Evolution der Erde - Wolfgang Oschmann - E-Book

Evolution der Erde E-Book

Wolfgang Oschmann

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Beschreibung

Die Erd- und Lebensgeschichte behandelt die Evolution unseres Planeten Erde. Ausgehend von einem glühend heißen, lebensfeindlichen Anfangsstadium vor 4,5 Mia. Jahren, entwickelte sich langsam die heutige Erde mit der bekannten Verteilung von Kontinenten und Ozeanen und mit ihrer großen Fülle an Lebensformen. Zu Beginn der Erdgeschichte waren vorwiegend physikalische und chemische Prozesse bestimmend. Mit dem ersten Auftreten der Organismen kam die Biosphäre als weiterer Faktor dazu und prägte in der Folge viele Abläufe an der Erdoberfläche, das Klima und selbst die Plattentektonik.

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Wolfgang Oschmann

Evolution der Erde

Geschichte der Erde und des Lebens

Haupt Verlag

Prof. Dr. Wolfgang Oschmann, *1954, promovierte an der Ludwig-Maximilians-Universität in München. Nach Aufenthalten an den Universitäten Lucknow (Indien), Bremen und Würzburg wurde er 1993 an die Universität Tübingen berufen. Seit 1998 ist er Professor für Paläontologie am Institut für Geowissenschaften der Goethe Universität in Frankfurt.

1. Auflage 2016

Die Deutsche Bibliothek – CIP Einheitsaufnahme

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.

2016 © by Haupt, Berne

Das Werk ist einschließlich aller seiner Teile urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Umschlagsgestaltung und Satz: Atelier Reichert, Stuttgart

Titelbild: © Jaroslav Moravcik / Shutterstock.com

UTB-Band-Nr.: 4401

ISBN: 978-3-846-34401-9

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1

Aspekte und Methoden der Erd- und Lebensgeschichte

1.1

Raum

1.2

Zeit

1.3

Archive der Erd- und Lebensgeschichte

2

Der Platz der Erde im Weltall

2.1

Die Entstehung des Kosmos und die Entwicklung des Weltalls

2.2

Die Entwicklung der Galaxien und der Sterne

2.3

Kernfusion, Supernovae und Sterne späterer Generationen

2.4

Stern- und Planetenentstehung am Beispiel der Sonne

Präkambrium: 4.56 bis 0.54 Milliarden Jahre

3

Hadaikum: 4.56 bis 4 Milliarden Jahre

3.1

Die frühe Phase der Erde und die Entstehung des Mondes

3.2

Die Bildung von Kruste, Atmosphäre und Hydrosphäre

3.3

Das Klima auf der jungen Erde

3.4

Die Entstehung des Lebens

3.5

Die Entwicklung der Stoffwechselwege

4

Archaikum: 4 bis 2.5 Milliarden Jahre

4.1

Die Bildung der alten Kratone

4.2

Sedimente im Archaikum

4.3

Das Klima im Archaikum

4.4

Älteste Lebensreste

5

Proterozoikum: 2.5 bis 0.54 Milliarden Jahre

5.1

Das Wachstum der Kontinente

5.2

Sedimentgesteine

5.3

Das Klima im Proterozoikum

5.4

Der Sauerstoffgehalt der Atmosphäre im Proterozoikum

5.5

Die Entwicklung des Lebens

Phanerozoikum

Paläozoikum

6

Kambrium: ∼ 542 bis 488 Millionen Jahre

6.1

Paläogeographie und Geotektonik

6.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

6.3

Kambrische Ablagerungsbereiche

6.4

Die Entstehung der Hartteile und die Kambrische Explosion

6.5

Die Entwicklung der Organismen im Kambrium

6.6

Berühmte Fossillagerstätten

7

Ordovizium: ∼ 488 bis 444 Millionen Jahre

7.1

Paläogeographie und Geotektonik

7.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

7.3

Ordovizische Ablagerungsbereiche

7.4

Die Entwicklung der Organismen im Ordovizium

7.5

Das Massenaussterben am Ende des Ordoviziums

8

Silur: 444 bis 417 Millionen Jahre

8.1

Paläogeographie und Geotektonik

8.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

8.3

Silurische Ablagerungsbereiche

8.4

Die Entwicklung der Organismen im Silur

8.5

Die Besiedlung der Festländer

9

Devon: 417 bis 359 Millionen Jahre

9.1

Paläogeographie und Geotektonik

9.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

9.3

Devonische Ablagerungsbereiche

9.4

Die Entwicklung der Organismen

9.5

Das Leben auf dem Festland

9.6

Das enddevonische Massenaussterben

10

Karbon: ∼ 359 bis 296 Millionen Jahre

10.1

Paläogeographie und Geotektonik

10.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

10.3

Karbonische Ablagerungsbereiche

10.4

Kohlebildung

10.5

Die Entwicklung der Organismen

10.6

Das Leben auf dem Festland

11

Perm: 296 bis 251 Millionen Jahre

11.1

Paläogeographie und Geotektonik

11.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

11.3

Permische Ablagerungsbereiche

11.4

Die Entwicklung der Organismen

11.5

Das Leben auf dem Festland

11.6

Das Massenaussterben am Ende des Perms

Mesozoikum

12

Trias: ∼ 251 bis 200 Millionen Jahre

12.1

Paläogeographie und Geotektonik

12.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

12.3

Ablagerungsbereiche in der Trias

12.4

Die Entwicklung der Organismen

12.5

Das Leben auf dem Festland

12.6

Das Massenaussterben am Ende der Trias

13

Jura: ∼200 bis 142 Millionen Jahre

13.1

Paläogeographie und Geotektonik

13.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

13.3

Ablagerungsbereiche im Jura

13.4

Die Entwicklung der Organismen

13.5

Das Leben auf dem Festland

14

Kreide: ∼ 142 bis 66 Millionen Jahre

14.1

Paläogeographie und Geotektonik

14.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

14.3

Ablagerungsbereiche in der Kreide

14.4

Die Entwicklung der Organismen

14.5

Das Leben auf dem Festland

14.6

Das Massenaussterben am Ende der Kreide

Känozoikum

15

Tertiär (Paläogen und Neogen): 66 bis 2.6 Millionen Jahre…

15.1

Paläogeographie und Geotektonik

15.2

Meeresspiegelentwicklung, Klima und Atmosphäre

15.3

Ablagerungsbereiche des Tertiärs

15.4

Die Entwicklung der Organismen

15.5

Das Leben auf dem Festland

16

Quartär: 2.6 Millionen Jahre bis heute

16.1

Paläogeographie und Geotektonik

16.2

Klima, Meeresspiegelentwicklung und Atmosphäre

16.3

Die Entwicklung der Organismen

16.4

Das Leben auf dem Festland

16.5

Die Entstehung des Menschen

17

Ausblick: Welche Entwicklung nimmt unsere Erde?

