Empire of Fire (Phönixschwestern 2) - Nina MacKay - E-Book

Empire of Fire (Phönixschwestern 2) E-Book

Nina MacKay

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Beschreibung

**Gehorsam oder Rebellion – welches Feuer lodert in dir?** Pandora und Aspyn sind fassungslos. Gerade noch waren die Zwillinge zumindest fast normale Highschool-Schülerinnen, deren größtes Problem darin bestand, im Schulhof nicht versehentlich in Flammen aufzugehen. Und plötzlich befinden sich die Phönixschwestern mitten im Zentrum des Kampfs um Thron und Macht der Clans ihrer Welt. Vor allem für Aspyn ist es schwer. Sie wurde nicht nur durch Zwang an die große Liebe ihrer Schwester gebunden, sondern ausgerechnet der Mann, für den ihr eigenes Herz schlägt, scheint nun ihren Tod zu wollen. Pandora und Aspyn wird klar: Die Zeit ist gekommen, sich gegen die alten Sitten der Phönixe aufzulehnen…   Phönix-Fans aufgepasst: Hier kommt eure neue Lieblingsreihe! Acht Clans, vier magische Gaben, zwei Phönixzwillinge und ein heißer Thronerbe – diese Reihe lässt euch den Reader nicht mehr aus der Hand legen.   //Alle Bände der flammenden Phönix-Dilogie:  -- Games of Flames (Phönixschwestern 1)  -- Empire of Fire (Phönixschwestern 2) -- Alle Bände der magischen »Phönixschwestern«-Dilogie in einer E-Box (Phönixschwestern)//  Diese Reihe ist abgeschlossen.

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Nina MacKay

Empire of Fire (Phönixschwestern 2)

**Gehorsam oder Rebellion – welches Feuer lodert in dir?** Pandora und Aspyn sind fassungslos. Gerade noch waren die Zwillinge zumindest fast normale Highschool-Schülerinnen, deren größtes Problem darin bestand, im Schulhof nicht versehentlich in Flammen aufzugehen. Und plötzlich befinden sich die Phönixschwestern mitten im Zentrum des Kampfs um Thron und Macht der Clans ihrer Welt. Vor allem für Aspyn ist es schwer. Sie wurde nicht nur durch Zwang an die große Liebe ihrer Schwester gebunden, sondern ausgerechnet der Mann, für den ihr eigenes Herz schlägt, scheint nun ihren Tod zu wollen. Pandora und Aspyn wird klar: Die Zeit ist gekommen, sich gegen die alten Sitten der Phönixe aufzulehnen …

Wohin soll es gehen?

Buch lesen

Vita

Danksagung

Die Phönixclans

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© Sarah Kastner

Nina MacKay hegt eine ausgesprochene Abneigung gegen Biographien und konnte nur mit Gewalt zu folgenden Angaben gebracht werden: Kaffeejunkie MacKay arbeitet als Marketing Managerin im Südwesten Deutschlands. Außerhalb ihrer Arbeitszeiten erträumt sie sich Geschichten und führt imaginäre Interviews mit ihren Protagonisten. Gerüchten zufolge hat sie früher als Model gearbeitet und Misswahlen auf der ganzen Welt gewonnen. Schreiben ist und war allerdings immer ihr größtes Hobby. Ein Hoch auf Pseudonyme, weswegen nichts von dieser Biographie bewiesen werden kann.

Für Amelie

Danke für deinen supertollen Support und deine Treue zu meinen Büchern!

Kapitel 1

Pandora und Aspyn sahen der Kutsche nach, die gerade die Kolonie verließ. Staub wirbelte den Zwillingen ins Gesicht, aber keine von ihnen rührte sich.

Zwei Suelo-Jungen mit Gewehren auf den Rücken schlossen die metallenen Türen hinter dem Gefährt.

Pandora hob den Kopf. Eine Überwachungskamera rechts neben dem Tor hoch oben auf der Mauer hatte den Bereich draußen vor dem Tor im Visier. Manchmal fragte sich Pandora, wie die Kameras zwischen den Unmengen von Stacheldraht hindurchfilmen konnten. Dafür, dass Severin Acewrin die Kolonie wie eine Pilgersiedlung aufbauen, tarnen und führen wollte, verwendete er an manchen Stellen erstaunlich viel Technik. Genau genommen verkaufte er ihnen allen die Idee vom ursprünglichen Leben in Amerika als das Allheilmittel, nach dem sie streben sollten.

»Sie benutzen ein Schaltpult zum Öffnen des Tors. Aber man braucht einen Schlüssel dazu.« Aspyn nickte in Richtung des kleinen Wächterhauses neben dem Tor. »Ein ganzer Schlüsselbund steckt da drin.«

Pandora hatte das orangefarbene Schlüsselband ebenfalls bemerkt. Es war der einzige Ausgang der Phönix-Patriotensiedlung, der »Kolonie«. Sie hatten also ein Schaltpult. Aber selbst im Wachhaus gab es kein Telefon und schon gar kein Internet.

»Verhalt dich nicht so auffällig, Pandi.« Aspyn zog Pandora an ihrem altbackenen Schürzenkleid weiter. »Dort rüber.« Sie lenkten den Bollerwagen mit den zwei Wäschekörben auf eine Wiese an der Mauer, wo man mehrere Wäscheleinen zwischen metallenen Gestängen aufgezogen hatte. Ihr Job der Woche in der Patriotensiedlung. Wäsche. Aber immerhin hatten sie so einen guten Blick auf das Tor.

Zusammen mit zwei weiteren Phönixmädchen kümmerten sie sich heute um die Wäsche Dutzender Familien, die den Schutz von Severins Clan gewählt hatten. Seit zwanzig Tagen saßen sie hier drin fest.

Eine Weile, nachdem die Kutsche die Kolonie verlassen hatte, öffnete sich das Tor erneut. Ein Traktor knatterte in gemächlichem Tempo herein.

Pandora hob den Kopf und warf einen Blick auf seine Ladung. Auf dem Hänger stapelten sich Maiskolben, allerdings nicht allzu viele. Er war gerade so halb voll. Am Steuer saß Yota Velnan, ein Freund von Russell, dem festen Freund ihrer Mutter. Nachdem Yota sich den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, winkte er Pandora zu. Anspannung lag in seinem Blick. Generell hatte sie den Eindruck, dass Yota in den letzten Wochen um Jahre gealtert war. Sogar sein Haaransatz schien weiter nach hinten gewichen zu sein.

»Da«, sagte Aspyn, die gerade ein rosafarbenes Bettlaken aufgehängt hatte. Genau genommen waren alle Wäschestücke in Aspyns Korb rosa. Außer einer Socke darin. Die war rot. Aspyns Methode, so schnell wie möglich einen neuen Job zugeteilt zu bekommen.

Pandora schob ihre beiden Manschetten eine Winzigkeit den Arm hinauf. Mehr war nicht drin. Ihre Haut darunter juckte. Seit zwanzig Tagen trug sie diese Dinger schon, die ihre Kräfte blockierten. Die Manschetten hatte ihr alles genommen. Mit Ausnahme des Zwillingsbands.

Zwei Männer in braunen Hosen mit ebenso braunen Hosenträgern und braunen Hüten traten aus dem Gebäude der Ältesten. Zielstrebig steuerten sie auf den Hänger des Traktors zu, der kurz hinter dem Tor zum Stehen gekommen war.

