Eine Prinzessin hat es nicht leicht (2 Miniserien) - Jessica Hart - E-Book

Eine Prinzessin hat es nicht leicht (2 Miniserien) E-Book

JESSICA HART

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Beschreibung

DIE FALSCHE GELIEBTE DES KÖNIGS von ANNIE WEST
Ist erotisches Knistern Hochverrat? Dann ist Cat schuldig, denn zwischen ihr und Alexander, König von Bengaria, prickelt es heiß! Dabei ist er doch so gut wie mit ihrer Halbschwester Prinzessin Amelie verlobt. Weil diese spurlos verschwunden ist, spielt Cat wegen ihrer verblüffenden Ähnlichkeit deren Rolle. Sehr erfolgreich! Denn Alexander fällt auf die Scharade ein, und obwohl Cat weiß, dass es ein Fehler ist, gibt sie sich ihm hin. Auch wenn ihr aufregendes Liebesglück in tausend Scherben zerbricht, wenn die echte Prinzessin wieder auftaucht!

DIE PRINZESSIN UND DER BODYGUARD von ANNIE WEST
Prinzessin Amelie wollte den sexy Securityboss Lambis Evangelos nie wiedersehen, seit er einst ihre Liebe zurückwies. Aber jetzt hat sie keine Wahl. Nach einem Skandal um ihre Familie ist sie nur auf seinem Luxusanwesen in Griechenland vor den Paparazzi in Sicherheit. Doch Tag und Nacht im Lambis’ Nähe, wird die magische Anziehung zwischen ihnen bald unwiderstehlich. Überwältigt von Begehren, gibt Amelie sich ihm hin. Ein Fehler? Kaum beginnt sie heimlich vom Happy End zu träumen, muss sie fürchten, dass sein Herz einer anderen gehört …

DER PRINZ UND DAS MÄDCHEN VON NEBENAN von JESSICA HART
Plötzlich Cinderella? Mit einem Schlag verändert sich Caros Leben: Ihre Schulfreundin Prinzessin Lotty hat sie gebeten, die Freundin ihres Cousins zu spielen, Prinz Philippe von Montvivennes. Was für ein romantisches Abenteuer - natürlich sagt Caro Ja! An Philippes Seite geht sie zu Bällen und Empfängen und bezaubert dabei den umschwärmten Traumprinzen mit ihrer Natürlichkeit. Was sie unendlich glücklich und zugleich tieftraurig macht. Denn sie mag sich von ihm zärtlich geliebt fühlen. Aber seine Königin kann sie, das Mädchen von nebenan, niemals werden - oder doch?

DIE PRINZESSIN UND IHR SCHOTTISCHER BOSS von JESSICA HART
Auf dem schottischen Landsitz von Corran McKenna erfährt Prinzessin Lotty endlich, wie Liebe sich anfühlt, die allein ihr und nicht ihrem königlichen Stand gilt! Denn er weiß nicht, dass sie eine echte Prinzessin auf der Flucht ist. Mit jeder Nacht in seinen Armen wächst ihre Angst: Was, wenn Corran erfährt, wer sie wirklich ist?

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Seitenzahl: 782

Veröffentlichungsjahr: 2021

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Annie West, Jessica Hart

Eine Prinzessin hat es nicht leicht (2 Miniserien)

IMPRESSUM

JULIA erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierRedaktionsleitung:Claudia Wuttke (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2017 by Annie West Originaltitel: „His Majesty’s Temporary Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London in der Reihe: MODERN ROMANCE Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIABand 2337 - 2018 by HarperCollins Germany GmbH, Hamburg Übersetzung: Anike Pahl

Abbildungen: Harlequin Books S.A. / delihayat / Getty Images, galdzer / depositphotos, alle Rechte vorbehalten

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733710163

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, ROMANA, HISTORICAL, MYSTERY, TIFFANY

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PROLOG

Cat schwang sich über eine niedrige Wand. Wie immer beim Parcourslaufen, fühlte sie sich herrlich lebendig. Ihr Atem ging schneller, doch ihre Bewegungen blieben extrem kontrolliert, während Paolo und sie durch das leere Fabrikgebäude jagten.

Sie spannte sich an, machte einige schnelle Schritte an einer Wand hoch, sprang ab und packte den Rand eines glaslosen Dachfensterrahmens. Im Schwingen zog sie sich wie eine Katze hoch und über den Rand. Dort preschte Paolo plötzlich an ihr vorbei. Sie war zwar schnell und wendig, aber er hatte dafür wesentlich mehr Kraft im Oberkörper.

Mit einem riesigen Satz war er weg, quer über das Dach, um gleich darauf in ein leeres Treppenhaus zu springen, während sie sich beeilte, ihm zu folgen. Im Vorbeirennen stützte sie sich auf Treppengeländern, Mauern und Balustraden ab und hatte ihn fast eingeholt, als sie gemeinsam den äußeren Bauzaun erreichten.

„Heute habe ich gewonnen“, brachte er keuchend hervor.

Cat nickte und stemmte beide Hände auf die Knie. Ihr Pferdeschwanz hing ihr über die Schulter, während sie tief durchatmete. „Ja, dein Lauf war absolut tadellos“, gab sie zu.

Er grinste. „Könnte er dir gar als Vorbild und Anreiz dienen?“

Spielerisch schlug sie gegen seinen Arm. „Er hat leider nur fast meinem Standard genügt.“

Sie gingen zum Ausgang.

„Gleiche Zeit, nächste Woche?“, erkundigte Paolo sich.

„Möglicherweise habe ich einen Job außerhalb der Stadt. Ich rufe dich an.“

Er nickte und schloss seinen Wagen auf. „Soll ich dich mitnehmen?“

Doch sie schüttelte den Kopf. „Nein, ich will noch ins Fitnessstudio.“

Es lag direkt um die Ecke, und sie wollte nach den Kids sehen, die sie dort trainierte. Die meisten von ihnen waren Teenager mit persönlichen Problemen, genau wie sie selbst damals. Aber sie zeigten Ehrgeiz und Talent, und Cat genoss die gemeinsame Zeit mit ihnen, solange sie sich zwischen zwei Jobs befand.

Gedankenverloren nahm sie die schmale Gasse hinter sich als Abkürzung und bemerkte die drohende Gefahr fast zu spät. Die glänzende Limousine vor ihr wirkte in diesem Teil New Yorks völlig fehl am Platze, und der hochgewachsene Kerl mit der deutlich sichtbaren Beule unter dem Jackett, der daneben an der Hausfassade lehnte, hätte ihr eigentlich sofort auffallen müssen.

Blitzschnell stieß er sich von der Wand ab, aber Cat war noch schneller. Als er die Hand nach ihr ausstreckte, duckte sie sich, packte gleichzeitig seinen Unterarm und brachte den Fremden mit einer energischen Drehung zu Boden. Dann drückte sie ihm ihr Knie fest zwischen die Schulterblätter und nahm ihm seine Waffe ab.

„Miss Dubois!“

Sie drehte sich um und sah einen zweiten Mann vor der offenen Tür der Limousine stehen. Er war schlank, trug einen schwarzen Anzug und hatte die Augen vor Überraschung weit aufgerissen. Unter ihr gab der erste Mann ein unterdrücktes Stöhnen von sich.

„Miss Dubois, bitte. Ich möchte mich nur mit Ihnen unterhalten.“

Hörbar stieß sie den Atem aus, und die Alarmglocken in ihrem Hinterkopf schrillten. Denn dieser Fremde sprach kein Englisch, sondern ihre Muttersprache: einen relativ eigenen, französischen Dialekt.

„Wer sind Sie?“ Vorsichtig verlagerte sie das Gewicht, damit ihr Gegner unter ihr besser Luft bekam. Sein Handgelenk hielt sie dabei immer noch fest umklammert.

Der andere Mann kam etwas näher. „Ich bin der US-Botschafter von St. Galla und würde Ihnen gern ein Arbeitsangebot unterbreiten. Darf ich Ihnen meine Karte und meinen Ausweis zeigen?“

Er kam noch näher an sie heran und hielt ihr die Papiere hin. Auf den ersten Blick wirkten sie vollkommen echt.

Cat stand auf und steckte sich die Pistole in den Hosenbund. „Wenn Sie ein Gespräch wünschen, warum schicken Sie dann ihn?“ Mit einer wegwerfenden Handbewegung zeigte sie auf den riesigen Kerl, der noch immer zu ihren Füßen lag.

Der Botschafter schnitt eine Grimasse. „Mir wurde angedeutet, Sie hätten möglicherweise Einwände gegen einen Annäherungsversuch durch die Vertretung von St. Galla, und ich musste sicherstellen, dass Sie mir zuhören würden. Seine Anweisung lautete lediglich, Sie zum Wagen zu bringen, damit wir beide miteinander sprechen können.“

Der Bodyguard rappelte sich schwerfällig auf, rollte ein bisschen die Schultern und nickte knapp. „Taktischer Fehler“, gestand er ein. „Ich wusste, Sie sind eine von uns, allerdings hatte ich nicht damit gerechnet …“ Hilflos hob er die Schultern und zuckte gleich darauf vor Schmerz zusammen.

„Ich bin an keiner Arbeit in St. Galla interessiert“, gab sie zu verstehen. Mit achtzehn Jahren, gleich nach dem Begräbnis ihrer Mutter, hatte sie ihre Heimatinsel verlassen. An jenem Ort hielt sie nichts mehr, seit der einzige Mensch, den sie je geliebt hatte, tot war.

Der Botschafter kniff die Augen zusammen. „Da gibt es jemanden, der Ihre Meinung ändern könnte.“

„So?“

„Ja. Der Premierminister wartet auf Sie.“

Cat richtete den Blick auf die dunkelgetönten Scheiben der Limousine.

