Familienglück - Jens Corssen - E-Book

Familienglück E-Book

Jens Corssen

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Beschreibung

Persönlichkeits-Coach trifft Kinderpsychologen. Jens Corssen und Thomas Fuchs kombinieren das Beste aus ihrer Arbeitspraxis zu einem neuen Coaching-Konzept für Eltern und Kinder: Sich im Hier und Jetzt um eine gute Gestimmtheit bemühen, anstatt eigene Wünsche und Erwartungen auf den Partner oder die Kinder zu projizieren, ist der eine Schlüssel für ein harmonisches Familienleben. Also: Mehr Gegenwart leben als Zukunft planen! Der andere ist, eine Geisteshaltung zu entwickeln, mit der es gelingt, Worte der Wertschätzung und Anerkennung zu verwenden und jede Form der Entwertung von Partnern und Kindern zu vermeiden. Auf unterhaltsame Art, fundiert und mit vielen prägnanten Beispielen aus ihrer therapeutischen Praxis vermitteln die Experten Wege für gelingende Eltern-Kind-Beziehungen.

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Seitenzahl: 391

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Jens Corssen

Familienglück

Wie wir durch Anerkennung eine erfüllte Eltern-Kind-Beziehung erreichen

Knaur e-books

Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

VorwortEinleitungDie ideale FamilieNur bei uns läuft was schiefÄrger und Freude gehören dazuDer sichere Grund und BodenWie denke ich über das Leben?Eigene Bedürfnisse dürfen seinNichts ist mehr, wie es warWie zufrieden sind Eltern?Lieber Zwiebeln schälen als mit dem Kind spielenElternführerschein statt WickelkursWegweiser eins: Lassen Sie sich nicht überraschenWegweiser zwei: Rechnen Sie mit VeränderungenWegweiser drei: Pflegen Sie die LiebeWegweiser vier: Bitte nicht entwerten!Wegweiser fünf: Machen Sie sich Ihre Aufgabe als Eltern klarWegweiser sechs: Nehmen Sie Anteil am Leben Ihres PartnersWegweiser sieben: Achten Sie auf die StimmungWegweiser acht: Nutzen Sie die Werkzeuge des SelbstentwicklersWegweiser neun: Pflegen Sie das Glück des TagesDas Haus des FamilienglücksDas FundamentSelbstwerterhöhungKontrolleLustgewinn und UnlustvermeidungBindungGrundbedürfnisse schützenNeue Wege fürs GehirnJeder hat rechtKlimaschutzDie vier SäulenSäule eins: Die Einzigartigkeit des Kindes akzeptieren und Stärken stärkenSäule zwei: Disziplin und KonsequenzSäule drei: Gehobene Gestimmtheit, Gelassenheit, mentale StabilitätSäule vier: Das Seelenband erhaltenDas DachMit Kindern bekommen wir »lebenslänglich«Wo bleiben die eigenen Bedürfnisse?Sich als Paar neu erfindenMiteinander im Gespräch bleibenMehre die Freude des anderenDas Leben passiert uns nicht einfach soNeue Lebendigkeit für die LiebeWir sind ElternRücksicht auf den Speicher des anderenLiebe und lebe dein LebenWenn Eltern sich trennenGeborgenheit im Haus des FamilienglücksWas war heute schön?Verständnis äußernAuf Sorgen eingehenLösungsorientierte IdeenFamilientreffGroßer Auftritt für die KleinenWertschätzung für alleBitte dranbleibenGemeinsamkeit und MitgefühlDas Gehirn umprogrammierenEin tägliches Ritual für gehobene GestimmtheitEine neue SichtVisualisierung: Die glückliche FamilieTräumen vor dem EinschlafenSchöne Visionen färben das UnterbewusstseinDas Leben ist jetztEin Tag im FamilienglückEs geht vorbeiWie haben wir’s heute hingekriegt?Das Glück einladen
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Vorwort

»Das hat uns vorher keiner gesagt.« Schauen Sie manchmal auch halb verwundert, halb amüsiert oder vielleicht sogar verzweifelt auf Ihr Familienleben? »Aha. So ist das also mit Kindern.« Wir haben uns vorgenommen, Ihnen so genau wie möglich zu beschreiben, wie das Leben mit Kindern wirklich ist, damit Ihr Familienglück gelingt. Leichten Herzens, mit Zuversicht, Selbstvertrauen und Freude.

Wir drei haben unsere Erfahrungen und Erkenntnisse zusammengetragen. Wir, das sind Jens Corssen, Philosoph, Psychologe, Coach, Eheberater und Erfinder des »Selbstentwicklers«; Dr. Thomas Fuchs, Kinder- und Jugendtherapeut, Coach, Supervisor und auch Vater; Jutta Ribbrock, beruflich stark engagierte Mutter, Redakteurin, Moderatorin und Autorin, die alles, was wir Ihnen hier erzählen, niedergeschrieben hat.

Jens Corssen hat in der Zeit der 68er-Bewegung gleich als erste Station seiner Laufbahn zusammen mit einem Kollegen eine Praxis als Eltern-Kind-Psychologe eröffnet – beseelt von dem Gedanken, dass Frieden in der kleinsten Zelle der Gesellschaft beginnt. In der Familie. Sowohl jeder Einzelne in der Familie als auch die Gesellschaft würden also davon profitieren, wenn Eltern ihren Kindern von Anfang an Werte und Kompetenzen mitgeben könnten, die gut für sie selbst und für die Gemeinschaft sind: Lebensfreude, Selbstwertgefühl, die Fähigkeit, etwas selbst zu machen, und auch die Fähigkeit, erfüllende Verbindungen mit anderen aufzubauen. Nicht meckern in der Familie, nicht streiten in der Nachbarschaft. Bis heute ist dies für Jens Corssen eine zentrale Botschaft geblieben: Frieden beginnt im Kleinen. Allen ist damit gedient, wenn von Anfang an ein menschenfreundlicher Umgang gepflegt wird mit Klarheit und Konsequenz auf der einen Seite und Liebe, Respekt und Anerkennung auf der anderen.

Dr. Thomas Fuchs erlebt in seiner Praxis für Kinder- und Jugendtherapie und besonders auch als Gerichtsgutachter für Scheidungsfälle oft das Gegenteil von Liebe, Respekt und Anerkennung. Er war schon viele Jahre als Verhaltenstherapeut tätig, als er 2009 durch ein Hörbuch das Konzept von Jens Corssens »Selbstentwickler« entdeckte und fasziniert feststellte, dass da jemand sehr ähnlich denkt und es klar auf den Punkt bringt: Um im Leben zu bestehen, um Freude zu haben, um beglückende Beziehungen aufzubauen, muss jeder Mensch in erster Linie »sich selbst entwickeln« und nicht darauf warten, dass andere sich ändern, um ihn glücklich zu machen.

Dr. Fuchs baute den »Selbstentwickler« in seine Therapiearbeit mit Eltern, Kindern und Jugendlichen ein und sah sich immer wieder aufs Neue darin bestätigt, dass Familienglück am besten gelingt, wenn Eltern »sich selbst entwickeln« und selbst möglichst gut mit dem eigenen Leben zurechtkommen. Schließlich nahm er Kontakt zu Jens Corssen auf und besuchte einen seiner Vorträge. Es folgte das erste von vielen intensiven Gesprächen, und für Dr. Fuchs war schnell klar, dass sie gemeinsam viel bewirken können, wenn es ihnen gelingt, mit ihren Ideen für ein glückliches Leben möglichst viele Eltern zu erreichen. Dr. Fuchs sagte: »Herr Corssen, ich möchte mit Ihnen ein Hörbuch für Eltern machen.«

Jutta Ribbrock kennt als berufstätige Mutter das Auf und Ab im Familienleben, die Freude und das Lachen ebenso wie die gelegentliche Ratlosigkeit angesichts »eigensinniger« Kinder und die Zweifel, ob man in Job und Familie wohl alles gut genug macht. Vom »Selbstentwickler« ist auch sie schon lange »infiziert«, spätestens seitdem sie mit Jens Corssen ein Interview für ein Hörbuch geführt hatte. Diesmal ging es gemeinsam mit Jens Corssen und Dr. Thomas Fuchs ins Aufnahmestudio, um ein Gespräch der beiden zu moderieren. Es entstanden das Hörbuch und die DVD mit dem Titel »Familienglück«.