»Sieh dir das an«, wisperte Aspyn.

So unauffällig wie möglich beobachtete Pandora von ihrer Position zwischen den Bettlaken aus, was vor sich ging.

Die zwei Männer blieben neben dem Traktor stehen. Ganz selbstverständlich steckten sie ihre Hände in die Ladung.

Die Maiskolben auf dem Anhänger bewegten sich, ja der ganze Anhänger schien zu rumoren.

Pandora hielt die Luft an. Obwohl sie ahnte, was gleich passieren würde.

»Sie tun es also hier. Direkt am Tor«, flüstere Aspyn.

Zusammen verfolgten sie, wie der Maisberg wuchs und wuchs. Immer mehr Maiskolben poppten auf. Die Multiplikatoren machten ihren Job.

Es mussten Allingtors sein. Denn von den Obreys hatte sich außer den Ratsmitgliedern niemand dazu herabgelassen, in die Kolonie zu ziehen, die Severin Acewrin im Begriff war aufzubauen. Aus gutem Grund. Und abgesehen von Shana Sutrey, Daryans Mom, kannte sie keinen Multiplikator aus den unteren sechs Familien. Und natürlich war sie mitsamt den anderen Obrey Phönixen in der Stadt geblieben. Schließlich hatte Severin Acewrin den Obreys ihren Thron weggenommen. Wie er den Rat hatte überzeugen können in die Kolonie zu ziehen, war ihr immer noch schleierhaft. Erpressung? Die Aussicht auf eine neue Generation an Phönixen mit starken Fähigkeiten? Eine Siedlung abseits von Menschen wie aus ihrer Kindheit? So viele Ungereimtheiten …

»Ah, unsere Helden.« Ganz das zufriedene Arbeitsbienchen trat Russel Ferrognan neben Aspyn. »Seht sie euch an. Das hätten wir vor schon langer Zeit tun sollen. Für uns selbst sorgen. So wie unser weiser Anführer es vorgemacht hat.«

Aspyn verzog das Gesicht. »Ich hoffe, zum Abendessen gibt es heute nicht schon wieder dreimal multipliziertes Brot. Wie ich es hasse, wenn sie eine geschmacklose Kopie von einer Kopie machen.«

Russell hob sein Kinn noch ein wenig mehr. »Wie gut, dass wir das bei Lebensmitteln nicht mehr tun. Einmal oder zweimal multiplizieren, dann ist Schluss. Abgesehen von Wasser für die Felder natürlich. Unser Oberhaupt hat wirklich an alles gedacht.«

Ja, selbst an eine Gehirnwäsche bei Russell, wie es schien.

Daraufhin zuckte Aspyn nur mit den Schultern. Mit Fanatikern zu diskutieren brachte nichts und sie wussten es beide.

Noch während sie den Allingtor-Männern bei ihrem Job zusahen, kam eine verheulte Yada Erewin aus dem Container der Krankenstation in Abschnitt 7 gestürzt. Das Lubrin-Mädchen mit dem schmalen Gesicht und den Elfenohren, die Drews so ähnlich sahen.

Pandora schluckte. O nein. Hatte sie heute ihre zweite Sitzung bei Dr. Levrin gehabt? Ob Sybilla noch da drin war?

»Gut, dass Daryan heute seine Magen-Darm-Grippe vortäuscht«, bemerkte Aspyn über das Zwillingsband.

»Ja, aber was glaubst du, wie lange wir den Termin noch hinauszögern können?«

»Hoffentlich so lange, bis wir einen Weg hier rausgefunden haben.«

Kapitel 2

Beim Abendessen stocherte Aspyn in ihrem Mais und Erbsengemüse herum.

Ein paar Mädchen an den umliegenden Tischen weinten in ihr Essen. Darunter war auch Yada, deren braune Haarspitzen immer wieder durch eine Suppenpfütze auf der Tischplatte wischten, ohne dass sie davon etwas zu bemerken schien.

Die Ältesten-Frauen an ihrem Tisch am Ende des Saals taten so, als würden sich die Mädchen zu sehr anstellen, selbst der Hulk starrte angestrengt in eine andere Richtung. Da die Männer getrennt von den Frauen in einem anderen Raum aßen, waren sie unter sich. Ganz nach der alten Phönixtradition. Nur Mom und Sybilla waren heute nicht dabei, arbeiteten vermutlich noch, oder Sybilla wurde in der Krankenstation festgehalten.

Pandoras Finger krümmten sich um ihren Löffel, obwohl ihr schon lange der Appetit vergangen war.

Wieder kam ein Mädchen durch die Tür hinein. Sie nahm ihre weiße Haube ab, wischte sich über ihre Augen und setzte sich dann in die Nähe von Yada.

»Hast du das Blut an ihren Händen gesehen?«, fragte Pandora über den Zwillingsdetektor. Es war verschmiert, aber deutlich zu sehen gewesen.

Aspyn nickte, wobei sie sich tief über ihren Teller beugte.

»Wir werden unser Familienoberhaupt bitten, die Kolonie verlassen zu dürfen«, sagte Leona Elnan in dieser Sekunde zu ihrer kleinen Schwester im Flüsterton.

Pandora schenkte den beiden Geschwistern mit den braunen Korkenzieherlöckchen einen mitleidigen Blick. Wenn das funktionieren würde, wäre es das erste Mal.

Sie hatte ihren Suppenteller an die fünfzig Atemzüge mit trockenen Augen angestarrt, als die Tür aufflog und ein schmächtiger Junge, gerade erst im Teenageralter, mit braunem Hut den Speisesaal der Frauen betrat.

»Aspyn und Pandora Pearcinson.« Wichtigtuerisch nahm er seinen Hut ab. Darunter verbargen sich blonde Engelslöckchen, die bald dunkler werden würden. Genau wir seine Nase und Ohren bereits spitze Tendenzen zeigten. Ein Lubrin. Auch er trug die eintönige Kleidung aller Männer. Weißes Hemd, braune Hose und braune Hosenträger. Es war Jacob. Severins Neffe oder Großneffe und sein kleiner Schatten.

Schon wollte Pandora aufstehen, doch Aspyn drückte sie zurück auf ihren Stuhl. »Warte.«

Niemand im Saal rührte sich. Selbst die Ältesten beobachteten lediglich das Szenario.

»Pandora, deine Frisur.«

»Was ist damit?«, wollte Pandora schon über das Zwillingsband zurückfragen, da wirbelte Jacobs Kopf zu ihnen herum.

»Wusste ich es doch. Emotionenleser.« Aspyn schien zufrieden mit dieser Information zu sein. Nachher in ihrer kleinen Holzhütte würde sie sich eine Notiz auf dem Zettel machen, auf dem sie alles Wissenswerte zu jedem Phönix in der Kolonie festhielt. Vor allem deren Kräfte.

Jacob führte sie zur Krankenstation. Auf dem Weg dorthin rasten Pandoras Gedanken. Was würde sie heute dort drin erwarten?

Ein Kraftbündler, der einen Werkzeugkoffer sowie einen Amboss lässig auf den Schultern trug, kreuzte ihren Weg. Pandora sah ihm nach. Männer in der Phönixkolonie führten kein schlechtes Leben.