„Ein Ferngespräch“, erklärte der Botschafter. „Erlauben Sie mir, Ihnen die Privatsphäre meines Wagens für diese Unterredung anzubieten.“

Wut und Verwirrung hielten Cat davon ab, sofort einzulenken. Doch am Ende siegte die Neugier, und sie fand sich im Inneren der Limousine wieder, wo sie auf einen Bildschirm starrte, der das Konterfei des Premierministers von St. Galla zeigte – Monsieur Barthe. Und er sah geschockt aus.

„Bei Gott, Sie sehen ihr wirklich zum Verwechseln ähnlich! Ich kenne zwar die Fotos, aber …“

Cat bekam eine unangenehme Gänsehaut. Es fühlte sich an, als würden ihr tausend Ameisen über den Körper krabbeln. Und schlagartig kamen all die schmerzhaften Erinnerungen zurück, von denen sie jahrelang verschont geblieben war.

„Von wem ist hier die Rede?“, wollte sie wissen, als wäre ihr das nicht längst vollkommen klar.

„Prinzessin Amelie.“ Fassungslos schüttelte der Premierminister den Kopf. „Die Ähnlichkeit ist wirklich verblüffend.“

Cat blieb stumm. Sie hatte früh gelernt, den Moment zu erkennen, in dem es nichts mehr zu sagen gab. Als Kind waren die Hänseleien und scharfen Angriffe irgendwann unerträglich geworden. Sie hatte alles versucht. Hatte die andere Wange hingehalten, alles ignoriert oder auch mal zurückgeschlagen, wenn das Ganze in einer körperlichen Auseinandersetzung gipfelte.

Doch sie war immer nur tiefer in Schwierigkeiten geraten. Auf der anderen Seite hatte diese hoffnungslose Situation ihr Interesse für Kampfsport geweckt. Martial Arts. Und genau das war irgendwann der Schlüssel zu ihrer Flucht geworden.

Sie presste die Kiefer fest aufeinander und hasste das Gefühl der Ohnmacht und Wehrlosigkeit, an das sie sich noch gut erinnerte und das sie aus dem Nichts erneut überfiel. Als hätte es die vergangenen zehn Jahre gar nicht gegeben. Als wäre alles verschwunden, was sie seitdem erreicht hatte.

„Miss Dubois, ich habe eine sehr wichtige und vertrauliche Anstellung für Sie.“

„Ich verhalte mich immer diskret.“ Als Personenschützerin für Prominente war dieses Credo oberstes Gebot. „Aber ich bin nicht interessiert.“

„Es geht um Ihr Land.“

Ihr Land konnte ihr gestohlen bleiben! Sie hatte es gar nicht abwarten können, die Insel endgültig hinter sich zu lassen. Ihre ersten achtzehn Lebensjahre waren ein Spießrutenlauf gewesen. Ständig hatte sie ihren eigenen Ruf und den ihrer Mutter öffentlich verteidigen müssen. Nur um dann in ihren eigenen vier Wänden zu erleben, wie der Mann, den sie Vater nennen musste, ihre Mutter niederstreckte.

„Trotzdem bin ich nicht interessiert.“

„Obwohl Lambis Evangelos Sie persönlich empfohlen hat?“

Lambis? Er war der Beste im Geschäft. Seine Firma hatte die besten Bodyguards unter Vertrag, die man sich vorstellen konnte. Sie waren sich damals in Chicago begegnet, als sie für die berühmte Sängerin Afra gearbeitet hatte. Und Cat hatte sich durch sein Lob und sein Angebot geschmeichelt gefühlt, dass er sie immer und jederzeit einstellen würde, wenn sie zu ihm kam.

Aber in St. Galla arbeiten? Der Gedanke jagte ihr einen eiskalten Schauer über den Rücken. „Ich schlage vor, Sie suchen sich jemand anderen.“

Kluge Augen taxierten sie. Die nächste Frage würde wohl lauten, weshalb sie nicht in ihre Heimat zurückkehren wollte. Als würde sie jemandem ihre wahren Gründe anvertrauen! Die einzigen Personen, die die Wahrheit kannten, waren tot. Und sie selbst würde niemals jemanden in ihre dunklen Geheimnisse einweihen.

„Es gibt genügend andere Personenschützer.“ Auch wenn Cat mit Stolz behaupten konnte, dass ihre Kunden sie wieder und wieder buchten. Vor allem Frauen fühlten sich mit einem weiblichen Bodyguard an ihrer Seite sehr viel wohler.

Seine Stimme wurde einen Ton tiefer. Vertraulicher. „Wir benötigen Ihre besonderen … Fähigkeiten. Mr. Evangelos schlug Sie vor, weil wir ein Double für Prinzessin Amelie benötigen.“

Ihr Puls beschleunigte sich. „Ist sie in Gefahr?“ Sie war der Prinzessin zwar nie persönlich begegnet, fühlte sich aber dennoch auf gewisse Weise mit ihr verbunden.

„Nicht gerade in Gefahr“, antwortete der Premierminister ausweichend. „Obwohl die Situation ziemlich delikat ist.“

„Welche Situation?“

„Die Prinzessin ist … fort.“ Es folgte eine kurze Pause, da er offenbar nach den richtigen Worten suchte. „Wir sind uns nicht sicher, wann genau sie zurückkehren wird. In der Zwischenzeit ist es allerdings außerordentlich wichtig, dass sie an einem kleinen Empfang innerhalb des Palasts teilnimmt. Diese Veranstaltung lässt sich keinesfalls absagen … um der Prinzessin und der ganzen Nation willen!“

Cat starrte auf den Bildschirm. „Sie wollen, dass ich für Sie Prinzessin Amelie verkörpere? Das kann unmöglich Ihr Ernst sein!“ Sie war damit aufgewachsen, ständig mit ihrer vermeintlichen Doppelgängerin verglichen zu werden. Die Prinzessin war charmant, elegant, grazil und kultiviert – im Gegensatz zu Cat, die High Heels hasste und noch nie in ihrem Leben ein Abendkleid getragen hatte.

„Ich meine das völlig ernst“, entgegnete er scharf. „Sie müssten mit niemandem zusammentreffen, der die Prinzessin wirklich gut kennt. Es geht nur um den offiziellen Auftritt, ein bisschen Smalltalk, und schon ist die ganze Sache erledigt.“

„Ausgeschlossen.“

„Würde eine angemessene Vergütung Ihre Meinung vielleicht ändern?“ Er nannte ihr eine astronomisch hohe Summe. „Geld spielt keine Rolle für uns“, schloss er, nachdem sie ungläubig den Kopf geschüttelt hatte.

Mit diesem Lohn könnte sie sich ihren Traum verwirklichen. Schließlich wollte sie nicht ewig als Personenschützerin arbeiten. Keiner wusste, wie lange ihr angeschlagenes Knie die körperlichen Belastungen durchhalten würde. Im letzten Jahr hatte Cat sich ernsthaft verletzt, als sie Afra vor einem vorbeirasenden Auto rettete, das von einem übergeschnappten Stalker gelenkt worden war. Es hatte sie viel Zeit und Kraft gekostet, zu ihrer vorherigen Fitness zurückzufinden.

Andere Qualifikationen besaß Cat nicht, auch keine anderen Karrierepläne. Sie liebte die Arbeit mit den Kids: negative Energie in körperliche Ertüchtigung umwandeln und neue Perspektiven für sie schaffen. Das war ihre Berufung. Für sich selbst und die Teenager wollte sie ein Zentrum errichten, das sich ausschließlich dieser wichtigen Arbeit widmete.

„Die Hälfte des Geldes wird sofort überwiesen, der Rest nach Beendigung des Auftrags“, erklärte der Minister und sah ihr dabei fest in die Augen.

Er wusste längst, dass er sie überzeugt hatte.

„Oberflächlich betrachtet mag ich aussehen wie sie, aber ich bin einfach keine Prinzessin“, gab sie zu bedenken. „Jeder würde den Unterschied bemerken.“

„Das stellt kein Problem dar. Sie reisen rechtzeitig vor dem Event an und werden im Palast in allen Dingen unterwiesen, die Sie wissen müssen. Betrachten Sie es doch einfach als Gelegenheit, einmal das Leben der oberen Zehntausend zu führen“, setzte er amüsiert hinzu.

Diese Bemerkung stieß ihr sauer auf. Wie oft hatte sie sich früher ausgemalt, wie es wohl wäre, diese wunderbare Amelie zu sein? Das Leben eines reichen und geliebten Kindes zu führen, das von einer ganzen Nation angebetet wurde – und natürlich von ihrem Vater …

In diese Fantasie hatte Cat sich oft geflüchtet, wenn ihre eigene Realität zu brutal wurde. Doch solche Sehnsüchte hatte sie schon vor Jahren ad acta gelegt. Umso erstaunlicher war es, dass sie heute urplötzlich wieder erwachten!

„Ich verdopple das Angebot“, riss der Minister sie aus ihren Gedanken.

Offenbar hatte er ihre Zweifel und ihre Unsicherheit bemerkt. Und Cat konnte kaum glauben, was sie da hörte. Was, um Himmels willen, ging hier eigentlich vor?

„Die Prinzessin … befindet sie sich im Augenblick in Sicherheit“, fragte sie und bemühte sich – trotz dieser umwerfenden, einmaligen Chance für ihre eigene Zukunft – um Professionalität.

„Das lässt sich schwer sagen. In jedem Fall sind Sie ihr eine große Hilfe, indem Sie den Auftrag annehmen.“

Die Rückkehr in ihre Heimat fühlte sich für Cat wie ein Verrat an sich selbst an. Andererseits konnte sie bei dieser Mission weitaus mehr Geld verdienen, als ihr die nächsten Jahre als Bodyguard einbringen würden.

Was für eine Ironie! Die uneheliche Halbschwester bekam am Ende doch die Gelegenheit, das Leben auf der anderen Seite kennenzulernen! Ein Leben, das ihr vom Schicksal verwehrt geblieben war.

Da regte sich nicht bloß Neugier in Cat, sondern auch der heimliche Wunsch, den Teil ihrer Familie kennenzulernen, den es bisher für sie nicht hatte geben dürfen. Vielleicht sogar ihre Schwester zu treffen!

