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Niemals, das weiß Christine Frohnau ganz genau, wird ihre Liebe zu Dr. John Richter Erfüllung finden, denn der angesehene Chirurg ist gebunden. Und er hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er seine bildschöne, verwöhnte Frau Annabell niemals verlassen wird. Trotzdem ist Christine überglücklich, als John in einer einzigen Nacht in ihren Armen schwach wird. Die Erinnerung an diese leidenschaftlichen Stunden wird sie für den Rest ihres Lebens begleiten und ihr Kraft geben, wenn die Verzweiflung übermächtig wird. Wie sehr sie diese Kraft braucht, merkt sie schon ein paar Wochen später, denn ihre wundervolle Liebesnacht ist nicht ohne Folgen geblieben. Sie erwartet Johns Kind - und niemand darf es erfahren ...
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Seitenzahl: 97
Veröffentlichungsjahr: 2025
Cover
Es gab nur diese eine Nacht
Vorschau
Impressum
Es gab nur diese eine Nacht
Roman um die Folgen einer großen, unerfüllten Liebe
Von Charlotte Vary
Niemals, das weiß Christine Frohnau ganz genau, wird ihre Liebe zu Dr. John Richter Erfüllung finden, denn der angesehene Chirurg ist gebunden. Und er hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er seine bildschöne Frau Annabell niemals verlassen wird.
Trotzdem ist Christine überglücklich, als John in einer einzigen Nacht in ihren Armen schwach wird. Die Erinnerung an diese leidenschaftlichen Stunden wird sie für den Rest ihres Lebens begleiten und ihr Kraft geben, wenn die Verzweiflung übermächtig wird. Wie sehr sie diese Kraft braucht, merkt sie schon ein paar Wochen später, denn ihre wundervolle Liebesnacht ist nicht ohne Folgen geblieben. Sie erwartet Johns Kind – und niemand darf es erfahren ...
Die beiden deutschen Mädchen fielen im eleganten Luxushotel »Miramare« auf. Einmal deswegen, weil sie so ungewöhnlich hübsch waren, und dann auch, weil in diesem vornehmen Haus ansonsten nur wenig jüngere Leute residierten. Die meisten Gäste waren reiche ältere Ehepaare, Italiener, Amerikaner und Franzosen, die für ihre rheumatischen Glieder Heilung in den Thermalquellen von Sant'Angelo suchten.
»Ischia ist ein Traum«, schwärmte Mandy Salten glücklich aufseufzend. »Dass dein Papa mir die Reise nach Italien bezahlt hat, ist einfach super. Ich hätte sie mir ja niemals leisten können.«
Annabell Merz verzog ironisch die Lippen. »Das hat mein alter Herr nicht nur aus purer Menschenfreundlichkeit getan«, meinte sie. »Er hat dich quasi als Gouvernante für mich engagiert. Also vergiss nicht, auf mich aufzupassen, Mandy! Ich bin gerade mächtig in Stimmung für ein kleines Abenteuer.«
Mandy Salten hob drohend den Finger. »Du, untersteh dich! Ich möchte schließlich auch ein bisschen Spaß haben und nicht nur dauernd den Anstandswauwau spielen. Komm, gehen wir frühstücken! Mein Magen hängt mir schon bis in die Kniekehlen.«
Sie hüpften die Treppe zum Speisesaal hinab, jung und temperamentvoll genug, um den Lift zu verschmähen.
Beide gerade neunzehn, hatten sie zusammen das Gymnasium absolviert und waren dicke Freundinnen. Zum bestandenen Abitur hatte Annabells Vater, ein sehr vermögender Fabrikant, seiner Tochter eine Reise zur italienischen Vulkaninsel Ischia geschenkt und auf Annabells Bitten auch deren Freundin miteinbezogen.
Mandy Salten, die Älteste von fünf Geschwistern, hätte ihrem Papa mit so extravaganten Wünschen nicht zu kommen brauchen. Bei den Saltens war Bargeld immer eine Rarität.
