirnrunzelnd sah sie von ihrem E-Reader auf. “Es ist Juni.”

“Aber nicht mehr, wenn die uns endlich zum Gespräch hereinbitten. Haha.”

Der Erdbeerkopf lächelte nicht einmal. Ich rutschte auf meinem Stuhl herum.

“Bitte entschuldigen Sie mich”, sagte ich unverfänglich, “ich muss mal eben die Toiletten ausfindig machen.”

Als ich aufgestanden war und mich von ihr entfernt hatte, wurde mir bewusst, dass ich nicht einmal gelogen hatte – ich musste wirklich auf die Toilette. Dringend. Und natürlich musste mich die Rezeptionistin ausgerechnet in diesem Moment aufrufen.

“Chaney Veeder? Mr. Allen empfängt Sie jetzt.”

“Ähm ... Mr. Allen?”

“Der Einstellungsmanager.”

“Oh! Super! Aber, ähm … eigentlich …”

Die Frau hob eine Augenbraue. “Gibt es ein Problem?”

“Nein!” Ich verlagerte mein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und versuchte, meine hartnäckige Blase zu ignorieren. “Es gibt kein Problem! Aber könnte ich vorher vielleicht noch ganz schnell auf die Toilette gehen?”

“Miss Veeder, Zeit ist hier bei Tremden-Filbert sehr wertvoll. Ich kann Sie ganz nach hinten auf die Liste setzen, wenn Sie Ihren Termin lieber verstreichen lassen wollen.”

“Äh …” Ich hielt inne und betrachtete all die blonden Bewerberinnen, die damit noch vor mir an der Reihe wären. “Ich bin ganz schnell, versprochen. Ich flitze. Haha.” Kein Lachen. Die zweite Niederlage an diesem Morgen. Die Rezeptionistin blickte mich finster an.

“Die Damentoilette ist am Ende des Flurs, um die Ecke und die zweite Tür links. Sie haben drei Minuten, bevor ich den nächsten Namen aufrufe.”

Ich strahlte. “Danke! Vielen Dank!” Während ein Hoffnungsschimmer in mir aufkeimte, drehte ich mich um und eilte zur Tür hinaus. Ich fand die Toiletten, erledigte, was ich zu erledigen hatte, wusch und trocknete meine Hände und warf einen Blick auf mein Handy – ich hatte noch eine ganze Minute Zeit. Ich war von meiner Geschwindigkeit so ermutigt, dass ich nicht aufpasste, als ich das zweite Mal um die Ecke eilte. Prompt fand ich mich in einem frontalen und verheerend massiven Körperkontakt mit einer Person wieder, die einen großen Becher mit einer unwahrscheinlich kalten Flüssigkeit bei sich hatte. Das wurde mir klar, weil sich der gesamte Inhalt des Bechers keine Sekunde später auf meinem sorgsam ausgewählten khakifarbenen Hosenanzug befand.

Mein erster Impuls, als die kalte Flüssigkeit (vielleicht Dr. Pepper?) auf meine Haut traf, war, vor Schreck zu schreien. Mein zweiter Impuls befahl mir jedoch, besser NICHT zu schreien. Das Ergebnis war ein wenig von beidem und so gab ich ein Geräusch von mir, das sich anhörte wie ein Elefantenbaby mit Schluckauf. Sofort kam mir die Vorstellung eines Elefantenbabys mit Schluckauf so lustig vor, dass ich kicherte. Und DANN wurde mir klar, dass ich den Job auf keinen Fall bekommen würde, wenn ich aussah, als hätte ich in der Toilette gebadet. Plötzlich löste sich der Druck, der den ganzen Morgen auf mir gelegen hatte, und ich lachte erneut, diesmal lauter. Erst dann blickte ich zu der Person hinauf, die für all das verantwortlich war und mir fiel die Kinnlade herunter.

