Energiewende – wenden und vollenden! Regional, dezentral, bürgernah - Marianne Karpenstein-Machan - E-Book

Energiewende – wenden und vollenden! Regional, dezentral, bürgernah E-Book

Marianne Karpenstein-Machan

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Beschreibung

Die Potenziale zur Nutzung erneuerbarer Energien sind weltweit und regional im Überfluss vorhanden, die Technik zur Umsetzung ist verfügbar, die nötigen technischen Kenntnisse entwickeln sich rasant, die Effizienz wird durch technologischen Fortschritt kontinuierlich gesteigert – so die Analyse von Marianne Karpenstein-Machan. Warum also sollte die Energiewende in Deutschland nicht gelingen? Die Autorin informiert uns in verständlicher Sprache über die Notwendigkeit der Energiewende sowie die vielfältigen Wege zur technisch-organisatorischen Umsetzung und inspiriert zum Mitmachen. Anhand zahlreicher Praxisbeispiele zeigt sie auf, wie in Bürgerkraftwerken, Energiegenossenschaften, Gemeindewerken und Bioenergie- und Sonnenenergiedörfern die Energiewende auf regionaler Ebene bereits erfolgreich umgesetzt worden ist und weiterentwickelt wird – Beispiele, die Mut machen und eindrucksvoll demonstrieren, dass es durch Bürgerengagement gelingt, die sprichwörtlichen Berge zu versetzen. Das Buch richtet sich an alle, die die Energiewende argumentativ und praktisch mitgestalten wollen. Ziel Karpenstein-Machans ist es, dazu beizutragen und uns zu motivieren, die Energiewende uneingeschränkt positiv zu denken, als Chance für eine bessere Zukunft für alle Menschen zu begreifen und dem aktuell raumgreifenden Gefühl „Ich kann ja sowieso nichts tun“ entgegenzuwirken.

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Seitenzahl: 115

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ibidem-Verlag, Stuttgart

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Vorwort des Reihenherausgebers

1. Warum ist eine Energiewende notwendig?

2. Energiewende als technische, ökonomische und soziale Herausforderung

3. Langfristziele der Bundesrepublik für die Einhaltung der Klimaziele

4. Ist Vollversorgung mit Erneuerbaren in Deutschland möglich?

5. Der Weg zu regenerativen Energien über Nachhaltigkeitsprinzipien

6. Regenerative Energie und ihre Potenziale

7. Status quo der Technologien und Zukunftsmusik

8. Kommunale Konzepte zur Eigenversorgung

9. Kommunale Konzepte mit Wertstoffen

10. Sektorenkopplung mit Wind, Sonne und Biomasse

11. Energiewende durch Digitalisierung erst möglich?

12. Wie gehen wir es an? Energie in Bürgerhand

13. Was führt zum Erfolg?

14. Fazit

15. Ausblick – Die Krise als Chance

16. Literatur

Vorwort

Die Wissenschaftlerin Marianne Karpenstein-Machan nimmt sich eines zentralen Themas unserer Zeit an. Die Energiewende. Ein wesentlicher Erfolg der Energiewende liegt darin, dass sie regional, dezentral und bürgernah stattfinden kann. Das Buch macht eindrucksvoll deutlich, warum eine derartige dezentrale Energiewende ein wichtiger Ausgangspunkt eines langen nachhaltigen Weges ist. Das Erneuerbaren Energien Gesetz (EEG) hat den Weg geebnet für eine regionale, dezentrale und maßgeblich von Bürgerinnen und Bürgern getragene Energiewende, dieser erfolgreiche Weg sollte weiter gegangen werden, so die Überzeugung der Autorin.

Historisch interessant beschreibt sie die enge Beziehung zwischen Menschheitsentwicklung und der Energienutzung, aber auch die negativen Folgen der Ausbeutung der fossilen und nuklearen Ressourcen für Klima und Natur. Die politischen Zielsetzungen und Entscheidungen zur Bewältigung der Klima- und Energiekrise werden kritisch hinterfragt und „nachgerechnet“. Das Pro und Kontra der verschiedenen Transformationswege „Vollversorgung und Energieimporte“ im Hinblick auf Nachhaltigkeitsgrundsätze bewertet.

Die Autorin kann anhand von vielen Studien aus der Literatur darlegen, dass weder die Potenziale für erneuerbare Energien, noch das technische „know how“ für eine energetische Vollversorgung in Deutschland knapp sind. Knapp ist allenfalls die Zeit zur Umsetzung einer klimagerechten Energieversorgung, um den schlimmsten Auswirkungen des Klimawandels zu begegnen.

