Einssein gelebt! Marie und Maria Magdalena am Weg zur Meisterschaft - Andrea Riemer - E-Book

Einssein gelebt! Marie und Maria Magdalena am Weg zur Meisterschaft E-Book

Andrea Riemer

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  • Herausgeber: epubli
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2019
Beschreibung

Die spirituelle Figur der Maria Magdalena, die Gefährtin Jesu, fasziniert viele Menschen. Sie ist ein Beispiel für Meisterschaft am Lebensweg und für das gelebte innere Einssein. Andrea Riemer lässt ihre Hauptfigur Marie mit Maria Magdalena durch das Labyrinth des Lebens gehen, um beim Symbolon, bei diesem so oft gesuchten inneren Einssein anzukommen. Sie verwebt diesen Weg, der einem Tanz gleicht, in einen Ratgeberroman, der Spirituelles und Irdisches natürlich miteinander verbindet. Andrea Riemer bietet Gedanken an, wie man über das Erkennen und Leben der menschlichen Dualität Meisterschaft und letztlich Lebensglück erfahren kann. Der Weg zum Lebensglück, zum inneren Einssein ist nie zu Ende. Doch es gibt ermutigende Zwischenergebnisse, die zum Weitergehen motivieren und im Lebensalltag lebbar sind. Was entstand, ist ein auf WeisheitsWissen basierendes Buch, ein Plädoyer für das Erkennen von Polarität und Dualität, für die Achtung des weiblichen Weges. Die Achtung des Weiblichen ermöglicht auch die Achtung des Männlichen. Dann erst ist Einheit möglich. Dann erst ist Lebensglück im Kleinen wie im Großen möglich. Dann erst kann man das innere Einssein auch im Alltag leben und er-leben. Das Buch ist ein Mutmacher, sich auf den Weg zu machen, auch auf den Weg zu sich selbst, voll Ideen, voll Impulsen, voll praktischen Hinweisen – denn: Das Einssein will gelebt werden … dann ist man am Weg zur Meisterschaft.

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Seitenzahl: 197

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Andrea Riemer

Einssein gelebt! Marie und Maria Magdalena am Weg zur Meisterschaft.

Impressum

Autorin: Andrea Riemer

Eigentümerin des Textes und Verlegerin:

Andrea Riemer

Rudolf Breitscheid Strasse 188; D-14482 Potsdam

[email protected]

Umschlagbildgestaltung: Andrea Riemer

Fotorechte: Andrea Riemer

Druck: epubli ein Service der neopubli GmbH, Berlin

1. Auflage 2019

Gender-Formulierung: Bei allen Bezeichnungen, die auf Personen bezogen sind, meint die gewählte Formulierung beide Geschlechter.

Inhaltsverzeichnis

Reisevorbereitungen

Zwei Frauen und ihre Begegnungsraumzeit

1. Materie und Geist: Wer macht den Anfang?

2. Geben und Nehmen: Was ist seliger?

3. Tun und Sein: Wann kommt was zum Zug?

4. Tat und Wunsch: Vom Traum zur Umsetzung?

5. Verstand und Gefühl: Widerstreit oder geniale Paarung?

6. Wissen und Weisheit: Zwei vom Selben?

7. Die Teile und das Ganze: Detail oder Überblick?

8. Revolution und Evolution: Die Fiktion von schnell und langsam?

9. Eroberung und Verführung: Tabus und Hintergründe?

10. Das Väterliche und das Mütterliche: Zwischen Mut und Schutz?

11. Das Männliche und das Weibliche im Symbolon: Ist das tatsächlich möglich?

Abschied und Weiterreise

Reisevorbereitungen

Die spirituelle Figur der Maria Magdalena, die Gefährtin Jesu, fasziniert mich seit vielen Jahren. Sie ist für mich ein Beispiel für Meisterschaft am Lebensweg und für Einssein gelebt.