»Severin hält wirklich viel von euch«, sagte Jacob gerade, der mehr über den staubigen Trampelpfad hüpfte, als er lief. »Eure Kräfte machen euch so besonders.«

»Hm, hm«, brummte Pandora, während sie fieberhaft überlegte, welche Tests Severin sich wieder für sie ausgedacht haben könnte. Oder hatte er Daryans vorgetäuschte Krankheit durchschaut und wollte nun mit ihnen über den Termin sprechen? Nein, oder? Alles, nur das nicht. Mit starrem Blick spielte Pandora an ihrem Ehering, drehte ihn unaufhörlich. Beim Gedanken daran kam ihr die Gemüsesuppe von eben fast wieder hoch.

Neben ihr zog Aspyn an ihrer Schürze. Sie hasste die weißen gestärkten Schürzen, die alle Phönixmädchen der Kolonie über ihren petrolblauen Einheitsroben tragen mussten. Grandma Beth hatte sich beim Anblick der Zwillinge in diesen Kleidern – der Sklaventracht, wie Aspyn ihre Outfits nannte – eine Träne aus dem Augenwinkel gewischt.

»Zieh deine Haube auf. Severin wird dich sonst züchtigen.«

Vor vier Wochen hätte Pandora nicht im Traum daran gedacht, mal in einer Phönixkolonie zu landen. Bevor das ganze Unheil seinen Lauf genommen hatte. Wie konnten manche Phönixe nur freiwillig hier leben wollen? Abgeschottet von normalen Menschen und ohne sämtliche technische Errungenschaften. Selbst ihre Handys hatte man ihnen abgenommen. Zu ihrem eigenen Schutz, wie Severin nicht müde wurde zu erwähnen. Er kontrollierte alles in der Patriotensiedlung. Und die Familienoberhäupter glaubten ihm, wenn er behauptete, diese Lebensform sei die bessere für Phönixe. Und dass es hier keine Todesopfer unter ihnen geben würde. Nicht so, wie in den letzten Wochen draußen in der realen Welt.

Pandora biss sich auf die Unterlippe. Sie glaubte immer noch daran, dass Severin selbst für die meisten dieser Todesfälle verantwortlich war. Zum Beispiel für den seines eigenen Vaters und seines Bruders Hector. Indirekt hatte er schon zugegeben, dass er Mirabella zu ihrem Selbstmord angestiftet hatte, um es dann wie einen Anschlag aussehen zu lassen.

Die Sonne verbrannte bereits ihren Nacken, selbst mit dieser lächerlichen Haube und trotz ihrer Phönixgene. Sie mussten diesen Wahnsinn, den Severin Acewrin Kolonie nannte, so schnell wie möglich verlassen.

***

Anstatt die Haube aufzusetzen, hätte Aspyn das Ding, das ihrer Meinung nach nur für die Unterdrückung der weiblichen Phönixe stand, am liebsten zertrampelt und irgendwo verscharrt. Es symbolisierte alles, was sie hasste. Eine schöne Welt hatte sich Severin da aufgebaut.

»Na, da werden wir aber die Abendandacht in der Kapelle verpassen«, seufzte sie mit lieblichem Unterton. »Dabei hatte ich mich schon so darauf gefreut.« Vor allem auf die ewig langen Geschichten in schlechter Grammatik über die Himmelsgöttin und die Erdgöttin. Die alte Phönixreligion. Wieder ausgegraben vom guten und nicht weniger alten Severin.

Pandora warf ihr einen warnenden Blick zu, den Aspyn jedoch mit einem Schulterzucken abtat. Was wollte Jacob schon machen?

»Aspyn, bitte riskier nichts. Spiel das brave Mädchen und denk an unseren Plan. Nur noch ein oder zwei Tage. Bitte.«

Die gute Pandi hatte ja recht. Beinahe unmerklich nickte sie ihrer Schwester zu. Sie würde sich zusammenreißen. Auch wenn es schwerfiel und Severins Terrorherrschaft ihr schlaflose Nächte bereitete. Und wenn sie eigentlich nur einen Gedanken hegte: Schreiend davonzulaufen. Wie konnte Pandora nur so ruhig bleiben?

»Aspyn!« Beim Klang ihres Namens wandte sie sich nach rechts.

»Matt?«

Ihr Ex-Verlobter Matt Eastlind, der ein paar Meter entfernt auf einer halb errichteten Holzwand saß, sprang herunter und rannte auf sie zu. Er war also den Häuserbauern zugeteilt worden. Häuser. Etwas derart Komplexes, das kein Multiplikator verdoppeln konnte.

Aspyns Kehle wurde ganz trocken, als sie ihn so auf sich zustürzen sah.

Selbst Pandora und Jacob blieben stehen. Gut, Jacob nur, nachdem Aspyn ihn an seinem lächerlichen Hosenträger zurückgehalten hatte.

»Autsch«, sagte Jacob, als sie das Gummiband gegen seine Schulter schnellen ließ. Aber Aspyn war es egal. Wie paralysiert starrte sie Matt entgegen, der verschwitzt und mit freiem Oberkörper auf sie zugerannt kam. Seine Hosenträger baumelten an den Seiten seiner Hose herab, den braunen Hut verlor er nach ein paar Sprüngen, blickte sich aber nicht nach ihm um.

Fast wie ein Model in einer italienischen Parfümwerbung. Seit er in der Kolonie nicht mehr an Haargel herankam, umspielten dunkle Locken sein Gesicht.

»Aspyn!«, wiederholte Matt, bevor er atemlos vor ihr stehen blieb, und sie hatte das Gefühl, das lag nicht an seinem Sprint die Straße herunter. »Ich habe dich überall gesucht.«

Das konnte sich Aspyn vorstellen. Severin strengte sich wirklich an, Männer und Frauen getrennt voneinander in der Kolonie unterzubringen. Die ersten drei Tage hatte er sie und Pandora sowieso in der Krankenstation eingesperrt und Tests an ihnen durchgeführt, um mehr über ihre Kräfte zu erfahren. Aspyn spürte immer noch das Trockeneis sowie die chemisch veränderten Phönixflammen, mit denen er sie zu verbrennen versucht hatte. Und das war noch der harmloseste Test gewesen, den Severins Lakaien unter seiner Aufsicht an ihnen vollzogen hatten.

Zuerst erwartete sie, Matt würde sie in eine Umarmung ziehen, allerdings schien er es sich im letzten Moment mit einem Seitenblick auf Jacob anders zu überlegen. Also stand er einfach vor ihr, mit aufgerissenen Augen und nach Atem ringend. Wie der verdammte Held vor seiner Prinzessin. Bei allen Himmelsflüsterern, Pandis romantische Ader musste wohl langsam auf sie abfärben.

Aspyn spürte, wie ihr der Schweiß den Nacken hinablief. Zudem klebten die Haarsträhnen, die sich aus ihrem Dutt gelöst hatten, an ihren Schläfen.

Der Blick seiner hellbraunen Augen glitt über sie. Sicher war er sich seiner Zuschauer bewusst. Dutzende Phönixe um sie herum glotzten wie blöd.

Ohne sein Haargel wirkte Matt viel jünger. Wie ein italienischer Poolboy mit einem Tick zu spitzer Ohren. Matt. Mit ihm hatte sie eine wunderbare Zeit verbracht, aber das schien ein Leben her zu sein.