In zahlreichen Praxisprojekten stellt sie dar, dass Dörfer und Städte bereits Großes auf dem Weg zur Klimaneutralität geleistet haben, wie sich Bürgerinnen und Bürger zu Energiegenossenschaften zusammengeschlossen und eigene Energieprojekte umgesetzt haben – demokratisch und sozial verantwortungsvoll. Sie trotzen den zurzeit vielen negativen Schlagzeilen in der Presse über die hohen Kosten der Energiewende. Denn die Schockwellen der hohen Kosten durch eine verschleppte Energiewende könnten sich vermeiden lassen durch eine dezentrale und bürgernahe Energiewende.

Die durch viele Praxisprojekte erfahrene Wissenschaftlerin nennt Kriterien und Faktoren für eine erfolgreiche Umsetzung von Bürgerprojekten. Sie sieht „trotz allem“ Chancen den Klimawandel zu begrenzen und mit erneuerbaren Energien für mehr Frieden auf der Welt zu sorgen „wenn mutige Politiker/innen, Wissenschaftler/innen und Akteure der Energiewende weiter mit offenen Karten spielen und der Bevölkerung die Notwendigkeit kommunizieren, die fossil/atomaren Energien im Boden zu lassen und anfangen nachhaltig zu wirtschaften“.

Claudia Kemfert, 9. Juni 2023

 

Vorwort des Reihenherausgebers

Im Juni 2023 hat der Rat der EU-Mitgliedsländer den massiven Ausbau der Erneuerbaren Energien für Europa beschlossen. Die Konkretisierung der EU-Erneuerbaren Energien-Richtlinie wird einen Investitionsboom für erneuerbare Energien auslösen. Der Anteil der Erneuerbarer Energien am Gesamtenergieverbrauch soll nach Gesetz in 2030 auf 45% steigen (bisher 32% Anteil). Bis Ende 2021 wurde ein Anteil der Erneuerbaren von europaweit knapp 22% erreicht. Die neue Vorgabe bedeutet also eine Verdoppelung des Anteils Erneuerbarer Energien in 9 Jahren! Die Wege dorthin sind aber weiterhin nicht eindeutig vorgegeben. Europaweit folgt daraus die Installation von 100 GW Windanlagen und Solaranlagen pro Jahr!

Das Buch von PD Dr. Marianne Karpenstein-Machan zeigt auf, wie die Energiewende noch gelingen könnte und zwar „regional, dezentral und bürgernah“.

Mit Frau Karpenstein-Machan verbindet mich eine langjährige Zusammenarbeit im Bereich Erneuerbare Energien, die ihren Anfang in den ersten Initiativen der Bioenergiegewinnung (z.B. Bioenergiedorf Jühnde) hat. Jühnde ist in Deutschland der erste Ort, der seinen Energiebedarf vollständig aus regenerativen Energien abdeckte. Dadurch wurde der Ort als „Bioenergiedorf“ weltweit bekannt. Besucher aus den USA, Japan und anderen Ländern kamen zu Besichtigungen und das Konzept der dezentralen Energiegewinnung wurde von vielen Ländern übernommen.

In den letzten Jahren arbeiteten wir gemeinsam im Verbundvorhaben: „Innovative Konzepte und Geschäftsmodelle für zukunftsfähige Bioenergiedörfer- klimafreundlich, demokratisch, bürgernah“ (siehe: https://energiewendedörfer.de/). Um den „Tank-Teller-Konflikt“ im Bereich Bioenergiegewinnung zu vermeiden, konzentrierten wir uns vorrangig auf die Nutzung biogener Reststoffe (Biogas aus Wirtschaftsdünger, Biotonne, Garten und Parkabfälle, Gras von Dauergrünland, Maisstroh, Rapsstroh, Waldrestholz, etc.). In diesem interdisziplinären Forschungsprojekt haben die Universitäten Kassel und Göttingen unter Beteiligung der Fachgebiete Mikroökonomik und empirische Energieökonomik, Universität Kassel und Solar- und Anlagentechnik der Universität Kassel und das Geographisches Institut Abteilung Kartographie, GIS und Fernerkundung der Georg-August-Universität Göttingen zusammengearbeitet. Es konnten weitreichende Handlungsempfehlungen entwickelt sowie ergänzende Wärmeerzeuger und alternative Wärmeversorgungskonzepte beleuchtet werden.

