Et respice finem! - Uwe Wagner - E-Book

Et respice finem! E-Book

Uwe Wagner

0,0

Beschreibung

Hinnerk war der Verzweiflung nahe. Die beabsichtigte Teleportation war ausgeblieben. Der Apfel, den er mit dem aus seiner Apparatur ausgesandten Strahl getroffen hatte, war durch die Hitzeeinwirkung lediglich in einen Bratapfel transformiert worden. Ansonsten war alles unverändert. Oder doch nicht? Es gab da, auf den ersten Blick kaum wahrnehmbare, nur bei genauerem Hinsehen bemerkbare Veränderungen in seinem Labor, die ihn stutzig machten. Irgendwas passierte hier, wenn er seinen Apparat auslöste, nur was? Er spürte, er war etwas Großem auf der Spur. Ein weiteres Experiment sollte nun endlich den Durchbruch bringen. Ja, er würde die Welt verändern, davon war Hinnerk überzeugt. Daher betätigte er, trotz des plötzlich auftretenden mulmigen Gefühls, beherzt den Schalter an seiner Apparatur. Im selben Moment wusste er, dass er damit die Büchse der Pandora geöffnet hatte. Denn der Apfel, den er bei diesem Versuch traf und der dann als duftender Bratapfel vom Baum fiel, veränderte die Welt tatsächlich. Es war eine Veränderung, die sich selbst ein Isaac Newton in seinen kühnsten Träumen nicht hätte ausmalen können.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 645

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Jede Aktion,

mag sie auch noch so belanglos und unbedeutend erscheinen,

ist machtvoll genug,

um den Verlauf der Geschichte zu verändern.

4 Äpfel veränderten die Welt!

Der erste,

den sich Eva vom Baum genommen hat.

Der zweite,

der Isaac auf den Kopf gefallen ist.

Der dritte,

an dem sich Melchior die Hand verbrannt hat

und der vierte,

den Steffen Jobs erfunden hat!

Inhalt

Experimente

Neue Welt

Bündnisse

Heimat

Verbindungen

Experimente

Quidquid agis,

Was auch immer du tust,

prudenter agas

tue es klug

et respice finem. –

und bedenke das Ende. –

„Das wird die Welt verändern!“, rief er in pathetischer Pose seinem imaginären Publikum zu, die rechte Hand offen vor sich hoch gestreckt und den Blick wie auf einen Gipfel vor ihm gerichtet. Er war einen Schritt vorgetreten, so als wolle er den Göttern des Olymps huldigen. Oh ja, die Welt hatte sich schon verändert, mit jedem Versuch immer ein klein wenig mehr. Aber mit dem einen nun anstehenden Versuch würde sie sich weit mehr verändern als er es sich selbst in seinen kühnsten Phantasien nicht hätte ausmalen können. Doch, ob ihn das tatsächlich davon abgehalten hätte?

Er, das war und ist Hinnerk Lüschen, ein nicht gerade hochgewachsener, stämmiger Mann, der sein fünfzigstes Lebensjahr längst hinter sich gelassen hatte. Sein nach wie vor volles, dunkelblondes Haar war leicht wellig nach hinten gekämmt und wies schon hie und da einige graue Stellen auf. An den Schläfen hatte es angefangen und dann schimmerte der silbrige Glanz an immer mehr Stellen durch, die nun auch in seinem gepflegten Vollbart deutlich zu erkennen waren. Seine grauen Augen ließen noch immer die Entschlossenheit erkennen, mit der er vor Jahren an seine Experimente gegangen war. Allerdings konnte er nicht länger leugnen, dass er die Lesebrille nun schon aus Gewohnheit stets nutzte, wenn er etwas in seiner Nähe betrachten wollte.

Die Zeit war nicht spurlos an ihm vorbeigegangen. Sie hatte ihm in der Vergangenheit manches Leid, aber auch die größte Freude bereitet, die ein Mann sich wünschen konnte. Ihm war es vergönnt, mit einer wundervollen Frau an seiner Seite, sein Leben neu zu beginnen. Merle, die ihm vier prächtige Kinder geschenkt hatte, war nicht nur allein in seinen Augen immer noch eine schöne Erscheinung. Mit den Jahren hatte ihr schlanker Körper an den richtigen Stellen zugelegt und die Rundungen noch besser zur Geltung gebracht, so dass er verliebt in sie war wie am ersten Tag.

Ihr ehemals langes, fast bis zum Gürtel reichendes braunes Haar war nun soweit gekürzt, dass es noch bis auf ihre Schulter reichte und ihr leicht gebräuntes Gesicht umrahmte. In ihren braunen Augen glühte noch immer das Feuer ihrer Leidenschaft wie Hinnerk erst jüngst angemerkt hatte. Sie hatte ihn nur lachend angesehen und Hinnerk hatte sie mit einem „da, das ist es, was ich meine!“, zärtlich in seine Arme geschlossen.

Merle liebte es leichte Kleider zu tragen, die ihr bis zu den Knien reichten. Meist waren sie in typischen Herbstfarben gehalten, manchmal aber auch im dunklen rot oder grün, worin sie, so fand Hinnerk, besonders edel wirkte.

Außer ihrem Ehering trug Merle nur eine goldene Kette, ein Hochzeitsgeschenk Hinnerks und einen Ring, den er ihr zum dreißigsten Geburtstag geschenkt hatte. Ihre Hände waren gepflegt und die Nägel meist unlackiert. Auch ihr Make-up war sehr dezent. Hinnerk sagte immer: „Schatz, nimm das bloß nicht, deine Schönheit wird nur darunter leiden.“

Das war ein schönes Kompliment, doch ganz ohne, nein, das wollte sie nicht. Sie hatte halt auch ihre kleinen Geheimnisse.

„Hinnerk hat sein Labor und ich meine Kommode“, pflegte sie immer zu sagen. Dabei lächelte sie sinnlich, aber auch ein wenig vergnügt.

Es gab Zeiten, da ließ Hinnerk niemanden in sein Labor, ja er zog immer hastig die Tür zu, damit niemand auch nur einen Blick erhaschen konnte. Auch die Fenster waren dann geschlossen und die Vorhänge vorgezogen.

Zu Hause konnte seine Kleidung gar nicht leger genug sein. Jeans mochte Hinnerk nicht mehr so gerne, so hatte er meist alte Stoffhosen an, die er „in der Öffentlichkeit“ nicht mehr tragen mochte. Dazu trug er dann ein gestreiftes Hemd, im Winter ergänzt durch eine alte Lederweste. Wie jetzt im Sommer, trug er fast immer eine helle Leinen- oder Baumwollhose und ein weißes Kurzarmhemd oder ein Poloshirt. Nur bei der Gartenarbeit trug er eine derbe dunkelgrüne Hose, die er im Raiffeisenmarkt erstanden hatte und dazu ein grob kariertes Arbeitshemd.

Gartenarbeit gab es um das alte Anwesen seiner Familie genug. Das Haupthaus, ein für diese Gegend im Oldenburger Land untypisches zweigeschossiges Haus mit dunklem Zeltdach, war aus Backsteinen errichtet worden. Aber große Bruchsteine, die an den Hausecken, den Erkern und der großen, halbrund geschwungenen Außentreppe verarbeitet worden waren, verliehen dem Haus einen alten, an eine Burg erinnernden Charakter.

In den letzten Tagen des zweiten Weltkrieges war es kurz unter Beschuss geraten, wovon noch einige ausgetauschte Ziegel und Auskerbungen in den Bruchsteinen zeugten. Eine besonders ausgeprägte Stelle hatte er geschickt mit der Wandhalterung der Satellitenempfangsantenne kaschiert.

Im Beschuss war damals auch ein seitlich angebauter Stall in Mitleidenschaft gezogen worden. Mit der Zeit war dann das Dach eingestürzt und Hinnerk hatte es, nachdem seine Eltern in die Stadt gezogen waren und ihm das Haus überließen, wieder aufgebaut und ein Labor als Arbeitszimmer eingerichtet.

„Das Haus ist für eine große Familie gebaut worden. Was sollen wir zwei noch damit oder deine Brüder, die sich wohl vor Frau und Familie fürchten?“, hatte sein Vater gesagt und einen Termin beim Notar anberaumt, kurz bevor Finja, ihr zweites Kind auf die Welt kam. Die viele Arbeit, die es mit sich brachte, hatte Hinnerk in den Jahren, in denen er von zu Hause fort war, fast vergessen. Aber sollte er sich beschweren?

Um die Terrasse wurden Büsche gepflanzt, die Wind und neugierige Blicke fernhielten. Weiter hinten, bis zum Zaun zum Nachbarhof der Oeltjenbruns war eine Obstwiese, die er als Kräuterwiese gedeihen ließ.

Die Zufahrt und den vorderen Hof hatten sie mit hellem Kies aufgefüllt und in der Mitte des Hofes hatte Merle eine Insel als Blumenbeet gestaltet.

Vom Haus rechts gesehen stand eine alte Scheune, in der tatsächlich Stroh und Heu gelagert wurde und sich auch der Pferdestall befand. Acht der zwölf Boxen waren vermietet und in zweien standen zwei Pferde, um die sich Merle und, erstaunlich hingebungsvoll, Finja kümmerten. Die sich hinter dem Stall anschließenden Weiden hatten sie, in der Verlängerung des Stalls übers Haus hinaus mit einer Busch- und Baumreihe abgetrennt.

