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Eine Polizistin. Eine Erbin. Eine Mörderin. Eine Vergangenheit. Die alle schicksalshaft miteinander verbindet. *** Eine Entführung, die grausame Geheimnisse ans Tageslicht bringt und eine Polizistin, deren Leben beinah aus den Fugen gerät. Ungeklärte Fälle und eine schwere private Last nagen an ihrem Gemüt. Wieviel wird sie noch erleben, bevor sie das Knäuel der unheimlichen Geschehnisse entwirren kann? Wem kann sie noch vertrauen? Wer betrügt sie und wer spielt ein doppeltes Spiel? Es dauert nicht lange, bis sie begreift, dass auch auf ihr der Fluch des Todes liegt. Nun ist ihre Stärke gefragt. Es geht auch um ihren Sohn.
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Seitenzahl: 403
Veröffentlichungsjahr: 2020
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Nach meinem Debütroman „Gloria – Zerfall in Lands End“ im Jahr 2019 und dem ermutigenden Feedback, welches mir entgegengebracht wurde, habe ich in den vergangenen Monaten meinen neuen und somit zweiten Roman geschrieben. Im Mittelpunkt steht die Polizistin Emma.
Leser des ersten Buches werden einige Figuren in der neuen Geschichte wiederfinden. Außerdem knüpfe ich mit „Emma“ an einige Stränge des Vorgängerbuches nahtlos an und lasse die traumhafte Landschaft Cornwalls erneut vor dem geistigen Auge des Lesers erscheinen.
Ich wurde inspiriert durch viele interessante Begegnungen, durch meine Reisen ins beschauliche Südengland und natürlich durch meine Familie und enge Freunde. Besonders möchte ich mich für die Unterstützung bei meinen Eltern bedanken. Danke Frank für das besondere Feedback und die Hinweise als der erste Leser meines zweiten Buches, als es sich noch im Rohzustand befand. Danke auch an Anne, Katrin und Marianne. Gleichfalls ein großes Dankeschön an Vera, die schon sehnsüchtig auf den nächsten Plot wartet.
Und natürlich möchte ich mich bei allen meinen bisherigen Lesern bedanken, die mich angefeuert und motiviert haben weiter auf kriminalistischen Pfaden zu wandeln. Ich hoffe sehr, dass mein zweiter Roman Euch wieder gefällt und fesseln wird. In diesem Sinne freue ich mich schon jetzt auf ein Wiedersehen zum dritten Streich in Cornwall.
Bisher erschienen:
Gloria – Zerfall in Lands End (ISBN 9783743102538)
GLORIA – Zerfall in Lands End
Nachdem auch ihr Opa gestorben war und die vier Schwestern der Familie MaplewooddasErbe gemeinsam antraten, sahen sich Marisa, Sophie, Megan und Lily nicht nur mit der Vergangenheit konfrontiert, sondern hatten auch noch mit ihrer langjährigen Hausdame Gloria – die eine falsche Identität angenommen hatte und eigentlich zum Abiello-Mafiaclan gehörte - und deren Machenschaften zu kämpfen.
Schlussendlich, als sich die Geheimnisse der Vergangenheit offenbarten, hatten sie die falsche Gloria „besiegt“, die Richtige gefunden und nach und nach kehrte Ruhe in das Leben der vier Schwestern ein. Sie vermissten lediglich ihre alte Freundin Dolores, die Lily, eine der Schwestern, schützen wollte und in Notwehr ein nahes Familienmitglied getötet hatte.
Doch die Schwestern hatten nicht damit gerechnet, dass das Leben noch die ein oder andere Überraschung und Schicksalsschläge bereithielt.
THE CORNISH TIMES
***Kind (10J.) bei Kinderfest spurlos verschwunden***
2010
***Mädchen (10J.) beim Spielen am Strand entführt***
2011
***Junge (10J.) mit seinem Rad verschwunden***
2012
VOM TÄTER KEINE SPUR
Prolog
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Kapitel
Epilog
2009
Cornwall, irgendwo in Lands End
Meeresrauschen und Gedanken kreisen,
wie bittersüß du kannst verweisen.
Der Hauch des Atems ganz verflacht,
die Todeslust ist nun vollbracht.
In großer Not die Tränen fließen,
alsbald die Augen für ewig schließen.
Erst eins, dann zwei – sag‘ Lebewohl und hab Acht,
dein Geist begrüßt den Herrn zur Mitternacht.
Ob deine Sünden jemals vergeben,
deine Stimmen schwer in Luft aufgehen.
Deine Seele war die ganze Macht,
ein alter Schmerz von Neuem entfacht.
„Hallo Gloria“, sprach sie leise mit hoher Stimme und beugte sich über den blassen Leichnam. Verwesender Geruch lag in der Luft. Es war stickig in dem engen Raum unter dem Dach einer kleinen Pension.
„Oder soll ich lieber Sophia zu dir sagen?“ Die junge, schlanke Frau blickte sich in dem aufgeräumt wirkenden Zimmer um. Die Sonnenbrille ins rötliche Haar gesteckt, lief sie auf ihren spitzen Absätzen über den Dielenboden und schien nach etwas zu suchen. Zögerlich öffnete die Frau einige Schubladen und drehte alte Zeitungen um. Sie kaute dabei nervös auf einem Kaugummi und tippte mit den lackierten Fingernägeln auf ihrem Handy herum.
„Nun ja. Dein Plan ging nicht auf. Mutter ist sehr wütend. Fortan werden wir uns wohl kümmern müssen. Diese Maplewood Schwestern haben dir nur Unheil gebracht und nützen uns kaum noch etwas. Die haben eh nur sich selbst im Kopf. Mir schwebt da schon etwas völlig anderes vor. Mutter ist begeistert von meiner Idee.“
Voller Stolz und Genugtuung redete sie auf den leblosen Körper von Sophia Abiello ein. Dann ging ihr Blick aus dem Fenster hinaus ins Grüne und die schmale Straße hinunter.
„Ach, da kommt er ja“, sagte sie erfreut zu sich selbst, setzte die Sonnenbrille auf und machte auf der Stelle kehrt und nahm die steilen Stufen hinunter.
Auf halber Treppe kam ihr ein großgewachsener Mann mit dunklen Haaren entgegen.
„Guten Tag Inspektor. Ich bin froh, dass wir diese Angelegenheit vertraulich behandeln können.“ Sie ging eine Stufe auf ihn zu, beugte sich zu ihm herunter und flüsterte in sein Ohr: „Da hast du dir eine besondere Belohnung verdient, dass du uns diesen Dorf-Sheriff vom Leib gehalten hast. Bis heute Abend.“ Ihre knallroten Lippen waren so dicht an seinem linken Ohr, dass er von ihrem Hauchen eine Gänsehaut vor Erregung bekam. Beide grinsten sich an.
Die junge Frau stolzierte mit zufriedenem Blick die Treppe hinunter, ging hinaus, setzte sich in ihr Auto und fuhr fort.
Neben ihr auf dem Beifahrersitz stand eine kleine Kiste. Sie blickte kurz darauf und musste plötzlich laut lachen.
„Danke du altes Weib für dein Vertrauen. Es war mir eine Ehre deine Pflegerin zu sein.“ Sie lachte erneut und ihr Auto fuhr immer schneller die kurvigen Straßen entlang. Sie spürte pures Glück.
