Familie mit Herz 101 - Sabine Stephan - E-Book

Familie mit Herz 101 E-Book

Sabine Stephan

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Beschreibung

"Wenn die Nächte hell und klar sind, dann kommen die Elfen auf die Erde und schauen sich die Kinder der Menschen an. In das schönste Kind dieser Nacht verlieben sie sich so sehr, dass sie es mitnehmen in ihre Welt. In die leere Wiege legen sie ein Kind von sich, ein Elfenkind ..."
So erzählt es die Legende. Die Rede ist hier von der rätselhaften Krankheit Autismus.
Tabea, die kleine Heldin unseres nächsten Romans, ist eins von 800 000 autistischen Kindern, die in Deutschland leben. Mit anderen Menschen kann sie nichts anfangen - sogar die Berührung ihrer Mutter erträgt sie nicht. Am liebsten ist das niedliche Mädchen allein. Doch Marion Schröder, ihre Mutter, nimmt den scheinbar aussichtslosen Kampf auf, ihr Kind aus seiner Einsamkeit herauszuholen und ihm ein normales Leben zu ermöglichen. Doch wird sie es schaffen?


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Inhalt

Cover

Weil Tabea nicht lachen will

Vorschau

Impressum

Weil Tabea nicht lachen will

Authentischer Roman um das Leben mit einer schweren Krankheit

Von Sabine Stephan

»Wenn die Nächte hell und klar sind, dann kommen die Elfen auf die Erde und schauen sich die Kinder der Menschen an. In das schönste Kind verlieben sie sich so sehr, dass sie es mitnehmen in ihre Welt. In die leere Wiege legen sie ein Kind von sich, ein Elfenkind ...«

So erzählt es die Legende. Die Rede ist hier von der rätselhaften Krankheit Autismus.

Tabea, die kleine Heldin unseres nächsten Romans, ist eins von 800 000 autistischen Kindern, die in Deutschland leben. Mit anderen Menschen kann sie nichts anfangen – sogar die Berührung ihrer Mutter erträgt sie nicht. Am liebsten ist das niedliche Mädchen allein. Doch Marion Schröder, ihre Mutter, nimmt den scheinbar aussichtslosen Kampf auf, ihr Kind aus seiner Einsamkeit herauszuholen und ihm ein normales Leben zu ermöglichen. Doch wird sie es schaffen?

Der schwere rote Samtvorhang senkte sich. Der erste Teil der Oper »Fidelio« von Beethoven war zu Ende. Die riesigen Kristalllüster leuchteten heller und heller, und das Publikum strömte in die Halle, um sich in der Pause zu erfrischen.

Hannes Schröder geleitete seine bildhübsche zierliche Frau in den Wandelgang und registrierte stolz die bewundernden Blicke der übrigen Männer, die immer wieder an Marion hängen blieben.

»Du bist wunderschön heute Abend, Schatz!«, flüsterte er ihr zu. »Ich liebe dich.«

Lächelnd nahm Marion, die trotz ihrer vierundzwanzig Jahre noch wie ein sehr junger Teenager wirkte, das Kompliment entgegen.

Sie freute sich über den Stolz, der aus seiner Stimme geklungen hatte. Sie trug das rote Chiffonkleid mit der hochangesetzten Taille heute zum ersten Mal. Ihr Dekolleté schmückte eine schmale Goldkette, die ihr Hannes um den Hals gelegt hatte, als sie mit dem Ankleiden fertig gewesen war.

Das blonde Haar, das im Licht der Kristallleuchter ganz leicht rötlich schimmerte, fiel ihr in weichen Wellen bis auf die Schultern hinab. Aus ihren blauen Augen leuchtete das Glück, das sie an der Seite ihres Mannes empfand.

Das junge Paar feierte seinen vierten Hochzeitstag. Ein Außenstehender hätte das nie für möglich gehalten. So jung und frischverliebt wirkten die beiden noch. Sie flirteten, lachten und hauchten sich verstohlen einen Kuss auf die Lippen.

Dann deutete Hannes mit einem Seufzer auf einen älteren Mann, der an eine Säule gelehnt stand.

»Da ist Friedrich Bronner, mein Seniorchef. Komm, Schatz, wir müssen ihn begrüßen. Sicher hat er uns auch schon entdeckt.«

Sie gingen auf den übergewichtigen Mann zu, dessen maßgeschneiderter Smoking die Figur gut kaschierte. Die Frau an seiner Seite – sie wirkte um etliche Jahre jünger – war sorgfältig zurechtgemacht. Sie trug ein schwarzes Abendkleid, das vielleicht eine Spur zu weit ausgeschnitten war. Ihrem Körper sah man die Pflege an, die sie ihm zukommen ließ. Trotzdem hatte sie etwas an sich, das Marion unecht vorkam.