Auf der linken Seite waren die Schuppen zu Garagen ausgebaut worden. Deren Tore standen jedoch meist offen. Von diesen Garagen gelangte man über einen weiteren, vom Hof nicht einsehbaren direkten Zugang zum Haus, in einen kleinen Flur seitlich vom Haupteingang.

Ursprünglich diente er nur als Zugang zur Speisekammer und zum Hauswirtschaftsraum. Inzwischen führte er auch, mittels einer durch eine Glastür abgetrennten Verlängerung, außerhalb des Hauses weiter zum Labor und weiter zu einem daran angebauten Schuppen.

Dieses Stück hatte Hinnerk anbauen lassen, um zu jeder Jahreszeit ungehindert sein Labor aufsuchen zu können. Wände und Dach waren wie bei einem Wintergarten aus Glas ausgeführt. Damit die Sonne es im Sommer nicht zu sehr aufheizte, waren sie mit beschattenden Rollos versehen.

Am anderen Ende des Gangs, kurz bevor der Flur seitlich vom Haupteingang in die Eingangshalle mündete, sprang die Mauer ein wenig zurück. Hier war der Zugang zum Keller, in dem auch die Vorratskammer und ein Weinkeller untergebracht waren.

„Es ist unser Verlies. Früher kam keiner heraus und heute keiner hinein“, hatte Hinnerk immer mit einem verschmitzten Grinsen auf seinen Schlüsselbund deutend gesagt.

Im Erdgeschoß war zwar der riesige Wohnraum vorherrschend, doch das Leben spielte sich meist in der geräumigen Wohnküche ab. Von dieser gelangte man ebenfalls direkt auf die rückwärtige Terrasse.

Im Obergeschoß befanden sich die Schlafräume und ein großes Bad. Eine weitere Treppe, die von der Eingangshalle nicht einsehbar war, führte weiter hoch zum Dach.

„Unsere stille Reserve, falls unsere Familie weiter wächst“, hatte Hinnerk immer mit einem Zwinkern angemerkt. Vorerst hatte er sich jedoch in seinem Labor um seine Experimente gekümmert.

Vor einigen Jahren war er eines Sonntagmorgens zeitig aufgewacht, gerade so als sei er von einer Idee geweckt worden. Er war überzeugt davon, mittels einer bestimmten Strahlung Gegenstände teleportieren zu können, so wie ja auch ein Abbild eines Gegenstandes auf eine Leinwand projiziert werden konnte, quasi nur umgekehrt.

Seitdem hatte er Stunde um Stunde mit großer Geheimniskrämerei in seinem Labor verbracht. Fragen stellte schon lange keiner mehr. Merle nicht, weil sie zum einen seinen technischen Ausführungen nicht folgen konnte und zum anderen wusste sie ja, er würde ihr sicherlich alles mitteilen, wenn die Zeit reif dafür war. Ole, sein Erstgeborener nicht, weil er es, wie auch Finja, leid war keine klare Antwort zu erhalten. Auch die Zwillinge Nils und Nele nicht. Im Alter von fast zwölf Jahren wandte sich ihre Aufmerksamkeit sowieso schnell wieder anderen Dingen zu.

Dort im Labor hatte er in mühevoller Kleinarbeit bereits einen Prototypen seiner noch namenlosen Apparatur zusammengebaut und ersten Tests unterzogen. Dabei benutzte er als Versuchsobjekte alltägliche Gegenstände. In den meisten Fällen musste seine Kaffeetasse oder auch einige Male der Kuchenteller, auf dem er stets etwas Obst (in der Regel waren es Äpfel aus dem alten Land) aus der Küche mitnahm, dafür herhalten.

Allerdings waren diese Tests bislang wenig erfolgreich. Seine Hoffnung, diese einfachen Gegenstände zu teleportieren, erfüllte sich nicht. Keinen Millimeter hatten sie sich bewegt. Aber recht heiß waren sie geworden. Dies war immerhin ein Beweis dafür, dass die Strahlung tatsächlich aus dem Apparat – er sah aus wie ein Episkop aus dem neunzehnten Jahrhundert – emittiert worden war und durch die Optik tatsächlich auf das Ziel, nämlich das Porzellan getroffen war.

Nur einmal hatte ein Teller ein wenig geklappert, so als sei er aus geringer Höhe auf den Tisch gefallen, auf den er die zu teleportierenden Gegenstände gestellt hatte. Außerdem waren die mit rotem Wachsmarker aufgebrachten Markierungen auf der Platte offenbar verdampft worden. Denn die Tischplatte, geschützt durch eine Schicht aus Duroplast zeigte keinerlei Spuren mehr davon. Dafür war sie ungewöhnlich glatt, fast wie neu.

Vielleicht wäre das Gerät, noch immer hatte er keinen griffigen Namen dafür gefunden, doch noch nützlich? Ob es wohl in der Möbelrestaurationsbranche ein Verkaufsschlager würde?

Immerhin hatte es auch bei seinem Tintenfässchen eine ähnliche Wirkung gehabt. Seit Jahren liebte er es nämlich mit einem auf alt getrimmten Füllfederhalter zu schreiben, den er mittels Konverter aus dem Fässchen befüllen und sich somit die ständige Beschaffung der Tintenpatronen ersparen konnte. Dieses Fässchen hielt er in Ehren, denn es war ein Geschenk zu seiner Einschulung gewesen, und zwar von seinem Großvater, noch ein echter Achtzehnhunderter.

Das war nun auch schon eine halbe Ewigkeit her und auch die goldplattierte Metallfeder seines Füllfederhalters war durch eine Unachtsamkeit, er schalt sich deshalb noch immer im Stillen einen Esel, vor wenigen Tagen unbrauchbar geworden.

Bei einem Versuch war er, seine Unordnung wieder einmal verfluchend, über das Kabel, das den Apparat mit Energie versorgte, gestolpert und hatte die Apparatur während des Versuchs verschoben, nicht viel, aber es genügte um den Strahl auf ein anderes Ziel zu lenken, nämlich sein Tintenfässchen.

Doch die Strahlung hatte das Fässchen zum Vorteil verändert! Sogar der geborstene Schraubverschluss, der Kunststoff war in den Jahren spröde geworden und war gerissen, war wieder ganz. Außerdem war daran noch etwas anders als vorher, doch wusste er nicht was es war. Gut, es sah aus wie neu. Allein das war es nicht. Der Deckel war auf der Oberseite glatt und das Firmenlogo und die Aufschrift „Pelikan“ waren nicht mehr auszumachen.

Bislang hatte er es auf die Wärmeentwicklung zurückgeführt. Doch die Riffelung am Umfang war, wenn auch nicht mehr so fein wie früher, noch vorhanden. Hätte die nicht auch verschwinden müssen? Irgendwas passte da nicht zusammen. Aber so sehr er auch darüber grübelte, er kam nicht drauf. Es war fast zum Auswachsen! - Dabei schien die Antwort doch direkt vor seiner Nase zu sein.

Wie gewohnt griff er zu seinem bislang ramponiert geglaubten Füllfederhalter und notierte das niederschmetternde Ergebnis des heutigen Versuchs in sein Buch. Da seine Frau Merle ihn per Haustelefon zum Mittagessen rief und er sich sogleich seines mächtigen Hungers bewusst wurde, dachte er nicht weiter darüber nach, sondern legte sein Schreibgerät in die Schale und lief hinüber ins Haus.

Wie üblich waren an einem sonnigen Sommertag wie heute die Fensterläden an den Fenstern zur Südseite vorgeklappt und schräg gestellt. So war die Wohnküche in gedämpftes Licht getaucht, gerade genug, dass die Energiesparlampen ausgeschaltet bleiben konnten.

Er war so in Gedanken, dass er nicht zuhörte was Merle ihn fragte als sie das Licht an der Dunstabzugshaube ausschaltete. Schon erstaunlich, wie lange die Geräte doch schon ihren Dienst tadellos versahen. Die Kücheneinrichtung war damals ein Schnäppchen gewesen und er hatte sich stets Sorgen gemacht, der geringe Preis läge an den Billiggeräten, so jedenfalls hatte sie sein Schwager bezeichnet, der stets auf großem Fuß lebte.

„Hörst du mir überhaupt zu?“, fragte Merle ihn und der aufkeimende Verdruss war ihrer Stimme durchaus anzuhören.

„Ich? – Äh, sicher Schatz“, und als er ihren herausfordernden Blick sah, fügte er schnell hinzu, „was meinst du denn?“

„Jaja, immer das gleiche. Da kann ich ja gleich mit meinen Töpfen reden.“ Nun war ihr Ärger offensichtlich. Indes schien sich ihre Stimmung gleich zu verbessern, als sie einfach ihren Gedanken weiter aussprach: „Du wolltest doch den Zaun an der Obstwiese endlich reparieren. Er ist so morsch, dass die Kühe von Oeltjenbruns ihn bestimmt einfach umgeworfen hätten. - Nur der rostige Draht hält ihn noch zusammen. - Heute ist doch herrliches Wetter dafür.“ Dabei sah sie ihn auf sonderbare Weise an, die jeden Widerspruch im Keim erstickte.

„Gut, ich werde es gleich nach dem Essen erledigen.“ Das hielt er für eine gute Idee. So kam er auf andere Gedanken und der Frust über die Fehlschläge war bestimmt leichter zu verkraften.

Sofort waren die Überlegungen zum Tintenfässchen plötzlich wieder da. „Mit meinem Tintenfässchen ist was seltsam“, kam ihm deshalb wie beiläufig über die Lippen.