Sie räusperte sich, ehe ihr die Emotionen endgültig die Kehle zuschnürten. Ihr war es unangenehm, wie sehr sie im Verborgenen nach Anschluss und Nestwärme gierte. Schließlich hatte sie geglaubt, diese Schwäche schon vor Jahren überwunden zu haben.

„Schicken Sie mir bitte einen entsprechenden Vertrag zu“, bat sie.

Ein gewinnendes Lächeln breitete sich auf dem Gesicht des Politikers aus. „Sie werden Ihre Entscheidung nicht bereuen, Miss Dubois.“

Das tat sie jetzt schon. Aber sie musste es durchziehen. Nicht nur, um sich einen Lebenstraum zu verwirklichen, sondern vor allem, um endlich mit ihrer Vergangenheit abschließen zu können.

1. KAPITEL

Alex streckte sich und starrte hinaus auf die azurblauen Tiefen des Mittelmeeres.

Er hatte gar nicht herkommen wollen. Wäre es ihm irgendwie möglich gewesen, den Feierlichkeiten in St. Galla fernzubleiben, hätte er diese Chance genutzt. Vor allem, weil seine Mutter schon an einem Heiratsantrag feilte und Prinzessin Amelie ständig als die perfekte Braut für ihn anpries.

Dabei war er erst zweiunddreißig Jahre alt – aber bereits seit drei Jahren König. Trotzdem gab es für ihn weitaus wichtigere Dinge als eine Eheschließung, ganz egal, wie oft ihm seine Berater damit in den Ohren lagen!

Seine Karriere aufzugeben, um Bengaria zu regieren, war ganz und gar nicht sein Plan gewesen! Alex ballte die Hände zu Fäusten, während er sich über die glänzende Reling seiner Yacht lehnte.

Sein Cousin Stefan sollte ursprünglich auf dem Thron sitzen, wäre er nicht tödlich verunglückt und Alex’ Vater in der Thronfolge nachgerückt. Sein alter, untalentierter Herr … durch dessen Schuld Bengaria beinahe bankrottgegangen wäre. Es hatte Alex eine ungeheure Anstrengung gekostet, das Land nach Jahren der Misswirtschaft wieder aus den roten Zahlen zu holen.

Kein Wunder, dass sich jeder eine Hochzeit zwischen ihm und Amelie wünschte. St Galla war extrem wohlhabend und konnte Bengaria den nötigen wirtschaftlichen Aufschwung bescheren, den die Menschen sich herbeisehnten.

Seufzend fuhr er sich mit gespreizten Fingern durchs Haar. Nur wegen seiner Mutter hatte er diesem Besuch letztendlich zugestimmt. Sie hatte im Verlauf ihrer eigenen Ehe viel gelitten. Alex selbst war der Kontrolle seines Vaters irgendwann entflohen, indem er Bengaria verließ und Pilot wurde. Doch sie blieb damals in der lieblosen Ehe mit einem verabscheuungswürdigen Mann gefangen.

Ein vertrauter Schauer des Ekels durchfuhr ihn beim Gedanken an seinen Vater.

Unter den gegebenen Umständen war es für Alex eine kleine Wiedergutmachung für das Elend seiner Mutter, wenn er jetzt Amelie traf – die Tochter ihrer besten Freundin. Er würde an dem Empfang anlässlich der fünfhundertjährigen Freundschaft zwischen den beiden Ländern teilnehmen, anschließend nach Hause zurückkehren und verkünden, dass Amelie nicht die passende Frau für ihn sei.

Nachdem dieser Plan gefasst war, empfand Alex es sogar beinahe als angenehm, hier an Deck zu stehen und sich den Rücken von der Sonne wärmen zu lassen. Plötzlich fühlte er sich so beschwingt wie seit Jahren nicht mehr. Diese wenigen freien Tage waren zudem sein erster Urlaub als König, auch wenn er bisher die meiste Zeit auf seiner Luxusyacht mit Arbeit verbracht hatte.

Während er übers Deck schlenderte und überlegte, ob er vielleicht eine Runde schwimmen sollte, hörte er von Weitem lautes Rufen.

Verwundert drehte er den Kopf zur Seite, hörte noch einen Schrei und dann ein Platschen.

Alex kniff die Augen zusammen, um gegen die Sonne besser sehen zu können, und machte in der Ferne ein Kanu aus … und ein paar winkende Arme. Noch ein Schrei, dann ging der Kopf unter Wasser.

„George!“, rief Alex und fing an zu laufen. „Lass das Beiboot runter! Da ist jemand in Schwierigkeiten.“ Denn die zwei Personen, die er beobachtete, schwammen nicht. Eine trieb regungslos neben dem Kanu, die zweite zappelte wenige Meter daneben in den Wellen herum.

Mit einem kraftvollen Hechtsprung ging Alex von Bord, und das kalte Meer war für seinen aufgeheizten Körper ein Schock. Sobald er an die Oberfläche kam, begann er in Richtung Unfallstelle zu kraulen.

Wieso waren die beiden überhaupt bei diesen ruhigen Wetterverhältnissen verunglückt? Und weshalb trugen sie keine Schwimmwesten? Einer von ihnen ging ja sogar schon unter!

Kraftvoll beschleunigte er seine Bewegungen, holte immer wieder tief Luft und hoffte inständig, dass er die Verunglückten noch rechtzeitig erreichte. Dann bemerkte er noch einen dritten Kopf über der Wasseroberfläche, doch er stellte schnell fest, dass diese Frau wenigstens schwimmen konnte.

In den Armen hielt sie einen Jungen und stützte sein Kinn, damit er atmen konnte. Dabei bewegte sie sich rückwärts wieder auf das Kanu zu.

„Sind Sie okay?“, rief er ihr zu.

Sie wandte ihm ihr Gesicht zu, und er sah in ein Paar leuchtend grüne Augen, die ihn an taufrische Bergwiesen erinnerten.

„Das wären wir, wenn er mal aufhören würde, gegen mich anzukämpfen“, gab sie frustriert zurück.

Der Teenager schlug tatsächlich wild um sich, während sie ihm energisch klarmachte, dass er sich ruhig verhalten und sie ihre Arbeit machen lassen sollte.

Da die Frau die Situation unter Kontrolle zu haben schien, widmete Alex sich dem zweiten Opfer, das kaum noch bei Bewusstsein war. Das Kanu trieb verkehrt herum im Meer, und Alex sah keine Möglichkeit, es wieder umzudrehen und gleichzeitig den zweiten Jungen zu retten. Also hievte er ihn hoch über den Kiel des Bootes, bis die Arme des Teenagers auf der anderen Seite herunterhingen und der Körper stabil lag.

Anschließend drehte Alex sich zu der Frau um, die inzwischen dicht hinter ihm schwamm.

„Kommen Sie, ich helfe Ihnen“, sagte er.

Sie nickte und erklärte dem Jungen in ruhigem Ton, was sie gleich tun würden. Danach hielt sie das umgedrehte Kanu ruhig, während Alex den zweiten Jungen neben den ersten hievte.

Alex’ Arme und Schultern brannten vor Anstrengung, und er verzog das Gesicht. In Zukunft musste er wirklich öfter mal aus dem Büro rauskommen, um sich körperlich fit zu halten!

„Das wird schon wieder, keine Sorge.“

Erst nach wenigen Sekunden begriff er, dass die Frau nicht mit ihm, sondern mit den Jungs redete. Sie war ums Boot auf die andere Seite geschwommen, um die beiden zu untersuchen.

Er folgte ihr und bemerkte erleichtert, dass die Teenager leise keuchten und husteten. Hinter sich hörte er, wie ein Motor gestartet wurde.

„Hilfe ist unterwegs“, verkündete er. „Gleich kommt das Beiboot von der Yacht.“

Sie nickte kurz und konzentrierte sich weiter auf ihre Aufgabe, was Alex Gelegenheit gab, die Fremde etwas genauer zu betrachten. Sie hatte hohe Wangenknochen, eine schmale, gerade Nase und weiche, volle Lippen. Meerjungfrauen galten ja gemeinhin als sehr hübsch, und diese hier war keine Ausnahme.

Plötzlich hob sie den Kopf, und ihre Blicke trafen sich. Sofort spürte Alex eine besondere Verbindung zwischen ihnen. War es denn schon so lange her, seit ihm eine schöne Frau begegnet war, dass er seine Reaktionen nicht mehr im Griff hatte?

„Was ist?“, fragte sie.

„Nichts“, antwortete er hastig. „Ich schwimme mal rüber zu George, wenn Sie hier bei den Jungs bleiben können.“

„Natürlich.“

Ihre Stimme hatte einen speziellen Klang, der ihm direkt unter die Haut ging und ihm obendrein verriet, dass Englisch nicht ihre Muttersprache war. Unwillkürlich fragte er sich, wie wohl sein Name aus ihrem süßen Mund klingen mochte …

Zügig wandte er sich ab, ehe er noch auf weitere dumme Gedanken kam. Gemeinsam mit George lud er die Teenager in das Beiboot um, wobei ihnen die fremde Blondine hilfreich zur Hand ging.

„Ich kann Sie auch ein Stück aus dem Wasser heben“, bot er ihr an.

„Nicht nötig.“ Sie schenkte ihm ein Lächeln, und sein Herz schlug schneller.

Zuerst diese grünen Augen, dann ihre Stimme und jetzt auch noch dieses strahlende Lächeln. Alex war hin und weg. Und ehe er sich’s versah, hatte sie ihre Hände auf den Rand des Bootes gelegt und stemmte sich mühelos in die Höhe. Er sah feste Brüste, die sich durch das nasse Shirt abzeichneten, eine schmale Taille, knappe Shorts und lange, golden gebräunte Beine.

Stöhnend klammerte er sich an den Bootsrumpf und merkte, wie sich sein Verlangen regte. Schon immer hatte er eine Schwäche für tolle Beine gehabt.

