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**Auf der Suche nach dem verlorenen Prinzen der Fairies …** Seit Sophie sich vollständig ihrer Fairy-Seele geöffnet hat, ist nichts mehr wie es war. Neue, widersprüchliche Gefühle, übermächtige Kräfte, die außer Kontrolle geraten und eine schreckliche Offenbarung der Schicksalsfairy lassen sie alles in vollkommen neuem Licht sehen und mit sich selbst, ihrem Wesen und sogar ihren Freunden hadern. Doch eisern hält sie an dem Entschluss fest, den Fluch der Fairies zu brechen und den verlorenen Prinzen zu finden. Als sie ihm dann schließlich begegnet, entzieht es ihr den Boden unter den Füßen. Wird der Kuss die rettende Erlösung bringen oder alles ins Chaos stürzen? //Alle Bände der zauberhaften Feen-Reihe: -- Fairies 1: Kristallblau -- Fairies 2: Amethystviolett -- Fairies 3: Diamantweiß -- Fairies 4: Opalschwarz -- Fairies: Alle vier magischen Feen-Bände in einer E-Box!// Diese Reihe ist abgeschlossen.
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Veröffentlichungsjahr: 2023
Impress
Die Macht der Gefühle
Impress ist ein Imprint des Carlsen Verlags und publiziert romantische und fantastische Romane für junge Erwachsene.
Wer nach Geschichten zum Mitverlieben in den beliebten Genres Romantasy, Coming-of-Age oder New Adult Romance sucht, ist bei uns genau richtig. Mit viel Gefühl, bittersüßer Stimmung und starken Heldinnen entführen wir unsere Leser*innen in die grenzenlosen Weiten fesselnder Buchwelten.
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Stefanie Diem
Fairies 3: Diamantweiß
Auf der Suche nach dem verlorenen Prinzen der Fairies …
Seit Sophie sich vollständig ihrer Fairy-Seele geöffnet hat, ist nichts mehr wie es war. Neue, widersprüchliche Gefühle, übermächtige Kräfte, die außer Kontrolle geraten und eine schreckliche Offenbarung der Schicksalsfairy lassen sie alles in vollkommen neuem Licht sehen und mit sich selbst, ihrem Wesen und sogar ihren Freunden hadern. Doch eisern hält sie an dem Entschluss fest, den Fluch der Fairies zu brechen und den verlorenen Prinzen zu finden. Als sie ihm dann schließlich begegnet, entzieht es ihr den Boden unter den Füßen. Wird der Kuss die rettende Erlösung bringen oder alles ins Chaos stürzen?
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Vita
© privat
Stefanie Diem arbeitet und lebt gemeinsam mit ihrer Familie im Allgäu. Schon als kleines Kind verfügte sie über eine lebhafte Fantasie und dachte sich die tollsten Geschichten aus, die sie zu Papier brachte, sobald sie schreiben konnte. Das Schreiben hat sie seither nicht mehr losgelassen und zählt neben dem Lesen zu ihren größten Leidenschaften.
Für alle, die von Feen und Zauberwelten träumen und an das Schicksal glauben
Er sah sie an und es schien ihm, als hätte sich vor seinen Augen ein Schleier gelüftet.
Sein Herz brannte, ihm wurde heiß und kalt, und er hatte nur noch Augen für sie.
Sie war die Eine, um die sich die Welt drehte, für die es sich lohnte sein Leben aufzugeben.
Die Eine.
Ich schirmte mit den Händen meine Augen vor der grellen Hitze der unbarmherzig herabbrennenden Sonne ab. Obwohl ich nur spärliche Kleidung trug, genauer gesagt, eine kurze Jeans und ein weißes, enganliegendes Tanktop, schwitzte ich stark und meine Füße, die in flachen Turnschuhen steckten, fühlten sich irgendwie aufgequollen an. Aus den Augenwinkeln bemerkte ich, dass sich mir jemand von hinten näherte und reflexartig ging ich in Angriffshaltung, aber es war nur Taylor, der mir eine weiße Baseballmütze auf die üppigen Locken drückte. Die restliche Haarmähne fiel in einem dicken Zopf geflochten über meinen Rücken und schwang bei jeder meiner Bewegungen hin und her. Ich lächelte ihn an und ließ mich von ihm in eine Umarmung ziehen. Er drückte mich an seine Brust und Schmetterlinge flatterten in meinem Bauch. Hier fühlte ich mich wohl und sicher. Mit ihm an meiner Seite war ich stark und irgendwie konnte ich es immer noch nicht richtig glauben, dass er meine Gefühle erwiderte und noch mehr, dass er mir auf meiner selbstauferlegten Mission zur Seite stand, mich begleitete und bestärkte.
Er schob mich ein Stück von sich, legte beide Hände an meine Wangen und sah mir tief in die Augen. Ich versank in dem unergründlichen Schwarz und küsste ihn, einem plötzlichen Impuls folgend. Er schien ein wenig überrumpelt, erwiderte den Kuss jedoch sofort, zunächst vorsichtig und sanft. Dann wurde er stürmischer, fordernder, seine Arme schlangen sich um meinen Körper, eine Hand fuhr mir über den Nacken in die Haare, direkt unter den Zopfansatz und dirigierte meinen Kopf. Die andere Hand wanderte über meinen vor Schweiß klebenden Rücken, aber das schien ihm egal zu sein und mir auch. Mein Herz raste, mein Körper zitterte, ich gab mich diesem Kuss vollkommen hin, vergaß alles um mich herum, die staubige Luft, den kratzenden Sand, die quälende Hitze, die nichts war im Vergleich zu dem Gefühl, das im Moment meinen Körper in Wallung brachte.
»Hm hm«, hörte ich eine Stimme, die sich mahnend neben uns räusperte.
Abrupt lösten wir uns voneinander und sahen beschämt in jeweils andere Richtungen. Ich wischte mir verlegen über die Lippen und sah zu dem älteren Mann auf, der mich über die Gläser seiner randlosen Brille tadelnd musterte. Er steckte in beigen Shorts mit dicken Taschen und einem verwaschenen T-Shirt. Eine dicke Fotokamera baumelte um seinen Hals und er trug doch tatsächlich weiße Sportsocken in seinen Sandalen.
»Ich muss doch sehr bitten, es ist helllichter Tag!« Er schüttelte den Kopf und wandte sich dann empört der Frau hinter sich zu, die soeben die Inschrift einer Schautafel studierte.
Ich drehte mich zu Taylor um, der mich verschmitzt anlächelte und sich über den Dreitagebart fuhr.
»Schätze, wir sollten warten, bis wir wieder im Auto sind.«
Er strich mir sanft über die Wange, nahm mich dann an der Hand und wollte mich mit sich ziehen, aber ich machte mich steif. Er stutzte, drehte sich um und legte die Stirn fragend in Falten.
»Ich … ich möchte noch kurz hierbleiben«, sagte ich bestimmt.
Er zog die Augenbrauen hoch. »Wieso das denn? Ich bin mir sicher, wir haben mittlerweile sämtliche Schautafeln und Sehenswürdigkeiten hier in dieser kleinen Geisterstadt besichtigt. Was willst du noch?«
Er schlang seine Arme um meine Taille und unwillkürlich schoss mir wieder die Hitze ins Gesicht. Ich schluckte und versuchte mein galoppierendes Herz wieder unter Kontrolle zu bekommen, legte ihm sanft die Hände auf die Brust und schob ihn erneut von mir.