„Ist es schon wieder eingetrocknet?“, fragte Merle ihn fast entrüstet und zu Ole und Finja gewandt, die gerade hereinkamen, fuhr sie verärgert fort: „Ach kommt ihr doch noch herunter? Konntet ihr euch von Skype, Facebook und was weiß ich noch alles lösen? – Na, was der Hunger doch alles bewirken kann.“

„Ich musste unserer Madame ich weiß doch alles besser zeigen, wie sie ihre Achtziger-Schnulzen auf ihren mp3-Player bekommt…“, knurrte Ole als er sich mit düsterer Miene auf seinen Stuhl warf.

Er war inzwischen etwas größer als Hinnerk, was er eines Tages mit Genugtuung festgestellt hatte. Er sah seinem Vater recht ähnlich, aber seine dunkelblonden Haare waren deutlich kürzer geschnitten.

„Blödmann! Das sind wenigstens richtige Lieder, nicht wie dein ätzendes Zeugs. Außerdem habe ich ja gleich gesagt, dass es mit einem Apple viel einfacher geht als mit diesen blöden Windows-PCs.“ Finja war beleidigt und zog einen Schmollmund.

„Wenn ich diese Schwuchtel Boy George schon höre…“, Ole verdrehte seine Augen, die die gleiche Farbe aufwiesen wie die Merles.

„Ruhe jetzt!“, unterbrach Hinnerk den sich auswachsenden Streit. „Jetzt wird gegessen.“

Ein dankbarer Blick kam von Merle als sie sich ebenfalls an den Tisch setzte.

Während Ole sein Essen nahezu herunterschlang und sich eine große Portion nachnahm, stocherte Finja in ihrem Essen herum, schob dann den Teller beiseite und legte ihren Kopf auf die auf dem Tisch liegenden Arme.

„Wie sitzt du denn am Tisch?!“, fuhr Merle sie an.

„Ich hab keinen Hunger.“ Finja stand mit einem Ruck auf und rannte aus der Küche.

Bevor Merle etwas sagen konnte, stand auch Ole auf, brachte seinen Teller zur Spülmaschine und verschwand mit einem, „ich muss zum Fußball. Am Wochenende ist das große Spiel gegen Rastede“, ebenfalls aus der Küche.

Niedergeschlagen sah Merle Hinnerk an. Der zuckte nur mit den Achseln und sagte versöhnlich: „Also mir schmeckt’s.“

„Danke. – Da habe ich bald keine Lust mehr überhaupt etwas zu kochen.“

„Oh, bitte nicht. – Wenn du willst, dann esse ich lieber ihre Portion noch mit.“

Merle sah ihn abschätzend an und grinste. „Hmm, ich weiß nicht, ich glaube, das hast du wohl schon öfters getan.“

„Heh! – Wird mir so ein Kompliment gedankt?“

„Indem ich deine Hosen wieder auslassen muss?“

„Was kann ich dafür, wenn du so lecker kochst?“, knurrte Hinnerk nun verdrießlich.

„Danke auch dafür.“ Merle legte ihre Hand auf seinen Arm. „Sei mir bitte nicht böse, meine Nerven liegen wohl etwas blank.“

„Schon vergessen.“

„Ich liebe dich so wie du bist.“

„Ich dich auch, mein Schatz.“ Er beugte sich vor und gab ihr einen Kuss. –

Eine halbe Stunde später war Hinnerk, nun in derbes Arbeitszeug gekleidet und mit allerlei Werkzeug ausgerüstet, auf der Obstwiese und rückte dem alten Zaun zuleibe. Die Pfosten hatte sein Großvater noch eingesetzt und den Draht hatte sein Vater vor Jahren schon erneuert. Jetzt trug tatsächlich nur noch der Draht die Pfosten, jedenfalls, was von denen noch übrig war. Das untere Ende der Pfosten steckte noch in der Erde und an der Übergangsstelle war das Holz weggefault. Die Kühe hatten ein leichtes Spiel gehabt sie abzubrechen als sie sich über den Zaun nach den Äpfeln streckten. Bald waren die späten Sommerferien zu Ende und die Erntezeit würde kommen. Den Kühen schmeckten sie Äpfel offenbar jetzt schon.

Merle kam aus dem Haus auf die Terrasse und winkte ihn zu sich. Er ging zu ihr hinüber. „Was gibt’s Schatz?“ fragte er in banger Erwartung eines weiteren kleinen Auftrages, den sie für ihn hätte.

„Soll ich dir ein neues Tintenfässchen mitbringen?“ fragte sie zu seiner Verblüffung.

„Nö, wieso?“

„Nun, du hast doch eben gesagt, dass es nicht in Ordnung ist. Dabei habe ich gedacht, es sei eine gute Marke.“

„Eine gute Marke? Was meinst du denn damit?“

„Ist sie das denn nicht? Ich hab’ gedacht, du hast dich gefreut als ich es dir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt habe.“

Hinnerk war so perplex, dass er gar nichts sagen konnte.

„Wenn es dir nicht gefallen hat, dann hätte ich es bestimmt umtauschen können.“

„Du hast mir das Tintenfässchen geschenkt?“

„Also, wenn du das jetzt schon nicht mehr weißt, gibt es beim nächsten Weihnachten auch keine Flasche Osborne mehr.“

Merle war nun sichtlich verärgert. Das wollte Hinnerk nicht und noch viel weniger auf seinen heißgeliebten Drink verzichten. Außerdem wurde ihm gerade bewusst, dass er noch kurz vor dem Mittagessen mit seinem Füllfederhalter geschrieben hatte, obwohl die Feder schließlich unbrauchbar war. Das war, gelinde gesprochen, einfach unmöglich!

Die Gedanken wollten abschweifen. Schnell sagte er deshalb: „Doch, doch… Ich dachte nur gerade daran, ob der Füllfederhalter auch dabei war.“

Merle sah ihn fragend an.

„Nun, weil die Feder wieder ganz ist.“

„Davon weiß ich nichts.“

Das klang schon wieder versöhnlicher und auch ein wenig gelangweilt.

„Bis später“, sagte sie noch und war im Haus verschwunden, einen völlig ratlosen Hinnerk zurücklassend.

Nach einiger Zeit löste er sich aus seiner Erstarrung und lief zum Haus. Schnell zog er die Gartenschuhe aus und rannte auf Socken durch den Glasgang hinüber in seine Arbeitshütte, wie er diesen Gebäudeteil scherzhaft nannte.

Ein wenig außer Atem betrachtete er seinen Füllfederhalter eingehend und setzte sogar seine Lesebrille auf, damit ihm auch ja keine Einzelheit entginge. Ja, unverändert sein altes Schreibgerät und die Feder unversehrt, wenn man von den Spuren des jahrzehntelangen Gebrauchs absah.

Was ging hier vor? – Hatte er das alles nur geträumt?

Erst die überraschende Wendung bei seinem Tintenfässchen und nun die wundersame Wiederherstellung der Feder. Was war nun Wirklichkeit und was war Einbildung?

Völlig verwirrt ließ er sich auf seinen bequemen Arbeitsstuhl fallen und betrachtete grübelnd seine Apparatur.

„Was kannst du wirklich, was ich noch nicht weiß?“ fragte er als erwarte er eine Antwort aus dem Jenseits.

Einem plötzlichen Impuls folgend stand er auf und ging zum Tisch hinüber. Diesmal besah er sich die Platte genauer, indem er wieder seine Lesebrille zu Hilfe nahm.

„Wie neu“, murmelte er in seinen heute ungepflegt wirkenden Bart. In Gedanken versunken ging er auf und ab. Aber es war wie bei den Vokabeltests, bei dem einem das Wort quasi auf der Zunge liegt, aber man nicht drauf kommt.

Noch einmal besah er sich die Platte. Makellos und glatt war sie. Der Schnitt, den er vor Jahren in ihr hinterlassen hatte, weil er einfach zu faul gewesen war ein Schneidbrett zu holen und unterzulegen, war nicht mehr zu sehen. Ja, es sah so aus als sei die Duroplastschicht erneuert worden.

Sollte er Merle fragen, ob sie die Reparatur in Auftrag gegeben hatte? Nein, dann würde sie wieder anfangen an seinem Geisteszustand zu zweifeln, was er ja bereits selbst tat. Außerdem, wie sollte er ihr erklären, was die Maschine tat, wenn er es selbst nicht wusste? Nein, das Rätsel musste er allein lösen. Doch wie?

Nach einiger Zeit des Grübelns ging er wieder zum Zaun zurück. Wenn er bei der Sache mit der Apparatur nicht weiterkam, wollte er wenigstens den Zorn Merles vermeiden und möglichst fertig sein bevor sie nach Hause kam. Ole war zum Fußball, dabei hätte er ihm bestimmt gut helfen können. Hatte er ein Gespür dafür wenn solche Arbeiten anstanden? Früher konnte er selbst es ja auch fast „riechen“ und sich aus dem Staub machen bevor sein Vater ihn fragen konnte.

„Naja, der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“, murmelte er vor sich hin.

Plötzlich durchzuckte ihn ein Gedanke. Der Apfel war heiß geworden und es hatte nach Bratapfel im Raum gerochen, als er damals seinen Versuch machte, bei dem der Apfel direkt vor dem Apparat gelegen hatte. Und einmal war der Apfel einfach verschwunden, verdampft wie er vermutete und er hatte die Leistung des Apparates nachjustiert. Doch nun erinnerte er sich daran, dass die Tischplatte nach dem Versuch unter dem Teller angesengt, ja verkohlt war. Aber er konnte sich beileibe nicht erinnern dies Merle gebeichtet zu oder selbst die Tischreparatur in Auftrag gegeben zu haben.

