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Eine angebliche Bundesbehörde benutzt einfache Bürger als Kuriere in den gesamten Vereinigten Staaten. Eine junge Angestellte versucht dem ganzen auf den Grund zu gehen und gerät in Lebensgefahr. Das FBI kommt bei den Ermittlungen nicht weiter und fragt zähneknirschend bei Interpol um Hilfe. Rhonda Miller entsendet das Team unter der Leitung von Liz Croll in die USA. Die Agenten stoßen auf unerwartete Probleme, als Leonie Korn von einer FBI Angestellten erkannt wird. Die FBI Agentin nutzt die Daten des Teams, um Leonie zu überführen und bringt damit Liz Ehemann und die Kinder des Teams in Gefahr. Das Team muss erfinderisch werden, um den Fall zu lösen und sich der Agentin des FBI entledigen, bevor sie alle zur Zielscheibe werden.
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Seitenzahl: 751
Veröffentlichungsjahr: 2022
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Ein tödliches Komplott
Michael Korn & Liz Croll Band 4
Ein Thriller von
Matthias Boden
Copyright © 2022
Matthias Boden
Werrestraße 107b
32049 Herford
E-Mail: [email protected]
9783986476311
Prolog
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
1. Kapitel
Bahamas, Nassau
2. Kapitel
Vereinigte Staaten, Washington D.C. (WA)
3. Kapitel
Vereinigte Staaten, Cleveland (OH)
Bahamas, Nassau
4. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
5. Kapitel
Vereinigte Staaten, Las Vegas (NV)
6. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
7. Kapitel
Bahamas, Nassau
8. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
9. Kapitel
Vereinigte Staaten, Las Vegas (NV)
Vereinigte Staaten, Dallas (TX)
Vereinigte Staaten, Cleveland (OH)
10. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
11. Kapitel
Bahamas, Nassau
12. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
Vereinigte Staaten, Cleveland (OH)
Bahamas, Nassau
13. Kapitel
Bahamas, Nassau
14. Kapitel
Vereinigte Staaten, Dallas (TX)
15. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
16. Kapitel
Vereinigte Staaten, Dallas (TX)
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
17. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
18. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
19. Kapitel
Vereinigte Staaten, Cleveland (OH)
20. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
21. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
22. Kapitel
Vereinigte Staaten, Cleveland (OH)
23. Kapitel
Vereinigte Staaten,Portland (OR)
24. Kapitel
Vereinigte Staaten, Las Vegas (NV)
Bahamas, Nassau
25. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
26. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
Nassau, Bahamas
27. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
28. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
29. Kapitel
Bahamas, Nassau
30. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
31. Kapitel
Vereinigte Staaten, Las Vegas (NV)
32. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
33. Kapitel
Bahamas, Nassau
34. Kapitel
Vereinigte Staaten, Las Vegas (NV)
35. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
36. Kapitel
Bahamas, Nassau
37. Kapitel
Vereinigte Staaten, Las Vegas (NV)
38. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
39. Kapitel
Bahamas, Nassau
40. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
41. Kapitel
Vereinigte Staaten, Los Angeles (CA)
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
42. Kapitel
Bahamas, Nassau
43. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
44. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
Bahamas, Nassau
45. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
46. Kapitel
Vereinigte Staaten, Las Vegas (NV)
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
47. Kapitel
Bahamas, Nassau
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
48. Kapitel
Vereinigte Staaten, Las Vegas (NV)
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
49. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
50. Kapitel
Bahamas, Nassau
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
51. Kapitel
Bahamas, Nassau
52. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
53. Kapitel
Bahamas, Nassau
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
54. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
Bahamas, Nassau
55. Kapitel
Vereinigte Staaten, Portland (OR)
Bahamas, Nassau
Epilog
Bahamas, Nassau
Karibik, Luftraum über dem Atlantik
Danksagung
Danksagung
Die Reihe um Liz Croll und Michael Korn:
Schwaches Licht einer windschiefen Straßenlaterne erhellte die Szenerie an einer Umgehungsstraße. In irgendeinem dieser Fahrzeuge sollte ihre Zielperson sitzen und warten. Schon seit einigen Stunden hatte Vivian Burgess die Straße nicht aus den Augen gelassen. Von ihrem Kontakt im Hauptquartier hatte sie erfahren, dass die Übergabe exakt hier und heute über die Bühne gehen sollte. Immer wieder konnte sie sehen, dass Beutel aus Zellophan und Briefumschläge sowie Bargeld den Besitzer wechselte. Das war hier nach Sonnenuntergang bereits normal, aber ihr Kontakt sprach von einer Menge, die nicht in eine Tüte passen konnte. Er hatte ihr den Wert von über zehn Kilogramm genannt, die heute den Besitzer wechseln würden.
Mit ihrer Kamera und dem hochauflösenden Objektiv saß sie in sicherer Entfernung versteckt in einem Jägerunterstand. Sogar ihr Gesicht hatte sich vorsorglich noch einmal geschwärzt, obwohl das eigentlich nicht nötig gewesen wäre. Vivian war ein Mischling. Ihre Mutter war eine Afroamerikanerin und ihr Vater ein Weißer. Sie war deswegen eher so dunkelfarbig wie ein Milchkaffee und konnte in dieser Umgebung bei den schlechten Lichtverhältnissen nicht auffallen. Selbst die Tiere interessierten sich nicht für die versteckte Verwaltungsangestellte, die hier wartete.
Endlich sah sie dort unweit der Laterne einen völlig in schwarz gekleideten Mann. Der lange Mantel war deutlich zu auffällig für die Jahreszeit. Zu viel Columbo gesehen vermutlich, aber das war hier nicht Los Angeles, sondern Portland. Diese Agenten konnten aber auch nie wirklich unauffällig sein. Ihr sollte es recht sein. Je einfacher er zu erkennen war, umso leichter für sie und ihre Kamera die Übergabe im Bild festzuhalten. Immerhin hing sie jetzt schon fast drei Wochen an diesem Auftrag fest, weil er immer wieder verschoben wurde.
Angefangen hatte alles mit einem einfachen Brief in ihrer Post. Eine mysteriöse Bundesbehörde mit den drei Buchstaben SNB hatte sie angeworben diesen Job für ihr Land zu erledigen. Sie bekam alles, was sie dafür brauchte gestellt und dachte nicht weiter darüber nach. Ihr erster Auftrag war einfach gewesen. Sie sollte einfach nur mit einem Zug nach San Francisco in Kalifornien fahren, dort einen blauen Kleinwagen auf einem Parkplatz eines Supermarktes abholen und ihn nach Portland bringen. Dort sollte sie den kleinen Wagen einfach in einer Seitenstraße abstellen, den Schlüssel auf dem rechten Hinterrad ablegen und sich aus dem Staub machen. Bekommen hatte sie dafür neben einer Fahrkarte für den Zug auch noch eine Vergütung von 2000 Dollar.
Für sie als Berufsanfängerin aus einer eher unterprivilegierten Arbeiterfamilie an der Westküste war das ein nettes Zubrot, das sie gerne in Anspruch genommen hatte. Das Geld bekam sie wieder per Post an ihre Adresse geliefert. Kurze Zeit später bekam sie eine neue Aufgabe angeboten. Sie sollte einfach nur ein Paket annehmen und es dann in einem Restaurant bei der Garderobe liegen lassen. Als sie nach dem Essen, das ihr ebenfalls nachträglich bezahlt wurde, ihren Mantel abgeholt hatte war das Paket einfach verschwunden. Trotzdem bekam sie pünktlich das versprochene Geld, inklusive der Kosten des Abendessens.
Ihr dritter Auftrag führte sie nach Salt Lake City, um einen Rollkoffer zu übernehmen, den sie dann nach Eugene in Oregon bringen sollte. Dazu musste sie eines ihrer Wochenenden fast nur in Zügen verbringen, aber sie erhielt dafür sogar 5000 Dollar. Für das Geld ein Wochenende in einem Zug zu verbringen war jetzt nicht gerade das schlechteste, auch wenn das Schlafen viel zu kurz kam. Trotzdem lag das Geld für ihre Dienste wieder vollzählig in ihrem Briefkasten. Was konnte sie besseres erwarten, als für kleine Transporttätigkeiten schon einige tausende Dollar zu verdienen? Vivian hatte erst ihre Ausbildung abgeschlossen und begann in ihrem Beruf. Da konnte man einen Extraverdienst schon gut gebrauchen.
Ihr jetziger Auftrag war fast noch einfacher. Sie sollte einfach nur mit der Kamera beobachten und auf keinen Fall eingreifen, egal was auch passierte. Sie wusste, dass die Übergabe irgendwann an diesem Abend auf der Umgehungsstraße erfolgen musste. Man stellte ihr die Kamera und eine Speicherkarte zur Verfügung, die sie nach Erledigung auf einer öffentlichen Toilette im Stadtzentrum von Portland deponieren brauchte. Jetzt saß sie schon seit mehr als zwei Stunden in diesem Busch und wartete. Es war nicht wirklich bequem in diesem Jägerunterstand und die Aussicht war auch nicht wirklich eine Augenweide, aber was sollte sie besseres verlangen.