„Soll ich Ihnen helfen?“, fragte sie und streckte ihm lachend ihre Hand entgegen.

In diesem Moment wusste er, dass er nach wie vor der impulsive Draufgänger von früher war: unbeschwert und unbeeindruckt von der Krone. Am liebsten hätte er seinen Arm um diese geheimnisvolle Schönheit geschlungen und sie stürmisch geküsst.

„Ich komme schon klar“, presste er hervor und kletterte ins Boot.

Als ihre Augen größer wurden, fiel ihm ein, dass er vollkommen nackt ins Meer gesprungen war. Schließlich war er gerade erst aufgewacht, und die Crew hatte sich schon daran gewöhnt, dass er morgens als Erstes an Deck den Tag begrüßte, ehe er sich anzog.

Ihr Blick hing etwas zu lange am unteren Teil seines Körpers, und sein Puls beschleunigte sich.

„Sie waren anscheinend nicht auf Gesellschaft vorbereitet“, bemerkte sie lächelnd.

Noch ein Pluspunkt für sie. Heutzutage hatten kaum noch Frauen echten Sinn für Humor. Er vermisste das sehr. Vor seiner Amtszeit als König war er Teil eines eng zusammenarbeitenden Teams gewesen, in dem der lockere Umgangston die Arbeit um ein Vielfaches leichter gemacht hatte.

Er machte einen Schritt vorwärts und drehte ihr dann den Rücken zu. Das war besser, als wenn sie mitbekam, welchen Effekt ihre Gegenwart auf seine Männlichkeit hatte – auch wenn er ihre neugierigen Blicke buchstäblich auf seinem Hintern spüren konnte!

Auf sein Zeichen hin startete George den Motor. Einer der Jungs hatte eine üble Platzwunde an der Schläfe, und auf der Yacht gab es einen Erste-Hilfe-Kasten. Zumindest schien es den Unfallopfern von Minute zu Minute besser zu gehen.

Als die fünf endlich an Bord der Yacht waren, überließ Alex es George, die beiden Verletzten zu verarzten, und ging unter Deck, um sich anzuziehen. Er wählte eine alte Jeans und ein weißes Hemd. Seine Haut prickelte, als er sich ins Gedächtnis rief, wie seine blonde Meerjungfrau ihn vorhin angeschaut hatte.

Das Timing hätte allerdings nicht ungünstiger sein können. Falscher Ort, falsche Zeit, falsche Person. Würde er seinen Instinkten folgen und sich hier und jetzt auf eine Affäre einlassen … Die Komplikationen wären verheerend. In zwei Ländern hofften zahllose Menschen auf eine baldige königliche Hochzeit!

Dabei hatte Alex es ganz und gar nicht auf eine Ehe abgesehen.

„Da kommt ja Alex“, sagte George, der Kapitän, und Cat sah hoch.

Alex, der Besitzer dieser wunderschönen Yacht, kam mit lässigen Schritten auf sie zu. Selbstsicher und sehr, sehr sexy.

Ihr wurde heiß, als sie an seinen durchdringenden Blick auf dem Boot dachte. Wie er splitternackt vor ihr gestanden hatte … mit einem wilden Glanz in seinen tiefblauen Augen.

Selbstbewusste Männer gefielen ihr. Und Alex war obendrein athletisch gebaut mit kräftigen Oberschenkeln und einem breiten Kreuz. Ganz besonders gut hatte ihr sein knackiger Po gefallen.

„Gute Arbeit, Cat“, lobte George mit einem Blick auf den Verband, den sie einem ihrer Schützlinge angelegt hatte. Dann wandte er sich an seinen Chef. „Alex, das ist Cat. Cat, Alex.“

„Freut mich, Sie … dich kennenzulernen, Cat.“

Fasziniert beobachtete sie, wie seine eindrucksvollen blauen Augen schmaler wurden, während er sie ansah. Seine aristokratische Nase verlieh ihm eine herbe Attraktivität, genau wie das kantige Kinn und der schmale Mund.

Sein Sexappeal brachte auf jeden Fall ihre Hormone gründlich durcheinander!

„Freut mich auch, dich kennenzulernen, Alex“, entgegnete sie möglichst tonlos, um sich nicht zu verraten. Sein Haar sah aus, als hätte er es nur trocken gerubbelt und sich nicht die Mühe gemacht, es zu kämmen. Außerdem war er barfuß und hatte sich das Hemd nicht zugeknöpft, sodass Cat seinen flachen, braun gebrannten Bauch bewundern konnte.

„Du kannst dich ruhig frischmachen, George und ich kümmern uns so lange um die Jungs. Treppe runter und dann die zweite Kabine auf der linken Seite. Ich habe dir ein paar trockene Sachen ins angrenzende Bad gelegt.“

Zuerst wollte sie ablehnen, überlegte es sich dann aber anders. Schließlich konnte sie wohl kaum in einem Shirt hier herumlaufen, das wie eine zweite Haut an ihren Brüsten klebte.

„Danke“, murmelte sie und kehrte auf dem Absatz um.

Eine Yacht wie diese hatte sie noch nie aus der Nähe gesehen, obwohl sie in ihrer Funktion als Bodyguard schon auf vielen eindrucksvollen Booten unterwegs gewesen war. Dort hatte es neben einem Beiboot oftmals noch ein Auto oder sogar einen Hubschrauberlandeplatz gegeben. Cruiser, die dazu gebaut worden waren, glamouröse Partys zu geben und Eindruck zu schinden.

Doch diese Yacht hier war ganz anders.

Cat durchquerte eine geräumige, komfortable Kabine und ließ eine Hand über die polierte Holzvertäfelung gleiten. Unten im großen Flur führten mehrere Teakholztüren mit Messingbeschlägen in weitere Räume. Alles um Cat herum wirkte luxuriös und dennoch wie eine Erinnerung an alte, bessere Zeiten.

Hinter der zweiten Tür auf der linken Seite verbarg sich eine hübsche Kabine, die ebenfalls holzverkleidet war. Der Boden war mit graublauem Teppich ausgelegt, und am hinteren Ende stand ein breites, mit weißem Leinen bezogenes Bett.

Das Badezimmer beeindruckte mit großen Spiegeln und Marmoroberflächen. Kaum zu glauben, dass sie sich auf einer Yacht befand. Durch das runde Fenster konnte sie das Meer und in der Ferne die Küste im frühen Tageslicht sehen.

Sie genoss die heiße Dusche und entdeckte anschließend die Sachen, die Alex ihr bereitgelegt hatte: einen knappen, schwarzen Bikini und ein übergroßes, weißes T-Shirt.

Missmutig runzelte Cat die Stirn, aber es blieb ihr keine andere Wahl, als die Badekleidung von Alex’ Gespielinnen auszuborgen. Ihre eigenen Kleider waren klatschnass und eiskalt.

Der Bikini passte wie angegossen, und Cat krempelte sich die Ärmel des Shirts bis zur Schulter hoch. Zum Glück reichte es ihr bis zum halben Oberschenkel. Ihr war nicht entgangen, wie aufmerksam Alex sie betrachtet hatte.

Unter anderen Umständen wäre sie vielleicht sogar an ihm interessiert gewesen. Aber nicht hier, nicht heute, während in St. Galla der wichtigste Job ihres Lebens auf sie wartete. Nicht solange sie die Rolle ihrer adeligen Schwester spielen musste.

Von Anfang an hatte sie wegen dieses Vertrags ihre Zweifel gehabt. Aber erst, seit man ihr ein Gästeapartment im Palast zugeteilt hatte, das sich neben den Räumen ihrer Schwester befand, fühlte Cat sich völlig deplatziert. Niemand würde ihr abnehmen, dass sie Amelie war!

Es war ein Fehler gewesen, in ihr Heimatland zurückzukehren, in dem sie damals so unglücklich gewesen war. Und sie wollte auch nichts mehr mit ihrer entfernten Familie zu tun haben. Schließlich hatte sie nie wirklich zu ihnen gehört, und dieses Projekt würde ihr nichts als Unglück bringen.

Seufzend sammelte sie ihre Kleider zusammen und beschloss, den Vertrag mit dem Premierminister wieder aufzulösen. Er konnte sein Geld zurückhaben, sie hatte es sowieso noch nicht angerührt.

Wahrscheinlich war er sogar froh über ihre Entscheidung. Die Hofdame, die für sie abgestellt worden war, hatte ihr schon unmissverständlich klargemacht, dass sie ihr die Rolle als Prinzessin nicht zutraute.

An Deck blieb Cat verwundert stehen, denn sie sah weder die Männer noch das Beiboot der Yacht.

„Da bist du ja endlich.“

Die tiefe Stimme hinter ihr streichelte buchstäblich ihren Rücken.

„Kaffee? Oder lieber frischen Orangensaft?“

„Gar nichts, danke“, antwortete sie etwas schroff. „Es wird Zeit, dass ich gehe.“ Sie warf einen Blick auf ihre wasserfeste Uhr. Es war noch früh.

In der vergangenen Nacht hatte sie kaum geschlafen und war schon früh im Palastgarten joggen gegangen – getrieben von ihren Zweifeln.

Sie drehte sich um und erwischte Alex dabei, wie er ihre nackten Beine anstarrte.

Ganz langsam, so als hätte er alle Zeit der Welt, ließ er seinen Blick höher wandern. Cat fühlte sich, als wäre ihr Shirt durchsichtig. Schnell verschränkte sie die Arme vor der Brust.

„Musterst du eigentlich alle Frauen auf diese Weise?“, erkundigte sie sich und schob ihr Kinn vor. Konsequent ignorierte sie das aufregende Kribbeln in ihrer Magengegend. Denn ihr gefiel es außerordentlich, dass die körperliche Anziehungskraft ganz offensichtlich auf Gegenseitigkeit beruhte.

