Familie mit Herz 59 - Sabine Stephan - E-Book

Familie mit Herz 59 E-Book

Sabine Stephan

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Beschreibung

... und jeden Abend wartet Moritz
Bewegender Roman um eine verwundete Kinderseele
Von Sabine Stephan

Moritz gilt als ein bockiges, geradezu unausstehliches Kind, und kein Babysitter hält es lange bei ihm aus. Dabei ist er nur ein zutiefst verstörter kleiner Junge, der unter dem Tod seiner Mutter leidet.
Da bringt sein Vater Anne Weinberg ins Haus, und merklich entspannt sich die Situation, denn die Frau bemüht sich aufrichtig darum, das Vertrauen des Kindes zu gewinnen.
Als Moritz jedoch erfährt, wer Anne wirklich ist, versetzt ihm das einen solchen Schock, dass er sich mehr denn je in Aggressionen flüchtet ...

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Inhalt

Cover

Impressum

… und jeden Abend wartet Moritz

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige eBook-Ausgabeder beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2019 by Bastei Lübbe AG, Köln

Programmleiterin Romanhefte: Ute Müller

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: gostua / shutterstock

eBook-Produktion:3w+p GmbH, Rimpar (www.3wplusp.de)

ISBN 9-783-7325-8842-8

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

www.bastei.de

… und jeden Abend wartet Moritz

Bewegender Roman um eine verwundete Kinderseele

Von Sabine Stephan

Moritz gilt als ein bockiges, geradezu unausstehliches Kind, und kein Babysitter hält es lange bei ihm aus. Dabei ist er nur ein zutiefst verstörter kleiner Junge, der unter dem Tod seiner Mutter leidet.

Da bringt sein Vater Anne Weinberg ins Haus, und merklich entspannt sich die Situation, denn die Frau bemüht sich aufrichtig darum, das Vertrauen des Kindes zu gewinnen.

Als Moritz jedoch erfährt, wer Anne wirklich ist, versetzt ihm das einen solchen Schock, dass er sich mehr denn je in Aggressionen flüchtet …

„Sei vorsichtig“, mahnte Anne Weinberg ihren Mann Alexander, der mit andächtigem Staunen seinen zwei Wochen alten Sohn Christian in den Armen wiegte.

„Mach dir keine Sorgen.“ Alexander lächelte über die Besorgnis seiner Frau. „Ich passe schon auf. Unseren Kleinen werde ich wie meinen Augapfel hüten. Lange genug hat er auf sich warten lassen.“ Er legte das Baby behutsam in die Wiege zurück und wandte sich seiner Frau zu. Zärtlich zog er sie an sich. „Du musst nicht so überängstlich sein, Anne.“

„Du weißt doch, warum ich so reagiere.“ Anne seufzte. „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass wir nun doch Eltern geworden sind. Für mich ist es wie ein Wunder, nach so vielen Jahren vergeblichen Hoffens endlich unser Kind in den Armen halten zu dürfen.“ Glücklich schmiegte sie sich an ihren Mann und betrachtete das Baby, das schläfrig an seinem Nuckel saugte.

Es war ein hübscher Junge. Die braunen Haare kringelten sich in vorwitzigen Löckchen um den Kopf, und die großen, dunklen Augen blickten neugierig in die Welt. Die Locken hat er von Alexander, dachte Anne glücklich und kuschelte sich noch enger an ihren Mann.

Alexander war ein Bild von einem Mann, groß, kräftig, sonnengebräunt. Die braunen Locken trotzten jedem Versuch, sie in einer Frisur zu bändigen. Aber gerade das machte Alexander so anziehend, und das spitzbübische Lächeln, das ihm eigen war, ließ ihn jünger erscheinen als achtunddreißig.

Auch Anne musste sich nicht verstecken. Sie war eine attraktive Frau, die sich ihre grazile Figur trotz der späten Schwangerschaft bewahrt hatte. Die brünetten Haare trug sie glatt zu einem Pagenkopf frisiert, der gut zu ihr passte. Die neckischen Grübchen in den Mundwinkeln ließen vergessen, dass sie bereits vierunddreißig Jahre alt war.

Die Grübchen hatte ihr Sohn von ihr geerbt. Kein Zweifel, er war ihr Kind, und er war rundherum gesund. Es hatte nicht immer so ausgesehen, als würde das Kind gesund zur Welt kommen. Die Schwangerschaft war alles andere als einfach verlaufen, und auch bei der Geburt hatte es Komplikationen gegeben. Doch nun war alles überstanden, und Annes sehnlichster Wunsch, Mutter zu werden, war endlich in Erfüllung gegangen.

