Erde 5.0 - Karl-Heinz Land - E-Book

Erde 5.0 E-Book

Karl-Heinz Land

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Beschreibung

Hunger und Armut, Klimawandel und Energieverschwendung, Ungleichheit und Ungerechtigkeit, Ressourcenraubbau und Misswirtschaft: In seinem neuen Buch "Erde 5.0 – Die Zukunft provozieren" zeigt Karl-Heinz Land auf, wie sich die drängenden Probleme der Welt mithilfe digitaler Technologien lösen lassen. Für Land ist jetzt die Chance, die exponentielle Leistungszunahme der IT und den unterschätzten Megatrend der Dematerialisierung für eine zukunftssichere und gerechtere Welt zu nutzen. Aus dieser Perspektive unterzieht Land die Entwicklungsziele der Vereinten Nationen (UN) einer kritischen Prüfung, zeigt Irrwege auf und mahnt ein radikales Umdenken an. Dabei präsentiert er innovative Lösungen für die "Sustainable Development Goals", die bereits jetzt von digitalen Pionieren erprobt und umgesetzt werden. Im zweiten Teil des Buches legt Land dar, wie sich die Gesellschaft und der Kapitalismus für die digitale Zukunft wandeln müssen. Denn der Autor ist überzeugt, dass die Digitalisierung alle Lebensbereiche prägt und jede langfristige Erwartung an Beschäftigung und Wirtschaftswachstum ad absurdum führen wird. Land plädiert für eine auf Kompetenzen ausgerichtete Bildung sowie für das bedingungslose Grundeinkommen. Außerdem hält er eine Neuausrichtung des Wirtschaftssystems für notwendig – weg von Profitmaximierung und Shareholder Value hin zu einer Sinnwirtschaft, weg von Konsumwahn hin zu einer ressourcenschonenden Zirkulärökonomie.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 270

Veröffentlichungsjahr: 2018

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Karl-Heinz Land

Autor:Karl-Heinz Land, Digital Darwinist & Evangelist, neuland GmbH & Co. KG

http://www.karlheinzland.com

Verlag:FutureVisionPress e.K.Konrad-Adenauer-Ufer 8350668 KölnT +49 221 999697-30

Redaktion:Christoph Berdi, Bettina Dornberg (http://www.identitaetsstifter.com)

Satz & Layout:Johann-Christian Hanke, (www.jchanke.de)

Umschlagbild:Felix Land

Grafiken:Christian D. Stefanovici, Felix Land

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http ://dnb.d-nb.de abrufbar.

ISBN:978-3-9817268-5-5  (E-Book)

Buch auch lieferbar in gedruckter Form unter der ISBN 978-3-9817268-4-8

© 2018

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

„Imagine the consequences if we do nothing.”

Für meine Kinder Sarah, Moritz, Felix und Cheyenne.

Für meinen Enkel Jan, sowie für alle Kinder und Enkel auf diesem Planeten.

Mögen wir für euch die Chancen des technologischen Fortschritts immer besser verstehen, sie sinnvoll und zum Wohle aller nutzen – für eine Zukunft geprägt von Toleranz für den Andersdenkenden, von friedlichem Miteinander und entschiedener Solidarität gegen jedwede Form von Fanatismus.

Für Priska.Ganz lieben Dank für deine tägliche Inspiration und die Kunst.

Über den Autor

Karl-Heinz Land (56) ist Insider der digitalen Transformation. Sein Herzensthema – die Digitalisierung – erlebt und gestaltet er seit über 35 Jahren, unter anderem in Führungspositionen bei international operierenden Unternehmen wie Oracle, BusinessObjects (SAP) und Microstrategy. Mit neuland hat er 2014 eine Digital- und Strategieberatung ins Leben gerufen, die laut Ranking der Zeitschrift »brandeins« wiederholt zu den besten Deutschlands zählt. Als Serienunternehmer und Investor setzt er auf innovative Technologien wie die Blockchain und das Internet der Dinge. Das World Economic Forum (WEF) und das »Time Magazine« zeichneten Land bereits 2006 mit dem »Technology Pioneer Award« aus.

Der Neudenker Karl-Heinz Land, der sich selbst als Digital Evangelist versteht, inspiriert Jahr für Jahr mit Keynotes und Workshops tausende Entscheider aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft und prägt deren digitale Agenda.

Als Co-Autor hat Land drei wegweisende Managementbücher veröffentlicht:

Digitaler Darwinismus

– Der stille Angriff auf Ihr Geschäftsmodell und Ihre Marke

Dematerialisierung

– Die Neuverteilung der Welt in Zeiten des digitalen Darwinismus

Digitale Markenführung

– Digital Branding im Zeitalter des digitalen Darweinismus.

Mit dem vorliegenden Buch »Erde 5.0 – Die Zukunft provozieren« wendet sich Karl-Heinz Land an die breite Öffentlichkeit und stellt sich einer ambitionierten Aufgabe: wie wir die Welt mittels der Digitalisierung retten können.

www.karlheinzland.com

„Die Zukunft überfordert uns und unsere Vorstellungskraft. Dabei ist es allerhöchste Zeit sie zu gestalten. Karl-Heinz Land erweist sich als Meister seines Fachs. Es gelingt ihm auf wunderbare Weise, die unvorstellbaren Herausforderungen sichtbar und begreifbar zu machen. Ich möchte Ihnen dieses Buch ans Herz und in die Hand legen – als Lesestoff und Handlungsanleitung. Für ein gutes Morgen. Für uns alle“

Frank Dopheide, Mitglied der Geschäftsführung der Handelsblatt Media Group

„Wir brauchen mehr Visionäre wie Karl-Heinz Land! In seinem Buch zeigt er die Chancen, die in der Digitalisierung liegen, wenn sie uns Menschen dient. Sie müssen es gelesen haben!

