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Anouk ist stolze Inhaberin einer kleinen Bäckerei. In ihrem Leben läuft alles nach Plan, bis eines Tages ihr Ex-Freund tot in seiner Wohnung aufgefunden wird. Vergiftet. Und das ausgerechnet mit einem ihrer berühmten Erdbeertӧrtchen! Mit Hilfe ihrer rüstigen Oma und dessen Freundinnen beschlieβt sie die Suche nach dem Mӧrder selbst in die Hand zu nehmen. Erschwert wird ihre Suche durch den gutaussehenden Kommisar James Brunt, der sie auf seiner Liste der Verdächtigen ganz oben zu stehen hat...
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Veröffentlichungsjahr: 2022
Inhaltsverzeichnis
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Impressum
"Nein Krümel!", zischte Anouk ihrem Hund hinterher, der gerade dabei war, sich zielstrebig durch das Loch im Gartenzaun zu quetschen. Mit einem resignierten Seufzen trat sie auf die vom Mond beleuchtete Terrasse hinaus, lief die paar Stufen zum Garten hinab und rannte dann barfuß durch das feuchte Gras, bis sie die Stelle erreichte, an der Krümel gerade in die Dunkelheit der Nacht verschwunden war. Ihr rosa Lieblingsnachthemd, das mit dem bunten Cupcake Muster, flatterte im kühlen Frühlingswind und ließ sie frösteln.
Am Loch im Zaun angekommen drehte Anouk sich seitwärts, damit sie sich wie eben schon ihr Hund dort hindurch quetschen konnte. Trotz ihrer schlanken Statur musste sie den Bauch einziehen, um es zur anderen Seite zu schaffen. Gerade als es nur noch galt ihr rechtes Bein nachzuziehen ließ das Geräusch von reißendem Stoff sie zusammenzucken.
Nichts Gutes ahnend hielt die inne und blickte an sich herab. Unten am Saum hatte allerliebstes Lieblingsnachthemd nun einen hässlichen Riss, wodurch die nackte Haut ihres Oberschenkels hindurchschimmerte. Anouk seufze. "Auch das noch..."
Auf einmal verspürte sie eine ungewohnte Wut auf ihren Hund. War es denn zu viel verlangt, dass er einfach mal nur in den Garten ging, um dort sein letztes Geschäft für den Tag zu verrichten und dann ohne Umschweife wieder ins Haus kam? In Gedanken stellte sie sich schon vor, wie sie mit zerrissenem Nachthemd, barfuß und mit Lockenwicklern im Haar ihrem Hund die Straße hinterherrannte, während ihre Nachbarn sie durch die zugezogenen Gardinen ihrer Fenster hindurch beobachten. Man würden sie für verrückt abstempeln und dieses Image würde für immer an ihr haften bleiben. So hatte sie sich die erste Begegnung mit den neuen Nachbarn weiß Gott nicht vorgestellt.
Ihre einzige Hoffnung bestand darin, dass ihre Nachbarn, von denen die meisten Rentner waren, schon schliefen denn es war bereits nach 10 Uhr abends.
Jetzt vollkommen auf der anderen Seite des Zaunes richtete sich die junge Frau im Nachbargarten zu ihrer vollen Größe auf und sah sich suchend um. Sie entdeckte ihren Hund gerade in dem Moment, als dieser sein Geschäft in einem der makellos gepflegten Blumenbeete ihres neuen Nachbarn verrichtete. "Nein", zischte Anouk entsetzt, aber Krümel war nicht aufzuhalten.
Schnellen Schrittes hechtete Anouk auf den kleinen Vierbeiner zu und bekam ihn genau in dem Augenblick am Halsband zu fassen, als dieser mit den Hinterpfoten in der Erde zu scharren begann. Ein Stiefmütterchen flog in hohem Bogen genau auf Anouks Gesicht zu. Während sie sich noch geschickt zur Seite duckte, holte sie mit der freien Hand schon eine kleine Plastiktüte aus der Tasche, womit sie den Hundehaufen einsammeln konnte.