Er sah umwerfend aus. Mir war noch nie jemand begegnet, der so atemberaubend perfekt gebaut war. Breite Schultern, dunkle Augen, sorgfältig geschnittenes dunkelbraunes Haar und ein glatt rasiertes Gesicht. Er musste um die dreißig sein und war mindestens zwanzig Zentimeter größer als ich. Als ich meine Augen von seinem (ziemlich intensiven) Blick abwandte, starrte ich direkt auf seinen Kragen, der nicht ganz zugeknöpft war. Mich überfiel plötzlich der starke Wunsch, auch die restlichen Knöpfe seines Hemdes zu öffnen, gleich hier im Flur des Büros. Allein der Gedanke daran, meine Hände über seine breite Brust gleiten zu lassen, bewirkte, dass mir unbehaglich warm wurde.

“Junge Frau? Hallo?”

Das riss mich aus meiner Träumerei und mir wurde klar, dass der gut aussehende junge Mann schon seit einiger Zeit versucht haben musste, meine Aufmerksamkeit zu erwecken, denn seine Stimme klang ungeduldig. Meine Wangen glühten plötzlich.

“Entschuldigung ... wie bitte?”

Ihm entglitt ein kurzes, frustriertes Schnauben. Trotz seines verärgerten Gesichtsausdruckes war ich so hingerissen von seiner Vollkommenheit, dass ich mich zwingen musste, auf seine Worte zu hören. Er hatte wunderschön dicht geschwungenen Augenbrauen und herrlich volle Lippen. “Meine Karte”, sagte er mit einer tiefen Stimme, die Macht ausstrahlte. “Nehmen Sie sie. Wenn Sie meine Sekretärin anrufen, wird sie die Reinigung veranlassen.”

Noch immer im Autopilotmodus nahm ich die kleine graue Visitenkarte entgegen, die er mir entgegenhielt. Meine Finger streiften für den Bruchteil einer Sekunde seine Handfläche und diese kurze Berührung reichte aus, um meine Fantasie erneut zu beflügeln. Wie würde es sich anfühlen, wenn seine Hände unter meine Bluse glitten, über meine Haut strichen und mich hart an seinen Körper zogen …

Ich schüttelte schnell meinen Kopf, als mir klar wurde, dass meine Gedanken schon wieder viel zu weit abschweiften.

“Ähm ... welche Reinigung?”

“Ihr Hosenanzug muss doch wohl gereinigt werden, es sei denn, Ihnen gefallen die Flecken auf dem Stoff. Wenn das der Fall ist, kann Ihnen meine Sekretärin gerne eine Rechnung für die Verbesserungsmaßnahmen ausstellen.”

Ich betrachtete meinen tropfenden Hosenanzug und errötete. “Ich rufe Ihre Sekretärin an. Danke, Mr. … äh …”

“Tremden.”

Sofort richtete ich mich auf. Das war der berüchtigte Mr. Arthur Tremden? Das war der Besitzer des milliardenschweren Unternehmens? Der perverse alte Mann, der seine (zumeist) blonden, modelgleichen Angestellten begaffte? Wenn nicht gar begrapschte? Ich fragte mich, ob mich Nella in Bezug auf meinen potenziellen Chef angeflunkert hatte, um sich anschließend über meine Reaktion zu amüsieren. Sie wusste, dass ich ein hoffnungsloser Fall war, wenn es darum ging, mit attraktiven Männern zu reden. Und dieser hier war weitaus mehr als einfach nur attraktiv. Der Mann hier war ... ein einziger ungeträumter Traum!

“Sie wirken überrascht”, bemerkte er, noch immer mit einem leicht schneidenden Unterton. “Entspreche ich nicht Ihren Erwartungen?”

“Ich ... hatte nur gedacht, dass Sie … etwas älter sind. Und nicht so cholerikerisch.”

Die winzig kleine Andeutung eines Lächelns war auf Mr. Tremdens Gesicht zu erkennen, was meiner Meinung nach auf das Cover der GQ gehörte. Seine zusammengekniffenen Augen funkelten zum ersten Mal, seit ich mit ihm zusammengestoßen war.    “Cholerikerisch …” murmelte er nachdenklich. “Ist das überhaupt ein Wort?”