Prof. Götz W. Werner, Gründer und Aufsichtsrat von dm-drogerie markt

„Wer die kommende digitale Gesellschaft verstehen und mitgestalten will, findet hier einen Schlüssel zu allen Key-Konzepten der Zukunft.“

Professor Peter Weibel, CEO des ZKM, Künstler, Ausstellungskurator, Kunst- und Medienwissenschaftler

„Digitalisierung als große Chance zur Lösung der relevanten Probleme unserer Welt. Karl-Heinz Land ruft uns auf, die Erde 5.0 mit viel positiver Energie zu gestalten, und zeigt viele intelligente digitale Lösungswege auf.“

Carsten Voigtländer, ehemaliger CEO der Vaillant Group

„Ein wunderbar leicht geschriebenes Buch, das Lust macht, sich mit der Zukunft unserer Gesellschaft auseinanderzusetzen – und mehr darüber zu erfahren.“

Karsten Schwanke, Meteorologe und Fernsehmoderator

„Der survival guide für die nächsten Jahre: In einem lebensbejahenden Tenor skizziert Erde 5.0 die nahe Zukunft – von den aktuellen Entwicklungen Künstlicher Intelligenz bis hin zur Blockchain weist das Buch Möglichkeiten zur Gestaltung unserer Zukunft auf: jetzt aktiv werden und sehen, dass die Verantwortung zur Weichenstellung in unseren Händen liegt, anstatt wie ein vor Schreck paralysiertes Kaninchen in die Zukunft zu starren.“

Johanna Reich, Künstlerin

„Technologische Revolutionen provozieren meist zwei diametral entgegengesetzte Reaktionen. Auf der einen Seite rauschhaft übersteigerte Heilserwartungen – auf der anderen Seite Verteufelung und Untergangsphantasien.

Auch der Umgang mit den exponentiellen Entwicklungen der Digitalisierung bewegt sich derzeit zwischen Euphorie und diffusen Ängsten.

Karl Heinz Land gelingt es mit seinem neuen Buch Erde 5.0, die Debatte auf eine gleichsam inspirierende und unterhaltsame Art und Weise zu versachlichen. Anschaulich führt er den Leser in die evolutionäre Rasanz der Digitalisierung ein. Die Bedeutung und die Potentiale von Blockchain, Künstlicher Intelligenz und der Dematerialisierung der Welt werden auch für Laien gut verständlich erklärt.

Aber er beschreibt nicht nur, was in der digitalen Zukunft möglich sein wird, sondern liefert vor allem produktive Denkanstöße, wie die Digitalisierung zum Wohle der Menschen nutzbar sein könnte. Er nimmt die Leser mit auf eine Reise zum digitalen Planeten Erde und zeigt auf, dass hier die Armut beseitigt werden kann, die Ressourcen gerechter verteilt werden können und die Umwelt nachhaltig geschützt werden kann.

„In einer visionslosen Zeit fordert er die Leser dadurch heraus, die Zukunft nicht nur passiv als Schicksal zu ertragen. Er zeichnet ein verblüffendes Bild, wie die digitale Welt aussehen könnte, und macht so Lust die Zukunft aktiv mitzugestalten.“

„Technologischer Fortschritt ist nur noch begrenzt durch unsere Vorstellungskraft und unseren Willen!“

Karl-Heinz Land

Danksagung

Mein besonderer Dank gilt den Identitätsstiftern Bettina Dornberg und Christoph Berdi für die unermüdliche, kompetente und inspirierende Zusammenarbeit an „Erde 5.0“.

Christoph Berdi hat mit seiner Mitarbeit am Manuskript, mit seinen Recherchen und als Diskussionspartner dazu beigetragen, dass ich weitergedacht habe und tiefer in die Themen eingetaucht bin, als ich es zu Beginn des Projekts für möglich gehalten hätte.

Bettina Dornberg hat mit ihrer konzeptionellen Begleitung, ihrem feinen Sinn für Dramaturgie und Sprache sowie mit ihrem präzisen Schlusslektorat sichergestellt, dass mein Argumentationsfaden immer sichtbar, nachvollziehbar und vor allem reißfest bleibt.

Nicht zuletzt bin ich beiden zu Dank verpflichtet, weil sie das kreative Chaos, das ich zuweilen verursache, stoisch mit mir ausgehalten haben. Mir ist sehr bewusst, dass dies eine große Leistung ist!

Es war und ist mir eine Freude, Ihr zwei.

Die Würde des Menschen ist unantastbar

(Artikel 1, Absatz 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland)

Ja, wir können verhindern, dass wir die Erde in hundert Jahren verlassen haben müssen.

Ja, wir können „Global Warming“ noch in den Griff kriegen.

Ja, wir können verhindern, dass die Meeresspiegel um bis zu sieben Meter steigen.

Ja, wir können verhindern, dass wir unseren Planeten und unsere Ressourcen komplett ausbeuten.

Ja, Nachhaltigkeit lohnt sich – auch für Unternehmen.

Ja, wir können verhindern, dass jedes Jahr circa fünf bis zehn Millionen Menschen an den Folgen von Unterernährung sterben.

Ja, wir können drei bis vier Milliarden Menschen mehr auf diesem Planeten versorgen.

Ja, wir können noch verhindern, dass 2050 vermutlich mehr als 500 bis 800 Millionen Menschen auf der Flucht sein werden.

Ja, wir müssen und können die „Neuverteilung der Welt“ ernsthaft angehen.

Ja, wir können ein bedingungsloses Grundeinkommen finanzieren.

Ja, wir können und müssen uns ein neues Werte-, Bildungs-, Wirtschafts-, und Gesellschaftssystem ausdenken.