So lag es auf der Hand, irgendwann über diese Meisterschaft am Lebensweg und über das gelebte Einssein zu schreiben und mich dabei von Maria Magdalena inspirieren und führen zu lassen. Dazu nahm ich eine ganze Reihe an Anläufen, bis ich den eigentlichen Zugang als Teil meines eigenen Weges gefunden hatte. Doch als mir das gelang, eröffnete sich für mich ein mir bislang unbekannter Kosmos. Ich erhielt einen Vorgeschmack darauf, was Meisterschaft am eigenen Weg sein kann.

Viele große Denkerinnen und Denker haben sich mit diesem Meisterweg befasst, jede und jeder für sich. Hildegard von Bingen, Theresa von Avila, Aristoteles, Plato, um nur einige willkürlich herausgepickte Persönlichkeiten zu nennen. Auch sie waren mir auf meinem Weg Inspiration. Ich bin also nicht die Erste und werde nicht die Letzte sein. Es ist mein sehr persönlicher Weg. Es sind meine bisherigen Erkenntnisse auf diesem Weg, die ich mit meinen Leserinnen und Lesern teile. Es sind Gedanken, wie man über das Erkennen und Leben der menschlichen Dualität Meisterschaft und letztlich Lebensglück erfahren kann. Der Weg ist nie zu Ende. Doch es gibt ermutigende Zwischenergebnisse, die zum Weitergehen motivieren.

Wie erlangt man die innere Balance, um sie auch im Äußeren zu erfahren? Wie kommt man heil durch das Labyrinth des Lebens? Wie erkennt man den fehlenden Teil in eigenen Sein, das sog. Symbolon? Wann hat man Lebensglück und eine Form von Meisterschaft erreicht oder ist es der Weg, der das Ziel ist? Was bedeutet Einssein gelebt konkret im Alltag?

Diese und mehr Fragen alleine spirituell zu beantworten, war mir zu wenig und zu einseitig. Ich hätte damit die seit langem bestehende Trennung fortgeführt und die Polarität als Lebensprinzip verfestigt.

Mir ist seit jeher in meinen Gedanken die Verbindung wesentlich. Daher habe ich mich sowohl von den klassischen Wissenschaften als auch von spirituellen Lehren inspirieren lassen und eine Brücke gebaut, die manch scheinbar Unverständliches verständlich und lebbar macht. Man bezeichnet dies als noetisches Denken, als Denken über Bewusstsein. Dabei verknüpft man wissenschaftliche Erkenntnisse und altes Mysterienwissen in einer Weise, dass beide Seiten zu etwas Neuem verschmelzen. Dies ist auch eine Form von neuer Einheit, die so neu gar nicht ist. Doch wir haben viel davon vergessen. Es ist die Verbindung, die in Balance bringt und nicht der – scheinbare – Widerspruch. Dieses neu Verbundene soll gelebt werden – im Alltag, mit einer gewissen Selbstverständlichkeit und in Eigenverantwortung.

Ich biete Antwortversuche zu einem der großen Mysterien des Menschseins, dem Weg aus der Polarität in die Einheit und damit in die Meisterschaft an. Dabei habe ich mir alle Freiheiten genommen, die mir für die Antworten und deren Verständlichkeit wichtig erschienen. Es sind Antworten von jemand, der selbst auf dem Weg ist und dankbar für die Anregungen und die Begleitung durch die spirituelle Figur der Maria Magdalena ist. Die historische und die theologische Maria Magdalena findet bei mir keine Berücksichtigung, weil sie mir bei meiner Antwortsuche mehr Hindernis denn Hilfe gewesen wäre. Die spirituelle Maria Magdalena hingegen erwies sich als exzellente Helferin, als liebevolle Begleiterin und als Freundin des Lebens, die den Tanz mit dem Leben vollendet und anmutig beherrscht.