17.1

Mögliche Szenarien der Klimaentwicklung während der nächsten 1000 bis 100 000 Jahre

17.2

Plattentektonische Entwicklung

17.3

Langzeittrends des Klimas und der Evolution

18

Glossar

19

Literatur

20

Register

Vorwort

Die Erd- und Lebensgeschichte erstreckt sich über 4.5 Mia. Jahre und beinhaltet die Fülle an Erkenntnissen, die Geowissenschaftler seit mehr als 200 Jahren zusammengetragen haben. Diese Erkenntnisse alle in einem Buch unterzubringen, ist unmöglich. Das Ziel dieses Buches ist daher bescheidener; nämlich einen zusammenfassenden Überblick über die wesentlichen Aspekte und Prozesse der Erdgeschichte zu geben. Es soll ein plausibles Bild darüber vermitteln, wie unsere Erde entstanden und ihre Entwicklung verlaufen ist und wie dabei eine immer komplexere Organismenwelt entstanden ist. Die Geschichte beginnt zunächst mit abiotischen (physikalischen und chemischen) Prozessen, die zur Bildung der Geosphäre (Erdkern, Mantel und Kruste), Hydrosphäre und Atmosphäre führten. Erst später kamen Organismen und damit die Biosphäre dazu. Die abiotischen und biotischen Prozesse entwickeln sich seither in enger gegenseitiger Beeinflussung. Die Erd- und Lebensgeschichte sind folglich geprägt von permanenten Umwälzungen und Neuerungen, aber auch von massiven Störungen, Krisen und Katastrophen, die mehrmals zu Massenaussterben geführt haben.

Es gibt bereits einige Lehrbücher zur Erd- und Lebensgeschichte Wozu also noch ein weiteres? Grund dafür ist, dass bei den meisten Büchern primär die Erdgeschichte im Vordergrund steht. Mein Blickwinkel liegt stärker auf der Seite der Biosphäre und ihrer Entwicklung durch die Zeit. Eine reine Erdgeschichte könnte auch anhand von Fallbeispielen wie Plattenwanderungen, Gebirgsbildung, Füllung von sedimentären Becken usw. konzipiert werden. Eine strenge Orientierung an der zeitlichen Entwicklung ist dabei nicht unbedingt notwendig. Sobald aber die Lebensgeschichte Thema ist, wird die Bindung an den Zeitstrahl jedoch zwingend, woraus sich zwangsläufig die Gliederung des Buches ergibt.

Der Grundstock für dieses Buch bestand in den Vorlesungsunterlagen zur gleichnamigen Vorlesung, die ich 1989 zum ersten Mal gehalten und im Laufe der Zeit erweitert und aktualisiert habe. Damit wird auch der Kreis, den ich mit diesem Buch ansprechen möchte, deutlich: Es ist als Unterstützung für Studierende der Geowissenschaften im Bachelor- und Masterstudium gedacht. Möglicherweise ist es auch für Lehrende hilfreich und für interessierte Laien attraktiv. Die Arbeit an diesem Buch bestand für mich aus zwei Herausforderungen: zum einen in der Darstellung von Themenfeldern, die außerhalb der eigenen Kernkompetenz liegen, und zum anderen in der Komprimierung der Themenfelder, mit denen ich mich über Jahrzehnte intensiv beschäftigt habe. Ich hoffe, dass ich beiden Herausforderungen einigermaßen gerecht werden konnte.

Abbildungen zu dem Buch wurden dankenswerterweise von Frau Dr. Susanne Feist-Burkhardt, Stefan Rümmele, Frau Dr. Annette Schmid-Röhl und Dr. Armin Zeh zur Verfügung gestellt; Andreas Baumeler hat einige neu gezeichnet. Mit vielen Frankfurter Kollegen und Kolleginnen, vor allem Joachim Blau, Wolfgang Dörr, Jens Fiebig, Eberhard Gischler, Jörg Pross (jetzt Heidelberg), Rainer Petschick und Silke Voigt konnte ich stimulierende Diskussionen führen. Priv. Doz. Dr. Joachim Blau hat das Manuskript gelesen und sehr wertvolle Hinweise gegeben. Zuletzt möchte ich mich aber vor allem auch bei meiner Frau Christine bedanken, die auf viele Wochenenden verzichtet hat, die für die Arbeit an diesem Buch notwendig waren.