Glücklicherweise hatte sie daran gedacht!
Rasch bückte sie sich und griff nach Krümels Haufen. Die scharfen Kanten der mit frischem Mulch bedeckten Erde schnitten ihr dabei unangenehm in die nackten Füße. Sie hockte immer noch am Boden, als eine kleine Bewegung zu ihrer Rechten ihr Herz fast zum Stillstand brachte. Aus den Augenwinkeln sah sie neben sich ein paar schwarze Stiefel. Männerstiefel. Langsam ließ sie ihren Blick höher wandern, vorbei an einer verblassten Jeans und einem enganliegenden schwarzen T-Shirt, bis hinauf zu dem Gesicht des Mannes. Er musterte sie durch verengte Augen. Eine steile Falte stand auf seiner Stirn, was seinem schönen Gesicht jedoch keinen Abbruch tat. Anouk hielt vor Überraschung den Atem an. Seine Haut war leicht gebräunt, seine Augen bernsteinfarben und sein dunkelbraunes Haar kurz und verwuschelt. Er war definitiv kein Rentner!
Die Mundwinkel des Adonis verzogen sich leicht nach oben und Anouk hatte auf einmal das Gefühl als wäre sie wieder ein Schulkind, das nach einem missglückten Streich vor ihrem Lehrer stand und darauf wartete eine ordentliche Standpauke über sich ergehen zu lassen.
"Kann ich ihnen helfen?", fragte der Mann von oben herab. Seine Stimme klang etwas ruppig. War er verärgert? Verdenken konnte sie es ihm nicht, schließlich stand sie mitten in der Nacht in seinem Garten und ihr Hund hatte soeben sein Blumenbeet verwüstet.
Anouk fühlte, wie ihre Wangen vor Scham erröteten. Mit so viel Anmut wie ihre Situation es zuließ erhob sie sich und versuchte dabei die Tüte mit dem Hundehaufen so geschickt vor ihr Nachthemd zu halten, dass sie den Riss darin verdeckte.
Leider gab genau in diesem Moment der frisch angehäufte Mulch unter ihren Füßen nach und Anouk stolperte rückwärts. Verzweifelt ruderte sie mit den Armen, schaffte es jedoch nicht das Gleichgewicht zu halten. Glücklicherweise wurde sie kurz bevor sie rücklings im Blumenbeet landete von zwei starken Armen aufgefangen. Ihre Wangen waren inzwischen so heiß, dass man die Röte bestimmt noch in der Dunkelheit sehen konnte. Schnell befreite sie sich aus den Armen des Fremden und trat einen Schritt zurück.
"Mein Gott, das tut mir wirklich leid", stammelte sie mit verlegen zu Boden gerichteten Augen und griff dabei mit dem Zeigefinger nach ihrem Auge. Wenn sie nervös wurde, hatte ihr rechtes Augenlid nämlich die unangenehme Angewohnheit in schnellem Tempo zu zucken zu beginnen. "Mein Hund ist mir durch das Loch dort hinten im Zaun in ihren Garten entwischt", fuhr sie fort und zeigte hinter sich in die Ecke des Gartens, wo die zwei Latten im Zaun fehlten.
Als er darauf nichts erwiderte, streckte sie die Hand zu ihm aus. "Ich bin übrigens Anouk, ihre neue Nachbarin."
Der Mann zog erstaunt eine Augenbraue in die Höhe. "Du bist Monas Enkeltochter?", erkundigte er sich, als fiele es ihm schwer diese Tatsache zu glauben.
Anouk nickte, gerade als er ihre Hand ergriff. Sein Handgriff war fest und seine Haut warm. "Ich bin James Brunt und das hier ist mein Haus." Dabei zeigte er auf das kleine, gemütlich wirkende Häuschen hinter sich. Es war aus Holz gebaut, hatte rote Fensterläden und ein ebenfalls rotes Giebeldach.