Was entstand, ist ein auf WeisheitsWissen basierendes Buch, ein Plädoyer für das Erkennen von Polarität, für die Achtung des weiblichen Weges. Dieser Weg ist der spirituelle Weg. Es ist weiters ein ‚Ja‘ zum bewussten Gehen dieses Weges – unabhängig vom physischen Geschlecht. Die Achtung des Weiblichen ermöglicht auch die Achtung des Männlichen. Es ist ein Plädoyer, dem Männlichen, dem Intellektuellen, der Materie, dem Verstand Raum und Zeit zum Atmen zu lassen, um sich von der jahrhundertelangen Überforderung zu erholen und sich zu erneuern. Dann erst ist Einheit möglich.

Das Buch ist auch eine Plädoyer, sich auf den Weg in die eigene Meisterschaft zu machen, jeden Tag, immer wieder und wieder – mit allen Heraus- und Hereinforderungen, die das Leben zu bieten hat. Es ist eine Aufforderung, sich dem gelebten Einssein jeden Tag aufs Neue hinzugeben und es zumindest immer wieder zu versuchen.

Mögen die Gedanken Inspiration sein, sich auf den eigenen Weg zu machen und dabei vertrauensvoll und mutig das Labyrinth des Lebens zu durchschreiten, das Symbolon zu finden, dabei immer mehr Schritte in die innere Einheit zu machen und die Meisterschaft im eigenen Sein zu genießen.

Potsdam, im Frühjahr 2019  Andrea Riemer

Zwei Frauen und ihre Begegnungsraumzeit

Marie, ja – Marie war auf ihrem Weg, noch ein Stück von ihrer Meisterschaft entfernt. Doch es war ihr Weg, den sie konsequent und, je länger er dauerte, mit immer größer werdender Freude ging. Sie hatte ihn im Zuge ihrer Gesundung nach einer schweren Erkrankung mit allem, was dazu gehört, nach ihrem Nahtoderlebnis … gefunden.

Dabei hatte Marie ihren grundsätzlichen Platz im Sein, im Kosmos eingenommen. Was für ein Glück! Doch hier begann ihr eigentlicher Weg erst. Auch das empfand sie als Glück. Ihr Weg war ihr in die Hand geschrieben. Die Form und die Inhalte variierten immer wieder. Doch – sie war bereit, mit dem Leben zu tanzen.

Natürlich hatte sie auch ihre Zweifel. Ja, es gab auch Niederlagen und manches, was sie sich so sehr wünschte, klappte nicht oder ließ schlicht auf sich warten. Ihre innere Ungeduld hatte sich auch noch nicht ganz gelegt. Sie war ihr gleichzeitig ein innerer Antrieb auf ihrem Weg, es wieder und anders zu versuchen. Marie musste in Bewegung bleiben, in einer harmonischen Bewegung, in einem Tanz mit dem Leben. Dann konnte ihr persönlicher Tanz entstehen und sich entfalten. Sie konnte ihn mehr und mehr verfeinern. 

Was trieb sie an? Wie kann eine erfahrene Wissenschafterin Spirituelles so natürlich in ihre Arbeiten integrieren? Marie machte dies mittlerweile spielerisch und selbstverständlich. Sie gab nie etwas auf klassische Trennungen, blickte hinter bekannte Horizonte und verband das scheinbar Unverbindbare. Es gab so viel, das sich nicht mit bekannten Instrumenten und Methoden belegen ließ – und doch vorhanden war. Diese Wahrnehmungen konnten mit dem Verstand alleine nicht ausgedeutet werden, sondern nur gemeinsam mit dem Gefühl, mit etwas, das ‚dahinterliegt‘ – was und wo immer dieses ‚Dahinter‘ sein mag. Alles zusammen ergab die Herzensausdeutung. Marie hatte in den letzten Jahren gelernt und für sich den scheinbaren Widerspruch aufgelöst. Sie sah sich als Noetikerin. Die Noetik verbindet die Quantenphysik und den antiken Mystizismus. Sie ist das fehlende Glied zwischen moderner Wissenschaft und alten Mythen. Dabei will sie belegen, dass der Mensch über Kräfte verfügt, die weit darüber hinausgehen, was wir uns auch nur im leisesten Ansatz mit uns Bekanntem vorstellen können. Es ist eine Form von Einweihung. Sie gründet auf der Erkenntnis des göttlichen Allwissens. Einweihung ist ein Bewusstwerdungsprozess. Genau dieser Einweihung, diesem Meisterweg widmete sich Marie mit ihrer gesamten Disziplin und Hingabe.