Wenn die Strahlen auf Porzellan trafen, geschah nichts. Wenn sie auf sein Tintenfässchen oder den Apfel trafen, dann tat sich etwas. Nein, das war falsch! - Dann tat sich manchmal etwas. - Wieso war das dann nicht reproduzierbar? Was war bei den Versuchen anders?

Völlig in diese Gedanken versunken bemerkte er gar nicht wie seine Arbeit voranschritt und er zuckte förmlich zusammen als sein Nachbar, Mattes Oeltjenbruns, plötzlich neben ihm stand und ihn ansprach.

„Moin Hinnerk. - Mit wem redest du denn die ganze Zeit. Dann kann man ja ruhig so laut rufen, dass die Rindsviecher davonlaufen. Haste wohl so `n Knopf im Ohr zum Telefonieren was?“

„Moin moin, Mattes. Nee, ich hab nur deine blöden Viecher verflucht, die mir diese Arbeit eingebrockt haben.“

„Nana, die können da nix für. Ich hab’ deinem Vater damals schon gesagt, dass der Zaun morsch ist und erneuert werden muss.“

„So? Ging doch noch.“

„Naja, bis der Ast hierüber gewachsen ist und die Viecher dran wollten.“

„Ja ja, ist schon gut.“

„Meinste, ich kann sie heute Abend wieder rauslassen?“

„Von mir aus, ich bin so gut wie fertig.“

„Ach so?“ Hinnerk hört ihm die Enttäuschung an. Hatte er wieder darauf spekuliert, dass er eine Pause einlegen und sie beide sich eine Flasche Jever genehmigen würden?

„Jau. Und dann hab’ ich mir ein Bierchen verdient. Willste auch eins?“

„Is’ ja noch `n Büschen früh…“ und bevor Hinnerk etwas sagen konnte setzte er schnell hinzu „… aber eins, das geht immer.“

„Na, denn werde ich mal sehen, was wir noch haben.“

Damit packte Hinnerk sein Werkzeug auch schon zusammen und die beiden liefen zum Haus.

Nach einer Flasche war dann auch Schluss, denn Hinnerk hatte einen Plan gefasst. Er wollte heute noch ein paar Versuche starten, und zwar mit Äpfeln, die er flugs aus der Speisekammer holte und den ersten bereits auf dem Teller plazierte. Dann richtete er den Apparat aus und schaltete ihn ein. Ein Surren ertönte als er den Auslöser betätigte und den Strahl auf den Apfel losließ. Sogleich stieg ihm der Duft von Bratapfel in die Nase.

Wenigstens dieser Teil verlief in jeder Wiederholung gleich ab. Damit war er allerdings nicht zufrieden und er warf den Apfel aus dem offenen Fenster in die Büsche hinter dem Anbau. Bratäpfel mochte er gern, aber hier traute er dem Braten nicht so recht. War dieser Bratapfel überhaupt genießbar?

Nun stellte er eine Tasse mit der Öffnung nach unten auf den Teller und legte einen Apfel auf die Tasse. Wieder betätigte er den Schalter und der Apfel verwandelte sich in einen duftenden Bratapfel.

„Mist!“ Verärgert wollte er schon aufgeben, da seine Erfindung offensichtlich nichts Neues darstellte. „Mikrowellenherde gibt’s ja schon.“

Wieder dachte er an sein Tintenfässchen. Konnte es sein, dass die Wirkung der Strahlung nur bei bestimmten Materialien zur Entfaltung kam? Das wäre tatsächlich der Mikrowelleneffekt gewesen. Oder lag es sogar an der Entfernung zum Objekt?

Das ließ sich einfach prüfen. Er nahm den Teller mit der umgekehrt darauf stehenden Tasse und trug ihn zum Sideboard, ein Erbstück von seinem Urgroßvater, hinüber. Vorsichtig stellte er ihn auf das mit einem kleinen Tuch geschützte Möbelstück ab, das damals, Anno fünfundvierzig, ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen worden war als der Stall im Direktbeschuss und die Hausfront von einem Querschläger getroffen worden war. Während das Einschussloch in der Außenwand inzwischen von der Halterung der Satellitenempfangsantenne überdeckt war, konnten die Kratzspuren am Sideboard nie ganz entfernt werden.

Er warf den Apfel ebenfalls aus dem Fenster, legte einen weiteren Apfel auf die Tasse. Nun richtete er die Apparatur auf den Apfel aus und betätigte den Auslöseknopf.

Diesmal roch es nicht nach Bratapfel, denn es war kein Apfel mehr da! Einfach weg!

„Was ist denn jetzt passiert?“, entfuhr es dem verdatterten Hinnerk.

Sein Erstaunen wurde noch größer als er feststellte, dass Teller und Tasse ebenfalls verschwunden waren.

„Das gibt’s doch nicht! – Was geht denn hier vor?“

Nun besah er sich die Stelle genauer. Das Sideboard stand noch dort, aber sein gesamter Versuchsaufbau darauf war weg. Kein Rauch, keine Asche, einfach weg. Es war gerade so als wäre da nie etwas gewesen.

Ein Gefühl sagte ihm, dass da noch etwas verändert war. Erst rätselte er und dann durchfuhr es ihn wie ein Blitz! – Da war ja ein anderes Deckchen aufgelegt! Es war nicht etwa einfach verschwunden wie sein Versuchsaufbau, nein da lag nun ein anderes Deckchen auf dem Sideboard.

Hinnerk stockte der Atem. Konnte das sein? Schnell war er heran und nahm es weg. Darunter kam das liebevoll restaurierte, vor langer Zeit verkohlte Holz zum Vorschein.

‚Wenigstens das Sideboard ist das alte‘, stellte er erleichtert fest.

Was ging hier vor? Konnte die Strahlung etwas verbrennen und gleich wieder instandsetzen? Scheinbar war es ja mit seinem Tintenfässchen so passiert. Zumindest war das die momentan plausibelste Erklärung, die er sich zurechtlegen konnte.

Er grübelte weiter und irgendwas zog seinen Blick immer wieder an. Irgendwas war da noch verändert, doch was? Er ging alles nochmal in Gedanken systematisch durch, aber er konnte nichts entdecken. Entmutigt ließ er seine Schultern hängen und wollte sich abwenden. Dann fiel sein Blick auf die Wand.

Die Wand! - Ja, die Wand war, war irgendwie anders. Er sah sie in ihrer Gänze an. Sie sah anders aus als vorher. Nein, das ganze Zimmer sah anders aus, denn statt der Stofftapete war nun weißgestrichene Raufasertapete an den Wänden.

„Ich werd‘ verrückt!“, entfuhr es ihm.

Wie sollte er das denn nun erklären? Das passte aber nun nicht mehr zu seiner Theorie, denn die Strahlung war ja nur auf eine Stelle gerichtet gewesen. Wie sollten denn dann die Stellen im Raum verändert werden, die vom Strahl gar nicht erfasst worden sein konnten? Nein, er musste die Veränderung der Wand vorher einfach nicht bemerkt haben. Wie sollte das sonst zu erklären sein?

„Nur keine voreiligen Schlüsse ziehen“, murmelte er nachdenklich vor sich hin. Das hatte früher auch immer sein Professor gesagt, wenn sie Ergebnisse ihrer Laborversuche erklärten.

War etwa noch etwas verändert? - Schnell prüfte er die Dinge in seiner Arbeitshütte. Doch alles andere war genauso wie vorher. Auch sein Tintenfässchen mit dem Firmenlogo und dem Schriftzug auf dem geborstenen Deckel…

Moment mal! Hatte seine Frau ihm nicht gerade erklärt, dass sie ihm ein neues geschenkt hatte, weil das alte völlig eingetrocknet war? Hatte er da nicht an seinem Geisteszustand gezweifelt, weil er sich beim besten Willen nicht daran erinnern konnte?

Und nun war da gar kein neues, sondern sein altvertrautes in seinen Händen. War sein Füllfederhalter nun auch wieder defekt? Mit zittrigen Händen nahm er ihn hoch und zu seiner Erleichterung stellte er fest, dass er unbeschädigt war.

„Na Gott sei Dank! Da habe ich ja mal einen guten Tausch gemacht“, stellte er erleichtert fest. Seine Gedanken rasten, wie wild nach Erklärungen suchend, in seinem Kopf herum.

Gleichwohl fand er keine, jedenfalls keine, die auf alle nun bekannten Phänomene passte. Er ging nachdenklich auf und ab und rekapitulierte die Ereignisse.

„Wenn ich auf einen Teller ziele, passiert nichts… - Doch! - Er wird heiß. Aber sonst nichts.“ Er sinnierte und wie so oft führte er Selbstgespräche, um seine Gedanken zu ordnen.

„Hmmm, außer einmal, da wurde die Tischplatte wieder wie neu.“ Wild gestikulierend ging er dabei weiter auf und ab. Das Labor bot dafür ja auch genügend Raum, wenn man von seinen Versuchsaufbauten mal absah.

„Ein Apfel wird zu einem Bratapfel…“ und die mochte er sehr gern, allerdings gehörten die eher zu Wildgerichten oder zu Weihnachten und nicht zu einem Labor und schon gar nicht in die Sommerzeit.

„Hmm, aber manchmal verändern sich die Dinge dicht beim Apfel. Mal ist das Geschirr aufgelöst. Dann gibt’s Brandflecken auf der Tapete oder dem Tisch….“ so zählte er alle Versuche auf. Viele hatte er schon vergessen geglaubt, ob seiner Misserfolge erfolgreich aus dem Gedächtnis verdrängt. Denn nie war es gelungen den Apfel oder das Geschirr – sofern es sich an der einen Stelle aufgelöst hatte – an einen anderen Bestimmungsort zu teleportieren und dort zu rematerialisiern.