»Wie geht es dir, Matt?« Aspyns Stimme klang tausendmal ruhiger, als sie sich fühlte.

Er prustete los, als hätte sie einen Witz gemacht. Bevor er etwas sagte, blickte er kurz zu Boden, fuhr sich durch die Haare und biss sich auf die Lippen.

»Seit du unsere Verlobung gelöst hast und wir hier drin festsitzen? Nicht so gut, ehrlich gesagt.«

Neben ihr räusperte sich Pandora, aber Aspyn sagte ihr über den Zwillingsdetektor, dass sie sich nicht einmischen sollte.

Der Orwind-Clan ließ wie alle anderen keins ihrer Schafe von hier fortziehen. Auch wenn sie bereits über einundzwanzig waren so wie er.

»Was wir hatten, war nicht echt, Matt.« Vielleicht war es besser, ihn in dem Glauben zu lassen. Auch, dass sie es nicht gewesen war, die die Verlobung für ungültig erklärt hatte. Sondern Severin.

Matts Mund klappte auf, was Aspyn zum Anlass nahm, ihren Blick hastig auf ihre Schuhspitzen zu richten. Andernfalls hätte sie sicher ihr Gesichtsausdruck verraten. Außerdem konnte sie den Schmerz in seinen Augen nicht ertragen. Severin würde ihn bald verkuppeln. Schließlich war Matt schon zweiundzwanzig und Single. Und sie selbst: mit Daryan zwangsverheiratet, genau wie ihre Schwester. Tja, wer hätte das gedacht? Sie beide mit demselben Mann verheiratet. Eine Vielehe, aufgezwungen von Severin Acewrin mit dem Zweck, talentierte Babyphönixe zu produzieren. Und das nur, weil sich vor etwa drei Wochen endlich ihre Phönixkräfte offenbart hatten. Ein Ereignis, das sie eigentlich vor Freude in Jubelstimmung hätte versetzen sollen. Wenn es nicht gleichzeitig auch den Tiefpunkt ihres Lebens markiert hätte. Denn ihre Großmutter hatte Severin natürlich umgehend von ihren und Daryans besonderen Kräften berichtet und das Schicksal hatte daraufhin seinen Lauf genommen. Warum musste auch Daryan alle vier Phönixkräfte in sich tragen und Aspyn und Pandora jeweils zwei der vergessenen Kräfte? Sie hatte ganz bescheiden um eine magische Kraft gebeten – und was hatte sie bekommen?

Matt räusperte sich, wiederholte ihren Namen, brach aber sofort wieder ab.

Sie schluckte. Was immer er ihr sagen wollte, Matt sollte einfach damit herausrücken. Am besten noch, ehe sie volljährig wurde. In sechs Tagen war ihr achtzehnter Geburtstag. Dennoch würde Severin Zeit ihres Lebens ihr Vormund bleiben, solange sie in der vermaledeiten Kolonie lebte. Eine abgeriegelte Kolonie, aus der niemand entkam.

Ein Knall wie ein Schuss unterbrach ihre Gedanken.

»Sprinter!«, rief eine Männerstimme.

Was? Aspyns Kopf schnellte herum. Ihre Schwester hob eine Hand vor den Mund, machte den Eindruck eines ängstlichen Kaninchens und zuckte auch beim zweiten Knall zusammen.

»Sprinter in Abschnitt 11.«

Die Kolonie war wie ein riesiges Wagenrad aufgebaut. Abschnitt 11 lag, wenn man sich die Kolonie vom Haupteingang aus vorstellte, der in Abschnitt 6 angesiedelt war, in Wagenspeiche 11. Wie bei einer Uhr.

Alle wirbelten herum. Die Stimme kam aus dem drei Meter hohen Wachturm in der Mitte der Kolonie. »Sprinter in Abschnitt 11!«

Noch bevor der Wachmann den Satz ein zweites Mal wiederholt hatte, stürmten ein bewaffneter Phönix aus dem Wachhaus am Tor und zwei weitere aus dem Essenscontainer der Männer. Alle trugen die Uniform der Wachen, die sich von der üblichen Männerbekleidung nur durch eine zusätzliche braune Lederweste abhob. Ganz im Sinne des Minimalismus, den Severin Acewrin predigte.

Pandora musste ihnen aus dem Weg springen, als alle drei ohne Rücksicht auf Verluste an ihr vorbeipreschten. Die arme Pandi war etwa zu dem Weiß ihrer Schürze verblasst.

Aspyn sah den Wachen mit offenem Mund nach. Sie würden doch nicht ernst machen? Sprinter war ihr Code für Personen innerhalb der Kolonie, die fliehen wollten. Was genau mit Sprintern passieren würde, sollte man sie erwischen, das hatten sie in ihren Übungen für alle gut sichtbar demonstriert.

Aspyns Blick glitt über die Gewehre, die die Männer in Brusthöhe vor sich hertrugen.

Kein gutes Zeichen. Gleichzeitig mit Pandora nahm sie die Verfolgung auf, raste mit Matt an ihrer Seite den Wachen hinterher.

»Hey!«, rief Jacob ihnen nach. »Ihr habt da hinten nichts verloren. Bleibt stehen!«

Kleinlicher Speichellecker. Aspyn ignorierte ihn selbstredend. Der Dauerlauf, den sie eingeschlagen hatte, drohte ihr die dämliche Haube vom Kopf zu wehen, also musste sie sie mit einer Hand festhalten.

Die Wachen bogen in den Weg unterhalb von Speiche 11 ein, jagten über den sandigen Boden in Richtung des Holzzauns, der einmal um die Kolonie verlief. Severin war stolz auf diese im Original erhaltene Grenze. Uraltes Holz, hübsch aufpoliert für seine neue Kolonie. Staub wirbelte Aspyn ins Gesicht und es erforderte einiges an Koordinationsvermögen, mit beinahe geschlossenen Augen sowohl weiterzulaufen als sich auch mit einer Hand die Sandkörner aus den Augenwinkeln zu reiben.

Pandora hustete.

An den Holzbrettern, die die Grenze markierten, lehnte bereits eine Leiter, und wenn sich Aspyn nicht täuschte, war um eins der spitz zulaufenden Enden der Bretter ein Seil geknotet.

Zwei andere Wachmänner, beide Allingtors mit roten Haaren und verkniffenen Lippen, hatten vor ihnen den Tatort erreicht und der kleinere der beiden kletterte in diesem Moment die Leiter herauf, ein Gewehr in der rechten Hand. Nein, nein, nein. Das konnten sie nicht tun.

»Yota Velnan, sofort stehen bleiben!« Die Wache, die dank der Leiter über den Zaun schauen konnte, entsicherte das Gewehr.

Ein Brennan? Yota? Russells Kumpel? Aspyn stürzte an den Zaun, spähte durch ein Astloch nach draußen. Der Klingendraht hinter dem Zaun war an einer Stelle zerschnitten.

Nicht weit entfernt rannte ein junger Mann mit braunen Haaren, die zu einem Pferdeschwanz gebunden waren, mit weißem Hemd, brauner Hose und Hosenträgern in einer Staubwolke davon, als würde er von tollwütigen Hunden gehetzt.

