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Der Schriftsteller und sein Ninjamädchen untersuchen den merkwürdigen Unfall eines Tauchers in einem schottischen See. Welche Geheimnisse werden Sie aufdecken? Spannende Entwicklungen erwarten die beiden und Micks Freund Inspektor Ashton. Heft 5 der Tintenklecksreihe.
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Seitenzahl: 114
Veröffentlichungsjahr: 2022
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© 2016 Michael T. Köhler
Covergrafik von Cover-Design: © Michael Köhler
Foto Frontcover: © Michael Köhler
Foto Backcover: © Michael Köhler
ISBN Softcover: 978-3-347-60633-3
ISBN E-Book: 978-3-347-60637-1
ISBN Großschrift: 978-3-347-60640-1
Druck und Distribution im Auftrag des Autors:
tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany
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Michael T. Köhler
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Eine Tintenklecks-Erzählung
Heft 5
“Hallo Mick!”, klang es aus dem Hörer.
„Hallo Copper. Dein Freund ist gerade nicht da.“
„Miko! Guten Morgen. Wie geht es Dir?“
„Wann soll er Dich im Spoon Café treffen?“
„Bitte?“
„Na, Du hast doch wieder einen Fall, den wir Dir lösen sollen.“
„Hey!“, rief Phil empört. „Helfen, nur helfen sollt Ihr.“
„Schon klar, Copper. Wann nun?“
„Heute Nachmittag um zwei?“
„Ja, das wird passen. Moment, ich schreibe es ihm gleich auf einen Zettel.“
Sie nahm ein Blatt vom Zettelblock und einen Kugelschreiber aus der Schale.
„Mist. Der schreibt nicht.“
„Das tun Micks Kulis nie. Weil er sie nie benutzt und sie immer austrocknen. Da ist bestimmt ein Bleistift.“
Verdutzt nahm Miko das Telefon vom Ohr und schaute es eine Sekunde an. Dann fingerte sie einen Bleistift aus der Schale.
„Ist mir noch nie aufgefallen. Gut, jetzt hab ich es.“
„Ich danke Dir. Und ich wiederhole meine Frage noch einmal. Wie geht es Dir?“
„Alles in Ordnung. Ich muß jetzt schlußmachen, Copper. Ciao!“
Sie legte auf und ging mit dem Zettel vom Arbeitszimmer in die Küche, wo sie ihn gut sichtbar auf den Hochtisch legte. Dann ging sie in das Dojo, wohin sie gerade auf dem Weg war, als das Telefon klingelte.
Als Miko kurz vor Mittag hörte wie Mick zurückkam, beendete sie ihr Training und ging in die Küche. Er war dabei die großen Einkaufstaschen auszuräumen.
„Hast Du SPAM und Schokolade mitgebracht?“
Mick drehte sich herum und betrachtete sie einen Moment in ihrem schwarzen Kampfanzug. Sie sah darin richtig süß aus, was er ihr natürlich auf keinen Fall sagen durfte. Ein Ninjamädchen konnte unter keinen Umständen ‚süß‘ aussehen. Eine solche Bemerkung würde unweigerlich zu vehementem Abstreiten ihrerseits führen.
Er lächelte innerlich.
„Selbstverständlich. Als Erziehungsberechtigter ist es ja meine Aufgabe, für eine ausgewogene Ernährung des Nachwuchses zu sorgen.“
„Machst Du Dich etwa lustig über mich?!“, beschwerte sie sich.
„Das würde ich mir nie erlauben, Rotznase.“
„Klingt furchtbar überzeugend. Ich glaube, ich muß Dir wieder einmal wehtun, damit Du Dich erinnerst, wer hier bei Dir wohnt.“ Die Hände in die Hüften gestemmt, stand sie vor ihm.
„Schmerzen lähmen den Teil meines Gehirns erheblich, der für die Organisation von Schokoladennachschub zuständig ist“, erwiderte er trocken.
Sie kniff die Augen zusammen.
„Ein raffinierter Zug. Aber ich werde handeln, wenn der Vorrat gerade neu aufgestockt ist. Bis er aufgebraucht wurde, wirst Du Dich erholt haben.“
Mick brummte.
