Evolution - Kritik unerwünscht! - Matti Leisola - E-Book

Evolution - Kritik unerwünscht! E-Book

Matti Leisola

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Beschreibung

Wissenschaft ist kein neutrales Spielfeld. Das wird besonders beim Thema Evolution deutlich: Darwins Hypothesen werden längst als Fakten vorausgesetzt. Wer Gegenbeweise erforscht, muss mit Zensurversuchen rechnen. Das weiß der finnische Professor für Bioprozesstechnik Matti Leisola aus eigener Erfahrung. Seit 40 Jahren arbeitet der Christ in der Forschung. Er liefert einen Blick hinter die Kulissen des Wissenschaftsbetriebs: persönlich, mit Durchblick und überzeugt vom Schöpfergott.

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Der SCM Verlag ist eine Gesellschaft der Stiftung Christliche Medien, einer gemeinnützigen Stiftung, die sich für die Förderung und Verbreitung christlicher Bücher, Zeitschriften, Filme und Musik einsetzt.

ISBN 978-3-7751-7376-6 (E-Book)

ISBN 978-3-7751-5818-3 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book:CPI books, Leck

© der deutschen Ausgabe 2017

SCM-Verlag GmbH & Co. KG · 71088 Holzgerlingen

Internet: www.scm-verlag.de · E-Mail: [email protected]

Titel der finischen Originalausgabe: Evoluutiouskon ihmemaassa,

Verlag: Bookwell Oy, Porvoo

© der Originalausgabe 2013 Datakirjat, Lahti

Übersetzung aus dem Finnischen: Wulf Quentin

Bildbearbeitung: Kimmo Pälikkö

Die bearbeiteten Abbildungen 5, 8, 9, 10, 38, 59 und 60 stammen von Ray Braun (Ray Braun Design, Seattle, Wa., USA).

Sie erschienen ursprünglich im Buch „Darwin‘s Doubt“ von Stephen C. Meyer.

Die Ideen für die Abbildungen 47-49 stammen von Ralph Seelke.

Herausgegeben von der Studiengemeinschaft

Wort und Wissen e.V.

www.wort-und-wissen.de

Satz: Studiengemeinschaft Wort und Wissen, Baiersbronn

Umschlaggestaltung und Grafik: Vitalli Peters, vita-grafik.de

Druck und Bindung: GEMMION Druck Medien Service, Reichelsheim

Gedruckt in Deutschland

Ich widme dieses Buch meiner lieben Ehefrau Marja,die mir stets zur Seite stand in allen Begebenheiten,über die ich in diesem Buch berichte.

Wem eine tüchtige Frau beschert ist,die ist viel edler als die köstlichsten Perlen.Ihres Mannes Herz darf sich auf sie verlassen …

Sie tut ihren Mund auf mit Weisheit,und auf ihrer Zunge ist gütige Weisung …eine Frau, die den HERRN fürchtet, soll man loben.

Aus dem Buch der Sprüche, Kapitel 31

Wissenschaftler geben sich nicht damit zufrieden,sich nur in ihrem eigenen Tätigkeitsfeld nach den Regelnder wissenschaftlichen Methode zu bewegen.Sie wollen ihre Regeln als Allgemeingut festlegen.Sie wollen, dass daraus ein Teil der gesamten Gesellschaft wird.Und sie nutzen dafür alle zur Verfügung stehenden Mittel– Argumente, Propaganda, Ausübung von Druck,Erzeugung von Angst, Lobbyismus –,um ihre Ziele zu erreichen.1

Paul Feyerabend

Inhalt

Vorwort

Vorwort zur zweiten Auflage

Empfehlung für das Lesen des Buches

Danksagungen

Erklärungen von Begriffen

1. Zweifel kommen auf

1.1 Das Rätsel der Entstehung des Lebens

2. In der Gewalt des Naturalismus

2.1 Was sagen die Fossilien?

3. Die Studenten hören interessiert zu

3.1 Die Möglichkeiten der Mutationen

4. Die Professoren zeigen sich interessiert

4.1 Von kleinsten (mikro) zu grundlegenden (makro) Veränderungen

5. Die Rektoren sind erschrocken

5.1 Die natürliche Auslese als Kraft, die Neues erschafft

6. Die Verleger zweifeln

6.1 Biologische Information

7. Der finnische Rundfunk YLE verhält sich vorsichtig und warnt

7.1 Wie entstehen die Baupläne der Tiere?

8. Die Kirche passt sich an

8.1 Expertenbegutachtung (peer review) oder Unterdrückung?

9. Die Skeptiker werden nervös

10. Die Darwinisten verbreiten Angst

10.1 Die Geschichte der „Abfall-DNA“

11. Die Kollegen diskutieren

11.1 Evolutionsversuche mit Bakterien

12. Die Mechanismen funktionieren nicht

12.1 Wie werden Proteine gebildet?

13. Die Kluft wird tiefer

13.1 Neue Evolutionshypothesen

14. Gehört „Design“ zur Wissenschaft?

14.1 Kann „Design“ Wissenschaft sein?

15. Alchemie, Astrologie und die Erde als Scheibe

Schlusswort

Quellen

Über den Autor

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

Vorwort

200320492 Mal wurde das Lied von Susan Boyle auf youtube bis zum 28. Oktober 2016 aufgerufen. Die Vorurteile des Publikums über die Sängerin auf der Bühne waren anfangs beträchtlich, verschwanden aber von einem Moment auf den anderen, als sie zu singen begann. Die wundervolle Stimme hatte alle total überrascht und sie hatte auch die Sängerin charmant verwandelt. Bedauerlicherweise ändern sich die Vorurteile im eigenen Denken meist sehr viel langsamer – wenn überhaupt. Sie sind in unserem Inneren so tief verwurzelt, dass wir uns oft selbst nicht dessen bewusst sind, geschweige denn, dass wir sie begründen könnten.