Er schüttelte den Kopf und grinste. „Niemals. Aber bei dir mache ich eine Ausnahme. Das ist nur gerecht. Immerhin hast du dir auch Zeit genommen, mich in all meiner Pracht zu betrachten.“

Diese Diskussion führte zu nichts, darum blieb Cat stumm. Trotzdem fühlte sie sich in seiner Gegenwart so verwundbar wie noch nie in ihrem Leben. Ein Horror für sie, nachdem sie ihr Leben lang alles dafür getan hatte, emotional und physisch unangreifbar zu sein.

„Wo sind denn die anderen?“

„George bringt die Jungs an Land zu dem Camp an der Küste. Offenbar haben die beiden das Kanu widerrechtlich entwendet, und nun haben sie sich Sorgen gemacht, ihre Betreuer könnten bereits nach ihnen suchen.“

„Und wie soll ich zurückkommen? Gibt es noch ein anderes Beiboot?“

Alex schüttelte den Kopf. „Nein, nur dieses eine. Allerdings wird George nicht lange brauchen. In der Zwischenzeit könnten wir frühstücken“, schlug er vor.

„Aber ich muss dringend zurück!“

„Tja.“ Er legte den Kopf schief. „Du könntest schwimmen, aber dann wärst du wieder völlig durchnässt und obendrein erschöpft. Warum entspannst du dich nicht und lässt mich für dich kochen?“

Nachdenklich blickte sie zum Strand hinüber. Sie hatte schon eine zehn Kilometer lange Joggingstrecke hinter sich gebracht, bevor sie ins Wasser gesprungen war, um den Jungs zu helfen. Dennoch traute sie sich zu, jetzt an Land zu schwimmen.

Es gab keinen Grund für sie, länger an Bord zu bleiben. Außerdem wollte sie St. Galla so schnell wie möglich wieder den Rücken kehren. Für immer.

Schlagartig wurde ihr klar, dass dieser Mann hinter ihr der einzige Grund war, der sie zurückhielt. Noch nie hatte sie eine solche Anziehungskraft zwischen zwei vollkommen fremden Menschen erlebt.

Sobald sie ihn ansah, wollte sie nichts mehr, als sein von Bartstoppeln übersätes Kinn zu berühren.

Dabei hatte sie stets trainiert, wie man sich Männer vom Leib hielt. Diese Erfahrung, sich zu jemandem magisch hingezogen zu fühlen, war völlig neu für sie.

Sie drehte sich wieder um und bemerkte, dass er nähergekommen war. Lautlos. Er war nur noch einen Meter von ihr entfernt.

Scharf sog sie den Atem ein. Dieses süße, schiefe Lächeln von ihm brachte sie aus der Fassung. Genau wie der zitronig frische Duft, der von seinem warmen Körper ausging. Und wie die Gewissheit, dass er diesen elektrisierenden Funken zwischen ihnen ebenfalls spürte.

Sie konnte ihm ansehen, wie erregt er war. Trotzdem wagte er keinen Annäherungsversuch. Die Luft zwischen ihnen knisterte förmlich, und Cat schluckte mühsam.

Plötzlich trat er einen Schritt zurück, und der Bann war gebrochen.

„Also, Frühstück? Ich mache hervorragende Pfannkuchen.“ Aufmerksam sah er sie an und wartete. Wie ein Jäger, der es auf eine bestimmte Beute abgesehen hatte.

Auch wenn es nicht ihrem Naturell entsprach, wäre es leicht für sie, dieser magnetischen Anziehung zwischen ihnen beiden nachzugeben. Gemeinsam mit ihm beim Frühstück zu lachen und sich in diesen unfassbar blauen Augen zu verlieren. Einmal im Leben wollte sie nicht prüde und vernünftig sein, sondern sich in etwas hineinstürzen, das sicherlich in einer glühend heißen Affäre enden würde.

Aber das entsprach ganz und gar nicht ihrer Persönlichkeit. Außerdem musste sie dringend den erstickenden Räumen des Palasts entkommen. Maskerade und Betrug lagen ihr einfach nicht. Sie konnte nicht einerseits ihre Halbschwester spielen und andererseits ihre eigenen Beweggründe verheimlichen, die sie wieder zurück an ihren Geburtsort gelockt hatten.

Auch wenn ihre Hormone vehement protestierten, Cat musste tun, was gut für sie war. „Tut mir leid“, begann sie und meinte das vollkommen ernst. „Aber ich kann nicht bleiben.“

Damit ließ sie ihre nassen Kleider auf den Boden fallen, zog das übergroße Shirt aus und warf es Alex zu. Und ehe er darauf reagieren konnte, stieg sie schon über die Reling und sprang kopfüber in das klare, azurblaue Meer.

2. KAPITEL

St. Galla zu verlassen war leider nicht so einfach, wie Cat gehofft hatte.

„Unmöglich.“ Die Stimme des Premierministers klang todernst. „Ich erwarte von Ihnen, dass Sie diesen Auftrag erledigen.“

„Ich werde die Anzahlung zurücküberweisen. Nach meiner Ankunft hier habe ich festgestellt, dass ich den Vertrag nicht erfüllen kann. Ich bin Sicherheitsspezialistin, keine Schauspielerin.“

„Als Profi sollten Sie wissen, dass wir diese Scharade nur organisieren, weil es unbedingt notwendig ist. Eine andere Option besteht nicht.“

Danach herrschte für einen Moment Stille.

„Prinzessin Amelie befindet sich doch nicht in ernsthafter Gefahr, oder?“ Aber darauf bekam sie keine klare Antwort.

Die Nation betrauerte noch immer den Unfalltod von Amelies jüngerem Bruder König Michel und seiner Frau. Auch Cat empfand eine kalte Leere im Herzen beim Gedanken daran, dass sie ihren Halbbruder niemals kennenlernen würde. Selbst wenn ein solches Treffen eigentlich niemals vorgesehen war. Irgendwo war sie doch mit ihren Geschwistern verbunden …

Es hatte ein Doppelbegräbnis gegeben, und Prinzessin Amelie hatte alle öffentlichen Auftritte abgesagt, um Zeit mit ihrem verwaisten Neffen Sébastien verbringen zu können.

Wo waren Amelie und der junge Prinz jetzt? Cat hätte zu gern gewusst, wie es den beiden ging.

„Das braucht Sie nicht zu interessieren, Miss Dubois. Konzentrieren Sie sich auf die Aufgabe, für die Sie engagiert worden sind!“ Der Minister machte eine kurze Pause. „Und denken Sie an die Konventionalstrafe, die vertraglich festgelegt worden ist.“

Dieses Argument ließ sich nicht vom Tisch wischen. Ihr drohte eine empfindliche Strafe im Falle der Nichterfüllung. Andererseits hatte sie ja noch gar nicht richtig mit der Maskerade begonnen.

„Es wäre doch wohl besser, alles zu einem frühen Zeitpunkt abzusagen, ehe das Volk an der Nase herumgeführt wird, oder? Die Hofdame, die mich instruieren soll, wird Ihnen ebenfalls versichern, dass ich für diese Mission völlig ungeeignet bin.“

„Lassen Sie es mich deutlich ausdrücken, Miss Dubois: Sie werden Ihren Vertrag erfüllen. Falls nicht, bleiben Ihnen vereinbarungsgemäß genau sieben Tage, um die Strafe zu zahlen.“

Sieben Tage, um eine Summe zu zahlen, über die sie gar nicht verfügte.

„Sicherlich sehen Sie selbst, wie wichtig es ist, dass Sie bleiben.“ Die darauf folgende Stille wertete er als Zustimmung. „Gut. Dann sehen wir uns beim Empfang.“

Die Leitung war tot, und Cat legte wie betäubt das Telefon beiseite. Es gab keinen Ausweg. Sie hätte sich niemals auf all das einlassen sollen, aber nun war es zu spät.

Dann dachte sie an ihren kleinen Neffen. Plötzlich war das alles unglaublich nah und echt, was sie zuvor verleugnet hatte. Vor ihrem inneren Auge sah sie sein flehendes Gesicht, und ihre Neugier auf ihn und ihre Halbschwester wuchs. Konnte sie den beiden vielleicht helfen?

Ratlos starrte sie aus den hohen Fenstern hinaus in den gepflegten Palastgarten mit all den Pools und Fontänen. Der dahinterliegende Privatwald führte direkt bis ans Meer hinunter.

Und dort lag Alex’ wunderschöne Yacht.

Für einen Moment gestattete Cat sich die Vorstellung, sie könnte einfach zum Strand laufen, zum Boot schwimmen und Alex bitten, mit ihr durchzubrennen. Wenn sie hierblieb, öffnete sie damit sozusagen dem Wahnsinn Tür und Tor. Und wer wusste schon, was danach alles geschehen konnte?

Cat zitterte vor Anspannung. Dabei gab es vielleicht gar keinen Grund, schwarz zu sehen. Dieses Land war ihr verhasst, weil ihr Vater sie noch vor ihrer Geburt verstoßen hatte. Für die Schande, die sie lebenslang mit sich trug, war sie selbst nicht verantwortlich.

Aber sie war stark und ausdauernd. Sie würde diesen Job erledigen und anschließend verschwinden, ohne auch nur einen einzigen Blick zurückzuwerfen.

So einfach war das.

Vierundzwanzig Stunden später ging Cat den langen Palastkorridor entlang, und ihre Absätze klackerten auf dem polierten Boden. Auf Wunsch ihrer Benimmlehrerin trug sie High Heels, Strumpfhosen und ein knielanges, seidenes Kleid. Lady Enide war der Meinung, Cat könnte niemanden von sich überzeugen, solange es ihr nicht gelang, elegant in einem Kleid herumzulaufen.

Offenbar bewegte sich Cat wie ein Junge, selbst wenn sie sich bemühte, das Kinn hochzurecken und die Schultern durchzudrücken.

Energisch konzentrierte sie sich auf ihre Balance. Die hohen Absätze waren eine größere Herausforderung für sie als Parcours oder Karate. Vierzig Minuten lang sollte sie nun Laufen üben, ehe sie Lady Enide wieder unter die Augen treten durfte.