»Ich habe so ein Gefühl, dass wir etwas übersehen haben. Sie sind hier. Ich weiß es!«, flüsterte ich.
Er strich mir eine Locke aus der Stirn, die sich unter der Baseballmütze hervorgestohlen hatte.
»Ach Sophie, du verrennst dich da in etwas. Allein der Name dieses Tals bringt dich auf die Idee, dass hier Shuk sein müssten, aber glaub mir, selbst die nehmen vor der brütenden Hitze im Death Valley Reißaus. Komm, wir sollten weiterfahren.«
Ich seufzte. Insgeheim wusste ich, dass er recht hatte – Taylor hatte meistens recht. Aber irgendetwas in mir hatte sich darauf versteift, dass hier mitten im Death Valley Shuk lebten. Viele Shuk. Und dass sie mir Auskunft über den Verbleib meiner zwei besten Freunde geben konnten.
Taylor ergriff erneut meine Hand und diesmal ließ ich mich von ihm mitziehen, über den trockenen, steinigen Weg zurück zur Straße, auf der unser dunkelblauer SUV ein wenig abseits in der prallen Sonne parkte. Er öffnete die Beifahrertür und augenblicklich kam uns eine Hitzewelle entgegen, was uns dazu veranlasste, erst einmal alle fünf Türen des Wagens zu öffnen, um kurz durchzulüften, was inmitten der windstillen Wüste eigentlich zwecklos war. Wenig später saßen wir im Auto. Taylor startete den Motor, fuhr die Klimaanlage hoch und lenkte den Wagen auf die Straße.
Ich rieb mir mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn, nahm mir die Wasserflasche aus dem Handschuhfach und trank gierig von der aufgeheizten Flüssigkeit. Dann kam mir eine Idee. Ich nahm die Glasflasche zwischen meine Handflächen, konzentrierte mich, und augenblicklich bildeten sich am äußeren Glasrand kleine Eiskristalle. Sofort schraubte ich den Verschluss ab und prüfte das Wasser.
»Ah«, stieß ich erleichtert aus, als die gekühlte Flüssigkeit über meine Lippen in meinen Mund lief.
Taylor schmunzelte. »Cooler Trick.«
»Hab ich von meinem Seeker«, gab ich ebenfalls lächelnd zurück. »Auch einen Schluck?«
Er nickte und ich reichte ihm das Wasser.
Mittlerweile herrschten im Inneren des Wagens wieder angenehme Temperaturen und ich lehnte mich entspannt im Sitz zurück.
Plötzlich jedoch fuhr ich hoch, als hätte man mir mein frisch gekühltes Eiswasser über den Kopf gekippt.
»Hier! Hier rechts! Sofort!«, rief ich und griff einem Impuls folgend ins Steuer.
Erschrocken riss Taylor das Lenkrad herum und verhinderte gerade noch, dass wir mit einem entgegenkommenden Fahrzeug zusammenprallten. Mit quietschenden Reifen blieben wir inmitten einer Wolke aus Rauch, Staub und Sand am Straßenrand stehen.
Taylor atmete heftig und warf mir einen wütenden Blick zu.
»Verdammt, Sophie! Willst du uns umbringen?«
Ich ließ mich jedoch nicht ablenken und deutete auf eine kleine, felsige Straße, die mehr einem Pfad glich und die sich inmitten einiger vorstehender Felsen durch die niedrigen Dünen schlängelte.
»Hier, fahr da lang!«
Er sah mich an, als ob ich übergeschnappt wäre.
»Bist du verrückt? Da bleiben wir spätestens hinter der nächsten Wegbiegung stecken!«
Entschlossen stieß ich die Autotür auf und machte Anstalten auszusteigen, als Taylor mich am Oberarm erwischte und zurück in den Wagen zog. Ich bedachte ihn mit einem wütenden Blick.
»Ich habe keine Zeit zu verlieren! Wenn du nicht fahren willst, gehe ich eben zu Fuß!«
Doch er lockerte seinen Griff kein bisschen.
»Sophie, sei doch vernünftig …«, setzte er an, doch ich hob die Hand.
»Ich habe es satt, vernünftig zu sein! Jetzt lass mich aus dem Auto oder du wirst es bereuen!«
Er erstarrte. Seine Augen blickten mich erschrocken und zutiefst beunruhigt an, doch es war mir egal. Langsam gab er meinen Arm frei, den ich in einer raschen Bewegung an meinen Körper zog und ihn rieb.
»Steig ein.« Seine Stimme klang plötzlich entschlossen und sehr ernst. Er hatte die Augen starr nach vorn gerichtet und würdigte mich keines Blickes, als ich mich zurück auf den Sitz neben ihn schob.
Alles in mir schrie danach, ihm etwas Versöhnliches zu sagen, mich bei ihm zu entschuldigen, doch kein Wort kam über meine Lippen.
Verbissen beobachtete ich, wie er den steinigen, holprigen Weg entlangfuhr, der bereits nach wenigen Biegungen endete, doch Reifen- und Fußspuren wiesen uns die Richtung und ich spürte eine seltsame Spannung auf der Haut, fast wie Elektrizität. Hier waren wir richtig! Zum ersten Mal seit Tagen hatte ich das Gefühl, nein die absolute Gewissheit, jetzt auf der Fährte meiner Freunde Lila und Ralph zu sein.
Stunden schienen zu vergehen, wir folgten den wenigen Spuren durch die Felsenwüste und langsam brach die Dunkelheit über uns herein. Das unbarmherzige Licht der grellen Sonne verblasste und machte Platz für ein mit tausend Sternen übersätes Firmament und ich spürte selbst durch die schützende Hülle des Autos, wie die Kälte über die Wüste kroch und die Landschaft aus der flirrenden Hitze erlöste.
Langsam kamen die Umrisse der Berge in Sicht, die das Death Valley umgaben. Wie dunkle hohe Wellen ragten sie vor uns auf, dahinter zeichnete sich noch matt das orangerote Licht der eben untergehenden Sonne als heller Streifen am Horizont ab, wurde jedoch bereits von der Nacht verdrängt.
Ich räusperte mich und unterbrach damit das unangenehme Schweigen im Wagen.
»Bitte park hier.« Ich deutete auf einen der größeren Felsen, die den Wegrand säumten.
Taylor schenkte mir einen kurzen Blick, den ich nicht recht deuten konnte. Er hatte die Lippen zusammengekniffen und in ihm sträubte sich alles dagegen, hier zu halten und auch noch das Auto abzustellen, das konnte ich an seiner Mimik erkennen, aber er sagte nichts. Er lenkte den bulligen Wagen dicht an die raue Wand des Felsens, stellte den Motor ab und reichte mir wortlos eine dunkle Jacke.
»In der Wüste wird es nachts kalt«, sagte er nur und verließ das Fahrzeug.
Ich seufzte und atmete einmal kurz durch. Mit Taylor zu streiten oder auch einfach nur kleine Diskussionen mit ihm auszufechten, war nicht einfach und es tat mir schrecklich leid. Aber diesem Impuls zu folgen, war das einzig Richtige und ich dankte ihm aus tiefstem Herzen, dass er hinter mir stand, egal welch hirnrissige Ideen ich hatte und welch undurchführbare Pläne ich entwarf. Er war mir gefolgt, hatte die schützende Organisation der Engel meinetwegen verlassen, um bei mir zu sein und mich bei der – seiner Meinung nach – hoffnungs- und sinnlosen Suche nach Ralph und Lila zu unterstützen. Wir waren nun beinahe zwei Monate unterwegs, hatten gefühlt die gesamte Umgebung von Las Vegas abgesucht und darüber hinaus, denn ich war mir sicher, dass die beiden sich noch in unserer Nähe aufhielten. Erst in den letzten beiden Wochen hatten wir uns wieder näher an die Stadt herangetastet.
