Ein Vorhang aus Grün - Eudora Welty - E-Book

Ein Vorhang aus Grün E-Book

Eudora Welty

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Beschreibung

Immer wieder sind es die kleinen Leute der Südstaaten, die Ausgestoßenen und Außenseiter, für die sich Welty interessiert: der schwarze Junge, der auf dem Jahrmarkt einem sensationshungrigen Publikum als Indianermädchen vorgeführt wird; das taubstumme Paar, das seit Jahrzehnten wartet und vergessen hat, worauf; die Witwe, die sich zurückgezogen hat und nur noch hinter den Hecken und Bäumen ihres Gartens – einem Vorhang aus Grün – lebt. Welty gilt vielen nicht nur als die große Südstaaten-Autorin, sondern darüber hinaus als eine der besten US-amerikanischen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. »Ein Vorhang aus Grün« vereint zwanzig Erzählungen – eine willkommene Gelegenheit, die hierzulande viel zu wenig bekannte Autorin wiederzuentdecken.

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INHALT

» Über den Autor

» Über das Buch

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» Impressum

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Über die Autorin

Eudora Welty, 1909 in Jackson, Mississippi, geboren, gehört wie Carson McCullers und William Faulkner zu den bedeutendsten Südstaaten-Autoren. Mit elf Jahren veröffentlichte sie bereits erste Gedichte, 1941 ihren ersten Erzählband Ein Vorhang aus Grün. Neben weiteren Erzählungen folgten unter anderem die Romane Mein Onkel Daniel, Die Hochzeit und Die Tochter des Optimisten, für den sie 1973 den Pulitzerpreis erhielt. Eudora Welty war auch eine herausragende Fotografin und veröffentlichte mehrere Fotobände. Sie starb am 2001 in Jackson.

Über das Buch

Immer wieder sind es die kleinen Leute der Südstaaten, die Ausgestoßenen und Außenseiter, für die sich Welty interessiert: der schwarze Junge, der auf dem Jahrmarkt einem sensationshungrigen Publikum als Indianermädchen vorgeführt wird; das taubstumme Paar, das seit Jahrzehnten wartet und vergessen hat, worauf; die Witwe, die sich zurückgezogen hat und nur noch hinter den Hecken und Bäumen ihres Gartens – einem Vorhang aus Grün – lebt.

Welty gilt vielen nicht nur als die große Südstaaten-Autorin, sondern darüber hinaus als eine der besten US-amerikanischen Schriftstellerinnen des 20. Jahrhunderts. »Ein Vorhang aus Grün« vereint zwanzig Erzählungen – eine willkommene Gelegenheit, die hierzulande viel zu wenig bekannte Autorin wiederzuentdecken.

Inhaltsverzeichnis

Lily Daw und die drei DamenDer versteinerte MannDer SchlüsselKeela, das ausgestoßene IndianermädchenWarum ich auf dem Postamt wohneDie SireneDie TramperClytieDer alte Mr. MarblehallBlumen für MarjorieEin Vorhang aus GrünEin WohltätigkeitsbesuchDer Tod eines HandlungsreisendenEin ausgetretener PfadDas große NetzDer SturmDer purpurrote HutAm LandeplatzAm falschen OrtDamen im Frühling

Lily Daw und die drei Damen

Mrs. Watts und Mrs. Carson waren gerade auf dem Postamt in Victory, als der Brief vom Institut für geistig Behinderte in Ellisville, Mississippi, ankam. Aimee Slocum, noch ein Bündel Briefe in der Hand, rannte nach vorn und gab ihn direkt Mrs. Watts, und dann lasen ihn alle drei gemeinsam. Mrs. Watts hielt ihn straff gespannt in ihren rosafarbenen Händen, und Mrs. Carson las langsam mit dem Finger mit, auf dem ein Fingerhut saß. Alle anderen Leute im Postamt fragten sich, was denn jetzt los sei.

»Was wird Lily sagen«, strahlte Mrs. Carson schließlich, »wenn wir ihr sagen, dass wir sie nach Ellisville schicken!«

»Sie wird sich wahnsinnig darüber freuen«, sagte Mrs. Watts und fügte, an eine schwerhörige Dame gewandt, mit kehliger Stimme hinzu: »Lily Daw bekommt nämlich einen Platz in Ellisville!«

»Dass ihr euch untersteht und es Lily ohne mich sagt!«, rief Aimee Slocum und lief zurück, um die Post weiterzusortieren.

»Glauben Sie, dass sie dort in guten Händen ist?«, begann Mrs. Carson eine Unterhaltung mit einer Gruppe baptistischer Damen, die im Postamt warteten. Sie war die Frau des Baptistenpredigers.

»Ich habe oft gehört, dass es dort sehr schön sein soll, aber überfüllt«, sagte eine von ihnen.

»Lily lässt sich von anderen Leuten immer so schlecht behandeln«, sagte eine andere.

»Gestern, während der Vorstellung im Zelt –«, sagte eine dritte und hielt sich dann mit der Hand den Mund zu.

»Ach, lassen Sie nur, ich weiß doch, dass es solche Dinge auf der Welt gibt«, sagte Mrs. Carson mit gesenktem Blick und fingerte an einem Maßband über ihrer Brust herum.

»Oh, Mrs. Carson. Also gut, jedenfalls gestern Abend in der Vorstellung, na ja, der Mann knöpfte Lily um ein Haar Geld für eine Eintrittskarte ab.«

»Eine Eintrittskarte!«

»Bis mein Mann hinging und ihm erklärte, dass sie nicht ganz normal im Kopf ist, und das sagten alle anderen auch.«

Die Damen schnalzten mit der Zunge.

»Ach, es war wirklich eine schöne Vorführung«, sagte die Dame, die dort gewesen war. »Und Lily führte sich so gut auf. Sie war eine perfekte kleine Dame – sie saß einfach auf ihrem Platz und starrte nach vorn.«

»Ja, sie kann ganz damenhaft sein – das kann sie wirklich«, sagte Mrs. Carson, schüttelte den Kopf und blickte nach oben. »Genau das bricht einem ja das Herz.«

»Ja, sie schaute andauernd auf das – wie heißt das Ding noch mal, das so viel Krach macht? – das Xylophon«, sagte die Dame. »Schaute die ganze Zeit nicht einmal nach links oder nach rechts. Sie saß direkt vor mir.«

»Die Frage ist nur, was hat sie nach der Vorstellung gemacht?«, fragte Mrs. Watts sehr praktisch. »Lily ist für ihr Alter einfach schon sehr entwickelt.«

»Oh, Etta!«, protestierte Mrs. Carson und schaute sie einen Augenblick lang entsetzt an.

»Deshalb schicken wir sie ja auch nach Ellisville«, schloss Mrs. Watts.

»Jetzt bin ich endlich fertig«, sagte Aimee Slocum und kam mit weiß gepudertem Gesicht angelaufen. »Die Post ist sortiert. Ich weiß aber nicht, wie gut sie sortiert ist.«

»Nun, ich hoffe natürlich, es ist das Beste für sie«, sagten einige der anderen Damen. Sie gingen nicht sofort zu ihren Postfächern, um nach Briefen zu schauen. Sie fühlten sich etwas ausgeschlossen.

Die drei Frauen standen am Fuß des Wasserturms.

»Es ist schwer, Lily zu finden«, sagte Aimee Slocum.

»Wo in aller Welt glauben Sie, dass sie steckt?« Es war Mrs. Watts, die den Brief an sich genommen hatte.

»Ich sehe weder auf dieser Straßenseite noch auf der anderen eine Spur von ihr«, erklärte Mrs. Carson, während sie weitergingen.

Ed Newton fädelte Redbird-Blöcke für die Schule auf einen Draht auf, den er quer durch den Laden spannte.

»Falls ihr hinter Lily her seid, die war vor ’ner Weile hier und hat mir gesagt, dass sie ihre Hochzeit vorbereiten tut«, sagte er.

»Ed Newton!«, schrien die Damen wie aus einem Mund und klammerten sich aneinander. Mrs. Watts fing sofort an, sich mit dem Brief aus Ellisville Luft zuzufächeln. Sie war als Witwe schwarz gekleidet und kam beim kleinsten Anlass ins Schwitzen.

»Das tut sie bestimmt nicht. Sie geht nach Ellisville, Ed«, sagte Mrs. Carson behutsam. »Mrs. Watts und ich und Aimee Slocum zahlen ihr die Reise aus unserer eigenen Tasche. Außerdem haben die Jungens von Victory ihr Ehrenwort gegeben. Lily heiratet nicht, das bildet sie sich nur ein.«

»Viel Erfolg, meine Damen«, sagte Ed Newton und gab sich mit einem Heft einen Klaps.

Als sie zu der Brücke kamen, die über die Eisenbahn führt, trafen sie Estelle Mabers, die dort auf dem Geländer saß. Sie trank langsam eine Flasche Orangenlimo.

»Hast du vielleicht Lily gesehen?«, fragten sie sie.

»Ich sollte jetzt hier auf sie warten«, sagte die kleine Mabers, als wäre sie noch nicht dort. »Aber Jewel – Jewel sagt, dass Lily vorhin im Laden war und sich ’nen Hut für zwei achtundneunzig ausgesucht hat und mit dem abgezogen ist. Jewel will ihn für irgendwas andres von ihr eintauschen.«

»Oh, Estelle, Lily sagt, dass sie heiraten will!«, schrie Aimee Slocum.

»Na, so was«, sagte Estelle. Sie begriff nie etwas.