Ich hob mein Kinn. “Ab jetzt ist es eins. Sie können mich gerne als Quelle nennen, wenn Sie es zukünftig benutzen sollten.”

Das angedeutete Lächeln verwandelte sich in ein breites Grinsen, wodurch sich sein gutes Aussehen verzehnfachte. Ich spürte, wie meine Knie weich wurden und stützte mich mit einer Hand an der Wand ab, für den Fall, dass meine Beine nachgeben sollten. Er neigte den Kopf in meine Richtung.

“Ich sehe, Sie haben Charakterstärke, Miss …?”

“Veeder,” antwortete ich, in der Hoffnung, dass ihm nicht auffiel, wie hypnotisiert ich war. “Chaney.”

“Chaney. Sehr erfreut. Darf ich fragen, was Sie heute zu Tremden-Filbert führt? Sind Sie eine neue Klientin?”

Ich errötete erneut. “Also, ich bin zum Vorstellungsgespräch für die Managerstelle hier, die Sie online ausgeschrieben haben. Aber ich fürchte, ich habe mittlerweile meinen Termin verpasst.”

Er runzelte die Stirn und sagte mit scharfer Stimme: “Ich habe keine Vorstellungsgespräche organisiert.”

Eine Welle der Scham überkam mich. “Oh. Nein, natürlich müssen Sie die Vorstellungsgespräche in Ihrer Firma nicht selbst organisieren. Bestimmt haben Sie Leute, die das für Sie übernehmen …”

“Meine Firma?”

Jetzt war ich richtig verwirrt. “Ja? Ich meine, es sei denn, das hier ist gar nicht Tremden-Filbert?” Ich überlegte, wie ich mich aus dieser Unterhaltung herauswinden könnte. “Mein Name wurde übrigens vor nicht allzu langer Zeit aufgerufen. Alle Bewerberinnen warten am Ende des Flurs, in Raum 445B.”

Als Mr. Tremden Raum 445B hörte, funkelten seine Augen. Er sah mich von oben bis unten an und studierte mein Äußeres, als müsste er später eine Personenbeschreibung bei der Polizei abgeben. Ich fühlte mich furchtbar unwohl und gleichzeitig furchtbar … bereit. Wenn er mir hier und jetzt ein unsittliches Angebot gemacht hätte, hätte ich Mühe gehabt, es abzulehnen.

Als er fertig damit war, mich zu mustern, nickte er mir zu. “Sie werden schon sehen, dass Termine nie so unabänderlich sind, wie sie scheinen, Miss Veeder”, versetzte er bestimmt. “Bitte folgen Sie mir.”

Mr. Tremden marschierte elegant den Flur entlang und geradewegs auf den Warteraum zu; ich lief ihm so schnell wie möglich hinterher, während ich mich krampfhaft bemühte, meine Augen nicht zu seinem knackigem Hintern wandern zu lassen. Ich war mir jedoch ganz sicher, dass er zum Rest seines Aussehens passte und ehrlich gesagt, hatte ich ohnehin schon genügend Reizüberflutung. Außerdem hoffte ich, dass ich auf irgendeine Weise doch noch zu meinem Vorstellungsgespräch kam.

Das Gesicht der Rezeptionistin zeigte eine Mischung aus Schock und Nachsicht, als wir den Raum betraten.

“Mr. Tremden!”, rief sie, während sie ihre Seidenbluse und die imaginären Falten Ihres Rockes glattstrich. “Kann ich etwas für Sie tun?”

“Ja, Veronica. Bitte informieren Sie meinen Vater, dass die Stelle, die er ohne meine Zustimmung – wie ich anmerken möchte - für mich ausgeschrieben hat, gerade besetzt wurde.”

Moment mal, dachte ich noch alarmierter als zuvor. Sein Vater hat die Stellenanzeige aufgesetzt?

