Einführung in die (System-) Theorie der Beratung - Fritz B. Simon - E-Book

Einführung in die (System-) Theorie der Beratung E-Book

Fritz B. Simon

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Beschreibung

"Wieder ein kleines Meisterwerk von Simon, in dem er seine umfassende theoretische Reflexion und praktische Expertise in der Beratung von Systemen unterschiedlicher Dimension inspirierend für Laien wie Experten vermittelt." Bernhard Blanke "Selten liest man Einführungen, die den Zugang zu einem "schwierigen" Thema so leicht und erfahrbar machen. Die theoretischen Ausführungen enthalten viele Hinweise zum vertiefenden Studium, etwa über die Literaturliste am Ende des Buches. Doch genügen sie durchaus dem oberflächlichen Leser, der einen ersten Überblick sucht und vor allem aus den praktischen Hinweisen viel Nutzen ziehen wird. Als Ausgangspunkt für eine Reise in die Welt der (systemischen) Beratung allen Anfängern und dem berühmten interessierten Laien absolut zu empfehlen." Jost Burger, changex Keine Beratung ohne (System-)Theorie! Berater, wohin man schaut. Wir scheinen lebenslänglich von Beratern und Beratungsangeboten umzingelt. Das Spektrum reicht von der genetischen Beratung potenzieller Eltern über die Schwangerschaftsberatung, die (Früh-)Erziehungsberatung, die Schul- und Studienberatung, die Ehe-, Familien- und Lebensberatung zur Vermögens- und Anlageberatung, Schuldnerberatung, Verbraucherberatung, Berufsberatung, Rechts- und Steuerberatung, Organisations- und Unternehmensberatung bis hin zur Politikberatung. Was all diese Beratungsansätze miteinander verbindet: Es sind Formen der Kommunikation. Daher eröffnet die System- und Kommunikationstheorie einen Weg, unterschiedliche Typen der Beratung zu charakterisieren, gegeneinander abzugrenzen und zu vergleichen. In dieser Einführung werden die Beziehung zwischen dem Berater und seinen Klienten oder Kundensystemen sowie die Logik des Beratungsprozesses aus einer systemtheoretischen Perspektive analysiert. Vor allem aber werden die jeweils aus der Theorie abzuleitenden praktischen Konsequenzen erläutert und diskutiert. Kurz gesagt: eine Theorie für die Praxis der Beratung – nützlich für Berater wie für Rat Suchende. Der Autor: Fritz B. Simon, Dr. med., Professor für Führung und Organisation am Institut für Familienunternehmen der Universität Witten/Herdecke, Psychiater, Psychoanalytiker, Systemischer Therapeut und Organisationsberater. Geschäftsführender Gesellschafter des Carl-Auer Verlags und von Simon, Weber & Friends, Systemische Organisationsberatung GmbH. Autor bzw. Herausgeber von ca. 300 wissenschaftlichen Fachartikeln und 37 Büchern, die in 15 Sprachen übersetzt sind. Zuletzt erschienen Stalin und der Apparat, Die kommenden Diktaturen und Gewalt gegen sich selbst - paradoxe Formen des Widerstands.

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Seitenzahl: 168

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Carl-Auer

Fritz B. Simon

Einführung in die(System-)Theorie der Beratung

Dritte Auflage, 2025

Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats des Carl-Auer Verlags:

Prof. Dr. Dr. h.c. Rolf Arnold (Kaiserslautern)

Prof. Dr. Wolf Ritscher (Esslingen)

Prof. Dr. Dirk Baecker (Dresden)

Dr. Wilhelm Rotthaus (Bergheim bei Köln)

Prof. Dr. Ulrich Clement (Heidelberg)

Prof. Dr. Arist von Schlippe (Witten/Herdecke)

Prof. Dr. Jörg Fengler (Köln)

Dr. Barbara Heitger (Wien)

Dr. Gunther Schmidt (Heidelberg)