Loralee Adkins kam in ihrem Willys-Jeep angefahren und hupte, um herauszukriegen, wovon sie sprachen.

Aimee warf die Hände in die Luft und rannte auf die Straße. »Loralee, Loralee, du musst uns zu Lily Daw fahren! Sie bereitet ihre Hochzeit vor!«

»Ach du liebes Bisschen, steigt ein!«

»Na, das geht so grade«, sagte Mrs. Watts, als sie mit Hilfe der anderen ächzend auf den Rücksitz geschoben wurde. »Wir müssen Lily jetzt überreden, dass es viel schöner ist, wenn sie nach Ellisville geht.«

»Allein der Gedanke daran!«

Während sie um die Ecke fuhren, sprach Mrs. Carson in ihrer traurigen Stimme weiter, traurig wie die leisen Geräusche im Hühnerstall in der Dämmerung. »Wir haben Lilys arme, hilflose Mutter begraben. Wir haben Lily alles Essen und alles Anmachholz und jedes einzelne Kleidungsstück gegeben, das sie am Leib trägt. Wir haben sie in die Sonntagsschule geschickt, damit sie Gottes Wort hört, und haben sie baptistisch taufen lassen. Und als ihr alter Vater anfing, sie zu verhauen, und ihr mit dem Fleischermesser den Kopf abschneiden wollte, sind wir gekommen und haben sie da weggeholt und woanders untergebracht.«

Das ungestrichene Holzhaus mit den Wetterhähnen war teilweise drei Stockwerke hoch und hatte violett-gelbe Glasfenster an der Vorderfront, und die Veranda war mit verschnörkelten Holzschnitzereien verziert. Das Haus neigte sich stark zur Eisenbahn hin, und die Eingangstreppe fehlte. Der Wagen mit den Damen hielt unter der Zeder an.

»Jetzt ist Lily schon fast erwachsen«, fuhr Mrs. Carson fort. »Eigentlich ist sie schon erwachsen«, sagte sie abschließend und stieg aus.

»Sie spricht davon, dass sie heiraten will«, sagte Mrs. Watts angewidert. »Danke, Loralee, du kannst jetzt heimfahren.«

Sie stiegen über die staubigen Zinnien auf die Veranda und gingen ohne anzuklopfen durch die offene Tür ins Haus hinein.

»Also, in diesem Haus riecht es immer so komisch. Das sage ich jedes Mal, wenn ich hier bin«, sagte Aimee Slocum.

Lily war da, sie kniete im dunklen Flur auf dem Boden neben einem kleinen geöffneten Koffer.

Als sie die Damen sah, steckte sie eine Zinnie in den Mund und wartete ab.

»Hallo, Lily«, sagte Mrs. Carson vorwurfsvoll.

»Hallo«, sagte Lily. Nach einer Weile saugte sie an dem Zinnienstängel, und es klang genauso wie ein Eichelhäher. Da saß sie, im Unterrock statt in einem Kleid, und das war eine der Sachen, weshalb ihr Mrs. Carson ständig Vorhaltungen machte. Unter dem neuen Hut fiel ihr weißblondes Haar offen auf ihre Schultern herab. Man konnte die wellige Narbe an ihrem Hals sehen, wenn man wusste, dass sie dort eine hatte.

Mrs. Carson und Mrs. Watts, die beiden Dicksten, setzten sich in den zweisitzigen Schaukelstuhl. Aimee Slocum saß auf dem drahtgeflochtenen Stuhl, der Lily aus dem abgebrannten Drugstore gestiftet worden war.

»Na Lily, was machst du denn?«, fragte Mrs. Watts, die über die Geschwindigkeit des Schaukelns bestimmte.

Lily lächelte.

Der Koffer war alt und mit gelbbraunem Papier ausgeklebt, und in dunkleren Kreisen und Ringen war ein Sternchenmuster zu sehen. Die Damen gaben einander wortlos zu verstehen, dass sie keine Ahnung hatten, wo in aller Welt der Koffer hergekommen war. Er war leer bis auf zwei Stück Seife und einen grünen Waschlappen, und Lily war gerade dabei, diese Sachen im Koffer zurechtzuschieben.

»Jetzt sag uns doch, was du machst, Lily«, sagte Aimee Slocum.

»Dumme Frage, ich packe«, sagte Lily.

»Und wo willst du hin?«

»Ich heirate, und ich wett, Sie würden gern mit mir tauschen«, sagte Lily. Aber plötzlich wurde sie schüchtern, und sie steckte die Zinnie zurück in den Mund.

»Sag’s mir doch, meine Liebe«, sagte Mrs. Carson. »Erzähl der alten Mrs. Carson, warum du heiraten willst.«

»Nein«, sagte Lily nach kurzem Zögern.

»Also, wir haben uns etwas ausgedacht, was so viel schöner für dich wäre«, sagte Mrs. Carson. »Warum gehst du eigentlich nicht nach Ellisville!«

»Das wäre doch wunderbar!«, sagte Mrs. Watts. »Mein Gott, ja.«

»Es ist ein herrlicher Ort«, sagte Aimee Slocum mit unsicherer Stimme.

»Sie haben Pickel im Gesicht«, sagte Lily.

»Aimee, meine Liebe, du misch dich mal nicht ein, wenn’s dir nichts ausmacht«, sagte Mrs. Carson angespannt. »Ich weiß nicht, was mit Lily los ist, wenn du in der Nähe bist.«

Lily starrte Aimee Slocum nachdenklich an.

»Also! Würdest du nicht gern nach Ellisville fahren?«, fragte Mrs. Carson.

»Nein«, sagte Lily.

»Und warum nicht?« Die drei Damen beugten sich sehr erstaunt zu ihr hinunter.

»Weil ich heirate«, sagte Lily.

»Nun, und wen heiratest du, meine Liebe?«, fragte Mrs. Watts. Sie wußte, wie man Leute dazu bringt, dass sie das, was sie gesagt haben, wieder zurücknehmen.

Lily biss sich auf die Lippe und lächelte. Sie griff in den Koffer, hob beide Stück Seife hoch und wog sie in der Hand.

»Jetzt sag uns schon«, drang Mrs. Watts in sie. »Wen willst du denn heiraten?«

»Einen Mann von gestern Abend.«

Alle drei Damen schnappten nach Luft. Die Möglichkeit eines Liebhabers brach plötzlich über ihre Häupter herein wie Hagelschlag im Sommer. Mrs. Watts stand auf und versuchte, nicht zu schwanken.

»Einer von diesen Kerlen aus der Vorstellung! Ein Musiker!«, schrie sie.

Lily schaute voller Bewunderung zu ihr hoch.

»Hat er – hat er dir etwas getan?« Es war immer wieder einzig und allein Mrs. Watts, die die Führung übernehmen konnte.

»Oh, ja«, sagte Lily. Sie tippte mit ihren kleinen Fingerspitzen wählerisch auf die Seifenstücke und wickelte sie dann in den Waschlappen ein.

»Was?«, wollte Aimee Slocum wissen und erhob sich schwankend, bevor sie einen Schrei ausstieß. »Was?«, rief sie laut in den Flur hinein.

»Frag sie nicht, was«, sagte Mrs. Carson und trat von hinten dazu. »Sag mir nur, Lily – nur ja oder nein – bist du noch genauso wie davor?«

»Er hatte eine rote Jacke an«, antwortete Lily liebenswürdig. »Er nahm kleine Stöcke und machte damit ping-pong! ding-dong!«

»Ach, ich glaub, ich werde ohnmächtig«, sagte Aimee Slocum, aber die anderen sagten: »Nein, das wirst du nicht.«

»Das Xylophon!«, schrie Mrs. Watts. »Der Xylophonspieler! So ein Feigling, den sollte man in hohem Bogen aus der Stadt schmeißen!«

»Aus der Stadt? Das ist er schon längst«, schrie Aimee. »Kannst du denn nicht lesen? – Das Plakat im Café – Victory am 9., Como am 10.? Er ist in Como. Como!«

»Auch gut! Dann bringen wir ihn eben zurück!«, schrie Mrs. Watts. »Mir entkommt er nicht!«

»Sei still«, sagte Mrs. Carson. »Ich glaube nicht, dass es irgendetwas nützt, diese Linie weiterzuverfolgen. Auf längere Sicht ist es besser, wenn er ein für alle Mal aus unserem Leben verschwindet. So ein Kerl. Er hatte es doch nur auf Lilys Körper abgesehen, und er würde das arme kleine Ding nie im Leben glücklich machen, selbst wenn wir hingingen und ihn zwängen, sie zu heiraten, wie es sich gehört – ihm die Pistole auf die Brust setzten.«

»Aber …«, fing Aimee an und riss die Augen auf.

»Halt den Mund«, sagte Mrs. Watts. »Mrs. Carson, ich glaube, Sie hatten recht.«

»Das ist meine Aussteuertruhe – sehn Sie?«, sagte Lily höflich in der eintretenden Pause. »Sie haben sie noch nicht mal angeschaut. Ich hab schon Seife und einen Waschlappen. Und meinen Hut hab ich – schon auf. Was schenken Sie mir alle?«

»Lily«, sagte Mrs. Watts und kam herüber, »wir schenken dir ganz viele wunderbare Sachen, wenn du nur nach Ellisville gehst, statt zu heiraten.«

»Was schenken Sie mir?«, fragte Lily.

»Ich schenk dir zwei hohlsaumgestickte Kopfkissenbezüge«, sagte Mrs. Carson.