Ein Augenblick der Unachtsamkeit und das Auto flog zu schnell in die enge Kurve. Sie trat voll auf die Bremsen, aber das Pedal gab einen kaum spürbaren Gegendruck. Plötzlich veränderte sich ihr Gesichtsausdruck innerhalb Sekunden von Glückseligkeit in fassungslose Todesangst.
Oh, mein Gott, die Bremsen versagten. Vor Panik fiel sie in Ohnmacht.
Schuld und Sühne nun vollbracht,
der Todesfluch auf ewig wacht.
Die endlose Rache nie gewesen,
Eins, zwei, drei – wer hat’s gesehen?
5 Jahre später
Sonntag, 14. September 2014
Cornwall, St. Mawes
Tag der Entführung
„Es war einmal mitten im Winter und die Schneeflocken fielen wie Federn vom Himmel herab. Da saß eine Königin an einem Fenster, das einen Rahmen von schwarzem Ebenholz hatte und nähte. Und wie sie so nähte und nach dem Schnee aufblickte, stach sie sich mit der Nadel in den Finger, und es fielen drei Tropfen Blut...“ Plötzlich klopfte es an der Tür.
Es war ein lauer Spätsommerabend und der Horizont erstrahlte immer noch feuerrot vom Sonnenuntergang über der Bucht von Falmouth. Eva Nightingale hatte die Kinderzimmertür zum Balkon angewinkelt und eine leichte angenehme Meeresbrise wehte herein. Bei genauem Hinhören konnte man die Blätter der Bäume rascheln hören.
Das Windspiel oben an der Decke des Kinderzimmers drehte sich unaufhaltsam im Wind. Kleine funkelnde Sterne wurden an die Decke und Wände projiziert. Eva hatte ihren Sohn Patrick gerade zu Bett gebracht. Er war ihr Ein und Alles. Gerade jetzt, wo ihr Mann um die Wählergunst bei gefühlt jedem Bürger eine Ansprache hielt, war ihr Sohn für sie ein kleiner Fels. Trotz seiner zehn Jahre galt er schon als Meisterschüler und absolvierte bereits Wettkämpfe bei Rudermeisterschaften auf den Carrick Roads.
Die Familie Nightingale wohnte im kleinen Dorf St. Mawes, gegenüber von Falmouth in der Castle Road in einem gemütlichen Haus. Ihr Mann war an diesem Abend mit Freunden in der Stadt zu einem Pokerspiel. Eva wollte deshalb noch ein gutes Buch bei einem Glas Rotwein lesen.
Doch zuerst war ihr Sohn dran. Wie fast jeden Abend las sie ihm ein anderes Märchen vor. Diesmal war es Schneewittchen. Doch ein Klopfen an der Haustür unterbrach die Zweisamkeit. Erneut. Patrick war schon beinahe eingeschlafen. Eva stand auf, legte das Buch auf den kleinen Nachttisch, streichelte ihrem Sohn über den Kopf und verließ das Zimmer. Eva blickte auf ihre teure Armbanduhr und überlegte, wer um diese Zeit noch kommen würde um sie zu besuchen. Sie drückte den Lichtschalter an der Treppe, ging die Stufen hinunter und öffnete die Tür. Eine salzige Brise wehte ihr um die Nase, es wurde frisch.
Eva verschränkte die Arme vor sich und blickte fragend umher. Lediglich ein paar kleine Lichter auf dem Fußweg erhellten die Szenerie, sonst nur Dunkelheit. Am Firmament konnte man immer noch einen roten Schleier der Dämmerung erkennen. „Hallo? Ist da wer?“ Eva trat einen Schritt hinaus.
Es knarrte unter ihren Füßen. Sie zuckte kurz zusammen. Schaute nach unten und entdeckte die lose Platte unter sich. „Mist. Hat Ralph die immer noch nicht repariert“, stellte sie leicht entnervt fest. Sie blickte hoch und konnte niemanden sehen. Hatte es wirklich geklopft oder hatte sie sich das nur eingebildet? Vielleicht hat der Wind ihr nur einen Streich gespielt. Eva trat zurück ins Haus und schloss die Tür.
Sie ging kurz in die Küche, nippte an ihrem Glas mit dem Rotwein und freute sich schon auf ihr Buch. Da bemerkte sie plötzlich eine Bewegung im Augenwinkel. Sie schaute nach links durch das Küchenfenster.
Der Dost bewegte sich lediglich im Wind hin und her. Sie hörte ein Knistern und zuckte zusammen. Was war das? Da fiel plötzlich eine Tür zu. Es kam aus dem Obergeschoss. Eva stellte das Weinglas ab, schaute noch einmal aus dem Küchenfenster, entdeckte jedoch nichts. Sie ging die Treppen hinauf. Die Tür zum Kinderzimmer war ins Schloss gefallen. Der Wind musste zugenommen haben.
Eva öffnete die Zimmertür und ging zum Fenster, um es zu schließen. Da knirschte es unter ihren Füßen. Sie blickte nach unten und konnte funkelnde Scherben im Dämmerlicht erkennen. Eva bückte sich. Glasscherben. Das Fenster war am unteren Rand eingeschlagen. Sie verriegelte es und wunderte sich. War der Wind so heftig? „Patrick, was war hier los?“, fragte sie leise ihren Sohn in der Annahme er wäre erwacht und drehte sich zu seinem Bett um. Sie blieb abrupt und mit offenem Mund stehen.
Die Zudecke war zur Seite gelegt. Patrick lag nicht im Bett. „Patrick? Bist du im Bad?“, fragte die Mutter mit einem leichten Anflug von Panik. Sie ging aus dem Zimmer zum Badezimmer. Die Tür stand offen, es war dunkel. Keine Spur von dem Jungen.
Eva rannte die Treppe hinunter, öffnete die Haustür: „Patrick!“, rief sie laut. Kein Ton. Sie ging wieder rein, schloss die Tür und suchte alle Zimmer unten nach ihrem Sohn rufend ab. Keine Antwort. Hatte sie doch schon zu viel Rotwein getrunken? Sie ging erneut nach oben, in der Hoffnung, dass alles nur ein Traum war. Eva schloss für einen Moment ihre Augen, holte tief Luft und sprach ein kurzes Gebet aus.
Immer noch kein Patrick. Kein zehnjähriger Junge. Nirgendwo. Sie rannte in das Kinderzimmer und rutschte auf den Glasscherben aus. Einige Glasscherben ritzten Wunden in ihre Hände als sie fiel.
Mit blutverschmierten Händen öffnete sie die Balkontür, ging hinaus und rief nach ihrem Sohn: „Patrick?“
Wieder nichts. Eva Nightingale sackte kraftlos und unter Tränen auf dem Balkon zusammen. Sie hoffte, dass es nur ein ganz schlimmer Alptraum war. Ihr Körper vibrierte vor Angst.
Plötzlich hörte sie wie erneut eine Tür ins Schloss fiel. Eva Nightingale hatte große Angst und kauerte zusammengerollt in einer Ecke auf dem Balkon. Zum Glück konnte sie an diesem Abend noch nicht ahnen, dass dies erst der Anfang einer Reihe von Schicksalsschlägen sein sollte.