Endlich passierte etwas worauf sie wartete. Der Mann in dem langen Trenchcoat beobachtete die Fahrzeuge und hielt sich eher in den dunklen Ecken der Straße auf. Viviane hatte ihn direkt auf dem kleinen Bildschirm ihrer Kamera. Der junge Typ sah gar nicht so übel aus. Er war ungefähr in ihrem Alter, hatte ein schüchternes Auftreten, sah aber trotzdem ziemlich heiß aus. Hätte er sie in einer Bar angesprochen wäre sie nicht abgeneigt gewesen. So aber gehörte er nur zu einem Auftrag und brachte ihr Geld ein, wenn er denn endlich das Paket mit den 18 Kilogramm abholen würde.
Langsam traute er sich mal ein bisschen mehr ins Licht was Vivian veranlasste mehrfach den Auslöser ihrer digitalen Kamera mit dem Teleobjektiv zu drücken. Sie hatte ihn genau im Bild. Unmöglich ihn nicht genau darauf zu erkennen. Seine kurzen schwarzen Haare die in kleinen Locken an seinem Haupt klebten waren fast exakt zu erkennen. Auch die kleine Narbe unter seinem Kinn war deutlich zu sehen. Er hielt sich auffällig im Schatten und blieb von den Menschen fern, die dort an der Straße standen. Scheu blickte er sich um und bewegte sich dann vorsichtig im leichten Unterholz des angrenzenden Grabens die Strecke entlang. Er erreichte einen mattschwarzen Kombi und machte sich an der Heckklappe zu schaffen. Das Gepäckfach schwang auf und er schnappte sich ein in dunkles Papier gewickeltes Paket. Sein Ausdruck ließ erkennen, dass dieses Päckchen ziemlich schwer war. Eng an sich gedrückt machte der junge Afroamerikaner sich wieder auf den Rückweg. Vivian Burgess hatte alles aufgenommen und wollte bereits wieder ihren Beobachtungsposten verlassen als er von einem Mann im Anzug aufgehalten wurde.
Es entwickelte sich ein lautes Wortgefecht, was in einer wilden Schlägerei mündete. Vivian sollte auf keinen Fall eingreifen, also hielt sie mit der Kamera drauf und knipste Bilder im Sekundentakt. Das Paket, was er in den Armen hatte, fiel auf den Boden und gab einen Teil des Inhalts frei. Es sah aus wie Mehl in einer merkwürdigen Konsistenz. Der leichte Wind blies das Pulver in die Luft und trieb es die Straße entlang. Viele andere Menschen wurden darauf aufmerksam als plötzlich ein weiterer junger Mann hinzukam und schreiend gestikulierte. Dann ertönte eine Sirene und die Schwärze der Nacht wurde durch blaue Blitze erhellt. Mit quietschenden Reifen hielten mehrere Streifenwagen direkt neben den beiden kämpfenden Männern. Vivian hielt den ganzen Vorgang mit ihrer Kamera fest. Plötzlich fiel ein lauter Schuss und der Paketbote brach blutend zusammen.
Die Beamten schnappten sich die Reste des Pakets, kümmerten sich um den Verletzten und wogen das restliche Pulver in einem Streifenwagen ab. Vivian hatte genug gesehen. Den ganzen Vorgang hatte sie mit ihrer Kamera dokumentiert. Es war Zeit zu verschwinden und die Kamera mit der Speicherkarte in der öffentlichen Toilette zu hinterlegen. Sie verließ ihren Jägerunterstand und machte sich auf den Rückweg durch das kleine Wäldchen. Während sie die Kamera fest an sich gedrückt durch den Wald quälte, machte sie sich Gedanken. Hatte sie eben aus sicherer Entfernung einen Drogendeal beobachtet der schiefgegangen war? Aber warum hatten die Beamten auf den jungen Mann geschossen? Man konnte doch den Widerstand mit Handgriffen brechen, ohne den Dealer so schwer zu verletzen. Aber wenn das ein schiefgegangener Drogendeal war, weshalb hatte eine Bundesbehörde wie das SNB daran Interesse?
Vivian blieb im Wald stehen und dachte darüber nach, was sie mit den Beweisen anfangen sollte. Eine Sicherungskopie behalten oder ihre Beweise abliefern und nicht weiter darüber nachdenken. Sie hatte ihr Geld ja verdient, ohne ihren Auftrag zu gefährden. Die Frage war nur was sie mit der Sicherheitskopie anfangen sollte, wenn sie denn eine anfertigte. Sie hatte ja nur eine Polizeiaktion mit Bildern festgehalten und eine Kopie der Fotos brachte ihr ja keine Vorteile. Vivian könnte sie nur an eine Tageszeitung verkaufen und damit noch ein paar Dollar verdienen, aber in den USA passierten jeden Tag tausende Verbrechen, die nicht unbedingt in der Zeitung standen. Sie entschied sich dagegen. Ihr Job war erledigt und sie würde mit Sicherheit noch weitere Aufträge erhalten, mit denen sie ihr kleines Gehalt aufbessern konnte.
Vivian setzte ihren Weg in die Innenstadt von Portland fort, ohne einen weiteren Gedanken an den Vorfall zu verschwenden. Hinter dem Wäldchen hatte sie ihren Kleinwagen geparkt, den sie sich durch den zusätzlichen Verdienst ihrer Nebentätigkeit leisten konnte. Sie klemmte sich hinter das Steuer und fuhr in die Stadt. Vor ihr tauchten die hohen leuchtenden Gebäude von Portland wie aus dem Nichts auf und beleuchteten ihren Weg zum Übergabeort. Dort angekommen parkte sie ihren Wagen in der Nähe einer Pizzeria und begab sich auf die Damentoilette. Wie vorhergesagt fand sie dort an der Wand den Automaten für Damenhygieneartikel. Die Klappe ließ sich ganz einfach öffnen und sie deponierte dort die Kamera. Dann schloss sie die Klappe wieder und setzte sich in den Außenbereich des Lokals.
Sie hatte einen guten Blick auf den Eingang. Der Kellner nahm ihre Bestellung auf und kehrte kurz darauf mit ihrem Erfrischungsgetränk zurück. Vivian behielt den Zugang der Toilette die ganze Zeit im Blick. Nach den ganzen erfolgreichen Aufträgen wollte sie nun endlich wissen, wer eigentlich hinter den Aufträgen steckte. Irgendjemand musste die Kamera ja am Übergabeort abholen und zur Bundesbehörde SNB bringen. Der Kellner brachte ihr die bestellte Pizza. Er war etwas verwirrt, weil Vivian darauf bestand sofort zu bezahlen. Wenn schon jemand die Kamera abholen würde wollte sie keine Zeit verlieren, um der Agentin zu folgen.
Es dauerte gut eine ganze Stunde bis endlich eine adrett gekleidete junge Frau die Toilette betrat und kurz darauf mit einer Tasche wieder in der Tür erschien. Die Ausmaße der Tasche waren groß genug um die Kamera darin zu verbergen. Vivian beschloss ihr in sicherem Abstand zu folgen. Während sie ihr in einigem Abstand durch die Straßen folgte, schätzte sie die schlanke Frau ab. Ihr Businesskostüm in dem dunklen Blau passte zu einer Bundesagentin im Dienst des SNB, aber warum trug sie keine Waffe oder anderes Material zur Verteidigung bei sich. Nichts deutete darauf hin, dass sie in der Lage war sich zu verteidigen. Die Blondine war schlank, deutlich kleiner als Vivian mit ihren 1,75 m und bewegte sich eher wie eine normale Passantin.
Die Verwaltungsangestellte folgte ihr bis zu einem Bürogebäude, das sie ohne Kontrolle betrat. Sie war sich unsicher, ob sie ihr bis in das Gebäude folgen sollte. Wenn das ein Büro der SNB war, wollte sie nicht im Gebäude aufgegriffen werden. Vivian lief an dem Gebäude vorbei und riskierte einen Blick ins Innere. Ein Schild an der Tür des Bürogebäudes verriet ihr, dass es ein Verwaltungsgebäude der staatlichen Wasserversorgung war. Eine Bundesbehörde wie das SNB versteckte sich also hinter einer Institution im Dienste der Einwohner. Es war nichts Ungewöhnliches an dem Gebäude zu erkennen. Die Schalter lagen im Dunkeln und der helle Marmor wurde nur durch leichtes Licht der Notbeleuchtung erhellt. Die Frau der Vivian gefolgt war schien sich hier auszukennen, denn ihr Weg führte sie schnurstracks zu einer Tür am Ende des Ganges.
Nachdem die Agentin hinter dem Eingang verschwunden war, stellte sich Vivian auf eine weitere Wartezeit ein. Nach weniger als zwei Minuten verließ die Agentin das Büro aber wieder ohne die Tasche und trat auf die Straße hinaus. Sie beschloss die Agentin weiterzuverfolgen. Wie ein Android ging sie durch die hohen Gebäudeschluchten in Richtung eines eher ruhigen Viertels. Ohne sich umzusehen, bog sie um die nächste Straßenecke. Vivian folgte ihr weiter. Als sie an der Straßenecke ankam, war die junge Agentin plötzlich verschwunden. Vivian schaute sich um, ob die Agentin sich in eines der kleineren Häuser zurückgezogen hatte, konnte sie allerdings nirgendwo entdecken.