Wir halten uns für frei in unseren Glaubensüberzeugungen. Tatsächlich aber ist der größte Teil unseres Denkens von Gedanken anderer Menschen beeinflusst. Da niemand von uns aus eigener Erfahrung besonders viel weiß, sind wir auf Aussagen von Fachleuten angewiesen. Aber woher wissen wir, bei welchen Aussagen die Weltanschauung und die Interessen dieser Spezialisten bzw. ihrer Vorgesetzten zum Tragen kommen? Wagen wir es, uns kritisch zur modernen Wissenschaftsphilosophie und ihren führenden Autoritäten zu äußern? Ist beispielsweise Prof. Kari Salminen im Recht, wenn er den Fettanteil in der Milch für gesund hält, oder doch eher der frühere Direktor der Organisation der Gesundheitsämter Pekka Puska, der genau das für schädlich erachtet? Dieser Streit zeigt beispielhaft, dass Fachspezialisten selbst in den experimentellen Naturwissenschaften eine persönliche Meinung vertreten können. Angesichts unserer eigenen Unwissenheit neigen wir dazu, demjenigen zu glauben, der seine Ansichten am überzeugendsten vertritt oder dessen Erscheinung einschließlich seiner Ansichten wir als angenehm empfinden, obwohl wir seine Behauptungen nicht beurteilen können.

Wir empfinden Ungewissheit als unangenehm und wir versuchen deshalb, Situationen, Themen und Personen zu meiden, die unsere Ansichten über unsere Welt anzweifeln. Der erste Schritt in die richtige Richtung ist daher, die eigenen Grundüberzeugungen zu erkennen und sie danach in offenen Diskussionen mit Andersdenkenden zu testen. Ich selbst bin ein christlicher Theist und glaube, dass meine Weltanschauung mir die Voraussetzung mitgibt, die Tatsachen objektiver und freier zu beurteilen, als es bei Ansichten der Fall ist, bei denen der Einfluss des schöpferischen Gottes mit allen Mitteln bekämpft werden soll. Ich hatte viele Gelegenheiten, meine Gedanken über einen Zeitraum von über 40 Jahren mit vielen andersdenkenden Menschen zu testen. Ich bin den Personen dankbar, die meine Meinung nicht teilten und mich herausforderten, diese erneut zu überdenken und meine Argumente zu präzisieren.

Ich glaube nicht, dass die Evolutionstheorie die richtigen „Bilder“ von der Naturgeschichte liefert. Ich habe die Fachliteratur einiger dafür relevanter Disziplinen seit dem Jahr 1970 verfolgt. Vor der Teilnahme an einer Konferenz in Savonlinna (Finnland) im Jahr 2009 – darüber berichte ich später in Kapitel 9 – las ich das Buch von Jerry Coyne Warum die Evolution wahr ist1, außerdem das von Professor Petter Portin und Timo Vuorisalo verfasste Werk Evolution heute2 und das Buch der Professoren Ilkka Hanski, Ilkka Niinilouto und Ilari Hetemäki mit dem Titel Alles über Evolution3. Keines dieser drei Bücher hat eine Antwort gegeben auf die entscheidende Frage: Wie entsteht neue Information, die Voraussetzung ist für das Auftreten neuer Baupläne in der Evolution?

Als Naturwissenschaftler interessiert mich besonders die Welt der Biologie, der Ursprung der Lebewesen und die dazu vorliegenden naturalistischen Erklärungsversuche. Wie Voltaire denke ich, dass die ganze Natur immerzu schreit, dass Er (Gott) existiert, dass es eine überlegene Intelligenz, eine enorme Kraft und eine bewundernswerte Ordnung gibt. Das alles lehrt uns, dass wir von diesem Gott abhängig sind. Allerdings habe ich nicht immer so gedacht. Als junger Student lachte ich über die Christen und über ihre Versuche, Gott in eine Lücke der Wissenschaft zu stecken. Ich weigerte mich, ihre Begründungen anzuhören. Aber in Wirklichkeit hatte ich selbst rein hypothetische materialistische Erklärungen in diese Lücken gestopft. Normalerweise werden diese sogenannten „Gott als Lückenbüßer“-Argumente gegen die Theisten verwendet. Solche Argumente werden aber gerade von den Naturalisten eingesetzt, da unser Wissen unzureichend ist. Es geht gar nicht um „Lückenbüßer“, sondern um eine Bewertung der vorliegenden Argumente: Welche Sicht stützen sie am besten? Spricht das Belegmaterial eher für die naturalistische bzw. materialistische Sicht oder für die theistische? Meine eigene Abkehr vom naturalistischen Evolutionsglauben war ein schwieriger und langer Weg.

In diesem Buch beschreibe ich die Entwicklung meiner Gedanken über einen Zeitraum von etwa 45 Jahren. Ich spreche dabei auch Abwehrmechanismen, Hass, Vorurteile, Herabwürdigungen, Ängste, Gewalt und Verfolgung an. Jeder kann solche Erfahrungen machen, der sich öffentlich gegen das vorherrschende Evolutionsparadigma und das im Hintergrund stehende naturalistische Weltbild äußert. Ich bin mehrfach auf Fanatiker gestoßen, die vermeintlich an nichts glauben. Solche Menschen sind nicht bereit, die eigene Überzeugung aufzugeben, auch wenn das Beweismaterial dies offensichtlich erforderlich macht. In der Sache selbst interessieren sie sich weder für das Beweismaterial noch für ehrliche Diskussionen darüber.

Ich habe einen erstaunlichen Zusammenhang festgestellt: Zur selben Zeit, in der kritische Forscher die Leistungsfähigkeit der Evolutionsmechanismen bezweifeln und deren Grenzen ansprechen, verstecken sich die fanatischen Anhänger der Evolution hinter den immer noch unbewiesenen Hypothesen, äußern sich aber arrogant und verunglimpfend über Andersdenkende und fordern sogar Zensur. Ein Ziel meines Buches ist es zu zeigen, wie stark das naturalistische Evolutionsparadigma sowohl die Deutung der biologischen Befunde als auch das Verständnis von der Geschichte der Erde beeinflusst. Letztlich tobt ein Kampf um Weltbilder, nicht in erster Linie eine Kontroverse im Rahmen wissenschaftlicher Diskussionen. Um die Neugier zu wecken, möchte ich gleich zu Beginn anhand eines Beispiels aus jüngerer Zeit zeigen, wie die Vorurteile über die evolutionäre Geschichte des Lebens die Deutung der wissenschaftlichen Befunde beeinflussen.