»Ich schenk dir einen großen Karamellkuchen«, sagte Mrs. Watts.

»Ich schenk dir ein Souvenir aus Jackson – eine kleine Spielzeugbank«, sagte Aimee Slocum. »Willst du jetzt gehen?«

»Nein«, sagte Lily.

»Ich schenk dir eine schöne kleine Bibel mit deinem Namen in echtem Gold drauf«, sagte Mrs. Carson.

»Was ist, wenn ich dir einen Büstenhalter aus rosa Crêpe de Chine mit verstellbaren Trägern schenken würde?«, fragte Mrs. Watts grimmig.

»Oh, Etta!«

»Na, sie braucht einen«, sagte Mrs. Watts. »Was würden sie glauben, wenn sie in Ellisville im Unterrock rumläuft wie eine Zigeunerin?«

»Ich wünschte, ich könnte nach Ellisville fahren«, sagte Aimee Slocum verlockend.

»Was gibt’s dort für mich?«, fragte Lily leise.

»Oh! Eine ganze Menge. Du kannst dort Körbe flechten, nehm ich an …« Mrs. Carson schaute die anderen unsicher an.

»Aber sicher, du darfst dort alle möglichen Körbe flechten«, sagte Mrs. Watts. Dann verlor sich auch ihre Stimme.

»Nein, ich will lieber heiraten«, sagte Lily.

»Lily Daw! Das ist aber jetzt purer Eigensinn!«, schrie Mrs. Watts. »Du hast fast schon gesagt, dass du fährst, und jetzt nimmst du’s wieder zurück!«

»Wir haben alle den lieben Gott gefragt, Lily«, sagte Mrs. Carson schließlich, »und Gott sagt uns – Mr. Carson auch –, dass Ellisville der Ort ist, wo du sein sollst, um richtig glücklich zu sein.«

Lily schaute ehrfurchtsvoll, aber immer noch eigensinnig herüber.

»Wir müssen sie ganz einfach hinbringen – jetzt!«, schrie Aimee Slocum ganz plötzlich. »Stellt euch vor –! Sie kann nicht länger hierbleiben!«

»Ach nein, nein, nein«, sagte Mrs. Carson eilig. »Daran dürfen wir gar nicht denken.«

Sie saßen ganz verzweifelt da.

»Könnt ich meine Aussteuertruhe mitnehmen – nach Ellisville?«, fragte Lily scheu und schaute die Damen von der Seite her an.

»Aber sicher«, sagte Mrs. Carson ausdruckslos.

Stumm erhoben sie sich ein zweites Mal.

»Ach, wenn ich nur meine Aussteuertruhe mitnehmen dürfte!«

»Es ging ihr die ganze Zeit nur um ihre Aussteuertruhe«, flüsterte Aimee.

Mrs. Watts klatschte in die Hände. »Das hätten wir also!«

»Dem Himmel sei Dank«, flüsterte Mrs. Carson.

Lily schaute zu ihnen auf, und ihre Augen glänzten. Sie neigte den Kopf zur Seite und sagte in stolzer Nachahmung irgendeiner anderen – ganz unbekannten – Person:

»Okay – Schätzchen!«

Die Damen nickten und lächelten und gingen rückwärts auf die Tür zu.

»Ich glaub, ich bleibe besser hier«, sagte Mrs. Carson und blieb stehen. »Wo – wo hat sie nur diesen grässlichen Ausdruck her?«

»Pack ein«, sagte Mrs. Watts. »Lily Daw fährt mit dem ersten Zug nach Ellisville.«

Auf der Bahnstation keuchte der Zug. Fast alle Bewohner von Victory standen herum und warteten, dass er abfuhr. Die Stadtkapelle von Victory war freiwillig dazugestoßen und hatte sich unter die Menge verteilt. Ed Newton tat so, als wolle er auf seiner Baritonklarinette zu spielen anfangen. Auf dem Bahnsteig entwischten Küken aus einer Lattenkiste. Alle wollten die für die Reise zurechtgemachte Lily sehen, aber Mrs. Carson und Mrs. Watts hatten sie von der anderen Seite des Gleises in den Zug eingeschleust.

Die beiden Damen wollten bis Jackson mitfahren, um Lily beim Umsteigen zu helfen und um sicherzugehen, dass sie in die richtige Richtung fuhr.

Lily saß zwischen ihnen auf dem Plüschsitz. Ihre Haare waren gekämmt und zu einem Knoten hochgesteckt. Darüber saß ein kleiner blauer Hut, den Jewel ihr für den schönen neuen gegeben hatte. Sie trug ein Reisekleid, das teilweise aus Mrs. Watts Trauerkleidung vom letzten Sommer geschneidert war. Rosa Träger schimmerten durch den Stoff. Lily hielt eine Handtasche, eine Bibel und einen noch warmen Kuchen in einer Schachtel auf dem Schoß.

Aimee Slocum hatte die Post noch stempeln und bündeln müssen. Sie stand jetzt im Gang des Eisenbahnwagens, Tränen liefen ihr aus den Augen.

»Auf Wiedersehn, Lily«, sagte sie. Sie war diejenige, der alles zu Herzen ging.

»Auf Wiedersehn, du Dummchen«, sagte Lily.

»Mein Gott, ich hoffe, sie kriegen unser Telegramm und holen sie in Ellisville ab!«, rief Aimee klagend aus und dachte daran, wie weit es war. »Und es war auch so schwer, alles in zehn Worten auszudrücken.«

»Steig aus, Aimee, bevor der Zug losfährt und du dir den Hals brichst«, sagte Mrs. Watts, die ihren Platz eingenommen hatte und fröhlich ihren guten Fächer hin- und herschwenkte. »Ich sag euch was, es ist ja so heiß, dass ich mein Korsett auszieh, sobald wir ein paar Kilometer aus der Stadt draußen sind.«

»Ach Lily, du musst dort nicht weinen. Sei nur schön brav und tu, was sie dir sagen – es geschieht alles, weil sie dich liebhaben.« Aimee zog ihre Mundwinkel herunter und machte sich durch den Gang rückwärts davon.

Lily lachte. Sie zeigte über Mrs. Carsons Busen hinweg mit dem Finger auf einen Mann. Er war aus dem Zug ausgestiegen und stand dort allein herum. Er war offensichtlich ein Fremder, und er hatte eine Kappe auf dem Kopf.

»Schaut mal!«, sagte sie und lachte leise durch die Finger.

»Schau – nicht«, sagte Mrs. Carson so betont, als wollte sie von allen Worten, die sie jemals gesprochen hatte, gerade diese beiden feierlichen Worte dem weichen Hirn Lilys einprägen. Und sie fügte hinzu: »Schau nirgendwo hin, bis du in Ellisville bist.«

Draußen weinte Aimee Slocum so sehr, dass sie fast in den Fremden hineinrannte. Er trug eine Kappe und war klein und schien parfümiert zu sein, wenn das überhaupt möglich war.

»Könnten Sie mir sagen, Madame«, sagte er, »wo in dieser Stadt eine junge Dame namens Miss Lily Daw wohnt?« Er lüpfte seine Kappe – er hatte rotes Haar.

»Warum wollen Sie das wissen?«, entschlüpfte es Aimee.

»Sprechen Sie lauter«, sagte der Fremde. Er selbst flüsterte fast.

»Sie ist weggefahren – nach Ellisville!«

»Weggefahren?«

»Nach Ellisville gefahren!«

»Na, das hat man gern!« Der Mann schob seine Unterlippe vor und blies Luft nach oben, bis seine Haare flogen.

»Was hatten Sie mit Lily vor?«, schrie Aimee plötzlich.

»Wir wollten nur heiraten, sonst nichts«, sagte der Mann.

Da fing Aimee Slocum vor allen Leuten an laut zu schreien. Sie deutete mit dem Finger auf die lange schwarze Kiste, die sie zu Füßen des Mannes auf dem Boden liegen sah. Dann sprang sie vor Schreck zurück.

»Das Xylophon! Das Xylophon!«, schrie sie und schaute zwischen dem Mann und dem fauchenden Zug hin und her. Was war das größere Übel? Die Glocke fing an dumpf zu läuten, und der Mann sagte etwas.

»Sagten Sie Ellisville? Im Staat Mississippi?« Blitzschnell zog er ein rotes Büchlein heraus, auf dem »Fakten und Zahlen« stand. Er schrieb etwas auf. »Ich bin nämlich schwerhörig.«

Aimee nickte mit dem Kopf und lief um den Fremden herum.

Unter »Ellis-Ville, Miss.« zog er einen Strich und markierte die Stelle noch mit zwei kleinen Zeichen. »Vielleicht hat sie mir nicht gesagt, dass sie das vorhat. Vielleicht hat sie gesagt, dass sie nichts vorhat.« Plötzlich lachte er sehr laut los, nachdem er die ganze Zeit nur geflüstert hatte. Aimee sprang zurück. »Die Frauen! – Na ja, wenn wir irgendwann mal irgendwo in der Nähe von Ellisville, Miss., spielen, dann besuch ich sie vielleicht, und vielleicht auch nicht«, sagte er.

Jetzt gab die Baritonklarinette den richtigen Einsatz für die Musikband. Weißer Dampf quoll aus der Lokomotive. Normalerweise hielt der Zug nur eine Minute lang in Victory, aber der Lokomotivführer kannte Lily vom Zuwinken her, und er wusste, dass heute ihr großer Tag war.