"Wie geht es Mona?", wollte er wissen. Sein Gesichtsausdruck wirkte plötzlich besorgt. Zur gleichen Zeit musterte er Anouk von Kopf bis Fuß, gerade so als wolle er herausfinden, ob sie als die neue Nachbarin eine würdige Nachfolgerin abgeben würde.
"Oh es geht ihr gut", versicherte Anouk schnell. "Es gefällt ihr im Wohnheim für Senioren. Ich glaube ihr sozialer Kalender ist fast mehr gefüllt als meiner." Den letzten Satz hätte sie wohl besser für sich behalten. Das sie es nicht getan hatte schrieb sie dem durchdringen Blick zu, mit dem James sie immer noch betrachtete. Er machte sie befangen und wenn sie befangen war, tendierte sie dazu zu viel zu reden.
Natürlich konnte sie ihm nicht verübeln, dass er sie so anstarrte. Sie musste ein abschreckendes Bild abgeben. Ein zerrissenes, mit Cupcake Muster bedrucktes Nachthemd, barfuß und ohne Make-up...
Krümel, überhaupt nicht schüchtern, war inzwischen Schwanz wedelnd zu dem Mann gelaufen und schnupperte enthusiastisch an seinen Stiefeln. "Das ist mein Hund Krümel", erklärte Anouk, indem sie auf den kleinen Hund zeigte.
"Krümel?", fragte James mit einem amüsierten Lachen. Anouk war sich nicht sicher, ob sein Lachen wohl gemeint war oder ob er sich über sie lustig machte, aber ihr Herz machte einen freudigen Sprung als er sich nach unten beugte, um freundschaftlich über Krümels weißes Fell zu streicheln.
"Hi Krümel, ich will doch sehr hoffen das du nicht vor hast meinen Garten weiterhin als Toilette zu benutzen. Ansonsten..." Das Klingeln eines Telefons unterbrach ihn mitten im Satz. Er fischte sein Handy aus der Hosentasche und drückte auf das Display, um den Anruf entgegenzunehmen.
"Brunt", bellte er ins Telefon und hörte dann einen langen Moment einfach nur aufmerksam zu. Die Falte auf seiner Stirn vertiefte sich mit jeder verstrichenen Sekunde. "Ich bin gleich da", sagte er schließlich knapp.
"Tut mir leid, aber die Arbeit ruft", erklärte er an Anouk gerichtet, während er das Handy wieder in die Hosentasche schob. "Es war nett dich kennen gelernt zu haben, Anouk."
Ohne eine Erwiderung ihrerseits abzuwarten, drehte er sich und marschierte in Richtung Einfahrt. "Und vergiss nicht den Hundehaufen einzusammeln. Das ist nicht gut für die Blumen", rief er ihr noch über die Schulter hinweg zu, als er in sein Auto stieg.
Minuten nachdem James seinen Wagen auf die Straße gelenkt hatte, stand Anouk immer noch dort, wo er sie zurückgelassen hatte, und fragte sich, ob sie wohl gerade einen Freund dazu gewonnen, oder sich einen Feind eingehandelt hatte.
***
James saß in seinem Auto und konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. Sie gefiel ihm. Er erinnerte sich, wie Mona immer wieder wie beiläufig ihren Namen erwähnt hatte. Anouk. Ein seltsamer Name. Das nächste Mal, wenn er sie sah, würde er sie fragen was er bedeutete.
Natürlich wusste er, dass Anouks Großmutter die Hoffnung hegte ihre Enkeltochter mit ihm zusammenzubringen, weswegen er auch immer gleich das Thema gewechselt hatte, wenn Mona das Gespräch darauf gelenkt hatte. Er hatte momentan einfach keine Zeit für eine Frau.