Im Jahr 2012 wurden die Ergebnisse des sogenannten ENCODE-Projekts in der Wissenschaftszeitschrift Nature veröffentlicht.4 Der Name des Projekts kommt aus dem Englischen und bedeutet The Encyclopedia of DNA Elements. Bei dieser Forschung geht es um die Information des menschlichen Erbguts. Führende Evolutionstheoretiker behaupteten seit den 1970er-Jahren, dass der größte Teil des menschlichen Erbguts unnützer Ballast eines langen Evolutionsprozesses sei (Näheres dazu im Kapitel 10.1). Das ENCODE-Projekt zeigte jedoch, dass der größte Teil unseres Erbguts tatsächlich funktionale genetische Information beinhaltet, wie ich seit den 1980er-Jahren vermutet habe.

Die Schlussfolgerungen waren für einige Neodarwinisten derart unerfreulich, dass sie nach der Veröffentlichung dieser neuen Befunde Artikel veröffentlichten, die darauf abzielten, die Ergebnisse des Projekts in Frage zu stellen. Abweichend von üblichen wissenschaftlichen Ausdrucksweisen kommentierten einige Forscher die Ergebnisse von ENCODE sogar mit sarkastischen Formulierungen.5 Australische Forscher zeigten in einer Veröffentlichung aus dem Jahr 2013, dass erstens solche Formulierungen völlig unangebracht sind, und zweitens, dass ihre tatsächlichen Motive waren, gegen die Anhänger von Intelligent Design vorzugehen,6 die davon ausgehen, dass die Lebewesen geschaffen sind. Die Forscher räumen ein, dass die Ergebnisse des ENCODE-Projekts „nur schwer vereinbar sind mit den Theorien der Populationsgenetik und der Neutralitätstheorie der Evolution“. Als Naturalisten glauben sie trotzdem, dass die Situation „in völliger Übereinstimmung mit den Lehrsätzen der Evolution durch natürliche Auslese ist.“

Das Herumhacken auf den klaren Ergebnisse des ENCODE-Projekts zeigt, dass die Anhänger Darwins bereit sind, Fakten kleinzureden oder gar zu verwerfen, wenn sie nicht in ihre eigene Theorie passen. In der Wissenschaft sollte man Theorien verteidigen, die zu den Befunden passen, aber nicht Theorien, die man unter allen Umständen beibehalten will.

Ich habe dieses Buch hauptsächlich geschrieben, um darzulegen, wie sich meine eigene Denkweise über die Natur geändert hat. Es geht mir nicht in erster Linie darum, meinen Lesern zu versichern, dass die Evolution nur eine Hypothese ist, die mit vielen grundsätzlichen Problemen zu kämpfen hat. Über dieses Thema sind viele hervorragende Bücher geschrieben worden. Ich empfehle besonders das Buch Evolution – ein kritisches Lehrbuch7, wenn Sie an tiefergehenden Informationen über die zentralen Probleme der Evolution interessiert sind.

Wir haben alle eine Weltanschauung, die wie eine Brille wirkt. Normalerweise merken wir das nicht direkt, aber doch sehen wir alles, was wir betrachten, durch diese Brille. Auf der Grundlage unserer Weltanschauung entscheiden wir, was real und wichtig ist, was unwahrscheinlich und weniger wichtig ist. Unsere Weltanschauung steuert unser Denken. Widersprechende Belege verändern meistens unsere grundlegenden Ansichten nicht. Ich hoffe, dass mein Buch den Leser trotzdem veranlasst, die eigenen Grundansichten zu überdenken und die Welt bzw. Natur mit anderen Augen zu sehen.

Vorwort zur zweiten Auflage

Einige Journalisten haben mir berichtet, dass sie sich für ihre Zunft schämen, nachdem sie mein Buch gelesen haben:

Als Journalist hat mich die Art und Weise schockiert, wie man mit der von Ihnen vertretenen Weltanschauung und den Diskussionen darüber umgeht. Da kommt mir Nordkorea und die Sowjetunion in den Sinn.

Ein anderer Journalist vertrat die Meinung, dass man

… die Kritik und die Diskussionen als natürlichen Teil bei allen Forschungen verstehen sollte. Was veranlasst aber manche dazu, Themen, die sachlich vorgetragen werden, und begründete Kritik derart wütend zu zerreißen? Warum ist die Reaktion in den Wissenschaftskreisen und in den Medien gleich? Die freie Meinungsäußerung ist doch auch sonst das Flaggschiff der Presse. Ich schämte mich für die Journalisten, als ich einen derartigen Artikel in der überregionalen Zeitung Helsingin Sanomat las.

Mein Buch wurde in der Zeitung Kemi-Kemi, in der südfinnischen Zeitung Etelä-Suomen Sanomat und in der Zeitung Ristin Voitto (Sieg des Kreuzes, Veröffentlichung der Pfingstgemeinde in Finnland) besprochen. Die Studentenzeitung der Aalto-Universität in Helsinki Aino verwies auf mein Buch in ihrer ersten Ausgabe des Jahre 2014. Der Journalistenrat der Zeitung Natura (Veröffentlichung von Bund der Biologie- und Geographielehrer) verhinderte, dass eine vom Chefredakteur gut geheißene Buchkritik veröffentlich wurde.

Empfehlung für das Lesen des Buches

In diesem Buch gibt es 15 Kapitel, die sich mit meiner 45-jährigen Erfahrung als Kritiker der Evolutionstheorie befassen. Die jeweiligen ersten Teile sind für diejenigen gedacht, die sich vor allem für die Begebenheiten interessieren, die ich erlebt habe, sich jedoch weniger mit den wissenschaftlichen Einzelheiten zur Evolutionstheorie befassen wollen. Letzteres ist das Thema der zweiten Teile der meisten Kapitel.

Danksagungen

Ich möchte besonders meinen Freunden Roland Tolksdorf, Marjan Slurink, Pekka Reinikainen, Tapio Puolimatka, Reino Kalmari, Petteri Välimäki sowie Anna-Stina und Seppo Jääskeläinen für ihre Kommentare danken, die mir geholfen haben, die Texte zu verfassen. Lennart Saari ergänzte einige Schilderungen. Dem Künstler Kimmo Pälikkö danke ich für seine kunstvoll gestalteten Zeichnungen und seine Kommentare. Reinhard Junker danke ich für die sorgfältigen Überarbeitungen der Texte. Marlies Hanna und Elisabeth Binder danke ich für ihre Korrekturarbeiten.

