Elfen, Prinzessinnen und andere Märchen - Madeleine Winter - E-Book

Elfen, Prinzessinnen und andere Märchen E-Book

Madeleine Winter

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Beschreibung

Was passiert, wenn du in den Spiegel schaust? Was wirst du sehen? Eine Prinzessin wird dir ihre Geschichte erzählen. Aber nicht nur sie hat etwas zu berichten. Auch andere, die einem geflügelten Pferd oder Eisfrau begegnet sind. Und was passiert, wenn man den Spuren im Schnee folgt oder in der Wüste fast verdurstet? Fabelhafte Wesen, traumhafte Gestalten und ganz viel Magie begegnen dir in diesem Buch. Es ist eine Sammlung verschiedener Erzählungen und Märchen. Dabei spielen sie nicht nur in der Fantasiewelt, sondern auch in unserer. Mit dieser Geschichtensammlung begibst du dich auf eine fantastische und zugleich zauberhafte Reise.

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Veröffentlichungsjahr: 2022

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Kapitel 1 - Seelenschwester
Kapitel 2 - Ayla und Ithan
Kapitel 3 - Seelenwanderung
Kapitel 4 - Himmelswesen
Kapitel 5 - Schnee und Eis
Kapitel 6 - Spuren im Schnee
Kapitel 7 - Der Wüstenfuchs
Kapitel 8 - Die Anklage des Janis
Kapitel 9 - Der goldene Topf

 

 

 

 

 

 

 

 

Elfen, Prinzessinnen und andere Märchen

 

 

 

von

 

Madeleine Winter

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Kapitel 1 - Seelenschwester

Vor sehr langer Zeit lebten einst ein König und eine Königin in einem riesigen Schloss, von dessen man das ganze Land überblickte. Ein langer schmaler Fluss schlängelte sich durch große Weiden, Felder und Wälder.

Inmitten des flachen Landes erhob sich der hohe Hügel, auf dem das Schloss stand. Es hatte vier hohe Türme, einen mittelgroßen Turm sowie eine recht hohe Mauer. Innerhalb der Schlossmauern gab es einige Häuser sowie einen Schlossgarten.

Im Schloss selbst lebte das Königspaar zusammen mit seinen Bediensteten, Wächtern und der einzigen Tochter: Sophie.

Sophie war ein wunderschönes Mächen. Gerade fünfzehn Jahre jung, trug sie ihr langes blondes Haar immer offen. Es wellte sich über ihr weiß-hellblaues glitzerndes Kleid. Auf ihrem Haupt trug sie ein silbernes, funkelndes Diadem, welches im Sonnenlicht regenbogenfarben schimmerte.

Sophie liebte den Garten mit seinen vielen bunten Blumen und Blüten, sodass sie sehr oft in diesem anzutreffen war. Auch an diesem Tage hielt sie sich im Garten auf und genoss den frühlingshaften Duft der ersten Blumen, während einige Gärtner den Kräutergarten pflegten.

Ein Bote kam in den Garten und lief auf Sophie zu. Vor ihr blieb er stehen und verneigte sich.

„Eure Majestät bittet euch in den Thronsaal“, verkündete er und wartete einen Moment.

„Ich werde kommen“, antwortete sie und entließ den Boten, der sich daraufhin erneut verneigte und zurück zum Schloss lief.

Sophie roch noch einmal an der Blüte einer Magnolie, die sie in ihrer Hand hielt. Eine der vielen Blüten war bereits heruntergefallen.

Vorsichtig, ganz die Prinzessin, machte auch sie sich auf dem Weg zum Schloss.

Der König saß auf seinem königlich verzierten Thron und seine Frau daneben. So saßen beide nur da, wenn sie etwas Besonderes zu verkünden hatten.

Sophie verneigte sich vor ihren Eltern und grüßte sie herzlichst.