Die beiden Mädchen hatten vor, sich zum Wintersemester an der Münchener Universität zu immatrikulieren. Mandy, eine pflichtbewusste und sehr begabte Schülerin, wollte Pädagogik studieren und Lehrerin werden. Annabell, die ihr Abitur noch gerade so geschafft hatte, wollte sich für Kunstgeschichte einschreiben lassen.
Annabells Berufspläne waren noch reichlich vage. Aber die verwöhnte Prinzessin und einzige Erbin von Mefrost-Tiefkühlkost hatte es ja auch nicht nötig, nach möglichst kurzer Studienzeit Geld zu verdienen.
Das Auftauchen der beiden bildhübschen Geschöpfe im Frühstückraum erregte wie jeden Tag Aufsehen.
Antonio, der fesche Kellner, strahlte die Mädchen mit so unverhohlener Bewunderung an, wie es nur ein Südländer vermochte. Er konnte sich nicht recht entscheiden, welcher von beiden er den Vorzug geben sollte.
Mandy hatte ein weiches, entzückend schelmisches Gesicht, aus dem kornblumenblaue Augen strahlten. Eine Flut kupferroter Locken umgab den reizenden Kopf wie eine Gloriole. Ihre verführerisch weiblichen Kurven wurden durch ein enges mintgrünes Kleid betont.
Annabell wirkte gegen sie kühl, kostbar und prinzessinnenhaft. Ihre seidenglatte platinblonde Mähne fiel schimmernd auf ihre zarten Schultern. Das schmale, sehr fein geschnittene Gesicht wurde beherrscht von schwarzbewimperten dunkelgrauen Augen. Sie trug weiße Edeljeans zu einer stahlblauen Seidenbluse, und ihre Taille hätte man mit zwei Händen umspannen können.
Die beiden Mädchen genossen das Aufsehen, das sie erregten, und blickten sich diskret um. Annabell krauste die Brauen.
»Wieder nur lauter Fossilien«, stellte sie nach einem Blick auf die Gäste fest und schenkte sich Kaffee ein.
»Bis auf einen ... Schau mal, der da hinten in der Ecke! Der ist neu«, flüsterte Mandy. »Er sitzt allein am Tisch. Und er sieht wirklich interessant aus! Sicher ein Amerikaner! Jedenfalls, der könnte mir gefallen!«
Annabells Wimpern hoben sich. »Na ja, dreißig ist er aber mindestens«, bemerkte sie. »Immerhin der Jüngste hier und einigermaßen attraktiv.«
Sie hätte vor Mandy niemals zugegeben, dass der Fremde sie stark beeindruckte. Stattdessen flötete sie so teilnahmslos, dass die Freundin kichern musste:
»Sicher ruht seine Frau noch, oder sie hat sich bereits zum Massieren begeben. Wir werden sie schon noch zu sehen kriegen.«
»Glaub' ich nicht!«, widersprach Mandy. »Er trägt, soviel ich feststellen kann, keinen Ehering. Ist also zum Abschuss freigegeben.«
»Amanda Salten, ich muss mich sehr über dich wundern!« Annabell stemmte in gespielter Entrüstung die Arme in die Seiten. »Du sollst auf mich aufpassen, dabei machst du schon beim Kaffee Jagd auf Männer! Es ist ein Skandal!«
Mandy schenkte sich seelenruhig noch einen Orangensaft ein und biss dann genüsslich in ihr Honigbrötchen.
»Schließlich sind wir im Urlaub!«, meinte sie. »Ein Flirt wird wohl noch erlaubt sein.«
Dr. John Richter beobachtete an seinem Einzeltisch das Gehabe der beiden fröhlichen Mädchen mit einem Schmunzeln. Was für ein herzerfrischender Anblick unter all den älteren Gästen dieses seriösen, aber komfortablen Hauses!
Er selber hatte auf seiner Europareise Ischia mit eingeplant, da man ihm den Reiz der Insel angepriesen hatte.
Es war Johns erste Reise, die er seit Edwinas Tod unternahm, und er hatte Erholung bitter nötig.
Dr. John Richter arbeitete als Chirurg an der Klinik einer mittelgroßen Stadt in Nebraska. Und seit dem schrecklichen Tag, an dem er Witwer geworden war, hatte er seine Arbeit als eine Art Droge benutzt, um sich gegen den Schmerz der Trauer zu betäuben.