Prof. Dr. Johannes Herwig-Lempp (Merseburg)

Prof. Dr. Siegfried J. Schmidt (Münster)

Jakob R. Schneider (München)

Prof. Dr. Bruno Hildenbrand (Jena)

Prof. Dr. Jochen Schweitzer † (Heidelberg)

Prof. Dr. Karl L. Holtz (Heidelberg)

Prof. Dr. Fritz B. Simon (Berlin)

Prof. Dr. Heiko Kleve (Witten/Herdecke)

Dr. Therese Steiner (Embrach)

Dr. Roswita Königswieser (Wien)

Prof. Dr. Dr. Helm Stierlin † (Heidelberg)

Prof. Dr. Jürgen Kriz (Osnabrück)

Karsten Trebesch (Dallgow-Döberitz)

Prof. Dr. Friedebert Kröger (Heidelberg)

Bernhard Trenkle (Rottweil)

Tom Levold (Köln)

Prof. Dr. Sigrid Tschöpe-Scheffler (Köln)

Dr. Kurt Ludewig (Münster)

Prof. Dr. Reinhard Voß (Koblenz)

Dr. Burkhard Peter (München)

Dr. Gunthard Weber (Wiesloch)

Prof. Dr. Bernhard Pörksen (Tübingen)

Prof. Dr. Rudolf Wimmer (Wien)

Prof. Dr. Kersten Reich (Köln)

Prof. Dr. Michael Wirsching (Freiburg)

Dr. Rüdiger Retzlaff (Heidelberg)

Prof. Dr. Jan V. Wirth (Meerbusch)

Reihengestaltung: Uwe Göbel

Umschlag: Heinrich Eiermann

Redaktion: Vera Kalusche

Satz: Verlagsservice Hegele, Heiligkreuzsteinach

Printed in Germany

Druck und Bindung: CPI books GmbH, Leck

Dritte Auflage, 2025

ISBN 978-3-8497-0031-7 (Printausgabe)

ISBN 978-3-8497-8566-6 (ePub)

© 2014, 2025 Carl-Auer-Systeme Verlag und Verlagsbuchhandlung GmbH, Heidelberg

Alle Rechte vorbehalten

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Einleitung

Beratung und Berater sind keine geschützten Begriffe. Das mag einer der Gründe dafür sein, dass wir heute lebenslänglich von Beratern und Beratungsangeboten begleitet, ja, umzingelt werden. Schon ungeborene, ja sogar ungezeugte Kinder werden zum Thema der Beratung. Das Spektrum reicht von der genetischen Beratung potenzieller Eltern über die Schwangerschaftsberatung, die (Früh-)Erziehungsberatung, die Schul- und Studienberatung, die Ehe-, Familien- und Lebensberatung zur Vermögens- und Anlageberatung, Schuldnerberatung, Verbraucherberatung, Berufsberatung, Rechts- und Steuerberatung, Organisations- und Unternehmensberatung bis hin zur Politikberatung.

Wenn Begriffe in solch unterschiedlichen Kontexten und mit manchmal sogar gegensätzlichen Bedeutungen verwendet werden können, dann liegt das daran, dass ihre Popularität offenbar mit ihrer Vieldeutigkeit steigt.

Und dennoch gibt es im Fall der Beratung eine Gemeinsamkeit: Wo immer beraten wird, kommunizieren Menschen. Oder anders gesagt: Alle Formen der Beratung sind Formen der Kommunikation. Daher eröffnet die Kommunikationstheorie einen Weg, unterschiedliche Typen der Beratung gegeneinander abzugrenzen und zu vergleichen. Wie bei jeder Kommunikation werden im Beratungsprozess implizit oder explizit drei »Sinndimensionen« verhandelt (vgl. Luhmann 1984, S. 112 ff.): Es geht (1) um sachliche Inhalte – die »Sachdimension«, (2) um die Beziehung(en) von Teilnehmern an Kommunikation – die »Sozialdimension«, und (3) um Fragen der zeitlichen Ordnung von Prozessen – die »Zeitdimension« (was sowohl Sach- wie Sozialthemen betreffen kann).