Ja, wir können dafür sorgen, dass auch unsere Urenkel ein lebenswertes Leben auf diesem Planeten haben.

Ja, wir können die Menschenwürde auf dem ganzen Planeten sicherstellen.

Ja, Mut zum Träumen kann uns aus der gedanklichen Unbeweglichkeit befreien.

Inhalt

Cover
Titelseite
Copyright/Impressum
Danksagung
Inhalt
Stimmen zum Buch
Vorwort
Einleitung
1 Der überforderte Planet
1.1 Wachstum ohne Rücksicht
1.2 Mensch und Natur in Not
1.3 Ein radikaler Vorschlag
2 Digitalisierung – die neue Matrixfunktion des Lebens
2.1 Exponentialität – nichts bleibt, wie es war
2.2 Die komprimierte Zukunft
2.3 Tipping Points – Revolutionen durch Technologie
3 Die neue Infrastruktur des Wohlstands
3.1 Internet der Dinge
3.2 Blockchain – das Internet erfindet sich neu
3.3 Künstliche Intelligenz – der große Problemlöser
3.4 Die neue Wertschöpfung
4 Dematerialisierung – der übersehene Megatrend
4.1 Das Verschwinden der Dinge
4.2 Sharing Economy – Teilen ist das neue Haben
4.3 Fallstudie: Das Ende des Automobils und die Folgen
4.4 Eine Welt ohne Arbeit
4.5 Zwischenfazit: Die neuen Paradigmen der Digitalisierung
5 Der zweite Planet ist digital
5.1 Sustainable Development Goals der UN: zum Scheitern verurteilt
5.2 Den „Digital Devide“ überwinden
5.3 Armut beenden – durch Wertschöpfung und Grundeinkommen
5.4 Ungleichheit verringern
5.5 Ernährung sichern – mit intelligenter Landwirtschaft
5.6 Gesund leben – Medizin aus der Distanz
5.7 Mehr Gleichberechtigung durch Zugang
5.8 Wasser für alle – durch smartes Management und Sparsamkeit
5.9 Energie für alle – ein New Energy Deal
5.10 Nachhaltige Städte – smart geplant und hoch intelligent
5.11 Zirkulärökonomie statt Müllproduktion
5.12 Die grüne Lunge schützen
5.13 Ein neues Mindset für die Weltpolitik: Exponentiell denken!
6 Bildung – Schlüsselfaktor der digitalen Zukunft
6.1 Leben in der Matrix
6.2 Authentisches Lernen
6.3 Kompetenz schlägt Wissen
6.4 Technologie in der Schule
6.5 Moocs und die Demokratisierung der Bildung
7 Die Zukunft provozieren
7.1 Kapitalismus hinterfragen
7.2 Grundeinkommen statt „Brot und Spiele“
7.3 Die digitale Latenz verkürzen
7.4 Die Sinnwirtschaft
7.5 Ein Update für die Ethik
8 Mut zum Träumen
Rede vor Studentinnen und Studenten im Jahr 2060
Abbildungsverzeichnis
Quellenverzeichnis

Stimmen zum Buch

Know-why statt Know-how

Von Professor Götz W. WernerGründer und Aufsichtsrat von dm-drogerie markt

„Es kommt nicht darauf an, die Zukunft vorauszusagen, sondern darauf, auf die Zukunft vorbereitet zu sein.“

Perikles (athenischer Staatsmann)

Jeder Tag ist ein Beginn von vorn. Diesen Spruch meines alten Rudertrainers kann ich jedem als Leitspruch empfehlen. Es bedeutet, einen Drang zu entwickeln, die Dinge immer wieder neu anzugehen und zu fragen: Sind wir auf dem richtigen Weg? Das ist das Prinzip von Karl-Heinz Land in dem vorliegenden Buch. Es ist ungemein hilfreich, um unsere heutige Welt mit Bewusstsein zu durchdringen, und darum geht es ja bei allem, was wir tun. Wir müssen uns beständig fragen: Warum und wozu machen wir das? Die Frage nach dem Sinn und damit dem Ziel ist höchst spannend. Wenn statt dem Know-why dem Know-how eine zu hohe Bedeutung beigemessen wird, dann führt das zu Fehlentwicklungen, wie wir sie nur allzu oft beobachten können. Nehmen Sie nur Massentierhaltung, Atomenergie, Individualverkehr, Börsenspekulationen: Wir haben das Know-how – aber macht es Sinn, all diese Dinge zu tun, nur weil wir es können?

Wir brauchen heute mehr denn je freie Menschen, die selbst erkennen, worauf es ankommt und mit konstruktiver Unzufriedenheit Dinge anpacken, gestalten, aufgreifen und verwandeln. Es geht darum, dass wir uns fragen: Auf was kommt es wirklich an? Das Paradigma der Verkoppelung von Arbeit und Einkommen macht das gar nicht so einfach. Wir erleben so viele Situationen, in denen Menschen Dinge nur des Geldes wegen machen. Wenn man sich aber über Geld definiert, hat man schon verloren. Ganz besonders in der Zeit von Bitcoin, Blockchain und Dematerialisierung. Weitere Denkanregungen dazu und warum an dem bedingungslosen Grundeinkommen kein Weg vorbeiführt, erhalten Sie in den folgenden Kapiteln dieses Buchs.

