Eine andere Kindheit - Iris Johansson - E-Book

Eine andere Kindheit E-Book

Iris Johansson

4,8

  • Herausgeber: Urachhaus
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2015
Beschreibung

Von ihrer Umgebung unverstanden und als "geistig behindert" angesehen, lebt die kleine Iris in ihrer ganz eigenen Welt. Sie kann kaum kommunizieren und sitzt oft stundenlang mit schaukelndem Oberkörper in einer Ecke. Nur ihr Vater sieht, dass Iris nicht behindert, sondern einfach anders ist. Mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen hilft er seiner autistischen Tochter, aus ihrer "Richtigen Welt" hinein in die "Normale Welt" zu finden. Heute ist Iris Johansson Expertin für Kommunikation und kann ihre Erlebnisse endlich in Worte fassen. In ihrer ganz eigenen ausdrucksstarken Sprache eröffnet sie dem Leser eine Welt von unglaublichen geistigen und seelischen Dimensionen. Sie berichtet von Außerkörperlichen Erfahrungen und von ihren Erkenntnissen über das Entstehen von Kommunikation und menschlichen Beziehungen.

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Iris Johansson

Eine andere Kindheit

Mein Weg aus dem Autismus

Aus dem Schwedischen von Susanne Dahmann

Inhalt

Vorwort

Wie dieses Buch entstand

KAPITEL 1   Zu Hause

KAPITEL 2   Die Schulzeit

KAPITEL 3   Von der unbegreiflichen Welt, in der Iris lebte

KAPITEL 4   Außerhalb des Normalen, im Richtigen

KAPITEL 5   Auf der Friedhofsmauer

KAPITEL 6   Normal werden

KAPITEL 7   Ein vollkommenes Leben, allen Mängeln zum Trotz

KAPITEL 8   Das Leben heute

KAPITEL 9   Gewöhnliche Fragen über Autismus, die mir oft gestellt werden

Fußnote

Impressum

Vorwort

Was ist nur los mit Iris?

»Sie ist einfach in der Entwicklung ein bisschen hinterher«, sagte der Arzt beim »Mjölkdroppen«, der gemeinnützigen Organisation zur Bekämpfung der Säuglingssterblichkeit auf dem Lande. Doch dieser Arzt war ohnehin mehr an Blinddärmen und anderen Krankheiten als an der psychischen Befindlichkeit eines Kindes interessiert.

»Sie ist geistig behindert«, sagten andere. »Vielleicht hat sie ja auch eine Psychose. Gebt sie in eine Anstalt, da wird man ihr schon Manieren beibringen.«

»Sie kann ein totes Pferd auf die Palme bringen«, sagte ihre geplagte Mutter.

»Eine Tracht Prügel würde ihr nicht schaden«, sagte ihr Onkel.

Doch Iris’ Vater wusste, dass seine Tochter nicht geistig behindert war. Zwar konnte man oft keinen Kontakt zu ihr bekommen, und sie war störrisch und fast völlig lernunfähig. Was sie sprach, war unzusammenhängend, monoton und unverständlich. Sie nässte ein, verweigerte die Nahrung, schrie meistens, biss kleine Kinder und machte niemals, was man ihr sagte, ja, schien nicht einmal zu verstehen, was man sagte. Dann wieder konnte sie stundenlang allein dasitzen und nur hin und her schaukeln.

Aber warum war sie dann imstande, während seltener, kurzer Augenblicke Probleme zu lösen, die nicht einmal die Erwachsenen bewältigen konnten, und warum beherrschte sie so viele komplizierte Wörter, auch wenn sie sie nur ein einziges Mal gehört hatte? Warum vermochte sie die Nachbarsfrau zu trösten, die soeben erfahren hatte, dass ihr Sohn gestorben war? Wie schaffte sie es ständig und mit so einfachen Mitteln und so großer Präzision, ihre Mutter, ihre Onkel und (fast) auch noch tote Pferde auf die Palme zu bringen? Warum wurde sie niemals überfahren, obwohl sie immer auf das Auto der Nachbarn zurannte? Und wieso verhielt sie sich einerseits wie ein unwissendes Kleinkind und gleichzeitig wie eine ausgefuchste Betrügerin, die die kompliziertesten Strategien entwickelte, um ihre unehrenhaften Ziele zu erreichen?