| 2

Der Platz der Erde im Weltall

Inhalt

2.1    Die Entstehung des Kosmos und die Entwicklung des Weltalls

2.2    Die Entwicklung der Galaxien und der Sterne

2.3    Kernfusion, Supernovae und Sterne späterer Generationen

2.4    Stern- und Planetenentstehung am Beispiel der Sonne

Nach der derzeitigen Vorstellung ist unser Kosmos und damit Materie, Raum und Zeit vor etwa 13.7 Mia. Jahren aus einer nicht definierbaren Singularität entstanden. Diese Theorie wurde 1931 vom belgischen Astronom Lemaître aufgestellt und wird heute oft als Urknall- oder «Big Bang»-Theorie bezeichnet. Die Bedingungen zur Zeit des «Big Bang» werden deshalb als Singularität bezeichnet, weil es in der heutigen Physik keine Theorie gibt, die den Zustand des Universums am Anfang beschreiben kann. Lemaître und der amerikanische Astronom Edwin Hubble leiteten aus der bereits 1912 gemessenen Rotverschiebung die Ausdehnung der Raumzeit ab, die sich in immer größeren Fluchtgeschwindigkeiten weit entfernter Galaxien zeigt. Sie wird allgemein als Expansion des Weltalls bezeichnet. Das sich ausdehnende Weltall kühlte sich ab und bildete nach etwa 380 000 Jahren neutralen Wasserstoff und Helium, dadurch wurde der Kosmos «durchsichtig», was die Ausbreitung von Strahlung ermöglichte. Von da an konnte der «Nachklang» des Big Bang das gesamte Weltall erfüllen und ist noch heute in der kosmischen Hintergrundstrahlung (3K-Strahlung) in allen Raumrichtungen messbar. Durch die enorme Ausdehnung der Raumzeit ist die ursprünglich sehr heiße Strahlung auf heute etwa 3 K (≈ -270 °C) abgekühlt. Nach neuen Untersuchungen zeigt die kosmische Hintergrundstrahlung eine heterogene Verteilung. Daraus wird das Alter des Universums auf etwa 13.7 Mia. Jahre abgeleitet und vermutet, dass es eine euklidische räumliche Geometrie aufweist. Seine heutige Zusammensetzung besteht mutmaßlich aus 5% konventioneller Materie, 25% dunkler Materie und 70% dunkler Energie.

2.1 | Die Entstehung des Kosmos und die Entwicklung des Weltalls

Mit dem Big Bang entstand die Raumzeit. Bei ihrem Beginn waren die vier heute getrennten Grundkräfte noch vereint; dieser Abschnitt der Kosmologie wird nach dem deutschen Physiker Max Planck (1858–1947) als Planck-Ära bezeichnet. Nahezu unmittelbar nach der Entstehung kam es zur «Inflation», einer plötzlichen gewaltigen Aufblähung des Weltalls mit «Überlichtgeschwindigkeit» um mindestens den Faktor 1030. Mit zunehmender Ausdehnung der Raumzeit und mit abnehmender Energiedichte und Temperatur trennten sich in der Anfangsphase des Kosmos, noch bevor er «durchsichtig» wurde, nacheinander die vier Grundkräfte, und es entstanden die Eichbosonen (Wechselwirkungsteilchen) und Fermionen (Materieteilchen). Zu den Eichbosonen gehört das hypothetische Graviton, welches mutmaßlich die Ursache der Schwerkraft ist, die Gluonen für die starke Kraft, W- und Z-Bosonen für die schwache Kraft und Photonen für die elektromagnetische Kraft. Bei den Materieteilchen entstanden die Quarks, die sich später zu Hadronen (z. B. Protonen und Neutronen) zusammenfügten, und Leptonen (z. B. Elektronen und Neutrinos). Dieser Abschnitt der Kosmosentwicklung war nach wenigen Sekunden abgeschlossen. In den nächsten drei Minuten wurden die ersten Elemente (Wasserstoff, Helium und Spuren von Lithium) während der primordalen Nukleosynthese gebildet. Die Temperatur des Kosmos betrug zu diesem Zeitpunkt noch 109 °C, alle Materie lag somit als Plasma vor. Durch die Ausdehnung der Raumzeit kühlte das Weltall ab und etwa 380 000 Jahre nach dem Urknall bildeten sich neutrale Atome, wodurch das Weltall lichtdurchlässig wurde Damit begann das sogenannte «dunkle Zeitalter»; dunkel, weil es noch keine Sterne als selbst leuchtende Himmelskörper gab.

Abb. 2-1 | Graphische Darstellung der Entwicklung des Kosmos seit dem Urknall in Abhängigkeit von Zeit, Raum, Temperatur und Energie (NASA).

2.2 | Die Entwicklung der Galaxien und der Sterne

Bereits 200–400 Mio. Jahre nach dem Urknall entstanden die ersten Sterne und bald darauf auch die ersten Galaxien und Galaxienhaufen (→ Abb. 2-1). Die Zusammenballung von Sternen und Galaxien wird mit kleinen Inhomogenitäten beim Urknall erklärt, die sich im Laufe der Zeit durch die Wirkung der Gravitation verstärkt haben Hierbei wird ein großer Einfluss der dunklen Materie vermutet. Die ersten Galaxien (sogenannte «Protogalaxien») waren vermutlich noch recht massearm, wuchsen aber durch Kollisionen mit anderen Protogalaxien ständig an, bis sie zu großen Galaxien, wie unsere Milchstraße eine ist, wurden, die aus 200 bis 400 Mia. Sternen besteht. Die Zahl der Galaxien im Weltall wird auf etwa 400 Mia geschätzt. Die hellste und der Erde am nächsten stehende ist die Andromedagalaxie, die im Herbst und Winter als kleiner, unscharfer Fleck mit bloßem Auge zu sehen ist. Sie ist 2.5 Mio. Lichtjahre entfernt (→ Abb. 2-2).

Abb. 2-2 | Die Andromedagalaxie (links) ist die uns nächstgelegene große Spiralgalaxie in 2.5 Mio. Lichtjahren Entfernung. Sie besteht aus etwa 300–400 Mia. Sternen und erstreckt sich am Nachthimmel als nebliger Fleck über fünf Vollmonddurchmesser. Die ganze Ausdehnung ist aber nur in großen Teleskopen erkennbar. Rechts: Zahlreiche weit entfernte Galaxien und schwach leuchtende Sterne unserer Milchstraße. Das Bild rechts zeigt eine stark vergrößerte, sehr weit entfernte Galaxiengruppe (NASA, ESA).