Hannes drückte noch einmal aufmunternd die Hand seiner Frau und begrüßte anschließend seinen Chef und dessen Gattin.

Nach dem ersten belanglosen Geplänkel meinte Herr Bronner begeistert zu Marion: »Wie schön, dass ich Sie endlich kennenlerne, Frau Schröder! Nun kann ich verstehen, warum Ihr Mann Sie so wachsam vor mir und seinen Kollegen versteckt hält.« Er lachte amüsiert.

»Wir feiern unseren vierten Hochzeitstag. Da wollte ich meiner Frau schon etwas ganz Besonderes bieten«, erklärte Hannes.

Frau Bronner schwieg die ganze Zeit und beobachtete Marion nur abschätzend. Fast hatte man den Eindruck, als würde sie jedes weibliche Wesen automatisch als Rivalin betrachten.

Nach zehn Minuten läutete die Glocke die zweite Hälfte der Vorstellung ein.

»Hätten Sie nicht Lust, mit uns zusammen nach der Vorstellung ein Glas Wein zu trinken?«

Friedrich Bronners Frage klang eher wie eine Aufforderung, die kein Nein akzeptierte.

Hannes zögerte einen Moment. Eigentlich hätte er den Abend am liebsten mit Marion allein ausklingen lassen. Aber auf eine Einladung von seinem Chef musste er natürlich höchst erfreut reagieren.

»Das ist eine hervorragende Idee!«, meinte er deshalb. »Wir kommen gern mit, stimmt's, Marion?«

Marion wollte Hannes den Abend nicht verderben. Sie spürte, in welchem Zwiespalt er steckte.

»Sicher, wir freuen uns«, stimmte sie zu.

»Können Sie denn so einfach über die Zeit Ihres Babysitters verfügen?«, ergriff nun Brigitte Bronner zum ersten Mal das Wort.

Marion wusste in diesem Augenblick, dass der Abend nicht sehr angenehm werden würde. Frau Bronner stichelte anscheinend gern.

»Wir haben keine Kinder, leider. Also können wir über unsere Zeit frei verfügen«, erwiderte sie, um Hannes' willen betont ruhig.

An den Blicken, die ihr Frau Bronner zuwarf, erkannte Marion, was die andere dachte: Was für einen Grund gibt es noch, so blutjung zu heiraten, außer man bekommt ein Kind?

Herr Bronner vereinbarte mit Hannes Schröder, dass sie sich gleich nach der Vorstellung im »Rathauskeller« um die Ecke treffen wollten.

Als Marion neben Hannes zu ihrem Platz zurückging, war sie sehr schweigsam und in sich gekehrt. Es war schon öfter vorgekommen, dass die Leute annahmen, nur weil sie bereits kurz nach dem Abitur geheiratet hatten, müssten sie auch ein Kind oder sogar mehrere haben. Als sei das der einzige Grund für eine frühe Ehe.

Die Eltern von Hannes hatten die junge Verbindung gar nicht gerne gesehen. Sie waren der Überzeugung gewesen, dass die Heirat ihren Sohn vom Studieren abhalten würde. Vor allem sein Vater, ein erfolgreicher Chirurg, hatte für Hannes die gleiche steile Karriere vorgesehen und war bereit gewesen, ihm alle Wege an seiner Klinik zu ebnen.

Er war bitter enttäuscht gewesen, dass Hannes Jura hatte studieren wollen, und hatte in seinem Zorn Marion an dieser Entwicklung die Schuld gegeben. Die Beziehung zu ihren Schwiegereltern war deshalb von Anfang an sehr gespannt gewesen.

Die Eltern von Marion hingegen hatten selbst sehr früh geheiratet und verstanden, dass die beiden jungen Menschen eine feste Verbindung eingehen wollten. Was sprach auch dagegen, eine große Liebe zu besiegeln? Und wenn erst Kinder kamen, war eine Heiratsurkunde allemal besser.

»Wenn ihr euch sicher seid, dann solltet ihr auch heiraten. Irgendwie werden wir das schon schaffen«, hatten sie angeboten.

Das junge Ehepaar hatte in der ersten Zeit in Marions Mädchenzimmer gewohnt. Als Marion ihre Ausbildung als Sekretärin dann beendet hatte, waren sie in eine kleine Zweizimmerwohnung gezogen. Obwohl die Studienjahre von Hannes eine entbehrungsreiche Zeit gewesen waren, hatten sie es nie bereut. Das Geld, das Marion bezogen hatte, hatte gerade so zum Leben gereicht, und Hannes hatte in den Semesterferien das verdient, was sie sonst noch gebraucht hatten. Es war trotz allem eine unbeschwerte Zeit gewesen.

Seit einem Jahr war Hannes nun in der Kanzlei »Bronner und Partner« beschäftigt, und er wartete insgeheim darauf, dass man ihm eine Teilhaberschaft anbieten würde. Das war auch der Grund dafür gewesen, dass er das Angebot seines Seniorchefs zu einem Glas Wein angenommen hatte.