»Warten Sie!«, schrie Aimee Slocum. »Warten Sie, Mister! Ich kann sie Ihnen bringen! Warten Sie, Herr Lokomotivführer! Fahren Sie noch nicht ab!«

Dann war sie wieder im Zug und schrie Mrs. Carson und Mrs. Watts ins Gesicht.

»Der Xylophonspieler! Der Xylophonspieler, der sie heiraten will! Da ist er!«

»Unsinn«, murmelte Mrs. Watts und schaute über die anderen hinweg in die Richtung, in die Aimee deutete. »Also, ich seh ihn nicht. Wo soll er sein? Du schaust ja zum einäugigen Beasley hin.«

»Der kleine Mann mit der Kappe – nein mit dem roten Haar! Macht schnell!«

»Ist er das wirklich?«, fragte Mrs. Carson staunend Mrs. Watts. »Meine Güte, der ist aber klein, oder?«

»Den hab ich noch nie in meinem Leben gesehn!«, rief Mrs. Watts aus. Aber ganz plötzlich schob sie ihren Fächer zusammen.

»Los! Weg von hier!«, schrie Aimee Slocum. Sie war mit ihren Nerven am Ende.

»Schon gut, krieg nicht gleich einen hysterischen Anfall, meine Liebe«, sagte Mrs. Watts. »Los«, sagte sie mit belegter Stimme zu Mrs. Carson.

»Wohin gehen wir denn?«, fragte Lily, als sie sich durch den Gang hinauskämpften.

»Du heiratest jetzt, und wir bringen dich hin«, sagte Mrs. Watts. »Mrs. Carson, rufen Sie doch gleich auf dem Bahnhof Ihren Mann an.«

»Aber ich will doch gar nicht heiraten«, sagte Lily und fing zu wimmern an. »Ich fahre doch nach Ellisville.«

»Sei still, nachher essen wir alle zusammen Eis«, flüsterte Mrs. Carson.

Als sie am Ende des Zuges vom Trittbrett stiegen, fing die Kapelle gerade an, den Unabhängigkeitsmarsch zu spielen.

Der Xylophonspieler war noch da und klopfte mit seinem Fuß auf den Boden. Er kam heran und sagte: »Hallo, Schätzchen. Was haste denn – Mucken?«, und küsste Lily schmatzend, und dann ließ sie den Kopf hängen.

»Also, Sie sind der junge Mann, von dem wir so viel gehört haben«, sagte Mrs. Watts. Sie lächelte strahlend. »Hier ist Ihre kleine Lily.«

»Was sagen Sie?«, fragte der Xylophonspieler.

»Zufälligerweise ist mein Mann der baptistische Pfarrer von Victory«, sagte Mrs. Carson mit lauter, klarer Stimme. »Ist das nicht ein Glück? Ich kann ihn in fünf Minuten herholen: Ich weiß genau, wo er ist.«

Sie standen im Kreis um den Xylophonspieler herum und gingen dann alle in das weiß getünchte Wartezimmer.

»Ach, in so einem Augenblick will ich am liebsten weinen«, sagte Aimee Slocum. Sie schaute zurück und sah, wie sich der Zug langsam entfernte und unter der Brücke an der Hauptstraße hindurchfuhr. Dann verschwand er um die Kurve.

»Ach, die Aussteuertruhe!«, schrie Aimee entsetzt auf.

»Und mit wem haben wir die Ehre?«, schrie Mrs. Watts, während Mrs. Carson zum Telefonieren ging.

Die Kapelle spielte weiter. Manche Leute glaubten, dass Lily im Zug saß, und andere schworen, dass sie ausgestiegen war. Aber alle jubelten, und ein Strohhut wurde in die Telefondrähte hochgeworfen.

Der versteinerte Mann

Fassen Sie doch mal in meine Tasche und holen Sie mir eine Zigarette raus, aber ohne Puder, wenn’s möglich is, Mrs. Fletcher, Schätzchen«, sagte Leota zu ihrer Zehn-Uhr-Waschen-und-Legen-Kundin. »Ich mag keine parfümierten Zigaretten.« Mrs. Fletcher griff bereitwillig auf das lavendelfarbene Regal unter dem lavendelfarbenen Spiegel, schüttelte ein Haarnetz vom Verschluss der Lacktasche ab und packte schnell eine Puderquaste, die zu stauben anfing, sobald die Tasche geöffnet war. »Schaun Sie nur, Leota, die Erdnüsse!«, rief Mrs. Fletcher ganz erstaunt aus.

»Ach, Schätzchen, die sind schon ’ne Woche lang drin. Mrs. Pike hat se gekauft.«

»Wer ist Mrs. Pike?«, fragte Mrs. Fletcher und lehnte sich zurück. In diesem kleinen Räumchen voll Haarfestiger und Hennapackungen versteckt, durch eine lavendelfarbene Schwingtür von den anderen Kundinnen getrennt, die in den anderen Kabinen bedient wurden, konnte sie ihrer Neugier freien Lauf lassen. Sie schaute erwartungsvoll auf die schwarzen Haarwurzeln von Leotas goldenen Locken, als die sich herunterbeugte, um sich die Zigarette anzuzünden.

»Mrs. Pike ist die Dame aus New Orleans«, sagte Leota, zog an ihrer Zigarette und massierte Mrs. Fletchers Kopfhaut mit ihren kräftigen, rot lackierten Fingern. »Eine Freundin, keine Kundin. Wissen Sie, ich hab’s Ihnen ja vielleicht letztes Mal erzählt, ich und Fred und Sal und Joe haben uns zerstritten, deshalb sind Sal und Joe ausgezogen, und wir haben ihr Zimmer weitervermietet. Also haben wir’s an Mrs. Pike vermietet. Und Mr. Pike.« Sie klopfte die Asche im Korb für gebrauchte Handtücher ab. »Mrs. Pike ist eine ausgesprochene Blondine. Sie hat mir die Erdnüsse gekauft.«

»Sie muss hübsch aussehen«, sagte Mrs. Fletcher.

»Schätzchen, ›hübsch‹ ist nicht das richtige Wort dafür. Ich sag Ihnen, Mrs. Pike is attraktiv. Sie macht sich ’n schönes Leben. Dieser Mrs. Pike entgeht nichts, rein gar nichts.«

Sie zog den Kamm durch die Luft und hielt dramatisch inne, als ein Schwall von Mrs. Fletchers hennagefärbtem Haar wie eine kleine Sturmwolke zwischen den lavendelfarbenen Zähnen des Kammes hervorquoll.

»Haarausfall.«

»Ach was, Leota.«

»Oh weh, sie fangen an, auszufallen«, sagte Leota und kämmte noch einmal durch und ließ noch eine Wolke herunterschweben.

»Sind Schuppen drin?«, fragte Mrs. Fletcher mit gerunzelter Stirn, wobei sie ihre strichartigen Augenbrauen bis zur Nasenwurzel herunterzog und vor Angespanntheit mit ihren runzeligen, glitzernd bewimperten Augenlidern klapperte.

»Nein.« Leota kämmte noch einmal durch. »Sie fallen einfach aus.«

»Ich wette, Ihre letzte Dauerwelle ist dran schuld«, sagte Mrs. Fletcher scharf. »Erinnern Sie sich noch, Sie haben mich vierzehn Minuten lang schmoren lassen.«

»Diese vierzehn Minuten hatten Sie bitter nötig«, sagte Leota bestimmt.

»Irgendwas muss ja dran schuld sein«, beharrte Mrs. Fletcher. »Schuppen, Schuppen. Kann ich so was von Mr. Fletcher gekriegt haben, ist das möglich?«

»Na ja«, antwortete Leota schließlich, »gestern hab ich was gehört, eine von Thelmas Kundinnen wurde in Thelmas Kabine gesetzt und bekam eine Kaltwelle, und, ich möcht ja nix gesagt haben, Mrs. Fletcher, aber Thelmas Kundin sagte ganz nebenbei – ich weiß nicht mehr, wovon sie grade geredet hat –, dass Sie guter Hoffnung sind, und sehr oft spielt das Haar dann verrückt, fällt aus und Gott weiß was sonst noch. Da können wir nichts für, so seh ich das.«

Eine Pause entstand. Die Frauen starrten sich im Spiegel an.

»Wer war das?«, fragte Mrs. Fletcher.

»Schätzchen, ich könnt es wirklich nich sagen«, sagte Leota. »Sie sehen aber gar nicht so aus.«

»Wo ist Thelma? Ich krieg’s schon noch raus«, sagte Mrs. Fletcher.

»Aber, Schätzchen, ich würd doch wegen so ’ner Kleinigkeit nich wütend werden«, sagte Leota und kämmte hastig weiter, als ob sie Mrs. Fletcher an ihrem Haar herunterhalten könnte. »Ich bin sicher, dass es jemand war, der nichts Böses vorhatte. Im wievielten sind Sie denn?«

»Einen Augenblick«, sagte Mrs. Fletcher und rief kreischend nach Thelma, die hereinkam und an Leotas Zigarette zog.

»Thelma, Schätzchen, erinner dich doch mal an gestern, wenn du kannst«, sagte Leota und übergoss Mrs. Fletchers Haare mit einer breiigen Flüssigkeit. Was herunterfloß, fing sie mit einem kalten nassen Handtuch im Nacken auf.

»Also, ich bin grade dabei, meiner Kundin die Locken einzulegen«, sagte Thelma zögernd.