»Letzte Warnung!« Der Wärter gab einen Schuss in den Himmel ab, der Pandora zusammenzucken ließ.

Auch der Sprinter zog den Kopf ein, lief allerdings weiter.

Neben ihr hickste Pandora, schlug sich gleich darauf eine Hand vor den Mund.

Aspyn warf einen Blick zu dem Wachmann auf der Leiter. Der wiederum drehte sich zur Wache im Turm um, nickte kurz darauf.

Diese Geste ließ eine unheilvolle Vorahnung über Aspyns verschwitzten Nacken prickeln.

Die Wache auf der Leiter legte das Gewehr an.

»Nein! Aufhören. Sofort. Ihr tickt doch nicht mehr sauber!« Aspyn stürzte auf die Leiter zu, rüttelte daran. Doch sofort waren da zwei weitere Uniformträger und rissen sie zurück.

»Das könnt ihr nicht machen!« Aspyn wand sich, kratzte und schrie, trat sogar nach den beiden. Matt packte die rechte Wache und wollte sie von Aspyn wegziehen, aber eine dritte Wache schlug ihm mit dem Gewehrkolben in den Rücken, was Matt ächzend in die Knie gehen ließ. Sein Handgelenk knackte, als er sich damit auf dem Boden abzustützen versuchte. Wie ihm Wahn streckte sie eine Hand nach ihm aus. Die mit dem Ehering. Wenn sie Matt wehtaten!

Ein Schuss unterbrach ihr Gezeter. Wie betäubt hielt Aspyn inne. Mehrere Sekunden lang rührte sich niemand.

Pandora schluchzte lauter, brach eine Sekunde später in Tränen aus.

Ohne sich dessen bewusst zu sein, begann Aspyn zu zittern. Sie konnten ihn nicht erschossen haben. Das war ein Fehler oder nur Einbildung oder ein Traum. Sicherlich war Yota längst in Sicherheit. Leider wusste sie nur zu gut, dass sie in der Realität feststeckte. In einer grausamen neuen Welt.

Sie legte den Kopf in den Nacken und schrie. Schrie so laut sie konnte. Severin sollte es hören und sich schämen. Gleichzeitig begann sie mit doppelter Kraft um sich zu schlagen.

Einer der Wachen knurrte. »Hör sofort auf damit oder du kommst in die Arrestzelle.«

Aspyn dachte ja gar nicht daran, ihre Wut nicht mehr an den beiden auszulassen, sondern trat nach dem größeren Allingtor, während sie versuchte, dem kleineren in den Oberarm zu beißen. Eine Nacht oder eine Woche in der Arrestzelle schien ihr damit verglichen ein kleiner Preis zu sein. Genau genommen konnte es ihr nur recht sein, wenn sie dadurch der »Paarung« entkam, die Severin für sie vorgesehen hatte.

Sie hatten Yota erschossen! Wutentbrannt starrte Aspyn den Mörder von Yota nieder. »Folgt ihr eigentlich gern wie Lemminge Severins Willen? Was ist, wenn er dir das nächste Mal befiehlt, deinen besten Freund zu töten?«

Doch darauf antwortete keiner der Allingtors. Sie packten sie einfach unter den Achseln und schleiften sie davon. Ungeachtet ihrer Protestrufe, wie ferngesteuerte Roboter.

***

Eine Stunde später nickte Severin zufrieden, als die Erde auf Yotas Grab niederregnete. Das Grab des Sprinters war nicht viel mehr als ein Loch direkt neben dem Weg, der in die Siedlung hineinführte. Pandora schluckte. Ein Mahnmal für alle, die ebenso mit dem Gedanken spielten zu fliehen.

Warum hatte Yota es nur am helllichten Tag getan? War er der Meinung gewesen, während der Mittagspause würde niemand aufpassen? Hatte er Angst gehabt, sich nachts in der Wüste zu verlaufen? Pandoras Blick glitt über die bewaffneten Phönixe, die sich hinter der Ansammlung an Zuschauern aufgestellt hatten. Eine richtige Trauerfeier war es letztendlich ja nicht. Was auch immer, Yotas Plan war jedenfalls nicht von Erfolg gekrönt gewesen. Mit tränenfeuchten Augen starrte sie auf den Haufen aufgewirbelten Staub, der um das Grab tanzte. Zwar hatte er es nach draußen geschafft, sich seine Freiheit zurückerobert, aber zu welchem Preis?

Ihre Mom drückte ihre Hand. Sie hatte sich die blonden Haare komplett unter ihre Haube geschoben und ein blaues Band darumgebunden, genau wie der Hulk, denn beide hatten den ganzen Tag auf den Feldern gearbeitet. Gerade eben erst war Lina mit Aspyn verwechselt worden, die jedoch immer noch in der Arrestzelle saß.

Ihr Großvater stand bei den Männern, umzingelt von den anderen Holzfällern.

Pandora sah sich nach Sybilla um, entdeckte jedoch lediglich Augustus und Calenta in Severins Dunstkreis. Während Drews Dad zu Boden starrte, nestelte Calenta an ihrer Schürze herum. Im Gegensatz zu allen anderen Frauen in der Siedlung trug das Lubrin-Mädchen Schmuck. Ihre doppelreihige Perlenkette hatte sie beim Einzug in die Kolonie behalten dürfen. Nicht so wie sie und Aspyn.

Ein Würgen lenkte Pandoras Aufmerksamkeit auf Yada, die sich in einen Kübel Erde übergab. Obwohl sie es geahnt hatte, wurde Pandora eiskalt bei dem Anblick. Und das trotz der Wüstensonne in ihrem Nacken. Also war Yada tatsächlich schon gepaart worden. Sie musste in der zweiten oder dritten Woche sein. Schwangerschaftsübelkeit setzte früh ein bei Phönixen.

»Was ist da draußen los?«, schaltete sich Aspyn über das Zwillingsband dazu. Von der Arrestzelle aus hatte sie der ganzen unehrenhaften Zeremonie nicht beiwohnen können.

»Sie haben Yota verscharrt und die arme Yada … sie scheint schwanger zu sein.«

»Heilige Zündholzschachtel, ernsthaft? Mit wem wurde sie gepaart?«

Die Frage konnte Pandora nicht beantworten. Allerdings einige andere Frauen um sie herum sehr wohl, die ebenfalls Yadas Auftritt bemerkt hatten.

»Man sagt, sie ist in der Gruppe der künstlichen Befruchtung. Ein Experiment unter Einsatz eines Heilers.«

Umgehend wurde Pandora schlecht. Künstliche Befruchtung? Was für kranken Visionen gab sich Severin da hin? Das konnte einfach nicht der Wahrheit entsprechen.

Wie in Trance gab sie die Information an ihre Schwester weiter. »Für Severin sind wir nicht mehr als Leihmütter für seine neue Generation an Phönixen. Ohne eigenen Willen.«

»Schafe und Hausfrauen«, bestätigte Aspyn. Aber das hatten sie bereits gewusst.

»Pandora Pearcinson, du wirst im Labor erwartet.« Jacob war an sie herangetreten, ohne dass sie es bemerkt hatte.

Nein. Pandora zuckte zusammen, tauschte einen erschrockenen Blick mit ihrer Mutter. Das durfte nicht …

Der Griff um ihre Hand verstärkte sich. Lina Pearcinson würde sie nicht so einfach gehen lassen.