Stephen C. Meyer erlaubte mir freundlicherweise, die Bildideen seines Buches Darwin's Doubt zu nutzen. Ich habe einige Gedanken aus seinem Buch zitiert, und zwar in den Kapiteln 2.1, 6.1, 7.1, 13.1 und 14.1, ohne sie näher zu kennzeichnen. Darüber hinaus bin ich vielen Kollegen für zahlreiche über die Jahre hinweg geführte interessante, konstruktive und manchmal auch heftige Diskussionen dankbar. Besonders erwähnen möchte ich von meinen Forscherkollegen den vielseitigen Chemiker Ossi Pastinen und den Proteinchemiker Ossi Turunen sowie den verstorbenen Biochemiker Duane Gish, dessen Brief mich Anfang der 1970er-Jahre in dem Moment ermunterte, als ich glaubte, mit meinen Gedanken ganz allein zu sein.

Erklärungen von Begriffen

Folgende Begriffe sind für das Verständnis der Ausführungen des Buches wichtig:

Algorithmus

Eine Abfolge genauer Anweisungen, um eine Aufgabe durchzuführen bzw. ein Problem zu lösen.

Naturalismus

Der Naturalismus ist die Lehre, dass die Welt und ihre Entstehung als rein naturhaftes Geschehen zu begreifen ist. Alles, was vorhanden ist – auch der Mensch – besteht ausschließlich aus rein natürlichen (physischen) Elementen und ist wissenschaftlich vollständig untersuchbar. Es gibt nichts Übernatürliches. Alles, was passiert, ist naturwissenschaftlich erklärbar und gründet ausschließlich auf rein natürlichen Abläufen. Die Naturalisten halten normalerweise die naturwissenschaftliche Erkenntnismethode für die einzige Methode, der man vertrauen kann und durch die man zuverlässige Information über alles Existierende gewinnen kann.

Paradigma

Ein Paradigma ist eine grundsätzliche Denkweise. In Forscherkreisen meint man damit festgelegte Prinzipien, Glaubensvorstellungen und wissenschaftliche Normen, die den Forschungsarbeiten zugrunde liegen und diese steuern.

Skeptische Einstellung

Die Sichtweise, wonach es den Menschen nicht möglich ist, sichere Informationen zu erhalten.

Theismus

Der Theismus vertritt die Ansicht, dass ein persönlicher Gott existiert und der Welt gegenübersteht, also nicht Teil der Welt ist. Gott lebt und wirkt fortwährend bis in die Ewigkeit.

Teleologie

Mit diesem Begriff soll zum Ausdruck gebracht werden, dass Verhaltensweisen des Menschen und die Strukturen der Natur letztlich durch Zweckmäßigkeit und Zielsetzung zu verstehen sind.

Papier und Druckerschwärze schreiben kein Buch

[ Zum Inhaltsverzeichnis ]

1Zweifel kommen auf

Eine gewaltige Explosion war zu hören. Die Versuchsfabrik von Fermion Oy in Espoo (Südfinnland) füllte sich mit Dampf. Die Reinigungskräfte in meiner Nähe waren geschockt. Ich war mir sicher, dass es meinen Studienkameraden Matti Vaheri schlimm getroffen hatte. Wir hatten gerade den 2000 Liter fassenden Reaktor, der für das Wachstum von Milchsäurebakterien gedacht war, auf 1 Bar Überdruck gebracht. Vaheri war auf dem Weg zum Reaktordeckel, um die metallischen Verschlusspfropfen auf Dichtheit zu prüfen. Es stellte sich heraus, dass ein Pfropfen schief saß. Als Vaheri ihn berührte, flog der Pfopfen gegen die Decke. Der unter Überdruck stehende Dampf entwich mit hoher Geschwindigkeit aus dem Reaktor. Zum ersten Mal verstand ich, warum man die Druckbehälter sorgfältig prüfen muss und warum man mit Überdruck nicht spaßen sollte, vor allem, wenn es sich um ein großes Volumen handelt. Glücklicherweise überstanden wir diese Situation mit dem bloßen Schrecken.

Wir arbeiteten Anfang der 1970er-Jahre in Laboratorien, die direkt nebeneinander lagen, um die Forschungen bzw. Untersuchungen zur technischen Fachprüfung durchzuführen. Einmal kam Vaheri in mein Labor mit einem Lehrbuch für Biochemie und sagte, dass „man hier wohl von denselben Sachen redet, die du auch häufig erwähnst“. Es handelte sich um das Buch Enzymes, das man mit guten Gründen auch als ein theoretisches Grundlagenwerk über Enzymologie bezeichnen kann. Das letzte Kapitel dieses Buches behandelt den Ursprung der Enzyme. Die Autoren gestehen, dass dieses Thema extrem schwierig sei und dass alle Versuche, den Ursprung zu klären, erfolglos gewesen seien:

Die Schwierigkeiten wurden gewaltig unterschätzt … Statt weniger zu werden, wurden es immer mehr. Leider zeichnet sich keine Tendenz ab, dass Licht in die Sache gebracht werden könnte. Tatsächlich scheint es so, dass wir von einer Lösung dieses Problems heute genauso weit entfernt sind wie früher. Wir sind in einem unlösbaren Dilemma. Dieses Thema ist voll von Problemen.1

Kurz zuvor hatte ich das zum Fortgeschrittenenstudium gehörende Buch von Albert Lehninger, Biochemistry,2 studiert. Wahrscheinlich haben viele Biologie- und Medizinstudenten Anfang der 1970er-Jahre dieses Buch gelesen. Das letzte Kapitel behandelte die Entstehung des Lebens. Verschiedene hypothetische Modelle zum Ursprung der Proteine, Nukleinsäuren und Membranen (Zellhüllen) wurden darin diskutiert. Entstanden zuerst enzymartige katalytische Moleküle (die Stoffwechsel ermöglichen) oder „nackte“ Gene? Oft kamen in diesem Kapitel Formulierungen vor wie „könnte sein“ und „vielleicht“.

Auch die von Sidney Fox durchgeführten Versuche wurden als ein Schritt zur Entstehung des Lebens bewertet. Fox setzte reine Aminosäuren ein und erhitzte diese in einem Gemisch ohne Wasser. Auf diese Weise stellte er proteinartige Stoffe her, die Molekülen in Lebewesen ähnelten. Sie lösten sich jedoch nicht in Wasser auf, sondern wurden zu kugelförmigen Gebilden, die als Vorstufen von Zellen interpretiert wurden.