Auf was kommt es in unserer Zeit an? Warum und wozu machen wir das mit der Digitalisierung eigentlich? Ganz einfach, um den Menschen von gefährlicher, stupider, körperlich schwerer Arbeit zu befreien. Es ist das Grundprinzip des Kapitalismus, das Kopf auf Arbeit angewandt bedeutet. Und damit haben wir es weit gebracht: Wir haben die Möglichkeit und damit auch die Pflicht, Armut ins Museum zu verbannen. Digitalisierung und Automatisierung haben den notwendigen Freiraum geschaffen, damit wir uns den wesentlichen Dingen zuwenden können: durch kreatives Handeln dem Wohle unserer Mitmenschen beizutragen. Karl-Heinz Land analysiert und schildert mit treffenden Beispielen, wie wir in unserem Denken weiterkommen können. Dann können wir die Zukunft gestalten und das ist die beste Form der Vorbereitung. Jetzt müssen Sie nur noch weiterlesen und denken!

Wir haben es in der Hand

Von Karsten SchwankeMeteorologe und Fernsehmoderator

Alle reden darüber – jede und jeder hat eine Meinung dazu – aber kaum einer versteht es. Nein, ich rede nicht von der Taktik der Fußball-Nationalmannschaft, auch nicht von meinem Herzensthema, dem Klimawandel, sondern vom technologischen Fortschritt und der Digitalisierung.

Wenn ich auf einer Bühne stehe und einen Vortrag zum Klimawandel halte, kann ich es spüren: Der Klimawandel ist ein Thema, das uns alle angeht, alle, die sich Gedanken machen über die Zukunft der nächsten Generation. Aber in dem Moment, wenn klar wird, dass der Kampf gegen eine zu starke Erwärmung in meinem Vorgarten beginnt, ziehen viele die Köpfe ein. Veränderungen ja – aber bitte ohne mich. Halbwissen trifft auf Ängste. Fake News haben es leicht in diesen Tagen. Leichter als die manchmal schwer verdauliche Realität. 

Mit dieser Haltung werden wir die Erde unserer Kinder, die Erde 5.0, schon heute aufgeben.

Dieses Buch, das Sie in den Händen halten, ist ein mutiges, aber auch ein Mut machendes Buch über die Zukunft, die Erde unserer Kinder. Zum ersten Mal lese ich etwas über die Möglichkeiten und die Ausmaße des digitalen Wandels, ohne nur schwarz oder nur weiß zu sehen. Zum ersten Mal realisiere ich, dass das, was uns bevorsteht, eine ähnliche Umwälzung der Gesellschaft bedeuten wird wie die Industrialisierung im 19. Jahrhundert. Nur wesentlich schneller!

Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass viele, die das Schlagwort „Digitalisierung“ in den Mund nehmen, nicht ansatzweise überschauen, was sich im Grunde genommen dahinter verbirgt. Bis vor kurzem gehörte auch ich dazu, doch heute habe ich das Gefühl, zumindest ansatzweise überblicken zu können, welche Themen auf uns zukommen. Aber weitaus stärker ist ein anderer Aspekt dieses Buches: Es ist eine Diskussionsgrundlage, ein Buch, das anregt, sich darüber auszutauschen und noch mehr erfahren zu wollen. 

„Erde 5.0“ geht den potenziellen Gefahren der Digitalisierung (Datenmissbrauch, Künstliche Intelligenz oder Arbeitsplatzverlust) nicht aus dem Weg. Aber es verteufelt deshalb nicht die Möglichkeiten der Digitalisierung, sondern zeigt auf, wie stark sich unsere Gesellschaft möglicherweise verändern wird. Wir haben es in der Hand, es passieren zu lassen – oder selbst aktiv zu werden.

Dieses Buch regt an, in die Diskussion über unsere Zukunft einsteigen zu wollen.

Vorwort

Liebe Leserinnen und liebe Leser,

mit dem vorliegenden Buch wage ich die zukunftprovozierende Vision, wie wir mithilfe von Technologie die Welt zu einem besseren und lebenswerten Ort auf globaler Ebene umgestalten können.

Viele Menschen fürchten sich heute vor einer sich rasant verändernden Gegenwart und einer ungewissen Zukunft. Apokalyptische Vorstellungen bestimmen die gesellschaftspolitische Debatte.

Dies ist um so erstaunlicher, da es gerade der technologische Fortschritt des 20. Jahrhunderts war, der uns Sicherheit, Lebensqualität und Gesundheit gebracht hat, also all das, was unser Leben heute so lebenswert macht.

Dennoch macht sich Zukunftsangst breit. Die Menschen spüren, dass gewaltige Umwälzungen auf sie zukommen und fühlen sich von der Geschwindigkeit und der Komplexität der Veränderungen überfordert. Viele lehnen neue Technologien vehement ab. Genau hier liegt ein wesentliches Problem, denn Zukunft beruht auf Information und Einsicht. Wir müssen die Zukunft nicht nur gestalten, sondern sie förmlich provozieren. Wir müssen jetzt entscheiden, welchen technologischen Fortschritt wir möchten und welchen nicht. Wir müssen der Transformationen einen Rahmen aus Normen, Regeln und Werten geben und zwar in sozialer, politischer, gesellschaftlicher und vor allem ethischer Hinsicht.

Denn wir können unseren Planeten retten, den Klimawandel nachhaltig aufhalten, Armut und Hunger beenden, Ungleichheit und Ungerechtigkeit verringern und Bildung für alle gewährleisten – und zwar durch das Potenzial der Digitalisierung und des technologischen Fortschritts. Dies ist realistisch; wir müssen es nur wollen.

