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Buch 1 in der Serie - Carlisle Cops Officer Red Markham kennt die Schattenseiten des Lebens. Von einem Autounfall, der seinen Eltern das Leben kostete, hat er hässliche Narben davongetragen, die ihm den Umgang mit anderen Menschen schwer machen. Sein Job als Polizist auf den Straßen von Carlisle, Pennsylvania, trägt ebenso dazu bei, da sich in letzter Zeit Drogenmissbrauch mit tödlichem Ausgang häuft. Eines Nachmittags wird Red wegen eines Kindes, das bei einem Unfall fast ertrunken wäre, zum örtlichen Schwimmbad gerufen. Am Unfallort stellt er fest, dass das Kind von dem Rettungsschwimmer Terry Baumgartner gerettet wurde. Red ist nicht überrascht, als der gut aussehende Terry ihn und sein hässliches Gesicht keines Blickes würdigt. Mit anzuhören, dass einer der Rettungskräfte ihn für oberflächlich hält, öffnet Terry die Augen. Vielleicht ist er doch nicht so nett, wie er immer gedacht hat. Seine Freundin Julie schlägt vor, dass er Menschen unterstützt, denen es nicht so gut geht, indem er Essen an ältere Leute liefert. Auf seiner Tour trifft er die offenherzige Margie, eine Frau, die sagt, was sie denkt. Es stellt sich heraus, dass sie die Tante von Officer Red Markham ist. Reds und Terrys Welten prallen aufeinander, als Red versucht, den Ursprung der Drogenwelle zu finden und Terry vor seinem Exfreund zu beschützen, der ein Nein nicht akzeptieren kann. Zusammen finden sie vielleicht mehr, als sie erwartet hatten – wenn sie es schaffen, hinter die Fassade des anderen zu blicken.
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Seitenzahl: 337
Veröffentlichungsjahr: 2016
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Inhalt
Zusammenfassung
Widmung
1
2
3
4
5
6
7
8
Epilog
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Copyright
Von Andrew Grey
Buch 1 in der Serie – Carlisle Cops
Officer Red Markham kennt die Schattenseiten des Lebens. Von einem Autounfall, der seinen Eltern das Leben kostete, hat er hässliche Narben davongetragen, die ihm den Umgang mit anderen Menschen schwer machen. Sein Job als Polizist auf den Straßen von Carlisle, Pennsylvania trägt ebenso dazu bei, da sich in letzter Zeit Drogenmissbrauch mit tödlichem Ausgang häuft. Eines Nachmittags wird Red wegen eines Kindes, das bei einem Unfall fast ertrunken wäre, zum örtlichen Schwimmbad gerufen. Am Unfallort stellt er fest, dass das Kind von dem Rettungsschwimmer Terry Baumgartner gerettet wurde. Red ist nicht überrascht, als der gut aussehende Terry ihn und sein hässliches Gesicht keines Blickes würdigt.
Mit anzuhören, dass einer der Rettungskräfte ihn für oberflächlich hält, öffnet Terry die Augen. Vielleicht ist er doch nicht so nett, wie er immer gedacht hat. Seine Freundin Julie schlägt vor, dass er Menschen unterstützt, denen es nicht so gut geht, indem er Essen an ältere Leute liefert. Auf seiner Tour trifft er die offenherzige Margie, eine Frau, die sagt, was sie denkt. Es stellt sich heraus, dass sie die Tante von Officer Red Markham ist.
Reds und Terrys Welten prallen aufeinander, als Red versucht, den Ursprung der Drogenwelle zu finden und Terry vor seinem Exfreund zu beschützen, der ein Nein nicht akzeptieren kann. Zusammen finden sie vielleicht mehr, als sie erwartet hatten – wenn sie es schaffen, hinter die Fassade des anderen zu blicken.
Für Dominic. Ohne seine Liebe und Unterstützung wäre es mir nicht möglich, meine Geschichten zu schreiben.