Dieses Kapitel des Buches machte mich nachdenklich. Ich kannte niemanden, der sich zu dieser Sache kritisch geäußert hätte. Im Gegenteil, selbst in den Lehrbüchern wurde die Versuchsanordnung von Stanley Miller beschrieben. Seine Versuche wurden darin in einer Weise dargestellt, als ob die rein natürliche Entstehung des Lebens fast bewiesen wäre. So schrieb ein berühmter Paläontologe im Jahr 1960:

Es ist Allgemeingut, dass das Leben auf natürliche Weise aus nicht lebender Materie entstanden ist. Die ersten lebenden Organismen wurden nicht geschaffen. In der Tat ist diese Schlussfolgerung unvermeidlich, denn die ersten Schritte in diesem Prozess wurden in mehreren Laboratorien wiederholt.3

Abb. 1: Ich begann mein Studium im Jahre 1966 an der Technischen Hochschule Otaniemi im Fachbereich Chemie und beendete meine berufliche Laufbahn 46 Jahre später an derselben Stelle. Zwischendurch war ich 7 Jahre lang an der ETH Zürich und 9 Jahre lang in der Firma Cultor Oyj tätig. (Foto: Ossi Turunen)

Für das Examen bereitete ich für das betreffende Thema eine Antwort vor, die sehr zurückhaltend bezüglich der Begründungen des letzten Kapitels des Buches ausfiel. Ich konnte überhaupt nicht verstehen, wie die Entstehung einiger Aminosäuren (die zusammen mit vielen anderen Verbindungen gebildet werden) aus einem Gasgemisch überhaupt etwas aussagen sollte über die Entstehung von Proteinen oder gar des Lebens. Das von Miller zusammengebraute Gemisch war hauptsächlich schwarzer Teer, und es enthielt viele Moleküle, die für Lebewesen giftig sind. Und die von Fox hergestellten Eiweißverbindungen hatten nur dem äußeren Anschein nach Ähnlichkeit mit wirklichen Proteinen, sonst aber keinerlei Gemeinsamkeit. Sie waren zufällige Produkte und enthielten Verkettungen, die für Proteine untypisch und kontraproduktiv sind. Die Tatsache, dass sie im Wasser kugelförmige Strukturen bildeten, sagt genau so viel aus wie die Entstehung von Seifenblasen.

Was mir letztlich die Augen geöffnet hat, war das Buch „Man's Origin, Man's Destiny“4 von Professor Arthur E. Wilder-Smith, das mir ein Studienkollege gegeben hatte. Das Buch erschien 1968. Es analysierte die Möglichkeiten, aus bloßem Zufall Information zu gewinnen. Das Buch nahm Bezug auf ein Treffen von Mathematikern und Biologen im Wistar-Institut im Jahr 1966.5 Die Mathematiker waren sehr kritisch gegenüber der Theorie der Neo-Darwinisten und sie stellten den Einfluss des Zufalls in der Evolution in Frage. Am bekanntesten unter ihnen war der Professor für Elektrotechnik, Murray Eden, von der Technischen Hochschule in Massachusetts (MIT).

Auch ein Professor der Universität Paris, Marcel Schützenberger, der an dem Treffen teilnahm und später zum Mitglied der Wissenschaftlichen Akademie Frankreichs gewählt wurde, war bis zu seinem Lebensende äußerst kritisch gegenüber der Evolutionslehre. Das hat er in einem Interview kurz vor seinem Tod zum Ausdruck gebracht.6 Als Schützenberger Simulationen von Evolutionsvorgängen mit seinem Computerprogramm präsentierte, rief ihm der damalige Vorsitzende, der Entwicklungsbiologe Professor C. H. Waddington, zu: „Uns interessiert Ihr Computer überhaupt nicht!“ – „Aber mich“, antwortete Schützenberger. Der berühmte Mathematiker Gregory Chaitin wundert sich auch, warum man immer noch nicht mit Hilfe der Mathematik in der Lage ist, das Funktionieren der Evolution zu beweisen:

Seit vielen Jahren komme ich zu dem Schluss, dass es ein mathematischer Skandal ist, dass wir immer noch keinen Beweis dafür haben, dass die Evolutionstheorie von Darwin stimmt.7

Wilder-Smith hat verstanden, wie solche mathematischen Evolutions-Simulationen und statistisch-mathematischen Grundlagen das Fundament der neodarwinistischen Evolution zerstören. Er hat begriffen, dass die Hauptaufgabe der DNA darin besteht, als Informationsträgerin zu fungieren – und dass sie nicht nur eine komplizierte chemische Verbindung ist. Gerade diese Eigenschaft der DNA öffnete die Türen für die heutige Genetik. Die Forscher sind in der Lage, den Code der funktionellen Daten in der DNA zu lesen und zu verstehen.

Wilder-Smith nutzte einfache, klare Beispiele, um die Sache zu verdeutlichen: Papier und Druckerschwärze schreiben kein Buch. Als ein anderes Beispiel verwendete er eine Sardinenbüchse, um das Problem der Entstehung von Leben zu veranschaulichen. In der Büchse sind alle erforderlichen Bausteine vorhanden und sogar Polymere als Informationsträger. Ferner ist die Büchse thermodynamisch offen, es kann Energie zugeführt werden, und die Atmosphäre ist reduzierend. Trotz der günstigen Bedingungen bildet sich kein Leben, sondern es wird ein gegensätzlicher Prozess in Gang gesetzt in Richtung Energieminimierung, d. h. der Inhalt der Büchse zerfällt allmählich.