Niemand wusste Rat. Aber Iris’ Vater gab nicht auf. Mit seiner Liebe schützte er sie vor den anderen und vor sich selbst. Mit unglaublicher Geduld erklärte er ihr die Welt und zeigte ihr wieder und wieder, was andere Kinder von selbst verstanden und lernten.

Und als Iris zwölf Jahre alt war, entschied sie sich schließlich, aus ihrer autistischen und unkommunikativen Welt herauszukommen und »normal« zu werden.

Mit viel Mühe begab sie sich in die »Normale Welt« und entdeckte mit dem ganzen Denkvermögen einer intelligenten Zwölfjährigen alle Besonderheiten dieser Welt, die allen anderen selbstverständlich und natürlich erschienen, für Iris aber Rätsel bedeuteten, die entschlüsselt werden, Verhaltensweisen, die nachgeahmt, Strategien, die erdacht werden mussten.

Gleichzeitig war ihr das »Primäre« nach wie vor voll bewusst, das also, was gilt, wenn nichts anderes gilt – bevor unsere Erziehung und unsere Kommunikation es uns vergessen lassen.

Als Iris ein Kind war, wusste man nichts über Autismus, und es wurde auch nie eine wirkliche »Diagnose« für ihren Zustand gestellt. Als Erwachsene dann stieß Iris auf Beschreibungen des Autismus und erkannte darin vieles von ihrem eigenen Leben wieder. Plötzlich konnte sie eine neue Dimension in ihren Erlebnissen erkennen und diese ganz anders verstehen. Mit einem Mal sah sie den Teil ihrer Kindheit, von dem sie in den ersten beiden Kapiteln dieses Buches erzählt, aus neuer Perspektive. Im Kapitel »Die unbegreifliche Welt, in der Iris lebte« formuliert sie die Geschichte ihrer Kindheit im Lichte dieser neuen Erkenntnis um.

Als Iris später etwas über Außerkörperliche Erfahrungen und Nahtod-Erlebnisse erfuhr, konnte sie dann schließlich weitere Aspekte ihrer Kindheit benennen, Erlebnisse, für die ihr bis dahin Worte gefehlt hatten und von denen sie als Kind meinte, dass jeder Mensch sie erlebe. Wieder einmal musste sie die Geschichte ihrer Kindheit neu formulieren (s. Kapitel »Außerhalb des Normalen, im Richtigen«).

Es ist Iris nicht gelungen, »normal« zu werden. Aber sie wurde so viel mehr. Sie hat sich dem »Normalen Leben« so weitgehend angepasst, dass niemand, der ihr heute begegnet, noch glauben kann, dass sie als Kind solche Schwierigkeiten hatte. Und sie besitzt ein so weitreichendes Verständnis für das, was in den Menschen und zwischen ihnen geschieht, dass sie als Erwachsene vielen Jugendlichen mit Problemen helfen konnte und seit zwanzig Jahren als gesuchte und erfolgreiche Beraterin für Leute arbeitet, die Menschen mit Behinderungen betreuen. Darüber hinaus hält sie Vorträge und leitet Studientage und Seminare über Kommunikation, intuitive Pädagogik, Majoritätsmissbrauch, fehlgeleitetes Denken und vieles andere, und dies nicht nur in Schweden, sondern auch im übrigen Europa und in Russland.

Heute wissen wir viel mehr über Autismus als Ende der 1940er Jahre. Wir wissen, dass sich der Autismus sowohl von der Psychose als auch von der Intelligenzminderung oder »geistigen Behinderung« unterscheidet und dass die Intelligenz bei Autisten oft sehr hoch sein kann. Wir wissen, dass es sich bei Autismus um ein verringertes Kommunikations- und Sozialisationsvermögen handelt. Und wir wissen, dass Menschen mit Autismus Seh-, Hör- und Gefühlseindrücke anders und manchmal auf schmerzhafte Weise empfinden können.