Daraus ergeben sich einige charakteristische Fragen: Welches ist, beispielsweise, die angemessene Beziehungsform zwischen Berater und Ratsuchendem, wenn es um fachlich-sachliche Fragen wie etwa bei der Rechtsberatung, der Steuerberatung oder der IT-Beratung geht? Wie unterscheidet sie sich von der Beziehung, wenn es um Persönliches und Intimes geht wie in der Ehe- oder Familienberatung? Wie steht es um die Beziehung, wenn im privaten, d. h. einem nicht-professionellen Kontext beraten wird – wenn Freunde, Nachbarn, Eltern, Kinder, Partner sich gegenseitig mit Rat und Tat unterstützen? Last, not least: Vor welchem Zeithorizont spielt sich Beratung ab? Wie lange dauert sie? Wann fängt sie an, wann hört sie auf? In welchen Abständen findet sie statt? Usw.

All dies sind Fragen, die den drei Sinndimensionen der Kommunikation zugeordnet werden und zur Kategorisierung unterschiedlicher Beratungsformen dienen können. Solch eine Analyse ist im Einzelnen der Mühe wert, da sich daraus Konsequenzen – Handlungsanweisungen – für die Beratungspraxis ergeben.

Beratung ist vergleichbar mit einem »Spiel«, das mindestens zwei Parteien erfordert: Eine sucht Rat (oder ihr wird Rat angeboten, obwohl er gar nicht gesucht wird – soll ja gelegentlich vorkommen), die andere übernimmt die Rolle des Beraters (was nicht unbedingt heißt, dass sie Rat »gibt«). Beide Parteien kommunizieren und schaffen dadurch gemeinsam ein Kommunikationssystem – das Beratungssystem. Es geht, ganz unabhängig vom Thema der Beratung, immer um die Gestaltung dieses Kommunikationssystems, die keine der beteiligten Parteien einseitig steuern kann oder unter Kontrolle hat – wie bei einem Spiel, bei dem ebenfalls zwei oder mehr Akteure in der Interaktion miteinander den Spielverlauf und manchmal auch die Spielregeln bestimmen.

Daher ist es für Ratsuchende wie für Berater (ob sie diese Rolle nun professionell oder als Privatpersonen innehaben) nützlich, sich im konkreten Fall darüber Gedanken zu machen, welche Form der Beratung beim gerade verhandelten Thema nützlich sein könnte. Denn Beratung ist ja keine zweckfreie Kommunikation, sondern Mittel zum Zweck. Und für unterschiedliche Zwecke braucht man eben manchmal unterschiedliche Mittel.

Ziel der hier präsentierten Einführung ist, Beratern wie Ratsuchenden eine Orientierungshilfe zur Verfügung zu stellen, einen Ariadnefaden, an dem sie sich durch das Labyrinth der Beratungswelt hangeln können. Es geht darum, eine gewisse Ordnung in den chaotisch anmutenden Markt der Beratung und der Beratungsmethoden zu bringen und die unterschiedlichen Rollen und Funktionen von Beratern in der Beziehung zu ihren Kunden und Klienten zu sortieren. Denn für unterschiedliche, manchmal gar entgegengesetzte Ziele der Beratung erweisen sich, wen wundert's, unterschiedliche Wege als unterschiedlich nützlich; und mit ihnen sind nicht nur unterschiedliche Formen der Beziehung zwischen Berater/Beratungsteam und ihren Beratungskunden/Kundensystemen verbunden, sondern auch unterschiedliche Abläufe und Strukturen des Beratungsprozesses, die ein unterschiedliches Zeitbudget erfordern.