Insgeheim musste Cat lachen. Sie war schon immer ein Wildfang gewesen, der vehement gegen die Vergleiche zwischen sich und ihrer ultra-femininen Halbschwester rebelliert hatte. Es schien unmöglich für sie, sich plötzlich wie eine feine Dame zu benehmen.

Außerdem hatte der Premierminister ihr eine Lüge aufgetischt. Der Empfang nächste Woche war alles andere als eine harmlose Veranstaltung. Und sie hatte jetzt schon fürchterliches Lampenfieber.

Entschlossen stieß sie die Tür zum großen Empfangssaal auf. Er war in Weiß und Gold gehalten und möbliert mit verzierten Sofas und Sesseln, die aussahen, als würden sie unter der Last eines Menschen sofort zusammenbrechen. Antike Spiegel und Kronleuchter gehörten ebenfalls zur Ausstattung. Sie waren schon vor langer Zeit aus Versailles geliefert worden, wie man ihr erzählt hatte. Und dann die ganzen Ahnenportraits …

Cat musste sich noch eine Menge über diese Räume einprägen, bevor sie für den Empfang bereit war, der fünfhundert Jahre Freundschaft zwischen St. Galla und dem weit entfernten Bengaria feierlich besiegeln sollte.

Erst heute hatte man ihr mitgeteilt, dass der König von Bengaria ebenfalls anwesend sein würde.

Bei diesem Gedanken wurde ihr regelrecht schlecht vor Aufregung. Wie sollte sie einen echten König hinters Licht führen? Das war doch verrückt! Wenn sie das gewusst hätte, wäre sie niemals hergekommen. Wenigstens war er der echten Amelie noch nie persönlich begegnet.

Sobald sie Zeit hatte, würde sie sich über den geheimnisvollen Monarchen informieren. Jetzt rächte sich die Tatsache, dass sie sich niemals für Adelsklatsch interessiert hatte. Und allmählich bekam sie den Eindruck, dass sie eine echte Krise für ihre Halbschwester abwenden musste. Worum es dabei wohl ging?

Nachdenklich runzelte Cat die Stirn. Vielleicht konnte sie ja oben an der Treppe stehen bleiben und den Gästen von dort aus zuwinken, ohne dem König von Bengaria wirklich nahezukommen?

Erschrocken blieb sie stehen, als sie eine Person bemerkte, die sich in einem der Erker verbarg.

In ihrer Magengegend rumorte es, so als würde sie den steilen Aufstieg einer Achterbahn erleben. Mit einer Hand suchte sie nach Halt, während ihr klar wurde, wen sie da vor sich hatte. Die athletische Figur, die breiten Schultern und die kräftigen Beine …

„Du!“ Entsetzt blickte sie ihm in die tiefblauen Augen.

Sie hatte sich eingeredet, dass ihre Fantasie am gestrigen Tag anscheinend verrückt gespielt hatte. Was für ein Irrtum! Denn die bloße Präsenz dieses Mannes entfachte sofort wieder ein Feuer in ihr.

Heute sah er allerdings wie ein männliches Model aus einem Businessmagazin aus, nicht mehr wie ein lässiger Freizeitpirat. Das dunkle Haar war ordentlich zurückgekämmt und betonte Alex’ attraktive Gesichtszüge. Von Kopf bis Fuß wirkte er wie der perfekte Gentleman. Nur das Leuchten in seinen blauen Augen deutete auf seine innere Wildheit hin.

Trotz des Schocks verspürte sie eine gewisse Wiedersehensfreude bei seinem Anblick. Denn er betrachtete sie mit dem gleichen aufregenden Interesse wie gestern.

„Was machst du hier?“ Ihre Stimme klang selbst für ihre eigenen Ohren viel zu hoch, und sie räusperte sich. „Wie bist du hier reingekommen?“

„Durch den Vordereingang. Der Butler bat mich, in diesem Salon zu warten.“ Sein Lächeln war einfach umwerfend.

„Gut, ich formuliere die Frage anders: Wieso bist du hier?“

Schweigend hielt er ihr eine weiße Papiertüte hin.

Cat nahm sie zögernd entgegen und spähte hinein. Sie entdeckte darin ihre Kleider, ordentlich gebügelt und zusammengelegt. Zögernd stellte sie die Tüte auf dem Flügel ab, der neben ihr stand.

„Danke“, sagte sie und zögerte. „Das ist überaus freundlich von dir.“ Konnte sie ihn zügig loswerden? Sie fühlte sich noch nicht bereit dazu, Prinzessin Amelie zu spielen, und auf ihre wahre Identität durfte sie sich erst recht nicht berufen.

Woher hatte er überhaupt gewusst, wo er sie finden konnte? Sie hatte keinen Ton davon erwähnt, dass sie im Palast lebte. Natürlich war sie an diesem Strandstück ins Wasser gegangen, aber das hatten die beiden Jungs mit dem Kanu schließlich auch getan.

Spürbare Spannung lag in der Luft.

„Du scheinst dich über meinen Besuch nicht gerade zu freuen“, bemerkte er, und sein scheinbar verletzter Tonfall ging ihr ans Herz.

Doch so leicht ließ Cat sich nicht einwickeln. Um sie zu überzeugen, brauchte es mehr als nur eine sexy Stimme, Humor, einen umwerfenden Körper und wahnsinnig tolle Augen.

„Ich bin bloß überrascht.“ Hastig atmete sie ein. „Ich habe nicht damit gerechnet, dich wiederzusehen.“ Unter anderen Umständen hätte sie sich ein zweites Treffen gewünscht, aber jetzt war es mehr als ungünstig.

Wenn irgendjemand herausfand, wer sie in Wirklichkeit war, wäre das eine Katastrophe. Und Alex wirkte wie ein Mann, der sich nicht so einfach hinters Licht führen ließ.

„Tut mir leid, aber ich glaube, der Palast ist zurzeit für Besucher geschlossen“, versuchte sie es. „Es wäre wohl das Beste, wenn …“

„Warum Cat?“

„Wie bitte?“

„Na, dein Name. Ist es ein Spitzname wegen deiner grünen Katzenaugen?“ Weil sie nicht gleich antwortete, sprach er weiter. „Eine solch intensive Farbe habe ich noch nie gesehen.“

„Katzenaugen?“ Verwundert blinzelte sie. Auf diesen Gedanken war sie noch nie gekommen. Schon oft hatten Leute ihr gesagt, wie ungewöhnlich ihre Iris war, aber Cat hatte es nicht für bare Münze genommen. In diesem Land galt die Farbe als Markenzeichen der Königsfamilie, weil alle Mitglieder die gleichen strahlenden Augen hatten.

Als Cats Mutter ein Mädchen zur Welt brachte – nur sieben Monate nach der Hochzeit mit einem Mann, den sie kaum kannte –, hatte es wegen der auffälligen Augenfarbe sofort Gerede gegeben. Die Leute wunderten sich darüber, dass Cats Mutter ihren Arbeitsplatz im Palast verloren hatte, und kurz darauf sagte man dem scheinbar glücklich verheirateten König eine verbotene Affäre nach.

„Cat?“ Er kam näher.

Der warme Zitrusduft, der schon einmal ihre Sinne berauscht hatte, umhüllte sie wieder. Das war nicht gut!

„Meine Freunde nennen mich so“, behauptete sie. Zumindest entsprach das der Wahrheit. Nur ihr Stiefvater rief sie Catherine. Der Mann, der ihre Mutter wie eine Sklavin behandelt und Cat als eine unerträgliche Belastung empfunden hatte.

„Ungewöhnlich, aber es passt zu dir“, erwiderte er grinsend.

Selbst auf Stilettoabsätzen war sie nicht so groß wie er. „Es war reizend, dass du dir die Mühe gemacht hast herzukommen. Wirklich.“ Sie zwang sich ihrerseits zu einem Lächeln. „Aber dies ist kein guter Zeitpunkt.“ Rückwärts ging sie auf die Tür zu und bedeutete ihm, ihr zu folgen.

„Ich verstehe.“ Schlagartig war jeglicher Humor aus seinem Gesicht verschwunden. „Wahrscheinlich hätte ich mit einer Entschuldigung anfangen sollen. Du hast es bestimmt gerade nicht leicht.“

„Wie bitte?“ Cat runzelte die Stirn. Seit sie diesen Saal betreten hatte, schien nichts mehr um sie herum einen Sinn zu ergeben. Weder die Tatsache, dass Alex plötzlich geschniegelt und gebügelt vor ihr stand, noch sein Interesse an ihrem Namen. Und nun wollte er sich auch noch bei ihr entschuldigen?

„Dein Verlust“, erklärte er und fuhr sich vorsichtig durch das makellos frisierte Haar. „Ich hätte gleich kondolieren müssen, als wir uns trafen, aber du bist ziemlich abrupt wieder verschwunden.“

Ihre Nackenhaare stellten sich auf, als sie das ehrliche Mitgefühl in seinem Blick bemerkte. Dann spürte sie seine kräftige, warme Hand auf ihrer.

„Du musst eine höllische Zeit durchmachen, seit dein Bruder und seine Frau verunglückt sind. Ich möchte dir mein tiefes Mitgefühl ausdrücken. Auch im Namen meiner Mutter. Falls ich irgendetwas tun kann …“

Er brach ab, als sie ihm mit klopfendem Herzen die Hand entzog. Entsetzt erkannte Cat die Wahrheit.

Er hielt sie für Amelie.

Der Schock saß tief und machte sie schwindelig. Kannte er ihre Schwester? Wenn ja, wie gut kannte er sie?

Und wie lange wird es in dem Fall dauern, bis er mich als Betrügerin entlarvt?