Ich wusste, was er dachte. Nach dieser vergeblichen Zeit des Suchens war er der Ansicht, wir sollten in den behütenden Schoß der Organisation zurückkehren, mit Azarael gemeinsam nach einer Lösung suchen, um meine Freunde aus den Fängen der Shuk zu befreien. Doch ich war anderer Meinung. Zum einen, weil ich mir ziemlich sicher war, dass Azarael gegen eine Shuk-Verfolgung quer durch die Wüste wäre und den Teufel tun würde, um mich dabei auch noch zu unterstützen; zum anderen, weil ich irgendwie Angst vor ihm hatte. Angst vor den Gefühlen, die er für meine Fairy-Seele Cayuga hegte und Angst vor den Gefühlen, die sie oder vielmehr ich für ihn in mir trug und bisher erfolgreich verdrängt hatte.
Ich atmete noch einmal kurz durch, nahm die Baseballmütze vom Kopf und verließ das Fahrzeug. Taylor wartete bereits am Heck auf mich. Er hatte sich eine dunkle Jeansjacke übergeworfen, die Hände vor der Brust verschränkt und sah mich missmutig an.
Dann jedoch zog er mich überraschend in seine Arme, verbarg seinen Kopf in meinem Haar und flüsterte dicht an meinem Ohr: »Ich habe es satt, dass du mich behandelst, als wäre ich dein Hündchen. Du weißt, ich tue alles für dich, folge dir, wohin du willst, aber bitte, vertrau mir! Und vor allem, sag mir, was du vorhast, was du planst!«
Er hatte seine starken Arme eng um meinen Körper geschlungen, so als wolle er mich nie wieder loslassen. Ich erwiderte die Umarmung, strich ihm zärtlich über die Haare, atmete seinen unnachahmlichen Duft ein, nach Feuer und Wasser zugleich, wie der Geruch von Regen auf aufgeheizter Erde.
»Ich weiß, dass sie hier sind!«, verkündete ich ihm, als ich mich ein wenig von ihm gelöst hatte und sein Gesicht sich nun dicht vor mir befand.
Er stieß ein amüsiertes Schnauben aus. »Ach ja? Und wie oft hast du das in den letzten Wochen und Tagen nicht schon gesagt? Wie oft warst du dir sicher, dass sie genau hier sind, und dann war es nicht der Fall?«
Zugegeben, mit dieser Feststellung lag er nicht ganz falsch. Ich hatte in der letzten Zeit des Öfteren solche seltsamen Anwandlungen, dass ich mir plötzlich sicher war, wo sich die Shuk samt meiner Freunde befinden könnten.
»Diesmal ist es anders, Taylor, wirklich! Ich kann es nicht beschreiben, aber … aber …« Ich brach ab, wusste nicht, wie ich dieses Knistern erklären sollte.
Taylor zog die Augenbrauen hoch, erwartete offensichtlich eine plausible Antwort von mir.
Ich seufzte und versuchte ihm zu vermitteln, was in mir vor sich ging. »Es ist, als würde ich dort hingezogen. Es ist wie Elektrizität, die stärker wird, je näher wir ihnen kommen.«
Sein Blick wurde noch misstrauischer. Jetzt verschränkte er die Arme vor der Brust, zeigte mir seinen Unglauben.
»Und wegen diesem Gefühl sind wir nun kreuz und quer durch die Pampa gefahren? Stehen jetzt irgendwo im Nirgendwo mitten in der Nacht?«
Sanft legte ich meine Arme auf seine, versuchte ihn so versöhnlich und flehend wie möglich anzusehen.
»Bitte Taylor, vertrau mir nur noch dieses eine Mal! Ich bin mir so sicher wie noch nie!«
Er seufzte und ergriff meine Hände. Ich hatte gewonnen und konnte nicht verhindern, dass sich ein kleines Lächeln auf mein Gesicht stahl.
»Ok, aber jetzt habe ich definitiv was gut bei dir!«
Er umfasste meine Taille, zog mich erneut zu sich und drückte mir einen langen Kuss auf die Lippen. Als er sich wieder von mir löste, lächelten wir uns beide an und ich nickte.
»In Ordnung.«
Damit ging ich los und zog ihn an einer Hand hinter mir her.
***
Je weiter wir uns auf die offene Ebene zubewegten, umso mehr beschleunigte sich mein Herzschlag, umso aufgeregter und nervöser wurde ich. Es fühlte sich an, als würde ich magisch von einem besonderen Ort angezogen, sodass ich unwillkürlich immer schneller und schneller wurde, während diese Spannung in der Luft zunahm. Mein Körper schien mir nicht mehr zu gehorchen. Wie in Trance bewegte er sich zielstrebig vorwärts, auf einer unsichtbaren Linie, an einem Faden entlang, der mich leitete. Ich hörte nicht auf die Einwände von Taylor, reagierte überhaupt nicht mehr auf ihn und ich wusste, dass ein erneuter Streit vorprogrammiert war. Doch ich konnte nicht aufhören, mich wie ferngesteuert in ein und dieselbe Richtung zu bewegen: auf die inzwischen näher gerückten Berge zu.
Und plötzlich waren sie da. Umringten uns von allen Seiten, kreisten uns ein, verharrten in gespannter Starre. Sie trugen normale Kleidung wie Taylor und ich, praktische Hosen und T-Shirts sowie leichte Jacken, um den nächtlichen Temperaturen der Wüste zu trotzen. Ihre warmen, goldenen Augen wirkten in der Dunkelheit wie die reflektierenden Pupillen lauernder Katzen. Ich machte mich steif, stellte mich Rücken an Rücken zu Taylor, bereit zum Kampf.
Doch sie blieben einfach nur reglos dort stehen, bewegten sich keinen Millimeter. Niemand trat vor oder sprach uns an. Es schien, als warteten sie auf etwas – vielleicht auf ein Zeichen oder das Erscheinen von jemandem? Oder sollten wir zuerst sprechen?
Ohne weiter nachzudenken, hob ich die Arme. Bei den Fairies wie bei den Menschen eine Geste von »Ich komme in Frieden und bin unbewaffnet«. Doch die Shuk interpretierten dies vollkommen falsch. Sie zogen den Kreis sofort enger, kamen alle einen Schritt näher, die Körper angespannt. Schnell ließ ich meine Arme wieder sinken.
»Ich … wir … wir haben nicht vor, euch anzugreifen«, brachte ich recht unsicher heraus, doch niemand antwortete.
Es schien, als hätten sie meine Worte überhaupt nicht gehört, sie blieben in derselben Starre, ihre Blicke immer noch finster auf uns gerichtet.
Verdammt, wie kamen wir aus dieser Situation nur wieder heraus? Ich versuchte es erneut mit beschwichtigenden Worten.
»Wir sind auf der Suche nach zwei Fairies, die sich …« Ich brach ab. Ja, die sich was?
Die sich euch angeschlossen haben? Die von euch gefangen gehalten werden?