Mit ihren braunen Pupillen blickte sie suchend in der Dunkelheit der Straße und achtete auf eine Bewegung. Alles, was sich bewegte, waren einige Zweige eines Busches die sich im leichten Wind wiegten, ansonsten war alles still. Beobachtend drang sie weiter in die Straße vor bis sie an einer kleinen Mauerkante eines Unterstands von hinten eine Hand an der Schulter nach hinten riss. Vivian fiel der Länge nach auf den Boden und nahm instinktiv eine Abwehrhaltung ein. Über ihr erschien die blonde Agentin. Sie presste Vivian hart die Knie auf die Schulter und fragte sauer, »Wer sind sie und warum folgen sie mir schon die ganze Zeit?«
»Ich bin Vivian Burgess«, entschuldigte sie sich, »Ich wollte nur wissen, wer sich hinter den drei Buchstaben SNB versteckt. Tut mir leid, aber sie waren meine einzige Spur!«
Die Blondine blickte sie böse an. »Ihre Spur hat sie zu einer Studentin geführt die sich ihr Studium mit kleineren Aufträgen eben dieser Gesellschaft verdient!«
Vivian war enttäuscht. Das war nicht die Art von Antwort die sie sich erhoffte. »Würden sie mich bitte aufstehen lassen und die spitzen Knie von meinen Schultern nehmen?«
Ohne eine Antwort stand die junge Frau wieder auf. Mühsam erhob sich Vivian wieder und klopfte sich den Staub der Straße aus den Klamotten. Anstatt einer Agentin zu folgen hatte sie nur eine weitere Botin, wie sie selbst, erwischt die sich ihr Leben auf diese Art finanzierte.
»Ich bin Tiana Nielsen«, sagte die kleinere Blondine, »entschuldige den Angriff, aber ich war nur vorsichtig.«
»Schon in Ordnung, ich habe es verdient eine auf die Nase zu bekommen. Ich wollte nur in Erfahrung bringen, wer sich hinter der Gesellschaft SNB versteckt. Im Internet habe ich keinerlei Angaben darüber entdeckt«, gab Vivian offen zu.
Tiana gab ihr die Hand, »Mein Auftrag war es eine Kamera in einen Raum der Verwaltung der Wasserversorgung zu bringen. Dafür bekomme ich ein bisschen Geld, um mein Leben zu finanzieren. Ohne diesen Job müsste ich schreienden Bälgern ihre Hamburger in einer Filiale einer Kette servieren und mir die Beine wund laufen.«
»Du bist also auch nur eine Angeworbene, die kleinere Aufträge erfüllt«, erklärte Vivian enttäuscht. »Ich hatte den Auftrag ein paar Bilder zu machen und die Kamera mit der Speicherkarte in dem Klo zu verstecken, aus der du sie dann geholt hast. Ich dachte, du wärst eine Agentin von SNB und wollte etwas mehr in Erfahrung bringen.«
Tina begann zu lächeln, »Ich bin auch nur eine kleine dumme Studentin die sich ihren Lebensunterhalt auf diese Art verdient. Keine Ahnung wer hinter der ominösen Abkürzung SNB steckt.«
»Darf ich dich vielleicht zu einem Drink einladen?«
»Ich bin lange nicht mehr eingeladen worden«, lachte die junge Blondine, »meistens versuchen das nur junge Kerle, die mir an die Wäsche wollen.«
Vivian begann laut zu lachen, »Das kenne ich, aber keine Sorge ich mache keine Anstalten bei dir zu landen. Hübsche Jungs sind mir da lieber.«
»Mir auch, aber davon gibt es in Portland scheinbar nicht mehr viele.«
Die beiden jungen Frauen gingen zurück in die Innenstadt und setzten sich in eine kleine Bar mit leiser Musik um sich zu unterhalten. Je länger der Abend dauerte, umso angeregter wurde ihr Gespräch. Anstatt eine Agentin der Bundesbehörde zu finden hatte sie eine Freundin gefunden. Tiana war gerade mal 22 Jahre alt und studierte Automatisierungstechnik an der Hochschule von Portland. Sie stammte aus Pocatello, einer Kleinstadt aus Idaho. Sie verstanden sich immer besser und warfen ihr Wissen über die Gesellschaft für die sie kleinere Aufgaben erledigten zusammen. Erst spät in der Nacht kehrten sie in ihre Wohnungen zurück. Beide hatten die Handynummern ausgetauscht und schrieben sich in den folgenden Tagen über einen bekannten Messenger Dienst.
Schon seit Stunden lagen die beiden jungen Frauen jetzt schon in der Sonne. Dolores brauchte eine lange Pause. Während der letzten Wochen hatte sie jeden Morgen zusammen mit Michael sehr hart trainiert. Sie waren Schwimmen, sind am Strand entlang gerannt, Gewichte gestemmt und einen Sandsack verprügelt. Die junge Kommissarin spürte ihre Arme schon nicht mehr. Der ehemalige Bodyguard war als es draußen noch dunkel war erneut aufgebrochen um zu laufen. An diesem Wochenende hatte sich Dolores eine Pause genommen, bevor am Montag der Drill auf dem privaten Schießstand anstand. Die letzten Monate hatte sie ein rigoroses Fitnessprogramm absolviert und konnte jetzt auch in Stresssituationen die Nerven an der Waffe behalten.
Ihre beiden kleinen Mädchen Valeria, Dolores Tochter und Emilia, die Leonie zur Welt brachte, durften vor ihren Müttern in dem aufblasbaren Gummipool plantschen. Die beiden waren kaum aus dem kühlen Nass zu bekommen. Ständig verbrachten sie so viel Zeit wie nur möglich in dem runden Becken. Michael hatte es für seine geliebten Töchter besorgt, nachdem sie immer wieder an der Strand wollten. Aber im Meer zu schwimmen war ohne ständiges aufpassen nicht machbar. Deshalb organisierte er für sie dieses Freibad. So konnten sie, ohne große Aufsicht jeden Tag viel Zeit darin verbringen. Michael scherzte ständig, dass die beiden Nackedeis irgendwann mal noch Schwimmhäute bekommen würden.
Die Sonne stand schon hoch am Himmel als Michael in seinen Sportklamotten völlig verschwitzt auf die Terrasse kam. Seine beiden Töchter machten sich einen Spaß daraus ihren Vater nass zu spritzen. Ihn störte das nicht als er seine beiden Frauen küsste und seinen MP3-Player auf den kleinen Tisch legte. Emilia kletterte aus dem Plastikpool und füllte einen Becher mit Wasser. Damit kam sie von hinten auf den geliebten Daddy zu und leerte das kühle Nass über seinem Rücken aus. Michael drehte sich blitzschnell um, und hob seine Tochter hoch. Er gab ihr einen zarten Kuss auf die Wange und brachte sie zurück zum Pool. Vorsichtig setzte er seine Tochter ab und küsste auch Valeria, die sich vor lachen kringelte, ihren Vater nass spritzen zu können.
Micha blieb einfach still vor den beiden stehen, warf die Arme nach hinten und bot ihnen ein großes Ziel für die Wasserfontänen. Die beiden Kinder gaben ihr bestes ihren Vater von oben bis unten nass zu bekommen. Dolores und Leonie schauten den dreien glücklich lachend zu. Michael, der jetzt sowieso schon nass war, ließ sich einfach neben die beiden Kinder in den Pool fallen. Die beiden Mädchen turnten auf ihrem Vater herum und hatten eine Menge Spaß. Michael kämpfte gespielt mit den beiden und wandte sich im schon fast leeren Plastikbecken seiner Kinder. Der größte Teil des Wassers hing in seinen Sportklamotten oder war ausgelaufen.
Erst nach fast einer Viertelstunde befreite er sich von den beiden Mädchen und kniete sich vor ihrem Schwimmbecken hin. Mit sanfter Stimme fragte er seine Töchter, »Was wollt ihr beiden Zuckermäuse essen?«
Valeria und Emilia steckten die kleinen Köpfe zusammen und stimmten sich untereinander ab. Sie hatten mittlerweile gelernt, dass sie beide entscheiden mussten, weil keine von ihnen alleine war. Leonie und Dolores hatten ihnen wie Michael beigebracht, dass Entscheidungen die Beide betreffen untereinander besprochen werden sollten. Auch wenn Damien, der Sohn von Liz und Jason, bei ihnen war, wurde er mit eingebunden. Selten gab es mal Streit zwischen den beiden. Sie waren Schwestern, bis auf zwei Wochen gleich alt und beide bekamen von ihren Eltern immer das Gleiche. Keine von beiden wurde anders behandelt.
»Pizzaaaaa«, riefen sie wie aus einem Mund ihrem Vater entgegen.