»Es dauert doch nur ’ne Minute«, sagte Leota. »Wen haste denn da drin, das alte Pferdegesicht? Denk doch mal zurück und versuch dich dran zu erinnern, welche Kundin das gestern war, die sagte, dass meine Kundin schwanger ist, mehr will ich ja gar nich. Sie will’s unbedingt wissen.«

Thelma ließ ihre blutroten Lippen hängen und schaute über Mrs. Fletchers Gesicht in den Spiegel. »Aber Schätzchen, ich hab nich die leiseste Idee«, hauchte sie. »Ich kann mich wirklich nich im Geringsten dran erinnern. Aber ich bin sicher, dass sie’s nich bös gemeint hat. Ich sag Ihnen eins: Ich merkte gar nich, wie ich das Haar gekämmt hab. Es kam mir so vor, als hätt’s ’ne Fremde hinter mir gemacht.«

»War’s diese Mrs. Hutchinson?«, fragte Mrs. Fletcher mit angespannter Höflichkeit.

»Mrs. Hutchinson? Ach, Mrs. Hutchinson.« Thelma senkte den Blick. »Nein, meine Liebe, die kommt donnerstags und hat Ihren Namen nicht mal erwähnt. Ich zweifel sogar dran, dass sie überhaupt weiß, dass bei Ihnen was unterwegs is.«

»Thelma!«, rief Leota mit fester Stimme.

»Ich weiß nur, dass es der Person eines Tages leidtun wird. Ich hab’s ja selbst grad erst erfahren!«, rief Mrs. Fletcher. »Die wird was erleben!«

»Warum? Was wollen Sie ihr denn tun?«

Es war eine Kinderstimme, und die Frauen schauten hinunter. Ein kleiner Junge saß auf dem Boden unter dem Waschbecken und baute Zelte aus Aluminium-Lockenklammern.

»Billy Boy, mein Schatz, du darfst nette Damen nicht stören«, sagte Leota und lächelte. Sie gab ihm einen fröhlichen Klaps und winkte Thelma hinter ihrem Rücken, dass sie aus der Kabine verschwinden solle. »Is Billy Boy nicht ’ne Nummer? Erst drei Jahre alt und schon ganz verrückt auf den Schönheitssalon.«

»Ich hab ihn nie hier gesehen«, sagte Mrs. Fletcher immer noch ärgerlich.

»Er war auch nie hier, deshalb«, sagte Leota. »Er gehört Mrs. Pike. Sie hat sich ’nen Job besorgt, aber in Fay’s Modewarengeschäft. Er darf diese Damenhüte nicht aufsetzen, sie rutschen ihm über die Augen wie einem, na, ich weiß nicht was. Sie sehen dann einfach lächerlich aus, das ist es, aber er muss sie natürlich aufsetzen, die Hüte. Da wurde Mrs. Pike gesagt, dass es unerwünscht ist, wenn er sich da rumtreibt. Hier kann er aber nix anstellen.«

»Na, ich mag Kinder nicht besonders gern«, sagte Mrs. Fletcher.

»So«, meinte Leota schlecht gelaunt.

»Ja! Ich hab auch fast keine Lust, das hier zu kriegen«, sagte Mrs. Fletcher. »Diese Mrs. Hutchinson! Man ist Luft für sie, wenn sie einen auf der Straße trifft, und dann zieht sie einen hintenrum durch den Dreck.«

»Mr. Fletcher würde Ihnen was erzählen, wenn Sie’s diesmal nicht kriegen«, sagte Leota vernünftig. »Wenn es schon mal so weit ist.«

Mrs. Fletcher setzte sich gerade auf. »Mr. Fletcher kann mir überhaupt nichts sagen.«

»Ach, kann er nicht!«, Leota zwinkerte sich im Spiegel zu.

»Nein, meine Beste, das kann er nicht. Wenn er nur seine Stimme gegen mich erhebt, dann weiß er ganz genau, dass ich einen von meinen bösen Migräneanfällen kriege, und dann ist es mit mir kein Zuckerlecken. Und wenn ich wirklich schon so schwanger aussehe –«

»Na ja, Schätzchen, Sie sollen einfach wissen: Ich hab’s noch keiner von meinen Kundinnen gesagt und werd’s auch nicht tun – noch nich mal, dass Ihnen die Haare ausgehn. Kaufen Sie sich doch einfach eins von diesen Storchenmodekleidern und regen Sie sich nicht weiter auf. Was niemand weiß, macht niemand heiß, wie Mrs. Pike immer sagt.«

»Haben Sie es Mrs. Pike gesagt?«, fragte Mrs. Fletcher verdrießlich.

»Also, Mrs. Fletcher, verstehen Sie, Sie werden Mrs. Pike nie im Leben sehen, und Mrs. Pike wird Sie auch nie sehn, also macht’s auf lange Sicht doch überhaupt nix aus.«

»Ich hab’s ja gewusst!« Mrs. Fletcher nickte absichtlich so, dass ein Löckchen zerfiel, das Leota gerade hinter ihrem Ohr legte. »Mrs. Pike!«

Leota seufzte. »Ich glaub, ich kann’s Ihnen genauso gut auch sagen. Es war genauso wenig Thelmas Kundin, die mir sagte, dass Sie schwanger sind wie ’ne Fledermaus.«

»Nicht Mrs. Hutchinson?«

»Nein, mein Gott! Es war Mrs. Pike.«

»Mrs. Pike!«, zischte Mrs. Fletcher, und Haarfestiger rann ihr ins Ohr hinein. »Wie konnte Mrs. Pike überhaupt wissen, dass ich schwanger oder sonst was bin, wenn sie mich nicht mal kennt? Die Frechheit von manchen Leuten!«

»Also, das war so. Erinnern Sie sich an den Sonntag?«

»Ja«, sagte Mrs. Fletcher.

»Am Sonntag waren Mrs. Pike und ich ganz allein. Mr. Pike und Fred waren an den Eagle-See gefahren und ham gesagt, sie wollten Fische fangen, ham se natürlich nich gemacht. Da setzten wir uns in Mrs. Pikes Auto, es is ein 39er Dodge –«

»Ach, ein 1939er«, sagte Mrs. Fletcher.

»Und wir holten uns jeder ’n Jax-Bier – das ist das Bier, das direkt in New Orleans gemacht wird, sagt Mrs. Pike, deshalb trinkt sie kein anderes. Da sah ich, wie Sie zum Drugstore fuhren und kurz reingingen, und Mr. Fletcher saß, glaub ich, im Auto, und dann kamen Sie wieder rausgerannt mit so was wie ’nem Rezept. Also sagte ich zu Mrs. Pike, nur um was zu sagen: ›Das da is Mrs. Fletcher, und das is wahrscheinlich Mr. Fletcher – sie gehört zu meiner Stammkundschaft‹, sag ich.«

»Ich hatte ein tailliertes gemustertes Kleid an«, sagte Mrs. Fletcher zögernd.

»Ganz genau«, stimmte Leota zu. »Also Mrs. Pike, die schaute Sie genau an – sie kann gut beobachten, kann gut Leute beurteilen, is furchtbar schlau, wissen Sie –, und sie sagte: ›Ich wette um noch ein Jax-Bier, dass die Frau da im dritten Monat schwanger is‹«.

»Eine Frechheit!«, sagte Mrs. Fletcher. »Mrs. Pike!«

»Mrs. Pike wird Sie nich beißen«, sagte Leota. »Mrs. Pike ist einfach prima, Sie wären verrückt nach ihr, Mrs. Fletcher. Aber sie kann keinen Augenblick lang stillsitzen. Gestern gingen wir nach der Arbeit in diese Freakshow. Ich bin schon früh fertig gewesen – um neun. In dem leeren Laden nebenan. Was, Sie waren noch nich dort?«

»Nein, ich kann Freaks nicht leiden«, erklärte Mrs. Fletcher.

»Ach so. Na ja, Schätzchen, wenn wir schon drüber sprechen, schwanger zu sein und so, sollten Sie sich diese Zwillinge in der Flasche anschaun, das sind Sie sich wirklich schuldig.«

»Was für Zwillinge?«, fragte Mrs. Fletcher aus einem Mundwinkel heraus.

»Na ja, Schätzchen, da gibt’s diese Zwillinge in der Flasche, verstehn Sie? Die kamen zusammengewachsen auf die Welt – natürlich tot.« Leota senkte ihre Stimme zu einem sanften, lyrischen Flüstern. »Sie waren ungefähr so lang – Pardon – müssen ganz ausgetragen gewesen sein, finden Sie nich?, und sie hatten zwei Köpfe und zwei Gesichter und vier Arme und vier Beine, und alles war da zusammengewachsen. Das eine Gesicht schaute in die Richtung, und das andere Gesicht schaute in die Richtung, über die Schulter, verstehn Sie? Irgendwie ganz rührend.«

»Igittigitt«, sagte Mrs. Fletcher angeekelt.

»Wirklich scheußlich! Schätzchen, ich wollt Ihnen nur sagen – ihre Eltern waren Vettern ersten Grades. Billy Boy, hol mir ein frisches Handtuch von Teenys Stapel – das hier ist klatschnass –, und hör auf, meine Knöchel mit dem Lockenwickler da zu kitzeln. Ich muss schon sagen, dem fehlt hier nix.«

»Ich und Mr. Fletcher sind kein bisschen miteinander verwandt, sonst hätt er mich nie gekriegt«, sagte Mrs. Fletcher gelassen.