„Doch!“ er schrie das Wort fast und hielt inne, prüfend, ob ihn vielleicht jemand gehört haben könnte. Aber das schien nicht der Fall zu sein.

In Windeseile lief er hinüber in die Küche, um das Geschirr durchzusehen. Alle Teller und Tassen waren da. Es fehlte nichts. Damit stand für ihn fest, dass sich das Geschirr nicht einfach in nichts aufgelöst haben konnte.

Hatte er sie, als sie sich scheinbar aufgelöst hatten, einfach in den Schrank teleportiert? Zumindest wäre das eine Erklärung. Es wäre eine, die ihm sehr zusagte. Gerade wollte er einen Jubelschrei ausstoßen, weil sein Experiment doch geglückt sei, da überkam ihn wegen seiner voreiligen Schlüsse wieder ein Zweifel. Vielleicht waren ja Ersatzstücke besorgt worden, so wie angeblich bei seinem Tintenfässchen?

Nein, das war alles… irgendwie falsch. Das Tintenfässchen, das hatte Merle ihm angeblich zu Weihnachten geschenkt und nun war es plötzlich wieder das alte. Wie sollte das nun zusammengehen?

Gut, es konnte zumindest sein, dass sie beim Geschirr tatsächlich Ersatz besorgt hatte, weil er dieses ständig in seinem Labor bunkerte. Ja, das war nicht auszuschließen.

Ob diese Theorie stimmte, das ließ sich leicht feststellen, denn die eine Tasse hatte einen kleinen Fehler am Fuß und bei einem Teller war ein Teil des Standringes abgeplatzt gewesen. Er sah sie alle der Reihe nach noch einmal genau an. Doch Beschädigungen dieser Art konnte er nicht finden. Also waren die fehlenden, von ihm ins Labor entführten Teile ganz einfach ersetzt worden.

„Mist! Mist! Mist! Mist!“ Er fluchte ein wenig zu laut und hätte beinahe einen der Teller, den er noch in der Hand hielt vor Wut auf den Boden geworfen. Aber er stellte ihn vorsichtig zurück, ging zum Tisch und ließ sich entmutigt auf einen Stuhl fallen.

„Na gut“, sagte er wieder zu sich selbst, um seine schwirrenden Gedanken wieder einzufangen, „ein Beweis ist das nicht. Immerhin kann eine Teleportation erfolgt sein. Die Strahlen können schließlich reparieren oder heilen… Aber warum ist dann der Tisch nicht auch woanders?“

War das nicht einfach grenzenloser Humbug? Er fand einfach keine Erklärung. Hinnerk brüllte vor Wut und Verzweiflung, sich die Haare raufend, um sich dann kraftlos vornüber auf seine Knie fallen zu lassen.

Immerhin konnten die Möbelstücke von jemand anderem repariert worden sein und er hatte daran ebenfalls keine Erinnerung oder er hatte es einfach noch nicht bemerkt. - Es war zum Ausrasten! Egal in welche Richtung er dachte, es gab einfach keinen festen Anhaltspunkt, den er als unumstößlich ansehen konnte.

Nein, er musste einen ganz anderen Ansatz suchen. Er musste sich an jede Einzelheit erinnern. Was hatte er bei den Versuchen noch verändert? Darin musste der Schlüssel zur Erklärung verborgen sein.

Während er im Geiste die Versuche Revue passieren ließ, räumte er das Geschirr wieder in den Schrank und ging dann zurück in sein Labor. Dort setzte er sich in seinen Ledersessel an den Schreibtisch, lehnte sich hintenüber wobei der Sessel ein wenig nach hinten schwang. Erst starrte er fragend die Decke an und schloss dann die Augen.

„Mal sehen, was habe ich alles verändert?“, murmelte er vor sich hin. „Die Gegenstände, die Höhe der Gegenstände über der Platte und damit den Auftreffwinkel der Strahlen…“ Konnte es das sein? Nein, sonst hätten die ersten Versuche mit dem Apfel auf der Tasse schon etwas verändert…

„Moment mal! – Das ist es!“

Ganz aufgeregt schwang er zurück und sprang aus dem Sessel. Mit wenigen Schritten war er beim Sideboard. Ja, eindeutig, es sah aus als sei es vor langer Zeit restauriert worden. Aber die Brandspuren waren noch immer erkennbar. Auch die Kratzer an der Front hatte man beseitigen wollen. Gut, es war recht leidlich gelungen, aber wenn man wusste wo sie zu suchen waren, konnte man eine Verfärbung im Holz erkennen.

„Meine Maschine hätte nicht so stümperhaft gewirkt“, bemerkte er ein wenig stolz und mehr denn je überzeugt, dass er eine Restaurationsmaschine erfunden hatte. Hier am Sideboard hatte sich offenbar ein wenig talentierter Restaurator versucht. Die Frage war nur, welchen Zusammenhang es zwischen der Strahlung und der Restauration gab, von der Renovierung des Zimmers mal ganz zu schweigen, die offensichtlich schon eine Weile zurücklag und an die er sich nicht erinnern konnte. Ja, er könnte schwören, dass das Sideboard heute Morgen keine Brandspuren, dafür aber tiefe Kratzer aufgewiesen hatte.

„Hm, so als wäre es schon immer so gewesen, auch das Zimmer und die Teller sind plötzlich im Schrank zurück, sogar wieder heil…“ Sollte er Merle nach der Restauration oder dem Geschirr befragen? Uuuh, lieber nicht. Sonst fing sie bestimmt wieder mit dem Alzheimergefasel an. Bloß das nicht! Doch herausfinden musste er es irgendwie, denn es kribbelte förmlich im Bauch, wenn er nur daran dachte. Das war stets ein untrügliches Zeichen, dass er auf der richtigen Spur war.

Bis sie zurückkam würde ihm schon etwas einfallen, wie er sie wie beiläufig fragen würde können. Außerdem war da ja noch die Sache mit dem Tisch. War er nicht auch einmal plötzlich wie neu, eher wie neu beschichtet? Warum war ihm das nicht schon früher aufgefallen?

Schnell ging er die paar Schritte hinüber und sah ihn sich genau an. Tatsächlich! Nicht nur die Duroplastplatte war erneuert, sondern auch die Umrandung. Da war keine Spur mehr von den bei den Versuchen angesengten Stellen zu sehen. Wieso konnte er mit der Strahlung eine Reparatur hervorrufen, und zwar eine, die offenbar in der Vergangenheit von jemand anderem ohne sein Wissen durchgeführt worden war? Hatte Ole etwas damit zu tun? Hatte er in seinem Labor etwas angestellt, damals als er einige Tage zum Kongress gefahren war? Hatte Merle dann schnell Handwerker beauftragt ohne ihm etwas zu sagen, damit er nicht ausrastete, weil er ausdrücklich allen verboten hatte in sein Labor zu gehen? Ja, das musste es sein! Das ergab endlich einen Sinn.

Dennoch wollte sich das wohltuende Bauchgefühl der Bestätigung nicht einstellen. Vielmehr verkrampfte sich etwas in ihm, so als wolle es ihm zurufen, ja förmlich anschreien: “Falsch, du Idiot!“

Der Kopf gab sich zufrieden und der Bauch rebellierte. Gab es so was? Ja, leider. Es war immer der Fall, wenn er auf der falschen Fährte war.

Plötzlich, in dem Moment als er an sein Tintenfässchen dachte, war das Kribbeln wieder da. Oh-oh! Lag hier der Hund begraben? War dieses Fässchen des Pudels Kern?

Mit Mühe zwang er sich zur Ruhe, um sich genau zu erinnern, was geschehen war. Beim Betätigen des Auslösers war er ein wenig hastig gewesen, daran erinnerte er sich noch gut. Denn er hatte sich, den Finger bereits am Schalter, mit einem Fuß im Kabel verfangen und beim Ausfallschritt, um nicht zu stürzen, den Apparat herumgezogen. Dabei musste der Strahl dann wohl auf das Tintenfässchen gelangt sein. Das war zumindest eine Möglichkeit, die er in Betracht zog. Oder war vielleicht gar nichts passiert? Hatte er das neue Tintenfässchen nur geträumt? Nein, er hatte sich sogar von Merle vorhin einen Rüffel eingefangen. Nein das war nicht geträumt.

Hinnerk raufte sich die Haare. Er konnte sich nicht daran erinnern nach dem Auslösen etwas, irgendeine Veränderung, festgestellt zu haben. Nein, er war sich sogar sicher, dass er den ganzen Raum abgesucht und nichts entdeckt hatte. Hatte er den Apparat dann etwa gar nicht ausgelöst?

Aber wieso hatte er denn heute Morgen bemerkt, dass er ein neues Fässchen auf seinem Schreibtisch hatte? – Klar, bei der Renovierung hatte Merle auch gleich ein neues besorgt. Ja, so musste es gewesen sein. Ah, endlich war alles aufgeklärt. –

Falsch! Es musste falsch sein, denn das Kribbeln war weg. Offenbar drehten er und seine Gedanken sich im Kreis.

Mit einem Seufzer, Ausdruck seiner Enttäuschung und Verzweiflung, schleppte er sich müde in seinen Sessel am Schreibtisch. Er ließ sich darauf fallen und beugte sich vor. Seinen Kopf stützte er mit seinen Armen ab, die mit den Ellenbogen auf der Schreibtischplatte ruhten.