Freitag, 13. Dezember 2013
London
9 Monate vor der Entführung
Überall funkelten die kleinen bunten Lichter in den Schaufenstern und auf den Straßen im Herzen von Englands Hauptstadt. Die vielen fröhlichen Gesichter in der Vorweihnachtszeit waren schier unendlich. Leicht mit Schnee bedeckte Straßen dämpften den Verkehrslärm. An der Kreuzung von Marble Arch standen hunderte Passanten. Alle hatten nur ein Ziel. Das Winter-Wonderland im Hyde-Park. Noch mehr funkelnde Lichter, unzählige Fahrgeschäfte und der Duft von Zuckerwatte und kandierten Nüssen ließen die Gesichter der Besucher strahlen. Auch das kleine Hexenhaus am Rande des Rummels war bei den Besuchern beliebt. Besonders bei Kindern. Es war mit vielen bunten Lebkuchen geschmückt und Zuckerwatte klebte an den Fenstern.
Wieder trat eine Familie in das kleine Hexenhaus, nachdem aus einem Lautsprecher vom Dach „Herein, herein, so kommt und staunet nur“ tönte.
Im Inneren wirkte das Häuschen viel größer, als es von außen den Anschein machte. Es war gemütlich eingerichtet. Allerdings glich es mehr einem Verkaufsladen. Süßigkeiten wohin das Auge blickte. Verschiedene Lebkuchen, Schokolinsen und kandierte Nüsse standen in vielen kleinen Krügen und warteten darauf vernascht zu werden.
Die kleinen Kinderaugen kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Über die Beliebtheit ihres Hexenhauses war sich die Besitzerin im Klaren. Ms Norris saß in der Mitte des einzigen Raumes und beobachtete mit ihren kleinen Augen das Treiben an den Zuckerdosen und den Schokobrunnen. Vor ihr lagen eine Glaskugel mit Rauch und mehrere kleine Schneekugeln. Drei Kinder standen plötzlich vor ihr und holten sie aus ihren Tagträumen heraus. Schokoriegel, Zuckerlutscher und saure Stangen kauften die Kinder bei Ms Norris ein. Die Jungen und Mädchen strahlten über beide Ohren und Ms Norris freute sich über glückliche Kinder.
Sie ahnte zu diesem Zeitpunkt noch nicht, dass dieser Tag – Freitag der 13. – ihr Leben noch verändern würde.
Ms Norris machte ihrem Häuschen alle Ehre und stand in einem dunklen Hexenkostüm und mit aufgeklebter Warze im Gesicht am Tresen. Sie räusperte sich kurz und kassierte die Kinder ab. Als Dankeschön erhielt jeder von ihnen ein kleines Stück frischen Blaubeerkuchen – nach einem Rezept ihrer Mutter – auf die Hand. Die Kinder rannten glücklich hinaus und Ms Norris ließ sich wieder auf ihrem Stuhl nieder.
Kurze Zeit später hörte sie tumultartige Schreie von draußen.
Sie stand auf und ging zur Tür. Die Laternen an den Wegen klapperten, Müllbeutel flogen umher. Ein Sturm war aufgezogen. Da kamen wieder Schreie. Zwei Frauen rannten mit Händen im Gesicht an dem kleinen Hexenhaus vorbei. Ms Norris stand unsicher da und hielt sich krampfhaft am Türrahmen fest. Was war los? Was war geschehen?
Der starke Wind ließ wieder nach. Ms Norris bemerkte, dass die Laternen flackerten. Sie blickte hinauf und entdeckte eine große Krähe. Sie hatte kurzzeitig das Gefühl, die Krähe würde sie beobachten. Die ältere Dame verschwand leicht panisch in ihrem Hexenhaus und knallte die Tür von innen zu.
Sie gönnte sich einen heißen Grog und ließ sich erneut auf ihrem Stuhl nieder.
Da sprang plötzlich die Tür auf. Sie erschrak und verschluckte sich an ihrem heißen Getränk.
Ein Riese, ein Monster stand in der Tür. Sie bekam nasse Hände und Schnappatmung. Sie schaute in ihre Tasse mit dem Grog. Sie war leer. Blickte wieder auf und da stand ein junger Constable. Hatte sie nur Halluzinationen? So weit war es mit ihr schon gekommen. Für einen kurzen Moment sehnte sie sich danach Cannabis zu rauchen, blickte dann aber mit fragendem Blick wieder hoch zum Constable.
„Verkaufen Sie diesen Kuchen Ms?“, fragte der junge Mann.
„Ja aber natürlich. Das ist der leckere Blaubeerkuchen nach dem Rezept meiner Mutter“, antwortete Ms Norris freundlich.
„Ms Norris würden Sie bitte mit mir aufs Revier mitkommen? Sie sind vorläufig wegen Vergiftung von Personen festgenommen.“
„Was? Wieso denn das? Was ist los?“, schrie sie auf und sprang von ihrem Stuhl hoch. Eine junge Frau betrat das Hexenhaus und zeigte mit dem Finger auf Ms Norris. Die alte Dame erkannte sie. Es war die Mutter eines der Kinder, die vorher Süßigkeiten gekauft hatten.
„Sie wollten uns vergiften. Ein Bissen von diesem Kuchen und wir haben angefangen uns zu übergeben. Magenkrämpfe. Meinem Sohn ist immer noch übel.“
Ms Norris schaute völlig irritiert: „Aber das kann doch nicht sein. Ich habe diesen Kuchen eigenhändig gebacken. Die Beeren aus meinem Garten gepflückt.“ Ihr Gesicht wurde aschfahl und ein paar Tränen liefen über die Wangen. Sie war völlig fassungslos.
Der Constable bekam über sein Funkgerät eine Durchsage, die nur schwer zu verstehen war.
„Was sagten Sie nochmal? Woher haben Sie die Beeren? Aus Ihrem Garten? Das ich nicht lache. Die ganzen Räucherstäbchen haben wohl ihr Gehirn derart vernebelt, dass sie Blaubeeren nicht mehr von den ähnlich aussehenden Rauschbeeren unterscheiden können. Was haben Sie sich dabei gedacht? Ach, stehen Sie auf und kommen Sie mit. Sie sind verhaftet!“, sprach der Constable zornig und packte die alte Dame am Arm und zog sie an der wütenden Mutter vorbei ins Freie. Diese schaute beruhigt hinterher.
Allerdings waren die Schreie immer noch zu hören. Ms Norris fragte den Constable, was los sei, doch dieser reagierte nicht. Da kam ein anderer Constable angerannt. „Schnell, wir sammeln alle verfügbaren Kräfte, ich brauch dringend dein Funkgerät. Es sind zwei Kinder verschwunden. Wir müssen den Festplatz abriegeln und nach ihnen suchen.“ Der andere Constable rannte mit dem Funkgerät davon. Ms Norris fuchtelte auf einmal wie verrückt und sprang auf und ab und befreite sich aus dem harten Griff.
„Ich muss dahin. Ich kann helfen. Ich werde die Kinder finden“, schrie sie und torkelte los, stürzte jedoch wenige Meter weiter nach vorne auf den Weg. „Ich brauche Verstärkung“, brüllte der junge Constable und packte Ms Norris hoch und schüttelte sie kräftig durch. „Was ist in Sie gefahren? Sie kommen jetzt mit. Oder haben Sie auch etwas mit den verschwundenen Kindern zu tun? Wehe Ihnen.“ Er war völlig außer sich. „Sie sind wohl noch in der Ausbildung. Ihre Motivation übersteigt ja alles, was sich bisher erlebt habe“, lallte Ms Norris. Sie hatte wohl an diesem Abend zu tief in das Glas mit dem Grog geschaut. Ihr Körper wurde schwerer und ihre Augen fielen zu. Der Constable schaffte es geradeso sie in das Auto zu wuchten. Dann fuhren sie zum nächsten Polizeirevier.