Mittlerweile bewohnte das junge Paar eine schöne Altbauwohnung mit vier Zimmern in einem renovierten Haus aus der Gründerzeit. Sie glaubten, alles zu haben, was sie sich wünschten.

Der einzige Wermutstropfen in ihrem Glück war die Tatsache, dass sie immer noch kein Kind hatten. Beide wünschten sie sich nichts sehnlicher als ein Baby.

Hannes hatte den Stimmungsumschwung seiner Frau sehr wohl bemerkt. Er beugte sich zu ihr hinüber und flüsterte ihr ins Ohr: »Na, Nixlein, ich hoffe, du bist nicht böse darüber, dass ich die Einladung angenommen habe?«

»Nein, nein. Es ist schon in Ordnung!«, versicherte ihm Marion.

Hinter ihnen wurde leise gezischt. Beide wandten ihre Aufmerksamkeit wieder der Bühne zu.

♥♥♥

Friedrich Bronner gebärdete sich hinterher im »Rathauskeller« ganz als der großzügige Gastgeber. Aufgeräumt bestritt er die Unterhaltung fast völlig allein. Seine Frau hielt sich weitgehend zurück.

»Das haben wir also miteinander gemeinsam, Herr Schröder. Frauen, die uns durch das Studium gebracht haben. Lassen Sie uns auf unsere großartigen Ehefrauen trinken!«

Er hielt Marion sein Glas entgegen. In diesem Moment bemerkte sie den bitteren Zug um Frau Bronners Mundwinkel.

Vielleicht hat sie seinetwegen eine eigene Karriere im Berufsleben aufgegeben, dachte Marion.

Was sie allerdings nicht wissen konnte, war, dass die Worte ihres Mannes auf Brigitte Bronner wie ein Schlag ins Gesicht wirkten. Es stimmte, sie hatte ihm mit ihrer Arbeitskraft das Studium erst ermöglicht. Doch schon bald, nachdem er erfolgreich im Berufsleben gestanden hatte, hatte er sich anderen Frauen zugewandt.

Brigitte Bronner hatte in all den Jahren ihrer Ehe stumm gelitten. Zuerst war sie wegen der beiden Kinder bei ihm geblieben. Dann, weil sie es nicht mehr gewagt hatte, auf eigenen Füßen zu stehen.

Sie suchte und fand ihre Zerstreuung im Sammeln von Antiquitäten. Ihr Mann schmunzelte über ihr Hobby, doch sah er darin auch die Möglichkeit einer guten Kapitalanlage – und so duldete er es.

Auf der Heimfahrt sagte Hannes ungewöhnlich ernst: »Ich möchte nie, dass wir eine solche Ehe führen, mein Nixlein! Das könnte ich nicht ertragen.«

Also hatte er auch gemerkt, dass etwas zwischen seinem Chef und dessen Frau nicht stimmte.

Marion schmiegte sich an ihn und legte ihre Hand auf die seine.

»Wir sind anders, Schatz. Uns kann das nicht passieren.«

Als Hannes ihr aus dem Auto half, nahm er sie noch in der Garage in die Arme und drückte sie fest an sich.

»Ich liebe dich, Marion. Ich hoffe, dass du es nie bereuen musst, mich geheiratet zu haben.«

Marion legte den Kopf in den Nacken und sah ihren Mann verliebt an.

»Das werde ich ganz sicher nicht. Ich liebe dich doch auch, Hannes.«

Zärtlich hob er ihr Kinn und küsste sie innig.

Dann meinte er lachend: »Lass uns ins Haus gehen! Dort ist es gemütlicher.«

»Ja, und vielleicht auch ein bisschen romantischer«, fügte sie verheißungsvoll hinzu.

Eng umschlungen gingen die beiden die Treppe zur Haustür hinauf. Sie fühlten, dass nichts und niemand ihr Glück stören konnte.

♥♥♥

»Ich muss dir etwas sagen, Hannes.«

Marion machte eine kleine Pause. Die beiden jungen Eheleute saßen am Frühstückstisch.

»Was gibt es denn?« Hannes sah von seiner Zeitung auf.

»Ich habe heute einen Termin beim Arzt. Er will mir die Ergebnisse der Tests mitteilen.«

Hannes stand auf und trat ans Fenster. Er hatte gewusst, dass Marion eine gynäkologische Untersuchung hatte vornehmen lassen. Sicher, es tat ihm auch leid, dass sich immer noch kein Nachwuchs bei ihnen eingestellt hatte. Aber er fand, dass sich Marion das alles zu sehr zu Herzen nahm.

»Wir sind noch so jung und können noch eine Menge Kinder miteinander haben«, hatte er mehr als einmal zu ihr gesagt.