Aus den Vorbereitungen für die Aufnahmen entwickelten sich stundenlange Gespräche zu dritt, um aus dreierlei Perspektive abzuklopfen, wie Familienglück im Alltag tatsächlich gelebt werden kann. Wie geht das aus der Sicht des Therapeuten, des Philosophen und der Mutter? Jutta Ribbrock hörte sich bei anderen Familien um, fragte zahlreiche Eltern ganz gezielt: Wie geht’s euch in eurer ganz besonderen Familiensituation? Was bedrückt euch, was braucht ihr, welche drängenden Fragen habt ihr?

So entstand auch die Idee zu diesem Buch, in dem wir das Konzept für unser Projekt »Familienglück« deutlich erweitern und vertiefen. Hier finden Sie ausführliche Beispiele mitten aus dem Leben und die passenden Lösungswege, neue Erkenntnisse aus der Forschung, praktische Tipps, Checklisten und eine Vielzahl von Anregungen, um das eigene Leben mit völlig neuen Augen zu betrachten und damit Ihr persönliches Glück und Ihr Familienglück zu fördern.

 

Wir drei wünschen uns, dass dieses Buch für Sie ein Begleiter wird, den Sie immer wieder zu Rate ziehen können. Legen Sie es griffbereit auf Ihr Nachttischchen. Nehmen Sie es mit, wenn Sie Bus oder Zug fahren. Sie können es auch am Strand, auf der Parkbank oder in einem Wartezimmer lesen. Sie können Passagen markieren und immer wieder darauf zurückkommen. So prägt sich alles gut ein, denn Sie wissen ja sicherlich: Die Wiederholung ist die Mutter des Lernens. Im Lichte der Corssen’schen Philosophie des »Selbstentwicklers« betrachten wir Beispiele aus der Kinder- und Jugendtherapeutenpraxis ebenso wie das ganz alltägliche Tohuwabohu, das Verwirrende und das Schöne im Leben von Müttern und Vätern.

Wir geben Ihnen einen Kompass, damit Sie gut da durchkommen. Und wir finden, dass dringend einmal eines gesagt werden muss: Familienglück? Na klar geht das! Es geht aber anders, als Sie vielleicht denken mögen. Und sogar einfacher. Lassen Sie sich überraschen.

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Einleitung

Das Glück liegt in der Gegenwart: Heute soll’s schön sein!

Vielleicht halten Sie gerade Ihr neugeborenes Baby im Arm, und Ihr Familienglück liegt noch vor Ihnen wie eine riesige unberührte strahlend weiße Schneefläche. Sie ahnen noch gar nicht, was Sie erwartet. Oder kommen Sie eben gerade aus dem Kinderzimmer und haben eine dieser unfruchtbaren Diskussionen mit einem störrischen Teenager hinter sich? Möglicherweise denken Sie noch darüber nach, eine Familie zu gründen. Oder Sie sorgen nach einer Trennung weitgehend allein für Ihre Kinder und müssen einen ganzen Berg von Anforderungen unter einen Hut bringen.

Egal ob Sie frischgebackene Eltern sind, als Paar oder allein mit Kindern leben, eine Patchworkfamilie managen oder noch überlegen, ob Sie ein Kind möchten, Sie stellen sich vermutlich ähnliche Fragen. Wie können Sie mit Ihren Kindern zu einem freudvollen Miteinander gelangen, die Kinder fürs Leben stärken und sie auf einen guten Weg bringen? Wie können Sie Konflikte bewältigen, ohne dass die Kinderseele verletzt wird? Wo hat mit Kindern Ihr eigenes Leben noch Platz – Job, Liebe, Sex, Freundschaften?

Für den Beruf studieren wir oder sind jahrelang in Ausbildung. Ins Elternsein schlittern die meisten Paare mehr oder minder ahnungslos hinein. Klar können Kinder schwierig sein. Das haben wir ja alle schon oft genug beobachtet. Aber doch bitte schön nicht die eigenen!

Sie träumen von Babylächeln, einer kleinen warmen Hand, die sich in die eigene schmiegt, glucksendem Gekicher beim Spielen, fröhlichem Plaudern bei Tisch und von einer glänzenden Schullaufbahn und einem erfolgreichen Berufsleben für Ihren Nachwuchs. Ja, das alles gibt es tatsächlich. Die Realität beschert Ihnen allerdings häufig auch schlaflose Nächte, stundenlanges Bauchwehgeschrei, überstrapazierte Nerven, Tränen über schlechte Schulnoten, Lehrer, die Ihr Kind »unmöglich« finden, und Teenager, die sich gegen Sie auflehnen und rebellieren. Familienglück scheint manchmal in unerreichbare Ferne zu rücken. Sie sehen den Wald vor lauter Bäumen nicht mehr.

Damit Sie sich nicht im Dickicht verlieren, möchten wir Ihnen zwei Koordinaten ans Herz legen. Das Heute und die richtige Stimmung. Wagen Sie den Perspektivwechsel! Lenken Sie den Blick auf das Heute. Leben Sie im besten Sinne in den Tag hinein. Das ist Ihr Navi zum Familienglück: Heute soll’s schön sein. Jeden Tag aufs Neue. Knöpfen Sie sich einfach immer nur den heutigen Tag vor. Und morgen wieder den Tag, der vor Ihnen liegt. Mehr nicht. Sie können sofort damit anfangen, egal ob Ihre Kinder noch klein oder schon älter sind. Alles ist gut, wenn sich Eltern abends anschauen und sagen können: »Och, ja, mmh, was meinste, wir haben den Tag heute doch ganz gut hingekriegt, nicht wahr?«

Familienglück dreht sich nicht um das »Später-im-Leben«, sondern um die Gegenwart, um das Gelingen der gegenwärtigen Eltern-Kind-Beziehung. Vergessen Sie die ewige Leistungsorientierung auf ein »Später mal«. Wir möchten Sie ermuntern, eine andere Richtung einzuschlagen, weg von der Orientierung auf ein Ziel in z.B. fünf Monaten, da soll der Sohn ein gutes Zeugnis heimbringen, oder in fünfzehn Jahren, da soll die Tochter Ärztin sein. Konzentrieren Sie sich stattdessen jetzt auf die Beziehung. Heute ist wichtig. Wenn Sie Ihr Kind heute stärken, wenn Sie ihm heute Anerkennung zuteilwerden lassen, können Sie die Zukunft getrost auf sich zukommen lassen. Schenken Sie Ihrem Kind das gegenwärtige Leben. Das ist die beste Voraussetzung für ein glückliches Dasein in der Familie und übrigens auch für den Erfolg des Kindes im späteren Leben.