»Was frage ich überhaupt?«, lachte Michael als er sich zu seinen beiden Frauen umdrehte die noch immer entspannt auf ihren Sonnenliegen kuschelten. »Wollt ihr beiden süßen Ladys euch den Kindern anschließen und auch eine Pizza essen?«
Wie auch die beiden kleinen berieten, sich auch die Mütter die ihren Kindern das vorlebten. Sie stimmten dem Vorschlag zu.
Micha nickte, »Dann hüpfe ich mal eben unter die Dusche. Ihr beiden Wasserratten könnt euch in etwa zehn Minuten mit gewaschenen Fingern in der Küche einfinden. Wer Pizza essen will, muss auch helfen!«
Emilia machte ein böses Gesicht und rief, »Warum müssen immer nur wir helfen? Dia Mamas bekommen auch Pizza und müssen nicht helfen!«
Michael sank vor den beiden Mädchen auf die Knie, schloss sie in seine Arme und erklärte, »Die beiden Mamis müssen die ganze Woche hart arbeiten, während ihr beiden Zuckermäuse spielen dürft. Wenn wir unterwegs sind arbeiten wir sogar jeden Tag von Morgens bis Abends. Jetzt sind wir zu Hause und die beiden Mamas machen eine verdiente Pause. Ich weiß, dass ihr das gemein findet und kann das gut verstehen. Als ich noch so ein Zwerg wie ihr war, musste ich auch immer meiner Mama helfen, was mir auch keinen Spaß gemacht hat. Aber hätte ich ihr nicht helfen müssen, könnte ich jetzt auch nicht mit euch kochen. Außerdem könnt ihr euch dann irgendwann eure Pizza selbst machen ohne, dass ich helfen muss.«
Die Erklärung war für die beiden verständlich und natürlich wussten sie das die beiden Mamas unter der Woche im Büro der Agenten an ihrem Schreibtisch saßen, oder Leonie mal wieder draußen in der Sonne auf Früchte schoss. Sie konnten während dieser Zeit mit Damien entweder im Büro oder in Jasons Bar spielen so viel sie wollten. Michael kochte sogar unter der Woche im Büro und da musste dann auch Damien mithelfen. Valeria hatte dabei Spaß, nur Emilia konnte sich etwas Schöneres vorstellen. Scheinbar kam sie mehr nach ihrer Mutter die bereits in jungen Jahren Spaß an Waffen hatte.
Während Michael im Badezimmer verschwand und sich duschte, zogen die beiden Jüngsten leichte Kleidchen im Partnerlook an. Dolores und Leonie kümmerten sich derweil um das fast leere Schwimmbad auf der Terrasse. Die umliegenden Spielzeuge der Mädchen legten sie wieder ordentlich an ihren Platz zurück und ließen einen Gartenschlauch den Wasserspiegel wieder auf normal anheben. Die beiden Kinder würden spätestens nach der Pizza wieder im Wasser toben. Bevor ihr Vater aus dem Badezimmer kam, standen die beiden schon wartend in der Küche.
Nachdem seine Kinder immer wieder nach Pizza verlangten und Michael nicht ständig Lust hatte erst einen Hefeteig zu machen und dann ewig zu warten bis er aufgegangen war hatte er sich einen Gärschrank für die Küche besorgt. Dort hatte er genug Hefeteig für die ganze Familie schon vorbereitet. Während Emilia die Pizzasauce vorbereitete, versuchte Valeria den Teig auszurollen. Ihre Kraft reichte noch nicht aus, um die Teigfladen gleichmäßig vorzubereiten. Michael musste ihr helfen.
Als die Vorbereitungen abgeschlossen waren, durften die beiden Mädchen den Teig mit ihren Lieblingszutaten belegen. Auch hier zeigte sich welches Mädchen von welcher leiblichen Mutter stammte. Während Emilia wie Leonie Hähnchen bevorzugte mochte Valeria deutlich lieber Salami und Schinken. Eines hatten aber beide gemeinsam, auf keiner Pizza konnte es zu viel Käse geben. Die Pizzen für die beiden Mütter belegte Michael der die beliebtesten Beläge seiner Frauen natürlich kannte. Während die Mafiatorten im Ofen gebacken wurden kümmerte er sich um neuen Hefeteig für den Gärschrank. Die beiden Mädchen saßen wartend vor der Scheibe und schauten gebannt zu wie der Käse, den sie sehr großzügig darauf verteilt hatten, langsam schmolz. Die Vorfreude stand ihnen schon deutlich ins Gesicht geschrieben.
Nach dem Essen unterhielt sich Micha mit Leonie, die ihm half das Geschirr in die Spülmaschine zu räumen.
»Emilia kommt mehr nach dir mein Herzblatt. Meinst du, wir sollten ihr auch den Umgang mit Waffen näherbringen?«, fragte er seine geliebte Frau.
Leonie dachte einen Moment darüber nach, »Schön, dass du fragst Liebling, ich denke das würde ihr Spaß machen, aber nicht das sie irgendwann auch meinen ehemaligen Beruf ergreift.«
»Das wird kaum passieren«, lachte Micha, »François wird sie sicher so wie dich an die Hand nehmen und eine Agentin aus ihr machen.«
Damit war Leonie einverstanden. Sie hatte ihr Leben als Auftragskillerin begonnen und arbeitete jetzt international für Interpol und durfte ihre Fähigkeiten dort einbringen. Nebenbei hatte sie erst da den Mann ihres Lebens und eine ganz besondere Frau kennengelernt mit denen sie jetzt ein Eheleben auf den Bahamas führen konnte. Valeria war eher die ruhigere der beiden Mädchen und interessierte sich wie andere Kinder für Pferde. Dolores und Leonie hatten sich auch schon in Nassau umgesehen, wo sie ihren Lieblingstieren nahe sein konnte. Ein kleiner Reitstall am Rand der Stadt bot für eine geringe Gebühr sogar Reitkurse an. Michael war nicht so begeistert davon seine Tochter auf den Rücken eines Gauls zu setzen der größer war als er selbst. Er machte sich große Sorgen um Verletzungen, wenn sie abgeworfen wurde. Immerhin waren die Mutter von Liz Croll, ihrer Anführerin, bei einem Reitunfall gestorben als sie gerade neun Jahre alt war. Das sollte seiner Tochter auf keinen Fall passieren.
Dolores und Leonie beruhigten ihn aber. Sein kleines Mädchen würde ja auf kleinen Fohlen reiten lernen und nicht auf ein großes Springpferd klettern um dann damit über den Strand reiten. Außerdem war der Platz durch eine Koppel begrenzt. Erst, wenn Valeria ein bisschen reiten gelernt hatte und alt genug war gab es auch die Möglichkeit eine Reitbeteiligung für sie zu bezahlen. Das bedeutete für die kleine, dass sie immer das gleiche Pferd ritt, sich aber natürlich auch darum kümmern musste. Man konnte ihr aber auch ein eigenes Reitpferd kaufen und dort im Stall stehen lassen. Aber im Moment war sie einfach noch zu jung. Mit ihren fünf Jahren könnte sie gerade mal auf ein Pony aufsteigen und ein bisschen im Freien über die Koppel reiten. Der Reitstall stellte sogar eine Trainerin zur Verfügung die für kleines Geld den Kindern alles beibrachte um sich sicher im Sattel halten zu können. Schließlich beugte sich Michael dem Druck der beiden Frauen und stimmte zu Valeria im Reitstall anzumelden.
Leonie würde unterdessen Emilia die Waffen näherbringen. Natürlich völlig ungefährliche Spielzeuge die mit Zündhütchen einen Knall abgaben, ohne ein Projektil auszuwerfen. Die ehemalige Auftragskillerin nahm sie auch ins Gebet niemals auf Lebewesen anzulegen. Da gab es auch nur eine einzige Ausnahme. Wenn ihr böse Erwachsene etwas antun wollten, durfte sie sich selbstverständlich verteidigen, aber auch nur, wenn sie die Leute nicht kannte und klar erkennbar war, dass sie ihr oder ihren Freunden etwas antun wollten. Zusammen erklärten die drei Agenten den beiden Mädchen was sie vorhatten. Die Mädchen jubelten und wollten sofort anfangen.
Michael erinnerte die beiden kurzen daran, dass dafür erst noch Vorbereitungen nötig waren. Valeria benötigte für ihren Reitunterricht natürlich noch passende Hosen und Schuhe sowie einen passenden Helm. Ohne die Schutzausrüstung durfte sie nicht auf ein Pferd steigen. Emilia brauchte selbstverständlich auch mindestens eine Schutzbrille und natürlich eine Spielzeugwaffe und Reinigungsmaterial. Das spielte für die beiden kleinen allerdings keine Rolle. Sie wollten direkt nach Nassau und die Sachen besorgen.