Dass sich hinter dem Begriff Berater verschiedene Funktionen, d. h. unterschiedliche Tätigkeiten und Aufgaben verbergen, wird deutlich, wenn wir beispielhaft auf den englischen Sprachgebrauch schauen. Das deutsche Wort Berater kann dort mit »advisor«, »consultant« oder »counsellor« übersetzt werden. Es sind Rollen, die jeweils in anderen sozialen Kontexten beheimatet sind, bei denen es um andere Inhalte geht und mit denen andere Beziehungen zwischen Berater und Beratenem verbunden sind. Wer sich diese Differenzen nicht bewusst macht, hat gute Chancen zu scheitern – sei es als Berater, sei es als Ratsuchender.

Daher ist diese Einführung in erster Linie für denjenigen gedacht, der sich auf den professionellen Weg macht, Berater zu werden bzw. Beratung zu lernen. Er kann überprüfen, welche Art der Beratung zu ihm passt. Sie kann aber auch von Beratungsklienten genutzt werden, die schon einmal gedanklich testen wollen, welche Art der Beratung für sie hilfreich sein könnte.

Da als gemeinsamer Nenner aller Formen von Beratung der Prozess der Kommunikation betrachtet werden kann, liegt es nahe, jede Theorie der Beratung auf Basis einer Theorie menschlicher Kommunikation zu entwickeln. Sie bildet die Grundlage der hier verwendeten neueren soziologischen Systemtheorie und des Konstruktivismus, einer Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie, die praxistauglich ist. Vorwissen und Theoriefreude werden vom Leser, das sei ausdrücklich betont, nicht verlangt (sie schaden aber auch nicht). Alle verwendeten Modelle werden, soweit nötig, erläutert.1

Obwohl im Folgenden ein konzeptueller Rahmen entwickelt wird, der es im Prinzip erlaubt, unterschiedliche Formen, Methoden und Zwecke der Beratung zu differenzieren, liegt der Schwerpunkt bei den aus der Systemtheorie abgeleiteten Ansätzen der Beratung. Um die Theorie »zu erden«, ist jedem größeren Theoriekapitel ein Abschnitt angefügt, in dem die jeweiligen praktischen Konsequenzen diskutiert werden.

Noch eine Bemerkung zum Sprachgebrauch: Obwohl eine große Zahl von Beratern weiblichen Geschlechts ist, wird hier – zugegeben: politisch unkorrekt – der Einfachheit halber nur die männliche Form des Begriffs verwendet. Er steht obendrein auch dann, wenn die Beratung von einem Beratungsteam vollzogen wird. Lediglich wenn spezifische Aspekte der Teamarbeit angesprochen werden, wird explizit zwischen Berater und Beratungsteam unterschieden. Eine weitere, eher willkürliche Wahl des Sprachgebrauchs betrifft die Bezeichnung für den- oder diejenigen (Singular oder Plural), die auf die Dienstleistungen von Beratern zurückgreifen. Auch für sie gibt es eine Unmenge von – teilweise kontextspezifischen – Bezeichnungen. Findet die Beratung im psychosozialen Feld statt, so wird meist von Klienten gesprochen, im Feld der Ökonomie von Kunden. Daneben gibt es noch Mandanten, Coachees, Patienten, Ratsuchende, Kundensysteme usw. Wiederum der Einfachheit halber werden im Folgenden die beiden Begriffe Klient und Kunde bzw. Kundensystem verwendet. Ein Bedeutungsunterschied ist mit ihnen nicht intendiert, da es in allen Fällen um die Rolle des Beratenen geht, auch wenn die Beratung in gesellschaftlich gegeneinander klar abgegrenzten Feldern oder Subkulturen erfolgt.2

  1Der näher an den theoretischen Grundlagen Interessierte sei hier verwiesen auf: Simon, F. B. (2006): Einführung in Systemtheorie und Konstruktivismus. Heidelberg (Carl-Auer), 6. Auf. 2013.

  2Für Anregungen und Korrekturen danke ich Gerhard Krejci.