Sterne und Sternentwicklung

Sterne sind selbst leuchtende massereiche Gaskörper. Sie gewinnen ihre Energie durch Fusionsprozesse, die in ihrem Inneren bei hohem Druck und hoher Temperatur ablaufen. Sie werden durch die nach innen gerichtete Gravitation und den nach außen gerichteten Strahlungsdruck stabilisiert Sterne können sehr unterschiedliche Massen haben, die zwischen dem 0.08-fachen und dem 100-fachen unserer Sonne liegen. Je massereicher ein Stern ist, desto höher ist seine Leuchtkraft und desto kürzer ist seine Lebensspanne als fusionierender Stern. Die Zustandsgrößen der Sterne werden im Hertzsprung-Russel-Diagramm (HRD) dargestellt (→ Abb. 2-3). Die meisten Sterne liegen im HRD auf der Hauptreihe, die sich im Diagramm von rechts unten nach links oben erstreckt. Dort befinden sich die Sterne, die sich im Stadium des stabilen und relativ lang andauernden Wasserstoffbrennens befinden. Die Masse der Sterne nimmt von rechts unten nach links oben zu, ebenso wie die Helligkeit. Die Spektralfarbe wechselt von rot nach blau, was eine Zunahme der Oberflächentemperatur von 3000–20000 K anzeigt. Sterne, die rechts oberhalb der Hauptreihe liegen, sind in ihrer Entwicklung weit fortgeschritten. Sie haben den Bereich des Wasserstoffbrennens verlassen und befinden sich in einem Fusionsprozess höherer Stufe. Sie blähen sich zu enormer Größe auf und werden als Riesen bzw. Überriesen bezeichnet. Links unterhalb der Hauptreihe finden sich die Sterne, deren Fusionsprozesse ausgelaufen sind. Ihre Anfangsmasse war kleiner als acht Sonnenmassen. Sterne von der Masse unserer Sonne schrumpfen nach Beendigung ihrer Fusionsprozesse dabei auf 5000–10000 km Durchmesser, bei gleichzeitig großer Dichte. Sie werden als Weiße Zwerge bezeichnet und kühlen langsam aus.

Abb. 2-3 | Das Hertzsprung-Russel-Diagramm für Sterne aus unserer Galaxie. Von rechts unten nach links oben zieht sich die Hauptreihe. Oberhalb der Hauptreihe ist das Feld der alten Sterne (Riesen und Überriesen), unterhalb der Bereich der «ausgebrannten» Weißen Zwerge.

Sterne mit mehr als acht Sonnenmassen durchlaufen eine andere Entwicklung. Wegen ihrer großen Masse wirken enorme Gravitationskräfte, die nur durch eine sehr hohe Fusionsrate kompensiert werden können. Dadurch «verbrennen» diese Sterne in relativ kurzer Zeit (einige 10 Mio. Jahre). Sie enden in einer spektakulären kosmischen Katastrophe, einer Supernova(→ Abb. 2-4 und 2-5). Eine ähnliche Entwicklung können auch Doppelsternsysteme durchlaufen, wenn ein Partner eines solchen Systems an den jeweils anderen Masse abgibt, bis dieser die kritische Masse zur Supernova überschritten hat.

2.3 | Kernfusion, Supernovae und Sterne späterer Generationen

Zu Beginn gab es im Weltall nur drei Elemente: Wasserstoff, Helium und geringe Mengen von Lithium. Alle weiteren Elemente bis zum Eisen (Ordnungszahl 26) entstanden bei der Kernfusion durch die Nukleosynthese in Abhängigkeit von der Ausgangsmasse des Sterns Massearme Sterne durchlaufen nur niedrige Fusionsstufen (z. B. unsere Sonne H zu He und He zu C), massereiche Sterne hingegen höhere Fusionsstufen (z. B. C zu O, O zu Si, Si zu Fe). Während das Heliumbrennen noch viele Millionen Jahre andauert, werden die Zeitinterwalle der höheren Fusionsstufen immer kürzer; beim Sauerstoff- und Siliziumbrennen sind es nur noch einige Jahre bzw. Tage. Um die Reaktionen ablaufen zu lassen, sind im Sternkern Temperaturen von 107 bis 1010°C und eine Dichte von bis zu 1010g/cm3 notwendig. Mit der Bildung von Eisen ist die höchste Stufe der Bindungsenergie erreicht, danach stoppt die Fusionsreaktion. Der Strahlungsdruck aus dem Inneren des Sterns kommt dann zum Erliegen, und der Stern kollabiert durch die enorme Gravitation. Die Atomkerne werden dabei zerlegt, was zu einer Verschmelzung von Protonen und Elektronen zu Neutronen führt. Dabei wird eine Dichte von 1015 g/cm3 erreicht; die dichteste mögliche Packung von Materie (entartete Neutronenmaterie). Die Sternhülle stürzt dabei weiter auf den inkompressiblen Sternkern ein und wird mit extremer Wucht reflektiert. Dadurch wird die Hülle des Sterns mit hoher Geschwindigkeit weggesprengt. Die Leuchtkraft steigt in der Folge für einige Wochen bis Monate um das 1010-fache; der Stern wird zur Supernova(→ Abb. 2-5). Der Krebsnebel im Sternbild Stier ist der Rest eines solchen Sterns, der bei der Supernova-Explosion im Jahr 1054 zerrissen wurde. Der Stern η Carinae gilt als ein wahrscheinlicher Kandidat für eine baldige Supernova. Die reflektierte und vom Stern weggesprengte Hülle bildet eine Stoßwelle und verursacht Teilchenkollisionen, bei denen die seltenen schwereren Elemente (jenseits von Eisen) entstehen können. Die Stoßwelle führt weiterhin dazu, dass Gas- und Staubwolken in der Umgebung der Supernova instabil werden und kollabieren. Damit wird die Entstehung neuer Sterne und Planetensysteme späterer Generationen angelegt Diese enthalten dann einen geringen Anteil an Elementen, die schwerer als Helium sind Unser Sonnensystem hat einen Gewichtsanteil schwerer Elemente von etwa 2%, die für die Entstehung eines Planetensystems erdähnlicher Silikatplaneten mit Eisenkern und letztlich für die Entstehung des Lebens essenziell sind. In den Silikatplaneten werden die schwereren Elemente besonders angereichert.

Abb. 2-4 | Die Anfangsmasse des Sterns entscheidet über sein Ende (verändert nach Wikipedia).