„Es ist ein Wunder, dass uns dieses Kind doch noch geschenkt wurde“, sagte nun auch Alexander. „Aber wir dürfen es deshalb nicht in Watte packen, Anne. Der Junge muss unbekümmert heranwachsen können.“

Anne wollte etwas erwidern, doch ein Windstoß wehte durch das offene Fenster, löste den liebevoll drapierten Blümchenüberwurf von der Wiege und wehte ihn über das Gesicht des Säuglings. Der spuckte unwillig den Nuckel aus und begann, leise zu weinen. Alexander schloss schnell das Fenster, während Anne den Vorhang wieder festzog. Dann richtete sie fürsorglich die Decke über dem Kind und summte leise ein Lied. Das Baby beruhigte sich und fiel in einen sanften Schlummer.

Anne wandte sich ihrem Mann zu.

„Mit der Zeit wird es mir schon gelingen, meine Angst in den Griff zu bekommen. Ich weiß, ich bin übervorsichtig und sehe Gefahren, wo keine sind. Aber ich lebe ständig in der Furcht, dem Kind könnte etwas passieren. Wahrscheinlich ist das noch Unsicherheit, ich muss erst lernen, mit einem Baby zurechtzukommen.“

„Das wird dir schon gelingen.“ Alexander lächelte zuversichtlich und zog seine Frau behutsam von der Wiege fort. Sie konnte sich kaum von dem Kind trennen. „Du wirst bestimmt die beste Mama, die sich unser Sohn wünschen kann.“

„Und du ein hervorragender Vater.“

Anne fuhr ihrem Mann zärtlich durch die Haare. Sie war dem Schicksal unendlich dankbar, das ihr endlich Nachwuchs beschert hatte, aber tiefer in ihrem Innern bohrte eine unerklärliche Angst, die sie einfach nicht abschütteln konnte.

♥♥♥

Christian gedieh prächtig. Er war ein aufgewecktes Kerlchen, das bald munter durch die Zimmer krabbelte, seine ersten Stehversuche unternahm und die Eltern gehörig auf Trab hielt.

Anne hatte sich in ihre Mutterrolle hineingefunden, die Überängstlichkeit der ersten Zeit hatte sich gelegt. Sie ließ den Kleinen seine Erfahrungen machen und engte ihn in seinem Bewegungsdrang nicht ein.

An diesem Tag war Ruth, Alexanders Mutter, zu Besuch gekommen. Sie war nicht mehr gut zu Fuß, und der lange Spaziergang hatte sie erschöpft. Stöhnend ließ sie sich auf einem Stuhl in der Küche nieder. Anne bereitete gerade für Christian das Essen zu.

„Wie geht es dem Kleinen, kann er jetzt schon stehen?“, erkundigte sich Ruth und betrachtete wohlwollend ihren Enkel, der friedlich mit seinen Bauklötzchen auf dem Fußboden spielte.

Anne seufzte leise. „Stehen kann er schon lange, er beginnt sich gerade im Laufen zu üben. Ich fürchte, unsere Ruhe ist vorbei, wenn er erst einmal richtig laufen kann. Es ist ja jetzt schon nichts mehr vor ihm sicher.“

Sie schmunzelte amüsiert, als sie sah, wie Christian vergeblich versuchte, zwei Bauklötzchen ineinander zu stecken. Mit seinen tollpatschigen Händchen war er noch zu unbeholfen, um die Steine richtig umfassen zu können. Der Junge gab aber nicht auf. Die Lippen fest zusammengepresst, setzte er konzentriert seine Bemühungen fort.

„Schön, dass der Junge so gesund und munter ist.“ Ruth lächelte froh und strich dem Kleinen liebevoll über den Lockenkopf.

Christian grummelte vor sich hin, das Spiel hatte seinen Reiz verloren. Missmutig schob er die Bausteine weg. Die bunte Keksdose im Küchenregal hatte es ihm nun angetan. Flink zog er sich am Schrank hoch und versuchte, die Dose zu packen, seine Ärmchen waren aber zu kurz. Laut protestierend plumpste er auf den Po und sah auffordernd zur Mutter hin. Die ließ sich jedoch nicht beeindrucken und schüttelte entschieden den Kopf.

„Nein, Schätzchen“, sagte sie fröhlich. „Zuerst isst du brav dein Gemüse, dann können wir über einen Keks zum Nachtisch reden.“ Sie wandte sich um und rührte in einem Topf, der auf dem Herd stand.