Und alles Glück beginnt mit der Stimmung. Wenn in der Familie die Stimmung stimmt, dann kommt vieles von allein. Wenn wir verstimmt sind, können wir das Glück nicht sehen. Oftmals herrscht Verstimmung, weil man enttäuscht ist, dass die Dinge nicht so sind, wie man sich das vorgestellt hat. Wer sich an Erwartungen klammert, kommt schnell mies drauf. Und wer mies drauf ist, reißt sich gegenüber Außenstehenden vielleicht noch einigermaßen zusammen, aber lässt seine Verstimmtheit oftmals genau an jenen Menschen aus, die ihm am nächsten stehen. Schnell entschlüpft uns eine unbedachte, abwertende Bemerkung. Diese Entwertungen verursachen beim Kind tiefe seelische Verletzungen, die sich auf sein gesamtes Leben auswirken können.

Übrigens lernt man auch nichts, wenn man missgestimmt ist. Deshalb möchten wir Ihnen mit diesem Buch gute Laune machen, damit Sie in heiterer Stimmung lernen, wie Sie erheblich leichtfüßiger durchs Leben gehen können. Sie wissen ja, dass Ihnen bei schlechter Stimmung sofort der Kragen platzen könnte, weil im Schlafzimmer SCHON WIEDER ein Paar Socken auf dem Fußboden liegt. In guter Stimmung sehen Sie es wahrscheinlich gar nicht oder lächeln verschmitzt über Ihren »Schussel«, der die Socken mal wieder vergessen hat.

Was Ihr Mann, Ihre Frau, Ihr Kind und auch Sie selbst hier und heute alles gut machen, können Sie überhaupt erst in »gehobener Gestimmtheit« wahrnehmen. Wir sind zutiefst überzeugt, dass Sie Familienglück zum größten Teil erst durch gehobene Gestimmtheit erreichen, und zeigen Ihnen in diesem Buch Wege, um in diese gehobene Gestimmtheit zu kommen. Hinzu kommen Regeln, die die Kinder als Leitplanken zur Orientierung brauchen. Verhaltenstherapeutische Maßnahmen – die Sie auch in diesem Buch finden werden – sind erst dann notwendig, wenn sich ein unerwünschtes Verhalten hartnäckig festgesetzt hat.

Wachsen Sie mit Ihrem Kind Tag für Tag. Machen Sie Ihr Familienleben zu einer Entdeckungsreise, auf der Sie neugierig erforschen, wie Ihr Kind gestrickt ist, was an ihm einzigartig ist und wie Sie es genau darin unterstützen können. (Er-)Ziehen und zerren Sie nicht, sondern lenken und geleiten Sie Ihr Kind ins Leben hinein. Sie sind der Lotse.

Familienglück können Sie sich vorstellen wie ein Haus. Bauen Sie es Stück für Stück. Sie müssen nicht alles auf einmal schaffen. Den Bauplan für das Haus des Familienglücks finden Sie in diesem Buch. Schritt für Schritt gelangen Sie zum Ziel. Wir begleiten Sie dabei.

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Die ideale Familie

Ist es nicht wunderbar? Das Kind kommt morgens fröhlich aus seinem Zimmer gelaufen. Mama schließt es lächelnd in die Arme. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau, der Tisch im Garten ist schon gedeckt. Mama, Papa und Kind frühstücken gemeinsam unterm blühenden Kirschbaum. Alle freuen sich und lachen miteinander. Das Kind geht freudig in die Schule, kommt heim zum Mittagessen, zeigt die guten Noten und erzählt, was es Tolles erlebt hat. Anschließend macht es zügig die Hausaufgaben, um danach natürlich in einem sinnvollen Hobby total aufzugehen und abends gut gelaunt wieder davon zu erzählen.

Ach ja, solch schöne Bilder kennen wir alle, nicht wahr? Zum Beispiel aus der Werbung für Brotaufstriche oder für Fruchtsäfte oder für Bausparverträge. Da sitzen auch immer alle in ihren gut eingerichteten und schön aufgeräumten Wohnungen und spielen friedlich und glücklich miteinander. Ja klar, sicherlich, schöne heile Welt eben. Ist ja nicht echt. Wissen wir doch. Wäre doch gelacht, wenn wir darauf hereinfielen!

Hm, tja, aber die Müllers, Meiers und Schmidts von nebenan sehen auch oft so fröhlich aus, wenn sie miteinander auf Fahrrädern losfahren oder einen Sonntagsspaziergang machen oder auf dem Balkon Kuchen essen. So sollte es doch eigentlich sein in einer glücklichen Familie, oder? Bei denen klappt das anscheinend. Davon haben wir doch alle mal geträumt. Irgendwie. Also müssten wir das doch auch hinkriegen. Natürlich nicht immer, wer schafft das schon? Aber zumindest die meiste Zeit.

Nur bei uns läuft was schief

Als vernünftige Menschen wissen wir natürlich, dass die Wirklichkeit nicht dauernd so sein kann. Wir erleben es ja auch jeden Tag. Aber da quasselt einer in unserem Ohr, dass es bestimmt nur bei uns immer so krass aussieht, als hätte eine Bombe eingeschlagen, und dass bestimmt nur bei uns das neue Sofa mit nicht abwaschbarer Farbe bemalt wird und Klopapierrollen die Toilette verstopfen und dass unser Kind ganz sicher das einzige auf der ganzen Welt ist, das niemals schlafen lernt.

Schöne Bilder von aufgeräumten Menschen in aufgeräumten Wohnungen und Gärten, von fröhlich miteinander lachenden Kindern und Eltern schlummern in uns. Sie machen Sehnsucht danach, dass es in unserem Leben genauso schön sei, und sie setzen im Unterbewusstsein auch Maßstäbe, wie es idealerweise zu sein hätte. Und tatsächlich – es gibt ja diese harmonischen, fröhlichen, entspannten Momente. Es gibt Sonnentage, Abenteuertage, Glückstage. Aber eben nicht immer, nicht jeden Tag von morgens bis abends. Das sind Highlights. Wir können aber in der Familie versuchen, so häufig wie möglich diese schönen Situationen zu erschaffen.

Ärger und Freude gehören dazu

Mit Kindern gibt es immer beides: Ärger und Freude. Wenn Sie sich das bewusst machen, dann kann Sie der Familienalltag nicht ganz so leicht umhauen. Die überhöhten Glückserwartungen sind genau das, was dem Familienglück die Luft abdrückt. Wenn es dann Ärger gibt, denkt man schnell: »Oh, wir kriegen das nicht hin, bei uns stimmt was nicht.« Nein. Rechnen Sie mit Ärger. Er gehört dazu. Und vergrößern Sie zugleich die Freude. Sie finden ganz sicher jeden Tag Möglichkeiten, das ein oder andere Highlight zu setzen, und sei es nur ein klitzekleines. Ein Lächeln, eine Umarmung, ein Lob – das geht immer. Damit ist schon viel getan fürs Familienglück.

Das Wichtigste im Überblick

Wenn Sie überhöhte Glückserwartungen vermeiden, ernten Sie umso mehr Familienglück.

Ärger gehört im Leben mit Kindern dazu. Rechnen Sie damit.

Sorgen Sie jeden Tag für einige schöne Momente.

Seien Sie für Ihr Kind der Lotse ins Leben hinein.

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Der sichere Grund und Boden

Stellen wir uns das Familienglück als Haus vor. Dieses Haus besteht aus einem Fundament, vier tragenden Säulen und einem Dach. Die einzelnen Elemente stellen wir Ihnen hier nach und nach vor. Und damit das Haus des Familienglücks gut steht, braucht es eine stabile Basis.