RED MARKHAM hörte über Funk den Ruf nach Verstärkung, schaltete das Blaulicht an und raste die High Street hinunter. Er bog Richtung Norden ab und fuhr zwei Blocks weiter, dabei überfuhr er ein Stoppschild. Red hielt hinter dem anderen Polizeiwagen an und stieg aus dem Auto. Er erkannte sofort, was das Problem war, und ging zu den beiden Polizisten, die mit einem Verdächtigen rangen.
„Nehmt eure Hände von mir! Ich hab nichts gemacht!“, schrie der Mann lauthals und versuchte, sich von Smith loszureißen. Er schaffte es und schlug mit der freien Hand nach Rogers. „Dazu habt ihr kein Recht!“ Smith bekam ihn wieder zu fassen. Der Kerl war nicht allzu groß, aber er schien irgendetwas genommen zu haben, das war offensichtlich. Red erkannte, dass seine Augen gerötet, seine Pupillen extrem erweitert und so wild waren wie die einer Raubkatze.
„Das reicht jetzt!“, fauchte Red und benutzte seine Stimme wie eine Waffe. Der Mann wehrte sich weiterhin.
„Nimm den Taser, verdammt noch mal“, rief Rogers. Smith griff nach seinem Taser, aber der Verdächtige schlug seine Hand weg. Die Situation geriet außer Kontrolle. Red trat näher und zog seine Waffe.
„Auf den Boden!“
Der Verdächtige drehte sich zu ihm um und hielt mitten in der Bewegung inne.
„Ich sagte: Auf den Boden!“ Reds Tonfall wurde schärfer. Man hatte ihm schon gesagt, dass Ausbilder in der Armee sich von ihm noch eine Scheibe abschneiden konnten.
Die Augen des Kerls wurden noch größer und er erstarrte. Dann ließ er sich mit dem Gesicht nach unten auf den Boden fallen und rührte sich nicht mehr. „Was zum Teufel bist du?“, flüsterte er.
Red ignorierte den Kommentar und richtete seine Waffe weiterhin auf den Kerl, während die anderen beiden ihm Handschellen anlegten. Als der Mann unter Kontrolle war, steckte Red seine Waffe weg.
„Oh Gott, ich bin bei den Freaks gelandet.“
„Und du passt gut zu uns“, sagte Smith zu dem Verdächtigen auf dem Boden. „Du hast schon mehr Ärger, als dir guttut. “ Smith verlas ihm seine Rechte und riet ihm dringend, in der nächsten Zeit den Mund zu halten. Red trat zurück und funkelte den Mann an, damit er sich ruhig verhielt.
„Was ist passiert? “, fragte Red, nachdem der Verdächtige sich beruhigt hatte.
„Keine Ahnung. Er sah komisch aus. Als ich nachsehen wollte, ob er Hilfe braucht, ist er durchgedreht“, erklärte Rogers. Er war ein paar Jahre älter als Red. Sie hatten etwa zur gleichen Zeit den Dienst bei der Polizei in Carlisle angetreten. Nicht, dass Red ihn außerhalb der Arbeit besonders gut kannte, genauso wenig wie Smith. Beide waren anständige Männer, denen Red im Dienst sein Leben anvertrauen würde, aber sie als Freunde zu bezeichnen, wäre zu viel des Guten.
„Der Typ ist total high“, warf Smith ein.
„In der Stadt ist ein neuer Stoff aufgetaucht. Der ist so stark wie sonst was. Das ist der Zweite, der so drauf ist, mit dem ich persönlich zu tun habe, der Sechste in unserem Revier. Es ist übel, und es wird noch schlimmer werden“, fügte Rogers hinzu.