»Natürlich nich!«, versicherte Leota. »Fred und ich genauso wenig, jedenfalls soviel wir wissen. Na ja, Schätzchen, was Mrs. Pike besonders mochte, das waren die Pygmäen. Sie haben dort auch Pygmäen, und Mrs. Pike is ganz verrückt auf die. Sie wissen doch, die winzigsten Menschen auf der ganzen Welt? Na ja, Schätzchen, die können sich grad auf ihren kleinen Hintern setzen und rumrollen, und man kann kaum sagen, ob sie sitzen oder stehn. Jetzt können Sie sich eine Vorstellung machen. Sie sind ungefähr zweiundvierzig Jahre alt. Stellen Se sich mal vor, wenn so einer Ihr Mann wär!«

»Also, Mr. Fletcher ist einen Meter fünfundsiebzig«, sagte Mrs. Fletcher schnell.

»Fred ist eins achtundsiebzig«, sagte Leota, »aber ich sag ihm, dass er trotzdem ein Knirps is, weil ich so groß bin.«

Sie legte auf Mrs. Fletchers anderer Schläfe mit dem Kamm eine tiefe Welle. »Na ja, diese Pygmäen sind irgendwie dunkelbraun, Mrs. Fletcher. Für das, was sie sind, sehn sie gar nicht so schlecht aus, wissen Sie.«

»Mir würden sie nicht gefallen«, sagte Mrs. Fletcher. »Was findet Mrs. Pike wohl an ihnen?«

»Ach, ich weiß es auch nich«, sagte Leota. »Sie ist einfach süß, das ist alles. Aber dort gibt’s auch noch diesen Mann, diesen versteinerten Mann, bei dem alles, seit er neun Jahre alt war, wenn es durch seine Verdauung geht, verstehen Sie, Mrs. Pike sagt, dass sich alles irgendwie in seinen Gelenken festsetzt und dort versteinert.«

»Wie entsetzlich!«, sagte Mrs. Fletcher.

»Er ist auch zweiundvierzig. Das scheint ein schlechtes Alter zu sein.«

»Wer sagt das, diese Mrs. Pike? Ich wette, sie ist zweiundvierzig«, sagte Mrs. Fletcher.

»Nein«, sagte Leota, »Mrs. Pike ist dreiunddreißig, im Januar geboren, ein Wassermann. Er konnte seinen Kopf bewegen – so. Natürlich is sein Kopf und sein Hirn kein Gelenk, um’s mal so zu sagen, und ich nehm an, sein Bauch auch nich – noch nicht, jedenfalls. Aber sehn Sie mal – sein Essen, das isst er, und es geht runter, verstehn Sie, und dann verdaut er’s«, Leota stellte sich kurz auf die Zehenspitzen, »und es geht in seine Gelenke, und bevor Sie bis drei zählen können, wird’s zu Stein – zu reinstem Stein. Er versteinert langsam. Wie fänden Sie’s, mit so einem Kerl verheiratet zu sein? Er kann seinen Kopf nur einen halben Zentimeter weit bewegen. Und natürlich sieht er einfach entsetzlich aus.«

»Das kann ich mir vorstellen«, sagte Mrs. Fletcher frostig. »Mr. Fletcher macht jeden, aber auch jeden Abend Kniebeugen. Ich sorge dafür.«

»Fred liegt zu Hause nur auf der faulen Haut. Es würde mich nich weiter wundern, wenn er eines Tages aufwacht und sich nich mehr bewegen kann. Der versteinerte Mann saß einfach so da, aber er bewegte sich immerhin einen halben Zentimeter«, erinnerte sich Leota.

»Mochte Mrs. Pike den versteinerten Mann?«, fragte Mrs. Fletcher.

»Nicht so wie die anderen«, sagte Leota bedauernd. »Und außerdem mag sie es, wenn ein Mann gut angezogen ist.«

»Ist Mr. Pike gut angezogen?«, fragte Mrs. Fletcher zweifelnd.

»Ach ja, doch«, sagte Leota, »aber er is zwölf oder vierzehn Jahre älter als sie. Sie is wegen ihm zu Lady Evangeline gegangen.«

»Wer ist denn Lady Evangeline?«, fragte Mrs. Fletcher.

»Na, diese Gedankenleserin, die sie in der Freakshow haben«, sagte Leota. »Die war echt gut. Sie heißt Lady Evangeline, und wenn ich noch einen Dollar übrig hätte, würd ich sofort meine andere Hand auch lesen lassen. Sie hatte das, was Mrs. Pike einen ›sechsten Sinn‹ nennt, aber sie hatte die schlechteste Maniküre, die ich in meinem ganzen Leben gesehen hab.«

»Was hat sie Mrs. Pike gesagt?«, fragte Mrs. Fletcher.

»Sie sagte ihr, dass Mr. Pike so treu wie Gold is, und außerdem, dass er zu Geld kommen würde.«

»Hmm!«, sagte Mrs. Fletcher. »Was macht er denn?«

»Das kann ich nich sagen«, sagte Leota, »weil er nämlich nich arbeitet. Lady Evangeline hat mir nich genug über mein Wesen oder so gesagt. Und ich würd gern noch mal hingehn und mehr über diesen Kerl hören. Bin mit ihm gegangen, bis er dieses Mädchen geheiratet hat. Ach je, das war vor ungefähr dreieinhalb Jahren, als Sie noch in den Schönheitssalon von Robert E. Lee in Jackson gingen. Er hat sie wegen dem Geld geheiratet. Eine andere Wahrsagerin hat mir das damals gesagt. Also, verliebt bin ich nich mehr in ihn, is ja auch egal, außerdem bin ich mit Fred verheiratet, aber Mrs. Pike hat gedacht, einfach so, verstehen Sie?, ich soll Lady Evangeline fragen, ob er glücklich is.«

»Weiß Mrs. Pike schon alles über Sie?«, fragte Mrs. Fletcher ungläubig. »Mein Gott!«

»Ach ja, ich hab ihr alles ganz genau erzählt, von jetzt bis – ich weiß nicht bis wann zurück – als ich zum ersten Mal ausgegangen bin«, sagte Leota. »Also fragte ich Lady Evangeline unter anderem, ob er glücklich verheiratet is, und sie sagte und war froh, dass ich sie gefragt hab: ›Mein Schätzchen‹, sagt sie, ›nein das ist er nich. Schreiben Sie dieses Datum auf, 8. März 1941‹, sagt sie, ›und merken Sie sich: Heut in drei Jahren teilt er mit ihr nicht mehr das Bett.‹ Da steht es an der Wand mit den anderen Daten – sehen Sie’s, Mrs. Fletcher? Und sie sagt: ›Mein Kind, Sie sollten froh sein, dass Sie ihn nicht gekriegt haben, weil er so gewinnsüchtig ist.‹ Also bin ich froh, dass ich Fred geheiratet hab. Er is ganz bestimmt nich gewinnsüchtig, Geld bedeutet ihm überhaupt nix. Aber trotzdem würd ich gern noch mal hingehen und meine andere Hand lesen lassen.«

»Hat Mrs. Pike geglaubt, was die Wahrsagerin gesagt hat?«, fragte Mrs. Fletcher in überlegenem Ton.

»Natürlich, ja, sie kommt doch aus New Orleans. Alle Leute glauben in New Orleans alles, was mit Geistern zu tun hat. Eine von ihnen sagte Mrs. Pike vor der Polizeirazzia in New Orleans voraus, dass sie in einem Sommer von einem Staat in den nächsten reisen und ein paar grauhaarige Männer treffen würde, und so war’s dann auch, sagt sie, sie fuhr zu einer Kosmetiktagung sogar bis nach Chicago …«

»Ach!«, sagte Mrs. Fletcher. »Ach, ist Mrs. Pike auch Kosmetikerin?«

»Natürlich«, versicherte Leota. »Sie is Kosmetikerin. Ich will sie hier reinholen, wenn es geht. Das war noch vor ihrer Ehe. Aber so was lässt einen nicht los. Sie sagt, genauso war’s, da gab’s drei Männer, die sehr viel dazu beitrugen, dass ihre Reise so wurde, wie sie war, und alle drei waren schon leicht angegraut, und sie fuhren durch sechs Staaten. Sie bekam Weihnachtskarten von ihnen geschickt. Billy Boy, schau mal nach, ob Thelma trockene Watte hat. Da schau, wie Mrs. Fletcher trieft.«

»Wo hat Mrs. Pike Mr. Pike kennengelernt?«, fragte Mrs. Fletcher etwas geziert.

»Auch in einem Zug«, sagte Leota.

»Ich lernte Mr. Fletcher, oder besser gesagt, er lernte mich in einer Leihbücherei kennen«, sagte Mrs. Fletcher würdevoll, während sie zuschaute, wie ihr das Netz auf den Kopf gelegt wurde.

»Also Schätzchen, ich und Fred, wir haben uns vor acht Monaten in einem Auto auf dem Notsitz kennengelernt, und wir waren praktisch schon nach ’ner halben Stunde auf dem Weg zum Traualtar«, sagte Leota mit ihrer kehligen Stimme und spreizte eine Haarklemme mit den Zähnen auf. »Das hält natürlich nicht an. Mrs. Pike sagt, dass so was nie anhält.«

»Mr. Fletcher und ich, wir sind so verliebt wie an unserem Hochzeitstag«, sagte Mrs. Fletcher angriffslustig, als Leota ihr Watte in die Ohren stopfte.