Gerade wollte er die Augen schließen, als sein Blick das Tintenfässchen streifte. Es sah genauso aus, wie er meinte es noch vor wenigen Tagen gesehen zu haben, bevor…. ja, bevor was? Bevor er über das Kabel gestolpert war….

„Das, das, das…“ stotterte er, seine Augen wie vor Schreck und Entsetzen weit aufgerissen, „… gibt’s doch gar nicht!“

Plötzlich war es ihm zu stickig hier im Raum. Er brauchte Luft. Er brauchte Wasser. Eilig rannte er hinüber zur Küche.

„Was ist los, Dad?“ fragte Finja und sah ihn mit ihren großen Augen, deren Farbe an dunklen Bernstein erinnerten, besorgt an. „Hast du Monster gesehen?“

„Wie… wieso kommst du darauf?“ fragte Hinnerk und merkte nun deutlich, dass sein Mund trocken war. Schnell ging er an den Schrank und nahm sich ein Glas, das er am Hahn mit Wasser füllte, um es gleich danach mit einem Zug zu leeren.

„Du siehst ganz bleich aus, irgendwie krank.“ Sie legte den Kopf schief und strich ihre langen blonden Haare aus dem Gesicht hinter ihr Ohr.

„Vielleicht vertrage ich die Gartenarbeit nicht mehr.“ bemerkte er schnell. Ob es wohl glaubwürdig genug klang? Es schien so, denn Finja plapperte munter weiter.

„Was has’n gemacht, Dad?“

„Den Zaun repariert.“

„Wieso, war der denn kaputt?“

Hinnerk nickte nur, füllte das Glas erneut und nahm einen weiteren großen Schluck Wasser. Er hoffte, dass ihr nicht auffiel wie seine Hände zitterten.

„Ach so, dann war bestimmt der Mattes wieder da und ihr habt wieder Bier getrunken…“

„Für dich ist das noch immer Herr Oeltjenbruns…“

Finja verdrehte die Augen.

„Und ja, wir haben Bier getrunken, …“

„Wusste ich’s doch!“

„Was soll das denn heißen?!“ brauste Hinnerk auf.

„Bei dem Wetter… Dad!“

„Das klingt ja, als wäre ich ein Säufer.“ Er wollte verärgert klingen, aber ihre Sorge rührte ihn.

„Ich kenn’ euch doch…“

„Na, na! – Ein bisschen mehr Respekt, bitte!“

Aber Finja sah ihn nur vorwurfsvoll an.

„Hey, Mäuschen, es war nur eine Flasche nach getaner Arbeit.

Okay?“

„Wirklich?“ So hatte sie ausgesehen und mit dem Tonfall hatte sie diese Frage gestellt, als er ihr damals erzählte, sie war gerade in der zweiten Klasse, er habe den Weihnachtsmann gesehen wie er die Geschenke ins Haus geschleppt habe.

„Ja, wirklich.“ Er tat beleidigt und drehte sich um.

„Okay, ich glaube dir“, sagte Finja ein wenig zu großmütig.

Hinnerk fuhr so schnell zu ihr herum, dass ein wenig Wasser aus seinem Glas schwappte und auf den Boden klatschte, als er spöttisch antwortete: „Ja, euer Majestät und Danke für eure großmütige Vergebung.“

Dann stellte er das Glas auf dem Tisch ab und holte ein Tuch, um das Wasser aufzuwischen, wobei er einen Fluch unterdrückte.

Finja war inzwischen, ihre Kopfhörer aufsetzend und im Display ihres mp3-Players nach dem richtigen Song suchend, bereits auf der Terrasse verschwunden. Sicher wollte sie sich an ihrem Lieblingsplatz in die Sonne legen.

Ihr knapper Bikini würde nicht viele Stellen ungebräunt lassen. Richtig weibliche Formen hatte ihr Körper angenommen, das war ihm vorher noch nie so bewusst aufgefallen. Ob sich die jungen Männer nach ihr die Hälse verdrehten? Ein gewisser Stolz durchflutete Hinnerk. Doch der verflog gleich wieder als sich ein anderes Bild vor seinem Auge manifestierte.

„Lasst bloß eure Finger von ihr!“, knurrte er und seine Gedanken richteten sich wieder auf seine Versuche und seine Theorie.

„Das muss ich prüfen. Aber wie?“

Die Ungeheuerlichkeit seiner Gedanken kam ihm wieder in den Sinn. Konnte es sein, dass der Apparat etwas in der Vergangenheit änderte?

Das wäre immerhin eine Erklärung für die seltsamen Ereignisse. Doch wie sollte das passieren? Er hatte ja keine Bauanleitung mitgeschickt, um die Reparaturen auszuführen. Außerdem ergäbe das ohnehin keinen Sinn, denn sein Tintenfässchen war ja wieder das alte. Oder konnte er mit dem Apparat auch etwas wieder rückgängig machen? Fragen über Fragen. Aber er musste die Antworten finden.

Gleichwohl musste er erstmal in Erfahrung bringen, was sich im Labor tatsächlich ereignet hatte, denn immerhin musste es vor einiger Zeit renoviert worden sein. Aber wie sollte er das anstellen und wen sollte er fragen ohne Verdacht zu erregen?

Merle schied ja aus. Ole? Nein, wenn er etwas verbockt hatte, würde er hierbei keine Hilfe sein. Finja? Na klar! Warum war er nicht gleich darauf gekommen? Sogleich ging er ihr nach und traf sie tatsächlich hinter der Buschreihe auf ihrer Liege.

„Ach hier bist du“, sagte er, aber sie reagierte nicht. Wahrscheinlich war die Musik wieder so laut, dass sie nichts um sich herum wahrnahm.

Er ging weiter und sein Schatten fiel einen Moment auf sie.

„Dad!“, sagte sie langgedehnt und vorwurfsvoll, so dass es eher wie ein „Dä-ääääd“ klang.

„Kann nicht mal für mich sein?“

„Ach, ich wollte mir nur mein Machwerk nochmal ansehen…“, begann er und bemühte sich seinen Worten einen beiläufigen Klang zu geben, ihren leichten Zorn wohl ignorierend.

„Du sag’ mal“, fuhr er möglichst wie zufällig fort, „wann haben wir eigentlich das Labor neu streichen lassen? War das letztes Jahr oder schon vor zwei Jahren?“

„Hm, ich glaube vor zwei. Warum?“

„Ach, nur so.“

„Dad, hast du es schon wieder verbrannt?“, fragte Finja und setzte sich mit einem Ruck auf.

„Nein, ich wollte nur nachfragen, weil ich mir nicht mehr sicher war.“ Damit wollte er sich bereits abwenden. Aber er setzte noch hinzu: „Ich habe das Gefühl, die Zeit vergeht immer schneller, seit ich mal dreißig war.“

Finja verdrehte abermals genervt die Augen, setzte ihre Kopfhörer auf, legte sich wieder auf die Liege und schloss ihre Augen. Damit war das Thema für sie offenbar erledigt und Hinnerk war froh, dass sie keine weiteren Fragen mehr stellte.

Einen letzten Blick auf den neuen Zaun werfend ging er zur Terrasse zurück. Sein Blick ließ er dabei prüfend übers Haus schweifen.

Nein, am Haus hatte sich auch nichts verändert. Selbst der Anbau und das Labor sahen aus wie sonst auch. Die Blendladen waren in den Sechzigern ausgetauscht und seitdem gut gepflegt worden. Nächstes Jahr müssten sie wieder gestrichen werden, die hellblaue Farbe zeigte schon deutliche Risse. Die Backsteine waren uralt, aber unverwüstlich und die Halterung der Satellitenschüssel verdeckte den Einschusskrater. Von daher brauchte an der Fassade nichts gemacht werden und es war auch nichts gemacht worden.

Er ging ins Haus. Merle schien noch nicht zurück zu sein. Ein Blick aus der Haustüre zeigte ihm, dass in der Garage nur sein Mercedes GLK stand. Wieder ein richtiger Mercedes, denn die unleidliche Verbindung mit Chrysler war längst aufgelöst. Merles Golf war nicht zu sehen.

„Zwei Jahre also“, murmelte er auf dem Weg ins Labor vor sich hin. Die Tür schloss er sorgsam hinter sich wie in Trance. „Und das neue Fässchen hat sie mir letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt“, sinnierte er dann weiter, im Labor auf und ab gehend.

Welchen Zusammenhang gab es da und wieso war das alte Fässchen wieder da? Dann kam ihm ein weiterer aberwitziger, glänzender Gedanke und er machte sich sofort mit einem übersprühenden Eifer an dessen Verwirklichung.

Mit wenigen Schritten war beim Apparat, zog ihn ein wenig herum, so nahe an den Schreibtisch heran, dass die Optik, die die Strahlung aussandte, im Abstand von etwa einer Handbreite direkt auf sein Fässchen gerichtet war. Sollte er es wirklich riskieren? Was wäre, wenn es schief ginge?

Nein, wenn er recht hatte mit seiner Überlegung, dann müsste es klappen. Er war sich sicher, dass sein Fässchen zu jeder Zeit an diesem Ort stand. Damit war klar, dass es auch in der Vergangenheit es immer dort gestanden hatte.

Nun wollte er seine neue Theorie in einem Versuch bestätigen. Wenn diese Apparatur mit ihren Strahlen nämlich eine Hitzewirkung in der Vergangenheit erzeugen konnte, dann musste sich wieder etwas verändern, und zwar nur bei diesem Fässchen.