Abb. 2-5 | Supernova 1987A in der Großen Magellanschen Wolke (Links und Mitte). Diese Supernova in 150 000 Lichtjahren Entfernung konnte als Stern 3. Größe von der Erde aus mit bloßem Auge beobachtet werden (Copyright Anglo-Australian Observatory. Photograph by David Malin). Rechts: Der Krebsnebel im Sternbild Stier (Entfernung 6 300 Lichtjahre). Der Nebel expandiert rasch und stellt die abgesprengte Hülle des Vorläufersterns dar, der in der Supernova von 1054 explodierte. Im Zentrum des Nebels ist der Überrest als Neutronenstern erhalten (NASA).

2.4 | Stern- und Planetenentstehung am Beispiel der Sonne

Die Bildung eines Sterns von der Größe unserer Sonne kann in einem mehrphasigen Prozess beschrieben werden:

1. Phase: Die vor dem Sonnensystem existierende dunkle Gas- und Staubwolke wird instabil und beginnt zu kollabieren (→ Abb. 2-6). Ein gängiger Auslöser dafür ist eine Druckwelle, die von einer Supernova-Explosion stammt. Der erste, etwa 100 000 Jahre dauernde Kollaps, führt zu einer dichten Wolke, die sich im Zentrum auf Temperaturen von < 2000 K aufheizt. Diese adiabatische Aufheizung stoppt die Kontraktion. Durch die Dissoziation von H2 → H + H wird der Energiestau aufgebraucht.

2. Phase: In einem sehr raschen zweiten Kollaps entsteht eine dichte protostellare Wolke von etwa 10 000 K. In dieser Wolke bildet sich in etwa 106 Jahren ein extrem dichtes, massereiches Zentrum, welches von einer Staub- und Gashülle von geringerer Dichte umgeben ist. Bei der Masseverlagerung nach innen nimmt die Rotationsgeschwindigkeit wegen der Drehimpulserhaltung enorm zu. Durch die rasche Rotation flacht die Wolke dadurch zur Akkretionsscheibe ab. Trotz eines gewissen bremsenden Effektes durch das Magnetfeld der Wolke, kann der Drehimpuls nur abgebaut werden indem sich ein Doppel- oder Mehrfachsternsystem bildet, bei dem die Rotation auf mehrere «Zentralkörper» verteilt wird, oder indem sich ein Planetensystem mit rasch rotierenden Subzentren bildet, die einen großen Teil des Drehimpulses aufnehmen. Letzteres geschah in unserem Sonnensystem. Inzwischen sind auch über 2000 Exoplaneten aus anderen Sternsystemen bekannt.

3. Phase: In der Protosternphase, die 106 bis 107 Jahre dauert, ist der Stern noch nicht «stabil». Seine Energie stammt hauptsächlich aus der Aufheizung durch den gravitativen Kollaps. Die Abstrahlung erfolgt. überwiegend senkrecht zur Scheibe als Jets und erleuchtet die dort wesentlich dünnere Wolke. In der äquatorialen Ebene ist die umgebende Staub- und Gaswolke zu dicht und lichtundurchlässig (→ Abb. 2-7). Sterne in dieser Phase kontrahieren nochmals unter stark unregelmäßigen Helligkeitsschwankungen (T-Tauri-Phase). Die Leuchtkraft kann kurzfristig stark ansteigen, wobei der Stern seine äußere Hülle als T-Tauri-Wind abstößt. Dieser extrem starke Sternenwind (oder Sonnenwind) verbläst die Reste des Gas- und Staubnebels. Wenn im Zentrum des Sterns Dichte und Temperatur die kritischen Werte erreicht haben, beginnt die stabile Fusionsreaktion zu zünden.

Abb. 2-6 | Sternentstehungsgebiet im Adler-Nebel (Sternbild Schlange, Entfernung knapp 9000 Lichtjahre). Junge Sterne (Alter etwa 2 Mio. Jahre) regen eine Wasserstoffgaswolke zum Leuchten an. Im Vordergrund heben sich dunkle Staub- und Gasansammlungen davon ab (ESO European Southern Observatory, NASA Hubble-Teleskop).

Abb. 2-7 | Beispiele für junge Sterne in Akkretionsscheiben aus dem Orionnebel (NASA, Hubble Teleskop

4. Phase: Mit dem Einsetzen des stabilen Wasserstoffbrennens hat der Stern seine Position als Alter-Null-Hauptreihenstern im Hertzsprung-Russel-Diagramm (→ Abb. 2-8) erreicht. In dieser Phase verweilen Sterne lange und ändern ihre Helligkeit nur geringfügig. Unsere Sonne ist seit 4.5 Mia. Jahren Hauptreihenstern und wird es noch einmal so lange bleiben, bevor sie als alter Stern in das Stadium des Roten Riesen tritt

Entwicklung und Alterung der Sonne

Als relativ kleiner Hauptreihenstern hat unsere Sonne eine Lebenserwartung von etwa 10 · 109 Jahren. Knapp die Hälfte dieser Zeit ist bereits vergangen. Im Kern der Sonne wurden bereits etwa 50% des Wasserstoffvorrats zu Helium fusioniert. Dabei hat sich unsere Sonne zwar langsam, aber deutlich verändert:

die Dichte im Zentralbereich hat um etwa 75%, auf ∼ 158 g/cm3 zugenommen,

die Kerntemperatur ist um 15% auf derzeit ∼ 15.7 · 106 K angestiegen und

der Durchmesser stieg um etwa 5%, die Leuchtkraft um 30 %

Unsere Sonne wird sich auch in Zukunft verändern (→ Abb. 2-8) In den nächsten 5 · 109 Jahren läuft diese Veränderung ähnlich langsam ab wie bisher. Allerdings wird sich durch das langsame Wandern der H-Fusionszone nach außen der Durchmesser auf das 1.6-fache steigern und sich die Leuchtkraft verdoppeln. Dadurch wird unsere Erde vermutlich in bereits 500 Mio. Jahren unbewohnbar (vgl. Kap. 17, Abb. 17-5). Am Ende der H-Fusionsreaktion beginnt der Sonnenkern gravitativ zu kollabieren. Die Sonne verlässt dann die Hauptreihe im Hertzsprung-Russel-Diagramm und bläht sich langsam zum Roten Riesenstern auf mit mehr als dem 100-fachen des heutigen Durchmessers. Wenn im Kern kein Wasserstoff mehr verfügbar ist, kontrahiert der Kern, bis das Helium-Brennen plötzlich einsetzt (Helium Flash). Danach tritt die Sonne in eine etwa 107 Jahre dauernde Phase des stabilen Helium-Kernbrennens und Wasserstoff-Schalenbrennens ein, welches mit einer Helligkeit einhergeht, die 100 mal stärker ist als die heutige Leuchtkraft der Sonne. Gegen Ende des Heliumbrennens dehnt sich die Sonne nochmals extrem aus und tritt in die instabile Überriesenphase ein. In einem kurzen Zeitraum (106 Jahre) und bei großen Helligkeitsschwankungen kann nochmals eine Leuchtkraft von bis zum 10 000-fachen des heutigen Wertes erreicht werden. Danach hat die Sonne fast die Hälfte ihrer Masse verloren. Die geringe Masse erlaubt nun keine weiteren Fusionsreaktionen mehr. Sie verglüht als Weißer Zwerg, der nur noch etwa den halben Erddurchmesser aufweist.

Abb. 2-8 | Entwicklung der Sonne im Hertzsprung-Russel-Diagramm.

Planetenbildung

Die Planetenbildung ist ein häufiges Phänomen in der Galaxis und mit der Sternentstehung verbunden (siehe oben). Eine Supernova-Explosion bringt durch ihre Stoßwelle eine interstellare Dunkelwolke zum Kollaps. Der Durchmesser der Dunkelwolke betrug im Falle des Sonnensystems möglicherweise etliche Lichtjahre, ihre Temperatur lag nur wenige Grad über dem absoluten Nullpunkt (–273.15 °C). Während des Kollapses bildete sich aufgrund des Rotationsimpulses eine Akkretionsscheibe mit hohen Temperaturen von mehreren 1 000 °C im Bereich der Merkurbahn und etwa 50 K (etwa –230 °C) am Rand der Akkretionsscheibe. Die Wolke bestand aus Gas und Staubpartikeln in Mikrometergröße. In Sonnennähe bildeten sich daraus die Silikatplaneten

Abb. 2-9 | Übersicht des Sonnensystems mit den Planeten. A: Die Planeten und die Sonne im realen Größenverhältnis. Neben den Ringen bei Saturn sind inzwischen auch Ringsysteme bei Jupiter, Uranus und Neptun bekannt. Diese vier Planeten besitzen außerdem zahlreiche Monde. B: Die Planetenbahnen im realen Abstandsverhältnis. Die Oortsche Wolke, die den Rand unseres Sonnensystems bildet, käme im Maßstab der Abbildung erst in etwa hundert Metern.

Merkur, Venus, Erde und Mars (→ Abb. 2-9), und nach außen folgen die großen Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun, und schließlich die «Eis-Körper» des Kuiper-Gürtels, zu denen Pluto und sein Mond Charon, aber auch Quaoar, Varuna und Sedna gehören sowie zahlreiche Kometen mit mittleren Umlaufperioden. Sie kreisen in etwa 5–7 Mia. Kilometer Entfernung um die Sonne. Den Außenrand des Sonnensystems in etwa 1.5 Lichtjahren Entfernung (etwa 15 · 1012 km) bildet wahrscheinlich die Oortsche Wolke. Es wird angenommen, dass sie aus Milliarden von Kometen besteht, die Relikte aus der Frühphase des Sonnensystems sind.

Koagulation und Akkretion

Während der Koagulation lagern sich im protoplanetaren Nebel Gas und Staubpartikel zusammen und wachsen dadurch rasch zu größeren Partikeln an. Im planetaren Nebel bewegen sich die Teilchen auf ihren Bahnradien mit nahezu gleichen Geschwindigkeiten. Die Zusammenstöße während der Koagulation sind deshalb «weich», die Anziehung der Teilchen beruht überwiegend auf Van-der-Waals-Kräften. Ab einem Durchmesser von wenigen Metern setzen dann verstärkt gravitative Kräfte ein Durch Kollisionen beschleunigt sich das Wachstum bis zu etwa kilometergroßen Planetesimalen. Der vorhandene Staub ist damit weitgehend aufgebraucht. Je größer die Planetesimale schließlich werden, desto heftiger werden deren Zusammenstöße. Sie verlieren dabei Energie und verringern ihren Bahnradius. Da sie auf ihren neuen Bahnen wiederum mit Planetesimalen zusammenstoßen, wachsen sie während dieser sogenannten Akkretionsphase rasch zu Asteroiden- und Protoplaneten heran. In der Endphase der etwa 106 Jahre dauernden Koagulation und Akkretion werden die Zusammenstöße seltener, aber viel heftiger und führen schließlich zur Bildung der Planeten und ihrer Monde. Für die Entstehung der Erde werden mehrere solcher Kollisionen vermutet. Durch den letzten Zusammenstoß der Protoerde mit einem Körper namens Theia, der etwa die Größe des Planeten Mars aufwies (ca. 15% Erdmasse), erlangte die Erde ihre heutige Größe. Dabei entstand auch ihr im Verhältnis sehr großer Mond (→ Kap. 3).

Abb. 2-10 | Der kohlige Meteorit Allende (Durchmesser etwa 10 cm) ist aus mm-großen Silikatkügelchen (Chondren) aufgebaut (Basilico Fresco/Wikipedia).

Die ursprünglichste noch vorhandene Materie im Sonnensystem aus der Phase der Koagulation bis frühen Akkretion dürfte in Form der kohligen Chondrite, einer Gruppe der Steinmeteorite, vorliegen (→ Abb. 2-10). Sie bestehen aus millimetergroßen Silikatkügelchen (Chondren), die in eine Matrix mit bis zu 4% Kohlenstoff und vielen organischen Substanzen (darunter auch Aminosäuren) eingebettet sind. Vermutlich sind auch Kometen ähnlich zusammengesetzt. In den kohligen Chondriten gibt es Ca-Al-reiche Einschlüsse, die mit 4 566 Mio. Jahren die ältesten datierten Objekte des Sonnensystems sind.