Später am Abend lag das Winter-Wonderland ruhig da. Es herrschte Totenstille. Die Imbisse und Fahrgeschäfte hatten nur kurz nach Bekanntwerden der zwei vermissten Kinder geschlossen. Leichter Schnee rieselte von oben herab. Die letzten Laternen und Glühlampen an den Ständen wurden ausgeschaltet. Gespenstische Stille lag über dem Gelände.
Für drei Familien wird ab diesem Abend nichts mehr so sein wie es einmal war. Zwei Kinder sind verschwunden. Ein Kind litt unter so starken Magenschmerzen und Krämpfen, dass es beim Übergeben nur noch Galle spuckte und mindestens eine Nacht im Krankenhaus verbringen muss. Für drei Familien war das schlechte Omen vom Freitag, dem 13. wahr geworden. Und auch für die neueste Bewohnerin einer Londoner Haftanstalt hatte dieser Tag alles dafür getan, um seinem Ruf gerecht zu werden. Doch diese Frau strahlte in ihrer Zelle über beide Gesichtshälften.
Ms Norris schien einfach nur glücklich.
Samstag, 14. Dezember 2013
Truro, Kathedrale
9 Monate vor der Entführung
„Im Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes. Amen“, flüsterte die einsame Gestalt auf einer der hinteren Sitzreihen der Kathedrale von Truro. Die Kathedrale war im neugotischen Stil errichtet worden und überragte alle Gebäude der Hauptstadt Cornwalls. Es war neblig und windig an diesem winterlichen Samstagmorgen in Truro und nur wenige Passanten verirrten sich in das Gotteshaus.
Aufgrund seiner Größe wurde es auch nie richtig warm innendrin. Die Lichter einiger Kerzen flackerten im immer wiederkehrenden Wind, der sich durch Passanten geöffnete Türen bemerkbar machte. Es war noch früh und es sollte noch eine Weile dauern, bis die ersten musikalischen Klänge ertönten. Auch Ms Wilhelmina Potts war an diesem Morgen in der Kathedrale. Sie zündete mehrere Kerzen an und steckte sie zurück in die Kerzenhalter. Danach verteilte sie an verschiedenen Ecken im Gotteshaus mehrere kopierte Seiten aus der Bibel und aus einem Buch mit weihnachtlichen Liedern. Ms Potts war Nonne und bereitete sich schon mental auf das Stundengebet vor.
Sie mochte diese morgendliche Ruhe. In der Ferne das leise Geräusch des Windes, der sich seinen Weg durch die vielen kleinen Ritzen des alten Gebäudes suchte. Es entspannte sie, morgens aus der Tür zu treten, die frische Luft einzuatmen, Vögel zu beobachten und mit einem sanften Lächeln in den Tag zu starten. In ihrem Gewand fühlte sie sich an diesem Tag besonders wohl, da sie das Gefühl hatte, vor der eisigen Kälte des Windes, welcher vom Ärmelkanal herüber wehte, geschützter zu sein.
Eher beiläufig bemerkte Schwester Wilhelmina- wie ihr Ordensname lautete - bei ihrem Rundgang durch die Kathedrale den Gast auf einer hinteren Sitzbank. Sie konnte sich nicht erinnern, diesen Kirchgänger jemals gesehen zu haben, da zur kalten Jahreszeit meistens nur Stammbesucher das Gotteshaus aufsuchten. Allerdings trug dieser Gast auch einen dicken großen Mantel und hatte die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Lediglich mit seinen zusammengefalteten Händen stützte er sich auf der Vorderbank ab. Als Ms Potts ihm beim Verteilen der Blätter näherkam, bemerkte sie ein Grummeln, ein Flüstern, dann ein Schluchzen. Als Nonne hatte sie es im Blut und es war ihr ein Bedürfnis, anderen Menschen zu helfen. Sie näherte sich weiter unauffällig und stellte sich nur wenige Meter in dieselbe Sitzreihe und bedachte das heilige Kreuz am anderen Ende des großen Raumes.
„Oh Heiliger Vater, so vergib mir, ich habe gesündigt“, sprach die Person mit zarter leiser Stimme vor sich hin. Ms Potts Augen wanderten kurz zur Seite und dann schaute sie wieder geradeaus. Die Person musste sie bemerkt haben. Die Nonne beschloss, auch etwas zu sagen. „Gott, der unser Herz erleuchtet, schenke dir wahre Erkenntnis deiner Sünden und seiner Barmherzigkeit. Amen.“ Sie faltete ihre Hände zusammen, schwenkte sie ein wenig hin und her und bekreuzigte sich. Sie trat aus der Sitzreihe hervor und ging den Gang entlang nach vorne. Ein Fensterladen hatte sich gelöst und klapperte in dem Wind lautstark gegen die Fensterscheiben. Außerdem spürte sie Kälte und Unbehagen. Nicht wegen des Wetters.
Die Gestalt in ihrem dunklen Mantel und den zittrigen von Adern übersäten Händen verunsicherte sie zunehmend. Schwester Wilhelmina war um diese Zeit noch alleine im Gotteshaus. Die anderen Chormitglieder würden erst in knapp einer Stunde ankommen. Plötzlich zuckte sie zusammen. Jemand tippte ihr von hinten auf die rechte Schulter.
„Ms Potts, nicht wahr?“, fragte eine zittrige Stimme. Die Nonne stand noch regungslos da und bekam eine Gänsehaut über den ganzen Rücken. Ihr Herz machte einen Sprung und für einen Moment fühlte sich das Nonnenkostüm merkwürdig eng um den Hals an. Sie wünschte sich insgeheim weiter weg zu sein. Sie hatte in ihrem Alter schon viel Leid und Elend sehen und ertragen müssen. Am schlimmsten war es ihr bei den Missionen in Zentralafrika ergangen. Sie hätte sich gewünscht, mehr tun und ausrichten zu können. Den Kindern ein schöneres Leben schenken zu können. Aber sie wusste, dass ihre Kraft nicht ausreichen würde, um einer ganzen Nation Wohlstand zu überbringen.
Sie war mit ihren Gedanken kurz abgeschweift. Erneut tippten Finger ihr auf die Schulter. Wilhelmina Potts drehte sich um und lächelte. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte sie in gewohnt freundlicher Art. Im selben Augenblick zuckte sie zusammen. Die Person stand direkt vor ihr. Immer noch die Kapuze tief ins Gesicht gezogen. Eine dicke Fellmütze verbarg Haare und Stirnpartie und ein hochgebundener Schalversteckte das Kinn und die Nase, so dass nur die kleinen Augen zu erkennen waren.
„Ich kenne Sie. Sie haben ein abscheuliches Geheimnis. An Ihrer Stelle hätte ich das Zeitliche gesegnet. Ich will offen mit Ihnen sprechen, denn länger halte ich es nicht mehr aus“, sprach die Person mit piepsiger Stimme. Ms Potts blickte in die Augen, dann auf die Hände. Ihr Herz raste.
War es eine Frau? Oder ein Mann mit einer höheren Stimme? Sie war sich nicht sicher. Die Person bemerkte ihre Unsicherheit. Schwester Wilhelminas freundliches Gesicht löste sich auf, als sie so unvermutet mit dieser Unterstellung konfrontiert wurde. „Was fällt dieser Person ein?“ dachte sie sich.