Es war Samstag und die drei Erwachsenen wollten ihre Kinder natürlich auch nicht enttäuschen. Vor allem Michael konnte seinen beiden kleinen Mädchen nichts abschlagen. Eine halbe Stunde später starteten die Eltern mit den beiden im großen SUV nach Nassau. Leonie nahm Emilia an die Hand und suchte einen Büchsenmacher auf, während Michael und Dolores mit Valeria in einem Sportgeschäft verschwand. Dolores suchte mit der kleinen einen passenden Schutzhelm aus während Michael sich schon um Reitklamotten für seine Tochter kümmerte. Sie brauchten fast eine ganze Stunde bis Valeria mit Reitstiefeln und passenden Hosen mit dem Helm unter dem Arm auf die Straße trat. Die kleine war sichtlich stolz auf ihre neue Ausrüstung für die Dolores fast 400 Dollar bezahlen musste. Als sie zum Auto zurückkamen, wartete Leonie bereits mit brennender Zigarette auf die drei. Emilia saß auf dem Rücksitz und hielt eine täuschend echte Spielzeugwaffe in der Hand.
Natürlich war die Waffe ungeladen und Leonie hatte Emilia verboten zu zielen und abzudrücken. Das interessierte die Kleine allerdings herzlich wenig, denn sie ließ ihre Waffe nicht aus den Händen und drehte sie in der Sonne hin und her. Sie konnte es kaum erwarten im heimischen Garten damit zu schießen. Michael trat an den Kofferraum des Fahrzeugs und wollte die Besorgungen aus dem Sportgeschäft dort verstauen. Sein Blick fiel auf die Verpackung der Handfeuerwaffe die Emilia stolz ihrer Schwester präsentierte und auf einen noch verschlossenen großen Lederkoffer. Irritiert fragte er Leonie was sie denn alles gekauft hatte.
»Die kleine Waffe die unsere Tochter gerade in der Hand hält und noch eine Kleinigkeit für zu Hause. Damit kann sie auf meinem Schießstand ein bisschen zielen üben. In dem Koffer liegt ein kleines Luftgewehr aus der sie zumindest kleine Kugeln verschießen kann. Alles zusammen gab es für gerade mal 300 Dollar.«
Michael stöhnte als er das Zubehör was er für Valeria noch gekauft hatte, in den Kofferraum legte. Ohne weitere Verzögerung dirigierte ihn Dolores zu dem Reiterhof den die beiden Frauen für ihre Tochter gefunden hatten. Valeria konnte es kaum erwarten endlich auf einem ihrer geliebten Tiere Platz zu nehmen und einige Runden auf der Koppel zu drehen. Emilia hingegen war am Maulen. Sie wollte auch endlich ein bisschen mit ihrer glänzend neuen Pistole im Garten liegen und ein paar Zündhütchen platzen lassen. Dolores blieb mit ihrer Tochter auf dem Reiterhof während Michael mit Leonie und Emilia nach Hause fuhr, um die beiden abzusetzen. Dann kehrte er wieder auf den Reiterhof zurück und beobachtete wie seine Tochter in voller Montur auf einem Pony ein paar Runden drehte. Sie konnte gar nicht mehr aufhören zu lächeln. Dolores scherzte man müsste ihr nach einigen Stunden das Lachen operativ entfernen müssen.
Als die drei nach drei Stunden mit einer total überglücklichen Valeria zurückkamen, lag die kleine Emilia neben ihrer Mutter auf der Terrasse und schoss mit dem Luftgewehr auf eine wenige Meter entfernte Zielscheiben. Auch sie war überglücklich einige Metallkugeln auf die große Papierscheibe abgeben zu dürfen. Leonie half ihr mit ein paar Hinweisen. Valeria stellte sich noch immer in ihrer gesamten Reiterkluft hinter die beiden und schaute ihrer Schwester zu. Michael kümmerte sich inzwischen um das Abendessen und presste einige Orangen für frischen Saft aus. Dolores hatte eine riesige Idee und nahm sich eine von den Früchten. Damit ging sie zu der zielenden Emilia und sprach Leonie an, »Schatz, was meinst du, wenn Emilia zum Abschluss auf die leuchtende Frucht anlegt?«
»Großartige Idee Liebling. Emilia wird sie mit einem hübschen Loch veredeln.«
Leonie stoppte die Bemühungen ihrer Tochter und ließ sie das Luftgewehr ablegen. Erst dann stellte Dolores die reife Frucht ein bisschen versetzt zur dort stehenden Zielscheibe auf den Boden und ging wieder hinter die kleine Schützin. Erst als ihre zweite Mutter wieder hinter ihr stand durfte sie das Chili Camo wieder in die Hand nehmen, um auf die Frucht zu zielen. Emilia legte sich das Luftgewehr gekonnt an ihre Schulter und blickte durch das aufgeschraubte Zielfernrohr. Leonie legte ihr vorsichtig die Hand auf das Gewehr und bat sie sich zu konzentrieren und alles was sie in den vergangenen Stunden gelernt hatte noch einmal durchzugehen. Erst dann sollte sie sich nur noch auf die Orange fokussieren und abdrücken. Die Kleine konzentrierte sich nur noch auf ihren Atem, brachte das Fadenkreuz ihrer Zieloptik in die Mitte der runden Frucht. Dann atmete sie hörbar aus und drückte den Auslöser. Die runde Stahlkugel verließ den Lauf ihres Gewehrs und traf die Orange am linken oberen Rand. Sie legte das Gewehr lächelnd ab und stand auf. Freudestrahlend lief sie zu der angeschossenen Frucht und hielt sie voller Stolz in die Luft.
Die beiden Mütter und ihre gleichaltrige Schwester klatschten ihr Beifall. Sie hatte die Orange sauber getroffen. Michael hatte den Schuss durch das große Terrassenfenster beobachtet und kam nun strahlend auf seine Tochter zu. Er hob sie stolz in die Luft und gab ihr einen dicken Kuss. Die kleine Emilia stand ihrer Mutter in nichts nach und schien ihr großes Talent geerbt zu haben. Mit Emilia auf dem Arm ging er zu Valeria und hob sie auf den anderen Arm. Auch sie bekam einen dicken Kuss und ein Lob für die Reitstunde die sie absolviert hatte. Beide Kinder trug er fest an sich gedrückt zum großen Tisch der bereits für das Abendessen eingedeckt war.
Das Abendessen hatte sich Dolores gewünscht. Michael hatte für die gesamte Großfamilie Hackbällchen in Tomaten-Paprikasauce mit Reis und Salat zubereitet. Hätte er die beiden Kinder gefragt gab es keine große Auswahl. Jede Frage nach einem Essen beantworteten sie mit ihren Lieblingsgerichten. Entweder alles mit Pommes, Pizza, Spaghetti Bolognese mit extra Parmesan oder Schnitzel in sämtlichen Variationen. Hackbällchen standen nicht sehr hoch in der Gunst der Kinder, aber sie hatten bereits zum Mittag eine Pizza bekommen.
Emilia und Valeria erlebten eine wundervolle Kindheit. Die beiden waren unter den anderen Kindern in Nassau etwas Besonderes. Beide wuchsen dreisprachig auf und waren die einzigen Kinder die nicht nur eine Mutter, sondern gleich zwei ihr eigenen nennen konnten. Die Amtssprache in Nassau war natürlich Englisch was die beiden als Muttersprache lernten, daneben lernten sie aber auch noch Spanisch von Dolores und eben Deutsch von Michael. Auch die Erwachsenen konnten mittlerweile die drei Sprachen fast tadellos. Auch Liz hatte sich neben Englisch noch an weiteren Sprachen versucht. Die Chefin des Teams konnte neben ihrer Muttersprache nun auch gut genug Spanisch.
Im 9. Stockwerk des J. Edgar Hoover Building an der Pennsylvania Avenue stand der Special Agent James Lawrence an seinem Bürofenster und blickte hinaus auf die belebte Straße. Hinter ihm lagen mehrere Akten auf seinem Schreibtisch. Bereits seit einigen Wochen landeten fast täglich neue Hinweise dort. Auf jedem der braunen Umschläge stand neben seinem Namen das Kürzel SNB. Irgendeine Gruppierung in den Vereinigten Staaten gab sich als Bundesbehörde aus und schickte einfache Normalbürger wie Zugvögel durch die einzelnen Bundesländer. Sie transportierten Drogen, Waffen und sogar Sprengstoff von einem Ort zum Nächsten. Die Betroffenen hatten davon keine Ahnung.
Lawrence war der Agentenführer der vom Justizministerium der Vereinigten Staaten bestellt worden war, diesen Fall mit allen verfügbaren Mitteln aufzuklären. In seiner langen Karriere konnte er schon einige schwere Verbrechen aufklären, was ihm einen sehr guten Ruf einbrachte. Nun hatte man ihn mit dem Fall der SNB betraut. Die polizeilichen Ermittlungsakten lauteten fast immer genau gleich. Einfache Bundesbürger aus den einzelnen Staaten wurden angeworben, um dem ganzen Land zu helfen. Sie erhielten dafür Bezahlungen von einigen tausend Dollar. Alles was sie dafür tun sollten waren Pakete zu transportieren, Autos zu überführen oder minderwertige Botengänge. Falls man sie anhielt, wurden sie für Verbrechen angeklagt die sie nur im Auftrag durch eine angebliche Behörde begangen hatten. Wer hinter dieser angeblichen Behörde steckte, war nicht festzustellen.