Für besondere Begegnungen hat sie Orte, wo sie immer und sofort in einen erweiterten Bewusstseinszustand kommen konnte. Das ging ganz einfach über den Atem. Einer dieser Orte ist die Ägyptische Abteilung der Staatlichen Museen in Berlin. Es war ein besonderer Tag, dieser 21. März, der Tag der Tag-und-Nachtgleiche. Angenehme Temperaturen und der so typisch, noch leicht milchige Sonnenschein, der das Frühjahr, den Neubeginn ankündigte. Marie liebte die Stadt, ihre Schnoddrigkeit, ihre Schludrigkeit, ihre Geschichte, die an jeder Ecke hervorguckte, ihre Freiheit und Vielfalt, ihre Menschen mit der eigenen Direktheit … und sie liebte die zahlreichen Kunstschätze.

Hier besuchte sie vor zehn Jahren erstmals die Büste der Nofretete. Seither hatte sie sie unzählige weitere Male besucht und dabei immer Erkenntnisse über sich und ihr Leben gewonnen. Selbst wenn das Museum über weitere großartige Schätze verfügt - die kleine, so prominente Büste war ihr immer wieder Inspiration für so manch existentielle Frage und für so manches Buch, denn Marie schrieb immer über etwas. Schreiben war Maries Lebenselixier. Es war Rahmen und Inhalt ihres Daseins.

Erwartungen hatte Marie nie, wenn sie zu Nofretete ging. Es kam immer, was gerade kommen und sich zeigen wollte. Sie musste nie etwas tun oder gar bitten und betteln. So war Marie neugierig, ob und was ihr die Büste wieder zuflüstern würde. Wer Ohren hat zu hören, der höre …

Doch ihr eigentliches Ziel war etwas Anderes. Vor einigen Tagen hatte sie mit der Leiterin der Papyrussammlung ein Treffen vereinbart, um das Evangelium der Maria zu begutachten. Es waren nur mehr Teile dieses Maria Magdalena, der Gefährtin Jesu, zugeschriebenen Textes vorhanden. Die Zuordnung ist ungewiss, doch es ging Marie mehr um das Gefühl in der Wahrnehmung als um eine konkrete historische und theologische Zuschreibung. Es ging ihr um eine Ausdeutung mit ihrem Herzen. Was würde sie empfinden, wenn sie den Papyrus das erste Mal physisch sehen, wahrnehmen konnte? Bei der Besichtigung des Papyrus wollte sie die undefinierbare, geheimnisvolle Energie, die oft von Artefakten dieser Art ausging, aufnehmen. Marie konnte kein Sahidisch, ein koptischer Dialekt. In dieser Sprache war der Text verfasst. Doch sie hatte von dem Papyrus mehrfach Bilder gesehen und wollte die Gelegenheit wahrnehmen, einen Blick auf das Original zu werfen und sich einige Fragen dazu beantworten zu lassen. Marie wollte damit auf eines der großen Mysterien zugehen und die Gedanken von Maria Magdalena noch stärker mit dem Herzen erfassen. Was tatsächlich auf sie zukam, wusste sie nicht. Das war ihr auch nicht wichtig. Sie war offen und bereit. Wer Ohren hat zu hören, der höre. Wer Augen hat zu sehen, der sehe …

Marie verließ die Busstation vor den Museen und schritt bestimmt auf den markanten und ihr mittlerweile so vertrauten Bau auf der Museumsinsel zu. Eine leichte, milde Brise umspielte ihr Gesicht. Im Lustgarten hatten die Bäume erste grüne Spitzen. Bald würden sie Blätter tragen, die im oft heißen Sommer in dieser großen, vibrierenden Stadt Kühle spendeten. Alles stand auf Neubeginn. Die Natur machte es vor. Jedes Jahr von neuem. Jedes Jahr war es ein Erlebnis, wenn man darauf achtete. Marie hatte sich diese Achtsamkeit erworben.