„Der muss verrückt sein“, werden Sie vielleicht jetzt denken. Vielmehr bin ich als Redner und Autor, als Digital Darwinist und Digital Evangelist, wie ich mich nenne, verrückend unterwegs – im Sinne eines Perspektivwechsels. Ich halte es grundsätzlich mit Rosa Luxemburg, die gesagt hat: „Die Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden.“

Nach 35 Jahren als Manager und Unternehmer bin ich davon überzeugt, dass die Digitalisierung die Probleme des Planeten löst – sofern wir sie gezielt und entschieden managen. Als Führungskraft bei Softwareunternehmen wie Oracle und BusinessObjects begriff ich früh die innere Mechanik der Digitalisierung, ihre immense Beschleunigung und die exponentielle Kraft der Informationstechnologie. Als Gründer von Voiceobjects in den 2000er Jahren, als Mitgründer und Gesellschafter des Internet-der-Dinge-Unternehmens Grandcentrix sowie als Gründer der Strategie- und Transformationsberatung neuland habe ich erlebt und immer wieder neu analysiert, wie tiefgreifend der digitale Fortschritt die Welt verändert.

Mit diesem Buch möchte ich Sie anhand zahlreicher Indizien, Projekte und Konzepte, Szenarien und Leitgedanken einladen, nicht nur die Zusammenhänge besser zu ergründen, sondern mit mir an Lösungen zu arbeiten. Das heißt, ich bin zutiefst motiviert, mein Wissen um die exponentielle Energie von Digitalisierung und Dematerialisierung, verbunden mit Technologien wie Blockchain und Künstlicher Intelligenz in den Dienst der Menschen zum Wohle aller zu stellen. Es ist eine Beleidigung an die Intelligenz des Menschen, dass auch nur ein Mensch auf diesem Planeten verdurstet oder verhungert!

Die Zeit, dies zu ändern, ist längst jetzt.

„Die alte Welt liegt im Sterben, die neue ist noch nicht geboren: Es ist die Zeit der Monster“1, das schrieb Antonio Gramsci (1891–1937), der italienische Philosoph und Mitbegründer der Kommunistischen Partei Italiens, im Gefängnis nach dem Ersten Weltkrieg. Mit seiner prägnanten Charakterisierung des aufkommenden Faschismus der damaligen Zeit stellte Gramsci die zentrale, heute hochaktuelle Frage nach den Protagonisten gesellschaftlicher Transformation: Wer herrscht, wer führt – und wer nicht mehr?

Angesichts der Tragweite, des Potenzials und der Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts und der digitalen Innovationen einer Erde 5.0 dürfen und können wir die Technologie nicht allein der Technologie überlassen. Technologie ist seit Beginn der ersten industriellen Revolution ein Geschenk, ein geniales Werkzeug, und es liegt an uns, es sinnvoll zu nutzen.

Wir müssen dringend den Rahmen abstecken, wie weit wir ihre Entwicklung treiben und wie wir sie für uns nutzen. Dass ich als Digital Evangelist fest davon überzeugt bin, die Weltmaschine für unseren Planeten im Guten arbeiten zu lassen, liegt auf der Hand. Aber ich bin mir ebenso bewusst, dass es eben diese „Monster“ gibt, die diese Technologie missbrauchen können. Umso mehr braucht es jetzt keine dieser Debatten mehr, die entweder von lähmender Angst diktiert, mit halbgaren Kenntnissen geführt werden oder auf reiner Profitgier sowie blinder Euphorie beruhen. Genauso wenig können wir es uns leisten, diesen komplexen Diskurs aus Lethargie und Visionslosigkeit, aus Stagnation und Passivität unaufhörlich auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben. Vielmehr braucht es eine aktive, mutige und die Zukunft provozierende Diskussion, die transparent und mit offengelegten Interessen geführt wird, die Unsicherheit integriert und Chancen wie Risiken auslotet.

Auch wenn oder gerade weil das Buch viel Wissen bereithält, werden Sie vermutlich nach der Lektüre neue und mehr Fragen haben. Vielleicht werden Sie mich während der Lektüre an der ein oder anderen Stelle zudem für naiv halten und denken: „Das hätten wir längst machen können! Das könnten die Mächtigen, die Privilegierten, die Weltkonzerne und DAX-Unternehmen, die Politiker und Entscheidungsträger dieser Welt längst getan haben.“ Da gebe ich Ihnen recht. Es gibt sie, die Unverbesserlichen. Aber das Risiko muss ich eingehen. Denn für mich gilt die Prämisse: Nur wer wagt, Neues, Radikales, Visionäres zu denken, wird gewinnen. Ganz im Sinne des 26. US-amerikanischen Präsidenten Theodore Roosevelt (1858–1919), der in seiner Rede unter dem Titel „Citizenship in a Republic“2 an der Sorbonne in Paris am 23. April 1910 sagte:

„Nicht der Kritiker zählt; nicht derjenige, der darauf aufmerksam macht, wie der Starke fällt oder wo der, der anpackt, es besser hätte machen können. Die Anerkennung gebührt dem, der tatsächlich in der Arena steht, dessen Gesicht staubig und verschwitzt und voller Blut ist; der sich wacker bemüht; der sich irrt, der wieder und wieder scheitert, weil es kein Bemühen ohne Fehler und Schwächen gibt; aber der sich tatsächlich bemüht, Taten zu vollbringen; der großartige Begeisterung, großartige Hingabe kennt; der seine Kraft auf eine ehrenwerte Sache verwendet; der im besten Falle am Ende den Triumph einer großen Leistung kennt und der, im schlimmsten Falle, sollte er scheitern, zumindest bei einem kühnen Versuch scheitert, so dass sein Platz nie bei den kalten und furchtsamen Seelen ist, die weder Sieg noch Niederlage kennen.“

Kurzum: Als Digital Evangelist erwarte ich nicht, dass Sie mir blindlings folgen. Aber Sie können mir auf www.Erde50.de folgen. Ich komme gerne mit Ihnen ins Gespräch. Wenn Sie mögen, werden Sie mit mir aktiv.