Weiterführende Literatur

Bender, R. (2006): Vom Urknall bis zur Bildung des Planatensystems.- Nova Acta Leopoldina, NF 93 : 33–49.

Bonanno, A., Schlattl, H. & Paternò, L. (2008): The age of the Sun and the relativistic corrections in the EOS.- Astronomy & Astrophysics 390: 1115–1118.

Bounama, C., v. Bloh, W. & Franck, S. (2004): Das Ende des Raumschiffs Erde.- Spektrum der Wissenschaft 10/2004: 52–59.

Connelly, J. N., Amelin, Y., Krot, A. N. & Bizzarro, M. (2008): Chronology of the Solar System’s oldest solids.- The Astrophysical Journal 675: 121–124.

Forsbury, B. (2006): Hubble – 15 Jahre auf Entdeckungsreise, DVD, WVG Medien.

Lodders, K. (2003): Solar system abundances and the condensation temperatures of the elements.- The Astrophysical Journal 591:1220–1247.

Schneider, P. (2006): Einführung in die extragalaktische Astronomie und Kosmologie.- 1. Auflage, Springer Verlag, Berlin.

Unsöld, A. & Baschek, B. (2004): Der neue Kosmos. Einführung in die Astronomie und Astrophysik.- 7. Auflage, Springer Verlag, Berlin.

Zimmermann, H. & Weigert, A. (1999): Lexikon der Astronomie.- 8. Auflage, Springer Verlag, Berlin.

Präkambrium: 4.56 bis 0.54 Milliarden Jahre

Als «Präkambrium» bezeichnet man die Zeit vor dem Kambrium; sie umfasst die gesamte Frühzeit der Erde mit etwa 4 Mia. Jahren Dauer (ca. 85% der Erdgeschichte). Das Präkambrium wird in das Hadaikum, Archaikum und Proterozoikum unterteilt. Es ist die Zeit, in der die Erde sich zu einem Planeten mit den physikalischen und chemischen Rahmenbedingungen von heute entwickelte und in der die entscheidenden, evolutiven Schritte für eine belebte Erde stattfanden. Leider ist unser Wissen aber gerade über das frühe Präkambrium noch recht lückenhaft.

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Hadaikum: 4.56 bis 4 Milliarden Jahre

Inhalt

3.1    Die frühe Phase der Erde und die Entstehung des Mondes

3.2    Die Bildung von Kruste, Atmosphäre und Hydrosphäre

3.3    Das Klima auf der jungen Erde

3.4    Die Entstehung des Lebens

3.5    Die Entwicklung der Stoffwechselwege

Das Hadaikum ist das erste Äon der Erdgeschichte, benannt nach Hades dem griechischen Gott der Unterwelt. Im Hadaikum bildete sich unsere Erde und kollidierte bereits kurz nach ihrer Entstehung mit einem anderen Planeten namens Theia. Daraus entstand der Mond. Die zunächst glutflüssige Erde kühlte ab, sodass sich ein globaler Ozean bilden konnte. In diese Zeit fiel die Bildung der ersten kleinen Kontinente und vermutlich auch die Entstehung des Lebens. Der Begriff «Hadaikum» umfasst den auf der Erde kaum repräsentierten frühesten Abschnitt der Erdgeschichte. Informationen aus dieser Zeit stammen vorwiegend von Meteoriten, unseren benachbarten Himmelskörpern und aus theoretischen Überlegungen.

3.1 | Die frühe Phase der Erde und die Entstehung des Mondes

Kurz nach ihrer Entstehung war die Erde zunächst sehr heiß. Die Oberflächentemperaturen lagen wahrscheinlich deutlich über 1000 °C. Die hohe Temperatur resultierte aus der adiabatischen Aufheizung bei der Entstehung des Sonnensystems, aus dem Zerfall vieler kurzlebiger Radionuklide (z. B. 26Al, 60Fe) und aus einem intensiven Meteoriten- und Kometenbombardement. Etwa 30–60 Mio. Jahre nach der Entstehung fand die Differenzierung der Erde in Mantel und Kern statt. Dabei separierte sich der Eisen-Nickel-Kern (Verhältnis 10:1) mit einer Dichte von 10–13 g/cm3 vom Erdmantel (Dichte 3–5 g/cm3), der aus SiO2-armen Silikaten aufgebaut ist. Die ältesten Gesteine des Mondes werden auf etwa 4.52 Mia. Jahre datiert. Da es auf dem Mond sehr wahrscheinlich nie eine Plattentektonik gegeben hat, wird dieses Alter auch als Entstehungsalter des Mondes angenommen. Zur Entstehung des Mondes gibt es drei Hypothesen. Die Einfangtheorie postuliert eine unabhängige Entstehung des Mondes in einer anderen Region des Sonnensystems. Bei einer nahen Begegnung mit der Erde wurde er gravitativ eingefangen. Mit dieser Hypothese lässt sich der große Dichteunterschied zwischen Erde und Mond gut erklären, allerdings nicht die große chemische und isotopische Ähnlichkeit. Dies gelingt der Doppelplanet-Theorie besser, wobei die wiederum den Dichteunterschied und den viel zu kleinen Kern des Mondes nicht erklärt. Die heute favorisierte Kollisionstheorie kann beides erklären (→ Abb. 3-2). Gemäß dieser Hypothese kollidierten am Ende der Kern-Mantel-Differenzierung die Protoerde und ein marsgroßer Planet (Theia). Dieses Ereignis wird als «Giant Impact» bezeichnet. Dabei wurde die Erde bis tief in den Mantel aufgerissen und in ihrer Rotation stark beschleunigt. Ein Teil des durchmischten Mantelmaterials von Protoerde und Theia wurde in die erdnahe Umgebung geschleudert. Daraus bildete sich der chemisch und isotopisch ähnliche Mond. Das Kernmaterial von Theia vereinigte sich zum größten Teil mit dem der Protoerde, weshalb der Mond einen für seine Größe viel zu kleinen Kern und eine zu geringe Dichte hat. Diese Hypothese setzt voraus, dass die Kernbildung auf der Erde zum Zeitpunkt des Giant Impact bereits weit fortgeschritten oder schon abgeschlossen war.