Auf der anderen Seite konnte er nicht abstreiten, dass sich heute Abend tief in seinem Inneren etwas geregt hatte, das sich schon sehr lange nicht mehr gerührt hatte. Etwas, das in ihm bewirkte seinen Status als Junggeselle ändern zu wollen...
Hoffentlich hatte sie sein Kommentar über den Hundehaufen nicht allzu ernst genommen. Vielleicht würde er in den nächsten Tagen einen Grund erfinden müssen, um an ihrer Tür zu klopfen. Denn eines wusste er mit Gewissheit: Er musste Anouk um jeden Preis wiedersehen.
Glücklicherweise hatte er in diesem Moment noch keine Ahnung, dass er sie bereits in weniger als 24 Stunden wiedersehen würde und das die Begebenheiten ihres Treffens dann viel weniger erfreulich sein würden.
Anouk erwachte zu einem wunderschönen Frühlingstag. Im Licht der Morgensonne, das freundlich durch das kleine Fenster neben ihrem Bett schien, drehte sie sich auf den Rücken. Eine ihr wohlbekannte Wärme schmiegte sich sogleich eng an ihre Seite. Instinktiv musste Anouk lächeln, streckte die Hand aus und streichelte über das seidige Fell ihres Hundes. Mit einer Prise Wehmut rief sie sich ins Gedächtnis, dass Krümel der einzige war, mit dem sie seit der Trennung von ihrem Freund Mark vor knapp über einem Jahr das Bett geteilt hatte.
Der Gedanke an einen Mann in ihrem Bett erinnerte sie wiederum an ihren neuen Nachbarn James, den sie gestern Abend auf so peinliche Art und Weise kennengelernt hatte. Trotz seines ruppigen Auftretens fühlte sie sich von ihm angezogen. Sie fragte sich, wann sie ihn wiedersehen würde und dann, ob sie das überhaupt wollte nach der Blamage gestern. Vielleicht konnte sie sich ja auch einfach vor ihm verstecken...
Kopfschüttelnd drängte sie die Gedanken an James beiseite. Nach all dem was sie mit Mark durchgemacht hatte, hatte sie sich eigentlich geschworen nie wieder einem Mann zu vertrauen. Außerdem musste sie sich um ihre Bäckerei kümmern und das nahm momentan jede freie Minute ihrer Zeit in Anspruch. In ihrem Leben gab es keinen Platz für Romantik und es war die reinste Zeitverschwendung überhaupt darüber nachzudenken.
Der Erinnerung an ihren kleinen Laden zauberte ein Lächeln auf Anouks Lippen. Schon als kleines Mädchen war die Küche immer der Ort gewesen, an dem sie sich im Haus ihre Eltern am liebsten aufgehalten hatte. Dort hatte sie ihrer Mutter beim Kochen und Backen zugesehen und davon geträumt, eines Tages ihre eigene Bäckerei zu besitzen, wo es den besten Kuchen der Stadt zu kaufen geben würde.
Anfang letzten Jahres war ihr Traum dann wahr geworden. Ihre Eltern verkauften ihr Haus und leisteten sich einen Wohnwagen, mit dem sie sich auf eine Reise quer durch Amerika begaben. Ein Abenteuer, das sie schon lange geplant hatten. Den Rest des Geldes liehen sie Anouk, die davon ein kleines Geschäft mitten im Ortszentrum von Falls Creek kaufte.
Heute, ein Jahr später, lief die Bäckerei mit angrenzendem Café gut. Sogar so gut, dass sie ihren Eltern, wenn es so weiterging, schon in zwei Jahren das geliehene Geld vollständig zurückzahlen würde können. Anouk ließ all ihre Liebe und Energie in ihre Bäckerei fließen. In ihre Bäckerei, und natürlich in Krümel!
Als hätte sie ihn gerufen streckte der Hund seinen Kopf unter der Decke hervor, legte ihn auf Anouks Brust und starrte sie mit intensivem Blick an.