Der Verdächtige bewegte sich nicht, deshalb beugte Smith sich zu ihm hinunter. „Scheiße, ruft einen Krankenwagen! Er atmet kaum noch. “
Rogers forderte über Funk Hilfe an. Nach ein paar Minuten hörten sie die Sirenen, die näherkamen. Das war das Schöne in einem Städtchen dieser Größe. Die Station der Krankenwagen war nur wenige Kilometer entfernt, und die Sanitäter waren immer auf Zack. Red behielt den Verdächtigen stets im Blick, für den Fall, dass er ihnen nur etwas vorspielte, aber der Kerl wurde immer schlaffer. Der Krankenwagen hielt an und die Sanitäter übernahmen den Verdächtigen. Sie untersuchten ihn noch an Ort und Stelle und hievten ihn erst dann auf einer Trage in den Wagen. Rogers fuhr mit ihnen und Smith würde ihnen im Polizeiwagen folgen. Reds Meinung nach sah es nicht gut aus, überhaupt nicht gut.
„Hey, Mann“, sagte Smith, bevor er sich auf den Weg machte. „Vielen Dank für die Hilfe. “ Die ganze Situation hatte sich innerhalb von etwa zwei Minuten von übel über schlimm zu vermutlich tragisch entwickelt.
„Kein Problem. Wir sehen uns auf dem Revier. “ Die hinteren Türen des Krankenwagens schlossen sich knallend, und Smith stieg in sein Auto. Red wartete, bis alle verschwunden waren, bis er in seinen eigenen Wagen stieg. Er setzte sich auf den Fahrersitz und stellte den Rückspiegel ein. Sich selbst schaute er dabei nicht an. Er blickte nie in den Spiegel, wenn er es vermeiden konnte. Er brauchte keine Erinnerung daran, wie er aussah. Er wusste es. Er würde nie im Leben einen Schönheitswettbewerb gewinnen.
Ein weiterer Funkspruch riss Red aus seinen Gedanken – eine Auseinandersetzung im Familienzentrum. Das war etwas Neues. Er nahm den Funkspruch an und wurde informiert, dass ein Krankenwagen schon auf dem Weg wäre, ebenso die Feuerwehr. Was für ein Tag! Er fragte sich kurz, ob das am Vollmond lag, aber er glaubte sowieso nicht an diesen Unsinn, also schaltete er die Sirene an und machte sich auf den Weg.
Das Familienzentrum war in einer ehemaligen, ausgebauten Schule untergebracht. Der alte Teil des Gebäudes war genau das, alt, während der Anbau sich neu, glänzend und gut ausgestattet präsentierte. Red parkte neben dem Krankenwagen und den anderen Rettungsfahrzeugen. Er ging hinein und wurde direkt zum Schwimmbereich geführt. Nicht, dass er nicht auch so herausgefunden hätte, wohin er gehen musste, bei all den Gaffern vor der Tür. Die Menschen liebten es zu starren. „Entschuldigung“, sagte Red, und einige Leute drehten sich herum. Sie starrten ihn an, wie es jeder tat, und traten ihm wortlos aus dem Weg. Dabei tippten sie einander auf die Schultern, während sich die in Sportkleidung und tropfnasse Badesachen gekleidete Menge wie das Rote Meer teilte.
Red öffnete die Tür und schaute sich um. Eine Frau und ein junger Mann in einer knappen, roten Badehose standen am Beckenrand. Die Frau, Red schätzte sie auf etwa dreißig, Typ Soccer-Mom, brüllte und war dabei, dem Jungen den Finger in die Brust zu stoßen. Einer der Feuerwehrleute versuchte, die beiden zu trennen und blickte Red dankbar an, als der näherkam.
„Was ist hier los? “ Seine Stimme hallte von den Wänden der Schwimmhalle wider.