Digitally yours

Ihr Karl-Heinz Land

„... und vergesst die Liebe nicht!“

frei nach Maximilian Kolbe (geb. 1894 in Zduńska Wola, Polen / gest. 1941 im KZ Auschwitz)

Einleitung

Der Astrophysiker Stephen Hawking (1942–2018) widmete sein Leben der grundlegenden Frage, welche Kräfte, welche Gesetze das Universum beherrschen und was sie für uns Menschen bedeuten. Außerdem wurde er nicht müde, die Begeisterung für die Raumfahrt immer wieder anzufachen. Nicht nur aus Forscherdrang, sondern weil er die Erde als Lebensraum verloren glaubte. Der Klimawandel, Einschläge durch Asteroiden, Epidemien und das Bevölkerungswachstum, so seine Einschätzung, führen dazu, dass die Menschheit binnen hundert Jahren vorbereitet sein muss, auf einen anderen Planeten umzusiedeln. „Die Erde ist in so vielen Bereichen bedroht, dass es für mich schwierig ist, noch positiv zu denken“, erklärte Hawking im Jahr 2017.

Tatsächlich droht eine Apokalypse, wenn die Menschen die Technologie nicht endlich dafür einsetzen, um die Erde und ihre Zukunft zu retten. Seit Jahrzehnten, so mahnen der World Wide Fund for Nature (WWF) und andere Organisationen unermüdlich, lebt die Menschheit über ihre Verhältnisse, verbraucht Jahr für Jahr mehr Ressourcen, als die Natur reproduzieren kann. Doch der Griff nach den Sternen, wie er Hawking vorschwebte, ist nicht die Lösung für die aufziehende Existenzkrise des Homo sapiens. Der neue Planet liegt nicht irgendwo da draußen im All, sondern zu unseren Füßen.

Der zweite Planet ist digital.

Daran lässt dieses Buch keinen Zweifel, auch wenn selbst im Silicon Valley erbitterte Diskussionen über Nutzen und Gefahren Künstlicher Intelligenz geführt werden, wenn Skandale um Diebstahl und rechtswidrige Nutzung von Daten die Öffentlichkeit verunsichern und die Automatisierung Abermillionen von Arbeitsplätzen bedroht.

„Erde 5.0“ erzählt davon, wie die Digitalisierung aktiv genutzt werden kann, um den Ökohaushalt des Planeten wieder in Ordnung zu bringen, für mehr Gerechtigkeit und Gleichheit zu sorgen und Armut, Hunger und Krankheit zu besiegen. In acht Kapiteln erfahren die Leserinnen und Leser, wie sich das Leben der meisten Menschen, auch und vor allem in den Entwicklungsländern, verändern und verbessern wird, wenn die Digitalisierung systemisch betrachtet, konsequent weitergedacht und visionär auf die entscheidenden Zukunftsfragen angewendet wird.

Die Kapitel im Einzelnen:

„Der überforderte Planet“ ist das Thema des ersten Kapitels, das eine schonungslose Bestandsaufnahme des globalen Ist-Zustands respektive Notstands in humaner, ökologischer, sozialer und wirtschaftlicher Hinsicht liefert.

Kapitel 2

– „Digitalisierung – die neue Matrixfunktion des Lebens“ – beschreibt, wie und warum die Digitalisierung mit solch hohem Tempo voranschreitet, alle Bereiche des Lebens durchdringt und – von heute aus betrachtet – schier unvorstellbare Innovationen hervorbringen wird.

Kapitel 3

skizziert „Die neue Infrastruktur des Wohlstands“, die durch das „Internet der Dinge“, Künstliche Intelligenz und die Blockchain geprägt sein wird. Ihr engmaschiges, weltumspannendes Netz öffnet den Zugang zur digitalen Welt und fördert eine neue, hochproduktive Wertschöpfung durch Daten und Services.

Mit „Dematerialisierung – der übersehene Megatrend“ ist

Kapitel 4

überschrieben. Es handelt vom Verschwinden der Dinge, klassifiziert das Teilen als das neue Haben und klärt über eines der großen Missverständnisse unserer Zeit auf: Digitalisierung wird nicht zu Wachstum und neuen Arbeitsplätzen führen, sondern fast die Hälfte der Jobs kosten sowie Wirtschaft und Konsum schrumpfen lassen.

Kapitel 5

– „Der zweite Planet ist digital“ – beschäftigt sich eingehend mit den nachhaltigen Entwicklungszielen der Vereinten Nationen. Aufgezeigt wird hier, wie die Digitalisierung dazu beiträgt, Hunger und Armut zu beenden, Klimawandel und Ressourcenmissbrauch zu bekämpfen, die Gleichstellung der Geschlechter zu erreichen und die Gesundheit zu fördern. Gleichzeitig bietet es Alternativen an, wie diese Agenda 2030 auch ohne Vollbeschäftigung und Wirtschaftswachstum trotzdem umgesetzt werden kann.

Der Bildung als „Schlüsselfaktor der digitalen Zukunft“ widmet sich das

sechste Kapitel

. Es gibt Antworten auf die Fragen, wie Schüler heute auf ein Leben in der digitalen Zukunft vorbereitet werden sollten, welche Rolle Technologie im Unterricht spielen wird und wie Bildungsangebote im globalen Maßstab demokratisiert werden können.

Kapitel 7

gibt unter der Überschrift „Die Zukunft provozieren“ Denkanstöße zur aktuellen Sinnkrise des Kapitalismus, zum bedingungslosen Grundeinkommen als Lösungsansatz aufkommender sozialer Probleme, zum Sinn als neuer Daseinsberechtigung von Unternehmen und zu den ethischen Fragen der Digitalisierung, die längst noch nicht ausdiskutiert sind.