Wer ein Haus baut, wählt einen festen und sicheren Baugrund, unbelastet von Giftstoffen und mit den richtigen Bodenschichten, die größtmögliche Tragfähigkeit garantieren. Der Untergrund muss Lasten aus dem Bauwerk aufnehmen, ohne dass der Boden sich absenkt oder sogar wegbricht. Denn sonst kann das Haus absacken, in Schieflage geraten oder Risse bekommen.

Der sichere Grund und Boden für das Haus des Familienglücks sind die Eltern. Mehr noch: Sie sind die feste Basis und zugleich das schützende Dach. Auch getrennte Paare können ihrem Kind diese Stabilität und diesen Schutz geben. Darauf kommen wir später noch zu sprechen.

Wie denke ich über das Leben?

Für ein glückliches Leben mit Kindern ist es unerlässlich, dass Sie wissen, was Ihre Kinder brauchen, welche seelischen Grundbedürfnisse sie haben. Das erklären wir Ihnen ausführlich im Kapitel über das Fundament im Haus des Familienglücks. Zunächst ist es aber hilfreich, die eigene Sicht auf das Leben zu hinterfragen. Wie denken Sie über das Leben? Ist es grundsätzlich schwer oder leicht? Wie denken Sie über sich selbst? Meinen Sie, dass Sie oft Fehler machen, dass Sie nicht schön oder gut genug sind? Oder finden Sie sich alles in allem ganz okay? Vielleicht sogar richtig toll?

Für Ihr persönliches und familiäres Glück stellen wir Ihnen hier eine Lebenssicht vor, die Ihrem gesamten Leben mehr Leichtigkeit geben kann. Die Grundgedanken dieser Lebenseinstellung werden Ihnen im Verlaufe des Buches immer wieder begegnen. Denn sie sind die Grundlage für alles, was wir in den verschiedenen Kapiteln beleuchten: Ihre Beziehung zu sich selbst, zu Ihren Kindern, zu Ihrem Partner oder Ihrer Partnerin.

 

Dies sind die wesentlichen Grundgedanken:

auf das Heute konzentrieren

Selbstverantwortung für das eigene Handeln und Erleben übernehmen

Enttäuschungen durch falsche Erwartungen vermeiden

nicht klagen, sondern Lösungen anstreben

das Leben mit seinen Höhen und Tiefen annehmen

sich selbst und andere niemals abwerten

dem Kind bedingungslose Beachtung und Liebe geben

eine gehobene Gestimmtheit anstreben

den Alltag friedvoll leben, denn Frieden beginnt im Kleinen

Sie werden sehen, dass wir auf diese Grundgedanken wiederholt zurückkommen. Umso besser prägen sie sich ein, und dann sind sie in jeder Lebenslage sofort abrufbar.

Eigene Bedürfnisse dürfen sein

Eltern dürfen, ja sie sollen sogar unbedingt erst einmal an sich selbst denken. Die eigene Zufriedenheit der Eltern, das Gefühl, mit dem eigenen Leben gut zurechtzukommen, ist die beste Grundlage für eine glückliche Familie. Wenn Sie eine Familie haben oder noch gründen wollen, dann sorgen Sie gut für sich selbst als einzelne Personen und für Ihre Beziehung als Paar. Sie brauchen nicht plötzlich mit dauernder Selbstlosigkeit zu glänzen, denn die verkehrt sich oft ins Gegenteil. Irgendwann kommen Gedanken wie »Ich hab doch immer alles für dich getan, meine eigenen Bedürfnisse zurückgestellt, mich aufgeopfert, du bist so undankbar«.

Was scheinbar Gutes für die Kinder bringen sollte, wird zum Nachteil für alle. Also seien Sie gut zu sich selbst. Wenn eine Schale mit leuchtend roten Kirschen auf dem Tisch steht, sind die köstlichen Früchte auch für Sie und nicht nur für die Kinder da. Genießen Sie sie.

Nichts ist mehr, wie es war

Ilka (31), verheiratet mit Paul (30), Felix (drei Wochen)

Endlich bist du da, mein kleiner Winzling. Ein Wunder. Mein Baby. Ich könnte dich immerzu anschauen. Klitzekleine Fingerchen, weiche Wangen, sanfter Atem an meinem Ohr, immer hungriger Mund. Du weißt schon ganz genau, was du willst, machst dich lautstark bemerkbar, wenn du trinken möchtest oder dich irgendetwas zwickt. Plötzlich der Mittelpunkt meines Universums. Felix, mein Glücksbringer. Sollst es mal gut haben. Du bist so klein, und die Welt ist so groß, voller Anforderungen. Hoffentlich kann ich dir alles geben, was du brauchst, auch später, wenn du heranwächst und alles auf dich einstürmt. Im Moment ist das Trinken, Wickeln, Baden, Schlafen. Schlaf … könnte ich auch mal wieder brauchen. Zeit zum Duschen? Na ja, schnell mal zwischendurch. Der Haushalt? Da muss mal was liegen bleiben. Mein Körper … noch immer aus den Fugen. Zum Friseur müsste ich mal wieder. Erotik? Mmh … bestimmt später mal wieder. Hoffentlich kommt Paul bald nach Hause, damit er mir Felix mal abnimmt. Brauche dringend eine Verschnaufpause.

 

Paul

Mein Sohn ist geboren. Da ist doch tatsächlich ein vollständiger Mensch herausgekommen. Augen, Ohren, Nase, Mund, fünf Finger an jeder Hand, zehn Zehen, alles dran. Er ist gesund. Das ist schon mal das Wichtigste. Fühlt sich ein wenig fremd an. Jetzt wird er immer da sein. Schon irgendwie putzig, der kleine Kerl. Ilka ist die meiste Zeit mit Felix beschäftigt. Früher haben wir viel gemeinsam unternommen. Kino, Sport, raus mit dem Fahrrad, mal ins Restaurant oder eine Bar. Jetzt hängt das Kind ständig an ihrer Brust, ihr Körper weich und mütterlich, ab und zu bekomme ich einen freundschaftlichen Kuss. Nachts stehe ich manchmal auf für sie, wenn Felix unruhig wird, aber eigentlich will er immer nur das eine. Die Mutterbrust. Da kann ich nichts machen. Na ja, später mal können wir Fußball spielen, ins Kino gehen, Männersachen machen. Ilka schläft jetzt öfter mit dem Baby in einem anderen Zimmer, damit ich ausgeschlafen zur Arbeit komme. Ich würde gern abends mal wieder mit den Kumpels ein Bier trinken gehen. Ob Ilka das wohl okay findet?

 

Ein Kind ist geboren, und nichts ist mehr, wie es war. Das Leben steht Kopf, alles ist neu, aufregend, chaotisch, beängstigend und schön zugleich. Die meisten Eltern informieren sich vor der Geburt über Entwicklungsstadien von Babys und Kleinkindern, viele besuchen gemeinsam einen Geburtsvorbereitungskurs. Väter planen Elternzeit ein, um für ein paar Wochen aus dem Job auszusteigen und sich auch mal intensiv um den Nachwuchs zu kümmern. Die Wirklichkeit ist dann oftmals überwältigend. Manches funktioniert einfach nicht so, wie man es sich vorgestellt hat. Die enttäuschten Erwartungen drücken auf die Stimmung.

Es gibt Eltern, die sagen, mit der Geburt ihres Kindes habe die glücklichste Zeit ihres Lebens begonnen. Und es gibt sehr viele Mütter und Väter, die alles in allem recht zufrieden sind. Allerdings hören wir auch oft, dass der eklatante Umbruch in ihrem Leben Eltern aus der Bahn wirft. Keine Zeit mehr für sich persönlich, keine innigen Stunden mit dem Partner, kaum noch Sex, keine Unternehmungen mit Freundinnen und Freunden so wie früher.

Wie zufrieden sind Eltern?