Die Shuk rührten sich nicht. Konnten sie meine Worte überhaupt verstehen? Irgendwie kamen sie mir beinahe so vor wie Roboter, die lediglich auf die Stimme oder den Befehl ihres Besitzers hörten. Ich versuchte erneut mein Glück und räusperte mich.
»Wir suchen Lila Liliané und Ralph …« Mist. Schon wieder ein Detail, das ich nicht wusste. War Ralph an Beltane überhaupt als ein Fairy erwacht? Aufgrund meiner eigenen Erweckung wusste ich nun, dass das heilige Wasser auf Beltana nicht zwingend notwendig war, um eine Fairy an diesem besonderen Tag zu erwecken. Doch war das in Kreisen der Shuk überhaupt möglich? Oder hatte sich Ralph mittlerweile vollkommen in einen Shuk verwandelt und trug einen komplett neuen Namen? Ich dachte an meine letzte Begegnung mit ihm zurück, als er versucht hatte, über mich an Rose heranzukommen, in deren Körper sich die Seele unserer Prinzessin Aurora befand und nur noch darauf wartete, am nächsten Beltane-Fest zu erwachen. Er hatte für mich nicht so gewirkt, als sei er zu hundert Prozent davon überzeugt, dass er hier das Richtige tat. Vielmehr, als schwanke er noch zwischen unser beider Seiten – zwischen der guten und der bösen. Daher hatte ich die Hoffnung für ihn nicht aufgegeben.
Mein Blick wanderte wieder zu den reglosen Shuk um uns herum.
»Können sie uns überhaupt hören? Oder verstehen?«, flüsterte ich Taylor zu, dessen Rücken ich dicht an meinem spürte. Sein ganzer Körper war angespannt, bereit jeden anzugreifen, der sich auch nur einen Millimeter auf uns zubewegte.
»Sie verstehen uns mit Sicherheit«, antwortete er ebenso leise wie ich. »Es sieht für mich so aus, als wollten sie nicht antworten. Sie scheinen auf etwas zu warten.«
»Aber worauf?«
Er schwieg und an einer kleinen Bewegung hinter mir erkannte ich, dass er mit den Schultern gezuckt hatte.
Den Blick immer noch starr nach vorne gerichtet, registrierte ich plötzlich auf dem Gesicht des mir direkt gegenüberstehenden Shuk eine Grimasse, die ansatzweise wie ein Lächeln aussah. Ohne genauer darüber nachzudenken, lehnte ich meinen Oberkörper leicht nach vorn. Diesen Vorstoß meinerseits beantworteten die Shuk, indem sie geschlossen einen Schritt vortraten und damit den Kreis um uns verdichteten. Sie streckten die Arme und verschränkten sie mit den Armen ihres Nebenmannes, sodass es für uns kein Durchkommen gab. In dieser Position wirkten sie beinahe wie die Wachen eines mittelalterlichen Schlosses, die anstatt ihrer Lanzen die Arme kreuzten.
»Wir sind wirklich nur hier, um zu verhandeln. Ist vielleicht …« Und zum dritten Mal brach ich ab. Beinahe hätte ich gefragt, ob meine Schwester Tanian eventuell zu Hause war, wie bei einem gewöhnlichen Besuch. Als ob Tanian so einfach erscheinen würde, um mit uns über die Herausgabe zweier Fairies zu verhandeln, die eventuell bereits längst auf ihrer Seite standen.
Missmutig biss ich mir auf die Lippen. Ich hatte so lange nach den Shuk gesucht, mir so gewünscht, sie zu finden und möglicherweise Lila und Ralph bei ihnen wiederzusehen und nun, da ich endlich auf eine große Ansammlung unserer Gegner gestoßen war, fiel mir ein, dass ich überhaupt nicht wusste, wie ich mit ihnen oder Tanian selbst verhandeln konnte. Was hatte ich ihr schon als Gegenleistung anzubieten? Rose, die sich in der Obhut der Engel befand, fiel aus. Das hätte ich ohnehin nicht gemacht. Ich würde die Prinzessin nicht für meine Zwecke opfern. Da konnte ich mir auch gleich selbst den Gnadenstoß geben. Aber was hatte ich Tanian sonst zu bieten? Mich selbst? Was wäre ich wohl für eine Shuk? Und wieder einmal stellte ich mir die Frage, wie man denn überhaupt zu einer Shuk wurde? Aus dem Unterricht wusste ich, dass die Shuk allesamt von Tanian verfluchte Fairies waren, die, vom eigenen Schicksal verblendet und niederträchtig geworden, ohne jeglichen Selbsterhaltungstrieb nur ein Ziel verfolgten: Rache. Nur leider rächten sie sich nicht an der Person, die ihnen das alles angetan hatte, sondern töteten – vermutlich aus Missgunst und Neid – nicht verfluchte Fairies und waren Tanian, der Urfairy, die über das Schicksal bestimmte und der Ursprung jeden Fluches war, treu ergeben. War Tanian in der Lage, über jede Fairy – egal wie alt – einen Fluch auszusprechen?
Plötzlich regten sich die Reihen der Shuk und jemand trat vor – genauer gesagt, direkt vor mich. Es war eine hübsche junge Frau, etwa in meinem Alter, mit langem, kastanienbraunem Haar, einem schön geschnittenen, ovalen Gesicht und vollen, roten Lippen. Ihr beeindruckendes Prueba erstreckte sich in geschwungenen Linien sanft über ihre Augenbrauen und glitzerte in sämtlichen Gold- und Silbertönen, passend zu ihren goldenen Augen.
»Du bist Sophie Cayuga, nicht wahr?«, fragte sie und zog prüfend die Augenbrauen hoch.
Ich nickte.
»Mein Name ist Angelika Tailarin«, sagte sie und sprach das »g« in Angelika wie ein »sch« aus. Anschelika. »Ich bin die oberste Shuk hier in den Todestalbergen und frage mich, was dich hierher führt? Du suchst nach Lila Liliané und Ralph Nero, sagst du?«
Allein bei der Erwähnung der beiden Namen regte sich in mir ein Hoffnungsschimmer und unwillkürlich zog ich erwartungsvoll die Augenbrauen hoch.
»Du kennst sie?«
Sie verzog die Lippen zu einem Schmunzeln. Anstatt zu antworten, machte sie eine Geste zu einem der umstehenden Shuk, der sich aus dem Kreis entfernte und sich in nichts auflöste.
»Ich hoffe sehr, du weißt, was du tust«, hörte ich Taylor in meinem Nacken flüstern und schluckte.
Ich improvisiere, wollte ich schon antworten, sprach die Worte jedoch nicht laut aus. Am besten glaubte er, dass ich sehr genau wusste, was ich tat, auch wenn das nicht der Fall war.
»Wie ich sehe, hast du deinen Bodyguard mitgebracht.« Angelika verzog die Lippen zu einem schmalen Lächeln. »Bist wohl selbst nicht in der Lage, auf dich aufzupassen, was? Kaum zu glauben, eine mächtige Urfairy wie du!«
Ich wollte meiner Wut in einer entsprechenden Geste Ausdruck verleihen, beschränkte mich aber auf einen scharfen Blick, in dem hoffentlich genug Überlegenheit lag. Am liebsten hätte ich diese Shuk-Ziege in Grund und Boden gebrüllt und gründlich durchgeschüttelt. Schade. Man konnte nicht alles haben im Leben. Und besonders in diesem Moment nicht, denn die Shuk wirkte auf mich erstaunlich verhandlungsbereit. Und selbst wenn dem nicht so war, ich musste diese kleine Chance nutzen.