Die „Wärmewende“ ist seit Herbst 2022 in aller Munde und unter dem Einfluss des Russland-Ukraine Kriegs so drängend wie nie zuvor. Viele Ansätze dieses Projekts fließen auch in das vorliegende Buch ein. Dabei macht das neue Buch in der ibidem-Reihe „Erdsicht“ Mut und gibt tiefe Einblicke, wie die Energiewende doch noch gelingen kann. Anhand vieler regionaler Beispiele lässt sich nachvollziehen, was es für eine bürgernahe, technikoffene und sozialverträgliche Energie- und Wärmewende braucht.

Martin Kappas, 14. Juni 2023

 

1. Warum ist eine Energiewende notwendig?

1.1 Das fossil-atomare Zeitalter geht zu Ende

1.1.1 Energie – Motor der menschlichen Entwicklung

Die Entwicklung der Menschheit hängt eng mit der Verfügbarkeit von Energie zusammen. In der Frühphase der Menschheitsgeschichte war die Biomasse in Form von Früchten, Samen und Holz die einzige verfügbare Energiequelle, sie ernährte die Menschen, gab ihnen Kleidung und Feuerholz. Alle Arbeiten mussten die Menschen selbst verrichten, der einzige Motor war die menschliche Muskelkraft. Nach Pimentel (1) waren in der Zeit der Jäger und Sammler ca. 80 % der Aktivitäten der Frühmenschen auf die Suche, das Sammeln und die Jagd nach Nahrung und Feuerholz ausgerichtet. Später in den frühen Acker- und Tierhaltungssystemen wurden Tiere für schwere Arbeiten als Last- oder Zugtiere eingesetzt, um zum Beispiel den Acker zu pflügen, oder das Mühlrad zu drehen. Das war zwar einerseits eine Erleichterung für die Menschen beim Anbau und der Zubereitung der Nahrungsmittel, andererseits konkurrierten die Nutztiere aber mit den Menschen um die Ackerfläche, denn auch die Tiere mussten ernährt werden. Erst der technische Fortschritt mit der Erfindung der Wassermühle machte die Menschheit unabhängiger von der Biomasse als Energielieferant für menschliche und tierische Muskelkraft. Erstmalig wurde mit der Wassermühle eine kohlenstofffreie Energiequelle genutzt, um schwere Arbeiten zu verrichten. Besondere Bedeutung haben die Getreidemühlen erlangt. Es gab aber viele Typen von Mühlen und die verschiedensten Arbeiten wurden damit verrichtet: Getreidemühlen, Schopfradmühlen zur Bewässerung, Walkmühlen zur Verdichtung von Tuch, Schmiedemühlen zur Betätigung des schweren Schmiedehammers. Wassermühlen wurden auch im Bergbau zur Gewinnung von Eisenerz eingesetzt. Erst mit Hilfe der Wasserkraft war es möglich die tieferen Lagerstätten auszubeuten, denn mit Muskelkraft allein hätte man nicht das schnell eindringende Grundwasser abpumpen können. Windmühlen gab es bereits im Altertum, sie entwickelten sich parallel zu Wassermühlen. Die Hochzeit der Wasser- und Windmühlen war im 18. und 19. Jahrhundert. Im deutschen Kaiserreich waren nach Zählungen der Preußischen Regierung im Jahre 1895 18.362 Windmühlen und 54.529 Wassermühlen in Betrieb, die meisten davon waren Getreidemühlen (2). Die Erfindung und Verbreitung der Dampfmaschine Anfang bis Mitte des 19. Jahrhunderts leitete die Industrialisierung in Europa ein. Die Kraft, die mit der Dampfmaschine bewältigt werden konnte, entsprach dem mehr als hundertfachen der Muskelkraft. Als Energiequelle zum Antrieb der Dampfmaschine wurde zunächst Kohle, später dann Öl, Gas und Uran eingesetzt. Mit den fossilen Rohstoffen Kohle, Öl, Gas und Uran hatte man Energiequellen gefunden, die einerseits erst mit der Erfindung der Dampfmaschine bzw. der Motorentechnik im großen Maßstab aus der Erde herausgeholt werden konnten, aber andererseits benötigten die Motoren den Brennstoff aus der Erde, um Arbeit für die Menschen zu verrichten. Mit der Industrialisierung und dem Übergang der Gesellschaft von einer Agrar- zu einer Industriegesellschaft in Mitteleuropa und Amerika stieg der Energieverbrauch der Menschen. In nicht einmal zwei Jahrhunderten hat die Menschheit (zum großen Anteil in den Industrienationen) nahezu die gesamten fossilen Rohstoffe aus den Lagerstätten der Erde aufgebraucht. Vorräte an Öl und Gas, die in Millionen von Jahren gebildet wurden, werden heute in wenigen Jahrzehnten verbraucht.