Kanadische Familien- und Glücksforscher haben mit emotionspsychologischen Tests bei 40 Elternpaaren nachgewiesen, dass manche einer Art Selbstbetrug unterliegen, wenn sie davon schwärmen, dass Kinder sie glücklich machen und ihr Leben bereichern. Eltern scheinen dazu zu neigen, ihr Dasein mit Kindern zu idealisieren. Dann wird alles schöner nach dem Motto »Endlich sind wir komplett«. Sie denken nicht daran, dass dann wirklich etwas komplett anders wird und sie bestimmte eigene Bedürfnisse weniger erfüllt bekommen.

Wenn man die Ergebnisse von Zufriedenheitsstudien betrachtet, scheint es für die Wissenschaft ein Paradox zu sein, warum sich Menschen überhaupt noch fortpflanzen. Sie zeigen, dass junge Eltern oft unzufrieden sind. Je mehr Nachwuchs sie haben, desto unglücklicher sind sie, vor allem wegen der finanziellen und zeitlichen Belastung. Viele finden es glückszehrend, gleich mehrere Kinder im Haus zu haben, etwa Kleinkinder im Alter von bis zu vier Jahren oder Teenager.

Eine Ausnahme bildet der Baby-Honeymoon. Diese Wochen nach der Geburt des ersten Kindes werden von Frauen häufig als sehr beglückend erlebt. Der Honeymoon weicht schließlich einer Ernüchterung. Erst nach der Pubertät gibt es den Studien zufolge wieder mehr Familien- und Elternglück.

Daniel Gilbert, Professor für Psychologie an der Harvard-Universität und selbst Vater, beschreibt es so: »Obwohl das Elternsein viele belohnende Momente hat, umfasst die Mehrzahl der Momente mit Kindern den dumpfen und selbstlosen Dienst an Menschen, die Jahrzehnte dazu brauchen, bis sie ungern zugeben, wie dankbar sie für das sind, was wir für sie getan haben.«

Lieber Zwiebeln schälen als mit dem Kind spielen

Der Nobelpreisträger Daniel Kahnemann hat tausend Amerikanerinnen nach den Alltagstätigkeiten befragt, die sie am glücklichsten stimmen. Er gab ihnen fünfzehn Tätigkeiten zur Auswahl. Und nun raten Sie mal, auf welchem Platz »auf Kinder aufpassen« landete? Es war nicht Rang eins, nicht fünf oder sieben, noch nicht einmal Platz zehn. Es war Rang elf! Nur Rang elf von fünfzehn! Deutlich weiter vorn standen Verrichtungen wie Einkaufen, Essen zubereiten oder Telefonieren. Das heißt, Mütter schälen lieber Zwiebeln und machen den Abwasch, als sich mit ihren vermeintlichen Glücksbringern zu beschäftigen.

Professor Gilbert schreibt in seinem Buch über Glück, uns um Kinder zu kümmern sei in unsere DNS geschrieben worden. Also plagen wir uns und schwitzen, verlieren Schlaf und Haare, spielen Krankenschwester, Chauffeur und Koch, weil die Natur es von uns verlangt.

Hier kommt uns unser Gedächtnis zu Hilfe, weil Ereignisse nicht nach Häufigkeit und Relevanz, sondern nach der Tiefe des Eindrucks einsortiert werden. Ein einziger Wow-Effekt schlägt hundert trübe Momente. Ein einziger liebevoller Blick vor dem Einschlafen kann einen nervtötenden Tag, andauernde Wutanfälle und Nörgeleien binnen Sekunden vergessen machen. Zum Glück!

Elternführerschein statt Wickelkurs

Die richtige Säuglingspflege ist auf jeden Fall eine wichtige Sache, mit der sich Eltern vor der Geburt eines Kindes beschäftigen sollten. Wir möchten Ihnen noch eindringlicher nahelegen, sich mit den seelisch-emotionalen Umwälzungen zu beschäftigen, die auf Sie zukommen. Machen Sie den Elternführerschein, damit Sie auf alles gefasst sind. Dann behalten Sie das Steuer in der Hand.

Keine Angst, Sie brauchen für den Elternführerschein bei Weitem nicht so viele Regeln zu lernen wie für den Autoführerschein. Um sicher und gelassen in der Familienkutsche durchs Leben zu cruisen, stellen wir Ihnen hier neun hilfreiche Wegweiser zum Familienglück vor. Damit erlangen Sie die mentale Stabilität und das Durchhaltevermögen, um die vier wichtigsten Grundbedürfnisse Ihrer Kinder zu erfüllen: Selbstwerterhöhung, Kontrolle, Lustgewinn und Bindung. Diese vier Grundbedürfnisse erläutern wir Ihnen später noch ausführlich. Und jetzt: Gute Fahrt ins Familienglück!

Wegweiser eins: Lassen Sie sich nicht überraschen

Dies gilt für alles im Leben: Überraschend auftauchende Probleme bekommen wir meist nicht so leicht in den Griff wie Komplikationen, auf die wir vorbereitet sind. Falsche Erwartungen können uns ganz schön ins Schleudern bringen, wenn dann plötzlich alles ganz anders kommt. Also lassen Sie sich nicht überraschen. Lassen Sie sich nicht erschüttern, wenn es mal rumpelt im Getriebe. Machen Sie sich Ihre Erwartungen bewusst, damit die Realität Sie nicht auf dem falschen Fuß erwischt.

Es gibt dazu einen sehr treffenden Spruch von Mark Twain: »Meine Mutter hatte einen Haufen Ärger mit mir, aber ich glaube, sie hat es genossen.« Dieser Satz hat in unseren Augen etwas mit Haltung zu tun. Sie müssen ja vielleicht nicht so weit gehen wie bei Twain und den Ärger genießen, aber erlauben Sie Ihrem Kind, schwierig zu sein. Das ist eine der wichtigsten Haltungen als Eltern: »Ich erwarte nicht, dass es sich immer so verhält, dass ich glücklich sein kann.« Wenn Sie Kinder haben oder bekommen wollen, rechnen Sie also damit, dass es mal Ärger gibt. Dann kann es Sie nicht verletzen oder zur Verzweiflung treiben.

Was Eltern erwartet

Rechnen Sie damit, dass die Mütze, die Sie Ihrem Einjährigen im Kinderwagen aufsetzen (»sonst wirst du mir noch krank, mein Schatz!«), fünfundzwanzigmal nörgelnd vom Kopf gerissen wird und auf den Boden fliegt. Machen Sie sich darauf gefasst, dass Ihr Neugeborenes möglicherweise drei Monate lang Koliken hat und Sie es jeden Abend stundenlang schreiend herumtragen. Gehen Sie davon aus, dass Sie sich fragen, ob Sie jemals wieder länger als drei Minuten duschen dürfen. Rechnen Sie damit, dass Sie sich auch mal schrecklich langweilen werden, wenn Sie früher als Managerin den Einkauf in einem Autokonzern geregelt haben und jetzt ein ums andere Mal Holzklötzchen aufeinanderstapeln, die von zwei kleinen Patschehändchen mit wachsender Begeisterung immer wieder umgehauen werden. Stellen Sie sich darauf ein, dass Ihre süße kleine Krabbelmaus in einem unbeobachteten Moment Ihre frisch aufgeräumten Schubladen mit Unterwäsche und T-Shirts »neu ordnet«. Gehen Sie davon aus, dass Sie auf Autofahrten nicht immer fröhliche Kinderlieder singen werden, sondern dass es im Kindersitz hinter Ihnen gelegentlich mal eine halbe Stunde Gebrüll am Stück geben kann. Rechnen Sie damit, dass es schlechte Noten und blöde Lehrer gibt. Dass wundersamerweise immer wieder ein Smartphone am Tisch auftaucht, obwohl doch abgemacht war, dass zum Essen kein Handy gehört. Dass 13-Jährige ihre Eltern grundsätzlich doof finden müssen, gehört auch zum Großwerden dazu. Machen Sie sich darauf gefasst, dass Liebeskummer mit 15 unvergänglich erscheint. Nie, nie, nie wieder kehrt das Glück zurück, ist doch klar! Wundern Sie sich nicht, wenn Ihre sonst zumeist vernünftige und zugängliche Tochter nicht mehr mit Ihnen reden mag und sich in ihr Zimmer zurückzieht. Pubertät kann furchtbar verwirrend sein, und Eltern verstehen doch nix davon, nicht wahr?