Hinter Angelika bemerkte ich eine Bewegung, etwas kam näher, vielmehr jemand. Eine Person trat hinter sie, gefolgt von zwei weiteren Gestalten, die mir sehr bekannt waren. Vor Freude hätte ich beinahe meine Position vergessen und wäre ihnen am liebsten um den Hals gefallen, doch ich schaffte es, meine Gefühle unter Kontrolle zu halten und ließ mir nicht anmerken, wie sehr mich der Anblick meiner beiden Freunde berührte. Ich hielt mein Pokerface aufrecht und blickte sie prüfend an. Sie schienen keine Gefangenen zu sein, zumindest konnte ich keine Fesseln, Knebel oder Handschellen entdecken, aber das hatte weder bei den Fairies noch bei den Shuk etwas zu bedeuten. In unserer magischen Welt gab es andere Mittel und Wege, jemanden zum Schweigen, Erstarren oder zu bedingungsloser Gefolgschaft zu zwingen.
Lila und Ralph blickten mir mit leeren Augen entgegen. Keiner von beiden schien mich zu erkennen und eine Vorahnung zog sich durch meine Brust wie Eiskristalle, die sich auf einer Fensterscheibe bildeten, bis sie jede klare Sicht versperrten. Ich fröstelte und das lag nicht nur an der kalten Nachtluft. Der kurze Anflug von Freude war so schnell verschwunden, wie er gekommen war. Andererseits – so sagte ich mir – bestand vielleicht noch Hoffnung für sie. Man hatte sie blenden, in magische Starre versetzen müssen, damit sie mich nicht erkannten und das bedeutete doch, dass sie noch keine vollkommenen Shuk waren.
»Ich bitte um die Freilassung der beiden«, sagte ich und meine Stimme hörte sich zu meinem Erschrecken leicht zittrig an.
»Und was kannst du uns als Tauschobjekt anbieten?« Angelika leckte sich erwartungsvoll über die Lippen. Sie schien ihre Position mehr als zu genießen. Natürlich, eine Urfairy war hier, um mit IHR zu verhandeln. Gut, ich war eine ausgestoßene und verfolgte Urfairy aus Gründen, die sich mir immer noch nicht erschlossen, aber ich war eine Urfairy. Mich zu unterschätzen, konnte man ihr an dieser Stelle nicht empfehlen.
»Dann lasse ich euch alle hier am Leben und verschwinde.« Ich wusste, ich pokerte hoch. Auch wenn ich mittlerweile im Vollbesitz meiner – und das bedeutete Cayugas – Kräfte war, befanden wir uns doch im Verhältnis einer gegen mindestens zehn oder noch mehr Shuk, und dass unsere Gegner über sehr starke Magie verfügten, das hatte ich bereits mehrmals schmerzhaft erfahren. Es war sehr unwahrscheinlich, dass Taylor und ich es allein mit so vielen von ihnen aufnehmen konnten.
Ein Lachen ging durch die Shuk-Reihen. Ich biss die Zähne zusammen und bemühte mich darum, eine entschlossene Miene aufzusetzen.
»Du weißt, ich bin eine Urfairy. Ich kann dich mit Leichtigkeit töten«, sagte ich weiter.
Ich erschrak beinahe, so grell klang das falsche, gellende Lachen der obersten Shuk der Todestalberge. Angelika hatte die Arme um den Bauch geschlungen und lachte so laut, dass ihre Stimme von den Felswänden widerhallte. Einige Shuk fielen in ihr Gelächter ein, andere verharrten missmutig und scheinbar zweifelnd in ihrer Position. Als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte, wischte sich Angelika eine Träne aus dem Augenwinkel und bemühte sich darum, mich erneut ernst anzublicken. Doch immer wieder kam ein Schmunzeln oder Lächeln über ihr Gesicht.
»Verzeih, Sophie, aber du solltest Stand-Up-Comedy machen. Ehrlich. Du kommst hierher, in das Herz der Todestalberge, möchtest um zwei meiner Rekruten verhandeln und alles was du anzubieten hast, ist eine Drohung? Du musst mir verzeihen, wenn ich da den einen oder anderen Lachkrampf bekomme.«
Ich kniff die Augen zusammen und trat entschlossen einen Schritt vor.
»Ich warne dich.« Meine Stimme klang schneidend, ich hob die Hand, ließ einen lodernden Feuerball entstehen und augenblicklich erstarb sämtliches Gelächter und auch auf Angelikas Miene trat ein vernichtender Ausdruck.
»Ich werde meine beiden neuen Spielzeuge keineswegs hergeben. Du musst sie dir schon holen!«, sagte sie angriffslustig, trat einen Schritt zurück, packte Ralph an den Haaren, zog seinen Kopf brutal zurück, sodass er das Gleichgewicht verlor und hintenüberkippte. Kurz bevor er jedoch auf dem Boden aufschlug, zog sie ihn an den Haaren wieder ein Stückweit hoch, sodass lediglich seine Füße zusammenklappten. Es musste unglaublich schmerzhaft sein, so umhergezerrt zu werden, doch über Ralphs Lippen kam kein Ton.
»Der liebe Ralph ist fast so weit, dass er mir jeden Wunsch von den Lippen abliest«, säuselte Angelika und leckte an Ralphs Ohr. Ich ließ den Feuerball verschwinden, blickte angewidert zur Seite, nur um gleich darauf wieder dem seltsamen Schauspiel zu folgen.
»Nicht mehr lange, und er ist ein vollkommener Diener unserer Sache.« Angelika grinste überheblich.
Ich schwieg. Sie ließ Ralph los, der daraufhin mit einem grässlichen, plumpen Ton zu Boden fiel – wirklich wie ein Spielzeug, das man achtlos in eine Ecke warf. Angelika ging hinüber zu Lila und legte ihr einen Finger an das Kinn, schob damit ihren Kopf nach oben. Ich sah, wie Lila zusammenzuckte, sich aber nicht gegen die Shuk wehren konnte.
»Und dieses Püppchen hier haben wir auch bald gebrochen. Sie ist wie ein Fähnchen im Wind, hat Schreckliches erlebt, die Ärmste. Von den Fairies als magische Sklavin an die Menschen verschachert – ts ts ts, wie könnt ihr nur so grausam sein!« Sie schüttelte theatralisch den Kopf.
Dann trat sie wieder ein paar Schritte auf mich zu und jegliche falsche Freundlichkeit war aus ihrem Gesicht gewichen. Ihre Augen blitzten vor Bosheit.
»Schluss mit den Spielchen. Ich gebe sie nicht her, um nichts auf der Welt. Es sei denn …«
Ich ahnte, was sie verlangen würde und entschloss mich, allein schon die Idee im Keim zu ersticken.
»Die Prinzessin steht nicht zur Debatte.«
Wenn ihr Blick vorher von Bosheit geprägt war, so spiegelte ihr Ausdruck jetzt maßlose Wut. Sie glich einem geifernden Tier, vollkommen außer sich.
»Auf was wartet ihr noch, greift sie an!«, gellte ihr Schrei durch die Wüste und im selben Augenblick brach ein wahres Inferno aus.