Die entscheidende Voraussetzung jedoch, um erfolgreich in die digitale Zukunft aufzubrechen, liegt deshalb nicht nur im Verständnis der technologischen Möglichkeiten im globalen Kontext, sondern vor allem im „Mut zum Träumen“. Wirklich träumen? Obwohl wir in einer Welt leben, die ebenso ungerecht wie unbefriedet ist, ökologisch in höchster Gefahr schwebt und in der es die Menschen nicht einmal schaffen, Kinder vor dem Hungertod zu bewahren?

Aber ja doch. Das Kapitel 8 erzählt von Bhutan und seinem Bruttonationalglück, von neuen Konzepten, Wirtschaftsleistung zu messen, und leitet über zu einem abschließenden Blick zurück nach vorn.

1   Der überforderte Planet

Es muss ein bewegender Moment gewesen sein, damals an Heiligabend 1968, als die Männer im Raumschiff Apollo 8 ein Phänomen beobachteten, das noch nie zuvor ein Mensch gesehen hatte: Über der Krümmung des Mondes ging die Erde auf. Die Besatzung schoss davon ein Foto, das noch heute zu den berühmtesten der Welt gehört: „Earthrise.“ Als begabte Marketer hatten die Amerikaner die Mission so geplant, dass Apollo 8 zu Weihnachten in die Umlaufbahn des Mondes einschwenken würde. Das Fernsehen übertrug damals live aus dem Raumschiff. „Von hier aus gesehen ist die Erde eine grandiose Oase in der weiten Wüste des Weltalls“, sagte Astronaut James Lovell über den blauweißen Farbklecks, der funkelnd im schwarzen Nichts zu schweben schien. Außerdem – die Dramaturgie war perfekt – las die Besatzung als Weihnachtsgruß zur Erde die Schöpfungsgeschichte aus der Bibel.

Der Apollo-Flug und das Foto blieben nicht ohne Folgen: „Earthrise“ gehört heute zum Gründungsmythos der internationalen Umweltschutzbewegung. Das Foto führte den Menschen so eindrucksvoll vor Augen, wie einzigartig, schön und verletzlich unser Planet ist. Bis heute fordert das Bild die Menschen dazu auf, einen Schritt zurückzutreten und reflektierend und selbstkritisch auf die Erde sowie auf die eigene, allen anderen überlegene Spezies zu blicken.

Abb. 1: Earthrise

„Earthrise“: So sah die Besatzung von Apollo 8 die Erde. Das Foto hat den Blick auf die Welt verändert und zählt zum Gründungskanon der Umweltschutzbewegung. © NASA

50 Jahre sind seit dem Flug von Apollo 8 vergangen, fünf Jahrzehnte, in denen die Menschheit jedoch weder Demut noch Gnade gegenüber dem empfindlichen Ökosystem Erde hat walten lassen. Stattdessen beutete sie den Planeten rücksichtsloser als je zuvor aus. Längst ist eingetreten, was der „Club of Rome“ schon 1972 in seiner berühmten Studie „Die Grenzen des Wachstums“ voraussagte3: „Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.“ Der Bericht des „Club of Rome“ ist die ultimative Mahnung und das Ende aller Ausreden gewesen. Seit der Veröffentlichung kann niemand mehr sagen: „Wir haben es nicht gewusst.“

Über die Jahrzehnte haben sich die Simulationen des „Club of Rome“ als erstaunlich robust erwiesen. Updates von 1992 und 2004 bestätigen und präzisieren die Ergebnisse von 1972 im Wesentlichen. Rückschauend wissen wir, dass die Studie von 1972 ein Geniestreich der Digitalisierung war, ein zukunftsweisendes, frühes Beispiel für die Potenz von Datenanalyse und Computersimulation. Das Team brachte die Industrialisierung, Bevölkerungsentwicklung, Unterernährung, Ausbeutung der Rohstoffreserven und die Zerstörung der Ökosysteme in einen Zusammenhang, schuf daraus ein „Weltmodell“, das sich mit historischen Daten und Annahmen über die Zukunft füttern ließ. Mithilfe der Programmiersprache „Dynamo“ schrieben die Forscher eine Computersimulation namens „World3“.4 Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) verfügte bereits damals über die Großrechner, die notwendig waren, um die Simulationen laufen zu lassen. Sie zeigten, dass nur nachhaltiger Umweltschutz, konsequente Geburtenkontrolle und begrenztes Wachstum einen Wandel zum Besseren mit sich bringen würden. Zaghaftes Drehen an der einen oder anderen Stellschraube würde das Verhalten des Systems Erde verändern, aber den Kollaps nicht verhindern können. Nüchtern betrachtet, haben die Menschen aber genau das getan: ein wenig an den Stellschrauben gedreht. Einschneidende Beschlüsse wären nötig gewesen, um die Ausbeutung unwiederbringlicher Ressourcen zu verhindern.

1.1   Wachstum ohne Rücksicht

Ein gutes halbes Jahrhundert nach „Earthrise“ und „Grenzen des Wachstums“ ist das Streben der Menschen nach Wohlstand, Konsum und Mobilität ungebremst. Insbesondere in den 1990er Jahren – der Kapitalismus hatte über den Kommunismus sowjetischer Prägung gesiegt – brach sich ein fast ungezügelter Wirtschaftsliberalismus Bahn. In der Globalisierung schwang sich der Welthandel zu immer neuen Höhen auf. Die Digitalisierung beschleunigte die Wirtschaftskreisläufe und verkürzte die Produktzyklen. Das Investmentbanking entwickelte ein Eigenleben, wurde immer mächtiger und koppelte sich schließlich von der Realwirtschaft ab. Der Gewinn der Aktienbesitzer rückte, dem Prinzip des „Shareholder Value“ folgend, in den Mittelpunkt wirtschaftlichen Handelns. Rückschläge steckte der entfesselte Kapitalismus locker weg. Als die erste Internetblase Anfang der 2000er-Jahre platzte, hatte dies keine gravierenden Auswirkungen auf die globale Wirtschaft. Vom weitaus bedeutenderen Finanzcrash in 2008 hat sich die Weltwirtschaft ebenfalls relativ rasch erholt.