Allerdings hatten sie den Hulk bei sich, der Linas Griff um Pandoras Handgelenk langsam löste. Finger für Finger.

Der Hulk lächelte. »Sie muss gehen, wenn das Oberhaupt es anordnet.«

Pandora biss sich auf die Unterlippe. Warum nur hielt ihre Großmutter Severin Acewrin nicht auf, sondern folgte ihm und seinen Lehren? Hatte sie aus ihrer Kindheit in der Phönixkolonie nichts gelernt? Sie hatte den damaligen Kolonieführer für seine Foltermethoden verurteilt. Sah sie nicht, dass Severin Acewrin nicht besser war? Gut, er folterte sie nicht, aber er zeigte ihnen die Konsequenzen für Rebellion gegen seine Gesetze. Sie dachte an Yota. Und er machte sie alle zu Versuchsobjekten für sein Ziel einer starken neuen Phönixgeneration.

Ihre Mom blickte sie stumm an. Sicherlich hatte sie sich die Kolonie anders vorgestellt. Wie die meisten Frauen. Jedenfalls die, die nicht im Ältestenrat saßen und damit von Severins Programmen verschont blieben. So wie der Hulk.

Pandora reckte das Kinn, drückte einmal kurz Linas Hand und wandte sich dann Jacob zu, um ihm zu folgen. Severins kleiner Spitzel. Gerade erst den Kinderschuhen entwachsen.

»Du solltest dich für deine unkooperative Haltung schämen«, bemerkte Jacob, nachdem sie die Hälfte des Weges zur Krankenstation zurückgelegt hatten. »Schließlich bist du zur Hälfte Lubrin, hast erstaunliche Kräfte noch dazu. Das macht dich gewissermaßen zur Prinzessin der Kolonie, wenn wir an diese Form der Hierarchie glauben würden.«

Pandora wischte sich ein Staubkorn aus dem Augenwinkel. Woher hatte Jacob immer diese Ausdrücke her? Wie konnte so ein kleiner Junge so erwachsen tun? Schlief er nachts auf einem Fremdwörterbuch?

»Deine Schwester hast du auch nicht im Griff. Wirklich, Pandora.« Jacob schnalzte mit der Zunge, hüpfte die Holzbretterstufen der Veranda empor und öffnete ihr die Tür des Containers. Eigentlich waren es sechs aneinandergebaute Container, die die Krankenstation bildeten. Ein Büro, zwei Container für Behandlungszimmer, zwei Container mit Liegen für stationäre Behandlungen und ein Labor.

Jacob zog an seinen braunen Hosenträgern. Sie betraten den dunklen Flur vor dem kleineren Behandlungszimmer. Links schloss sich das größere an, dann kam das Büro. Natürlich war alles leer. Selten kam es vor, dass Heiler eine Krankheit nicht heilen konnten. Viren ja und manche komplizierten chemischen Vorgänge im Körper. Außerdem befanden sich die meisten Phönixe aktuell an Yotas Grabstätte und mussten zusehen, um auch ja ihre Lektion zu lernen. Und eine zweite große Gruppe war rund um die Uhr mit dem Ausbau von Severins Bunker beschäftigt. Ein Projekt, das er zur Chefsache erklärt hatte. Jacob und sie hatten das Büro gerade hinter sich gelassen, als Pandora einen Blick durch das Fenster in der Tür zur ersten Krankenstation warf. Sofort hielt sie inne.

Daryan lag in diesem Container. In einem altmodischen Bett mit einem Waschlappen auf der Stirn.

»Kann ich ihn besuchen?« Wie von selbst waren ihr die Worte entwichen. Im selben Moment drehte Daryan den Kopf. Seine Augen weiteten sich, als er sie erkannte.

Mit Schrecken bemerkte sie die Fußfessel um seinen Knöchel. Ihre Nasenflügel zitterten. Wie konnte Severin nur? Reichten ihm die Manschetten nicht, die seine Kräfte blockierten?

»Später«, bestimmte Jacob. »Nach deiner Behandlung.«

Auf diese Worte hin zuckte Daryan zusammen. Er konnte sie also hören.

Binnen Millisekunden färbte sich sein Gesicht vor Zorn dunkelrot. Er rutschte aus dem Bett, zerrte an seiner Fessel und einen Augenblick dachte sie schon, er würde es schaffen und sie zerreißen, nur um zu ihr zu gelangen.

Aber da öffnete sich die Seitentür, die zum großen Behandlungszimmer führte. Einer der Heiler trat an Daryans Bett. »Beruhige dich.«

Aber Daryan tat eher das Gegenteil. Er schäumte geradezu vor Wut. Wie King Kong stampfte er auf dem Boden auf, sammelte Kraft und riss erneut an der Kette, worauf das Bett um fast neunzig Grad herumgerissen wurde. Selbst der Heiler blieb daraufhin auf Abstand, hob die Hände.

Obwohl sie wusste, was unweigerlich kommen würde, da es bei Weitem nicht das erste Mal war, zuckte Pandora zusammen, als der Heiler Daryan eine Hand auf den Arm legte. Daraufhin erschlaffte Daryan und sank zurück auf das Bett. Und wieder einmal verfluchte Pandora Severin und sein Training für Heiler. Er hatte eine Möglichkeit gefunden, Heiler zu unmenschlichen Taten anzutreiben. Gedächtnisse manipulieren, Embryonen und Föten schneller wachsen lassen, Phönixen und Menschen das Bewusstsein rauben. So etwas war draußen in der Stadt von den Obreys nie geduldet worden. Und das waren nur einige der neu geschärften Fähigkeiten, die Severin ihnen beibrachte.

»Komm.« Jacob zerrte an ihrer Schürze.

Reflexartig schlug sie seine Hand weg.

»Was ist los bei dir, Pandi?«, hörte sie die Stimme ihrer Schwester. Offensichtlich hatte sie ihre Emotionen nicht unter Kontrolle.

»Nichts, gar nichts«, zwang sie sich zu sagen. »Alles in Ordnung.« Nur noch ein oder zwei Tage … Wenn sie beide in der Zelle landeten, würde das nur den Plan gefährden. Ihre Vorbereitungen auf Eis legen. Heute besonnen handeln, morgen frei sein. Pandora hob den Blick, starrte an die graue Containerdecke. Ihr aktuelles Mantra.

Jacob seufzte. »Wirst du jetzt mitkommen oder soll ich die Wachen rufen?«

Blinzelnd legte Pandora den Kopf noch etwas weiter in den Nacken. Wenn sie zu Daryan stürmte, würde der Heiler sie ebenso ausschalten. In dieser Situation gab es keine Chance für sie. Sie konnte nichts tun. Noch nicht jedenfalls. Mit einem letzten Blick auf Daryan, der von dem Heiler zurück ins Bett gehievt wurde, folgte sie Jacob in Richtung Labor.