„Oh“, merkte Miko an, „ich glaube, der Vorrat wurde gerade aufgefüllt.“
„Untersteh Dich oder ich verfüttere die Schokolade an die Schweine unseres Nachbarn!“
„Er hat Kühe, Tintenklecks.“
„Hm“, reagierte Mick, „eine kleine Schwäche in meinem Plan. In der Tat.“
„Genie“, kommentierte Miko. „Ach, der Copper hat angerufen. Er will Dich wegen einem neuen Fall nachher treffen. Der Zettel liegt hinter Dir. Ich geh duschen.“
Mick schaute auf die Notiz, während Miko nach oben verschwand.
„Was, in zweieinhalb Stunden? Verflixt! Dann muß das Essen heute wohl etwas schlichter ausfallen.“
„Was hat er diesmal?“, rief es aus seinem Arbeitszimmer, als Mick von seinem Treffen mit Phil zurückkehrte. Er zog Jacke und Schuhe aus, schlüpfte in seine Hausschuhe und folgte der Stimme.
In der Tür zum Arbeitszimmer blieb er stehen. Miko saß an seinem Schreibtisch mit einem Bleistift in der Hand und beugte sich über einen Stapel Papier.
„Was bitte tust Du da?“
Sie sah mit einem Ausdruck der Verwunderung auf.
„Ich korrigiere einen Text von Dir“, kam die Antwort schließlich mit Selbstverständlichkeit.
Mick trat näher und entzog ihr den Stapel Papier, mit einem flüchtigen Blick prüfend, um was genau es sich handelte.
„Das ist lieb gemeint von Dir. Aber das ist eine Geschichte, die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt ist.“
Damit ging er um den Schreibtisch herum und legte den Ausdruck wieder in ein Schubfach.
„Die ist aber gut.“
„Mag sein, Rotznase. Trotzdem ist sie nichts für Dich.“
Von oben sah er zu ihr herunter.
„Ich möchte jetzt erst einmal einen guten Tee trinken. Eine heiße Schokolade für Dich?“
Sie nickte und sprang aus seinem Stuhl.
In der Küche fragte sie erneut: „Was hat der Copper denn nun für uns?“
Mick drückte ihr einen Löffel in die Hand und wies auf den Topf mit Milch auf dem Herd.
„Umrühren!“
Sie schnaufte und folgte der Aufforderung.
„Hatten wir uns nicht auf einen Namen geeinigt, wenn Du über einen gewissen Polizisten sprichst?“, Mick sah sie von oben an, während er das Teesieb füllte.
„Ja, ja.“, sie klang genervt. Betont sprach sie nun weiter: „Welches gemeine Verbrechen versucht Copper Phil denn diesmal zu lösen?“
Er holte tief Luft.
„Da war ein Name drin!“, begehrte Miko auf, noch bevor er etwas sagen konnte.
Kopfschüttelnd goß er heißes Wasser in die Kanne und schaute auf die Uhr.
„Ich werde das jetzt nicht kommentieren.“
„Gute Entscheidung, ich hätte ohnehin nicht zugehört. Jetzt sag mir, worum es diesmal geht!“
Er visierte sie an.
„Es ist nicht Phils Fall. Ein Freund hat ihn angesprochen.“
Sie sah ihn mit großen Augen an.
„Ja und? Was sprach der Freund?“
„Die Milch ist heiß.“
„Sein Freund sagte, daß die Milch heiß ist?“, verständnislos blickte sie zu ihm hoch.
„Nein, ich sagte das“, antwortete Mick mit einem Lächeln und wies auf den Topf in dem die Milch zu kochen begann.
„Verflixt!“, rief Miko und nahm eilig den Topf vom Herd.
Mick beobachtete sie dabei, wie sie die heiße Schokolade zubereitete und beide setzten sich dann an den Hochtisch.
„Erinnerst Du Dich daran, als ich Dir die Stellen an Deinem Brustkorb zeigte, an denen die Nervenknoten liegen?“, unschuldig sah sie auf ohne mit dem Umrühren des Kakaos aufzuhören.
Mick zuckte innerlich zusammen, als er an den Schmerz dachte.
„Ja, sehr genau. Warum?“
„Weil ich sie Dir gleich noch einmal zeigen werde, wenn ich hier weiter warten muß.“
„Kannst Du eigentlich auch anders, als immer nur Gewalt anzudrohen?“, fragte Mick nicht ganz ernstgemeint.
„Klar, aber es wirkt bei Dir so schön“, antwortete sie und streckte ihre Finger in seine Richtung aus.
„Wundere Dich nicht, wenn Du eines Morgens in einem Kokon aus Duct Tape aufwachst.“
„Versuch es.“
Mit einem Kopfschütteln nahm er die Mappe vom Küchenschrank hinter sich und legte sie auf den Tisch.