„Vater, Mutter. Ihr wünscht mich zu sprechen?“

„Liebes Kind. Deine Mutter und ich, wir sind zu dem Entschluss gekommen, dass es an der Zeit ist, dich zu vermählen.“

„Was?“, entfuhr es der Prinzessin, doch schnell fing sie sich wieder. „Entschuldigung Vater, aber warum denn ausgerechnet jetzt?“

„Du hast in wenigen Wochen deinen sechzehnten Geburtstag und in dem Alter haben Mutter und ich auch geheiratet. Außerdem könnten wir Bündnisse schließen, die für unser Reich eine hohe Bedeutung haben. Du weißt doch, dass du dieses schöne Leben hier nur hast, weil ich mit den angrenzenden Reichen Verhandlungen geführt habe, die bis heute anhalten und hoffentlich noch länger. Aber eine Heirat würde eines besser stellen. Darüber hatten wir doch schon einmal gesprochen“, erklärte ihr Vater.

„Ja, das hatten wir. Ich dachte nur, ich hätte noch etwas mehr Zeit..:“

„Die bekommst du auch. Wir wollen dir die Chance geben, dir einen hübschen Prinzen auszusuchen. Dafür haben wir ein Fest geplant. Die Hochzeit steht also noch nicht genau fest“, lächelte ihre Mutter, um Sophie Mut zu machen.

„Wann soll das Fest stattfinden?“, fragte sie vorsichtig.

„Wir gaben heute die Einladungen heraus. Es wird in einer Woche stattfinden“, antwortete dieses Mal ihr Vater.

„In einer Woche...“. Sophias Augen waren vor Schreck geweitet. Das nannten ihre Eltern „Zeit geben“? Doch sie wusste, an diesem Entschluss ließ sich nichts mehr ändern, also fügte sie sich ihrem Schicksal.

„In Ordnung, in einer Woche darf ich mir aussuchen, wenn ich einmal heiraten soll.“

„Genau“, bestätigte ihre Mutter freudestrahlend. Ihre Tochter bald in guten Händen zu wissen und somit das Reich zu schützen, war für sie genauso wichtig, wie für den König. Auch wenn dies bedeuten würde, ihre Tochter gehen lassen zu müssen.

 

***

 

Nach dem Gespräch mit ihren Eltern wurde Sophia ständig von ihren Zofen und einer Näherin umringt, die für den Ball ein zauberhaftes Kleid nähen sollten. Sie nahmen Maß, probierten verschiedene Frisuren aus und wählten besonderen Schmuck aus. Erst nachdem sie zufrieden waren, ließen sie Sophia endlich in ihrem Zimmer allein.

Sophia bewohnte ein großes Zimmer in einem der höheren Türme. Ihr Fenster zeigte nach Süden, sodass die Mittagssonne direkt auf ihr Bett fiel. Dort legte sie sich erschöpft hinein und starrte in den großen, mit Holzelementen verzierten, Standspiegel. Dieser war so groß, dass sie darin ihr ganzes Ebenbild sehen konnte.

Sophias blonde Haare hingen bis zum Boden herunter, da sie mit ihrem Bauch auf ihrem Bett lag. Doch sie sah sich nicht in dem Spiegel. Ihre Gedanken kreisten die ganze Zeit um das kommende Fest.

Würde sie einen tollen Prinzen finden? Wie würden die Prinzen sein?

Sophia war noch nie einem begegnet. Wenn es um die Angelegenheiten des Reiches ging, so kümmerten sich ihre Eltern darum. Schon als Kleinkind war sie lieber im Garten als bei langweiligen Verhandlungen. So aber bekam sie nie einen Prinzen oder König der anderen Reiche zu Gesicht. Ihre Mutter wollte nie, dass Sophia schon als Kind mit den Machenschaften des Reiches zu tun haben müsste, damit sie eine schöne Kindheit haben kann. Doch jetzt hatte Sophia Angst, da sie nicht weiß, wie sie mit den vielen Fremden umgehen soll.

In genau diesem Moment klopfte jemand.

„Ja?“, fragte Sophie und blickte zur Tür.

„Mama!“ Vor Schreck setzte sie sich auf das Bett.

„Ich habe mir gedacht, dass ich dich hier finden werde“, lächelte ihre Mutter.