Einer der Wachstumsmotoren heute ist die aufstrebende Wirtschaftsmacht China mit ihren 1,4 Milliarden Einwohnern. Zu Beginn der 2010er Jahre wuchs Chinas Bruttoinlandsprodukts (BIP) um mehr als zehn Prozent. Diese Zeiten sind zwar bereits seit 2012 passé, aber mit jährlichen Wachstumsraten um sieben Prozent gilt das kommunistische China weiter als Lokomotive der Weltwirtschaft.5 Schwellenländer wie China oder Indien, aber auch Entwicklungsländer haben am Wirtschaftswachstum und am weltweiten Bruttoinlandsprodukt einen immer größeren Anteil. Der Aufstieg dieser Volkswirtschaften ist von großer Bedeutung. Ihr nicht zu leugnender Nachholbedarf im Konsum ist der Hauptgrund dafür, warum die Menschheit immer noch versucht, die Grenzen des Wachstums hinauszuschieben. Daraus ergibt sich ein ethisches Dilemma: Nach 200 Jahren systematischen Raubbaus an der Natur sind die Industriestaaten kaum in der Position, die Entwicklungs- und Schwellenländer für ihre Wünsche nach Infrastruktur und Wohlstand in die Schranken zu weisen. Es gibt zudem keine Organisation, die dazu die Autorität hätte. Und: Dass sich die Zahl extrem armer Menschen von 1,9 Milliarden vor dreißig Jahren auf 815 Millionen6 reduziert hat, ist auch ein Ergebnis dieser wirtschaftlichen Entwicklung.

So ergibt sich unter dem Strich für die Weltwirtschaft eine Story stetigen Wachstums. Allein zwischen 2007 und 2017 legte das weltweite Bruttoinlandsprodukt von 58 auf 78 Billionen US-Dollar zu. Die jährlichen Wachstumsraten lagen in dieser Zeit zwischen drei und 5,5 Prozent. Einzig im Nachkrisenjahr 2009 sank das globale Wirtschaftswachstum kurzzeitig auf null Prozent.

Abb. 2: Die Top 10 der Weltbevölkerung

Die Schwellenländer Indien und China sowie das Entwicklungsland Nigeria werden zur Jahrhundertwende mit Abstand die bevölkerungsreichsten Staaten sein. Quelle: World Economic Forum/Karl-Heinz Land

Gleichzeitig bevölkern immer mehr Menschen unseren Planeten. Im Moment sind wir 7,5 Milliarden. 2050 werden wir über neun Milliarden Menschen sein und im Jahr 2100 elf Milliarden.7 Mindestens. In ihrer optimistischen Berechnung gehen die Vereinten Nationen nämlich davon aus, dass die Geburtenrate sinkt. Was, wenn nicht? Ein pessimistischeres Szenario der UN erwartet mehr als 16 Milliarden Homo sapiens im Jahr 2100.

Mit dem Bevölkerungswachstum gehen zwei Trends einher, die neue Herausforderungen implizieren:

Einerseits wird die Bevölkerung vor allem in Gegenden wachsen, die zu den ärmsten der Welt gehören, in denen die Versorgung der Menschen schwierig ist und die vom Klimawandel stark betroffen sein werden. Hier einige Beispiele: Indien wächst jährlich um 19,4 Millionen Einwohner, Nigeria um 4,4 Millionen, Äthiopien um zwei Millionen und das zwar aufstrebende, aber immer noch bettelarme Bangladesch um 2,4 Millionen Menschen.

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Die Aufgabe, die Lebensbedingungen in solchen Staaten zu sichern oder gar zu verbessern, ist immens.

Gleichzeitig zieht es die Menschen immer stärker in die Städte. Die urbane Bevölkerung der Erde ist seit 1950 von 746 Millionen auf 3,9 Milliarden angestiegen. Bis 2050 werden weitere 2,5 Milliarden Menschen in Städten leben.

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Insbesondere in Afrika und Asien wachsen die Städte und Metropolen rasant weiter. Stadt- und Raumplaner stehen vor der großen Herausforderung, dieses Wachstum ökologisch verträglich und auch sozial ausgewogen zu managen. Seit Beginn der Urbanisierung legen die Slums großer Ballungsräume beredtes Zeugnis davon ab, dass diese Aufgabe bisher nicht bewältigt worden ist.

Mit gesundem, ethisch ausbalancierten Menschenverstand könnte man annehmen, dass das Wirtschaftswachstum mit dem Bevölkerungswachstum zusammenhängt – nach dem Motto: Wenn mehr Menschen auf dem Planeten leben, muss mehr erwirtschaftet werden, um sie zu versorgen. Das ist aber ein Fehlschluss. Primäres Ziel des Wirtschaftens bleibt der Erfolg, die Steigerung von Marktanteilen, Umsatz und Gewinn von Unternehmen. Klar ist: Das immense Wirtschaftswachstum kommt nicht allen, ja nicht einmal der Mehrheit der Menschen zugute. Im Gegenteil, die Ungleichheit nimmt weiter zu. Das reichste Prozent der Weltbevölkerung besitzt 50,1 Prozent des gesamten Vermögens privater Haushalte weltweit, hat das Credit Suisse Research Institute berechnet.10 Die Schere zwischen reich und arm klafft immer weiter auseinander. Im weltweiten Vergleich, aber auch innerhalb der Industrienationen. Selbst die „Gralshüter des Kapitalismus“11