“...Miss Veeder…”, fügte er hinzu "… wird ab Montag den Posten meiner persönlichen Assistentin übernehmen, vorausgesetzt das lässt sich für sie vereinbaren?” Er sah mich mit seinen dunklen Augen an und wartete auf eine Antwort. Ich nickte eilig und beschloss, die Tatsache, dass er mich gerade als seine persönliche Assistentin bezeichnet hatte, zu ignorieren. Die genauen Details könnten wir auch später noch besprechen. “Dann also bis Montag.”

“Ich will Ihnen ja nicht widersprechen, Sir”, warf Veronica ein und klimperte mit ihren künstlichen Wimpern, “aber Ihr Vater hat mir äußerst präzise Anweisungen erteilt. Sie … naja … entspricht nicht ganz seinen … Vorstellungen … für diese Position.”

Mr. Tremdens Blick wurde kühl und ein wenig herablassend. Er beugte sich leicht vor, so imposant und verheißungsvoll, dass Veronica auf ihrem Stuhl in sich zusammensank.

“Sie ist gut ausgebildet, sie ist scharfsinnig und sie ist hübsch. Würden Sie mir da nicht zustimmen?”

Veronicas Blick huschte in meine Richtung und sie nickte, vermutlich zu ängstlich, um zu widersprechen. Dennoch errötete ich heftig. Mr. Tremden fuhr fort: “Ihre Kleidung ist vielleicht etwas altmodisch, aber von guter Qualität und mit optimaler Passform. Sie hätte gerne die Stelle und ich will, dass sie die Stelle bekommt. Welchen Teil der Vorstellungen meines Vaters habe ich missachtet?”

Die Rezeptionistin holte Luft, um zu antworten und überlegte es sich dann anders. “K-keine, Sir. Überhaupt keine.”

“Gut. Dann sorgen Sie bitte dafür, dass ihre persönlichen Angaben auf die Gehaltsliste kommen und dass sie ein Firmenpaket erhält.”

“A-Aber Mr. Tremden”, stotterte die Rezeptionistin, “das zählt nicht wirklich zu meinem Aufgabenbereich …”

    “Heute tut es das”, bemerkte er auf eine bestimmte Art, die keinerlei Widerspruch zuließ. Dann drehte er sich zu dem Meer aus schönen, ziemlich betrübten Blondinen um, die die gesamte Szene andachtsvoll verfolgt hatten. “Vielen Dank, dass Sie gekommen sind, meine Damen. Ihre Dienste werden nicht mehr benötigt.”

Kapitel 2

    “Du hättest ihre Gesichter sehen sollen, Nel. Es war, als hätte man einem Raum voller Highschool-Cheerleader mitgeteilt, dass der Abschlussball abgesagt wurde.”

    Nellas braune Augen blitzen. Sie lachte hämisch und nahm einen Schluck von ihrem Martini. “Das hätte ich zu gerne gesehen”, grinste sie kopfschüttelnd und blickte sich in dem neuen stylischen Club um, den wir auf ihr Drängen hin austesteten. Es handelte sich um eine große, schrille Kellerbar voll von rotem Satin und tiefhängenden, mit Glaskugeln überladenen Kronleuchtern. Die Musik war laut und lasziv, die Getränke waren teuer und das Klientel so glamourös, dass ich mich völlig fehl am Platz fühlte.

Ich hätte mich auch damit begnügt, zuhause billigen Chardonnay zu trinken und mir zum siebenundzwanzigsten Mal “Stolz und Vorurteil” anzusehen, aber Nella hatte darauf bestanden, dass ein so großer Meilenstein in meinem Leben nach einer öffentlicher Zelebrierung verlangte – und es ist schwer, Nella vom Gegenteil dessen zu überzeugen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte. Also zog ich pflichtbewusst das silberne Bodycon-Kleid und die High Heels an, die sie mir geliehen hatte, und seufzte tief, als ich ein paar Scheine aus meiner immer leerer werdenden “Vergnügungsspardose” zog. Immerhin musste ich zugeben, dass ich mich jetzt, wo ich hier war, doch amüsierte.