Von allen Seiten schossen Wasserbälle, Feuersäulen und Orkane auf mich zu, ich wich übergroßen Wurzeln aus, die plötzlich aus dem Boden stießen, um mich an den Beinen zu packen, rollte mich über die staubige Erde und suchte verzweifelt nach Lila und Ralph, die jedoch wieder im Nichts verschwunden waren. Taylor kämpfte inzwischen um sein Leben. Mit allen ihm zur Verfügung stehenden Elementen, Feuer, Wasser und dem seltenen Geist versuchte er, die Angreifer abzuwehren, aber es war ein auswegloses Unterfangen.
Ich ballte die Hände zu Fäusten, konzentrierte mich.
»Cayuga, lass mich nicht im Stich!«
Und im selben Moment fühlte ich, dass eine fremde Macht von mir Besitz ergriff. Ich war so stark wie noch nie. In Windeseile erschuf ich eine hohe Welle, die mindestens drei Shuk auf einmal ergriff und gegen einen nahestehenden Felsen schleuderte. Ich setzte nach, ließ zwischen meinen Händen einen Feuerball von beträchtlicher Größe entstehen und warf ihn auf weitere zwei, die jämmerlich darin verbrannten. Zurück blieb lediglich ein schwarzer, verkohlter Fleck auf dem Gestein. Ich verkrampfte meine Finger, sodass sie aussahen wie die Krallen einer Katze und hob sie zum Himmel und augenblicklich schossen aus der Erde meterdicke Wurzeln, die wie die Arme eines Riesenkraken einen Shuk nach dem anderen packten und sie gegeneinander schlugen.
»Sophie! Pass auf!«, hörte ich Taylors warnenden Ruf hinter mir. Doch ich hatte die Angreifer, die sich mir von hinten näherten, bereits mithilfe einer Windhose gepackt. Feuer brandete auf, verschlang sie schnell und ich erstickte ihre Schreie in Wasser.
Ich befand mich in einem Karussell aus allen vier Elementen, die mich umwirbelten und stärkten. Längst hatte ich die Mehrzahl der angreifenden Shuk getötet und in die Flucht geschlagen, aber ich wollte mehr. Ich wollte sie alle auslöschen, für immer vernichtet sehen. Keiner sollte je wieder in der Lage sein, mir oder den mir nahestehenden Fairies und Menschen ein Leid anzutun.
Ich war wie in Trance, setzte den flüchtenden Shuk nach und erledigte sie einen nach dem anderen. Zuletzt wandte ich mich einem zu, der bereits keuchend am Boden lag und nach Atem rang. Ich grinste in mich hinein, auch er würde sterben. Aber diesmal durch das Element, das ich überhaupt noch nicht eingesetzt hatte. Brutal drang ich in seinen Kopf ein, es fühlte sich an, als würde man in ein Glas kühlen Gelees eintauchen und das allein mit seinen Gedanken. Ein überwältigendes Gefühl, gefolgt von einem nicht minder atemberaubenden. Jegliche Erinnerungen, Gedanken, Gefühle strömten auf mich ein, fremde Gedanken, und dennoch kannte ich sie … Irgendwie waren sie mir seltsam vertraut … Ein schicksalhafter Kuss …
Zutiefst erschrocken zog ich mich mit einem Ruck aus dem fremden Bewusstsein zurück und erwachte wie aus einem schlechten Traum. Die Person, die regungslos vor mir lag, war Taylor!
Mit geweiteten Augen blickte ich auf ihn hinunter, traute meinen Augen kaum, verharrte reglos und starr in meiner gekrümmten Haltung, bevor ich auf die Knie sank und mich über ihn beugte.
»Taylor?« Meine Stimme zitterte leicht.
Ich griff nach seiner Hand, strich sanft über die mit Blut verschmierten Finger. Dann legte ich mein Ohr auf seine Brust und vernahm ein schwaches Klopfen sowie rasselnden Atem. Ich atmete vor Erleichterung laut ein und aus, schloss die Augen und legte dankbar den Kopf in den Nacken. Er lebte!
Behutsam strich ich ihm über das Gesicht. Er sah schrecklich aus. Seine Haut war an vielen Stellen verletzt, verbrannt, aufgerissen, ebenso wie seine Kleidung. Sein Haar war staubig und ebenfalls mit Blut verkrustet.
»Taylor! Taylor, wach auf!« Ich rüttelte an seinen Schultern, doch er bewegte sich nicht. Lediglich sein Kopf schlenkerte durch meine Bewegungen unnatürlich hin und her.
Ich erschuf einen kleinen Wasserball und ließ das kühle Nass langsam über sein Gesicht laufen. Immer noch kein Zeichen.
Erneut stieg Panik in mir auf. Er schien nicht von selbst zu heilen, wie alle Fairies es taten! Was, wenn ihn das magische Feuer so schwer verletzt hatte, dass er im Sterben lag? Mein Puls beschleunigte sich, ich begann erneut, ihn zu rütteln, diesmal heftiger, vehementer. Doch er reagierte nicht. Ich sah mich nach allen Seiten um.
»Hilfe!«, rief ich laut in die Nacht hinein, doch es antwortete nur das schrille Echo meiner Stimme. »Hört mich denn niemand? Azarael! Azarael, ich brauche dich!«
Tränen liefen mir übers Gesicht, meine Hände zitterten. Ich wollte ihn berühren, ihm über den Kopf streicheln, meinen Kopf an seiner Brust vergraben, doch ich traute mich kaum, ihn anzufassen. Er schien mit einem Mal so zerbrechlich.
»Nein, nein, nein! Das darf nicht sein! Verlass mich nicht, Taylor! Ich brauche dich – brauche dich so sehr!«, schluchzte ich auf, krallte mich in seine Kleidung, wollte ihn nie mehr loslassen.
»Aber, aber«, ertönte da eine Frauenstimme dicht hinter mir. Ich hörte Schritte auf dem staubigen, felsigen Boden und hob alarmiert den Kopf. Eine dunkle Gestalt schälte sich langsam aus dem Schatten der Berge und trat ins fahle Mondlicht. Ich wischte mir die Tränen vom Gesicht, um sie besser sehen zu können.
Sie schien sehr groß, wie sie so vor mir aufragte, trug ein schwarzes Gewand, welches auf den ersten Blick wie ein Hosenanzug aussah, sich dann jedoch als langer, blutroter Rock mit hohem Beinschlitz und dazu passendem schwarzen Lederkorsett erwies und irgendwie sehr elegant wirkte. Ihre pechschwarzen, dicken Haare fielen wie ein glatter Mantel über ihren Rücken bis zur Hüfte und standen im starken Kontrast zu ihrer blassen, im Dunkeln beinahe leuchtenden hellen Haut. Ihre faszinierenden moosgrünen Augen, über denen sich ein beeindruckendes grün-schwarz- und goldschillerndes Prueba über die gesamte Stirn bis über die Schläfen erstreckte, waren interessiert auf mich gerichtet, wie ich über Taylor gebeugt am Boden kauerte.
»Benimmt sich so eine erhabene, weise Urfairy? Steh auf, Cayuga«, sagte sie mit heller Stimme und setzte langsam einen Fuß vor den anderen.
Ich tat, wie mir geheißen, aber nicht, weil sie es von mir verlangte, sondern weil ich ihr gegenüberstehen wollte, von Angesicht zu Angesicht.
»Tanian.« Ich schenkte ihr ein Nicken und versuchte, meiner Stimme einen gelassenen Klang zu geben.