Im Zusammenhang mit dem mir verliehenen Latsis-Preis (Abb. 2) im Jahr 1987 traf ich Professor Werner Arber. Er erhielt im Jahr 1978 den Nobelpreis für Physiologie und Medizin zusammen mit zwei amerikanischen Forschern für die Entdeckung wichtiger Werkzeuge der Gentechnik. Es ging dabei um Restriktionsenzyme, mit denen die DNA an einer bestimmten Stelle geschnitten werden kann. Arber glaubte nicht, dass das Leben natürlich entstand. Er betrachtete den Schöpfer als eine zufriedenstellende Erklärung für den Ursprung des Lebens. Als Mikrobiologe versuchte er viele Jahre lang die Mechanismen der Makroevolution zu klären. Frustriert bekannte er in seinem Vortrag bei der Verleihung des Nobelpreises:

Wir haben vergeblich Zeit investiert, um solche Veränderungen zu finden, die für die Makroevolution angenommen werden müssen, seien es Mutationen oder die Folge der Rekombination zweier Bakterien derselben Familie. Die Erklärungen zur natürlichen Auslese der betreffenden Information sind trivial und umgehen die Fragen, die den Darwinismus betreffen, etwa wenn auf Reparaturprozesse verwiesen wird oder auf Kräfte, die die Evolution vorantreiben, auf Isolation von Arten oder auf genetische Stabilität, die den Austausch der Gene in Grenzen hält.8

Wilder-Smith erkannte auch, dass die biologische Zelle molekulare Maschinen enthält. Er beschrieb Chlorophyll als metabolischen Motor, der die Energie des Sonnenlichts in chemische Energie umwandelt. Ohne diesen Motor gäbe es auf der Erde kein Leben – die Sonne würde nur alles austrocknen. Wilder-Smith verwendete dabei folgendes Beispiel: Das Betanken eines Autos mit Benzin und das Zünden des Benzins bewegt das Auto nicht vorwärts. Das Benzin muss im Motor verbrennen, der die Verbrennungsenergie in Bewegungsenergie umwandelt.

Professor Michael Behe von der Lehigh University wurde durch sein im Jahr 1996 erschienenes Buch Darwin‘s Black Box bekannt9, in dem er den Charakter molekularer Maschinen der Zelle detailliert darlegte. Seine Ansicht wurde von einem führenden Zellbiologen bestätigt:

Tatsächlich kann die gesamte Zelle als Fabrik mit einem komplizierten Netzwerk ineinander greifender Fertigungsstraßen betrachtet werden, welche jeweils aus einem Satz großer Proteinmaschinen zusammengesetzt sind. Sie gleichen von Menschen gebauten Maschinen, die sehr effektiv in der makroskopischen Welt arbeiten. Diese Proteinmaschinen bestehen genauso aus zueinander passenden beweglichen Teilen.10

Während meines Studiums der Biochemie keimten in mir Zweifel über die Glaubwürdigkeit und Kompetenz der Erklärungen in den Lehrbüchern. Die Zweifel festigten sich Mitte der 1970er-Jahre: Trotz gegenteiliger Behauptungen sind die Naturwissenschaftler nicht in der Lage, belastbare Argumente für den Ursprung des Lebens und seiner Komplexität zu geben. Das in Experimenten gewonnene Beweismaterial schien eher das Gegenteil zu zeigen, nämlich dass Organismen zerfallen und dass für das Leben unvorteilhafte Verbindungen entstehen.

Abb. 2: Mit meinen beiden Töchtern bei der Verleihung des Latsis-Preises in der „Eidgenössischen Technischen Hochschule“ in Zürich im Herbst 1987.

1.1 Das Rätsel der Entstehung des Lebens

„Die Wissenschaftler sind sich ihrer Sache sicher – im Meer des Mondes Europa des Planeten Jupiter wurde Leben entdeckt.“ So betitelte die finnische Abendzeitung Iltalehti Mitte der 1990er-Jahre eine wissenschaftliche Sensation. In diesem Zeitungsartikel wurde der Forscher John Delaney von der Washington University zitiert: „Ich bin mir der Sache ganz sicher.“ Aber worauf gründete diese Sicherheit? Hatte man von der Oberfläche des Mondes Europa eine Probe genommen, in der sich lebende Zellen befinden? Natürlich nicht. Die Sicherheit bezog sich auf das Weltraumfahrzeug Galileo. Von Galileo wurden Fotos von der Oberfläche des Mondes Europa aus einer Entfernung von 586 km gemacht. Darüber wurde in einer Presskonferenz berichtet. Die Wissenschaftler sagten, dass sieglauben, John Delaney sagte, dass er glaube, und der auf die Erforschung von Planeten spezialisierte Astronom Richard Terrile seinerseits sagte, er glaube, dass es auf dem Mond Europa Leben gebe, auf der Basis einer sehr dünnen Beweislage.

Ich erzähle noch eine andere Geschichte: Zu Urzeiten gab es in den Meeren wahrscheinlich eine große Zahl verschiedener organischer Verbindungen, die auf irgendeine Weise zu Riesenmolekülen zusammengelagert wurden. Aus diesen wurde eine bestimmte Anzahl ausgewählt und zu stabilen Verbindungen zusammengefügt. Allmählich erhielten diese Moleküle durch diese neuen Stoffe neue Eigenschaften. Sie wurden immer leistungsfähiger darin, Energie aus chemischen Reaktionen für einen eigenen Aufbau zu beziehen. Andere waren in der Lage, sich zu vermehren, indem sie sich teilten und sich zu gleichartigen Gebilden vermehrten und erneuerten. So erhielten primitive Lebewesen Wesenszüge mit neuen Eigenschaften.11

Tausende Gymnasiasten in Finnland haben den obigen Text gelesen. Er stammt aus dem 1974 erschienenen Buch Biologie für Gymnasiasten (Original-Titel: Lukion biologia). Der Text ist ein Musterbeispiel für eine weltanschaulich motivierte Phantasiegeschichte, die in Wirklichkeit durch die uns bekannten Naturgesetze und Gesetzmäßigkeiten chemischer Reaktionen wissenschaftlich in keiner Weise unterstützt wird. Es dürfte schwer sein, bessere Bespiele zu dafür zu finden, wie der Einfluss einer Weltanschauung in die Irre führen und die Tatsachen verdunkeln kann. Gab es gegen das Buch Proteste? Sind die Skeptiker auf die Barrikaden gegangen? Wurde ein Preis für Pseudowissenschaft verliehen? Nichts dergleichen ist geschehen, weil die Geschichte in die naturalistische Weltanschauung passt.

Thomas Huxley begann mit dem Verfassen von „Geschichten“, die eine natürliche „Geburt“ des Lebens stützten, im Jahr 1870 durch seinen Vortrag in der Royal Geographical Society (Königliche Geographische Gesellschaft). Er erzählte, dass auf dem Meeresgrund ein Stoff gefunden wurde, der nicht gerinnt. Man gab ihm dem Namen Bathybius haeckelii.12 Man glaubte, dass sich auf dem Meeresgrund auf einem Gebiet von Tausenden Quadratmeilen eine lebende Schleimschicht ausbreiten würde. Tatsächlich handelt es sich um einen Niederschlag, der entsteht, wenn man Alkohol dem Meereswasser beimischt. Ernst Haeckel zeichnete Einzelheiten des spontan entstehenden Lebens sowie die untenstehende Phantasiezeichnung, die er Monera nannte. In ihr stellte er den Vermehrungsprozess eines einzelligen Lebewesens dar (Abb. 3).