»Mrs. Pike sagt, dass so was nich anhält«, wiederholte Leota mit lauterer Stimme. »Jetzt setzen Sie sich unter die Trockenhaube. Sie können sie selbst anknipsen, oder? Ich komm dann wieder und kämm Sie aus. Ich habe Mrs. Pike versprochen, ihr während der Mittagspause eine Gesichtsmassage zu machen. Verstehen Sie – gratis. Weil sie doch sozusagen eine Kollegin ist.«

»Ich wette, sie kann eine brauchen«, sagte Mrs. Fletcher und ließ die Schwingtür auf Leota prallen. »Ach, entschuldigen Sie!«

Als Mrs. Fletcher eine Woche später zu ihrem Termin kam, sank sie schwer in Leotas Stuhl, nachdem sie vorher ein Leihbuch aus dem Drugstore – Titel: So ist das Leben – vom Sitz weggeräumt hatte. Sie starrte niedergeschlagen in den Spiegel.

»Man sieht’s, wenn ich mich hinsetze«, sagte sie.

Leota schien an etwas anderes zu denken und schüttelte ein lavendelfarbenes Tuch aus. Sie fing an, es um Mrs. Fletchers Hals herum zu befestigen.

»Ich hab gesagt, man merkt es wirklich, wenn ich grade sitze und jemand mich von hier aus anschaut«, sagte Mrs. Fletcher.

»Aber nein, Schätzchen, man merkt gar nichts«, sagte Leota verdrießlich. »Ich hätte nie was gemerkt Wenn mir jemand auf der Straße sagen würde: ›Mrs. Fletcher is schwanger!‹, würd ich sagen: ›So was, so sieht sie mir aber gar nicht aus.‹«

»Wenn eine gewisse Person nicht draufgekommen wäre und es überall rumerzählt hätte, dann wär es auch jetzt noch nicht zu spät«, sagte Mrs. Fletcher frostig, aber Leota würgte sie fast mit dem Tuch und band es so eng, dass sie nicht deutlich sprechen konnte. Sie ruderte mit den Händen in der Luft, bis Leota das Tuch gelangweilt lockerte.

»Hören Sie, Schätzchen, verglichen mit Mrs. Montjoy sind Sie gradezu eine Jungfrau«, fuhr Leota fort, immer noch mit den Gedanken woanders. Sie drückte Mrs. Fletcher im Stuhl zurück, goss ihr seufzend eine Flüssigkeit aus einer Teetasse auf den Kopf und bearbeitete ihre Kopfhaut mit beiden Händen. »Sie kennen doch Mrs. Montjoy? Ihr Mann ist dieser vorzeitig ergraute Typ.«

»Sie ist Mitglied im Troja-Garten-Klub, mehr weiß ich nicht«, sagte Mrs. Fletcher.

»Na ja, Schätzchen«, sagte Leota verdrießlich, »sie kam hier herein, nicht eine Woche und nicht einen Tag bevor sie ihr Baby bekam – sie kam hier am Tag der Geburt herein, das sag ich Ihnen. Menschenskind, wir waren alle zu Tode erschrocken. Und da stand sie! Kam zum Waschen und Legen. Also, Mrs. Fletcher, knapp anderthalb Stunden später lag sie im Baptistischen Hospital mit einem sieben Pfund schweren Sohn. So knapp dran war’s. Ich sag Ihnen, wenn ich nicht so müd gewesen wär, hätt ich an dem Abend ’ne ganze Flasche Gin getrunken.«

»Eine Unverschämtheit«, sagte Mrs. Fletcher. »Ich kenn sie kaum.«

»Wissen Sie, ihr Mann wartete draußen im Auto, und ihr Koffer stand auf dem Rücksitz, sie war fix und fertig, sie wollte nur noch die Haare waschen und legen lassen. Und hatte schon eine Wehe nach der anderen. Ihr Mann kam immer wieder rein, er hatte wohl Angst, konnte aber natürlich nix machen. Sie schrie auch wie am Spieß, aber sie brüllt ja immer, wenn ich ihr ’ne Dauerwelle mach.«

»Die muss ja ganz verrückt sein«, sagte Mrs. Fletcher. »Wie sah sie denn aus?«

»Oje!«, sagte Leota.

»Na, ich kann’s mir vorstellen«, sagte Mrs. Fletcher, »grässlich.«

»Wollte ganz einfach hübsch aussehen, wenn sie ihr Baby kriegt, das ist alles«, sagte Leota lebhaft. »Natürlich erfüllten wir der Dame gern all ihre Wünsche – das ist unser Motto –, aber ich möcht wetten, dass sie ’ne Stunde später nicht mehr auf ihre kleinen Locken achtete. Ich wette, sie dachte auch nicht dran, dass sie ein Netz aufziehen sollte. Es hätt ihr auch nix genützt, wenn sie dran gedacht hätte.«

»Ja, ich glaub das stimmt«, sagte Mrs. Fletcher.

»Mein Gott, schrie die vielleicht! Genauso wie wenn ich ihr ’ne Dauerwelle mach.«

»Ihr Mann sollte ihr mal Manieren beibringen. Finden Sie nicht?«, fragte Mrs. Fletcher. »Er sollte sich das nicht bieten lassen.«

»Ha«, sagte Leota. »Der kann gar nichts machen. Vielleicht sind andre Frauen nachgiebiger.«

»Oh, Sie missverstehen mich, ich meine nicht, dass sie nachgiebig sein sollte – wirklich nicht! Frauen müssen sich behaupten, das ist das Wichtigste. Aber sehen Sie mich einmal an – ich frage Mr. Fletcher manchmal um seinen Rat, und er freut sich darüber, besonders wenn’s sich um was Wichtiges handelt, zum Beispiel ob es Zeit für eine neue Dauerwelle ist – aber von dem Baby hab ich ihm noch nichts erzählt. Er sagt: ›Aber sicher, meine Liebe, mach du nur!‹ Man muss sie nur um ihren Rat fragen.«

»Ach je! Wenn ich Fred jemals um seinen Rat gefragt hätte, dann würden wir jetzt in einem Hausboot oder so was den Yazoo runterfahren«, sagte Leota. »Ich habe Fred ganz einfach satt. Ich hab ihm gesagt, er soll nach Vicksburg gehn.«

»Und geht er?«, fragte Mrs. Fletcher.

»Bestimmt. Sehen Sie, die Wahrsagerin – ich bin noch mal hingegangen und ließ mir die andre Hand lesen, weil wir das Zimmer wieder vermieten müssen –, sie sagte, dass mein Liebhaber in Vicksburg arbeiten wird, jetzt weiß ich nur nich, wen sie damit meint, außer dass sie Fred meint. Und Fred arbeitet hier ja nich – so weit stimmt’s.«

»Wird er in Vicksburg arbeiten?«, fragte Mrs. Fletcher. »Und –«

»Bestimmt. Lady Evangeline hat es gesagt. Sie sagte, die Zukunft wird rosiger sein als die Gegenwart. Er will nich gehn, aber ich lass mir überhaupt nicht reinreden. Er liegt den ganzen Tag zu Haus rum und schwätzt – schwätzte – mit diesem nichtsnutzigen Mr. Pike. Er fragt, wer denn kocht, wenn er weggeht, aber ich sage, dass ich sowieso nie was zu essen kriege – jedenfalls keine anständigen Mahlzeiten. Billy Boy, bring Mrs. Grover die Geheimnisse der spanischen Wand und verschwinde.«

Mrs. Fletcher hörte Schritte zur Tür hinausstapfen.

»Ist das wieder der kleine Junge von Mrs. Pike?«, fragte sie und setzte sich vorsichtig auf.

»Ja, das ist er immer noch.« Leota streckte ihre Zunge heraus.

Mrs. Fletcher traute ihren Augen kaum. »Nanu! Wie geht’s denn Mrs. Pike, Ihrer attraktiven neuen Freundin, die so scharf beobachten kann, die in der ganzen Stadt herumerzählt, dass Leute, die sie überhaupt nicht kennt, schwanger sind?«, fragte sie honigsüß.

»Ach, Mrs. Pike«, Leota kämmte Mrs. Fletchers Haar energisch durch.

»Sie tun ja so, als ob Sie müde sind«, sagte Mrs. Fletcher.

»Müde? Ich hab das Gefühl, dass es schon vier Uhr nachmittags ist«, sagte Leota. »Ich hab Ihnen noch nicht erzählt, was für ein Pech wir hatten, ich und Fred? Es ist das Schlimmste, die schlimmste Geschichte, die Sie je gehört haben. Vielleicht glauben Sie, dass Mrs. Pike gut beobachten kann. Oje, es gibt Grenzen! Nun, Sie wissen ja, wir haben unser Zimmer an diesen Mr. und diese Mrs. Pike aus New Orleans vermietet, als Sal und Joe Fentress sich mit uns verkracht haben, weil sie uns den Hausgebrannten weggetrunken haben, der im Schrank stand – Sal und Joe. Also, Samstag vor ’ner Woche zogen Mr. und Mrs. Pike bei uns ein. Na ja, ich hab das Zimmer hergerichtet, Sie wissen schon – legte ein Sofakissen auf die Couch, pflückte ein paar Kuckucksnelken und stellte sie in eine Vase, aber sie sagten nie, dass sie sich darüber gefreut haben. Egal, und dann legte ich ihnen auch noch ein paar alte Zeitschriften auf den Tisch.«

»Das war aber sehr nett von Ihnen«, sagte Mrs. Fletcher.