Die Frau erstarrte und der Mann trat einen Schritt zurück, dabei fiel er fast ins Schwimmbecken. „Er …“, setzte die Frau an, als sie sich wieder gefangen hatte. „Er hat fast meinen Sohn umgebracht. “
„Das habe ich nicht, Lady“, protestierte der Mann und verschränkte die Arme vor seiner definierten Brust. Red sah ihn an und musste schlucken. Er war das perfekte Abbild eines Mannes, der auf das Cover eines Magazins gehörte. Er ließ den Gedanken einen Moment lang zu. „Wenn Sie Ihren Sohn beaufsichtigt und dafür gesorgt hätten, dass er sich an die Regeln hält, was Ihre Aufgabe ist, dann wäre nichts von alldem passiert. “
„In Ordnung. Sie da. “ Red deutete auf den Mann. „Setzen Sie sich und warten Sie auf mich. “ Dann wandte er sich an die Frau. „Sie kommen mit mir. “ Er trat einen Schritt zurück und wartete ab, bis beide seinen Anweisungen gefolgt waren. „Setzen Sie sich. Ich bin gleich bei Ihnen. “ Er wartete, bis sie tat, was er gesagt hatte, dann ging er zu dem kleinen Jungen, der auf dem gefliesten Boden neben dem Pool lag. Der Junge war blau. Red beobachtete, wie zwei Sanitäter versuchten, ihn wiederzubeleben. Es sah nicht gut aus, aber dann hustete der Junge, spuckte Wasser aus und holte keuchend Luft. Seine Mutter eilte zu ihm und er begann zu weinen.
„Dir geht’s gut“, sagte ein Sanitäter zu ihm. Red hatte schon mit Arthur zu tun gehabt und wusste, dass er sein Handwerk verstand. „Ruh dich aus und atme ganz tief. “
„Mom“, schluchzte der Junge.
Sie nahm seine Hand. „Es ist alles in Ordnung“, beruhigte sie ihn und bedankte sich bei den Leuten, die ihrem Sohn geholfen hatten.
„Wir nehmen ihn mit ins Krankenhaus, damit er untersucht werden kann“, teilte Arthur der Frau mit. Sie nickte, dabei ließ sie die Hand ihres Sohnes nicht los.
„Ma’am, ich muss mit Ihnen sprechen“, sagte Red zu ihr. Sie nickte abermals und flüsterte ihrem Sohn etwas zu, bevor sie aufstand und zu Red herüberkam. „Was ist passiert? “
„Ich habe es nicht gesehen. Ich hatte Connor zum Schwimmunterricht hergebracht, aber er wollte danach noch hierbleiben. Das tun er und seine Freunde meistens. Als ich ihn abholen wollte, habe ich gesehen, wie man ihn aus dem Wasser gezogen hat. Da habe ich die Polizei angerufen. “ Sie drehte sich zu dem Rettungsschwimmer um, der noch dort saß, wo Red es ihm gesagt hatte. Er sah sehr nervös aus. „Ich weiß nur, dass nichts von alldem passiert wäre, wenn der da seinen Job gemacht hätte“, fauchte sie.
Red zog seinen Block heraus und begann zu notieren, was sie ihm erzählt hatte. Er ließ sich ihren Namen geben, Mary Robinson. Er notierte auch ihre Adresse, Telefonnummer, ihr Geburtsdatum, das ihres Sohnes und weitere relevante Informationen. „Also, um das klarzustellen, Sie haben überhaupt nicht gesehen, was passiert ist? “
„Nein, aber …“ Ihr gingen die Argumente aus, was sie auch zu erkennen schien. Sie schaute zu ihrem Sohn. Red bemerkte, dass sie es vermied, ihn anzusehen. Daran hatte er sich mittlerweile gewöhnt.
„Ist schon in Ordnung. Wir werden herausfinden, was passiert ist. “
Sie blickte immer noch zu ihrem Sohn. Red trat zurück, damit sie sich um ihn kümmern konnte. Er ging zu dem Rettungsschwimmer, der auf einem Sitz in der unteren Zuschauerreihe saß.
Er bemerkte, wie der junge Mann zusammenschreckte, als Red sich ihm näherte. Allerdings konnte er das Mitleid in seinem Blick besser verbergen als die meisten Leute, denen Red begegnete. „Wie lautet bitte Ihr Name? “, fragte Red, um die Sache voranzubringen.