Edwina war ebenfalls Ärztin gewesen, eine etwas kühle, sehr tüchtige Frau, mit der ihn eine tiefe Freundschaft und Kameradschaft verbunden hatte. Sie hatte ihm lange gefehlt und fehlte ihm auch heute noch.
Und deshalb hatte er mehr gearbeitet als für seine Gesundheit gut war.
Aber nun war Schluss damit, für ganze drei Monate!
Nach dem Besuch von Paris, Mailand und Rom war er nun auf dieser paradiesischen Insel gelandet, deren Charme ihn sofort beeindruckt hatte. Er wollte drei Wochen bleiben und dann nach Deutschland weiterreisen.
Freiburg war die Heimat seiner Mutter. Von ihr hatte er nicht nur die deutsche Sprache gelernt, sondern auch die Liebe zu Deutschland.
John Richter war nun dreiunddreißig, ein schlanker, hochgewachsener Mann, in dessen dunkelblondes Haar sich bereits die ersten Silberfäden mischten. Doch sein Körper war sportlich durchtrainiert, seine gebräunte Haut faltenlos.
Daheim in Nebraska wartete sein zehnjähriger Sohn auf ihn. Der kleine Gregory wuchs seit dem Tod Edwinas bei seinen Großeltern auf, die mit John in einem großen Haus wohnten.
John schrieb seinem Sohn jeden Tag eine Ansichtskarte. Das hatte sich der Junge von seinem Vater gewünscht.
Die beiden Mädchen standen vom Frühstückstisch auf, lachend und scherzend. Ach, einmal noch so jung und unbeschwert sein können!, dachte John sehnsüchtig.
Die eine von ihnen, die Haare wie mattes Silber hatte, sah aus wie eine Botticelli-Schönheit. Wenn sie Italienerin war, konnte sie nur aus Venedig oder aus der Lombardei stammen. Solche Blondinen waren hier sehr selten.
Auch die andere war reizvoll in ihrer gesunden Frische und quirligen Lebendigkeit. Nun gingen sie an seinem Tisch vorbei, lebhaft plaudernd, und er hörte deutsche Laute.
Ah, eine nette Überraschung!, dachte er. Man könnte sich einmal auf Deutsch mit ihnen unterhalten.
Aber dann schüttelte er über sich selbst den Kopf. Was wollte er denn mit Teenagern? Die bevorzugten jüngere Jahrgänge.
Kurze Zeit später lagen die Mädchen im weichen, warmen Sand des Maronti-Strandes. Sie waren erst weit hinausgeschwommen und hatten dann noch im seichten Wasser herumgealbert. Jetzt ruhten sie faul auf ihren Badelaken unter einem Sonnenschirm.
Mandy öffnete blinzelnd ein Auge. »Du, der Amerikaner aus unserem Hotel kommt«, murmelte sie, und ihr Atem ging ein wenig schneller.
Annabell wälzte sich auf den Rücken.
»Na, wenn schon!«, versetzte sie anscheinend uninteressiert. »Hat er seine Missis im Schlepptau? Wie schaut sie aus?«
»Nichts Weibliches im Gefolge«, antwortete Mandy. »Er setzt sich seitlich von uns nieder, dorthin, wo die Fischerkähne liegen. Jetzt zieht er sich aus! Wirklich nicht schlecht, der Knabe! Keine Spur von Bauchansatz, in seinem Alter! Und gebräunt wie ein Modellathlet!«
»Du übertreibst wie immer, Mandy!«, kritisierte Annabell stirnrunzelnd. »Na immerhin, er ist passabler als diese einheimischen Jungen. Die haben zwar Köpfe wie von Murillo gemalt, aber alle viel zu kurze Beine.«
Sie erhob sich hoheitsvoll und schritt zum Wasser, eine grazile, langbeinige junge Göttin mit wehenden silberblonden Haaren. O ja, Annabell wusste, wie man sich in Szene setzte.