Mittlerweile war sie am Eingang zum Museum angekommen. Sie übernahm das Ticket, das für sie hinterlegt war, bedankte sich mit einem Lächeln und ein paar freundlichen Worten beim Empfang. Dann schritt sie zügig die Treppe hinauf. Es war jedes Mal beeindruckend, dieses Foyer mit dem großzügigen Aufgang und den kahlen Wänden in Sandfarben zu betreten. Dieser besondere Raum lässt einen staunen und deutete an, was man erwarten konnte – Großes, Einzigartiges, Besonderes.

Marie kannte den Weg zu Nofretete blind und sie freute sich unbändig auf die Wiederbegegnung. Sie durchquerte die Räume, die voll von bemerkenswerten und einzigartigen ägyptischen Artefakten waren. Heute schenkte sie ihnen nicht so lange Beachtung wie üblich. Wer weiß, was ihr Nofretete wieder mitgab … Sie war immer für Überraschungen gut.

So stand sie fast andächtig vor dem durch das Tageslicht sanft beleuchteten Raum, in dessen Zentrum der große Glaskubus mit der im Original klein und zart wirkenden Büste steht. Der Raum war überraschenderweise leer, was ganz selten vorkam. Marie straffte ihren Körper, atmete mehrfach durch und betrat den Raum mit leisem Schritt. Jedesmal hatte sie das Gefühl von Heiligkeit, wenn sie sich in diesem Raum aufhielt. Sie stellte sich vor den Kubus, schloss die Augen und atmete tief in ihr Herz weiter. Augenblicklich stellte sich Entspannung in ihr ein. Sie war alleine mit Nofretete. Es war jedes Mal für sie ein Erlebnis, dieser Frau zu begegnen und die Büste wahrzunehmen, mit allen Schrammen und Kratzern. Sie ist immer noch von unnachahmlicher Schönheit und Reinheit. Wie wenig doch das Äußere letztlich von Bedeutung ist? … Vor allem aber hatte sie für Marie eine besondere Kraft und Ausstrahlung. Sie war schlicht eine präsente, souveräne Frau, die alles in sich hatte. Marie hörte das leise Surren der Klimaanlage, die für gleichmäßige Temperaturen sorgte. In weiter Ferne nahm sie Schritte und Gemurmel anderer Besucher wahr. Doch es war alles sehr entfernt, in den zahlreichen anderen Ausstellungsräumen.

Marie fühlte ihren Puls und hörte das Blut in ihren Ohren rauschen. Sie atmete weiter gleichmäßig, entspannte sich vollkommen - und tat schlicht nichts. Sie IST – jenseits von Raum und Zeit.

So stand Marie, atmete sanft, ihre Augen waren nahezu geschlossen. Das Surren der Klimaanlage und das Gemurmel aus den anderen Räumen wurden leise, bis beides in Marie ausgeblendet war.

Stille, Leere, Nichts. Marie stand wie eingefroren und doch höchst lebendig vor Nofretete. Sie genoss dieses Gefühl von ganz in sich sein, von ganz in ihrem Kosmos zu sein und sich mit jenem von Nofretete innerlich zu verbinden. Raum und Zeit waren aufgelöst.