„Terry Baumgartner“, antwortete er und schluckte nervös. „Der Junge und seine Freunde haben am Beckenrand herumgealbert. Ich habe ihnen mehr als einmal gesagt, dass sie aufhören sollen und wollte sie gerade auffordern, die Halle zu verlassen, als ein kleines Mädchen zu meinem Sitz kam und ich mich abwenden musste. Als ich wieder hinsah, war er unter Wasser. Ich bin ins Wasser gesprungen, genau wie Julie. “ Er deutete auf eine junge Frau in einem roten Badeanzug, die etwas abseits stand. „Ich war zuerst bei ihm und habe ihn herausgezogen. Wir haben sofort begonnen, ihn wiederzubeleben, und haben weitergemacht, bis die Sanitäter ein paar Minuten später hier waren. “
„Wer hat sie gerufen? “, fragte Red.
Ein Mann trat vor. „Das war ich. Die beiden haben geschrien, jemand solle 911 anrufen, also habe ich es getan. Die Kinder haben ziemlich wild getobt und gerade hatte ich noch gedacht, dass bestimmt jemand verletzt werden würde. “
„Daddy, geht es Connor gut? “, fragte ein kleines Mädchen in einem nassen Badeanzug, das nähergekommen war und seine Hand gepackt hatte.
„Ja, Schätzchen, ihm geht’s gut“, beruhigte er das Kind, bevor er sich wieder zu Red umdrehte. Er schluckte, als er Red in die Augen blickte. Das taten nicht viele Leute. „Er hat die Wahrheit gesagt. Die Kinder haben es herausgefordert. Wenn er etwas falsch gemacht hat, dann, sie nicht schon früher hinauszuwerfen. Aber er hat sie verwarnt.“
Red blickte zu Terry, der nickte. Seine wasserblauen Augen sahen nicht mehr so besorgt aus und sein gottgleicher, schlanker Körper wirkte weniger angespannt. Er ließ die schlanken Arme und die muskulösen Schultern sinken. Verdammt – der junge Mann war nicht groß, aber in Reds Augen war er perfekt. „Vielen Dank “, sagte Red und wandte sich wieder dem anderen Mann zu. Er notierte seine Kontaktinformationen und stellte noch ein paar Fragen, bevor er sich erneut bedankte. Dann sprach er mit der anderen Rettungsschwimmerin, Julie, die bestätigte, was Terry ihm erzählt hatte. Red war froh, dass es ein Unfall und nicht die Schuld des Rettungsschwimmers gewesen war. Dann sprach er mit dem Manager der Anlage und ließ sich von ihm alle nötigen Informationen geben. Er war sehr hilfsbereit und schien besorgt und erleichtert zugleich zu sein.
Als Red fertig war, war Connor auf dem Weg ins Krankenhaus und die meisten anderen Leute hatten gehen dürfen. Er wollte sich auch gerade wieder auf den Weg machen, als er Terry und Julie sah, die etwas abseits standen und sich angeregt unterhielten. Ihre Stimmen waren nicht so leise, wie sie wohl annahmen, denn er konnte ihre Unterhaltung teilweise hören. „Ich würde sterben, wenn ich so aussehen würde“, hörte er Terry sagen, als der in seine Richtung blickte. Red ignorierte ihn und ging vorsichtig über die feuchten Fliesen zur Tür. Terrys Schönheit war anscheinend nur äußerlich.