Ms Potts hatte ein Geheimnis. Doch das konnte niemand wissen, sie hatte es nie gebeichtet. Wer war diese Person? „Wer sind Sie, warum beleidigen Sie mich?“, fragte die Nonne mit zitternder Stimme. Ihre Angst ließ sich nicht verbergen. Die etwas kleinere Gestalt schlich um die Nonne herum und rieb die Hände ineinander.
„Sagen wir so. Sie kennen mich und ich kenne Sie. Ich verrate Ihnen jetzt etwas meine Gute. Mich werden Sie nicht aufhalten. Egal, was Sie versuchen. Ich werde da weitermachen, wo mein Bruder aufgehört hat. Ich werde sie alle nach und nach beseitigen, weil sie es tausendfach verdient haben. Die Rache ist mein und sie wird fürchterlich sein. Dann, erst dann sprechen wir uns wieder. Am letzten Zahltag. Denn ganz alleine Sie tragen die Schuld an unserem Verderben“, zischte es Schwester Wilhelmina eiskalt entgegen. Dann plötzlich fiel die Stimme in einen fröhlich-aufgeweckten Klang. „Wissen Sie, es tut gut mit jemandem darüber zu reden, der ein so geduldiger Zuhörer ist“, ertönte es lauter.
Ms Potts schaute geschockt ins Leere. Energisch ergriff die Gestalt ihre Hände, da öffnete sich die große Eingangspforte der Kathedrale. Ein jüngeres Paar betrat das Gotteshaus. Die Gestalt drehte sich um und verschwand eiligen Schrittes hinaus. Die Nonne stand noch regungslos da, als sie bemerkte, dass sie einen kleinen Zettel in der Hand hielt. Diese Person musste ihn ihr beim Händedruck hineingelegt haben. Sie faltete diesen auseinander. Darauf stand in unleserlicher Handschrift „Sprichst du, so wirst du die Nächste sein“.
Ms Potts ging schnellen Schrittes zum Ausgang der Kathedrale, sie öffnete die Tür. Vielleicht konnte sie noch etwas sehen, erkennen um wen es sich handelte.
Sie konnte niemanden mehr sehen.
Der Nebel war an diesem Morgen schrecklich dicht und Nieselregen war auch noch dazugekommen. Nur wenige Autos verirrten sich auf die Straßen. Beim Anblick der leeren Straßen dachte sie an ein Gespräch, welches sie einmal auf einem Polizeirevier mithörte. Damals musste sie zu einer Zeugenaussage, da zum wiederholten Male Spendengelder einer Abtei veruntreut worden waren und der örtliche Pfarrer sich mit der Kollekte abgesetzt hatte. Später konnte man den Pfarrer auf Kuba ausfindig machen. Allerdings, das Gespräch, welches sie mitanhörte, war von anderer Brisanz. Zwei offensichtliche Brüder, gutgekleidet von Kopf bis Fuß, unterhielten sich über ihre Tat und Strafe. Ms Potts konnte damals nicht viel mithören. Ihr wurde beim Angesicht der beiden nur klar, dass jene eine andere Wertevorstellung und sexuelle Neigung an den Tag legten, die nicht mit ihrem Glauben übereinkommen würde. Und noch etwas viel Schlimmeres ahnte sie. Es hatte mit ihrer Vergangenheit zu tun und diese wollte sie unter keinen Umständen wieder aufwühlen. Zu sehr schmerzte es. Wut bahnte sich an.
Ms Potts hatte ein Geheimnis, welches sie natürlich nie öffentlich kundtun konnte, da es mit ihrem Glauben so gar nicht zusammen passte. Das tat ihr weh, denn im Schoße der Mutter Kirche fühlte sie sich geborgen. Zumal auch ihre Wertevorstellungen der letzten Jahre weit mit denen der modernen Welt auseinander lagen. So war sie unter anderem in ihrer Gemeinde eine der lautesten Gegnerinnen der Befürwortung von gleichgeschlechtlichen Ehen.
Und so kam es eben, dass sie kurzerhand den beiden Brüdern auf dem Revier ins Gewissen reden wollte.
Sie erklärte, dass vermutlich ihre sexuelle Orientierung einen Streich spielen würde. Vor lauter Ärger über diese Bemerkung, sprang einer der Brüder auf und wollte auf sie losgehen, doch ein Polizist konnte noch rechtzeitig eingreifen. Da bekam Ms Potts kurzzeitig einen Aussetzer und schrie mit ihrem Kreuz in der Hand drauf los: „Ihr Kinderschänder. Ihr Nichtsnutze. Ihr seid des Teufels Brut. Haltet euch fern. Ihr Ungeheuer.“
Dieser Tag war nun schon einige Jahre her. Was aus den Brüdern wurde, weiß sie bis heute nicht und war auch froh darüber, es nicht zu wissen. Sie war daraufhin für einige Monate in einem Kloster in Nordengland und erst seit wenigen Wochen war sie wieder in ihrer alten Heimat, Cornwall.
Ms Potts fühlte sich am irdischen Ziel, zu Hause. Ihr Leben hatte sich gewandelt und sie spürte den anderen Geist, der sie berührte. Im nordenglischen Kloster gab es eine polnisch stämmige Schwester. Die sang manchmal ein Lied in ihrer Heimatsprache. Das sei von dem in Polen berühmten Sänger Marek Grechuta. Der sei zwar bereits Jahre tot, aber seine Lieder sind in Polen immer noch am Leben. Ms Potts fühlte die unsichtbaren Pfeile in der Haut, als Schwester Agneta die Zeilen übersetzte. Wichtig sind Tage, die unbekannt sind. Wichtig der Augenblick, in dem wir uns dann entscheiden. „Oh, Herr, ich habe mich wahrlich entschieden und mit der unsäglichen Vergangenheit abgeschlossen. Aber warum sendest du mir dann dieses mein zuckendes Herz bedrängende Zeichen?“, quälte es sie.
Das Zeichen - wer war diese Gestalt, die sie aufgesucht hatte? Warum diese Unterstellung? Schwester Wilhelmina konnte noch nicht ahnen, dass ihr größtes Geheimnis nicht mehr lange eins bleiben würde.
Die Nonne zündete weitere Kerzen an, während sich mehrere Anwohner zum Weihnachtssingen in der Kirche einfanden. Doch ihr war in diesem Moment nicht nach Singen. Sie brachte immer noch keinen Ton raus. Zu sehr war sie innerlich aufgewühlt. Sie flüsterte ein Gebet und hoffte auf endgültige Vergebung.
Samstag, 14. Dezember 2013
London, Notting Hill
Emma Wilkes hatte in ihrem Leben schon viel durchgemacht. Mittlerweile war sie an einem Punkt angekommen, an dem sie nüchtern auf das Zurückgelegte blickte und stolz auf sich war. Sie konnte sich von ihrer gehassten Familie loslösen, ihr eigenes Leben in London fernab der Heimat aufbauen. Nach einigen Affären gebar sie im jungen Alter, kurz nach der Ausbildung, ein Kind – mittlerweile war ihr Sohn fast zehn Jahre alt. Auch konnte sie sich einen Namen als ausgebildete Profilerin und Superintendentin der City Police of London machen.
