Ein offenes Buch - Lara Ermer - E-Book

Ein offenes Buch E-Book

Lara Ermer

0,0
8,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Tabulos, aber niveauvoll: Lara Ermer hat ein im Wortsinne offenes Buch über Body Positivity und sexuelle Mythen in Zeiten ständiger Selbstoptimierung geschrieben. Menschen erfinden rosa Handschuhe, um die Periode aufzuhübschen, wollen Liebe machen à la Disney, leiden unter schlecht sitzenden BHs und selbst die Reflektiertesten von uns tragen wohl fragwürdige Körperideale in sich. Es gibt noch eine Menge zu lernen! Mit klugem Witzund erfrischender Ehrlichkeit spricht die Autorin und Poetry-Slammerin dieunangenehmen Details und Merkwürdigkeiten von Körpern an. Dabei verhilft es durch viel befreiendes Lachen zu einem unverkrampften Umgang mit Sex und einer liebevollen Haltung zum eigenen Körper. Ganz nebenbei geht es um allerlei Nischenwissen: Was haben Kellogs, eine königliche Mätresse oder Pampasgras mit unseren Körpern zu tun? Wenn die wortgewandte Autorin über Behaarung, Menstruation, Brüste und misslungenen Sex schreibt, möchte man am liebsten schreien: "Hurra, ich bin nicht allein!". Durch das Dauergrinsen, das sich beim Lesen einstellt, ist das aber gar nicht mal so einfach. »Endlich sagt das alles jemand! Und GOTT SEI DANK ist es Lara Ermer!« (Sandra Da Vina)

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Lara Ermer

Ein offenes Buch

Von idealen Körpern, perfektem Sex und anderen Mythen

LAPPAN

„Schon einmal zur Vorwarnung: Wer allein mit der Aussage ,Hallo, ich menstruiere übrigens‘ ein Problem hat, wird mit diesem Buch nicht gut zurechtkommen. Umso wichtiger wäre es vielleicht, es zu lesen.“

Lara Ermer lädt ein, über sich selbst zu lachen. Sie erzählt von den faszinierenden Eigenheiten von Körpern und Sex, vom Sexting in der Kunstgeschichte und von flauschigen Fußrücken.

Endlich sagt das alles jemand! Und GOTT SEI DANK ist es Lara Ermer!

Sandra Da Vina

Meiner Familie

Guckt mal, ich hab’ ein Buch geschrieben! Es wäre voll okay, wenn ihr ab hier nicht weiterlest. Es geht ziemlich viel um Sex.

„Lustig ist sie nicht so, schlafen würde ich mit ihr trotzdem gerne.“

Kommentar von A.S. Cirillo unter dem Video „Origami auf dem Klo“

„Was regt ihr euch auf, warum muss man so offen über solche Sachen reden, als ob ihr euch ’ne Medaille verdient hättet, weil ihr aus der Pussy blutet?“

Kommentar von Ginga Hagane unter dem Video „Erdbeerwoche“

„Was ist ihr Problem, schämen sollte man sich für so etwas.“

Kommentar von Simon Bauer unter dem Video „Erdbeerwoche“

„Schon etwas schamlos.“

Kommentar von Michael Zutz unter dem Video „Erdbeerwoche“

VORWORT

HÄTTE MAN meinem dreizehnjährigen Ich erzählt, dass ich eines Tages Buchautorin sein würde, ich wäre vor Freude ausgerastet. Hätte man mir anschließend gesagt, dass es in meinem ersten eigenen Buch um Körper und um Sex gehen würde, wäre ich vermutlich in Ohnmacht gefallen. Wir hatten im Informatikunterricht an der Schule sehr viele Aktionstage, an denen man uns eingebläut hat, bloß niemals problematische Dinge ins Internet zu stellen. Jahre später habe ich mich auf eine Bühne gestellt und Witze übers Menstruieren gemacht. Mehr als eine Million Menschen haben ein Video davon gesehen und einige davon fanden es offenbar doll problematisch. Tschuldigung, Herr Informatiklehrer. Die Reaktionen auf den Text waren teilweise völlig absurd. Da war von Ekel über Anklage bis hin zu Drohungen alles dabei. Ein Mann fand sogar, man solle mich abstechen. Das ist doch eine recht drastische Maßnahme für jemanden, der offenbar nicht gerne Geschichten über Blut hört.