„Red.“ Er drehte sich um und sah Arthur näherkommen. Er hatte offensichtlich auch gehört, was gesagt worden war. „Hör nicht auf den. Der Kerl ist so oberflächlich wie sonst was.“ Arthur sprach lauter als notwendig, und das Geschnatter in der Ecke endete abrupt. „Wollen wir uns im Hanover Grille treffen, wenn du Feierabend hast?“, fragte er leiser. „Einige von uns wollen dort essen und etwas Spaß haben. Du kannst dich gern anschließen, das weißt du ja.“
Red lächelte verhalten. Sein Lächeln war ihm unangenehm, und als es breiter wurde, nahm er die Hand vor den Mund. „Danke.“ Zuerst wollte er ablehnen und nach der Arbeit einfach nach Hause gehen, aber Arthur meinte es ehrlich. Zur Abwechslung wäre es ganz schön, sich mit Leuten zu treffen. „Ich versuche vorbeizukommen, wenn meine Schicht zu Ende ist und ich meine Berichte fertig habe. Es könnte aber spät werden.“
„Ich weiß, wie das ist“, versicherte Arthur und eilte aus der Schwimmhalle.
Red ging noch einmal durch, ob er mit allen Beteiligten gesprochen und alle relevanten Informationen notiert hatte. Als er sich sicher war, schaute er auf die Uhr, bedankte sich im Stillen und verließ dann das Gebäude.
Sobald er durch die Tür trat, sah er draußen vier Nachrichtenwagen und Reporter, die umherschwirrten und sich auf ihren Auftritt vorbereiteten. Red ging direkt zu seinem Auto und fuhr los, als sie auf ihn zukamen. Er wollte bestimmt nicht mit der Presse reden. Er würde zum Revier zurückfahren und es anderen überlassen, die Presse über den Vorfall zu informieren.
Als er wieder auf dem Revier war, berichtete er dem Captain von dem Mann auf dem Gehweg und dem Beinahe-Ertrinken. Er erzählte auch von den Reportern. Anschließend ging er zu seinem Schreibtisch, um die Berichte zu erledigen. Dafür brauchte er eine Stunde, dann konnte er sich auf den Heimweg machen. Es war ein langer und aufregender Tag gewesen und er fühlte sich völlig erschöpft. Red sprach nicht viel mit den anderen Polizisten auf dem Revier, aber er verabschiedete sich der Höflichkeit wegen von denen, die ihm begegneten, und eilte dann hinaus.
Er saß schon in seinem Auto und war dabei, den Parkplatz zu verlassen, als er sich an Arthurs Einladung erinnerte. Da er nichts Besseres zu tun hatte, abgesehen davon, zu Hause zu sitzen, fernzusehen und zu viel Bier zu trinken, entschied er sich, Arthurs Einladung anzunehmen.
„JULIE“, RIEF Terry und versuchte, ihre Aufmerksamkeit von den Nachrichten im Fernsehen wegzulenken. Sie hatten schon viermal einen Bericht darüber gesehen, was im Familienzentrum passiert war, aber nichts Neues. Sie sagten, es wäre ein Unfall gewesen und dass das Kind aus dem Krankenhaus entlassen worden war. Das war eine Erleichterung nach diesem schrecklichen Tag, der durch den ganzen Papierkram und die Gespräche mit der Polizei nicht besser geworden war. Terry drehte sich auf dem Barhocker zu ihr. „Willst du dir das den ganzen Abend anschauen?“
„Mann, wer hat dir denn einen Knoten ins Höschen gemacht?“, fragte Julie und wandte sich ihm zu. „Als du gefragt hast, ob wir zusammen etwas trinken gehen wollen, hatte ich nicht erwartet, dass du so eine Nervensäge sein würdest.“
„Die erzählen doch nichts Neues“, erklärte er ihr.
„Ich weiß. Aber wann warst du sonst schon einmal in den Nachrichten?“ Sie drehte sich wieder zum Fernseher, aber jetzt lief der Wetterbericht, also hob sie ihr Bierglas und sah ihn an. „Also, was wolltest du sagen?“
„Eigentlich nichts“, antwortete Terry. Er trank sein Bier aus und bestellte ein neues. Die Kellnerin eilte hinter die Bar und brachte ihm ein Weizenbier. Er zeigte ihr sein strahlendstes Lächeln. Es spielte keine Rolle, dass er eigentlich nicht an ihr interessiert war. Er hatte schon vor langer Zeit erkannt, dass ihm ein einnehmendes Lächeln verschaffen konnte, was er wollte, also setzte er es auch ein.