Auch an diesem Tag schien sich Emma sicher, ihre weihnachtliche Vorfreude würde nicht betrübt werden. Sie konnte da aber noch nicht ahnen, dass in kürzester Zeit ihr komplettes Leben erneut umgekrempelt werden würde. Wie schon damals, als sie zum Studium nach Harvard gegangen war. Ein Auslandsjahr wollte sie absolvieren. Sehr zum Leidwesen ihrer Familie. Emma war schon immer die Rebellin gewesen. Bereits als Neunjährige, da wohnten sie noch in Cornwall, hatte sie sich immer mit den falschen Kindern angefreundet. Damals waren die Maplewood-Schwestern in aller Munde. Diese sorgten schon als Kinder mit ihrer arroganten Art für Aufsehen und waren bekannt dafür, sich das zu nehmen was sie wollten – ohne Rücksicht auf ihre Mitmenschen. Die Eltern von Emma wollten partout nicht, dass ihre Tochter sich auf diese Familie einließ. Doch gerade deshalb suchte Emma als Mädchen den Kontakt zu den gleichaltrigen Maplewood Schwestern Lily und Megan.
Nach einem tragischen Unglück zog die Familie von Emma in den Norden Englands. Doch auch dort fand das mittlerweile junge Mädchen keine Ruhe. Ihre Eltern verkehrten in ominösen Kreisen. Jeden Tag kam ein anderer älterer Mann zu Besuch. Angeblich waren es Händler gewesen, die Geschäfte mit ihrem Vater tätigen wollten. Ja, weiß Gott. Diese Zeit verdrängte Emma immer wieder aus ihrem Kopf. Hin und wieder spürte sie Zittern in ihrem Körper aufsteigen und einen eiskalten Schauer über den Rücken kriechen, denn da war dieses Ekelgefühl, dieser Geruch von Tabak und Kaffee, auch abgestandener Schweißgeruch lag in der Luft. Er näherte sich ihr, griff mit seinen großen wulstigen Händen unter ihre Bluse – ein Knopf sprang ab – und begrapschte ihre Brust. Emmas Gedanken kreisten kurz um diese unzähligen Erlebnisse. Ihre Mutter wusste Bescheid, tat aber rein gar nichts dagegen. Sie verabscheute ihre Eltern immer mehr. Je älter sie wurde, umso mehr begriff sie, dass sie sich alleine aus dieser Misere herauswinden musste.
Sie nahm damals Kontakt zu einer ehemaligen Freundin aus der Kindheit auf, sie erinnerte sich zudem an ihre alleinstehende Tante. Die junge Emma tat alles Mögliche, um von ihren Eltern wegzukommen.
Nach der Rückkehr von Harvard ging sie direkt nach London, damals mit ihrem Freund und dem kleinen Sohn. Die Beziehung zerbrach sehr schnell, doch sie hielten hin und wieder Kontakt. Sie kämpfte sich durch und wollte auf Biegen und Brechen eine angesehene Polizistin werden. Emma wusste, dass sie mit ihrer Figur und ihren goldblonden langen Haaren gut aussah und setze ihre Optik gekonnt bei ihren Chefs ein.
Nach mehreren Jahren als Streifenpolizistin und Weiterbildungen, fasste sie Fuß im Polizeirevier von Notting Hill. Sie wohnte mit ihrem Sohn nur wenige Gehminuten von der Arbeitsstätte entfernt in einer großzügigen Mietwohnung im Hochparterre eines viktorianischen Hauses und genoss ihr Leben mittlerweile vollständig. Sie hatte alles, was sie zum Leben brauchte und sehnte sich lediglich hin und wieder nach der Nähe eines Partners an ihrer Seite.
Emma Wilkes betrat das Polizeirevier mit einem heißen Kaffee in der Hand um kurz nach acht Uhr morgens. Sie hatte Bereitschaft und wollte noch einige schriftliche Erledigungen der letzten Wochen tätigen. Sie musste einen Bericht fertigschreiben und dem Commander übergeben, außerdem sollte sie einen Kollegen noch bei einer Videoauswertung eines Raubüberfalls in Covent Garden unterstützen. Als ausgebildete Profilerin hatte sie einen Blick und ein Gespür dafür entwickelt wie sich Täter verhielten und was deren Markenzeichen sein würden, auf die ein Laie nicht so einfach kam.
Auch sollte sie die Kollegen bei einem Fall von zwei vermissten Kindern im Hyde-Park unterstützen. Doch bis jetzt hatten sie noch keinerlei Hinweise zu einem möglichen Verbrechen und keine Spur zu einem möglichen Entführer.
Es war stickige Luft auf dem Revier. Emma schloss kurz die Augen und versuchte den Atem anzuhalten. Jemand hatte ein Räucherstäbchen angemacht. Sie mochte diesen fiesen Geruch von Patchouli überhaupt nicht. Ihr wurde leicht schwindelig. Sie ging weiter zielgerichtet auf ihren Schreibtisch zu, stellte den Kaffeebecher und ihre Handtasche ab und zog den Wintermantel aus. Der Nacken schmerzte plötzlich. Immer wieder diese Schmerzen. Plötzlich kniff sie sich in den Bauch. Sie hatte an diesem Tag auch noch nichts gegessen.
„Das vergeht wieder“, sagte sie zu sich selbst. Emma versuchte dreimal die Woche zum Sport zu gehen und achtete streng auf die Ernährung. Sie warf kurz einen Blick auf ihr Handy. Ihre Nachbarin hatte ein Bild von Henry – Emmas Sohn – geschickt. Dieser war an diesem Tag bei ihr zur Betreuung. Emma schickte einen Smiley als Antwort zurück und legte das Handy beiseite.
Ihr wurde erneut leicht schwindelig. Sie packte ihre Handtasche und kramte darin und holte zwei Packungen Zigaretten heraus. Diese waren nur für den Notfall, falls der Hunger sie zu sehr überkam, dann rauchte sie einfach zwei oder drei Zigaretten und dann verging das Gefühl wieder.
Sie suchte aber noch etwas anderes. Ihre Schmerztabletten.
Sie konnte keine finden. Hatte sie die etwa vergessen? Verdammt. Emma war kurz aufgeregt und hätte losbrüllen können. Sie besann sich jedoch und kaute auf ihrer Unterlippe. Dabei überlegend wie sie den Tag überstehen sollte. Sie tippte auf ihrem Handy eine Nummer und schrieb dem Empfänger eine Nachricht. Die Antwort kam prompt: „Ich stehe draußen!“ Emma war erleichtert, nahm Geldbörse und Handy und rannte kurzerhand raus aus dem Revier. Bei dem vorweihnachtlichen Trubel am Empfang, ihre anderen Kollegen waren hinter Sichtblenden alle beschäftigt, merkte keiner ihr kurzes Fortgehen. Emma kam nur wenige Minuten später lächelnd zurück an ihren Platz und setzte sich.
Wenig später lugte William Hanshaw über die Sichtblende und grinste. „Hallo Emma. Kommst du nach der Besprechung zu mir? Ich brauche deine Hilfe in dem Video von Covent Garden und wir müssen noch einmal über die Kinder sprechen.“
„Aber klar, mach ich gerne. Welche Besprechung meinst du?“, fragte Emma hastig. William Hanshaw merkte eine leichte Nervosität bei seiner Kollegin und dann sah er in ihre Augen. Sie wirkten etwas entzündet. „Na, wegen dieser verschwundenen Kinder gestern Abend im Hyde Park. Der Chef hat sie für halb Neun angesetzt“, sagte William zu ihr.