„Wieso?“

„Die Zofen haben mir erzählt, du seist in den letzten Tagen so ruhig und so nachdenklich geworden. Dass du dich hier zurückziehst, war mir daher völlig klar.“

„Ja, das ganze Fest und der Trubel dafür, ist ganz schön anstrengend.“

„Wie ich hörte, hat man für dich aber ein ganz besonderes Outfit geplant. Du wirst wundervoll aussehen! Ich habe den Stoff gesehen und er ist zauberhaft!“

„Äh, Mama? Willst du nicht vielleicht heiraten?“, kicherte Sophia.

„Ich weiß, es ist nicht leicht. Dein Vater wollte dich am liebsten gleich verheiraten, aber das konnte ich ihm zum Glück ausreden. Außerdem bestand ich darauf, dass du dir deinen Zukünftigen aussuchen solltest. Die Wahl solltest du wenigstens haben.“

„Aber warum so schnell? Ich meine, kann ich mir nicht irgendwie Zeit lassen, die kennen zu lernen?“

„Ich werde darüber noch einmal mit deinem Vater reden. Vielleicht gibt er dir etwas Zeit. Aber ich kann es nicht versprechen. Es hängt soviel davon ab. Vielleicht müssen wir das mit den anderen Königshäusern erst noch besprechen. Aber lass das unsere Sorge sein, ich kümmere mich darum.“

„Danke, das ist lieb von dir. Du tust so viel für mich!“

„Weißt du, ich hatte damals nicht so eine Wahl. Meine Eltern haben mich an deinen Vater vermählt, ohne dass ich ihn weder kannte noch vorher irgendwo einmal gesehen habe. Das wollte ich dir nicht antun. Ich war damals genauso alt wie du heute und ich war totunglücklich mein Zuhause verlassen zu müssen und niemanden zu haben, den ich kannte.“

„Aber du liebst Papa doch?“

„Natürlich. Aber am Anfang wusste ich nicht, ob er ein guter Mensch war und hatte ziemlich viel Angst. Doch ich hatte das Glück, an einen so wohlerzogenen Mann zu geraten, sodass meine Liebe für ihn schließlich von alleine kam. Heute würde ich ihn für nichts eintauschen wollen.“

„Ob ich auch einen solchen Mann finden werde?“

„Bestimmt. Es werden zwanzig Prinzen kommen. Einer von Ihnen wird der richtige für dich sein. Ganz sicher“, damit verließ ihre Mutter das Zimmer und ließ Sophia allein.

Aus zwanzig Prinzen sollte sie also den einen finden. Sophia hoffte, ihre Mutter hatte Recht und der eine ist wirklich dabei.

 

***

 

So vergingen die letzten Tage wie im Flug und der Ballabend rückte immer näher. Den ganzen Tag verbrachten die Zofen damit, Sophia zu baden, in ihr Ballkleid zu stecken, die Haare zu frisieren, den Schmuck anzulegen und sie zu schminken. An diesem Abend stand sie im Mittelpunkt. Das wusste Sophia auch und starrte sich aufgeregt in ihrem Spiegel an.

„Mutter hatte Recht, der Stoff ist wirklich wunderschön.“

„Der und die Farbe, das passt einfach zu Euch, Majestät“, freute sich die Kammerzofe, die die letzten Schmuckstücke in Sophias Haar steckte.

Sophia wandte sich der Zofe zu. „Glaubt ihr, ich werde den Prinzen gefallen?“

„Natürlich, Miss. Warum sollte einem Prinzen so eine schöne Frau nicht gefallen?“, fragte die Zofe und hielt Sophia an ihren Armen fest, um ihr die Angst zu nehmen.

Völlig unverhofft erschienen ledrig graue Hände aus dem Spiegel und griffen nach der Prinzessin, sodass die Zofe erschrak. Sie ließ die Prinzessin los und stolperte einige Schritte rückwärts. Doch die Hände zogen die Prinzessin in den Spiegel hinein.

Laut und schrill schrie die Zofe bei diesem Anblick auf. Der Schrei war im ganzen Schloss zu hören. So schnell es ging, kamen Wachen in den Turm, in dem Sophias Zimmer war, aber Sophia war verschwunden.

„Was ist passiert?“, fragte eine der Wachen, als Sophias Mutter ins Gemach ihrer Tochter kam.