Kapitel 3

Nach ihrer Untersuchung lag sie bis zum Abendessen zitternd im Bett. Die kratzige Strickjacke, die man ihr gegeben hatte, fest um sich geschlungen. Sie konnte es einfach nicht glauben. Wollte nicht wahrhaben, was geschehen war. Und welcher Teufel Severin geritten hatte. Sie musste von hier fliehen. Zusammen mit ihrer Mom, Daryan und Aspyn. Und vielleicht auch Sybilla. Sie wollte mindestens so dringend von hier weg wie Pandora selbst. Gemeinsam würden sie von draußen einen Weg finden, Severin aufzuhalten. Wo Drew wohl steckte? Die ganzen drei Wochen über hatte sie ihn nicht zu Gesicht bekommen. Bisher hatte sie das nicht weiter gestört, aber als sie heute Aspyns und Matts erstes Aufeinandertreffen in der Kolonie mit angesehen hatte … Egal. Mit etwas Glück war sie schon lange von hier getürmt, bevor sie Drew über den Weg laufen würde.

Zehn Minuten vor dem Abendessen klopfte es an der Holzhütte, die sich die Pearcinson-Frauen teilten. Ausgenommen Beth, die im Quartier der Ältesten residierte.

»Pandora?«

Der Klang seiner Stimme ließ Pandora den Atem anhalten.

»Daryan?« Sie richtete sich auf. War das tatsächlich …?

Er öffnete die Tür und huschte zu ihr hinein.

»Bei allen Fegefeuern, Daryan. Wenn sie dich hier drin erwischen!«

Eilig schloss Daryan die Tür hinter sich, stürzte auf sie zu und zog sie in eine Umarmung. »Alle sind beim Abendessen, sie werden uns nicht erwischen.« Er streichelte kurz über ihren Nacken. »Gott, habe ich dich vermisst.«

Er hatte sie vermisst! Hatte er das gerade wirklich gesagt? Pandoras Augen juckten, weil sie kurzfristig vergessen zu haben schien, wie man blinzelte. »Es waren doch nur zwei Tage.«

»Zwei lange Tage.« Daryan lächelte sie an, wobei er sie jedoch nicht aus der Umarmung freigab. »Eben hat mich Dr. Levrin entlassen. Länger hätte ich es auch nicht dort drinnen ausgehalten. Ich habe Brötchen und Pastinaken für uns aus der Krankenstation gemopst. Wir müssen nicht zum Abendessen gehen.«

»Wird das nicht auffallen? Am besten, ich spiele krank, lege mich ins Bett und verstecke dich unter der Decke.«

Daryans Lippen zuckten. »Ich soll mich also zu dir ins Bett legen?«

»Aus Sicherheitsgründen!« Ihre Wangen liefen heiß an und sie starrte hastig zu Boden, war aber viel zu glücklich ihn wiederzuhaben, als dass sie ihm für diese Bemerkung hätte böse sein können. Daryan war wieder bei ihr. Die letzten Wochen hatten sie sich kaum gesehen. Nur ab und zu einen kurzen Moment geteilt, in dem sie über ihre Pläne gesprochen hatten. Wie sie sich Severins Verkupplungsversuchen entziehen und generell von diesem furchtbaren Ort abhauen konnten. Einen Moment lang fühlte sich ihr Innerstes an, als sei ein lang vermisster Teil wie eine Tonscherbe zurückgekehrt, um sie zu vervollständigen.

Kurz zögerte Daryan, biss sich auf die Lippen. Sein Blick schien ihren zu suchen. »Ich wollte schon lange mit dir reden. Allein.«

Sie nickte. Daryan atmete auf. Seine Schultern senkten sich. Beinahe zeitgleich streifte er die Schuhe ab, zog eine Brottüte aus seiner Weste und schlüpfte dann unter die Decke ihres Betts. Nachdem sie all ihre Zweifel heruntergeschluckt hatte, legte sich Pandora zu ihm, prüfte kurz, ob man ihn von der Tür aus würde sehen können, und entspannte sich dann ein wenig.

Daryan, der mit dem Rücken zur Wand neben ihr lag, reichte ihr ein halbes Brötchen. »Weshalb warst du heute in der Krankenstation? Es hat mich halb umgebracht zu wissen, dass du in Dr. Levrins Gewalt sein würdest. Was für Tests hat er an dir durchgeführt?«

Und da war die Entspannung dahin. Pandora stockte, konnte sich für einen Moment gar nicht mehr rühren. Sie konnte es ihm nicht sagen. Es war einfach zu erniedrigend.

»Routineuntersuchung«, murmelte sie stattdessen und nahm einen großen Bissen von dem Brötchen, das bestimmt schon ein paar Tage alt war. Aber was machte das schon, wenn sie es zusammen mit Daryan vertilgen durfte? »Außerdem hat er irgendwann mein Bewusstsein ausgeknipst. Wie beim letzten Mal, allerdings bin ich heute nach ungefähr fünfzehn Minuten wieder zu mir gekommen. Hat den Doc echt geärgert.«

Daryan hob beide Augenbrauen. Natürlich kaufte er es ihr nicht ab und schon gar nicht die vorgetäuschte lockere Art und Weise, wie sie davon sprach. Aber er bohrte nicht nach, sondern drückte lediglich ihre Hand.

»Sobald ich diese Manschetten losgeworden bin, kann Severin was erleben.«

Pandora sah auf ihre eigenen Manschetten herab. Und auf ihren Ehering. Ja, wenn sie die los wäre …

»Über was wolltest du mit mir reden?«, fragte sie so beiläufig wie möglich zwischen zwei Bissen. Sicherlich, kurz bevor sie in die Kolonie verschleppt worden waren, hatten sie und Daryan sich angenähert … allerdings stand immer noch so verdammt viel zwischen ihnen. Ungereimtheiten, angestaute Gefühle und einfach so viele Momente mit ihm, positive wie negative, die Pandora nicht mehr aus dem Kopf gingen. Mit ihm in einem Bett zu liegen, fühlte sich genauso surreal an wie das altmodische Schürzenkleid, das sie nun jeden Tag trug.

Mitten in der Bewegung verharrte Daryans Hand mit dem Pastinakenstück. Während er an die Zimmerdecke starrte, ließ er das Gemüse wieder sinken. »Ich muss mich bei dir entschuldigen.«

Für was?, hätte sie gern gefragt, beschloss aber, ihn einfach reden zu lassen.

»Angefangen damit, dass ich dir nach dem Frühjahrsball gesagt habe, dass aus uns niemals etwas werden könnte.« Daryan schluckte. Sein Blick war starr auf die Decke gerichtet. Zitterte da etwa seine Unterlippe? Wenn er sich wirklich bei ihr entschuldigen wollte … Pandora blinzelte. Es war nicht so, dass sie in letzter Zeit nicht geahnt hätte, dass zwischen ihnen enorm viel schief gelaufen war in den Tagen vor der großen Katastrophe. Missverständnisse und unglückliche Zufälle. Wenn man von Calentas Intrigen einmal absah.

»Es ist schwer zu erklären«, fuhr Daryan fort, »und im Nachhinein möchte ich mich dafür ohrfeigen, dass ich mich einfach so habe erpressen lassen …« Er unterbrach sich.

Erpressen?

Daryan pulte an seinem Brötchen herum. »Severin hat mich erpresst. Er wusste, dass ich vier Fähigkeiten in mir vereine. Wenn ich nicht mit Calenta zum Ball gegangen wäre, hätte er mich verraten.«

Oh, diese Erpressung. Aber es passte zu Severin. Auf irgendeine Weise hatte sie es geahnt.