Emma stand auf und schaute zum Besprechungsraum. Einige Kollegen saßen schon bereit. Sie nahm ihr Handy, einen Notizblock, Kaffeebecher und folgte William. Da blickte sie in einen Verhörraum und blieb wie versteinert stehen. William bemerkte es, drehte sich um und fragte Emma, was denn los sei.
„Du William, wer ist diese Frau dort?“, fragte Emma leicht abwesend und stirnrunzelnd. „Ach, die von der Security sagen, dass sie die Hauptverdächtige in einer irren Geschichte ist. Das ist eine alte Verrückte. Wenn du mich fragst, war sie zur falschen Zeit am falschen Ort. Nur der vergiftete Kuchen passt da nicht so rein. Komm lieber, wir hören, was der Chef uns zu erzählen hat.“ William Hanshaw ging eiligen Schrittes in den Besprechungsraum. Emma blieb immer noch stehen. Nun trafen sich die Blicke von ihr und der anderen Frau. Emma überlegte scharf und kam beim besten Willen nicht darauf ob und wenn ja, woher sie diese Frau kennen könnte. Ihr Handy vibrierte. Sie schaute nach unten, wieder eine Nachricht ihrer Nachbarin. Sie steckte das Handy ein und schaute wieder hinauf. „Wo ist sie?“ fragte sich Emma laut. Die Frau aus dem Verhörraum saß nicht mehr dort. Emma drehte sich hastig um und ging in das kleine Zimmer. Direkt neben dem Türeingang stand die alte Frau. Emma erschrak. Schweiß bildete sich auf ihrer Stirn. Emma ließ den Kaffeebecher fallen. „Was wollen Sie? Wer sind Sie?“ Emma stotterte. Wieder kaute sie auf ihrer Unterlippe. „Aber Kindchen. Erkennst du mich denn gar nicht? Ich bin es doch nur. Ms Norris. Wir waren Nachbarn.“ Emma bekam tierische Kopfschmerzen. Sie sah nur noch schummrig und konnte kein Wort mehr verstehen, was die Frau sagte. Emma taumelte.
„Emma. Emma, um Gottes Willen.“ Kyle McGill kam angerannt. Er und ein weiterer Kollege halfen Emma und verhinderten einen Sturz. Diese kam wieder zu sich und bedankte sich. Sie blickte zu Boden, der Kaffeebecher war verschwunden und die Frau, die sich als gewisse Ms Potts ausgab, saß wieder auf dem Stuhl, so als wäre nichts gewesen.
„Emma. Was ist los mit dir? Komm jetzt, geht’s dir wieder besser? Wir haben einiges zu besprechen. Nachher kommst du bitte in mein Büro“, sprach Commander Gordon Fletcher im zornigen Ton zu ihr und blickte dabei böse die beiden Kollegen an. Emma blickte sich um. Emma schaute ein letztes Mal die alte Frau an. Diese grinste und nickte zu Emma und hob den rechten Arm mit dem Kaffeebecher in der Hand. Emma blickte irritiert und ging dann zielstrebig in den Besprechungsraum, wo schon alle anderen Kollegen auf sie warteten. Emma fühlte sich schlecht, ihr Kopf und ihre Gedanken spielten verrückt. Ihr Herz schlug so schnell, dass sie dachte, ihre Sitznachbarn könnten es auch hören. Auf ihrer Stirn bildete sich erneut Schweiß. Kalter Schweiß. Ihre Augen schmerzten, auf einmal fühlte sie Aggressionen. Sie wollte schreien, sie wollte einfach raus aus diesem Zimmer. Ein Würgereiz überkam sie. Sie spuckte und begann wie Espenlaub zu zittern. Dann sackte sie auf ihrem Stuhl zusammen.
Dienstag, 31. Dezember 2013
London, Notting Hill
8 ½ Monate vor der Entführung
Emma hatte es sich an diesem besonderen Abend im Jahr alleine gemütlich auf der Couch gemacht. Der Arzt hatte sie vor ein paar Wochen krankgeschrieben, nachdem sie auf dem Polizeirevier zusammengebrochen war. Ihr Kollege William Hanshaw brachte ihr einige Unterlagen zu den Vermisstenfällen nach Haus, mit denen sie die vergangenen Feiertage ausgefüllt hatte. Emmas Sohn Henry verbrachte die Feiertage und den Neujahrstag erneut bei der Nachbarin Fanny. Emma genoss diese Ruhe, hatte aber auch Angst, dass jemand wieder auftauchen würde. Dieser Jemand war ihr Exfreund und Vater von Henry. Sie hatte schon einige schlaflose Nächte wegen ihm. Ihr Hausarzt verschrieb ihr vor einiger Zeit ein leichtes Schlafmittel, welches sie mittlerweile in sehr regelmäßigen Abständen einnahm.
Sie saß alleine in dem großen Wohnzimmer. Der künstliche Kamin war nicht eingeschaltet. Sie schaute auf den Fernseher in dem ein Neujahrsfest gezeigt wurde. Am oberen Rand wurde die Uhr eingeblendet. Nur noch 45 Minuten bis ins neue Jahr wurden angezeigt. Emmas Gedanken kreisten wieder um ihren Fauxpas auf dem Revier. Wie konnte es nur soweit kommen, dass sie ihren Körper nicht unter Kontrolle hatte? Hatte sie zu viele Tabletten auf einmal genommen? Hatte sie die Falschen genommen? Sie wollte doch nur ihr Hungergefühl unterdrücken. Wenn sie eines in ihrem Leben gelernt hatte, dann das Männer nur auf schlanke, blonde Frauen mit üppigen Brüsten standen. Emma blickte an sich hinunter und dachte kurz an ihre Brust-OP vor bald zehn Jahren.
Sie trank einen Schluck von ihrem Rotwein, stellte das Glas auf dem kleinen Holztisch ab und schaute an sich hinunter. Sie hatte sich an diesem Abend mit legeren Haussachen auf die Couch niedergelassen, überall lagen Papiere, Bücher und Zeitungsartikel. Sie unterstütze ihre Kollegen aus der Ferne aktuell bei der Suche nach einem Einbrecherduo, welches seit Wochen die Schlagzeilen mit seinen ausgeklügelten Schmuckdiebstählen beherrschte. Bei den vermissten Kindern aus dem Winter-Wonderland hatten sie immer noch keine weiteren Anhaltspunkte. Für die Eltern musste es gerade jetzt der Horror gewesen sein.
Wieder wanderte ihr Blick auf das üppige Dekolleté.
Sie trug keinen Büstenhalter und trotzdem standen die beiden perfekt da. Emmas kleine Hände waren ausgefüllt, als sie je eine Brust in ihrer Hand hielt. Sie berührte kurz leicht ihre Brustwarzen und schloss die Augen. Plötzlich erschrak sie von ihren eigenen Gedanken und Gefühlen überrannt und blickte auf die Uhr. Wie sie Silvester hasste. Sie beschloss sich ins Bett zu begeben, in der Hoffnung Mitternacht nicht mitzubekommen. Emma konnte ja nicht ahnen, dass ihre Gedanken erhört werden würden.
