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Als Orien gemütlich am Teich sitzt, begegnet sie dem sprechenden Schwan Ethien. Doch dieser ist eigentlich ein Elfenkrieger, der bei einem Ausritt mit seinen Freunden von einer Hexe verzaubert wurde. Bei seiner Flucht verliert er den Kontakt zu seinen Begleitern und sucht nun nach diesen. Sind sie vielleicht auch verwandelt worden? Orien will ihm bei der Suche helfen und kehrt zum Ursprung seiner Geschichte zurück. Doch alles was sie im düsteren Wald Darantha finden kann, ist das Hexenhaus und die darin lebende Hexe, die ihn verzaubert hat. Dabei gerät sie selber in Gefahr und verliert ihre Erinnerungen und jegliches Zeitgefühl.
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Veröffentlichungsjahr: 2022
von
Madeleine Winter
Kapitel 1
Eine Libelle huschte über den Teich, an dem die Elfenkriegerin Orien mit ihrem Pferd Simala saß. Gedankenverloren blickte sich Orien um. Viele Teichpflanzen, wie das Schilfrohr, umsäumten den Teich. Nur an der Stelle, an der Orien saß, war dies nicht der Fall. Dort wuchsen nur kurze Gräser und viel Moos. Auf diesem weichen, aber feuchten Moos hatte sich Orien niedergelassen. Ihr Pferd hatte sich neben sie gelegt und so konnte sich Orien an ihr Pferd anlehnen.
Orien blickte in den Himmel. Die kleine Waldlichtung spendete viel Licht. Die Sonne aber stand noch recht tief, denn sie schaffte es noch nicht über die Baumspitzen drüber. Dennoch war es ein angenehmer Morgen und selbst im Wald nicht zu frisch. Simala schüttelte ihren Kopf.
„Plagen dich schon wieder diese lästigen Fliegen?“, fragte sie ihr Pferd, welches daraufhin schnaubte, als hätte es die Frage verstanden.
„Es ist doch noch gar nicht so warm, ich frage mich, wo die schon wieder herkommen“, dachte Orien laut und bemerkt plötzlich eine Bewegung im Augenwinkel. Ist da etwa gerade eine Ente auf dem Teich gelandet? Das Platschen im Wasser bestätigte Oriens Vermutung. Doch es war keine Ente, die sie nun erblickte, sondern ein wunderschöner weißer Schwan.
Langsam schwamm der Schwan an sie heran.
„Du bist aber zutraulich“, sprach sie den Schwan an und beobachtete ihn eine Weile.
Der Schwan paddelte ans Ende des Teiches, genau an die Stelle, wo sich die junge blonde Elfin mit ihrem Pferd platziert hatte. Mit seinen kurzen Beinen watschelte der Schwan vorsichtig an ihr vorbei und setzte sich ebenfalls in das weiche und feuchte Moos. Aber die Feuchtigkeit schien ihm überhaupt nichts auszumachen. Mit seinem langen Hals überblickte der Schwan die Lichtung und beobachtete Orien. Dabei wirkte er traurig und einige kleine Tropfen, die Perlen ähnelten, rannen aus den schwarzen Augen des Schwans.
„Hallo Schwan, ich bin Orien, sei gegrüßt! Du siehst so traurig aus. Geht es dir gut?“, fragte Orien mit leiser Stimme den Schwan, erwartete jedoch keine Antwort.
Der Schwan blickte die Elfin an und schüttelte seinen Kopf.
„Was machst du denn hier so allein?“, fragte Orien.
„Ich verstecke mich“, sprach eine männliche Stimme und Orien erschrak. Sofort sprang sie auf und blickte sich um. Woher kam die Stimme und warum hat sie den Mann nicht schon vorher bemerkt?
„Ich bin hier unten, der Schwan“, erklärte das gefiederte Tier neben ihr.
„Aber ... warum kannst du sprechen? Ich habe noch nie ein einziges Tier sprechen gehört!“
„Das liegt daran, dass ich wohl kein echtes Tier bin, sondern nur in eines verwandelt wurde“, berichtete der Schwan.
„Ich wundere mich, wieso du mich tatsächlich verstehen kannst...“, brabbelt der Schwan leise vor sich hin.
„Verwandelt? Aber von wem und wieso?“, fragte Orien, während sie sich wieder auf das Moos setzt. Seinen letzten Satz vernahm sie jedoch nicht.
„So genau weiß ich das auch nicht. Es ist schon eine Weile her.“
„Dann erzähl mir doch einfach, an was du dich noch erinnern kannst“, schlug Orien vor.
„Mein Name ist Ethien und eigentlich bin ich ein Krieger aus dem Elfendorf Keralyn. Zusammen mit meinen Freunden Tharian und Eloy war ich vor Monaten unterwegs. Wir ritten aus und erkundeten die Gegend viele Tagesmärsche von unserem Dorf entfernt. Dabei haben wir diesen vermaledeiten Hexenwald entdeckt. Wären wir nur nicht hineingegangen!“, schimpfte der Schwan mit sich selbst, sodass wieder eine Träne über sein Gesicht rollte.
Vorsichtig näherte sich Orien ihm und wusste nicht, ob sie ihn streicheln dürfte, um ihm Trost zu spenden. Ethien beachtete sie nicht und sprach weiter.
„Ich nannte den Wald immer „Düsterwald“, weil er so finster war. Wir scherzten sogar noch ein wenig darüber. Aber ich glaube, der Wald heißt eigentlich „Darantha“. Das habe ich von ein paar Bauern aufgeschnappt, denen ich mal begegnet bin. Da war ich allerdings schon längst ein Schwan. Die Bauern erzählten etwas von riesigen Spinnen, daher soll der Name des Waldes kommen. Und ich habe lange überlegt, ob wir tatsächlich solchen Spinnen begegnet sein könnten. Sicher bin ich mir nicht mehr. Aber ich weiß noch, wie kahl die Bäume dort waren, und alles sah so... kaputt aus, so verdorben. Ich kann mich nicht mal erinnern, ob wir da überhaupt irgendein Tier gesehen haben. Und neblig war es dort! Dabei hatten wir Hochsommer und es war weit nach Mittag. Wir fanden das sehr ungewöhnlich.“
„Und dennoch seid ihr in den Wald gegangen?“, fragte Orien.
„Ja, sind wir. Wir dachten, es sei eine Abkürzung zur nächstgelegenen Stadt. Doch irgendwann, als wir schon weit im Wald drin waren, verdichtete sich der Nebel immer mehr und ich konnte meine Freunde nicht mehr sehen. Alles, was weiter weg als eine Armlänge war, war im Nebel verschwunden. Natürlich habe ich sie gerufen, aber der Nebel schien auch meine Stimme und die meiner Freunde verschluckt zu haben. Ich lief ein Stück zurück, aber bald wusste ich schon gar nicht mehr, ob ich auf dem richtigen Weg war. Der Nebel zog nicht mehr auf. Also versuchte ich mich selbst irgendwie zu der Stadt durchzuschlagen. Aber das einzige was ich sah, war eine Hütte in diesem grässlichen Wald. Auch ein kleiner Garten, der schon lange nicht mehr gepflegt wurde, gab es dort.
Ich stieg vom Pferd und ließ es vor der Holzhütte stehen, klopfte an die Haustür, doch die war noch nicht einmal verschlossen.