Christian zog einen Flunsch und robbte zum Tisch. Vorsichtig richtete er sich auf und umklammerte die Tischkante. Er konnte kaum darüber blicken.

Anne hatte Gemüse geschnitten und vergessen, das Messer wegzuräumen. Es lag noch immer auf dem Tisch und erregte Christians Aufmerksamkeit. Freudig grapschte er danach.

Rasch stand Ruth auf und verhinderte gerade noch rechtzeitig, dass ihr Enkel das gefährliche Werkzeug in die Finger bekam.

„Solche Gegenstände gehören nicht in die Reichweite eines Kindes“, tadelte sie missbilligend, als Anne erschrocken herumfuhr. „Kinder in diesem Alter wollen alles untersuchen, sie sind wissensdurstig. Man muss immer darauf achten, alle gefährlichen Dinge aus ihrem Umkreis zu verbannen.“

„Das weiß ich selbst, Mutter“, erwiderte Anne leicht gereizt. Ihre Schwiegermutter konnte es einfach nicht lassen, sie zu maßregeln.

Ruth war im Grunde ein umgänglicher Mensch, und die Frauen kamen gut miteinander aus, doch was die Kindererziehung betraf, traute sie ihrer Schwiegertochter nicht viel zu. Ständig hatte sie etwas auszusetzen. Anne verstand, dass auch Ruth lange genug auf ihr Enkelkind hatte warten müssen und deshalb überbesorgt war. Aber es verging kein Besuch, bei dem sie nicht ihre Ratschläge in mehr oder minder belehrendem Ton anbrachte.

„Ich habe nicht gedacht, dass Christian schon so weit über den Tisch greifen kann“, rechtfertigte sich Anne.

„Mit solchen Eventualitäten muss man immer rechnen“, entgegnete Ruth ernst. Sie stützte sich schwer auf ihren Gehstock. „Du kannst den Jungen nicht ständig im Auge behalten. Es ist auf jeden Fall besser, alle Gefahrenquellen von vornherein zu beseitigen. Er hätte sich ernsthaft verletzen können.“

Anne sah ein, dass ihre Schwiegermutter recht hatte. Schuldbewusst nickte sie.

„Ich werde in Zukunft darauf achten, dass so etwas nicht wieder vorkommt.“

„Anne, ich möchte dich nicht bevormunden.“ Ruth hob beschwichtigend die Hand. „Ich möchte nur verhindern, dass du meine Fehler wiederholst. Alexander war ebenso lebhaft wie Christian. Er ist öfters mal in große Gefahr geraten, weil ich einfach zu sorglos gewesen bin. Er hatte immer einen besonders aufmerksamen Schutzengel, aber es hätte auch schiefgehen können. Bitte verstehe mich, Anne, ich möchte nicht die allwissende Schwiegermutter spielen. Viel lieber wäre ich dir eine liebe Freundin, die dir mit Rat und Tat zur Seite steht. Von einer Freundin nimmst du doch einen Rat an, oder?“ Ruth lächelte unsicher. Leise fuhr sie fort: „Ich könnte es nicht ertragen, wenn meinem Enkel etwas passieren würde.“

„Das könnte ich ebenso wenig, Mutter.“ Liebevoll zog Anne ihre Schwiegermutter in die Arme. „Ich passe schon auf unseren Sonnenschein auf, darauf kannst du dich verlassen.“

♥♥♥

Es war eine schwüle Sommernacht, die Luft war stickig, und kein Windhauch brachte Abkühlung. Unruhig wälzte sich Anne in den Kissen, sie konnte einfach nicht einschlafen. Alexanders ruhige Atemzüge verrieten, dass er in tiefem Schlummer lag. Fast war Anne neidisch. Leise seufzend erhob sie sich und ging in die Küche. Sie goss sich ein Glas Milch ein und lauschte angespannt, doch aus dem Kinderzimmer war kein Laut zu hören, obwohl die Tür nur angelehnt war. Christian schien ebenso fest zu schlafen wie sein Vater.

Mit kleinen Schlucken trank Anne ihr Glas leer und blätterte gelangweilt in einer Zeitung. Müdigkeit wollte sich einfach nicht einstellen. Resigniert legte sie die Zeitung zusammen und beschloss, wieder ins Bett zu gehen. Doch vorher wollte sie noch einen Blick ins Kinderzimmer werfen, die Stille beunruhigte sie plötzlich.