Ach ja, übrigens, das auch noch: Kinder sind undankbar. Sie danken Ihnen nicht fürs Wäschewaschen und Aufräumen und Händchenhalten bei Fieberträumen, nicht dafür, dass Sie Ihren Beruf vernachlässigen oder nicht mehr ins Kino gehen. Dankbar sind sie vielleicht zwei Stunden im Jahr, nämlich am Muttertag morgens. Manchmal sind es auch nur fünf Minuten. Dann bringen sie irgendetwas, oder sie vergessen das kleine Geschenk ganz.

Rechnen Sie mit alldem. Rechnen Sie damit ohne Angst. Erwarten Sie es gelassen und ohne Sorgen wegen dem, was morgen, übermorgen oder in drei Jahren kommen mag. Sie werden es dann erledigen, wenn es da ist. Sie können es erst dann erledigen, wenn es da ist.

Die gute Nachricht: Sie dürfen auch mit all dem Schönen rechnen! Denn auch dies erleben Sie: Die weiche Wange, die sich an Ihre schmiegt. Kleine Hände, die Ihnen durchs Gesicht fahren oder sich voller Vertrauen um Ihre Schultern legen. Ein Blick aus großen Kinderaugen, der Ihrer Mimik und Ihren Bewegungen ganz genau folgt. Ein unwiderstehlicher verschmierter Schokomund, der Ihnen ein Küsschen anbietet. Ein strahlendes Lächeln, wenn Sie eine kleine Bastelei loben, ein gedeckter Tisch zum Muttertag, ein gemaltes Bild mit der Aufschrift »für Papa«. Ein tolles offenes Gespräch mit Ihrem 16-Jährigen, der sich seit Wochen kaum noch zu Hause blicken ließ und Ihnen plötzlich eine interessierte Frage stellt. Oder Ihre 19-Jährige, die im Traumkleid auf die Schulbühne geht, um ihr Abiturzeugnis entgegenzunehmen, und Sie könnten weinen, so schön ist das.

Wegweiser zwei: Rechnen Sie mit Veränderungen

Ein junger Vater beklagte sich bei uns: »Ich will meine Frau zurück! Ich habe mir das anders vorgestellt. Ich habe gedacht, wir werden halt einer mehr, aber wenigstens die Nacht gehört meiner Frau und mir. Und jetzt liegt da einer zwischen uns. Oder meine Frau schläft in einem Bett mit dem Kind, aber ohne mich.«

Nichts ist mehr so, wie es war. Der Mann hat einfach naiv gedacht, es geht so weiter wie vorher, nur tagsüber hat die Frau jetzt eben eine andere Beschäftigung. Sie geht also nicht mehr ins Büro, sondern kümmert sich ums Kind, und er schafft das Geld ran. Und wenn man etwas zu zweit unternehmen will, dann gibt man das Kind halt bei der Oma ab, dann kann er mit der Frau mal wegfahren. Und den Frauen geht es oftmals so: »Das habe ich mir anders vorgestellt. Seit das Kind auf der Welt ist, habe ich mein Leben abgegeben.«

 

Karsten (36), verheiratet mit Nina (35), zwei Söhne, Tom (5) und Luca (1)

Treffpunkt Thang Long, ein vietnamesisches Restaurant. Nina und die Kinder stehen schon vor der Tür, als ich ankomme. Wir haben uns absichtlich zeitig für 17.30 Uhr verabredet, anders ist der Abendzeitplan nicht einzuhalten, der neben dem Essen auch Sandmännchen schauen, Zähne putzen und Buch vorlesen beinhaltet. Aber leider stehen wir zunächst mal vor verschlossener Tür. Der Laden öffnet erst um 18 Uhr.

Das Drama beginnt. Tom setzt sich mitten auf den Bürgersteig. Kopf gesenkt, der Blick eine Mischung aus Wut und Verzweiflung: »ICH WILL EINE FRÜHLINGSROLLE!« Als wollte er den Effekt der Sitzblockade unterstreichen, legt im gleichen Moment der kleine Bruder Luca im Kinderwagen los und brüllt. Wenn sich schon zwei Kinder beschweren, kommt es auf einen Erwachsenen auch nicht mehr an. »Ich bin am Verdursten«, schimpft Nina.

Schließlich betreten wir das Lokal und setzen uns. Eine freundliche Bedienung nimmt unsere Bestellung auf. Der kleine Luca hat es sich inzwischen auf meinem Arm bequem gemacht, und ich frage mich mal wieder, wie ein so süßes Kind nur so stinken kann! »Nur ein Pups«, versucht meine Frau die Situation herunterzuspielen. Natürlich ist die Windel voll.

Ein Wickeltisch in den Toiletten wäre echt eine super Idee! Na ja, es ist nicht das erste Mal, dass ich zum Windelnwechseln auf dem kalten Boden eines Toiletten-Vorraumes knie. Neben Luca habe ich die sogenannte Wickeltasche mitgeschleppt. Warum ist die eigentlich schwerer als das ganze Kind, wo doch nur eine Windel drin sein müsste? Die Frage geht mir durch den Kopf, obwohl ich die Antwort natürlich kenne: Die Wickeltasche wird von meiner Frau befüllt, und sie trägt auch Handtaschen mit rätselhaftem Inhalt. Ein Blick in die Wickeltasche: Sieht aus, als wäre der komplette Inhalt des Kleiderschranks eingepackt. Auf Kosten der Feuchttücher. Von denen sind noch ganze zwei Stück drin. Die kleine Version. Es reicht gerade so. Zurück an den Tisch.

Tom süffelt seine Apfelschorle, während Mama seine strengen Anweisungen zum Aufbau einer mitgebrachten Mini-Kugelbahn befolgt. Mehrmals muss die Reihenfolge der Teile geändert werden. Das Essen kommt: Frühlingsrollen für Tom, eine große Suppenschüssel für meine Frau und die Ente nach Art des Hauses für mich. Luca schreit. Es folgt die übliche artistische Meisterleistung: Baby auf dem Arm und gleichzeitig mit dem Besteck hantieren. Luca schreit trotzdem. Der große Bruder stimmt mit ein: »Die Frühlingsrollen sind heiß!!!!« Pusten hilft nicht, ich gebe ihm etwas von meinem Reis, der auf jeden Fall schon deutlich an Temperatur eingebüßt hat. Schwerer Fehler: »Der Reis ist scharf!!!!« Das vergisst Tom aber schnell wieder, als er sieht, wie ich mit Stäbchen esse. Es selbst zu versuchen lässt er sich nicht ausreden. Sekunden später liegt der Reis auf dem Boden, während meine Frau das Abendessen in einen Steh-Imbiss verwandelt hat und mit dem Baby durch den Raum läuft. Luca schreit trotzdem. »Ich muss Kacka!!!!«, ruft Tom. Ich verschwinde mit ihm auf die Toilette. Er setzt sich hin, und nach gefühlt fünf Minuten heißt es: »Kommt doch keiner.« Im Hintergrund ist gedämpft durch die Türe ein schreiendes Baby zu hören.