Sie griff erst nach einer und dann nach einer zweiten Schlaftablette, steckte sie in den Mund und spülte diese mit einem großen Schluck Rotwein hinunter. Sie stand auf und ging zum Fenster um die Stehlampe auszuschalten. Sie konnte in die Wohnungen gegenüber schauen und sah gutgelaunte freudige Gesichter. Kurz bemerkte sie, dass sie auch die Kinder und ihren Sohn bei der Nachbarin hören konnte. Emma stellte sich ans Fenster und hatte das Gefühl, dass sich ihr Leben bald wandeln würde. Sie sollte so sehr Recht behalten. Sie war so stolz auf Henry. Er war schon selbständig und doch kam er immer wieder wie ein Aufpasser in ihr Bett gekrochen und kuschelte sich an seine Mutter.
Emma gähnte und merkte wie ihre Augenlider schwer wurden. Sie bemerkte aber nicht, dass sie bereits die ganze Zeit durch ein Fernglas aus einem Auto heraus beobachtet wurde.
Emma wollte gerade die Vorhänge zuziehen, da klopfte es an der Tür. Sie stöhnte kurz auf und fragte sich, wer das nur sein könnte. Jeder, der sie kannte, wusste, dass Emma an Silvester alleine sein wollte. Fanny mit den Kindern würde garantiert nicht klingeln und sie zum Mitfeiern überreden wollen.
Das hatte sie nur einmal versucht und seitdem nie wieder.
Emma pustete die Kerzen aus, da klopfte es erneut, nur länger und lauter. Sie zuckte zusammen. Sie losch das letzte Licht in ihrer Wohnung und schlich sich auf Zehenspitzen in den Flur. Als sie durch den Türspion blicken wollte, pochte der Besuch erneut so stark, dass die Tür vibrierte. Emma fing an zu zittern. Sie merkte wie Müdigkeit und Angst in ihr emporstiegen. Daheim war sie nicht die taffe Polizistin.
Sie war die panische unsichere junge Frau, die einiges im Leben durchgemacht hatte. Der Spion wurde zugehalten.
„Mach auf Schnecke, ich weiß, dass du da bist. Ich kenne dich seit zehn Jahren. Jedes Jahr bist du an Silvester zu Hause und schließt dich ein und besäufst dich“, sprach der Besucher mit tiefer rauer Stimme. Emma stand wie versteinert im Flur.
Der hatte ihr ausgerechnet noch gefehlt. Am meistgehassten Tag des Jahres kommt der Mann, den sie am wenigstens ausstehen konnte. Sie öffnete langsam die Tür, doch sofort stellte er einen Fuß in den Flur und drückte mit Gewalt die Tür auf, dass Emma zurückspringen musste.
„Ey, was soll das? Was willst du hier?“, fragte sie empört.
Ahmet – lautstark kaugummikauend und mit dreckigen Lederstiefeln – stapfte ins Wohnzimmer und knipste eine Lampe an.
„Hat sich ja nichts geändert in dieser Bude.
Ich habe von deinem Malheur auf dem Revier gehört. Langsam hast du dich nicht mehr im Griff, meine Kleine. Wo ist der Junge?“. Er schaute Emma wütend an. Seit mehr als zehn Jahren fürchtete sie sich schon vor ihm. Immer, wenn Ahmet ihr gegenüberstand, vergaß sie ihre polizeiliche Erfahrung. Sie stand ihm gegenüber wie ein nasser Sack.
„Raus mit der Sprache, du Hure oder soll ich deine Zunge damit lockern?“ Ahmet brüllte, dass dabei etwas Spucke in Emmas Gesicht flog. Er hielt eine kleine Plastiktüte mit Pillen in der Hand und wedelte vor ihren Augen.
Er ließ seinen Blick im Wohnzimmer schweifen und entdeckte zwei Tablettenschachteln und den Rotwein auf dem kleinen Tisch an der Couch. Er grinste sie an und seine gelben Zähne kamen zum Vorschein. Emma ekelte sich bei dem Anblick. Ihr wurde kalt, sie zitterte am ganzen Körper und hatte trotzdem Schweiß auf der Stirn. „Wo ist mein Junge, du Schlampe?“ brüllte Ahmet sie an. „Du schuldest mir was, du Hure. Die letzte Lieferung hast du immer noch nicht bezahlt. Wo ist der Junge?“
Er zückte ein Taschenmesser aus seiner Jacke. Er ging ein paar Schritte auf Emma zu. Sie grübelte krampfhaft nach, doch ihr fiel beim besten Willen nicht ein wie sie so schnell an ihre Pistole oder das Telefon kommen sollte.
Die Schlaftablette fing auch an zu wirken. Sie hatte kaum noch Kraft sich aufzurichten. Der Rotwein tat sein Übriges. Ihre Knie wurden weich. „Ahmet, bitte. Der Kleine will doch nur feiern“, sprach sie mit zittriger Stimme. Ahmet bemerkte, dass sie schwach war, hockte sich zu ihr nieder, zerrte sie dann hinauf und zog sie ins Schlafzimmer herüber. Emma war kaum noch bewegungsfähig und er nutzte es schamlos aus.
Er schmiss sie auf das große Bett und schlug mit seiner flachen Hand in ihr Gesicht. Sie krümmte sich leicht vor Schmerz und blieb einfach liegen. Ahmet riss ihr die Jogginghose vom Leib und ihre Bluse auf. Er griff fest nach ihren großen Brüsten und stöhnte laut auf. Sie wollte gerade schreien, als er ihren Mund zudrückte und in eine Brustwarze hineinbiss. Ahmet drang in sie ein und stieß mehrmals hintereinander heftig zu. Ihr Becken vibrierte, sie empfand kaum etwas. Tränen liefen aus ihren Augen übers Gesicht, doch Emma lag wie eine Puppe da.
Im Hintergrund vernahm sie Feuerwerkskörper. Es musste Mitternacht sein. Die Feuerwerkskörper wurden immer lauter. Ahmet tobte sich förmlich aus, er würgte sie und brüllte sie an, dass sie eine billige Nutte sei und verging sich noch eine Weile an der Polizistin. Emma wurde ohnmächtig.
*
Es klingelte an der Tür. Emma öffnete ihre Augen.
Ihr Schädel brummte. Was war geschehen? Wie spät war es?
Ihr Blick wanderte zum Wecker. Es war morgens kurz nach acht. Es musste der Neujahrstag gewesen sein. Sie wollte sich aufrichten und spürte plötzlich einen stechenden Schmerz im Unterleib und in den Brüsten. Ihr Schädel brummte. Wieder klingelte es an der Tür.
„Wer zum Teufel ist am frühen Morgen so hartnäckig?“ fragte sie sich. Die Nachbarin Fanny wollte Henry erst am Nachmittag wieder rüberbringen. Emma versuchte irgendwie aus dem Bett herauszukommen. Als sie stand, schaute sie auf das Bett hinunter und entdeckte mehrere Blutflecke. Sie grübelte. Sie konnte sich beim besten Willen nicht mehr an die letzte Nacht erinnern. Das Letzte war, dass sie sich Rotwein in der Küche eingoss.
Wieder dieses Klingeln, diesmal kam ein Klopfen und Rufen hinzu. Emma warf sich den Bademantel über der über dem Sessel hing und ging auf Pantoffeln in den Flur. Sie öffnete sofort die Tür. Ihr Chef stand da. „Emma, wie geht es dir? Du siehst k.o. aus“, fragte Gordon Fletcher.
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