»Ist schon gut«, flüsterte Pandora.

»Nein ist es nicht!« Die Bettwäsche raschelte, als er sich so plötzlich zu ihr umdrehte. »Ich war naiv zu glauben, dass ich dich beschützen könnte – vor Severin und vor den Anschlägen –, wenn ich dich auf Abstand halten würde. Deshalb habe ich diese entsetzlichen Dinge zu dir gesagt. Dass du als Edison niemals gut genug für mich sein würdest.«

Weil es genau das war, was sie so dringend hatte hören müssen, füllten sich ihre Augen mit Tränen. Es aus Daryans Mund zu hören – die Worte, die sie sich so verzweifelt gewünscht hatte – fühlte sich auf einmal unwirklich an.

Er drehte sich zurück auf den Rücken, starrte wieder an die Zimmerdecke. »Es tut mir leid. Und natürlich war das alles meine Schuld und ich werde mir nie vergeben, dass ich dich nicht vor Drew und Eric beschützt habe, an dem Tag, als das Casino gebrannt hat. Glaubst du mir das wenigstens?« Seine Wimpern flatterten. Kurz darauf, nach einem niedlichen Augenaufschlag, sah er sie an. Mit einem Sturm an Gefühlen in seinem Blick. Ein wahrer Ozean an Furcht, Verzweiflung und irgendetwas Brennendem. Ja, eindeutig. Da brannte ein Feuer hinter seinen Pupillen mit der braunen Iris.

Pandora wollte eine Hand nach ihm ausstrecken, seine Wange streicheln, wusste aber nicht, ob sie sich schon in diesem Stadium befanden. Ob sie mit einer vertrauten Geste zu weit ging und ihre vorsichtige Annäherung zerstörte. Andererseits versteckte sich Daryan gerade in ihrem Bett …

Die Entscheidung wurde ihr abgenommen, als sie spürte, wie Daryans Hand nach ihrer suchte. Unter der Bettdecke. Sein kleiner Finger tippte sanft gegen ihren.

Ganz bewusst atmete Pandora ein. »Ich habe mich echt kindisch benommen. Du müsstest zuerst mir verzeihen. Und daran, dass Drew mich verwettet und damit Eric ausgehändigt hat, daran bist du wirklich nicht schuld.« Es stimmte und sie meinte es genau so, wie sie es sagte. Wäre sie nicht so verdammt naiv gewesen und Drew nicht so dämlich …

Ein zaghaftes Lächeln umspielte Daryans Mund und er murmelte etwas, das wie »Du bist zu gut für mich«, klang.

Eine Weile schwiegen sie, wobei Pandora immer zu der Erhebung unter der Bettdecke schielte, wo sich ihre beiden kleinen Finger berührten. Ihr Herz begann zu hüpfen. Vielleicht weil es sich so anfühlte, als hätten sie soeben eine Mauer eingerissen, die die ganze Zeit über unsichtbar zwischen ihnen existiert hatte. Ihre Lippen zuckten verräterisch. Einfach, weil sie sich trotz der neuen Lebensumstände in der Kolonie plötzlich so glücklich fühlte.

Draußen in der Wüste heulte ein Kojote, unterbrach die minutenlange Stille.

Pandora wandte ihren Blick in Richtung Fenster. Durch die kitschigen Gardinen konnte sie einen Teil des Wegs und weitere Blockhütten erkennen.

»Hast du gehört, dass Yota Velnan heute auf seiner Flucht erschossen wurde?« Die Worte kamen ihr nur stockend über die Lippen.

Daryan hustete, schluckte dann einen Bissen Pastinake herunter. »Was? Ein Brennan? Am helllichten Tag? Und er ist tot?« Noch ehe sie antworten konnte, rieb er sich mit dem Handrücken über die Stirn. »O Mann. Das passt Severin natürlich super in den Kram als Demonstration, was mit Verrätern passiert.«

Verräter. So nannte Severin die Abtrünnigen. Schürte den Hass bewusst gegen sie.

»Sie haben ihn in einem namenlosen Grab vor der Siedlung verscharrt. Kein Brennan durfte dabei zusehen.« Abgesehen vom Hulk, aber die war ja seit ihrer Heirat offiziell kein Brennan mehr. Sie wusste nicht genau, um wen sie weinte, nur dass sich eine Träne aus ihrem Auge stahl. »Ich glaube sogar, seine Familie wurde zu drei Tagen Toilettendienst und Essensentzug verurteilt. Sie bestrafen die Angehörigen. Jacob sagte, damit seien die Velnans zu den Fußabtretern der Kolonie geworden. Als ob sie nun in der Hierarchie ganz unten stehen würden. Noch unter den Suelos.« Und das, obwohl in vielen Bereichen die Hierarchie unter ihnen aufgelöst worden war. Schließlich mussten alle mit anpacken in der Siedlung und arbeiten. Egal ob Lubrin oder Suelo. Mit Ausnahme von Severin und dem Ältestenrat selbstverständlich.

»Irgendwie muss er sie bestrafen. Gerade die Brennans zeigen normalerweise wenig Mitgefühl und Trauer über den Tod eines Angehörigen. Selbst für Phönixverhältnisse.«

Pandora nickte. »Manchmal glaube ich, wir sind den Tieren ähnlicher als den Menschen.«

Daryan legte den Arm um sie, drückte ihr einen Kuss auf die Schläfe. »Wir werden fliehen. Und es cleverer anstellen als Yota.«

***

Aspyns Magen knurrte bereits lauter als der Hulk im Wutmodus, als endlich jemand die Tür ihrer Zelle öffnete.

»Mitkommen.« Jacob und ein breit gebauter Lubrin mit extrem langer, spitzer Nase hatten sich im Türrahmen aufgebaut. Der fremde Typ erinnerte sie mit seinem bärtigen Gesicht und von seiner Statur her an einen Gorilla.

Aspyn blinzelte gegen die plötzliche Helligkeit an. In der Zelle hatte ihr nur eine schwache Glühbirne und kein Fenster Licht gespendet.

Zögerlich griff sie nach ihrer Haube. Ob es auffallen würde, wenn sie … Der Gorilla packte sie am Arm, als sei sie eine verurteilte Verbrecherin auf dem Weg zum Gerichtssaal, und unterbrach damit all ihre Gedanken.

Jacob schien sie zu ignorieren, führte sie und den Aufpasser schweigend nach draußen. Unter ihren Füßen knackte der Containerboden wie ein Schiffsanlegersteg. Zwar war sich Aspyn bewusst, dass sie müffelte und einen derangierten Anblick bot, dennoch hatte sie etwas mehr von Jacob erwartet. Laut ihm waren sie und Pandora doch die wertvolleren Zuchtstuten. Oder nicht?

Zu ihrem Missfallen bog Jacob vor ihr auf den Weg zur Krankenstation ab.

»Hallo? Was ist mit Abendessen?«

Jacob kicherte. »Das hast du dir heute nicht verdient. Dafür hast du deine Untersuchung verpasst. Pandora hatte ihren Termin bereits.«

Aspyn bohrte ihre Fersen in den staubigen Weg. »Von was für einer Untersuchung genau reden wir da?«

»Wirst du schon sehen«, brummte der Gorilla.

***

Eine Stunde später stürmte Aspyn in die Hütte ihrer Familie.