“Und übrigens”, fügte Nella hinzu, “ich bin ganz grün vor Neid, dass du die Stelle bekommen hast und du jetzt für den heißesten, begehrtesten Junggesellen der Stadt arbeitest – der auch noch Erbe eines multi-milliardenschweren Unternehmens ist! Persönliche Assistentin von Tanner Tremden höchstpersönlich! Heilige Scheiße!”

    “Projektmanagerin”, korrigierte ich sie.

    “Schätzchen, und selbst wenn du einen Vertrag unterschrieben hättest, seine Toilette zu schrubben! Mann! Dann würde ich immer noch mein Leben gegen deins eintauschen wollen. Ich habe gehört, dass er einen Körper wie ein griechischer Gott hat, stimmt das? Weil, stell dir vor: In den ganzen drei Jahren, in denen ich jetzt schon bei Tremden-Filbert arbeite, hat er sich noch nie in meiner Abteilung blicken lassen!”

    Um Zeit zu gewinnen fuhr ich mit dem Finger über den Rand meines Manhattan-Glases. Ich hatte Nella noch nichts von der starken Faszination erzählt, die Mr. Tremden auf mich ausübte – Tanner, wie ich später herausgefunden hatte. Der Sohn von Mr. Arthur Tremden, vor dem Nel mich gewarnt hatte. Allein bei der Erinnerung an ihn breitete sich ein wohliges Kribbeln auf meiner Haut aus. Da fiel mir wieder ein, wie ich vor einem Mann, den ich sicherlich hätte kennen sollen, etwas über seine Firma dahergeplappert hatte und mit einem Mal kam ich mir wieder schrecklich töricht vor. Dennoch - stärker als die Schmach spürte ich seine starke Anziehungskraft. Sie war stärker als jede, die jemals ein Mann vor ihm auf mich ausgeübt hatte. Mir wurde ganz heiß. Ich wollte ihm, Tanner Tremden, einfach nur nahe sein. Sehr nahe. Und das sowohl körperlich als auch geistig, mental, innerlich. Ich wollte all seine Geheimnisse kennen und wollte, dass er wusste, dass sie bei mir sicher waren. Ich wollte … so viel mehr als nur eine Stelle in seinem Büro. Momentan hatte ich aber vor allem Angst davor, dass ich, wenn ich erst einmal damit begann, Nella zu erzählen, wie viel ich schon für den Sohn unseres gemeinsamen Chefs empfand, nie mehr damit aufhören könnte.

Doch leider bohrte Nella gnadenlos weiter.

“Also?”, fragte sie erwartend, drapierte ihre Arme auf dem Tresen und wackelte mit den Augenbrauen drollig hin und her. “Wie findest du ihn? Ist er toll? Bist du verliebt?”

Ich bemühte mich, so lässig wie möglich zu klingen. “Ich finde, er ist schon ganz attraktiv, ja, doch ... Auf eine moderne, teure Art eben. Ich meine, der Typ hat besser manikürte Hände als ich!” Mit einem betont gleichgültigen Schulterzucken nahm ich einen Schluck von meinem Getränk. Dabei hoffte ich, dass das schummerige Licht die Röte auf meinen Wangen verbarg. “Also, eigentlich ist er nicht mein Typ“, schwindelte ich und blickte stur von ihr weg.

„Hmmm”, Nella kniff die Augen zusammen. “Na, wenn du so wenig Interesse an ihm hast, darf ich also annehmen, dass du momentan vollkommen ungebunden bist.”

“Vollkommen.”

“Uuuuuuund ... wenn du so vollkommen ungebunden bist, macht es dir doch sicher nichts aus, dass ich mich dazu entschlossen habe, heute Abend meine Männerjagdkarte auszuspielen.” Dabei blitzte sie mich aus ihren dunklen Augen teuflisch an.

Ich holte tief und dramatisch Luft, stellte mein Glas auf der Theke ab und starrte sie an. “Nein.”

“Doch.”