Damit wollte er schon den Auslöser betätigen. Doch plötzlich fiel ihm ein, dass er es immer wieder für einige Momente zu sich heranzog, wenn er den Konverter seines Füllfederhalters füllte. Es wäre dumm, wenn er die Strahlen gerade zu einem solchen Zeitpunkt zurückschicken würde… Strahlen zurückschicken? Wie verrückt klang das eigentlich? Wie verrückt war er?

In dem Moment hörte er ein Auto auf den Hof fahren. Das musste Merle sein.

„Genial!“ entfuhr es ihm und seine Augen leuchteten.

Voller Aufregung rannte er durch den Gang zum Haus hinüber. Schnell ging er in die Küche und nahm sein Glas wieder in die Hand. So fand ihn Merle als sie hereinkam.

„Ach, Hinnerk, kannst du noch das Bier hereinbringen. Beim Knolle war das Jever im Angebot, da habe ich gleich zwei Kästen mitgebracht. Ist dir das recht?“ Mit einem verschmitzten Lächeln sah sie ihn an, wohl wissend, dass sie ihn allein damit um den Finger wickeln konnte.

„Klar“, sagte er und war froh, dass er damit seiner Aufregung ein Deckmäntelchen verpassen konnte, „du bist ein Schatz.“ Damit gab er ihr einen Kuss und ging zur Tür. Kurz bevor er die Haustüre erreichte, drehte er sich um und fragte beiläufig: „Schatz?“

„Ja?“ kam es zurück.

„Es ist wegen meines Tintenfässchens…“

„Was ist damit? War jemand dran?“

„Äh. Nein, ich dachte du…“

„Ich?! Um Himmels Willen, den Fehler es zu berühren habe ich vor gefühlt dreißig Jahren mal gemacht. Seitdem halte ich mindestens einen Meter Abstand.“

„Jaja, das meine ich ja auch nicht. Ich dachte Du hättest etwas wegen Weihnachten erwähnt.“

„Wie?“ Damit war sie an der Küchentür und sah ihn erstaunt an. „Sag’ bloß, du willst dich von dem alten Ding trennen und doch ein neues haben?“

„Nein, nicht nötig.“

„Ich dachte auch schon... Was dann?“

„Ach nichts. Nicht so wichtig. Ich werd’ mal lieber das Bier in den Keller bringen, bevor es noch warm wird.“ Damit war er auch schon zur Garage unterwegs. Merle schüttelte kurz ihren Kopf und wandte sich dann ihren Einkäufen zu.

Hinnerks Herz klopfte wie wild. Hatte sie ihm nicht heute Morgen entrüstet gesagt, dass sie ihm ein neues letztes Jahr zu Weihnachten geschenkt hatte? Und nun, da das alte wieder aufgetaucht war, kein Wort mehr davon?

„Und ich bin dann wieder der Senile, der alles durcheinander bringt. Jaja. – Aber warte, gleich wird’s erst richtig spannend.“ Damit wuchtete er die Kisten aus dem Auto, setzte eine ab und schloss den Kofferraum. Dann nahm er beide Kisten und trug sie ins Haus, hinunter in den Keller.

Im Nu war er jedoch wieder im Labor und stand an seiner Apparatur. Er prüfte nochmals genau die Ausrichtung. Alles stimmte und er holte tief Luft.

„Na dann los“, sagte er zu sich als er den Schalter betätigte.

Ein kurzes Surren und ein Gestank nach verbranntem Plastik erfüllte den Raum. Hinnerk rannte zu den Fenstern, um sie weit zu öffnen. Groß waren sie nicht. Auch wenn sie nachträglich in dieses alte Gemäuer eingebaut worden waren, hatte er den Charme des Gebäudes nicht durch moderne Fenster zerstören wollen. So waren es eher kleine Luken etwa in Brusthöhe, die wenig Licht, aber auch kaum neugierige Blicke herein ließen.

Erst als der Rauch abgezogen war ging er zum Schreibtisch, um die Wirkung der Strahlen näher in Augenschein zu nehmen.

„Hä?“, entglitt ihm ein Ausruf, für den er seine Tochter ständig ermahnte. Er war völlig verblüfft, denn das hatte er nun wirklich nicht erwartet. Dort stand nun wieder sein neues Tintenfässchen, aber mit verkohltem Verschlussdeckel und die Tinte war vertrocknet.

„Moment, Moment, Moment.“ Er ging wieder auf und ab, mit den Fingern die übers Kinn streichend. Dann hielt er inne und sah auf das verkohlte Etwas. Noch einmal überzeugte er sich, dass es nicht sein altes, sondern das neue Tintenfässchen war. Dann zog er die Apparatur weiter vom Tisch weg. Gute zwei Meter mochten es schon sein. Mehr ging in dieser Richtung nicht, denn dann war hier die Wand erreicht. Bis zum Sideboard waren es wieder die vier Meter.

Er richtete die Optik wieder höchst genau auf sein nun verkohltes Tintenfässchen aus. Dann, als er sich dreimal davon überzeugt hatte, dass alles stimmte, schloss er die Fenster und betätigte dann den Schalter erneut.

Diesmal schien gar nichts passiert zu sein. Oder doch? Er ging näher und stockte, die Augen vor Erstaunen weit aufgerissen, um dann einen Freudenschrei auszustoßen. Vor ihm auf dem Schreibtisch stand, unversehrt, sein neues Tintenfässchen.

„Der Abstand ist es also. Der Abstand!“

Das musste er in weiteren Versuchen überprüfen. Aber erstmal wollte er etwas anderes in Erfahrung bringen. Daher ging er zu Merle hinüber. Innerlich war er zum Zerreißen gespannt und bemühte sich auch zugleich nicht verräterisch zu grinsen.

„Na, sind alle Flaschen unten angekommen oder musstest du gleich eine Probe nehmen?“ fragte sie ein wenig spöttisch.

„Nein es sind alle unten angekommen. Außerdem hatte ich schon eine, denn der Zaun ist repariert.“

„Oh! Na, dann hast du dir die ja verdient.“ Damit gab sie ihm liebevoll einen Kuss und sie umarmten sich wie frisch verliebt.

„Will ich meinen.“ sagte Hinnerk, als sie sich lösten. Sie ging wieder zum Tisch hinüber.

„Du hattest eben das neue Tintenfässchen nochmal erwähnt. Gefällt es dir doch nicht? Soll ich dir ein anderes besorgen?“ Sie sah ihn fragend an.

„Nein, Schatz. Es ist schön“, gab er vielleicht ein wenig zu schnell zur Antwort.

„Aber du trauerst deinem alten noch immer nach.“

„Ein wenig.“ Dabei verzog er seine Miene.

„Tja, ich kann die Zeit nicht zurück drehen, um dich rechtzeitig zu warnen.“ Und nach einer kurzen Pause setzte sie hinzu: „Wie hast du das eigentlich angestellt, dass die Tinte so schnell vertrocknet war?“

„Keine Ahnung. Ich werde jetzt besser Acht geben und es immer verschließen.“

„Besser ist das.“ Damit wandte sie sich ab und ging auf die Terrasse.

Hinnerk hielt sich an einem der Stühle fest, denn es schien sich alles um ihn zu drehen wie auf einem Karussell. Kaum hatte er sich ein wenig gefangen, verschwand er schnell in seinem Labor. Die Gedanken jagten noch immer wie wild durch seinen Kopf. Er hatte also recht mit seiner Vermutung. Die Strahlen hatten ihre Wirkung in der Vergangenheit entfaltet. Das war unglaublich! Ja, sie hatten tatsächlich eine Veränderung der Geschichte bewirkt. Das war noch unglaublicher!

Egal! - Er hatte zwar keine Apparatur gebaut, die Gegenstände teleportieren konnte, aber – er konnte es noch immer nicht fassen – eine Apparatur, die Veränderungen in der Vergangenheit herbeiführen konnte.

Naja, es war eine winzig kleine, aber immerhin eine deutliche Veränderung der Vergangenheit eingetreten. Interessant war, dass nur ihm das auffiel. Alle, die nicht im Raum waren, kannten immer nur den, na wie sollte er es nennen, den aktuellen Verlauf? War das so? Alle? Immerhin hatte er bisher nur Merle und Finja befragt.

Sollte er damit an die Öffentlichkeit gehen? Würde man ihm glauben? Konnte er es selbst überhaupt glauben? Wie wollte er es beweisen? Und was würde passieren, mit seiner Apparatur, ja was würde mit ihm passieren, wenn man ihm glaubte?

Fragen über Fragen. Es wurden immer mehr, mit jeder Antwort kamen mehr Fragen. Da konnte man ja verrückt werden. Oh-oh. Also erstmal ordnen.

„Gut, was weiß ich nun?“, überlegte er laut nachdem sich der Gefühlssturm ein wenig gelegt hatte. ‚Die Strahlen haben eine Wirkung auf die Vergangenheit, weil ein Gegenstand in der Vergangenheit getroffen und verändert wird. Weiter weiß ich, dass es einen Zusammenhang zwischen dem Abstand zwischen Objekt und Objektiv geben muss. Hm. Hm-hm-hm.“ Das war zwar schon etwas, aber bei weitem nicht annähernd zufriedenstellend für seine Forscherseele.

Wie war das doch gleich bei den Äpfeln. Ach ja, wenn er nahe dran war, wie beim Tisch, hatte er gleich einen Bratapfel erzeugt. War er weiter weg, verschwand er einfach. Außerdem hatte sich etwas in der Umgebung verändert. Also hatte sich nicht nur der Apfel verändert. Wie passte das zu seiner Theorie?