Sie erwiderte mein Nicken. »Es ist lange her, Schwester.«
Ich schwieg, musterte sie.
Sie, die Frau, die die gesamte Fairy-Welt mehr als alles andere fürchtete.
Sie, die den Fluch ausgesprochen hatte, der die Fairies dazu verdammte, in alle Ewigkeit von Welt zu Welt zu ziehen und dabei nichts als Zerstörung und Tod zu hinterlassen.
Sie trug die Schuld an allem.
Ich sah sie an, musterte jeden ihrer Gesichtszüge genau, sie waren mir fremd und gleichzeitig so bekannt. Eine Erinnerung stahl sich in meine Gedanken. Eine Erinnerung aus glücklichen Tagen.
Tanian und ich, gemeinsam auf einer Schaukel sitzend, die an einem mächtigen Ast am Baum des Lebens hing. Wir lachten über Scherze, die eine dritte Person gemacht hatte, legten uns glitzernde Kristalle um die Schultern …
Ich schüttelte den Kopf, vertrieb diese Erinnerung mit aller Macht. Tanian versuchte mich zu beeinflussen.
»Was willst du?«, fragte ich barsch.
»Ich?« Sie zog gespielt die Augenbrauen hoch. »Du bist doch hier hereingeplatzt und hast Chaos und Verderben gesät. Es steht mir zu, zu fragen, was du willst?«
Mein Herz raste. Ich wollte Lila und Ralph. Aber mehr noch wollte ich, dass Taylor lebte. Konnte Tanian ihm helfen?
Ich warf einen prüfenden Blick auf den reglosen Körper zu meinen Füßen. Atmete er noch? Ich konnte es in der Dunkelheit nicht erkennen. Mein Blick heftete sich erneut auf Tanian.
»Ursprünglich bin ich gekommen, um Lila Liliané und Ralph Nero zu holen«, erklärte ich mit fester Stimme.
Sie nickte. »Verstehe, deine beiden Freunde.« Das letzte Wort betonte sich verächtlich. »Was meinst du mit ursprünglich?«
»Das war bevor deine Shuk meinen Freund …« Ich deutete auf den am Boden liegenden Taylor. »zu Tode gequält haben!«
Langsam stieg Wut in mir hoch. Tanian zog erneut etwas gekünstelt die Augenbrauen hoch.
»Meine Shuk?« Sie stieß ein Lachen aus. »Das warst vielmehr du, die sich nicht im Zaum halten konnte und ihm beinahe den Verstand genommen hätte!«
Ich schluckte. Meine schlimmsten Befürchtungen hatten sich bestätigt. Ich war an Taylors Zustand schuld! Ich und niemand sonst!
Ich wagte es kaum, die Worte auszusprechen, aber sie stahlen sich einfach so über meine Lippen.
»Kannst du ihm helfen?«
Ihre Miene veränderte sich, während sie auf den von Wunden übersäten Körper hinabsah, wurde milder, fast bedauernd. Sie trat ein paar Schritte näher, stoppte aber sofort aufgrund meiner Reaktion, da ich sofort in Abwehrhaltung gegangen war, bereit, Taylor mit meinem Leben zu schützen.
»Es tut mir leid, Sophie. Ich kann dir nicht helfen!«
Mein Magen zog sich zusammen und mein Herz verkrampfte sich. Nein, Taylor durfte nicht sterben!
Erneut spürte ich die Wut in mir. »Dann gib mir Ralph und Lila zurück!«
Sie schürzte die Lippen und sah mich prüfend an. »Möchtest du das wirklich?«
»Was soll das heißen? Natürlich möchte ich das wirklich!«
»Und was machst du mit ihnen, wenn sie bei dir sind und du feststellen musst, dass sie nicht die Guten sind? Dass in ihnen Böses schlummert?«
Ich kniff die Augen zusammen. »Das liegt nur an der Folter, die deine Angelika ihnen angetan hat!«
Ich schielte hinab zu Taylor, der leise, kaum hörbar stöhnte. Er lebte — aber wie lange noch?
»Ach wirklich? Weißt du, Sophie, in jedem Menschen, jeder Fairy, selbst in jedem Tier steckt Gutes und Böses, so auch in Ralph und Lila. Nie kannst du sicher sein, ob dich nicht dein bester Freund verrät, deine beste Freundin dich hintergeht, du verraten und betrogen wirst.«
Ich schwieg, stand reglos da, die Hände immer noch verkrampft, den Blick immer wieder abwechselnd auf Taylor und Tanian gerichtet. Dann seufzte ich.
»Tanian, ich bin sicher …«
»Nichts weißt du!« Die erklärende, überhebliche Stimme war verschwunden, ersetzt durch eine zischende, einschneidende, die mehr als alles andere Gefahr verhieß. »Dieser menschliche Körper ist schrecklich! Einfältig, naiv, gutgläubig, so leicht zu verletzten, so leicht zu zerstören! Stell dir vor, sie hatte sich doch tatsächlich gegen ein Leben als Fairy entschieden, als die Seeker sie zeichneten! Zum Wohle ihrer Familie!«
Die letzten Worte spie mir Tanian förmlich vor die Füße. Ihre grünen Augen blitzten vor Zorn, streiften Taylor, dann mich. Ich erkannte, dass sie Taylor mit einer einzigen Handbewegung töten konnte, nur um mich zu treffen, und am liebsten hätte ich mich schützend vor ihn geworfen, aber ich blieb stehen, musste versuchen, sie irgendwie abzulenken.
Meine Gedanken rasten. Sie hatte sich gegen eine Zeichnung entschieden! Das kam nicht häufig vor, aber ich meinte, mich erinnern zu können, dass vor gar nicht allzu langer Zeit Taylor mir erzählt hatte, dass sich in Spanien ein Mädchen gegen die Zeichnung entschieden hätte, weil sie ihre Familie mit den vielen kleinen Geschwistern nicht hatte verlassen können. Ich war sehr beeindruckt gewesen. Wie hatte sie noch einmal geheißen?
»Du … du bist, nein – du warst – Elena?«, fragte ich und als Antwort stieß Tanian ein Zischen aus.
»Elena, ja so hieß diese einfältige Menschenseele!«
»Aber wie bist du dennoch erwacht? Sie hatten die Zeichnung doch gelöscht, ebenso wie dein Gedächtnis?«
Jetzt verwandelte sich ihre Miene von Verachtung in Triumph.
»Du bist durch einen Kuss erwacht, Cayuga, weil du den Seelen eine wahre, erfüllte Liebe schenken kannst. Was denkst du, ist der armen Elena widerfahren?«
Ich erwiderte nichts darauf, aber Tanian sprach ohnehin sofort weiter.
»Das Schicksal zerstörte ihre Seele, indem es ihr die gesamte Familie auf einmal raubte. Alle tot, durch einen sinnlosen Unfall.« Sie grinste hämisch. »Es war so leicht für mich, ihre Seele komplett zu verdrängen und ihren Körper zu übernehmen.«
Meine Augen weiteten sich. Sie hatte die arme menschliche Seele vollständig aus diesem Körper gedrängt, war jetzt eine Person, die zu hundert Prozent handelte wie die Urfairy Tanian, die auf Jahrhunderte altes Wissen uneingeschränkt zugreifen konnte und die eine schreckliche Macht besaß.
»Du bist ein Scheusal, Tanian, weißt du das?« In meiner Stimme lag nichts als Verachtung für meine Schwester, doch diese lachte nur.