Aber wie erleben autistische Personen ihre Umwelt? Warum reagieren sie so, wie sie es tun? Was sehen sie? Was nehmen sie auf? Darüber wissen wir nicht viel, und das liegt einfach daran, dass es ihnen schwerfällt, zu kommunizieren. Doch gibt es einige Bücher von sogenannten Hochfunktionalen Autisten, die Einblick in die autistische Welt ermöglichen. Und da kommt nun Eine andere Kindheit, wo Iris Johansson ihre Welt wortgewandt, nuancenreich und scharfsinnig beschreibt. Mit den verbalen Fähigkeiten, die sie sich als Erwachsene angeeignet hat, erklärt sie die ursprünglich wortlosen, begrifflosen Erlebnisse ihrer Kindheit, manchmal kristallklar und manchmal mit impressionistischer Ausdrucksfülle.

Als Kind war Iris nicht klar, dass Menschen ein Inneres besitzen. Sie sah menschliche Gefühle lediglich als etwas an, das »in die Atmosphäre« gekommen war und dort sehr schön aussah. Besonders schön zeigten sich ihr die negativen Gefühle, und deshalb liebte sie es, andere zu provozieren. Wenn diese dann wütend wurden, freute sie sich und genoss das schöne Spiel von Farben und Formen. Als sie etwas älter war, lernte sie dann, das, was sie von den Gefühlen anderer sah, zu interpretieren, und zwar so tiefgehend und exakt, dass einem dabei unheimlich werden konnte.

Iris erfasste auch Laute synästhetisch, das heißt, sie hörte sie nicht nur, sondern sah sie auch als Farben und Formen.

Wenn Iris dasaß und hin und her schaukelte, dann geschah das oft, um nach »Außen« zu kommen, um den »Iriskörper«, wie sie es nennt, und die »Normale Welt« zu verlassen und in die »Richtige Welt« zu kommen. Wenn sie im Außen war, dann war sie ganz. Dort verstand sie die Welt. Sie konnte sich zwischen den Menschen, den Tieren und den Häusern auf dem Hof bewegen, sie erkannte, wie alles zusammenhing, konnte – oder wollte – es aber nicht in Worte fassen. Sie sah ihren eigenen Körper von außen, wie er da still und abwesend schaukelte. Das da war Iris, aber sie war es nicht richtig.

Ihrem Vater erzählte sie von ihren Spielen und Erlebnissen, wenn sie im Außen war, und er betrachtete das als ihre innere Fantasiewelt.

Ich selbst bemerkte, als ich Iris kennenlernte und sie von ihrem Außen erzählen hörte, dass ihre Beschreibung manchmal bis aufs kleinste Detail denen glich, die Menschen mit Außerkörperlichen Erfahrungen machten. Vor allem ihre wortlose Kommunikation mit ihren beiden »Seelenverwandten« gleicht auf erstaunliche Weise dem, wovon eine der größten Autoritäten in Sachen Außerkörperliche Erfahrung, Robert Monroe, in Über die Schwelle des Irdischen hinaus und seinen anderen Büchern berichtet. Somit kann das Außen, von dem Iris spricht, nicht nur ihrer eigenen völlig privaten Fantasie entstammen, sondern es trägt viele gemeinsame Züge mit den Erlebnissen anderer, nicht autistischer und nicht psychotischer Menschen. Hier ist nicht der richtige Ort, um länger auszuführen, was eine Außerkörperliche Erfahrung ist, aber das von Iris benannte »Außen« besitzt einen inneren Zusammenhang und eine innere Logik, und wenn sie im Außen ist, dann erlangt sie wertvolles Wissen sowohl über das »Primäre« als auch über die »Normale Welt«, das sie wahrscheinlich auf keine andere Weise hätte erlangen können.

Darüber hinaus gewährt dieses Buch scharfsinnige und humoristische Einblicke in das Leben auf einem Bauernhof und in einer Großfamilie in den 1940er- und 1950er-Jahren mit seiner Mischung aus Bigotterie und vorbehaltloser Liebe, und es schildert interessante und ergreifende Lebensschicksale.

Am Ende des Buches hat Iris ein paar der Fragen gesammelt, die ihr im Laufe der Jahre von Eltern autistischer Kinder gestellt worden sind und die sie in ihrer einzigartigen Fähigkeit, das Dasein eines Autisten zu formulieren und zu beschreiben, beantwortet.