„Genaugenommen ist es gar kein Fall. Ein Bekannter von Phil hat ihn angesprochen und um Hilfe gebeten, den Tod eines Freundes dieses Bekannten zu überprüfen.“
Mikos Hand langte nach der Mappe.
„Und der Copper hat für sowas keine Zeit und wir sollen das für ihn erledigen.“
Mick hielt die Mappe fest.
„Er bittet uns zu helfen, ja. Aber bevor Du da hineinsiehst, möchte ich Dich darauf hinweisen, daß die Akte einige nicht sehr schöne Fotos vom Opfer beinhaltet. Vielleicht solltest Du diese nicht ansehen.“
„Tintenklecks“, sie legte den Kopf zur Seite und verdrehte die Augen, „kannst Du Dich noch an das Haus erinnern, in dem Du festgehalten wurdest und wie es dort aussah, als ich Dich befreit hatte?“
Mick schluckte und nickte lediglich.
„Sind die Fotos da drin schlimmer?“
„Eher nicht.“
„Dann gib die Mappe her. Ich glaube nicht, daß ich davon Alpträume bekommen werde.“
Er zog seine Hand zurück und Miko nahm die Mappe. Einige Zeit studierte sie den Inhalt, blätterte durch die Fotos, wie durch einen Versandkatalog und blickte dann auf.
„Also der Freund war in einem See tauchen und kurz darauf fand man ihn im Wasser nahe des Ufers mit halb zerquetschtem Schädel?“
„Ja und noch in voller Taucherkleidung.“
„Und wieso denkt Phils Bekannter, es wäre kein Unfall gewesen?“
„Weil ihn sein Freund kurz vor dem Tauchgang angerufen hat und mitteilte, daß er im See etwas Sensationelles gefunden habe und er schnellstmöglich zu ihm kommen solle. Als er ankam, war sein Freund tot.“
„Häßliche Angelegenheit“, kommentierte Miko und studierte die Fotos der Autopsie.
Der obere Teil des Schädels fehlte, der verbliebene Rest war erheblich zusammengedrückt, so als wäre die Schädeldecke abgeschert worden.
„Was sind das hier für Vertiefungen? Schau mal.“
Sie hielt ihm zwei Nahaufnahmen entgegen, auf denen von der Mitte ausgehend nach oben drei bis vier Zentimeter breite Eindrücke im Schädel zu erkennen waren. Am unteren Ende dieser war die Haut abgeschürft.
„Die Gerichtsmedizin geht davon aus, daß er unter Wasser von Metallteilen eingequetscht wurde, vielleicht ein schweres Schott eines Schiffes. Die Spuren könnten von einer Verriegelung stammen.“
Miko brummte, betrachtete die Fotos noch einen Moment und legte sie dann in die Mappe zurück. Während sie diese schloß, sagte sie: „Okay, wir fahren da morgen hin.“
„Das war jetzt keine Fragestellung, oder?“
„Nein, war es nicht, Tintenklecks. Ruf doch bitte mal den Copper an und frag, ob er es arrangieren kann, daß uns der Ortssheriff eine Führung am Tatort geben kann und ob wir die Beweismittel ansehen können.“
„Werde ich gerade wieder zum Sekretär degradiert?“
„Nicht von mir. Das ist heute Nachmittag schon im Café mit Phil passiert.“
Sie lächelte ihn an, glitt vom Hocker und verschwand nach oben in ihr Zimmer.
Mick saß in der Küche vor dem vorbereiteten Frühstück und wartete auf Miko, die noch im Dojo übte. Es begeisterte ihn, wie wichtig sie die täglichen Übungen nahm. Andere Kinder in ihrem Alter würden nur schwer freiwillig so früh aufstehen, um sich dann derart zu verausgaben.
Er goß sich eine weitere Tasse Tee ein und öffnete das Päckchen, das am Vortag geliefert worden war. Erstaunlicherweise hatte sich Miko nicht für den Inhalt interessiert. Nun, wenn sie zum Frühstück erschien, würde sie sich interessieren müssen. Auch wenn es sie nicht begeistern würde, hatte Mick ein Smartphone für sie bestellt. Es war ihm wichtig, daß sie sich bei ihm melden konnte, wenn es Probleme auf dem Schulweg gab, ohne von anderen abhängig zu sein. Und er fand es nach wie vor verstörend, Kontakte in Kenji in seinem Telefonbuch vorzufinden.