Darwin selbst verbreitete solche Erzählungen in einem Brief an Joseph Hooker im Jahr 1871. Er nahm Bezug auf den Gedanken „einer kleinen erwärmten Pfütze, in der es alle möglichen Ammonium- und Phosphormoleküle gibt, sowie Licht, Wärme, Elektrizität. Somit könnten sich Proteinverbindungen bilden.“13

Wenn die beschriebenen Szenarien Phantasiegeschichten sind, was teilt uns dann die datenbasierte Naturwissenschaft über die Entstehung des Lebens mit? Schon in frühen historischen Dokumenten findet sich wiederholt der Gedanke, dass das Leben aus leblosem Material entstanden sei. Zu Beginn des 17. Jahrhundert hatte Jan van Helmont eine Anweisung erstellt, wie man Mäuse in einem Krug aus feuchtem Getreide und schmutzigen Lappen erzeugen kann. Um die Frage der Lebensentstehung wurden harte Diskussionen im 18. und 19. Jahrhundert geführt. Die Wissenschaftsakademie lobte einen Preis aus für den, dem es gelingen würde, mit Hilfe zuverlässiger Experimente dieses Problem zu lösen. Louis Pasteur erhielt diesen Preis für seinen genialen Nachweis, dass das Leben nicht von selbst entsteht (dabei ging es um Mikroorganismen). Dieser Sachverhalt gilt nach wie vor: Unseren Beobachtungen zufolge entsteht Leben nur aus Leben.14

Abb. 3: Zeichnung von Ernst Haeckel, die den phantasievoll entworfenen Vermehrungszyklus der Monera darstellt.

Trotzdem wurde der Gedanke der spontanen Entstehung des Lebens nicht aufgegeben. Seit dem 20. Jahrhundert hat man versucht, sich dem Thema sowohl experimentell als auch aus der Sicht der theoretischen Wissenschaften zu nähern. Ein Motiv der Weltraumflüge war, zu klären, ob es anderswo in unserem Sonnensystem möglicherweise Leben gibt. Das Ergebnis ist negativ. Die wissenschaftliche Diskussion über die Entstehung des Lebens begann eigentlich im Jahr 1924 durch eine Veröffentlichung des Russen Alexander Oparin. John Haldane stellte im Jahr 1929 eine weitere Überlegung dazu vor. Stanley Miller veröffentlichte seine ersten Simulationsversuche im Jahr 1953. Eine Abbildung seines Versuchsaufbaus und der eingesetzten Geräte ist in jedem Fachbuch zu finden, das sich mit diesem Thema beschäftigt (Abb. 4).14

Letztlich blieb beim breiten Publikum der Gedanke haften, dass dieses Problem gelöst sei. Die mutmaßliche chemische Evolution zur Entstehung des Lebens stellt sich demnach hypothetisch so dar:

Abb. 4: Schema des Versuchsaufbaus von Stanley Miller, mit dem er die Entstehung des Lebens simulieren wollte.

• In der Ursprungsatmosphäre der Erde war kein Sauerstoff vorhanden.

• Die Natur erfand eine Methode, um chemische „Buchstaben“ der Erbanlagen herzustellen (Cytosin, Adenin, Thymin und Guanin; Nukleobasen der DNA)

• Die Natur erfand eine Methode, Zucker der Erbanlage herzustellen (Ribose; Desoxyribose)

• Die Natur fand heraus, wie Zucker, Phosphat und Nukleobasen (und damit Nukleotide) zu langen Ketten zusammengefügt werden.

• Die Natur erfand sich selbst vermehrende Moleküle (DNA).

• Die Natur erfand eine Methode, passende 20 Aminosäuren herzustellen.

• Die Natur fand heraus, wie diese Aminosäuren zu Proteinen kombiniert werden.

• Während dies alles erfunden wurde, entstand ein System mit einer Code-Sprache aus sich selbst vermehrenden Molekülen.

• Schließlich fand die Natur heraus, wie die Zellmembranen gebildet werden, die alle vorher erwähnten Moleküle einschloss. Und so begann die Weiterentwicklung, die letztlich bis zum Menschen führte.

• All dies geschah gegen ein Naturgesetz, den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Demnach tendieren die Systeme dazu, zu zerfallen und im Falle von chemischen Reaktionen das Gleichgewicht herzustellen.

• Mit dem Begriff „Natur“ ist hier ein unpersönlicher Prozess gemeint. Dies ist jedoch schwer zu glauben. Im Unterbewusstsein des Betrachters erfolgt daher eine Personifizierung: Die Natur macht etwas. „Mutter Natur“ ist ein weniger gefährlicher Begriff als „Der Vater im Himmel“. In der Folge nehme ich die o. g. Vorstellungen genauer unter die Lupe.

Die Uratmosphäre

Weil in sauerstoffhaltigen Umgebungen keine Aminosäuren und keine Bausteine für die DNA aus noch einfacheren Stoffen entstehen können, hat man in Simulationsversuchen zur Entstehung des Lebens unter sauerstofffreien Umweltbedingungen gearbeitet. Für die Uratmosphäre hat man sehr viele Modelle bzw. Rahmenbedingungen entworfen, entsprechend den mehr oder weniger subjektiven Ansichten des Forschers. Als Belege für die jeweiligen Ansichten wurden astronomische oder geologische Befunde zugrunde gelegt, die man aber nicht als Beweis für die Zusammensetzung der Uratmosphäre betrachten kann.

Die Ausgangssituation für die Bildung der für die erste Zelle notwendigen Bausteine auf einer hypothetischen frühen Erde ist vollkommen offen. Neuerdings sind viele Forscher der Ansicht, dass es in der Erdatmosphäre schon immer Sauerstoff gab.