“Das ist nicht dein Ernst.”

“Das ist mein voller Ernst.”

“Nel! Okay - Aber muss es unbedingt heute Abend sein?”

“Heute Abend, Baby!”, jauchzte Nella und zog damit die Aufmerksamkeit der halben Bar auf uns. “Du erfüllst zurzeit ja endlich mal alle Kriterien, auf die wir uns ursprünglich geeinigt hatten! Also schleppst du heute Abend einen Typen ab oder es steht noch mehr auf dem Spiel!”

Ich stützte mein Gesicht in meine hohlen Hände und stöhnte laut auf. Die Männerjagdkarte war eine meiner ältesten unbezahlten Schulden. Sie stammte noch aus College-Zeiten, als Nella mir einmal einen großen Gefallen getan hatte. Wir hatten beschlossen, ein Jahr unserer grandiosen, unzerrüttbaren Freundschaft in einer Bar namens UpTown in der Nähe der Uni zu zelebrieren. Es sollte ein Frauenabend werden – nur wir beide. Aber dann tauchte dieser Typ aus meinem Statistikseminar auf – auf den ich schon seit Monaten stand, wie ich betonen möchte – und genau dieser Typ begann mit mir zu reden, und zwar so, als wäre er wirklich an mir interessiert. Ich war natürlich sofort Feuer und Flamme. Frederic war beliebt. Frederic kam aus Kalifornien. Frederic war höllisch sexy und Frederic - wollte was von mir!

Das Problem war nur, dass Frederic nicht alleine da war; er hatte einen Verbindungsbruder namens Mitchell mitgebracht, der weder beliebt war, noch aus Kalifornien kam und noch dazu den Ruf hatte, ein schleimiger, schmieriger Mistkerl zu sein. Und dieser Mistkerl - Mitchell wollte nicht im UpTown bleiben. Er wollte Gras in seinem dreckigen Keller rauchen. Mir war sonnenklar, dass dieser Mitchell abgelenkt werden musste, wenn ich eine Chance bei Frederic haben wollte. Also flehte ich Nella an, sich mit ihm zu unterhalten, oder: ihn zu unterhalten. Und, Gott segne sie, das tat sie. Sie weckte sein Interesse, führte eine schrecklich langweilige Unterhaltung über sein anarchistisches Weltbild und als er keine Lust mehr zum Reden hatte, machte sie sogar mit ihm herum, nur damit ich dem kalifornischen Frederic auf der Tanzfläche näherkommen konnte.

Was man eben so tut, bei einem Jahr Freundschaft!

Doch am nächsten Tag, als ich noch immer auf Wolke sieben schwebte, weil der tolle Frederic nach meiner Nummer gefragt hatte, erinnerte mich Nella daran, dass ich schwer in ihrer Schuld stand: Sowohl dafür, dass ich unseren Frauenabend so mir nichts, dir nichts hatte sausen lassen, als auch dafür, dass ich ihr drei Stunden lang diesen unmenschlichen Kerl aufgehalst hatte.

“Der küsst wie eine Ente mit einem Guppy im Schnabel!“ Mit einem vor Ekel verzerrten Gesichtsausdruck blicke sie mich vorwurfsvoll an und schüttelte sich theatralisch. Blick.

“Ehrlich gesagt, Nel … weiß ich nicht, was das heißen soll.”

“Süße - glaube mir, das willst du auch nicht wissen. Es war die schlimmste Erfahrung meines Lebens.” Mit noch mehr Theatralik warf sie die Hände in die Luft und blickte gen Himmel.

Ich grinste entschuldigend. “Was immer du als Entschädigung willst”, versprach ich ihr mit meinem treuesten Hundeblick, “ich tue es.”