Abb. 3-1 | Wesentliche Entwicklungen im Archaikum.

Abb. 3-2 | Die Erde und ihr Mond entstanden durch eine Kollision (Giant Impact) gegen Ende der Kern-Mantel-Differenzierung zwischen der Protoerde und einem Planeten von Marsgröße (Theia). Die Phasen 1–6 zeigen die streifende Kollision, bei der die Erde bis tief in den Mantel aufgerissen wurde. Aus den Auswurfmassen bildete sich der Mond. Das Bild rechts zeigt eine animierte Darstellung der Kollision (verändert nach GEOkompakt Nr. 1 2004).

Die Existenz eines großen Mondes als Begleiter der Erde hat mehrere Konsequenzen: Mond und Erde sind gravitativ aneinander gebunden. Am Anfang war der Mond vermutlich nur etwa 80 000 km entfernt, während er heute 384 000 km weit entfernt ist. Bedingt durch die Nähe, wirkten zu Beginn enorme Gezeitenkräfte, die möglicherweise 100 mal stärker waren als heute. Dadurch wurde dem Erdmantel viel Energie zugeführt und verhinderte dessen rasche Auskühlung. Die Gezeitenreibung wirkte aber auch auf den Mond, wodurch er seine Eigenrotation verlor und sich langsam entfernte. Auch auf der Erde verlangsamte sich die Rotation, und der Erdtag verlängerte sich von etwa 8 Stunden auf heute 24. Der Gezeitenreibung verdanken wir das starke Erdmagnetfeld sowie Ebbe und Flut in den Ozeanen. Durch die Existenz eines kurzfristig trockenfallenden und danach wieder überfluteten Küstenstreifens wurde vermutlich die Evolution in Richtung Festlandsbesiedlung stimuliert.

3.2 | Die Bildung von Kruste, Atmosphäre und Hydrosphäre

Dem Giant Impact kommt für die Entwicklung der frühen Erde eine entscheidende Bedeutung zu. Die Erschütterung dieses Einschlags zerrüttete die Erde bis tief in den Erdmantel und heizte sie gleichzeitig extrem auf. Es bildete sich ein glutflüssiger Magmaozean mit Oberflächentemperaturen von über 2000 °C und intensiver Konvektion. Die starke Gezeitenreibung des jungen Systems Erde-Mond heizte die Erde zusätzlich auf. Dadurch entgaste sie einen großen Teil ihres Wasser- und Kohlendioxids aus dem Mantel in eine sehr dichte Protoatmosphäre (→ Abb. 3-3). In der Zeit unmittelbar nach der Kollision enthielt die Atmosphäre vermutlich auch gasförmige Silikate und Metalle.

In den nächsten etwa 30–60 Mio. Jahren kühlte die Oberfläche dann langsam auf etwa 1000 °C ab. Es bildete sich auf der Erdoberfläche eine erste peridotitische bis basische Kruste, die allerdings wegen ihrer hohen Dichte nicht stabil war. Wasserdampf und CO2 bildeten weiterhin eine extrem dichte Atmosphäre. Der Wasserdampf-Partialdruck wird auf > 200 Bar, der auf 50–200 Bar geschätzt. Damit hatte die frühe Atmosphäre den 250–500-fachen Druck der heutigen Erdatmosphäre.

Abb. 3-3 | Entwicklung der Erde im Hadaikum in neun Schritten. Der Giant Impact vor etwa 4.52 Mia. Jahren prägte die weitere Entwicklung der Erde entscheidend. Dadurch wurde die Erde zu einem Planeten mit Ozean, Plattentektonik und Kohlenstoffkreislauf; allesamt Faktoren, die entscheidend für die Entstehung eines belebten Planeten sind (modifiziert nach Martin et al. 2006).

Im Zeitraum von 100–400 Mio. Jahren nach dem Giant Impact kühlte die Erdoberfläche auf eine Temperatur von unter 200 °C ab. Aufgrund des hohen Drucks der Atmosphäre begann nun Wasserdampf zu kondensieren und ein vermutlich Jahrtausende anhaltender Dauerregen setzte ein; er bildete den Protoozean. Bei der Ozeanbildung wurden wasserlösliche, flüchtige Bestandteile der Atmosphäre ausgewaschen und lösliche Niederschläge auf der Erdoberfläche gelöst. Sie reicherten sich als Salze (z. B. NaCl) im Ozean an. Da der Wasserdampf nun überwiegend im Ozean gebunden war, ging der Druck in der Atmosphäre zurück. Der lag aber wahrscheinlich noch immer bei 50–200 Bar. Der Ozean bedeckte vermutlich den größten Teil der Erdoberfläche, lediglich kleine, inselförmige Festlandareale ragten heraus. Durch die Verdunstung des Ozeanwassers und dessen erneuten Niederschlag begann der Wasserkreislauf. Verwitterung und Sedimentbildung setzten langsam ein. Wasser, das in Risse und Spalten der basischen bis peridotitischen Kruste eindringen konnte, hydratisierte Minerale wie Olivin und Pyroxen zu wasserhaltigem Serpentin und Chlorit mit geringerer Dichte. Dadurch wurde die Kruste leichter und konnte länger an der Oberfläche verbleiben als die kurzlebige Peridotitkruste Diese längerfristige Kruste verhinderte auch ein rasches Auskühlen des Erdmantels. Reste dieser hydratisierten Kruste sind möglicherweise in Form der Grünsteingürtel (Greenstone Belts, → Kap. 4, Archaikum) erhalten. Der Nuvvuagittuq-Grünsteingürtel aus Québec und Ontario (Kanada), mit einem Alter von 4.3–4.4 Mia. Jahren, ist der bislang älteste (allerdings nicht allgemein anerkannte) Beleg für diese Krustengesteine. In die Grünsteingürtel sind auch bereits metamorphe vulkanische Tuffe und Glimmerschiefer eingelagert. Noch älter sind die Jack Hills Zirkone aus dem Narryer Gneis in Westaustralien. Sie sind auf 4.4 Mia. Jahre datiert, und belegen ebenfalls eine sehr frühe, möglicherweise kontinentale Krustenbildung.