„Na klar, weil in jener Vergangenheit einfach kein Apfel da war, sondern nichts.“ Vor Begeisterung klatschte er in die Hände. Nur so war zu erklären, dass anstelle des Apfels die Tischplatte oder auch das Sideboard beschädigt worden waren. Und wenn zur Zeit des Aufpralls niemand zugegen war, dann konnte auch niemand eingreifen. Uh, bisher hatte er ja richtig Glück gehabt. Wenn niemand zu Hause gewesen wäre, dann wäre sicherlich das ganze Haus abgebrannt.

„Oh Mann, da habe ich ja ganz schön Dusel gehabt.“

Für weitere Versuche musste er sich also etwas unter freiem Himmel suchen. Das war nicht so einfach, denn schließlich sollte niemand die Experimente mitbekommen und folglich konnte er die Apparatur nicht einfach nach draußen bringen. Aber aus dem Fenster zielen würde doch gehen, oder? Mit einem Grinsen schob er sogleich den Apparat ans Fenster.

Und wenn die Strahlen nun aufs Glas trafen? Würden sie reflektiert oder würde das Glas schmelzen? Nein so einfach ging es nicht. Also musste den Apparat soweit ans offene Fenster stellen, dass sich die Optik bereits jenseits der Glasebene befand. Dazu musste er einige Umbauten vornehmen, da unterhalb des Fensters kein Freiraum war wie bei seinem Schreibtisch.

Gegen Abend war er endlich soweit. Da klopfte es an seine Tür.

„Moment“, sagte Hinnerk, doch die Tür ging schon auf und Ole kam herein.

„Dad, ich wollte nur fragen ob wir heute Abend noch grillen….“

„Hatte ich nicht gesagt, dass niemand hereinkommen darf?“ seine schroffe und vorwurfsvolle Frage schien aber an Ole einfach abzuprallen.

„Hey, Dad. Was machs’n da?“ und mit einem Grinsen fügte er hinzu, „bist du jetzt unter die Spanner gegangen?“

„Sag’ mal, wie redest du mit deinem Vater?!“ Nun zuckte Ole doch zusammen und wurde etwas kleinlaut.

„Sorry, aber… aber, was ist das denn?“ Ole deutete auf den Apparat.

Dieser Moment musste ja mal kommen. Schon hundertmal hatte er sich überlegt, was er wohl sagen würde, aber nun war alles weg. Sein Kopf war wie leer.

„Eine Messeinrichtung“, hörte er sich sagen und Ole sah in fragend an.

„Eine Messeinrichtung? Für was denn?“

„Jetzt nicht. Ich erklär’s dir später mal, wenn…“ Er stockte und wollte sagen, „wenn ich es selbst weiß.“ Aber er ergänzte:

„Wenn sie richtig funktioniert.“

Immerhin schien Ole damit zufrieden zu sein denn er fragte nur: „Kommst du?“

„Ja klar. Sagen wir in fünf Minuten? Ich will noch ein wenig aufräumen.“

Ole sah sich um und mit einem Grinsen bemerkte er: „Keine schlechte Idee.“

„Raus mit dir!“ Hinnerk ging auf ihn zu. Ole verschwand blitzschnell und zog die Tür hinter sich zu.

Einen Versuch wollte Hinnerk wenigstens starten, weil er es vor innerlicher Spannung kaum aushielt. Was sollte das Ziel sein? Er sah aus dem Fenster und direkt auf den Apfelbaum, unter dem er heute den Zaun repariert hatte.

„Genau, Apfel ist Apfel“, murmelte er und richtete das Objektiv aus so gut er konnte. Dann betätigte er beherzt den Auslöser und wartete gespannt, ob sich etwas täte. Doch nichts geschah. Auch im Raum war alles wie vorher. Alles? Er betrachtete alles ganz genau. Nein, keine Veränderung. War das nun gut, oder eher nicht? Wie sollte er wissen, ob der Apparat funktionierte oder ob er die Reichweite überschritten hatte? Nun, die Beantwortung der Fragen musste er aufschieben, denn nun wollte er rübergehen, denn er bekam Hunger.

In der Küche wartete Merle auf ihn. Sie hatte das Grillfleisch auf einen Teller gelegt und diesen auf den Tisch nahe an der Terrassentür gestellt.

„Ah, da bist du ja schon.“

„Wie, bin ich zu früh?“

„Nein, aber es ist schön, wenn ich dich nicht erinnern muss.“

„Ist das ein Vorwurf?“

„Nö, eher eine Feststellung.“ Merle lachte und Hinnerks Verärgerung war gleich dahin.

„Danneburgs kommen übrigens doch nicht vorbei. Ihrer Mutter geht’s nicht gut und sie sind nach Aurich gefahren.“

„Na dann“, sagte Hinnerk und ging frohgelaunt, ein Liedchen pfeifend hinüber zum Grillplatz. Nichts gegen die Danneburgs, aber ein Grillabend nur im Kreis der Familie war irgendwie entspannter.

Ole hatte sogar schon die Holzkohle angezündet. Wurde der Junge erwachsen oder wollte er Schönwetter machen, weil er nachher noch etwas zu beichten hatte? Na, Hinnerk würde es schon noch erfahren. Jetzt war es an der Zeit sich auf das Grillgut zu konzentrieren und dies tat Hinnerk stets mit einer Hingabe, wie man es sonst nur bei den großen Künstlern beobachten kann. Die vom Metzger in Plastikbeutel verpackten marinierten Steaks und Rippchen legte er auf den Campingtisch, der im Sommer immer nahe am gemauerten Grill stand. Damit legte er sich auch gleich eine Reihenfolge zurecht, denn schließlich sollte ja keine große Unterbrechung durch schlecht abgestimmte Garzeiten entstehen.

Gerade hatte er die fast durchgeglühte Kohle mit dem Schürhaken richtig verteilt und den Grillrost in die Führung geschoben, da kam Ole mit zwei bereits geöffneten Flaschen Bier heran.

„Hi Dad, ich dachte da fehlt noch etwas.“

„Gut bemerkt.“ Hinnerk nahm eine Flasche entgegen und sah Ole fragend an. Doch der rührte sich nicht. „Was ist mit der?“, fragte Hinnerk deshalb.

„Die… äh, ja… ich, ich dachte ich leiste dir ein wenig Gesellschaft.“

„Ach.“

„Och, Dad, komm schon. Ich bin doch schon siebzehn.“

„Das heißt aber nicht, dass man dann zwangsweise umsteigen muss.“

„Aber du hast selbst immer gesagt, zum Grillen gehört das dazu.“

„Wie? Willst du nun hier stehen?“ Hinnerk ging einen Schritt zur Seite und machte eine einladende Bewegung zum Grill hin.

„Ich hab immerhin schon angefangen…“

„Aha.“ Mit einer solchen Antwort auf seine Frage hatte Hinnerk nicht gerechnet. Daher wehte also der Wind. Recht gewieft. Er musste schmunzeln. „Na, dann heiße ich meine Verstärkung willkommen.“

„Danke, Dad.“ Ole strahlte und prostete ihm zu. Die Flaschen prallten mehr klackend als klirrend aneinander.

„Und das Donnerwetter nachher“, Hinnerk machte eine Kopfbewegung zur Küche hin, „müssen wir aber noch überstehen.“

„Jepp. – Aber wie sagst du immer? Man soll den Augenblick genießen.“

„Jaja, aber bitte alles in Maßen, mein Sohn. Reine Genuss-Sucht ist nicht gut.“

„Wann fängt die an?“, wollte Ole wissen.

„Für dich mit der zweiten Flasche.“ Ole verzog das Gesicht. – „Teile sie dir also gut ein“, ergänzte Hinnerk schnell, bevor Ole etwas sagen konnte und wandte sich wieder dem Grill zu.

„Es ist doch genug da“, protestierte Ole trotzdem.

„Darum geht es nicht“, erwiderte Hinnerk als er die ersten Rippchen auf den Rost legte.

„Mam hat heute extra noch zwei Kästen geholt, weil die Danneburgs kommen wollten.“

„Ich weiß. Aber die kommen nicht.“

„Eben. Und da dachte ich…“

„Du müsstest einspringen, damit es nicht schlecht wird“, ergänzte Hinnerk den Satz seines Sohnes. „Glaub mir, Ole, da braucht’s keine Eile.“

„Nö, Bier hat hier bei uns keine Chance das Haltbarkeitsdatum zu erreichen.“

„Wie bitte?!“ Hinnerk fuhr zu ihm herum, die Grillzange wie ein Schwert in der Hand und Ole zuckte zusammen.

„Äh, ich … äh… Ach nichts. Schon gut.“

„So? Na, ich dachte schon du wirst schon Kiebig.“ Damit legte Hinnerk ein weiteres Rippchen auf den Rost. Zwei weitere Rippchen folgten und Hinnerk trat, befriedigt sein Werk betrachtend, einen Schritt zurück.

„Woher weißt du das denn?“, frage Ole nach einer Weile.

„Weiß ich was?“

„Na, dass Mam heute Bier mitgebracht hat?“

„Du kennst sie doch. Gleich als sie nach Hause kam hat sie es mir gesagt, damit ich die Kästen runterbringe.“

„Häh? Wie das denn?“

„Ganz einfach, sie hat mich angesehen, den Mund aufgemacht….“

„Dad!“

„Na was? Wenn du mich schon so fragst.“

„Ich meine nur, weil ich die Kästen runtergebracht habe.“

„Haha, jetzt träumst du aber.“