„Sophia... sie... im Spiegel...“, schluchzte die Zofe unverständlich.

„Was ist mit Sophia? Was meinst du mit „im Spiegel“?“, fragte Sophias Mutter und schüttelte das Mädchen.

„Etwas hat sie dort hineingezogen“, heulte die Zofe und zeigte auf den Standspiegel.

Während die Zofe das sagte, kam Sophias Vater mit dem jungen Prinzen Heinrich die Treppen hinauf ins Zimmer. Zu dritt, Mutter, Vater und Prinz, blickten sie in den Spiegel und entdeckten ein verzerrtes Abbild der Königstochter. Der Prinz konnte sie kaum erkennen. Sie alle sahen nur eine Gestalt, die sich am Glas des Spiegels entlang tastete. Helle Haare, blaues Kleid, etwas glitzerndes im Haar und im Kleid. Doch genaues konnte niemand ausmachen.

„Wie ist sie da reingekommen?“, fragte der Prinz. „Ich meine, was hat sie da reingezogen?“

„Ich... ich weiß nicht... Es sah aus... wie Hände... alte Hände...“, stotterte die Zofe.

Ein leises Murmeln schien vom Spiegel aus zu kommen.

„Moment, seid bitte alle kurz leise, ich glaube ich höre da etwas?“, fordert Prinz Heinrich die Anwesenden auf. Dann legte er sein Ohr auf den Spiegel, um besser hören zu können. Doch es halft nichts, er verstand kein einziges Wort.

Etwas oder jemand kam im Spiegel auf die Prinzessin zu. Auch die Sophia bemerkte dies und drehte sich um. Hinter ihr stand ein altes Weiblein. Bei näherer Betrachtung entdeckte sie die alten ledrigen Hände, von der die Zofe sprach, wie sie durch den Spiegel hören konnte.

„Hast du mich hierher gebracht?“

„Oh, ja das habe ich!“, krächzte die Stimme der alten Frau.

„Aber wieso? Was willst du von mir? Wozu bin ich hier?“

„Ich will deine Schönheit und deine Jugend! Wenn du sie mir gibst, lasse ich dich wieder gehen“, erklärte das alte Weib.

„Ich will zwar hier raus, aber wozu brauchst du meine Schönheit und Jugendlichkeit?“

„Das soll nicht wichtig für dich sein. Gib sie mir einfach und du darfst den Spiegel wieder verlassen.“

Sophia überlegte einen Moment. Sollte sie ihr wunderschönes Antlitz einer alten Frau geben und dann selbst du einer Hexe werden, wenn sie den Spiegel verlässt? Würde ein Prinz sie dann noch zur Frau nehmen?

„Gib mir, was ich verlange, sonst bleibst du für immer und ewig hier im Spiegel gefangen! Du hast keine andere Wahl!“

„Das glaube ich dir nicht“, sagte Sophia und wandte sich wieder dem Spiegel zu. Sie kratzte und klopfte an die Scheibe, ja sie tritt ganz jungenhaft gegen das Glas. Doch nichts befreite sie aus dieser Gefangenschaft. Wer war diese Frau, dass sie die Macht hatte, sie in einen Spiegel einzusperren?

Nach einer Weile gab sie auf. Nichts half ihr, hier herauszukommen. Sie hatte nur eine Wahl, wenn sie zu ihrer Familie zurückwollte. So willigte sie schließlich verzweifelt ein.

Die alte Frau sprach ihr völlig fremde Worte und das Glas wurde weich. Es füllte sich fast wie Wasser an.

„Du kannst jetzt gehen. Du bist frei“, erklärte die Hexe und verschwand in der Finsternis des Spiegels.

Sophia stieg durch den Spiegel und brach davor zusammen. Alle Umstehenden sahen das Mädchen wie eine Fremde an und wichen zurück.

„Wer seid ihr?“, fragte der König. „Was habt ihr mit meiner Tochter gemacht?“

In diesem Augenblick drehte sich die Prinzessin um und erkannte das alte Weib im Spiegel, doch sie brauchte einen Moment, um zu verstehen, dass dies nun ihr eigenes Spiegelbild war.

---ENDE DER LESEPROBE---