Mick vernahm ihre Schritte auf der Treppe. Und dies auch nur, weil zwei Stufen knarrten, sehr hartnäckig knarrten, unabhängig davon, wo man seinen Fuß hinsetzte. Hier mußte selbst ein Ninja-Mädchen ihre Enttarnung hinnehmen, wollte sie nicht jedes Mal zwei Stufen überspringen.
Wenig später vernahm er die Dusche. Mick konzentrierte sich wieder auf das Telefon und dessen Einrichtung.
Wenig später erschien Miko in der Küche. Als sie sich niederließ, fiel ihr Blick auf das Telefon, das Mick an ihren Platz gelegt hatte.
„Was ist das?“
„Eine Banane“, antwortete er mit seriöser Miene.
„Sehr witzig.“
„Es ist Dein Telefon. Ich möchte, daß Du ein eigenes hast, damit Du mich jederzeit anrufen kannst, wenn Du in der Schule oder auf dem Schulweg bist.“
„Ich hätte Dir nicht sagen sollen, daß ich den Schulbus nehmen möchte, oder?“
„Hätte keinen Unterschied gemacht. Jetzt tu mir den Gefallen und akzeptiere es bitte. Ich erwarte ja schon gar keine Begeisterung.“
Sie schüttelte den Kopf.
„Ist schon gut. War bestimmt teuer.“
Er lächelte.
„Du bist es mir eben wert.“
Miko mußte unvermittelt kichern.
„Ja, ja. Verstehe schon.“
Mick stand auf und ging zum Herd. Mit einer großen Kelle füllte er zwei Schalen aus einem Topf und kehrte damit zurück. Als er ihre Schüssel abstellte, sah sie überrascht auf.
„Ist das Miso Suppe?“
„Jawohl, das ist es. Jedenfalls mein Versuch einer solchen.“
Schon begann sie zu löffeln.
„Mh. Oh, die ist Dir gelungen, Tintenklecks.“
Es war bereits später Vormittag, als sie das kleine Städtchen im Norden erreichten. Sergeant McInroy von der lokalen Polizeistation nahm sie in Empfang und fuhr dann voran zu der Stelle, an der der Tote gefunden worden war.
Mick parkte neben dem Streifenwagen.
Als sie ausstiegen entschuldigte sich der Sergeant: „Es tut mir leid, es ist alles ein wenig schlammig hier.“ Er deutete auf einige Baugeräte. „Uferbefestigungsarbeiten.“
„Kein Problem“, entgegnete Mick und suchte sich gefolgt von Miko einen Pfad Richtung Ufer.
Als sie dieses schließlich erreicht hatten, zeigte der Polizist auf eine Stelle genau vor ihnen.
„Der Tote wurde hier gefunden. Die Wellen hatten ihn angespült. Sein Boot trieb draußen auf dem See.“
Mick zog ein kleines Notizbuch hervor und begann sich Vermerke zu machen. Sein Blick flog über den See. Während das hiesige Ufer flach in den See überging, begrenzten steile Berge das gegenüberliegende Ufer. An einigen Stellen waren diese mit Waldstücken bedeckt. Die überwiegende Fläche war jedoch nur von Heidekraut und Stachelginster bewachsen.
„Wo genau befand sich das Boot?“
„Sehen Sie die Felsen in den See ragen?“, fragte der Sergeant, während er nach links zum nord-westlichen Ufer zeigte.
„Ja.“
„In deren Nähe befand es sich, als wir eintrafen.“
Mick fertigte eine kleine Skizze vom See an.
Indessen fragte Miko: „Wer hat den Mann denn eigentlich gefunden?“
„Das waren Touristen, die hier am See Fotos aufnehmen wollten.“
„Sagen Sie“, meldete sich Mick wieder, „bei dem Toten oder im Boot wurden keine Anhaltspunkte gefunden, wonach er getaucht ist?“
„Nicht die geringste Spur. Er hat daraus offensichtlich ein großes Geheimnis gemacht. Wir haben auch die Vermieterin seines B&B dahingehend befragt, aber auch sie konnte uns keine Auskunft geben.“
„Und auch nichts in seinen persönlichen Dingen im Zimmer?“
„Rein gar nichts.“
„Wieso haben eigentlich die Bauarbeiter nichts gemerkt? Die sind doch hier direkt daneben.“ Miko sah den Sergeant fragend an.
„An dem Tag ruhte die Baustelle.“
„So wie heute“, ergänzte Mick und sah in Richtung der Bagger und Geräte.