„Dreh dich um,“ kam es sanft und sehr leise aus dem Nichts. Marie reagierte zuerst nicht. „Dreh dich um,“ kam es nochmals etwas intensiver. Sie fühlte mehr als sie physisch hörte. Maries Körper vibrierte leicht. Sie nahm ihre Eigenschwingung und die Schwingung des Raumes wahr. Langsam öffnete sie ihre Augen, blinzelte, um sich an das Licht zu gewöhnen – und sah niemanden. Sie war nach wie vor alleine mit Nofretete. Und doch – sie fühlte die Anwesenheit von etwas, das sie nicht benennen konnte. Es war mehr eine Empfindung, als dass sie Konkretes wahrnahm. Marie war mittlerweile sehr gut im Wahrnehmen solcher Empfindungen. Sie begann, sich sanft und leicht zu bewegen.

Es war ein zarter Sog, der sie aus dem Nordkuppelsaal, den Raum für Nofretete, in den Niobidensaal, der die Verbindung zum Südkuppelsaal mit der überlebensgroßen Herkulesstatue bildet, zog. Sie gab diesem leisen, doch spürbaren Sog nach. Marie wurde von einer imaginären Hand genommen und zu einer der Bänke in dem beeindruckenden Verbindungsgang gezogen. In diesem Verbindungsgang lag der Maria-Magdalena-Papyrus ausgestellt. Tageslicht strömte durch die Glasfenster. Marie hatte ihren Augen leicht geöffnet, um sich zu orientieren. Sie ließ sich vollends ziehen und wurde gebeten, Platz zu nehmen. So setzte sie sich zögerlich, blickte sich nochmals suchend um, obgleich sie tief in sich wusste, dass sie mit ihren physischen Augen nur Bruchteile dessen wahrnahm, was um sie geschah. Wer Augen hat zu sehen, der sehe …

Marie schloss ihre Augen ganz, weil ihr physisches Sehen sie mehr vom Geschehen ablenkte als es ihr half. Sie war vollends auf die gesamthafte Wahrnehmung ausgerichtet. Alle Antennen waren ausgefahren. Sie atmete tief und regelmäßig in ihr Herz. Das war für sie der Weg in ihr Inneres. Dorthin wurde sie gerufen.

Nun saß sie da, atmete – und wurde gewahr, dass jemand neben ihr saß. Sie konnte nicht sagen, wann sich diese oder dieser jemand neben sie gesetzt hatte. Es war keine konkrete bildliche Figur, sondern mehr eine Energie. Zuerst flüchtig wie ein Windhauch, doch dann mehr und mehr kraftvoll und eindeutig. Marie nahm klar wahr, dass es eine alterslose Frau war, die neben ihr saß. Sie lächelte sie freundlich an und nahm ihre Hand. Obgleich sich alles zart, sanft und warm anfühlte, spürte Marie eine kraftvolle Energie durch ihren physischen Körper fließen … ein angenehmes, stärkendes Gefühl. Sie richtete sich innerlich auf und war nun dieser Energie neben ihr vollkommen gewahr.

Da war sie - die sie seit Jahren kennenlernen wollte. Sie, die sie seit vielen Jahren begleitete … Marie wusste, dass Maria Magdalena, die spirituellen Gefährtin Jesu, neben ihr Platz genommen hatte. Natürlich nicht im sogenannten realen, physischen Leben. Doch was ist Realität? Hat Realität nicht viele Dimensionen? War Realität reines Bewusstsein? Marie empfand eine selten gekannte innere Gewissheit, dass es Maria Magdalena war. Keine Einbildung, sondern es war die ihr eigene Energie, die Marie Kraft ihres ausgeprägten inneren Wissens zur Seite saß.

Die beiden Frauen erkannten einander am Blick. Es mussten keine Worte gewechselt werden. Es wurde nicht im herkömmlichen Sinn gesprochen. Und doch gingen Botschaften zwischen den beiden hin und her, die von einer hohen Kraft und großen Reinheit waren. Wer Ohren hat zu hören, der höre.