Mandy grinste in sich hinein. Annabells Desinteresse an dem Hotelgast war nur geschickt gespielt. Sie ging jetzt einzig und allein seinetwegen noch einmal ins Wasser und kraulte aufs Meer hinaus. Sie wusste genau, dass der Fremde sie beobachtete.
Dr. John Richter war nun ebenfalls von einem Boot ins Meer gesprungen. Mandy drehte sich wieder auf den Bauch und vertiefte sich in ihren Reiseführer. Der Amerikaner hätte sie wirklich interessiert, aber sie wusste ja, wo Annabell war, hatte sie keine Chance. Sie trat freiwillig und ohne Groll zurück.
Es dauerte ziemlich lange, bis Annabell zurückkam und sich neben die Freundin in den Sand legte.
»Also, er heißt Dr. John Richter und ist tatsächlich Amerikaner«, sprudelte sie hervor. »Und er befindet sich ganz allein auf Europatour. Außerdem hat er mich für heute Abend zum Tanzen eingeladen, ins ›Romantica‹.«
»Gratuliere!« Mandys Stimme klang nun doch ein wenig verdrossen. »Ist er denn so ein Aufreißertyp?«
»Keineswegs«, antwortete Annabell befremdet. »Ich musste sogar einen kleinen Schwächeanfall markieren, damit er mir zu Hilfe kam. Ich habe mich dann über die Langeweile in unserem Hotel beklagt – und so kam es eben. Jetzt geht er telefonieren. Wahrscheinlich handelt es sich um wichtige Geschäfte.«
»Du benimmst dich ja ganz schön kess«, urteilte Mandy. »Er könnte zum Beispiel auch seine Frau anrufen. Aber meinetwegen! Ich gönne ihn dir.«
Annabell lachte. »Du kommst natürlich mit heute Abend«, rief sie. »Er weiß es schon.«
Mandy zuckte die Schultern. »Du, lieber nicht. So als fünftes Rad am Wagen ...«
»Quatsch!«, widersprach Annabell. »Es sieht viel besser aus, wenn ich nicht allein komme. Es wird bestimmt ein toller Abend.«
♥♥♥
Als Dr. Richter wieder in seinem Hotelzimmer war, verstand er sich selbst nicht mehr. Was hatte er denn da angestellt!
In Amerika wäre es ihm bestimmt nie eingefallen, sich mit einem neunzehnjährigen Mädchen zu verabreden. Und nun wollte er tatsächlich mit einem Teenager tanzen gehen wie ein College-Boy!
War das etwa die Ferienstimmung? Oder das Fluidum dieser Insel, das, wie man behauptete, wieder jung machte?
Der starke Reiz, der von dieser silberblonden Nixe ausging, irritierte ihn und bewog ihn dazu, ungewöhnliche Dinge zu tun.
Eigentlich ganz gut, dass er heute Abend mit der gefährlichen kleinen Schönheit nicht allein sein würde. Er wollte sich ja nicht zum Narren machen. Nein, das hatte er wirklich nicht vor.
Mandy ließ sich dann doch von Annabell überreden mitzugehen, und die beiden Freundinnen machten sich für den Abend zurecht.
Bei Mandy ging das rasch. Sie duschte, bürstete sich ihre kupferroten Locken und schlüpfte in ein duftiges geblümtes Sommerkleid. Schminke mochte sie nicht. Ihr frisches Gesicht benötigte auch keine.
Annabell jedoch konnte wie immer mit dem Auftragen von Lidschatten und Lippenrot kein Ende finden. Auch musste der silberne Lack auf ihren Nägeln noch trocknen.
Sie sah aber dann auch traumhaft schön aus in ihrem hauchdünnen, plissierten weißen Chiffonkleid mit dem Silbergürtel.
Dr. John Richter erwartete die beiden Mädchen bereits in der Hotelhalle. Er kam sich ein wenig wie ein netter älterer Onkel vor, der seine Teenager-Nichten ausführte, und gab sich deswegen betont zurückhaltend.
Aber gerade das spornte Annabell an, die Kunst der Koketterie an ihm zu erproben und ihn aus der Reserve zu locken. Sie war es gewöhnt zu siegen.