Wir haben es wieder an den Tisch geschafft. Doch kaum dass wir sitzen, geht’s von vorne los. »JETZT kommt ein Kacka!!!« Diesmal bricht meine Frau mit ihm zur Toilette auf. Luca steuert die übliche Geräuschkulisse bei. Ich halte ihm seinen Schnuller hin, der mir wütend aus der Hand geschlagen wird. Tom ist zurück auf seinem Platz und spielt mit der Kugelbahn. Die Murmel fällt klappernd auf den Boden und rollt unter einen benachbarten Tisch. »DIE KUGEL IST WEG!!!!«, schreit Tom in einem Ton, als hätte er auf eine der Chilischoten gebissen, die in meiner Spezialsoße zu finden sind. Wir bezahlen die Rechnung und gehen.

Nur um keinen falschen Eindruck aufkommen zu lassen – dieser Abend hatte auch sein Gutes: Niemand im Lokal hat sich über uns beschwert. Wir waren die einzigen Gäste.

Denkfehler vermeiden

Vielen Vätern und Müttern ist im Vorhinein nicht klar, dass man sich eine Zeit lang kaum bewegen kann, dass kleine Kinder sie unfrei machen. Allein das ganze Geraffel, das man im ersten Jahr immer dabeihat: hier die Wickeltasche, da noch die Gläschen mit Babybrei. Dazu kommt dann noch das schlechte Gewissen, wenn die Eltern versuchen, sich doch mal um die eigenen Bedürfnisse zu kümmern.

Wir müssen hier leider einmal ganz unromantisch werden und offen ansprechen, dass diese Unfreiheit die Partnerschaft in extremer Weise belastet und die Scheidungsrate hochtreibt. Sie können das aber verhindern, indem Sie entscheidende Denkfehler vermeiden. Wenn Sie sich die Realität mit dem Kind zuvor ganz konkret vor Augen führen, also präziser denken, tappen Sie nicht in die Falle.

Was verändert sich denn wirklich? Und wie ist es wirklich mit einem Baby, das nachts dauernd schreit und nur auf der schleudernden Waschmaschine einschläft und sonst gar nicht? Emotionale Probleme sind im Ursprung Denkfehler. Wer falsche Erwartungen hegt, wird enttäuscht. Falsche Erwartungen gefährden nicht nur die Beziehung zum Kind und das Selbstwertgefühl des Kindes, sie gefährden auch die Beziehung der Eltern untereinander. Sich einstellen auf die Realität ist Beziehungsschutz.

Wegweiser drei: Pflegen Sie die Liebe

Erinnern Sie sich? Schmetterlinge im Bauch. Herzklopfen. Wolke sieben. Wie alles anfing. Wow! Der Rausch der Verliebtheit ist wundervoll. Nein, jetzt kommt kein großes warnendes ABER. Wir sagen UND. Verliebtheit ist wundervoll, UND dann braucht es die Liebe dazu. Liebe als Geisteshaltung. Sie gerät oft in Vergessenheit, wenn der Alltag kommt, wenn es drunter und drüber geht und die Laune sinkt.

Idealerweise geben Sie einander dieses Versprechen, noch bevor Sie eine Familie gründen. Und auch wenn Sie schon mittendrin stecken im schönsten Familienchaos, können Sie diesen Weg einschlagen: Schließen Sie ganz bewusst miteinander und mit sich selbst eine Art Vertrag. Gehen Sie bewusst eine Verpflichtung, ein Commitment ein, dass Sie Ihre Beziehung und das Elternsein in der »Geisteshaltung Liebe« leben.

So oder so ähnlich kann Ihr Commitment lauten: »Gott sei Dank haben wir uns verliebt. Die Verliebtheit war dazu da, dass wir uns kennengelernt und körperlich verbunden haben. Das ist die Natur. Und jetzt verlassen wir uns nicht darauf, dass die Gefühle bleiben, wie sie sind, und dass irgendwie schon alles gut wird. Gefühle kommen und gehen. Wir bekennen uns. Es ist ein Versprechen uns selbst gegenüber, eine Verpflichtung, die wir ohne Wenn und Aber einhalten. Wir gehen das Commitment ein, dass wir uns lieben.«

Auch den Kopf einschalten

Wenn wir das fünfte Mal enttäuscht sind, weil alles anders ist, als wir erwartet haben, dann wissen wir manchmal nicht mehr so genau, was wir für den anderen empfinden. Wir sind vielleicht genervt, verärgert oder einander sogar überdrüssig. Verliebtheit und Prickeln sind weit entfernt. War’s das vielleicht mit dieser Beziehung? Halt! Jetzt nicht die Nerven verlieren und davonrennen. Schalten wir auch den Kopf ein. Liebe ist eine Haltung. Wir beschließen mit ruhigem Verstand, dass wir in der Haltung »Liebe« bleiben, auch wenn wir die Verliebtheit gerade nicht mehr spüren.

Das Bekenntnis zur Liebe als Haltung stabilisiert die Paarbeziehung und bildet die feste Basis fürs Kind. Wir entscheiden uns, dass wir unterm Strich die Einzigartigkeit des anderen lieben, und zwar als Gesamtpaket. Nicht nur wenn er ihr Blumen mitbringt und ein Kompliment macht. Nicht nur wenn sie so süß lächelt wie früher oder zur Abwechslung mal wieder das kleine Schwarze anzieht.

Nein. Wir lieben einander als Gesamtpaket, auch wenn der Windeleimer überquillt und müffelt und man sich gar nicht mehr so recht erinnern kann, dass man mal guten Sex hatte. Auch wenn sie schon wieder diesen Schlabberpulli trägt, der nach saurer Milch riecht. Auch wenn er schon zum dritten Mal in dieser Woche zu spät zum Abendessen kommt. Auch wenn sie schon wieder dieses überforderte Gesicht macht, während er doch schon genug Ärger im Büro hatte!

Wahrscheinlich fühlen wir in diesen Momenten unsere Verliebtheit nicht. Wir bleiben dennoch in der Haltung »Liebe«. Das ist unser Bekenntnis. Ich liebe meinen Partner als Gesamtpaket UND darf mich über sein Verhalten aufregen. Das ist kein Gegensatz. Beides kann nebeneinander existieren.

Liebe ist eine Haltung. Wenn Eltern jetzt, hier und heute miteinander liebevoll sind, dann geht diese Grundhaltung auf die Kinder über, und sie werden in ihrem Leben bestimmte Schwierigkeiten erst gar nicht bekommen oder sie auf jeden Fall besser bewältigen können.

Wegweiser vier: Bitte nicht entwerten!

Natürlich ist uns alles wichtig, was wir Ihnen für die Reise ins Familienglück hier mit auf den Weg geben wollen. Aber dies liegt uns ganz besonders am Herzen: Bitte nicht entwerten! Nie. Niemals. Nicht sich selbst. Nicht den Partner. Nicht das Kind.

Dummkopf, Versager, Faulenzer – mit diesen und ähnlichen Schimpfwörtern ermutigen wir Kinder nicht zu besserer Leistung. Wir programmieren sie auf Versagen. Entwertung ist das größte Drama unseres menschlichen Zusammenlebens. Entwertung macht Menschen kaputt. Sie passiert übrigens oftmals viel unauffälliger. Es sind nicht immer nur die offensichtlich verletzenden Ausdrücke. Auch wiederholte Nichtbeachtung kann schon reichen. Oder dass nie ein Lob ausgesprochen wird.