Maria Magdalena, die als die spirituelle Vermittlerin zwischen Welten, dem Menschen und dem Göttlichen angesehen wird, saß ruhig und friedlich neben ihr. Maries Herz klopfte vernehmlich. Ihr gesamter Körper vibrierte leicht. Gleichzeitig war eine unbändige Freude in ihr. Sie fühlte die innere Verbundenheit, denn auch Marie war eine Vermittlerin zwischen Welt. Zwischen anderen Welten als Maria Magdalena, doch sie war ebenfalls Vermittlerin. Maria Magdalena vermittelte auf der inneren Ebene und schenkte die direkte Erkenntnis. Sie hatte die Heilige Hochzeit aus dem Männlichen und Weiblichen bereits im Herzen vollzogen und gilt auch heute noch als spirituell-symbolisches Beispiel für die gelebte Einheit aus Männlichem und Weiblichem. Sie ist Beispiel, wie man den eigenen Lebensweg meistert und den Tanz mit dem Leben lebt. Sie hinterließ viel … wer es fassen kann, der fasse es.

Marie versuchte sich zu orientieren. Wo fand diese Begegnung statt? Sie atmete, tief und gleichmäßig. Nach einiger Zeit wurde Marie bewusst - es war in einer Imaginale, in einem Zwischenreich aus Raum und Zeit. Es war das erste Mal, dass sie diesen Bereich, über den sie viel gelesen hatte, betrat. Symbolisch kann man dies auch als Nous, als RaumZeit zwischen dem Menschlich-Konkreten und dem Göttlich-Spirituellen bezeichnen. Es ist eine gedacht-gefühlte RaumZeit, die sich ergibt, wenn man sie zulässt. Manche bezeichnen sie als die ‚Nadelspitze der Seele‘. Diese RaumZeit ist jene, die der spirituellen Maria Magdalena zugeschrieben wird.

Für Marie war dies eine nahezu ungeheuerliche Erfahrung, doch sie war neugierig. Sie ließ sich sehr gerne in dieser für sie neuen RaumZeit auf die Begegnung ein – auch wenn sie nicht wusste, was auf sie zukommen sollte. Tiefes Vertrauen reichte für den Moment. Es war keine Nahtoderfahrung. Die kannte sie. Nein, es war das Empfinden eines erweiterten Bewusstseins. Ob es die Einheitserfahrung war, konnte Marie nicht sagen. Nicht in diesem Moment. Es war für sie ein Zustand, der von Frieden und großer Klarheit durchdrungen war. Es gab keine Intention, kein Machen und Tun. Es war wie reines Zuhause Sein.

In dieser RaumZeit konnte Maria Magdalena anbieten, Marie ihre Antworten zu Fragen zum Weg in die Einheit aus Weiblichem und Männlichem, zum Tanz mit dem Leben und zum Weg der Meisterschaft zu geben. Dazu lud sie Marie zu einem imaginären Spaziergang durch ein ebenso imaginäres Labyrinth ein.

„Ich bin hier und will dir den Weg zeigen, den du seit Jahren schon gehst und immer wieder fragst und zweifelst. Ich will dir die dir fehlenden Teile zeigen und dich in den bewussten Tanz mit dem Leben einführen.“ Hatte Maria Magdalena zu ihr gesprochen? Erstmals nahm Marie Sprache wahr. Sie erschrak, weil sie so etwas wie eine Stimme ‚hörte‘. Sie war leise und eindringlich, klar und deutlich.

„Bin ich nun vollends verrückt?“ fragte Marie sich. Doch es blieb ihr keine Zeit, ihren schlauen Verstand einzuschalten. Der Sog zog sie weiter in diese Imaginale, sanft und bestimmt zugleich.

„Lass uns gehen. Solvitur ambulando – es löst sich während des Gehens. Lass uns in unserer RaumZeit gehen,“ forderte Maria Magdalena sie sanft auf.