Man musste die einzelnen Bürger über längere Zeit beobachtet haben bevor man sie anwarb. Ausnahmslos alle von ihnen gehörten einer Gruppe von Menschen an die jung waren, gerade ihre Ausbildung abgeschlossen hatten und in finanziellen Problemen steckten. Diese Menschen waren leichte Beute gewesen. Man konnte sie relativ günstig bekommen und die Ausgaben die man ihnen als Vergütung bot, waren nur ein winziger Teil der Beute. Eine scharfe Waffe auf dem Schwarzmarkt kostete gut und gerne hunderttausende Dollar. Die transportierten Drogen brachten auch ein Vielfaches der bezahlten Vergütungen ein. Es wurde Zeit dem ganzen auf die Spur zu kommen.
James Lawrence ließ zwei seiner Agenten rufen die den Fall untersuchen und aufklären sollten. Sie waren zwei seiner besten. Echte Spürhunde und sehr gut ausgebildet. Lawrence brauchte nicht lange zu warten bis die beiden an seine Bürotür klopften. Nacheinander kamen die Special Agents Cooper Knight und Ashleigh Spears in sein Büro. James Lawrence forderte die beiden auf vor seinem Schreibtisch Platz zu nehmen. Seine Agenten folgten mit einem kurzen freundlichen Nicken und setzten sich auf die Besucherstühle vor seinem Schreibtisch. Ashleigh warf einen kurzen Blick auf die Akten die vor ihr auf dem Schreibtisch ihres Vorgesetzten lagen. Die junge Agentin erkannte sofort das Kürzel SNB darauf.
Neugierig fragte sie, »Geht es um die angebliche Bundesbehörde?«
James Lawrence nickte nur kurz, »Was wissen sie darüber Spears?«
»Nur das was in unserem System steht. Eine angebliche Bundesbehörde die es gar nicht gibt benutzt Bürger in finanziellen Schwierigkeiten als Kuriere für Waffen und Drogen in den ganzen USA. Wer dahintersteckt ist für die Ermittlungsbehörden ein Rätsel. Man hat sie bisher nicht gefunden und es gibt auch keinen Hinweis auf die Täter.«
»Exakt Spears«, stimmte James Lawrence zu, »Unsere Aufgabe ist es die Täter aufzuspüren und sie vor Gericht zu stellen. Das Justizministerium hat mich mit dieser Aufgabe betraut. Sie sind zwei der besten Agents unter meiner Zuständigkeit, deshalb werden sie diese Aufgabe übernehmen. Der letzte Bürger wurde in Portland mit 18 kg Crystal Meth erwischt. Bei seiner Festnahme durch die örtlichen Polizeikräfte wurde er schwer verletzt. Sie fliegen bereits heute Nachmittag und kümmern sich um den Fall. Die Polizeiführung in Portland habe ich bereits informiert. Man erwartet sie bereits.«
Cooper Knight machte ein mürrisches Gesicht. Ihm war nicht wohl bei dem Gedanken einfach der örtlichen Polizei vor die Nase gesetzt zu werden. Die meisten Strafverfolgungsbehörden in den Vereinigten Staaten hatte keine besonders gute Erfahrungen mit Agenten des FBI gemacht. Wann immer aus Washington einige Agenten auf einen Fall angesetzt wurden hatten sie die dumme Angewohnheit gleich komplett alles zu übernehmen. Andere Meinungen als die der Agents zählten dann nicht mehr und wurden systematisch ignoriert. Das einzige was ihm an der Aufgabe gefiel war die Tatsache, dass er mit Ashleigh Spears zusammen an dem Fall arbeiten durfte. Insgeheim hatte er eine Schwäche für die Agentin an seiner Seite, was aber aufgrund der Strukturen der Ermittlungsbehörde außen vor bleiben musste. Beziehungen unter Kollegen duldete man nicht.
»Gibt es noch Fragen?«, wollte James Lawrence von seinen Agenten wissen.
»Nur eine«, meldete sich Knight zu Wort, »da es sich dabei scheinbar um eine größere Gruppe handelt, ansonsten wäre es kaum im ganzen Land möglich Bürger anzuwerben, gewährt man uns welche Hilfe?«
»Das Justizministerium gewährt uns alle verfügbaren Mittel die wir benötigen.«
»Ich meinte eigentlich mehr Leute die an dem Fall mit uns arbeiten und nicht Ressourcen«, präzisierte Knight seine Frage.
Lawrence wollte dieser Frage eigentlich ausweichen. Das Justizministerium stellte ihm zwar alles Mögliche zur Verfügung, aber mehr Leute konnte er leider nicht auftreiben. Trotzdem konnte er seine Agents nicht im Stich lassen, weil er wusste, dass die zwei eigentlich viel zu wenig waren. »Ich hatte gehofft, dass dieses Thema nicht zur Sprache kommt«, gab er zu. »Mehr Mitarbeiter stellt man uns leider nicht zur Verfügung. Man verwies mich dann auf Interpol in Lyon, die ich aber bisher nicht angefragt habe. Wir werden diesen Fall alleine aufklären, ohne uns irgendwelche Schreibtischtäter ans Bein zu binden. Nur, wenn es wirklich gar nicht mehr anders geht, werde ich dort nachfragen uns wenigstens ein oder zwei Leute zu schicken die dann unter ihrer Führung arbeiten werden.«
»Bleistiftjongleure sollen uns helfen?«, fragte Spears etwas enttäuscht.
»Leider ja«, bestätigte Lawrence und schlug die Augen nieder. »Ich hätte mir auch mehr Hilfe gewünscht, aber vorerst geht es erst einmal darum die ganzen Ausmaße des Sumpfs festzustellen, bevor wir ihn trocken legen können. Im Justizministerium nimmt man den Fall nicht ganz so wichtig, dass man mehrere Leute dafür abstellt.«
Ashleigh Spears schüttelte sauer den Kopf, »Man fordert eine Aufklärung mit allen verfügbaren Mitteln und schickt dann zwei Agenten, weil man sich bei einem Jahresetat von fast zehn Milliarden Dollar im Jahr nicht mehr leisten kann. Stattdessen verweist man uns an Interpol die mit ihren paar Millionen im Jahr das alles machen können. Wir sparen am falschen Ende!«
James Lawrence konnte ihr nur zustimmen aber ihm waren leider die Hände gebunden. Seine anderen Agenten waren im ganzen Land verstreut und hatten zu viele Baustellen die sie beackern mussten. Knight störte das wie seine Kollegin auch nur sah er darin eine Chance länger mit Spears zusammenarbeiten zu können. In seinen Augen war sie etwas ganz Besonderes. Mit ihren 28 Jahren, den schulterlangen kastanienbraunen Haaren und den blauen Augen war sie genau seine Kragenweite. Die angenehm dunkle Stimme besorgte das Übrige. Zudem vereinigte sie auch noch eine gute Auffassungsgabe und eine sehr hohe Intelligenz auf sich.
Auch Ashleigh fand gefallen an ihrem Kollegen der eine gewisse Ähnlichkeit mit dem jungen Burt Reynolds hatte. Nur der Bart fehlte Cooper Knight dafür aber den konnte man ja wachsen lassen. Trotzdem kamen sich die beiden nicht näher. Die Vorschriften beim FBI waren in der Beziehung ziemlich deutlich formuliert und erlaubten keine romantische Beziehung unter Kollegen. Aufgeben wollte sie ihren Job aber bei der Bundesbehörde auf keinen Fall. Seit sie noch ein kleines Mädchen war träumte sie davon zur Polizei zu gehen und gefährliche Verbrecher zu verhaften. Das hatte sie jetzt endlich erreicht, auch wenn für das Privatleben kaum noch Zeit blieb. Ashleigh war mit ihrem Job verheiratet. Das hatte den unglaublich großen Vorteil, dass der nicht fremdgehen konnte wie ihre damalige Highschool Liebe.
Cooper Knight bekam von seinem Agentenführer noch eine Akte überreicht in der die Hinweise zu der Gruppierung SNB aufgeführt waren und verließ mit seiner Kollegin das Büro ihres Chefs. Draußen auf dem Gang führten die beiden eine ungezwungene Unterhaltung während sie zum Ausgang schlenderten. In wenigen Stunden würde schon ihr Flug nach Portland abheben. Formal war Cooper Knight aufgrund der längeren Dienstzeit ihr Vorgesetzter aber das spielte zwischen ihnen keine Rolle. Spears hatte sich schon auf der Akademie einen Namen gemacht. Ihr Gedächtnis war phänomenal. Die hübsche Special Agentin vergaß kein Gesicht und konnte sich auch noch Jahre später an die Ereignisse mit der Person erinnern. Cooper hatte seine Vorteile eher im schriftlichen Bereich. Die Fakten die er in den Akten las, konnte er fast originalgetreu wiedergeben. Das hatte ihm in der Schule, wenn es um das Gedichte auswendig lernen ging schon oft genug geholfen. Ein oder zweimal kurz vor Unterrichtsbeginn zu lesen hatte ausgereicht um es frei aufsagen zu können. Nur mit den Zahlen funktionierte das nicht. Jahreszahlen vergaß er bereits wieder, nachdem er sie gelesen hatte.