Iris hat uns viel zu sagen: darüber, was es heißt, Autist zu sein, und auch darüber, was es bedeutet, ein »normaler« Mensch zu sein, wie Kommunikation zwischen Menschen funktioniert und nicht funktioniert, und wie man sein Lebensschicksal zum Besseren wenden kann. Nicht ohne Grund ist Iris’ Kalender auf zwei Jahre im Voraus mit Vortragsterminen und Seminaren ausgebucht.

Göran Grip

Arzt und Autor

Wie dieses Buch entstand

Schon zu Beginn unserer Freundschaft erzählte mir Iris von diesem Buch über ihre Kindheit, das sie schreiben wollte. Es sollte Eine andere Kindheit heißen, doch war nie etwas daraus geworden. Dann kamen wir im Jahre 1994 gemeinsam auf der Gamla Brogatan in Stockholm an einer Buchhandlung vorbei. Damals war gerade mein Buch Allting finns (Alles existiert) erschienen. Ich blieb stehen und zeigte auf eines der Schaufenster und sagte: »Stell dir vor, Iris, wie es wäre, wenn dein eigenes Buch hier im Schaufenster ausliegen würde!« Ich merkte, dass sie reagierte, doch sie sagte nichts. Später hat sie mir dann erzählt, dass sich die Idee zu ihrem Buch in diesem Moment in einen Auftrag verwandelte, etwas, was sie tatsächlich verwirklichen würde.

Zwei Jahre später erhielt ich ein paar Disketten mit Dokumenten zu Eine andere Kindheit, die sie mich bat anzuschauen und zu redigieren. Doch schon bald bekam ich eine neue Anweisung: sie würde das Ganze umarbeiten und noch mehr schreiben.

Die Dokumente blieben auf meiner Festplatte. Die Jahre vergingen, und ich dachte schon, Iris hätte ihr Buchprojekt aufgegeben. Doch zehn Jahre später kam sie mit einer CD mit neuen Dokumenten zu mir und sagte, jetzt wäre der Zeitpunkt gekommen, dass ich die Texte redigieren könnte.

Ich verglich die CD mit den alten Dokumenten und stellte fest, dass vieles wortwörtlich dem ursprünglichen Text entsprach, während einiges überarbeitet und anderes ganz neu war. Ich ging davon aus, dass sie mit den Dokumenten, die sie mir zehn Jahre zuvor hatte zukommen lassen, weitergearbeitet hatte, doch da sagte sie: »Ach so, ich dachte, diese alten Dokumente wären verloren gegangen, deshalb habe ich einfach alles noch einmal geschrieben.«

Und das in großen Teilen wortgetreu – nach zehn Jahren!

Jetzt habe ich das Material zu einem fertigen Buch zusammengestellt und habe dabei im Grunde lediglich die Reihenfolge der Abschnitte verändert, Doppelungen ausgeschlossen und zwischen der alten und der neuen Variante die bessere ausgewählt. Außerdem habe ich sie gebeten, ein paar Abschnitte, die sie mir zuvor diktiert hatte, weiter auszuführen.

Somit ist jede Formulierung, im Grunde genommen jedes Wort in diesem Buch von Iris selbst, so wie sich diese Worte schon viele, viele Jahre in ihr befunden haben. Ich finde es wichtig, darauf hinzuweisen, weil Iris’ Art, sich auszudrücken, ihre Formulierungskunst und all die Iriswörter (die Wörter, die sie selbst erfunden hat, so zum Beispiel »Iriswort«) unser Verständnis des Autismus um eine weitere Dimension erweitern, weil sie zeigt, wie eine autistische Person denkt und formuliert.