»Das Schicksal ist grausam, ich weiß. Aber das wiederum ist mein Schicksal, schon seltsam und lustig zugleich, nicht wahr?« Sie schenkte mir ein überhebliches Lächeln.
Ich biss die Zähne vor Wut zusammen, ehe ich antwortete.
»Deinetwegen sitzen wir in dieser endlosen Schleife von Geburt, Zeichnung, Tod und Wiedergeburt fest! Nur deinetwegen werden wir nie ein erfülltes Leben haben, weil es sich immer aufs Neue wiederholt, sobald Aurora erwacht! Weil du nicht aufhören kannst, weil du EINMAL gekränkt warst, sind bereits zwei Welten komplett ausgelöscht und die Erde hier wird die nächste sein, wenn du nichts dagegen unternimmst, und ich weiß, du kannst das, Tanian! Ich weiß, du kannst den Fluch von Aurora nehmen! Du kannst uns alle retten! Du musst nicht in die Geschichte eingehen als das stets böse, vernichtende Schicksal! Du kannst auch das schöne, verheißungsvolle, beeindruckende Schicksal sein, das Größe beweist, den eigenen Stolz überwindet, du …«
»Ach und du glaubst, dann ist alles besser?«, unterbrach sie mich schneidend. »Du glaubst, wenn ich den Fluch von den Fairies nehme, wird diese Welt nicht zerstört? Sieh dich doch nur einmal um, Cayuga, mach die Augen auf! Diese Menschen hier werden den Planeten zugrunde richten, egal ob wir einen Teil ihrer Körper besetzen oder nicht. Sie beuten ihn aus, nehmen ihm die letzten Ressourcen, säen Chaos, Krieg, Gewalt, Zerstörung! Bedenke, sie habe ich nicht mit einem Fluch belegt, das waren sie ganz allein! Und denke doch nur an die letzte Welt zurück. War Talaon so viel besser als die Erde hier? Die Wesen dort haben sich ebenfalls bekämpft und zerstört, wo sie nur konnten. Und meinst du nicht, unser verehrter König Korolyan hatte nicht selbiges auch mit unserer Welt vor?«
Taylor stöhnte kurz auf und ich unterdrückte erneut den Impuls, mich neben ihn zu knien. Stattdessen sagte ich mir, dass er, solange er stöhnen konnte, noch nicht tot war und ich weiterhin versuchen musste, Tanian abzulenken, ihr so viele Informationen wie möglich zu entlocken.
Ich machte eine abwehrende Geste. »Und für was hältst du dich nun? Für die barmherzige Samariterin, die uns allen einen Gefallen getan hat, indem sie uns mit diesem schrecklichen Fluch belegt? Ich glaube nicht, dass die Talaoner sich selbst zugrunde gerichtet hätten. Dafür herrschte zu viel Gutes in ihnen und ich bin mir sogar sehr sicher, dass die Menschen hier diese Welt retten können. Sie wollen umdenken!«
Tanian sah mich sehr skeptisch an. »Glaubst du das wirklich?«
Ich versteifte mich und erwiderte ihren Blick mit derselben Vehemenz. »Ich bin mir sogar sicher.«
Daraufhin stieß sie wieder dieses hohe, gekünstelte Lachen aus und ging ein paar Schritte zur Seite. »Du wirst noch an mich denken, Cayuga!«
»Das werde ich mit Sicherheit, Tanian, aber nicht weil ich mir wünsche, der Fluch würde sich erfüllen, sondern weil ich deinen Fluch eines Tages besiegen werde!«
»Die Macht der Liebe, dass ich nicht lache«, erwiderte sie. »Du bist genauso falsch wie das Schicksal. Überlege gut, Schwester, erinnere dich. Wir beide sind uns gar nicht so unähnlich. Die Liebe ist genauso schrecklich und unbarmherzig wie das Schicksal! Oder warum denkst du, dass du genauso verfolgt und gejagt wirst von unseren lieben Schwestern und der hochgeachteten Fairy-Gemeinschaft? Musst dich bei den Engeln verstecken, weil sie wissen, dass du ebenso grausam bist wie ich!«
»Du wagst es, mich als grausam zu bezeichnen? Mich? Die deinen Fluch vereitelt hat! Nur durch mich sind die Fairies in der Lage, überhaupt weiterzuleben und eines Tages werden wir ihn für immer brechen!«
Ein seltsames Lächeln trat auf Tanians Gesicht. Ein Lächeln, das mir mehr Angst machte als jedes falsche Grinsen und gekünstelte Lachen zuvor. Ein Lächeln, das Sieg bedeutete. Tanian hatte ein schreckliches As im Ärmel.
»Weißt du Cayuga, ich habe dir nie verziehen, dass du meinen Fluch – wie hast du es so treffend formuliert? – vereitelt hast. Es wäre besser gewesen, wenn wir alle gestorben wären, damals in Ayrion, als die Zeit reif dafür war, dass die Fairies den Kosmos für immer verlassen. Aber späte Rache ist bekanntlich süß.« Ihre Stimme wurde leise. »Meine Liebe, auch du bist verflucht.«
Mein Atem stockte und sie ließ diese Worte schweigend auf mich wirken.
»Kurz bevor unsere Schwestern mich töteten, als ich das letzte Mal hier auf Erden erwachte, gelang es mir, über deine hier noch nicht wiedererweckte Seele einen Fluch auszusprechen. Auf Erden wird es sein die Zwölfte, die der Dornenrose den Tod bringt. Klingt das nicht herrlich!«
»Nein!«, rief ich aus. »Das hast du nicht getan!«
Tanian ignorierte mich und lächelte immer noch süß. »Siehst du, Cayuga, darum wirst du verfolgt, wo immer du erscheinst. Weil alle fürchten, du bist diejenige, die den Fluch dieses Mal auslöst. Und weißt du was? Sie haben recht. Denn meine Flüche erfüllen sich immer! IMMER!«
Jetzt lachte sie so kalt und laut, dass ihre schreckliche, hohe Stimme von den Felswänden ringsumher bedrohlich widerhallte.
Ich konnte nicht mehr. Ich rief die Mächte sämtlicher Elemente zusammen und griff Tanian mit voller Wucht an. Doch sie hatte bereits damit gerechnet und blockte mich mit einem gewaltigen Feuerwall ab.
Ich schleuderte ihr voller Zorn einen Wasserball entgegen, der von zischenden Feuerschlangen, wirbelnden Wurzeln, Gesteinsblöcken und schrecklich heulenden Windböen begleitet wurde und registrierte voller Genugtuung, wie sie kurz taumelte. Doch sie hatte sich sofort wieder im Griff und schickte mir nun ihrerseits ein ähnliches Gebilde aus allen vier Elementen entgegen – Feuer, Wasser, Erde, Luft – welches mich komplett aus dem Gleichgewicht brachte, mehrere Meter zurückschleuderte und mich dann auf den Boden drückte. Ich bekam keine Luft, spürte wie meine Haut versengt wurde, die Wurzeln bohrten sich schmerzhaft in mein Fleisch und der Wind heulte erbarmungslos in meinen Ohren.
»Denk an meine Worte, Cayuga! In jedem Wesen schlummert das Böse!«, hörte ich Tanians erbarmungslose Stimme, die mir durch Mark und Bein drang.
Dann wurde es schwarz vor meinen Augen.