Weltweit wachsende Märkte und Wirtschaftswachstum führen derzeit zu einem kontinuierlich steigenden Energiebedarf, der nahezu zu 100 Prozent mit fossilen Rohstoffen abgedeckt wird.

Unbestritten – Energie ist der wesentliche Motor der menschlichen Entwicklung. Sie ist die Basis dafür, dass die Menschen über die Grundbedürfnisse des Lebens hinaus, wie der Zugang zu Nahrung, Wohnung und Kleidung, ihre geistigen, physischen und emotionalen Potenziale zum Wohle einer humanen Gesellschaft entwickeln können.

Die Aufgabe dieses Jahrhunderts wird es sein, den Energiebedarf der Menschheit auf der Erde so bereitzustellen, dass weder das Klima noch die Umwelt weiter geschädigt werden. Nach der Atomkatastrophe von Fukushima hat die deutsche Bundesregierung im Jahr 2011 das Ende der Atomkraft und gleichzeitig den Ausbau der Erneuerbaren Energien, die sogenannte Energiewende, beschlossen. In der Mitte des 21. Jahrhunderts soll das Zeitalter der Erneuerbaren Energien erreicht sein. Der Wissenschaftliche Beirat für Globale Umweltveränderungen (2011) (3) spricht von einer „Großen Transformation“, wie die Energiewende auch genannt wird, die eine gewaltige Herausforderung für eine Gesellschaft darstellt, für die es bisher in einer Industriegesellschaft noch kein Beispiel gibt.

1.1.2 Risiken der Ausbeutung der noch verbliebenen Ressourcen

Prognosen und Studien, die von vielen Wissenschaftlern weltweit durchgeführt wurden, zeigen, dass die bisherigen mit konventionellen Explorationsmethoden gewonnen fossilen Energiereserven versiegen. Öl- und Gaslagerstätten, die durch einfache Tiefenbohrungen ausgebeutet werden können, sind nur noch für wenige Jahrzehnte verfügbar. Die mit höheren Kosten verbundene Gewinnung von Öl und Gas aus Schiefersanden mit der sogenannten Fracking-Methode, die in den USA und Kanada angewandt wird, verlängern zwar die Reichweiten für fossile Rohstoffe um einige Jahrzehnte, bergen jedoch große Gefahren für Mensch und Umwelt. In Deutschland ist die Fracking-Methode in der Bevölkerung sehr umstritten und das unkonventionelle Fracking, wie es in den USA und Kanada betrieben wird, ist in Deutschland verboten. Beim unkonventionellen Fracking werden Gas- oder Öllager in tiefen Gesteinsschichten mehrmals angebohrt, es werden Sprengungen durchgeführt und Chemikalien eingesetzt, um die Lagerstätten zu knacken. Diese Methode birgt nicht nur Gefahren für das Grundwasser, das durch die Chemikalien verschmutzt werden kann: ebenso gefährlich ist das Wasser, das zur Bohrung eingesetzt wird und als Sand-Wasser-Chemie-Gemisch, angereichert mit Schwermetallen aus der Erdkruste, zurückfließt. Es wird aufgefangen und zum Teil auf Deponien entsorgt bzw. wieder im Ausgangsgestein verpresst.

Die Super-Gaus der Kernenergie

Auch die Ressourcen an Uran sind begrenzt. Hier geht man zwar von einer längeren Reichweite als bei Öl und Gas aus, aber die Nutzung von Kernenergie birgt jedoch die höchsten Risiken für Menschheit und Natur.

Zum ersten „Super-Gau (Größter anzunehmender Unfall)“ kam es bereits 1957 in den kerntechnischen Anlagen in Majak/Russland in der damaligen Sowjetunion – damals weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit in Ost und West. Es kam zu schwersten Freisetzungen von Radioaktivität. Erst nach dem Reaktorunfall in Tschernobyl wurde die „International Nuclear Event Scale“, eine Skala von 1 bis 7 eingeführt. Danach müsste bereits der Unfall in Majak in die höchste Stufe 7 – katastrophaler Unfall mit schwersten Freisetzungen und Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt in einem weiten Umfeld – eingestuft werden. Nach heutigen Einschätzungen ist der Unfall aufgrund der Höhe der radioaktiven Kontaminierung der Umwelt mit den Katastrophen in Tschernobyl/Ukraine (1986) und Fukushima/Japan (2011) vergleichbar, die ebenfalls der höchsten Stufe zugeordnet werden (s. auch Abbildung 1 und Abbildung 2). Die Ursachen sind bei allen drei Katastrophen in einer Kombination von technischen Fehlern und menschlichem Versagen zu suchen. Auch die Betriebsführung nach den Katastrophen war durch mangelhafte Sicherheitsausrüstungen, Missmanagement und fehlende Informationsweitergabe an Behörden, Politik und Bevölkerung gekennzeichnet. Große Sperrzonen wurden errichtet, mehrere hunderttausend Menschen mussten aufgrund der hohen radioaktiven Verseuchung umgesiedelt werden. Tausende Menschen wurden mit hohen Dosen radioaktiver Strahlung belastet. Zahlreiche weitere Unfälle ereigneten sich weltweit, darunter acht Unfälle der Stufe 5 (ernster Unfall mit begrenzter radioaktiver Belastung). Betroffen davon war Kanada in 1952, Großbritannien in 1957, die Schweiz in 1969, die Sowjetunion in 1974 und 1977, die USA in 1959 und 1979 und Japan in 1999 (4).