Ihr erster Impuls war, wieder nach seiner Hand zu greifen. Weil sie wirklich Trauer empfand, auch wenn sie ihren Halbbruder nicht persönlich gekannt hatte. Andererseits hatte sie kein Recht auf diese Gefühle. Ihr Leben lang war sie eine Außenseiterin gewesen. Die Menschen dieser Königsfamilie gehörten nicht zu ihr, auch wenn dasselbe Blut in ihren Adern floss.

„Ich …“ Sie stockte und suchte nach Worten. „Vielen Dank. Das ist sehr nett von dir.“

Ihre Lippen fühlten sich steif an, während sie das sagte. Und sie wünschte sich, sie hätte sich niemals auf diesen waghalsigen Betrug eingelassen. Das entsprach ganz und gar nicht ihrer Persönlichkeit. Seit ihrer Kindheit war sie gezwungen, ihre wahre Identität zu verleugnen. Es hatte lange gedauert, bis sie endlich Cat Dubios sein durfte … eine eigenständige, fähige und aufgeschlossene Frau.

Wieder setzte sie an, etwas zu sagen, als hinter ihr plötzlich die Tür geöffnet wurde. Lady Enide trat ein, gekleidet in ein marineblaues Kostüm mit weißer Perlenkette, das silberne Haar zu einem strengen Dutt frisiert.

Sie stutzte, und ihr Gesicht verwandelte sich in Sekundenschnelle in eine Maske, die nichts als Besorgnis ausdrückte. Dann sank sie – zu Cats grenzenloser Überraschung – in einen tiefen Knicks.

„Eure Hoheit. Willkommen in St. Galla.“ Dabei ruhte ihr Blick nicht auf Cat, sondern auf Alex. „Es tut mir unendlich leid, dass Sie nicht standesgemäß empfangen worden sind. In dieser Zeit der Trauer befindet sich nur wenig Stammpersonal im Palast, und wir haben nicht so früh mit Ihnen gerechnet.“

Kälter und kälter kroch es Cat über den Rücken, und ihr Verstand wollte nicht begreifen, was sie da hörte. Ganz langsam drehte sie sich zu Alex um.

„Es gibt keinen Anlass für Entschuldigungen“, entgegnete er höflich. „Wie Sie sehen, hat mir Prinzessin Amelie einen angemessenen Empfang bereitet.“

Seine blauen Augen waren fest auf Cat gerichtet, die insgeheim überlegte, was sie diesem Mann gegenüber alles geäußert hatte. Alex war demnach kein einfacher Yachtbesitzer. Aber wer war er dann? Welche königlichen Hoheiten waren zu diesem Anlass, die Allianz zwischen St. Galla und Bangaria zu feiern, eingeladen worden? Zu Beispiel der König des anderen Landes.

König Alexander.

Ihr Atem stockte, und im ersten Augenblick glaubte sie, ihre Knie würden nachgeben. Dann kam die Panik.

Er war König Alexander von Bengaria! Und er hielt sie für Amelie. Konnte es noch schlimmer werden?

Wie von selbst sank auch Cat in einen tiefen Hofknicks, der ihr zum ersten Mal seit Tagen mühelos gelang.

Schon erstaunlich, was Adrenalin für Kräfte verlieh!

„Willkommen, Eure Majestät. Es ist eine Freude, Sie hier bei uns begrüßen zu dürfen.“

3. KAPITEL

Alex drehte sein Wasserglas in den Händen und beobachtete seine Tischnachbarn. Lady Enide war laut seiner Mutter eine warmherzige Natur, trotz ihres eisigen Auftretens. Die beiden Frauen tauschten sich ständig miteinander aus: über den tragischen Tod von König Michel und Königin Irini, über die Gesundheit, über bevorstehende Feierlichkeiten, die Wirtschaft, das Wetter und sogar über Alex selbst.

Auf seine Nachfrage, wie es denn Prinz Sébastien ginge, berichtete man ihm, dass der Junge bei entfernten Verwandten untergebracht wäre. Das überraschte Alex. Wie jeder andere auch hatte er angenommen, Sébastien wäre hier im Palast bei seiner Tante. Schließlich war allgemein bekannt, wie nahe die beiden sich standen.

Außerdem fiel ihm eine gewisse Spannung im Raum auf. Lag es daran, dass er früher erschienen war als angekündigt? Oder gab es da noch einen anderen Grund? Geheimnisvoll war auch der Umstand, dass Prinzessin Amelie, Cat, mit keinem Wort ihre Begegnung auf der Yacht erwähnte. Weshalb behielt sie diese relativ unschuldige Begegnung für sich?

Es sei denn, die offensichtliche Anziehung zwischen ihnen bereitete ihr Unbehagen. Im Moment verhielt sie sich jedenfalls extrem zurückhaltend und sah kaum von ihrem Teller hoch. Was war mit der selbstbewussten, taffen Frau geschehen, die er gestern kennengelernt hatte? Sie hatte doch auch Interesse an ihm signalisiert, aber jetzt konnte sie ihm kaum in die Augen schauen.

Sie wirkte ganz verloren in diesem grünen Kleid, das bei jeder ihrer Bewegungen leise raschelte.

„Gehst du öfter mal schwimmen, Amelie?“, fragte er sie und vermied es absichtlich, ihren Spitznamen zu verwenden. Er hatte im Gefühl, dass es ihr nicht recht wäre. Und es reichte vollkommen, dass sie sich in vertraulichem Ton miteinander unterhalten konnten.

Erschrocken starrte sie ihn an, und es war offensichtlich, dass sie auf keinen Fall Enide wissen lassen wollte, was auf der Yacht geschehen war. Interessant …

„Ich schwimme gern, finde aber selten Zeit dafür“, erwiderte sie ausweichend.

„Vielleicht kannst du mir deinen Lieblingsplatz verraten, solange ich hier bin?“

Bevor sie antworten konnte, schaltete Enide sich ein. „Die Bucht unterhalb des Palasts war immer der bevorzugte Platz der königlichen Familie.“ Die ältere Dame drehte sich zur Prinzessin um. „Das stimmt doch, Amelie?“

Sie nickte. „Ja, es ist sehr schön dort.“

Alex wusste genau, dass hier irgendetwas nicht stimmte. Cat wirkte fürchterlich angespannt. Und ständig warf sie einen Seitenblick auf ihre Hofdame. Er wusste nicht genau, ob er dieses Spiel amüsant oder nervtötend finden sollte.

Die führenden Politiker von St. Galla hatten eine Ehe zwischen ihm und Prinzessin Amelie vorgeschlagen. Befürchtete man etwa, er würde die Thronfolgerin in sein Bett holen, ehe die Verträge ausgehandelt waren? Das war nicht sein Stil – obwohl die Vorstellung durchaus ihren Reiz hatte.

Was immer da zwischen ihnen vorging – ob es Lust, Faszination oder Sehnsucht nach Leben war –, es feuerte seine Libido an.

Und er wollte wieder das Leuchten in ihren grünen Augen sehen. Er wollte den Reiz des Neuen spüren. Das Abenteuer. Vielleicht weil er seit seiner Krönung kaum Zeit für solche Dinge gehabt hatte.

Oder ging es um Cat persönlich? Gab es da etwas Besonderes, etwas Einzigartiges zwischen ihnen?

Wie lange war es her, dass er geflirtet hatte? In den vergangenen Jahren war er viel zu sehr damit beschäftigt gewesen, die Misswirtschaft seines Vaters in Ordnung zu bringen. Es hatte lange gedauert, das Ruder herumzureißen und den Staatsbankrott abzuwenden.

Dies waren seine ersten Ferien seit einer Ewigkeit, und er wünschte sich endlich ein wenig Abwechslung vom Alltag. Das Problem war bloß, dass er sich dafür ausgerechnet die Frau ausgesucht hatte, die von seiner Mutter und seinen Beratern als seine königliche Braut auserkoren worden war. Es kam gar nicht infrage, dass er sich an Cat heranmachte. Nicht, wenn das als Staatsakt gewertet wurde.

Eine Affäre könnte er sich allerdings sehr gut vorstellen …

Die Lust durchschoss ihn wie heißes Feuer und machte ihn mutig. „Vielleicht könnten wir morgen mal zusammen schwimmen gehen?“, schlug er vor.

Cat wollte antworten, doch Lady Enide fiel ihr ins Wort.

„Unglücklicherweise ist die Prinzessin morgen wahnsinnig beschäftigt.“ Als Alex sie verwundert anstarrte, sprach sie eilig weiter. „Das ist zwar bedauerlich, aber wir haben einfach noch nicht derart früh mit Ihrem Besuch gerechnet.“

Das konnte nicht der einzige Grund sein, aber was war es dann? Es kam Alex verdächtig vor, wie sehr Cat unter dem Einfluss ihrer Hofdame zu stehen schien. Im Meer hatte sie ihn mit ihrer kühlen Kompetenz und Ruhe beeindruckt, doch davon war im Augenblick nicht viel übrig geblieben.

„Dann eben an einem anderen Tag“, lenkte er ein. „Ich bin ja noch eine Weile hier.“

Entspannt lehnte er sich zurück und beobachtete das Mienenspiel auf Lady Enides Gesicht. Und er spürte ganz deutlich: Hier gab es ein großes Geheimnis.

„Dann reist du nicht weiter und kehrst erst zum Empfang wieder zurück?“, hakte Cat nach. Als vermeintliche Prinzessin stand es ihr zu, sich mit Alex informell zu unterhalten, ganz im Gegensatz zu den restlichen Palastbewohnern.

Ihre Stimme hatte einen heiseren Unterton, der direkt Alex’ Libido ansprach. Ziemlich erstaunlich, dass es unheimlich erregend sein konnte, jemandem an einer Essenstafel gegenüberzusitzen. Insgeheim stellte er sich vor, wie sie ohne dieses teure Kleid, ohne Schuhe und ohne Unterwäsche in seinem Bett lag.

Der energische Drache an ihrer Seite stellte für ihn nur eine Herausforderung und kein Hindernis dar. Vielleicht war er etwas aus der Übung, aber Alex wusste noch immer genau, wie man eine Frau für sich gewann, mit der man schlafen wollte.