Viele dieser Kommentare, Nachrichten und Begegnungen haben mich vor allem amüsiert und verwundert. Schon einmal zur Vorwarnung: Wer allein mit der Aussage „Hallo, ich menstruiere übrigens“ ein Problem hat, wird mit diesem Buch nicht gut zurechtkommen. Umso wichtiger wäre es vielleicht, es zu lesen. Daran, dass jemand über die eigene Menstruation lachen kann, sollte eigentlich nichts Problematisches sein. Trotzdem wäre es gelogen zu sagen, dass ich mich nicht manchmal gefragt habe, ob ich zu weit gegangen bin. Es gab aber auch ganz andere, wunderbare Reaktionen. Junge Frauen, die von mir inspiriert angefangen haben, Perioden-Partys zu feiern, inklusive Erdbeersahnetorte mit einer Gebärmutter aus Smarties obendrauf. Senioren, die sagen, sie hätten trotz zigtausend Lebenserfahrung noch etwas von mir lernen können. Eine Frau, die nach einem meiner Auftritte berührt und amüsiert zu mir kam und sagte, dass sie das Gefühl habe, dass ich einen Auftrag hätte. Diese Menschen haben sehr dabei geholfen, die negativen Kommentare auszublenden.

Auf einen bestimmten Vorwurf mag ich tatsächlich eingehen: Mir wurde oft gesagt, dass ich schamlos sei. Das ist schlichtweg Quatsch. Ich bin nicht schamlos. Klar finde ich es auch nicht geil, auf der Bühne eines ehrwürdigen Opernhauses zu stehen und vor Hunderten Leuten im Publikum zuzugeben, wie furchtbar asymmetrisch meine Schamlippen sind. (Das passierte wirklich. Nochmals: Tschuldigung, Herr Informatiklehrer. Immerhin gab es Standing Ovations dafür!) Solange ich mich für diese Themen in den Augen mancher Menschen schämen sollte, müssen wir aber weiterhin darüber reden. Vielleicht können wir auf diese Art wirklich noch etwas von unserer Scham loswerden.

Viele der Geschichten in diesem Buch sind mir selbst so oder so ähnlich passiert. Einiges haben auch Bekannte beigesteuert, für deren Offenheit und Vertrauen ich tief dankbar bin. Natürlich habe ich Einzelheiten verdichtet, Erlebnisse miteinander verwoben und teilweise Dinge erfunden, die etwas repräsentieren wollen. Die wenigen Namen, die vorkommen, sind selbstverständlich geändert. Alle Erzählungen haben etwas gemeinsam: meine persönliche Perspektive. Ich bin eine Frau mit Uterus, Vagina und Brüsten und um all das wird es in diesem Buch ausführlich gehen. Trotzdem kann und möchte ich weder für alle Frauen sprechen noch für alle Menschen mit Gebärmüttern, Brüsten oder Vaginen. Ich kann es selbst nicht leiden, wenn einzelne Personen meinen, sich im Namen ihres ganzen Geschlechts äußern zu können. Von wegen „uns Mädels/Frauen/Ladyyyyyes“ geht es so und so. Ist ja schön und gut, dass du mit deinen Girls gerne shoppen gehst und dass ihr euch ausschließlich von Sekt ernährt. Aber das gilt nicht für mich. Ich trinke keinen Sekt. Unter Champagner fange ich gar nicht erst an!

Obwohl dieses Buch also keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Allgemeingültigkeit hat, hoffe ich, dass es für den einen oder die andere immer wieder Aha-Momente bringt und die Gewissheit, mit dem eigenen Körper, der eigenen Sexualität, Gefühlen, Erfahrungen und vielleicht auch unangenehmen Dingen nicht allein zu sein. Es ist eine Einladung, über sich selbst zu lachen, eine Liebeserklärung an die Eigenheiten von Körpern und eben im wahrsten Sinne des Wortes: Ein offenes Buch.

INHALT

Erdbeerwoche

Let’s talk about Sex

Muschimalkurs

Kleiner Muschimalkurs

Pferdemädchen

Tod dem Basilikum

Pizza Funghi

Vor dem Sturm

Bis auf die Haut

Zwei unschlagbare Argumente

Das Höschendilemma

Toy Story

Augen auf, sie kommt!

Ohne Worte

Eine ganz besondere Phase

ERDBEERWOCHE

EIN EXFREUND, bei dem ich damals frisch eingezogen war, empfand meine Tampons als Zumutung. Er wollte partout nicht, dass Gäste, die das Bad betreten, „das sehen müssen“. Ich möchte betonen: Ich bin kein Monster. Es ging nicht darum, dass ich benutzte Tampons in irgendeine Ecke werfen würde. Nein, wir reden von einer Tamponpackung. Ein erwachsener Mann, der Angst vor einem Karton hat. Dieser Ex hat mir dann allen Ernstes ein Schatzkästchen geschenkt, in dem ich meine o.b.s verstecken sollte. Dieses Kästchen war lila, mit Schnörkeln verziert und hatte sogar ein Schloss. Was hätte ich tun sollen, mir etwa ganz romantisch den Schlüssel um den Hals hängen? Ich habe mir dieses Kästchen sehr genau angeschaut. Und dann habe ich den Mann verlassen.