Diese Worte sollte ich noch bitterlich bereuen, denn was Nella wollte, war nichts anderes als eine öffentliche Blamage. Genauer gesagt sollte ich einen supersexy Typen aufreißen, während sie mir dabei zusah und sich über mein mangelndes Flirttalent königlich amüsierte. Das war es, was sie ihre “Männerjagdkarte” nannte. Für mich jedoch war es wie eine Kombination aus chinesischer Wasserfolter und einem nie heilenden Sonnenbrand. Jahrelang hatte ich die Einlösung meines Versprechens vor mir hergeschoben und immer wieder erfolgreich Ausreden gefunden. Mal lagen meine Haare nicht richtig oder ich war arbeitslos, mal hatte ich einen Freund, flirtete regelmäßig mit jemandem oder fand jemand anderen minimal attraktiv. Oder es regnete draußen. Oder ich hatte einen eingewachsenen Fingernagel. Oder die Raumtemperatur war drei Grad zu hoch. Oder ... Aber nicht heute!

Beim letzten Mal, als ich mit einer neuen Ausrede ankam, zückte Nella ihr Smartphone und hielt es mir mit einer Liste unter die Nase.

“Da, schau mal! Das sind all deine Gründe, die du mir erzählt hast, damit du dein Versprechen nicht einlösen musst. Heute lasse ich dich nochmal davonkommen, aber nächstes Mal, wenn alle grundlegenden Voraussetzungen erfüllt sind, da machst du auf jeden Fall das, was du mir versprochen hast!” Sie klang ein wenig belustigt und ein wenig sauer und ich verstand. Ich war genervt von ihrer Hartnäckigkeit, aber auch ein wenig beschämt darüber, dass ich mein Versprechen noch immer nicht eingelöst hatte. Notgedrungen und gottergeben willigte ich also ein. Jetzt sah es leider wirklich so aus, als sei “das nächste Mal” in gefährliche Nähe gerückt, als sei „das nächste Mal“ endgültig zu „dieses Mal“ geworden.

Ich seufzte, meiner Meinung nach herzerweichend, und schloss die Augen. Am liebsten hätte ich gar nichts mehr gesehen.

“Bist du ganz sicher, dass ALLE Voraussetzungen erfüllt sind?“, versuchte ich es noch ein letztes Mal.

“Deine Haare liegen? Abgehakt. Dafür habe ich gesorgt. Cooles Outfit? Das ist quasi garantiert, da du es dir von mir geliehen hast. Und außerdem bringt die Farbe deine blauen Augen hervorragend zur Geltung. Gutes Wetter? Perfekt. Frei von körperlichen Beschwerden? Ja.”

“Da fällt mir ein, ich habe heute Morgen ein paarmal gehustet …”

“... Ungebunden? Ja. Und erwerbstätig? Ein ganz dickes Ja!”

“Na gut, na gut, na gut”, gab ich mich geschlagen. “Such dir einen aus. Lass es uns hinter uns bringen.”

Nella quiekte vor Freude, drehte sich auf ihrem Barhocker um und studierte hungrig wie ein It-Girl, die sich eine neue Prada-Handtasche aussucht, die Menge.

“Wie wär’s mit dem Typen da in der Ecke? Der, der sich mit den Möchtegern-Amy-Winehouses unterhält?”

Ich machte eine finstere Miene. Der? Die Frauen hatten ziemlich verrückte Frisuren, aber sie trugen wirklich hübsche Kleider.

“Nella, kannst du bitte nur einen Moment lang berücksichtigen, dass ich nicht DU bin? Ich kann mich nicht an einen Typen heranschmeißen, der schon zwei Frauen dabeihat, die ihn mit Sabber am Kinn anschmachten, als sei er Nick Bateman persönlich!”

“So wie die aussehen, ist das bestimmt nicht alles, was bei denen heute mit Sabber zu tun hat”, kicherte sie.

Ich lief dunkelrot an. “Nel! Red‘ doch nicht so einen Blödsinn! Da dreht sich ja noch deine Oma im Grab um!”

Doch Nella lachte nur noch lauter. “Meine Großmutter ist eine taffe Mami aus Puerto Rico mit den schmutzigsten Fantasien, die du dir vorstellen kannst!

---ENDE DER LESEPROBE---