„Ursprünglich hatte ich ja einen Italientrip geplant, aber die Yacht muss leider repariert werden“, log er.

Alex spürte, dass ihn die Drachenlady nicht im Palast haben wollte. Nur den Grund dafür musste er noch herausfinden. Er würde ihr keine Gelegenheit geben, ihn abzuweisen. George hatte nämlich tatsächlich ein paar Dinge beanstandet, die am Boot in Ordnung gebracht werden mussten.

„In diesem Fall müssen Sie natürlich bleiben“, schloss Lady Enide und schenkte ihm ein eisiges Lächeln.

Cat schnappte sichtlich nach Luft.

„Amelie?“, fragte er besorgt. Trotz seiner brennenden Neugier wollte er sich nicht in ihr Heim drängen. Ganz besonders nicht nach dem Verlust, den sie erlitten hatte.

„Ich bin sicher, hier ist es für dich bequemer als in der Stadt“, räumte sie ein. „Platz haben wir ja genug. Und ich werde den Koch anweisen, zum Frühstück Pfannkuchen zu servieren.“

Der Ansatz eines Lächelns zeigte sich auf ihren schönen Lippen, und ein stilles Einverständnis fand zwischen ihnen beiden statt.

„Pfannkuchen?“ Lady Enide wirkte perplex.

„Ja, mir ist zu Ohren gekommen, dass König Alexander diese Mahlzeit am Morgen bevorzugt“, gab Cat formell zurück.

„Alex reicht vollkommen“, schaltete er sich ein und freute sich darüber, dass seine Cat zu alter Form zurückfand. Ihre devote Stille hatte ihm schon Angst gemacht. „Ich muss gestehen, ich liebe Pfannkuchen.“

Erst am nächsten Tag ergab sich für Alex wieder eine Gelegenheit, Cat allein abzupassen.

Das ließ ihm viel Zeit, seine Entscheidung zu überdenken, sich einfach selbst in den Palast einzuladen. Jetzt war es allerdings zu spät für Zweifel. Man hatte ihm eine großzügige Suite zugewiesen, von der aus man auf die gepflegten Gärten hinabblicken konnte. Und er bekam alles, was er sich nur wünschte – bis auf die Aufmerksamkeit der Prinzessin.

Andererseits hatte Cat erst vor wenigen Monaten ihren Bruder verloren. Sie hatte andere Dinge im Sinn. Also ließ Alex die offiziellen Audienzen mit Würdenträgern des Landes über sich ergehen, die allesamt Prinzessin Amelie entschuldigten und erklärten, sie würde erst am Abend des Empfangs zur Verfügung stehen.

Ein seltsames Verhalten für eine Frau, die angeblich einer Vernunftehe zugestimmt hatte, sollte er selbst auch einverstanden sein. Es war bizarr, aber sie schien nicht mit ihm allein sein zu wollen.

Am Morgen, während der Tau noch von den Blättern tropfte, fing er sie schließlich auf ihrer Joggingroute ab. Wegen ihrer sportlichen Figur hatte er vermutet, sie würde täglich laufen gehen, deshalb war er absichtlich früh in den Garten hinuntergegangen.

Prinzessin Amelie war eine höchst erstaunliche junge Frau. Nach dem frühen Tod ihrer Mutter war sie zur offiziellen Gastgeberin ihres Vaters avanciert und galt als das hübsche Aushängeschild des Palasts von St. Galla. Die Presse liebte sie für ihr warmes Herz und ihre kühle Eleganz.

Man erzählte sich, sie hätte ihren kleinen Bruder Michel praktisch mit großgezogen und wäre sowieso extrem kinderlieb. Gerade diese mütterlichen Qualitäten hatten auch Alex’ Mutter ganz besonders gut an ihr gefallen. Als würde ihr Sohn durch diese erzwungene Heirat endlich sesshaft werden und einen Haufen Kinder großziehen!

Gemeinsam joggten Alex und Cat nun den Waldweg hinunter zum Strand entlang. Wieder stellte er sich insgeheim vor, wie es wohl wäre, ihren aufregenden Körper nackt in seinen Armen zu spüren.

Allein schon ihr blondes Haar reizte ihn dazu, seine Hände darin zu vergraben. Er wollte sie an sich ziehen, sie küssen und das Feuer der Lust in ihren grünen Augen sehen. In dieser Prinzessin schlummerte eine Wildheit, die er niemals in ihr vermutet hätte. Bisher hatte er nur Fotos von ihr gesehen, aber in Fleisch und Blut war sie ganz anders, als man es erwartete. Auf den Bildern hatte sie grundsätzlich charmant und zurückhaltend gewirkt. Keine Spur von dem Sexappeal, den er heute in ihrer Gegenwart erlebte!

Sie war voller Vitalität und …

Der Schlag, den sie ihm gegen die Brust verpasste, raubte ihm kurz den Atem.

„Du läufst ganz gut“, keuchte sie und beugte sich vor, um sich auf ihren Knien abzustützen und sich zu dehnen.

Sie war verschwitzt, und ihr Shirt klebte wieder einmal aufregend eng an ihrem Körper.

Obwohl Alex beim Luftholen Schmerzen in der Seite bekam, spürte er, wie bei diesem Anblick sein Verlangen erwachte. Und schon ewig hatte er sich nicht mehr so gut und ausgelastet gefühlt. Ein Lauf wie dieser war mit einer gehetzten Stunde im Fitnessstudio nicht vergleichbar.

Alex entging keineswegs, wie sie seine breite Brust bewunderte, die sich beim Atmen hob und senkte. Dann wandte sie sich ab und blickte aufs Meer hinaus.

„Du aber auch“, stieß er hervor und starrte wie gebannt auf die Brüste, die sich in voller Pracht durch Cats Oberteil abzeichneten. Eine Einladung, die man kaum ausschlagen konnte.

Mit einem unterdrückten Stöhnen riss er seinen Blick los und sah ihr in die Augen, die sie inzwischen fest auf ihn gerichtet hatte.

Alex schnappte nach Luft, denn was er in diesen grünen Tiefen entdeckte, war eindeutig Interesse. Verlangen. Sehnsucht.

Sie versuchte gar nicht erst, sich zu verstellen. Keine Verlegenheit. Keine gesenkten Lider oder Seitenblicke. Nur nackte Gier, die seine Selbstkontrolle dahinraffte.

Also hatte er es sich nicht eingebildet. Obwohl sie gestern extrem distanziert gewirkt hatte, sprach ihr Verhalten heute Bände.

Zwischen ihren Lippen glitt ihre rosa Zungenspitze hervor, und Alex stöhnte auf. Nur mit äußerster Mühe gelang es ihm, seine Hände bei sich zu behalten.

Cat blinzelte, sah dann zur Yacht, die in der kleinen Bucht ankerte, und schlang die Arme um ihren Oberkörper.

„Wann hast du mich eigentlich erkannt?“, wollte sie wissen. „Am ersten Tag hast du mich kein einziges Mal Amelie genannt.“

„Schon auf der Yacht.“ Allerdings nicht so früh, wie es angemessen gewesen wäre. Seine Begierde hatte ihn zu sehr vom Wesentlichen abgelenkt. So etwas hatte er noch keiner Frau gegenüber empfunden.

Das konnte nur der langen Abstinenz geschuldet sein, die hinter ihm lag. Ihm fiel keine andere schlüssige Erklärung ein.

„Du hast keinen Ton gesagt.“

Er zuckte die Achseln. „Musste ich das denn? Es war doch ohnehin klar, dass wir uns näher kennenlernen.“

Und es freute ihn, dass sie im echten Leben nicht steif und reserviert war, so wie es die Fotos im Internet vermuten ließen.

„Cat? Amelie?“

Ihr Gesicht wurde ernst. „Ja?“

Alex musste sich räuspern, obwohl es albern war, ausgerechnet jetzt zu zögern und nervös zu werden. Er musste ein paar Dinge klarstellen, damit sie beide nicht auf dem falschen Fuß starteten. Für alles Mögliche hatte er Verständnis, nur nicht für Unehrlichkeit. Nachdem er mit einem verschlagenen Betrüger als Vater aufgewachsen war, hatte Alex Aufrichtigkeit für sich zur wichtigsten Tugend erhoben. Daran hielt er sich selbst, und das Gleiche erwartete er auch von allen anderen Menschen, mit denen er sich umgab.

Er sah sie an. „Ich muss da mal etwas klarstellen.“

„Ja?“ Unbewusst richtete sie sich auf, als müsste sie sich auf einen ernsten Tiefschlag vorbereiten.

„Wegen dieses Heiratsarrangements.“

Verwirrt blinzelte sie, und Alex zögerte.

„Heiratsarrangement?“, wiederholte sie und biss sich auf die Unterlippe, was Alex kurz aus dem Takt brachte.

„Ich weiß, dass deine Berater eine Verbindung zwischen uns vorteilhaft finden. Und du ebenfalls, sonst wäre es ja nie mit meinen Angestellten abgesprochen worden.“

Ihre Miene fror buchstäblich ein, und Alex erschrak. Er wollte nicht, dass sie sich zurückgewiesen fühlte, denn das wäre ja praktisch eine Lüge. Es war bloß die Vorstellung von einer Ehe, die ihm missfiel.

„Da gibt es sicherlich Vorteile“, begann er unschlüssig. „Aber die Wahrheit ist: Ich bin an keiner Hochzeit interessiert. Noch nicht.“

Darauf sagte sie nichts, und ihr Gesichtsausdruck war unleserlich. Hatte er sie beleidigt? Oder enttäuscht?

„Du willst nicht heiraten?“, fragte sie und zeigte dabei keinerlei Regung.

Er nickte. „Genau. Ich dachte, das solltest du am besten gleich von Anfang an wissen.“

Cat hätte am liebsten laut aufgeschrien.

Himmel, wo war sie hier bloß hineingeraten? Was hatten diese Leute ihr aufgehalst?