Niemand würde auf die Idee kommen, sein Klopapier wegzusperren, bevor Besuch kommt. Wenn ich bei jemandem auf die Toilette gehe, freue ich mich doch zu sehen, dass sich die Leute auch hier offenbar den Arsch abwischen. Da hat man direkt was gemeinsam. Genauso dankbar sollte man mir sein, dass ich Tampons benutze. Das Versteckspiel geht allerdings auch außerhalb des Badezimmers weiter. Wer mal keinen o.b. dabeihat, darf diskret danach fragen, aber bitte ohne die Wörter „Menstruation“, „Periode“ und „Blut“ zu verwenden. Ich nenne das Erdbeerwochen-Activity. Tampons werden auch immer schön unauffällig weitergegeben, unter dem Tisch, im Vorbeilaufen oder gar in einem Taschentuch versteckt. Vermutlich wären alle menstruierenden Menschen fantastische Dealer. Als ich mich mal auf einen Job bewerben wollte, der laut Ausschreibung „ein hohes Maß an Diskretion“ erforderte, war ich kurz davor, mein Bewerbungsschreiben zu ergänzen: „Ich bin für Ihre Anforderungen höchst qualifiziert. Immerhin habe zehn Jahre Menstruationserfahrung und niemand hat’s gemerkt.“

Ich verstehe nicht, warum diese Sachen so versteckt werden. Bis vor Kurzem musste man in Deutschland auf Menstruationsprodukte den Mehrwertsteuersatz von 19 % für Luxusgüter zahlen und obwohl das gekippt wurde, sind Binden und Tampons immer noch ganz schön teuer. Eine Befragung einer britischen Zeitung hat ergeben, dass Menstruierende in ihrem Leben circa 21.000 € für ihre Periode ausgeben. Davon kaufen sie sich Periodenartikel, aber eben auch Schmerzmittel, Wärmflaschen und was sonst noch alles gebraucht wird, wenn man einmal im Monat vor sich hin blutet. Um das in Relation zu setzen: Von dem Geld könnte man sich einen nigelnagelneuen, prolligen Jetski kaufen oder auch in etwa 16.000 Kugeln Eis, zwei Drittel einer kleinen, bewaldeten kanadischen Insel oder sogar neun echte, flauschige Esel. Meine Menstruation ist demnach ein verdammtes Statussymbol. Warum darf ich nicht lauthals damit angeben? Wo bleiben die Rap-Videos von Menschen, die mit dicken Tamponketten behängten sind? Ich schmeiß o.b.s durch den Club und schrei boah, boah! Scheiß auf jedes Lacoste-Logo, ich kleb mir eine Slipeinlage aufs T-Shirt und trage ab jetzt High Fashion von Louis Tampón.

Das Schwierige an Luxusprodukten ist, dass nicht alle sich das leisten können. Nachdem die Steuern für Periodenartikel in Deutschland gesenkt wurden, haben viele Firmen die Preise einfach direkt erhöht. So teuer wie Menstruationsprodukte sind, kann man sich fast schon Geldscheine in die Unterhose stopfen. Es ist wohl kein Weltuntergang, dass wir nicht alle einen Jetski oder neun Esel haben dürfen. Aber etwas für die eigene Hygiene zu tun, sollte wirklich kein Investment sein. In Schottland wurde 2020 beschlossen, dass in öffentlichen Gebäuden kostenlose Menstruationsartikel zur Verfügung gestellt werden müssen. Auch in Deutschland werden mittlerweile Forderungen danach laut. Einige Männer im Internet finden das sehr furchtbar. (Männer im Internet finden überhaupt sehr vieles im Internet sehr furchtbar.) Jedenfalls kommentierten einige Günthers und Peters, es wäre unfair, dass Menstruierende etwas „geschenkt bekommen“, was sie selbst nicht haben dürfen.

Liebe nicht menstruierende Männer! Folgendes Angebot: Natürlich dürft ihr von den kostenlosen Tampons etwas abhaben. Steckt sie euch, wohin ihr wollt. Falls ihr neugierig seid und Lust auf eine Runde „Planspiel Periode“ habt, fülle ich auch gern etwas von meinem Menstruationsblut ab. So für das authentische Feeling. Ich protestiere doch auch nicht dagegen, dass es auf Männertoiletten kostenlose Urinale gibt. Wenn ich alle zwei Jahre mal wieder betrunken bin und mir die Schlange vor dem Damenklo zu lang ist, marschiere ich einfach rein und benutz selbst so ein Pissoir. Ja, das geht. Man muss mit dem Rücken zur Wand stehen, gut balancieren können und sich extrem konzentrieren. Auf Pissoirs pissen können ist zwar weder lecker noch geil, aber in dringenden Fällen ist es meine geheime Superkraft.

Manche dieser besagten kommentierenden Männer meinten, dass es als Ausgleich für die Periodenprodukte kostenloses Essen für Männer geben müsste, weil sie schließlich mehr essen müssten. Ich finde es in Ordnung, wenn jemand über sein Essen reden möchte, wenn es gerade eigentlich um Menstruation geht. Der Fairness halber würde ich in Zukunft einfach beim Essen über meine Menstruation reden, okay?