Aminosäuren und Proteine

Als Ergebnis der Simulationsversuche von Miller entstand ein teerartiger Schlamm (85 % Teer, 13 % Karbonsäuren, 2 % Aminosäuren). Es gelang den Wissenschaftlern, daraus Aminosäuren abzutrennen, die in Lebewesen vorkommen. Gleichzeitig entstand jedoch eine ganze Anzahl sonstiger Verbindungen, die für viele Organismen giftig sind. Die gleichen Versuche wurden in verschiedenen Labors durchgeführt. Überall kam man zu denselben Ergebnissen. Zusammenfassend kann festgestellt werden:

• In Lebewesen kommen 20 Aminosäuren vor; in den Miller-Versuchen viel mehr.

• In den Miller-Versuchen bilden sich keine basischen Aminosäuren der Proteine.

• Abhängig vom Versuchansatz entstehen nur wenige bis höchstens 13 in Proteinen vorkommende Aminosäuren.

• In den Miller-Versuchen weicht die Zusammensetzung der sich bildenden Verbindungen erheblich von denen der lebenden Zellen ab. Die nachteiligen monofunktionalen Verbindungen, die die Bildung von Makromolekülen wie Proteinen verhindern, sind in den Miller-Versuchen eindeutig im Übergewicht.

• Jeder, der etwas von Chemie versteht, kommt zu der Erkenntnis, dass solche zufälligen chemischen Gemische nichts mit der Entstehung des Lebens zu tun haben können. Millers Versuch ist überhaupt nichts Besonderes. Der Deutsche Walther Loeb hat einen entsprechenden Versuch bereits im Jahre 1913 durchgeführt.15 Loebs Name geriet in Vergessenheit, da sein Versuch nicht mit der Frage der Entstehung des Lebens in Verbindung gebracht wurde.

Sidney Fox untersuchte Verkettungen von reinen Aminosäuren (also keine unbestimmten Gemische wie bei den Miller-Versuchen) bei trockenen Umgebungsbedingungen und bei einer Temperatur zwischen 70 und 200 Grad Celsius. Er synthetisierte Polymere, die als Proteinoide bezeichnet werden. Diese wiederum haben aber nichts zu tun mit richtigen Proteinen, die dreidimensional sich faltende Molekülketten bilden.

Die Nukleinsäuren

Nachdem Cech und Altman (Nobelpreis 1989) Anfang der 1980er-Jahre bei RNA-Molekülen katalytische Aktivitäten nachweisen konnten, ist den Nukleinsäuren in den Forschungen über die Entstehung des Lebens große Aufmerksamkeit gewidmet worden. Ein Biologie-Lehrbuch für Gymnasien stellte beispielsweise fest: „Die Nukleinsäuren hatten schon damals eines der Kennzeichen des Lebens, nämlich die Fähigkeit sich zu vermehren durch das Kopieren ihrer selbst.“ Die Nukleinsäuren (RNA und DNA) bestehen aus drei Teilen: Ribose/Desoxyribose-Zucker, Phosphorsäure und Stickstoffbasen.

Vorläufig kennt man keinen Weg, wie Ribose in der Ursuppe entstehen könnte. Es ist ein sehr stark reagierender Zucker, der rasch zerfällt. Es gelang, Stickstoffbasen bei hohen Cyanwasserstoff- (Blausäure-) bzw. Harnstoff-Konzentrationen synthetisch entstehen zu lassen. Die Synthesen sind auch unter diesen unrealistisch günstigen Bedingungen schwierig; die Erfolge sind mager und die Stabilität der gebildeten Verbindungen ist gering.

Für die Entstehung von RNA- und DNA-Molekülen sind außerdem Nukleotide unabdingbar. Ihr Zusammenbau unter Bedingungen der „Ursuppe“ ist fehlgeschlagen. In den Versuchen, in denen die Zuverlässigkeit des Zusammenfügens (Verkettens) von Nukleotiden zu Nukleinsäuren untersucht wird, werden unter kontrollierten Laborbedingungen synthetische Bausteine verwendet, die unter den angenommenen Umweltbedingungen der frühen Erde jedoch nicht erwartet werden können. Zuverlässige Modelle für die abiogenetische Bildung von RNA- und DNA-Molekülen gibt es nicht. Wir wissen noch nicht einmal, wie die chemischen Einzelbausteine der DNA in den ungesteuerten chemischen Reaktionen entstehen konnten.

Chiralität

Einige in Lebewesen vorkommende Moleküle können in zwei energetisch gleichwertigen Formen erscheinen. Sie ähneln sich wie ein Bild seinem Spiegelbild – wie die rechte und die linke Hand. Man spricht von „Händigkeit“ oder Chiralität. In Lebewesen kommt normalerweise nur eine dieser Formen vor (z. B. D-, aber nicht L-Ribose in Nukleinsäuren oder nur L-Aminosäuren in Proteinen). Eine Grundvoraussetzung für die Funktionsfähigkeit von Proteinen und Nukleinsäuren ist deren Zusammensetzung aus Molekülen mit derselben Chiralität. In ungesteuerten chemischen Reaktionen entstehen jedoch immer gleiche Mengen beider chiralen Formen. Es gibt keine glaubwürdige Methode, durch die aus einem Gemisch nur die für das Leben passende Form ausgewählt werden kann. Wenn das Lebewesen stirbt, beginnen sich die chiralen Verbindungen aufzulösen, d. h. sie verlieren ihre Händigkeit.

Die RNA-Welt

Sogenannte Ribozyme (RNA-Moleküle mit enzymatischer Aktivität) verbinden zwei Eigenschaften in demselben Molekül: enzymatische Aktivität und Speicherung genetischer Information. Ihre Entdeckung war der Ausgangspunkt für die Bildung eines neuen Modells für die Entstehung des Lebens, die sogenannte RNA-Welt. Manche Forscher betrachten die RNA-Welt als Meilenstein auf dem Weg von den toten Stoffen zur lebenden Zelle. Doch es konnte nicht gezeigt werden, dass solche Ribozyme Ergebnisse von zufälligen chemischen Reaktionen sein können. Für die RNA-Welt gibt es daher keine empirische Begründung. Deswegen stellte Shapiro fest: „Die Beobachtungen, die uns zum jetzigen Zeitpunkt zur Verfügung stehen, stützen nicht den Gedanken, dass die RNA bzw. ein entsprechendes Replikationssystem, das RNA-Basen einsetzt, bei der Entstehung des Lebens eine besondere Rolle spielte.“16

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