Vor der FBI Zentrale verabschiedeten sie sich voneinander und fuhren zu ihren Wohnungen. Sie mussten noch für den Auftrag in Portland packen bevor am Nachmittag ihr Flieger ging. Erst kurz vor dem Abflug würden sie sich wieder am Flughafen treffen. Ashleigh Spears war sehr gespannt auf das was sie erwarten würde. Nachdem die eigentliche Polizei bisher nur Hinweise gesammelt hatte, kamen sie den Tätern nicht auf die Spur. Es brauchte die Hilfe der Profis vom FBI. Die Hilfe von ihr und ihrem Kollegen. Eigentlich freute sie sich auf diese Aufgabe, ihr war nur nicht wohl bei dem Gedanken keinerlei Kollegen außer Cooper bei sich zu haben. Sie waren nur zu zweit und die Gesellschaft SNB operierte in den gesamten USA. Wie viele Leute daran beteiligt waren, konnte man nicht abschätzen. Natürlich hatten sie die Polizeibeamten der Städte im Rücken, aber die konnten ihnen nur Hinweise liefern.
Auch Cooper wäre es lieber gewesen in einem großen Team auf Verbrecherjagd zu gehen und nicht nur mit seiner Kollegin. Er wusste, dass es gefährlich werden könnte nur zwei Bundesagenten ins Feld zu schicken, um eine ganze Organisation hochzunehmen. Oft hörte man davon, dass Freunde und Kollegen aus dem Leben gerissen wurden, nur weil sie im Kampf gegen skrupellose Verbrecher alleine gegen eine Übermacht angetreten waren. Ihre einzige Aussicht auf Hilfe war Interpol in Lyon, die aber erstens noch nichts von ihrem Glück wussten und zum anderen nur Bürotiger beschäftigten die sich maximal an Briefbögen mal die Finger aufschnitten. Diese Menschen waren nicht im freien Feld zu gebrauchen. Da konnte es schon ziemlich hart zur Sache gehen.
Am frühen Nachmittag, die laue Frühlingssonne stand bereits schon ziemlich tief am Firmament, trafen die beiden Agenten vor dem Flughafen von Washinton D.C. zusammen. Ihre Reisetaschen wurden in die Maschine geladen und die beiden Special Agents folgten in die Aluminiumhülle. Während die Boeing 737 über die Startbahn raste, warf Cooper Knight einen Blick in die Akten die ihnen ihr Agentenführer zusammengestellt hatte. Ashleigh bat ihn laut vorzulesen was sie bisher hatten. Sie wollte sich die Akten nicht auch noch anschauen müssen. Cooper las und fasste es in seinen eigenen Worten für sie zusammen.
»Die meisten Opfer sind junge Frauen die in prekären Lebensumständen stecken. Bevorzugt sprechen sie Studentinnen an, die mit dem Kleingeld was sie als Kellnerin verdienen ihr Leben und ihr Studium finanzieren. Sie locken sie alle mit kleineren Beträgen, wie 2000 bis etwa 5000 Dollar für einfache Botendienste. Irgendwo etwas abholen und an einem anderen Ort wieder abstellen. Die Polizei tappt nach wie vor im Dunkeln. Sie haben sogar schon versucht einen Verdächtigen nur zu beschatten und darauf zu warten, wer das gelieferte Päckchen abholt, aber auch nach drei Tagen war noch niemand daran interessiert. Als sie das Paket dann selbst geholt haben war es leer. Der Inhalt war wie von Zauberhand verschwunden, obwohl sie das Paket die ganzen drei Tagen nicht aus den Augen gelassen hatten. Was die Beamten in Texas versucht haben wäre auch mein erster Ansatz gewesen. Die haben nur den Lieferant mit Zivilbeamten beobachtet und darauf gewartet was passiert. Aber auch nach mehr als einem Monat wurde er nicht wieder beauftragt. Irgendjemand der Gruppierung die hinter SNB steht muss entweder die ganzen Kuriere überwachen, oder Verbindungen in die höchsten Polizeikreise haben.«
»Das wird ja immer besser«, maulte Ashleigh Spears ihren Kollegen an. »Da verschwindet Material aus Paketen die überwacht werden und die Kuriere werden nicht mehr eingesetzt, wenn wir sie im Auge behalten. Das ist ja wie verhext! Aber könnten wir nicht mit ein bisschen Überwachungstechnik zumindest die Empfänger ausfindig machen?«
»Wie soll das gehen?«, fragte Cooper verwirrt. »Die lassen ihre Pakete nicht unbeaufsichtigt. Wir können da nicht einfach einen Sender anbringen und darauf warten, dass es abgeliefert wird.«
Spears lächelte geheimnisvoll, »Wenn wir einen Kurier umdrehen können dann schaffen wir es auch ein Paket nachzuverfolgen.«
Während die Boeing in zehn Kilometer Höhe weiter Richtung Westen flog diskutierten die beiden Ashleighs Vorschlag. Die Frage war nur wie man einen Kurier umdrehen konnte ohne das die SNB Leute nichts davon mitbekamen. Ganz egal aus welcher Perspektive sie das Problem aber auch betrachteten kamen sie zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis. Das Problem war einfach nicht zu lösen. Jede Möglichkeit die sie besprachen, führte immer wieder in die gleiche Sackgasse. Eine Lieferung die nicht aus den Augen gelassen wurde konnte man nicht einfach mit einem Sender versehen, ohne dass es jemand mitbekam. Sie brauchten andere Lösungsansätze.
Dann berichtete Cooper vom letzten Kurier den die Kollegen in Portland festgenommen hatten. »Edwin Nash hat fast 18 kg Crystal Meth aus dem Kofferraum eines Wagens der an einer Umgehungsstraße abgestellt war herausgeholt. Sein Auftrag war es die hochgefährliche Droge nach Sacramento in Kalifornien zu bringen. Als er sie übernommen hatte wurde er von den Kollegen einkassiert. Leider hielt er sich für einen Geheimagenten der seinen Auftrag zu Ende bringen musste und fing an sich gegen seine Festnahme zur Wehr zu setzen. Ein junger Streifencop, der ihn mit seiner Dienstwaffe in Schach halten wollte, um seinen Vorgesetzten zu sichern war allerdings so nervös bei der Geschichte das sich ein Schuss gelöst hat. Er traf Mister Nash so unglücklich in den Oberbauch, dass sein Projektil erst den Magen durchlöcherte und anschließend die Milz zerfetzte. Der 19 Jahre alte Aushilfsarbeiter wurde in der Klinik notoperiert und konnte durch die Ärzte gerettet werden. Die Kollegen haben sein Appartement durchsucht und fanden nicht den geringsten Hinweis auf das SNB. Erst als sie ihn vernehmen konnten kam heraus, dass er dafür 2500 Dollar erhalten sollte, was in seinem Fall ungefähr drei Monatsgehältern entspricht. Der Wagen den man ihm zur Verfügung stellte war erst am Vorabend aus der Garage einer Familie gestohlen die einen Kurzurlaub in der Karibik verbringt.«
»Sehr clever«, summte Ashleigh, »Der Diebstahl des Wagens wäre also gar nicht aufgefallen bevor Nash seinen Auftrag beendet hatte. Wie haben die Kollegen davon erfahren, dass Mister Nash etwas erledigt?«
»Es gab einen anonymen Hinweis auf den Wagen in dem die Drogen versteckt waren.«
»Ein anonymer Hinweis auf gleich mal 18 kg Crystal Meth? Wer könnte ein Interesse daran haben so etwas zu verraten?«, fragte sie.
»Ein Drogendealer dem es angeboten wurde?«
»Unwahrscheinlich«, schüttelte Spears den Kopf, »zufällig weiß ich, dass die meisten Drogen an der Westküste über den Hafen von Seattle ins Land gelangen und Crystal Meth verkauft sich am besten in Los Angeles, Las Vegas oder in San Francisco. Sacramento liegt nicht weit von San Francisco entfernt. Gut möglich, dass es nur ein weiterer Übergabeort war an dem die 18 Kg aufgeteilt werden sollten. 6 kg werden extra abgepackt und die restlichen 12 kg werden durch einen weiteren Kurier weiter nach Süden geschafft. 1,5 Gramm davon kosten knapp 100 Dollar. Das sind also rechnerisch 1,2 Millionen Dollar. Die 2500 Dollar für Nash sind also nicht mehr als ein kleines Trinkgeld und er trägt das ganze Risiko.«
Cooper nickte nur stumm. Edwin Nash würde für einige Jahre hinter Gitter verschwinden. Er wusste zwar nicht was er da transportiert aber das spielte auch keine Rolle. Alleine die transportierte Menge war so groß, dass man ihm eine Verteilungsabsicht nachweisen konnte. Unwissenheit schützt nicht vor einer Strafe. Die Strafe für Drogenschmuggel über eine Bundesgrenze war so schon hoch genug, dass es keine Rolle mehr spielte, ob er es verkaufen wollte oder nicht.