Marie war klar, was nun kam. Sie hatte so viel gelesen und nun konnte sie es endlich erfahren. Nichts musste groß besprochen werden, weil alles gesagt war. Marie wusste, es ging um das Labyrinth und das Symbolon. Endlich ging es los. Endlich – nach so vielen Jahren des Wartens, des Lesens, des Sammelns und des Lernens. Marie war gewahr und lauschte. Auch wenn sie vieles von dem, was nun kommen würde, schon kannte. Sie war offen und gespannt, ob Maria Magdalena ihr noch etwas mitgeben würde, das sie noch nicht kannte. Sie war tief in sich gewiss, dass sich ein Geheimnis enthüllen würde, das in die wahre Meisterschaft führt.

„Du musst wissen, das Labyrinth geht auf König Salomon und die Königin von Saba zurück. Es ist perfekt konstruiert. Es ist Ausdruck für die Meisterschaft am Lebensweg. Es ist das Symbol für Freiheit und für Liebe, für den Tanz des Lebens. Die Wahrheit ist dabei immer sehr einfach. Durch das Labyrinth zu gehen, gibt dem dafür Offenen die Möglichkeit, zu hören und zu sehen, was die Seele ihm sagen will und was dem Herz wichtig ist. Das Gehen ermöglicht die Verbindung des eigenen Inneren mit dem Göttlichen. Erreicht man den Mittelpunkt, dann kann man diese Stimme am deutlichsten wahrnehmen. Bleib frei von alten Vorstellungen während des Gehens. Lass sie am Eingang des Labyrinths liegen. Du brauchst sie da drinnen nicht. Sie sind wie schwere, unpraktische Taschen, die dich und deine Wahrnehmung von dem, was tatsächlich wichtig ist und sich dir zeigen will, ablenken. Danach - gehe langsam und atme. Es ist ein Gebet im Gehen, eine getanzte Meditation, die Geist, Körper und Seele vereint. Der Gang ermöglicht WeisheitsWissen. Er ermöglicht dir einen Blick in deine Seele und in dein Herz. Bleib offen für das, was sich zeigt. Dabei gibt es weder einen richtigen noch einen falschen Weg durch das Labyrinth. Es gibt nur den eigenen Weg. Hinsichtlich des Tempos gibt es auch keine Vorgaben. Jeder findet sein eigenes Tempo und geht es mit Disziplin und Hingabe. Das Labyrinth ist auch Ausdruck für sich kreuzende Lebenswege der Menschen. Lasse dem, der vor dir geht, genug Zeit für seinen Weg. Begegnet einander mit Respekt. Wenn man sich in Biegungen begegnet, lässt man den anderen schweigend passieren. Jeder ist auf seinem Weg unterwegs, doch trifft er immer wieder andere.

Das Labyrinth des Salomon hat 11 Kreise. Die 11 ist die Zahl für den Pfad der Einweihungen. Zählt man beide Kreissysteme zusammen, so gelangt man zur 22, die Zahl für die Vereinigung des Göttlich-Männlichen und des Göttlich-Weiblichen. 22 ist auch eine Zahl der Vollendung, der Ganzwerdung – eine Meisterzahl wie die 11 und die 33.

Da das Labyrinth 11 Kreise in der Version von Salomon hat, gibt es 11 Aspekte zur Verbindung des weiblichen Wegs und mit dem männlichen Weg.“

Marie hatte aufmerksam gelauscht, nichts gefragt, weil alles klar und deutlich vor sie gelegt wurde. Sie war vielmehr von der vielgestaltigen Symbolik angetan. Mehrfach hatte sie das große Labyrinth in der Kathedrale von Chartres besichtigt. Jedes Mal, wenn sie es durchschritt, geschah etwas Besonderes, etwas Bahnbrechendes in ihrem Leben. Umso aufmerksamer hatte Marie zugehört. Es war ein aktives Zuhören aus dem WeisheitsWissen. Sie hatte es über Jahre gelernt und daraus viel Nutzen für ihren Lebensalltag gezogen.

Maria Magdalena setzte sanft und mit leiser Stimme fort. „Das Symbolon