Evolution: Was macht den Menschen einzigartig? (GEO eBook Single) -  - E-Book

Evolution: Was macht den Menschen einzigartig? (GEO eBook Single) E-Book

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Beschreibung

Was ist der Mensch? Auch nur ein besonders intelligentes Tier? Ein singuläres Kulturwesen? Oder beides? Die Frage, was den Mensch zum Menschen macht und woher er seine Fertigkeiten hat, beschäftigt Anthropologen noch immer. Das mag verwundern. Denn liegt nicht auf der Hand, worin unsere Einzigartigkeit besteht? Das könnte man denken. Aber so einfach ist es nicht ... Die großen Themen der Zeit sind manchmal kompliziert. Aber oft genügt schon eine ausführliche und gut recherchierte GEO-Reportage, um sich wieder auf die Höhe der Diskussion zu bringen. Für die Reihe der GEO eBook-Singles hat die Redaktion solche Einzeltexte als pure Lesestücke ausgewählt. Sie waren vormals Titelgeschichten oder große Reportagen in GEO.

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Herausgeber:

GEODie Welt mit anderen Augen sehenGruner + Jahr AG & Co KG, Druck- und Verlagshaus,Am Baumwall 11, 20459 Hamburgwww.geo.de

Evolution

Was ist der Mensch?

Auch nur ein besonders intelligentes Tier? Ein singuläres Kulturwesen? Oder beides? Die Frage, was den Mensch zum Menschen macht und woher er seine Fertigkeiten hat, beschäftigt Anthropologen noch immer. Das mag verwundern. Denn liegt nicht auf der Hand, worin unsere Einzigartigkeit besteht? Das könnte man denken. Aber so einfach ist es nicht ...

von Franz Mechsner

Als Kind sass ich endlose Sommernachmittage allein an einem verborgenen Teich. Ich träumte vor mich hin, verzaubert von den langbeinig über das Wasser laufenden Insekten, den im Sonnenlicht schwirrenden Libellen. Als wäre es gestern gewesen, ist mir die bizarre Schönheit eines Molches gegenwärtig, den ich aus dem Dunkel des Teiches gefischt hatte und in einem wassergefüllten Glas betrachtete. In Feuerfarben leuchtend schwebte das Drachentier vor meinen Augen, mit reglos amphibischem Blick, der mich aus Urzeiten anschaute und doch nicht anschaute.

Noch heute kann mich der hypnotische Blick eines Tieres in jene kindheitsalte, träumerische Stimmung versetzen, in der sich angesichts des lebendigen Mit-Wesens die Empfindungen von elementarer Gleichheit und abgründiger Verschiedenheit durchdringen. Die doppelte Intuition, Tier und Nicht-Tier zugleich zu sein, ist irritierend. Und so fragen wir Menschen uns seit jeher, was wir denn selbst sind im Reich der Natur. Was aber lässt sich dazu jenseits der zum Scherz gewordenen antiken Definition des Menschen als „ungefiedertem Zweibeiner“ sagen? So viel ist klar: Der Mensch ist das Tier, das über sich selbst nachdenkt, sich selbst als Rätsel empfinden kann – als ewig unauflösbares vielleicht.

Das heiße Thema einer neuen Anthropologie

Was ist der Mensch? Christlich-abendländische Tradition sah ihn als von Gott geschaffenes Doppelwesen aus materiellem Leib und unstofflicher Seele. Doch seit Darwins Evolutionslehre müssen wir wohl einsehen: Wir Menschen sind Naturwesen wie andere Geschöpfe auch. Mit Körper und Geist entstammen wir der Evolution, die alles Lebende hervorgebracht hat.

Die Einsicht, dass wir Menschen ganz von dieser Welt sind auf unserer Reise durch Raum, Zeit und geistige Kosmen, macht das Rätsel, das wir für uns selber sind, aber nicht kleiner: Wie lässt sich verstehen, dass Menschen einerseits Organismen unter Organismen sind, andererseits in so spektakulärem Unterschied zu allen anderen Wesen Kathedralen und Raketen, Gedichte und Sinfonien, Wolkenkratzerstädte und Demokratie hervorgebracht haben?

Fragen, die Wissenschaftler traditionell strikt in zwei Lager teilen: Während die eine Partei behauptet, dass menschliche Fähigkeiten sich im Prinzip bereits im Tierreich fänden (Kontinuums-These), setzt die andere dagegen, dass menschliche Fähigkeiten sich grundsätzlich von denen aller anderen Tiere unterschieden (Sonderstellungs-These).

Nun deutet sich eine Wende an, in der das simple Entweder-oder nicht mehr gilt. So zeigt sich einerseits – im Sinne der Kontinuums-These – immer klarer, wie sehr wir Tiere bisher unterschätzt haben und welch reiches intellektuelles und emotionales Leben man zumindest einigen Arten zuschreiben muss. Andererseits machen Wissenschaftler sich auf, immer deutlicher die qualitativen Besonderheiten des Menschen – etwa Sprache oder soziale Institutionen – herauszuarbeiten. Es wird also immer deutlicher, dass beide scheinbar so unvereinbaren Seiten auf irgendeine Weise recht haben müssen.