Abbildung 1: Vom Erdbeben zerstörte Häuser in Minami-Soma bei Fukushima nach der Dreifach-Katastrophe: Erdbeben, Tsunami und die Zerstörung des Atomreaktors in Daiichi, durch die die ganze Region radioaktiv verstrahlt wurde. (Foto: Marianne Karpenstein-Machan)

Abbildung 2: Von der Tsunamiwelle mitgerissene Gegenstände, zu Schuttbergen aufgetragen auf ehemaligen Reisfeldern in Minami-Soma (Foto: Marianne Karpenstein-Machan)

1.1.3 Weiter wie bisher?

Die Reichweiten fossiler und atomarer Energieträger beruhen auf Prognosen des zukünftigen Energieverbrauchs. Die Reichweiten können nicht exakt vorhergesagt werden, da der zukünftige Energieverbrauch wiederum von einem komplexen Gefüge von Wirtschaftswachstum, Energiepreisen und weltweiter Entwicklung abhängig ist. Eine Strategie des „weiter wie bisher“ und das Beharren auf der Nutzung der Ressourcen bis zum bitteren Ende, birgt jedoch große Gefahren für die Menschheit. Diese Gefahren gehen über die direkte Umweltgefährdung durch die Exploration der fossil-atomaren Ressourcen hinaus, denn das Klima wird durch das Verbrennen der fossilen Energieträger nachhaltig verändert.

1.2 Die Auswirkungen des fossilen Zeitalters auf das Klima

1.2.1 Der menschengemachte Klimawandel

Das Wissen um den anthropogenen – menschengemachten – Klimawandel ist eindeutig.

Es besteht kein Zweifel mehr: Das Klimasystem erwärmt sich. Der Weltklimarat (IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change, präzise Übersetzung: Zwischenstaatlicher Ausschuss zu Klimaänderungen) der 1980 gegründet wurde, hat seither 5 Sachstandberichte vorgelegt, die diese globale Erwärmung eindeutig belegen. Mehr als 1.000 Klimaforscher sind ehrenamtlich an den Sachstandsberichten beteiligt. Sie sind Experten auf dem Gebiet der Meteorologie und fachverwandter Wissenschaften. Ihre Aufgabe ist es, die weltweite Forschung zu Klimaveränderungen streng nach wissenschaftlichen Methoden auszuwerten und zu bewerten. Aus ihren umfangreichen Berichten werden dann Zusammenfassungen für die politischen Entscheidungsträger formuliert.

1.2.2 CO2 als Haupttreiber des Klimawandels

Seit Ende des 19. Jahrhunderts hat sich die globale Oberflächentemperatur um 1,1° Grad erhöht. Das arktische Meereis, Gebirgsgletscher und Eisschilde verlieren an Masse und der Meeresspiegel steigt stetig, zurzeit 3,2 mm pro Jahr.

Haupttreiber dieser globalen Erwärmung ist das CO2-, das hauptsächlich durch die Verbrennung fossiler Rohstoffe frei wird. Der CO2-Gehalt der Atmosphäre ist seit der vorindustriellen Zeit bis ins Jahr 2021 von ca. 180 ppm auf 415 ppm angestiegen (Statiska 2021) (5). Aus Landnutzungsänderungen und der Nutzung von fossilen Energieträgern wurden ca. 2.000 Gigatonnen (Gt) CO2 emittiert. Große Mengen wurden dabei von den Ozeanen aufgenommen und von der terrestrischen Biosphäre inkorporiert.Ca. 900 Gt bleiben jedoch in der Atmosphäre und reichern sich dort an. In den Ozeanen führt das aufgenommene CO2