Wer selbst entwertet wurde, entwertet meist auch wieder andere. Ein Chef, der als Kind keine Wertschätzung erfahren hat, ist oftmals kein guter Chef. Er kann seine Mitarbeiter nicht wertschätzen. Sogar Kriege können aus Entwertung entstehen. In der Ukraine-Krise verspottete einst US-Präsident Obama den russischen Präsidenten Putin als Lümmel und als Chef einer Regionalmacht. Kein Wunder, wenn eine derartige öffentliche Demütigung zu weiteren militärischen Muskelspielen anstachelt.

Vom Kampf-Modus zum Liebes-Modus

Hand aufs Herz. Wie oft passiert Ihnen das im Straßenverkehr? »Mann, so ein Depp da vorne!« –»Ach, ja klar, typisch Frau am Steuer!« Wenn wir mal darauf achten, dann stellen wir fest, dass wir locker zwanzig- bis dreißigmal am Tag andere Leute entwerten. Beim Kind geht das oft auch ganz schnell. »Mensch, du bist ja so was von unordentlich!« –»Mein Gott, bist du faul!« Oder auch subtiler: »Hat denn der Luis mal wieder ’ne bessere Note als du?« Aggressionen schaukeln sich hoch. Wir sind im K-Modus. K wie Kampf, wie Konflikt.

Oft bekommen Kinder Aggressionen ab, die sie überhaupt nicht verursacht haben. Das ist dramatisch für sie, denn sie beziehen diese Genervtheit oft auf sich und fühlen sich verantwortlich dafür. Die Mutter oder der Vater haben sich schon vorher über drei Sachen geärgert, und da genügt eine Kleinigkeit, und sie sind auf hundertachtzig und schreien los. Der Stressbehälter ist schon zu 80 Prozent voll, aber das Kind weiß nicht, dass Mama und Papa aus anderen Gründen überfordert sind, und sieht sich als Ursache.

Eltern ärgern sich oft sehr, sehr lange und halten Predigten, die kein Mensch braucht. Das Kind wird entwertet. Es entwickelt kein Selbstwertgefühl.

Über das Ärgern gibt es eine schöne Geschichte von einem erleuchteten Guru in Indien, den jemand fragte, ob er sich denn nie ärgere. Seine Antwort: »Doch, aber nicht so lange.«

Wir haben alle mal Aggressionen und ärgern uns, sogar der erleuchtete Guru. Und das muss auch mal raus. Aber wenn wir uns schon aufregen müssen, dann können wir uns immer noch entscheiden, dem anderen keine abwertenden Namen zu geben. Nicht »Du bist ein rücksichtsloser Kerl«, sondern »Ich komme nicht damit zurecht, ich ärgere mich darüber« oder »Ich habe mir das anders vorgestellt«. Ich-Botschaften.

Person und Verhalten unterscheiden

Wenn Sie sich als Eltern für die Haltung »Liebe« entscheiden, dann sagen Sie sich: »Wir beide lieben uns, auch wenn wir uns mal übereinander ärgern. Ich habe manchmal dein Verhalten satt, aber nicht dich als Person. Wir trennen das bei uns und auch beim Kind. Person und Verhalten wird entkoppelt. Wir werden uns ab heute nicht mehr abwerten. Das ist wichtig für uns und für unsere Kinder.« L-Modus statt K-Modus. Liebe statt Kampf.

Es ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um nicht in die Abwertung zu geraten, dass man nicht die Person bewertet. Ein bestimmtes Verhalten mag kritikwürdig sein, aber der Mensch ist immer in Ordnung. Von Geburt an. Für immer. Und alles beginnt bei uns selbst. Der erste Schritt ist, sich selbst und den Partner nicht (mehr) abzuwerten. Nur dann gelingt es auch, die Kinder nicht zu entwerten. Seien Sie deshalb achtsam und wohlwollend mit sich selbst, denn Sie sind als Person in Ordnung, von Anfang an und für immer. Ihr Partner übrigens auch.

Strahlende Sterne

Wir haben uns entschieden, alle Menschen als strahlende Sterne zu betrachten. Probieren Sie doch mal aus, wie das Ihre Sicht auf die Menschen verändert. »Strahlender Stern« statt »So ein Idiot«. Strahlender Stern würgt direkt vor Ihnen sein Auto ab. Strahlender Stern fährt vor Ihnen auf der Überholspur unverdrossen mit Tempo 100. Strahlender Stern (zwei Jahre alt) brüllt den Supermarkt zusammen, weil er keine der verlockenden Süßigkeiten an der Kasse bekommt. Strahlender Stern (15 Jahre, weiblich) zwängt sich nach und nach immer größere von diesen hässlichen Dehnungsringen in die Mitte der Ohrläppchen, die dann dort so riesige Löcher entstehen lassen, dass man einen Kleiderbügel hineinhängen könnte. Strahlender Stern (18 Jahre) bringt kurz vorm Abi dauernd schlechte Noten nach Hause und hängt trotzdem nachmittags mit den Kumpels ab.

»Ich« statt »du«

Was können Sie tun? Das Wichtigste ist: Bleiben Sie bei »Ich-Botschaften«! »Ich habe ein Problem damit, dass du mit deinen Kumpels abhängst, während ich dauernd denke, dass du doch für die Schule lernen musst. Ich ärgere mich darüber.« So können Sie Ihre Gefühle, Ihren Ärger rauslassen, ohne Ihren Sohn abzustempeln (»du bist faul«). Und Sie können sicher mit ihm darüber reden, ob sein Verhalten günstig ist im Hinblick auf die gewünschte Zielerreichung, nämlich das Abitur zu bestehen. Womöglich wäre es günstiger, nachmittags zu lernen, statt mit den Freunden am Bushäuschen herumzulungern. Es könnte also von Vorteil sein, das Verhalten zu ändern.

Unterscheiden Sie immer zwischen Verhalten und Person. Das Verhalten mag ungünstig sein, aber der Mensch ist immer in Ordnung, von der ersten Sekunde seines Lebens an. Für alle Zeit. Er ist weder ein Idiot oder Versager noch ein Dummkopf oder Schwächling. Er ist und bleibt ein strahlender Stern UND er verhält sich ungünstig auf Ihre Erwartung und auf ein Ziel hin. Das ist beides gleichzeitig möglich. Vermeiden Sie Entwertungen. Schenken Sie Ihrem Kind das Glück der Anerkennung. Es wirkt Wunder.

Wegweiser fünf: Machen Sie sich Ihre Aufgabe als Eltern klar

Seit es sichere Verhütungsmittel gibt, betreiben viele Paare eine minutiöse Karriere- und Familienplanung. Die Entscheidung für ein Kind treffen sie meist sehr viel bewusster als früher. Egal ob Sie nach sorgfältiger Planung oder überraschend Eltern werden, es gehört immer dazu, dass Sie sich Ihre Aufgabe als Eltern bewusst machen.

Wenn Sie ein Kind in die Welt setzen, übernehmen Sie damit automatisch einen Auftrag. Erinnern Sie sich bitte, während Ihr Kind aufwächst, immer wieder daran, was Ihre Aufgabe ist. Das Kind stark machen von Anfang an. Selbstwertgefühl aufbauen, indem Sie es bedingungslos lieben – »bedingungslos« heißt, es muss keine Bedingungen erfüllen, um geliebt zu werden –, das Kind vorbereiten, um es lebenstüchtig zu machen. Dazu gehört auch, dass es stabil, stressresistent und leistungsfähig wird.

Die Sehnsucht nach Verbindung