Christian hatte den Schlaf eines Murmeltiers. Er rührte sich noch nicht einmal, als Anne sich übers Gitterbettchen beugte und die Decke ergriff, die er heruntergestrampelt hatte. Seine nackten Beinchen glänzten im Licht des Mondes. Zärtlich deckte Anne das Kind wieder zu und strich ihm eine Haarlocke aus der Stirn. Sie wollte sich schon abwenden, als sie stutzte. Irgendetwas stimmte nicht. Der Junge war viel zu reglos, seine Haut zu kühl. Besorgt fühlte sie erneut seine Wangen, dabei wischte sie leicht über das Mündchen.

Blankes Entsetzen packte sie, als sie keinen Atemzug spürte. Hastig schaltete sie das Licht ein. Christian rührte sich auch jetzt nicht. Er lag auf dem Rücken, der Kopf war auf die Brust gesunken, und das Gesichtchen wirkte seltsam blass.

Anne riss das Kind aus den Kissen. Doch Christian gab keinen Laut von sich. Leblos hing sein kleiner Körper in ihren Armen.

Eine eisige Hand griff nach Annes Herz. Fassungslos versuchte sie, dem Jungen ihren Atem einzuhauchen und ihn durch heftige Bewegungen wieder zu Bewusstsein zu bringen. Immer wieder fühlte sie verzweifelt nach dem Puls, doch es war nichts zu spüren. Erst allmählich drang die furchtbare Erkenntnis in ihr Gehirn. Ihr kleiner Sohn war gestorben, und sie hatte es nicht einmal gemerkt. Ein heiseres Krächzen kam über ihre Lippen, das in einen markerschütternden Schrei überging.

Alexander fand seine Frau neben dem Kinderbett kauernd, das tote Kind in den Armen. Mit leerem Blick sah sie ihn an.

Auch Alexander hatte Mühe, das Geschehen zu begreifen. Verständnislos blickte er auf das reglose Kind, dann handelte er. Er legte den Jungen auf den Boden und versuchte, ihn durch Herzmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung ins Leben zurückzuholen.

„Anne, so ruf doch endlich den Notarzt“, wies er seine noch immer wie gelähmt dasitzende Frau an.

„Es ist sinnlos“, erwiderte Anne mit brüchiger Stimme, die ihre ganze Verzweiflung verriet. „Niemand kann Christian mehr zu uns zurückbringen. Er ist tot.“

„Wie kannst du das sagen!“ Alexander war außer sich vor Angst. „Du bist kein Arzt. Vielleicht kann man dem Jungen noch helfen.“

Anne erhob sich müde. „Christian ist schon ganz kalt“, sagte sie dumpf. „Die Atmung muss bereits vor langer Zeit ausgesetzt haben.“

Dann wandte sie sich um und ging mit schleppenden Schritten ans Telefon. Mit zitternden Fingern wählte sie die Nummer des Notrufs. Ihre Stimme gehorchte ihr kaum, aber sie riss sich eisern zusammen. Erst als sie den Hörer wieder auf die Gabel zurückgelegt hatte, kamen die Tränen. Haltlos schluchzend sank sie zu Boden, während Alexander noch immer verzweifelt versuchte, seinen Sohn wiederzubeleben.

♥♥♥

Erst als der Notarzt sich von dem Kind abwandte und traurig den Kopf schüttelte, begriff Anne die ganze Tragweite des Geschehens. Sie schrie und schlug in wilder Panik um sich. Der Arzt gab ihr eine Beruhigungsspritze, die sie in einen gnädigen Schlaf versinken ließ.

Der Arzt wandte sich Alexander zu, in dessen Gesicht sich Fassungslosigkeit und Schmerz spiegelten.

„Es tut mir leid“, sagte er bedauernd. „Wir konnten nichts mehr tun. Ich nehme an, der Junge ist den plötzlichen Kindstod gestorben, ein Phänomen, das selbst der Wissenschaft noch Rätsel aufgibt. Anscheinend gesunde Kinder hören von einer Sekunde zur anderen auf zu atmen.“ Niedergeschlagen packte er seine Instrumententasche zusammen und seufzte traurig. Derart tragische Fälle gingen auch ihm sehr nahe. „Natürlich wird man die genaue Todesursache noch feststellen“, fuhr er leise fort. „Aber, ich denke, ich irre mich nicht.“

„Hätten wir ihn retten können, wenn wir es rechtzeitig bemerkt hätten?“, murmelte Alexander benommen. Fahrig strich er die zerzausten Haare zurück.

Der Arzt hob zweifelnd die Schultern.