Göran Grip, 2007

KAPITEL 1

Zu Hause

Auf einem gepachteten Pfarrhof mitten in Südschweden lebte eine Großfamilie. Großvater, Großmutter, Mutter, Vater, zwei Brüder und drei Onkel umgaben das Mädchen. Dazu noch Emma, eine entfernte Verwandte der Mutter. Und dann war da noch Urban, ein Mann mit Zerebralparese, der gern Schuster werden wollte und dabei Unterstützung brauchte. Jeden Sommer waren zudem sieben oder acht Sommerkinder aus der Großstadt da, deren arme und oft alleinerziehende Eltern nicht freinehmen und die Ferien mit ihnen verbringen konnten. Zeitweilig wohnten Jugendliche dort, die asozial und kriminell waren und die eigentlich in die Besserungsanstalt gehört hätten, stattdessen aber als Knechte bei uns arbeiten durften. Manchmal kamen auch Mädchen, die »unpassend« schwanger geworden waren und die man zu Hause rausgeworfen hatte. Ab und zu ein Drogenabhängiger oder ein geistig Behinderter, jemand, der psychotisch war oder auf irgendeine Weise unkommunikativ. Menschen mit Ängsten waren ein weit verbreitetes Phänomen in diesem Milieu.

Alles begann mit der Kindheit und Jugend meiner Urgroßmutter väterlicherseits. Die Eltern meiner Urgroßmutter waren Bauern und bewirtschafteten einen großen Bauernhof. Sie waren strebsam und arbeiteten hart. Meine Urgroßmutter hatte sieben Geschwister, und alle sollten sie heiraten und einen eigenen Hof bekommen.

Sie selbst aber wollte sich nicht mit irgendeinem dummen Bauerntölpel verheiraten, und so bat sie ihren Vater, stattdessen zu Hause bleiben und sich um die Eltern kümmern zu dürfen, wenn sie einmal alt wären. Ihr Vater bedauerte das sehr, denn die Tochter war sowohl schön als auch klug und sehr tüchtig und würde eine gute Bauersfrau abgeben. Aber sie wollte von keinem Mann bevormundet werden– als Frau war man nicht mündig–, und wenn schon jemand über sie bestimmen musste, dann lieber ihr Vater.

Und weil der Vater eine Schwäche für seine schöne Tochter hatte, sagte er: gut, sie würde nicht heiraten müssen. Viele Freier stellten sich ein, doch alle bekamen sie einen Korb, und keiner von ihnen begriff warum.

Eines schönen Tages kamen Gastarbeiter zum Rübenverziehen. Eine Gruppe von Jünglingen sollte das Tagwerk verrichten. Unter ihnen war ein Landstreicher, ein Träumer, der auf die Hacke gestützt dastand, ohne viel auszurichten.

Die Tochter leitete die Arbeit in seiner Gruppe an, und sie erkannte, dass er zu dieser Arbeit nicht taugte. Er konnte nicht einmal zwischen Rüben und Unkraut unterscheiden. Sie zeigte ihm, wie man es machte, und fragte ihn dabei, wovon sein Sinn denn so erfüllt sei. Und da erzählte er ihr von den erstaunlichsten Gedanken und Überlegungen, die er hegte, und nahm sie ganz gefangen. Sie arbeitete Seite an Seite mit ihm, oder besser gesagt, er schritt an ihrer Seite und redete, während sie arbeitete.

Eines Abends, als das Tagwerk verrichtet war, ging sie zu ihrem Vater und bat ihn, sich mit dem Gastarbeiter verheiraten zu dürfen. Der Vater war bestürzt. Ausgerechnet mit diesem Taugenichts, mit diesem Landstreicher, der zu nichts nutze war, wollte sich seine schöne, tüchtige Tochter verheiraten. Das konnte er nicht verstehen. Da er aber eine Schwäche für seine Tochter hatte, vermochte er es ihr nicht abzuschlagen, auch wenn es einen Skandal geben würde.

Sie beteuerte, wenn sie nur auf dem Altenteil wohnen dürften, das ihre Eltern für sich selbst gebaut hatten, dann würde sie sich um ihren Mann, ihre Kinder und natürlich auch um Mutter und Vater kümmern.

Nachdem er in sich gegangen war und sich mit seiner Frau über die Sache beraten hatte, willigte der Vater ein, und das Paar heiratete in aller Einfachheit. Es gab einen Skandal und viel Gerede. Sie bekamen acht Kinder und kümmerten sich um die Eltern, und darüber hinaus begab sich der Mann auf die Landstraße und brachte immer den einen oder anderen unglücklichen Menschen mit heim, wo die Frau ihm einen Platz am Tisch gewährte.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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