»Warten Sie nur. Also, vorgestern Abend sind Fred und dieser Mr. Pike, mit dem Fred sich so angefreundet hat, angeblich vom Fischen zurückgekommen, da ja keiner der beiden einen Job hat, und wir saßen alle in ihrem Zimmer rum. Mrs. Pike saß also da und las eine alte Nummer von Spannende Geschichten eines Geheimagenten, die mir gehörte, das müssen Sie wissen, ich hatte sie selbst gekauft, und ganz plötzlich springt sie in die Luft, wie von einer Tarantel gestochen, und sagt: ›Canfield‹ – ist das nicht blöd, das ist Mr. Pike – ›Canfield, ach du meine Güte‹, sagt sie, ›mein Schätzchen‹, sagt sie, ›wir sind reich, und du brauchst nicht mehr zu arbeiten.‹ Nicht dass er auch nur einen Finger gerührt hätte. Nun, ich und Fred, wir laufen zu ihr rüber und Mr. Pike auch, und da sitzt sie und zeigt mit dem Finger auf ein Foto in meinem Heft der Spannenden Geschichten eines Geheimagenten. ›Seht ihr diesen Mann?‹, schreit Mrs. Pike. ›Erinnerst du dich an ihn, Canfield!‹ – ›Ich vergess nie ein Gesicht‹, sagt Mr. Pike. ›Es ist Mr. Petrie, der sechs Wochen lang in der Toulouse Street in New Orleans die Nachbarwohnung hatte. Mr. Petrie.‹ – ›Also‹, sagt Mrs. Pike, als ob sie’s keine Sekunde länger aushält, ›Mr. Petrie wird polizeilich gesucht, 500 Dollar Belohnung in bar, weil er vier Frauen in Kalifornien vergewaltigt hat, und ich weiß, wo er steckt.‹«

»Mein Gott!«, sagte Mrs. Fletcher. »Und wo war er denn?«

Leota hatte ihr inzwischen das Haar gewaschen, und jetzt zog sie sie an den hinteren Locken hoch und ließ sie sich aufsetzen.

»Wissen Sie, wo er war?«

»Natürlich nicht«, sagte Mrs. Fletcher. Die ganze Kopfhaut tat ihr weh.

Leota warf ihrer Kundin ein Handtuch um den Kopf. »Ausgerechnet in dieser Freakshow! Ich hab ihn genauso deutlich gesehen wie Mrs. Pike. Er war der versteinerte Mann!«

»Wer hätte das jemals gedacht!«, schrie Mrs. Fletcher voller Anteilnahme.

»Da sagt also Mr. Pike: ›Das darf doch nicht wahr sein‹, starrt das Foto an und pfeift. Und sie fängt vor lauter Glück an zu tanzen und zu singen. Sie machte es aber nur aus Schadenfreude! Als ich die Wahrsagerin das nächste Mal gesehen hab, hab ich ihr’s erzählt. Ich sagte: ›Hören Sie mal, diese Zeitschrift lag einen Monat lang in unserem Haus rum, und die Freakshow lief Tag und Nacht nicht mal zwei Schritte von meinem eigenen Frisiersalon entfernt, und Mr. Petrie saß einfach da und wartete. Und es mussten ausgerechnet Mr. und Mrs. Pike sein, die wir fast überhaupt nich kennen.«‹

»Was für eine Frechheit«, sagte Mrs. Fletcher. Sie saß da, einen Turban um den Kopf gewickelt, aber es machte ihr nichts aus.

»Den Wahrsagern ist das egal. Und Mrs. Pike, sie läuft herum und führt sich auf, als wär sie der liebe Gott«, sagte Leota. »Die ziehn also morgen aus, Mr. und Mrs. Pike. Und bis dann muss ich diesen bösen kleinen Kerl hierbehalten, der mir ständig zwischen die Beine läuft und freche Antworten gibt.«

»Haben sie die 500 Dollar Belohnung schon bekommen?«, fragte Mrs. Fletcher.

»Also«, sagte Leota, »zuerst wollte Mr. Pike überhaupt nichts unternehmen. Können Sie sich das vorstellen? Er sagte, dass er den alten Kerl irgendwie mochte, dass er wirklich nett zu ihm gewesen sei, hätt ihnen Geld gepumpt oder so. Aber Mrs. Pike hat ihm gesagt, er soll sich zum Teufel scheren, und da kann ich sie schon verstehen. Sie sagt: ›Du hast seit sechs Monaten überhaupt nicht gearbeitet, und hier verdien ich 500 Dollar in zwei Sekunden, und was ist der Dank? Geh zum Teufel, Canfield‹, sagt sie. Also«, fuhr Leota niedergeschlagen fort, »riefen sie die Polizei an, und die fingen den alten Kerl, jawohl, direkt dort in der Freakshow, wo ich ihn mit meinen eigenen Augen gesehen hab und glaubte, dass er versteinert war. Er isses. Hat’s unter seinem echten Namen gemacht – Mr. Petrie. Vier Frauen in Kalifornien, alle im August. Also kriegt Mrs. Pike die 500 Dollar. Und es war meine Zeitschrift, und direkt rechts neben meinem Frisiersalon. Ich hab die ganze Nacht lang geheult, aber Fred sagte, das nützt jetzt auch nichts mehr und ich soll lieber schlafen, weil das Ganze doch nur ’ne Art von Zufall war – wissen Sie, man kann nix dagegen tun. Er sagt, er kann jetzt erst ein paar Tage später nach Vicksburg fahren, wenn wir das Zimmer wieder vermietet haben – wer weiß, wen wir diesmal kriegen.«

»Aber können Sie sich vorstellen, dass irgendjemand diesen alten Kerl kennt, der vier Frauen vergewaltigt hat?«, beharrte Mrs. Fletcher und fuhr hörbar zusammen. »Hat Mrs. Pike mit ihm gesprochen, als sie ihn in der Freakshow getroffen hat?«

Leota hatte angefangen, Mrs. Fletchers Haar auszukämmen. »Ich sag zu ihr, sag ich: ›Ich hab nich gemerkt, dass Sie ihm um den Hals gefallen sind, als er der versteinerte Mann war – erzählen Sie mir doch bloß nich, dass Sie Ihren feinen Freund nicht erkannt haben!‹ Und sie sagt: ›Ich hab ihn mit all dem weißen Puder auf dem Gesicht nicht erkannt. Er kam mir nur irgendwie bekannt vor‹, sagt Mrs. Pike, ›und ’ne Menge Leute kommen einem bekannt vor.‹ Aber sie sagt, dass der alte versteinerte Mann sie an irgendjemanden erinnert hat. Sie grübelte, an wen! Konnt deswegen nich einschlafen, an welchen Mann er sie erinnerte. Als sie dann das Foto sah, wusste sie’s sofort. Wie ein Blitz. Mr. Petrie. Die Art, wie er den Kopf drehte und sie anschaute, wenn sie ihm das Frühstück reinbrachte.«

»Ihm das Frühstück reinbrachte!«, schrie Mrs. Fletcher. »Hören Sie mal – erzählen Sie mir nichts. Ich hätte das gefühlt.«

»Vier Frauen. Ich möchte wetten, dass diese Frauen zu der Zeit keine Ahnung hatten, dass jede von ihnen eines Tages für Mrs. Pike 125 Dollar wert sein würden. Wir fragten sie, wie alt der Kerl zu der Zeit war, und sie sagt, dass er schon mit einem Fuß im Grab stand. Können Sie so was fassen?«

»In Wirklichkeit war er natürlich überhaupt nicht versteinert«, sagte Mrs. Fletcher nachdenklich. Sie setzte sich auf. »Ich hätte bestimmt was gespürt«, sagte sie stolz.

»Mensch! Ich hab auch was gespürt«, sagte Leota. »Ich hab zu Fred gesagt, wie ich nach Hause kam, dass ich mich so komisch gefühlt hab. Ich sagte: ›Fred, bei diesem alten versteinerten Mann hab ich ’n ganz komisches Gefühl gekriegt.‹ Er sagt: ›Lustig-komisch oder mulmig-komisch?‹, und ich sage: ›Mulmig-komisch.‹« Sie fuhr bedeutungsvoll mit ihrem Kamm durch die Luft.

»Das kann ich mir denken«, sagte Mrs. Fletcher.

Sie hörten beide etwas rascheln. Leota schrie: »Billy Boy! Was hast du in meiner Handtasche zu suchen?«

»Ach, ich ess bloß diese alten verschrumpelten Erdnüsse auf«, sagte Billy Boy.

»Komm sofort her zu mir!«, schrie Leota und warf den Kamm achtlos hin, so dass ein ganzer Aschenbecher voll Haarklammern umkippte und ein paar Coca-Cola-Flaschen umfielen. »Das hat mir noch gefehlt!«

»Ich hab ihn! Ich hab ihn!«, kicherte Mrs. Fletcher. »Ich halt ihn auf meinem Schoß fest. Du böser, böser Bube du! Ich muss wohl anfangen zu lernen, wie man kleine böse Buben verhaut«, sagte sie.

Leotas Elf-Uhr-Kundin stieß die Schwingtür von hinten auf Leota, die ihn gerade kräftig mit der Haarbürste verdrosch, während er ein zorniges, aber irgendwie verächtliches Geschrei ausstieß, das aus der Kabine in den ganzen neugierigen Frisiersalon drang. Von überall strömten die Damen herbei, um zuzuschauen, wie er verdroschen wurde. Billy Boy trat Leota und Mrs. Fletcher, so fest er nur konnte, mit den Füßen, und Mrs. Fletcher trug dabei ihr neues starres Lächeln zur Schau.