Es ärgerte ihn maßlos. Der ganze Plan war gescheitert. Er hatte für dieses Vorhaben extra mehr als eine Million riskiert und ein verdammter Streifencop mit seinem unruhigen Finger vereitelte ihn. Jetzt hatte er brillante Fotos, die ihm überhaupt nicht schmeckten. Warum musste der Sergeant genau an diesem verdammten Tag mit einem Frischling unterwegs sein, der sich schon in die Hose macht, wenn einer laut hustet? Das konnte einfach nicht wahr sein. Gut, der Auftritt seines Kuriers war gar nicht so übel wie er sich das vorgestellt hatte, aber die Folgen waren alles andere als das, was er geplant hatte. Ausgerechnet dieser Cop stand ihm in Portland noch im Weg.
Der Plan war eigentlich narrensicher. Sein Kurier sollte den verdammten Cop so weit reizen bis der sich nicht mehr halten konnte und dem Kurier etwas antut. Dann wäre er ihn wenigstens gleich los gewesen und die Nation wäre wieder durchgedreht. Ein dunkelhäutiger Kurier, jung und dämlich wie eine Landstraße, wird von einem Drogencop auf offener Straße verprügelt. Dazu die hübschen Fotos die er in Auftrag gegeben hatte schön unter die Medien verteilt und schon hätte er diesen Typen mindestens die nächsten tausend Jahre los. Die ganze afroamerikanische Bevölkerung hätte wieder etwas worauf sie einprügeln konnte und seine Geschäfte an der Westküste fielen nicht mehr ins Gewicht. Vor allem bekäme sie niemand mit, weil sie alle abgelenkt wären.
Schon viel zu oft war ihm dieser Drogenspürhund in die Parade gefahren und hatte mehr als genug seiner Aktionen verhindert. Der musste einfach weg, damit er in Portland freie Hand hatte. Jetzt stand er in seinem Büro am Fenster und blickte hinunter auf den Lake Erie. In seiner Hand hielt er ein Glas zwölf Jahre gereiftem Scotch mit zwei Eiswürfeln, die im Glas klirrten. Er musste sich etwas Neues ausdenken. Der Blick auf das blaue Wasser, was in der Frühlingssonne glänzte, brachte ihn immer wieder auf die besten Ideen. Heute allerdings blieb die Wirkung aus. Dafür meldete sich das Telefon auf seinem Schreibtisch. Missmutig stellte er das Glas auf die Tischplatte und nahm das Gespräch entgegen.
»Was?«, fragte er sauer.
»Wir bekommen ein Problem in Portland, Sir.«
»Was für ein Problem? Tritt zufällig noch der Columbia River über die Ufer und schwemmt dieses Dreckloch weg?«
»Nein Sir«, schränkte der Anrufer ein. »Das FBI ist auf dem Weg nach Portland. Washington schickt zwei Special Agents die unsere Aktivitäten untersuchen sollen. Die sitzen schon in einer Maschine, die in Kürze hier landet!«
»Haben wir zufällig noch eine Boden-Luft-Rakete übrig? Wir könnten sie vom Himmel holen. Es war klar, dass sich diese Schnüffler irgendwann auf die Suche machen. Wir sind darauf vorbereitet. Schaffen sie besser diesen Sergeant Barber aus dem Weg. Der hat uns in den letzten Monaten schon viele Lieferungen versaut und ich bin es langsam leid ihn mit Samthandschuhen anfassen zu müssen.«
»Unsere Waffen sind bereits verkauft Sir. Aber das ist das FBI, was da ankommt und kein Taubenzüchterverein.«
»Es gibt keinen großen Unterschied zwischen dem FBI und einem Taubenzüchterverein. Die werden nichts Verwertbares finden und fliegen dann wieder zurück. Selbst, wenn sie etwas finden sollten habe ich sie immer genau da wo ich sie haben will. Je mehr sie zu sehen glauben, umso einfacher ist es sie zu täuschen. Unsere Vögelchen bekommen Bargeld in einem Briefumschlag, das sich nicht zurückverfolgen lässt. Die glauben, sie arbeiten für eine staatliche Behörde und es gibt im ganzen Land Millionen davon. Das einzige, was mir Sorgen macht, sind diese dämlichen Beamten, die mir immer wieder in die Suppe spucken und extrem hohe Kosten verursachen. Das Humankapital ist egal, die sind leichter zu ersetzen als fehlende Zigaretten. Aber diese kleinen Mengen, die wir sie transportieren lassen, gehen ganz schön ins Geld. Roger Barber hat uns zwischenzeitlich schon mehr als vier Millionen gekostet, weil er seine Adlernase immer wieder in meine Angelegenheiten hängt. In keiner anderen Stadt haben wir dieses verdammte Problem. Aber es ist nicht so einfach einen Drogenfahnder umzulegen, ohne die gesamte Truppe aufzuwecken, die an ihren Donutläden schlafen. Ich möchte den aus dem Weg haben, dann können wir endlich mit großen Mengen operieren.«
»Was sollen wir tun?«, fragte die Stimme aus dem Telefon.
»Nicht in die Hosen scheißen. Ich kümmere mich schon darum. Im Moment bleiben wir in Portland bei den kleinen Mengen bis wir endlich Barber aus dem Weg haben. Ändern sie einfach die Routen für unsere Lieferungen bis ich grünes Licht gebe.«
»Wann kommt die nächste Lieferung?«
Er musste kurz nachdenken. Es war nicht so einfach den Überblick zu behalten, wenn man in vielen Städten gleichzeitig am Arbeiten war. Dann fiel es ihm wieder ein. »Die nächste Lieferung trifft nächsten Donnerstag ein. Irgendwas um 30 Kilogramm in kleinen Mengen wie bisher. Versenden sie maximal fünf Kilogramm zu unseren Abnehmern, bis wir den blöden Cop losgeworden sind.«
»In Ordnung Sir«, klang die Stimme aus dem Hörer und die Verbindung wurde unterbrochen.
Der gute Scotch in seinem Glas war durch die geschmolzenen Eiswürfel schon verwässert. Wütend kippte er den Inhalt in die Blumen auf seiner Fensterbank und schenkte sich ein zweites Glas ein. Dieses Mal ohne Eiswürfel. Er brauchte einen Plan, den Roger Barber, den Drogenfahnder aus Portland, endlich daran hinderte, seine Geschäfte aufzudecken. Erneut blickte er wieder auf das aufgewühlte Wasser unterhalb seines Büros. Nur wenige Minuten später hatte er eine großartige Idee, wie er seinen Widersacher im Westen aus dem Weg räumen könnte. Er trank den Scotch mit einem tiefen Zug aus und schluckte das hochprozentige Getränk. Die Hitze des Alkohols in seinem Schlund fühlte er bis es in seinem Magen landete. Dann griff er zum Telefon und wählte eine Kurzwahl.
»Ja?«, meldete sich eine zarte Frauenstimme.
»Hallo Emma. Sag mal, wann hat Barber seinen nächsten Termin bei einer deiner Angestellten?«
»In ungefähr einer Woche besucht ihn Madeleine, aber warum möchtest du das wissen?«
»Kannst du Madeleine etwas mitgeben, wenn sie ihn besucht?«
»Klamotten oder was?«, fragte sie.
»Hör auf mit dem Unsinn. Ich will, dass sie ihm etwas unterschiebt, am besten gut versteckt!«
Er hörte sie leise stöhnen bevor sie sagte, »Wie groß und schwer ist es, was sie verstecken soll?«
Ein Lächeln umspielte seine Lippen, »Etwa ein Pfund schwer und nicht größer als drei Schachteln Kippen.«
»Das sollte sie schaffen. Musst du wissen, wo es versteckt ist?«
»Nur grob. Das FBI wird es dann schon finden und ihn aus dem Verkehr ziehen!«
»Du weißt schon das mir dadurch ein Stammkunde wegfällt?«
Er nickte. »Natürlich weiß ich das. Ich werde mir etwas als Ausgleich einfallen lassen. Vielleicht der Bürgermeister oder so.«
»Der ist doch sowieso schon Kunde bei mir«, lachte sie, »Die halbe Stadtverwaltung ist bei mir Kunde. Wenn das deren Schlampen zu Hause wüssten, könnte ich die Stadt übernehmen!«
»Du bekommst einen Ausgleich, das ist versprochen, Emma. Sobald Barber weg ist sorge ich dafür, dass du einen neuen Kunden bekommst, der genug Geld bei dir lässt«, versprach er.
»Okay, ich gebe dir Bescheid wo Madeleine dein Päckchen versteckt hat. Wer bringt es?«
Er dachte kurz darüber nach, dann sagte er, »Ein Kurier wird es am üblichen Platz hinterlegen. Ich sorge dafür, dass es spätestens am Donnerstag da ist.«
»In Ordnung«, bestätigte sie die Absprache. »Ich gebe dir sofort Bescheid wo sie es bei ihm hinterlegt hat.«
»Danke Emma«, lächelte er und legte auf.