An einem großen Tisch hinter ihnen ertönte ein lautes Lachen. Terry drehte sich um, um zu sehen, was dort los war. Er waren ein paar Männer. Er erkannte einen von ihnen. Es war einer der Sanitäter vom Nachmittag. Terry beobachtete sie einen Moment, dann drehte er sich wieder zu Julie.
„Hey, Red“, hörte er einen der Männer rufen. Aus irgendeinem Grund drehte Terry sich um, um zu sehen, wer es war, dann schaute er schnell wieder weg. Es war der riesige Polizist, der im Schwimmbad gewesen war. Terry wandte sich wieder zur Bar.
„Das ist der Polizist vom Schwimmbad“, verkündete Julie neben ihm. „Der mit der Narbe.“
„Ja, ich habe ihn gesehen.“ Terry nahm noch einen Schluck aus seinem Glas. Der Mann war ihm sofort aufgefallen, als er den Schwimmbereich betreten hatte. Zuerst war Terry das Wasser im Mund zusammengelaufen. Er war genau sein Typ: groß, muskulös, breitschultrig und er füllte seine Uniform an genau den richtigen Stellen aus. Ein Traummann … bis er das Gesicht des armen Kerls gesehen hatte. Zu sagen, er wäre hässlich, erschien ihm auch nicht richtig … eher bedauernswert. Wie sein Dad scherzhaft sagen würde: „Er hat ein Gesicht, das nur eine Mutter lieben kann.“
„Ich frage mich, was ihm wohl zugestoßen ist“, wunderte sich Julie und blickte zu Terry, als dieser ein genervtes Geräusch von sich gab. „Er schien nett zu sein. Diese Frau war total wütend, aber er hat zugehört und die Wahrheit herausgefunden. Es gab keine Vorwürfe, und für einen Cop war er ganz okay.“ Ihre Augen weiteten sich. „Ihm muss etwas passiert sein. Er wurde sicher nicht mit dieser Narbe geboren. Vielleicht war er arm und konnte sich keine Zahnspange leisten wie wir.“
Terry drehte sich wieder um. „Du hast wohl recht.“ Er schluckte rau und beobachtete den Mann weiter, dabei versuchte er, unauffällig zu sein. Einmal trafen sich ihre Blicke, als er aufsah. Terry wusste sofort, dass der Mann ihn erkannt hatte. Er drehte sich schnell weg.
„Ich habe wohl recht?“, hakte Julie kichernd nach.
„Ich habe dir doch zugestimmt“, versicherte er ihr. Ihr Gespräch geriet ins Stocken, als erneut die Nachrichten begannen und Julies Aufmerksamkeit abgelenkt wurde.
Hinter der Bar waren Spiegel, die größtenteils die verschiedenen Biersorten anpriesen. In einem davon konnte er den Polizisten sehen. Die Männer bei ihm waren laut und lachten viel und ein paar Mal konnte Terry ein kleines Lächeln in seinem Gesicht erkennen. Da wollte er jedes Mal auch lächeln. Er drehte sich wieder um und schaute sich im Raum um.
Zu sagen, dass die Einrichtung betagt war, wäre eine Untertreibung. Jedes Jahrzehnt schien seine Spuren hinterlassen zu haben. Das Gebäude musste in den Sechzigern in ein Restaurant umgebaut worden sein. Die alte Holzvertäfelung an den Wänden, die zwischenzeitlich angestrichen worden war, war ein guter Hinweis, genau wie die ebenfalls gestrichene Holzdecke. Wahrscheinlich ein Versuch der Modernisierung. Die Bar war aus Holz und eigentlich ziemlich hübsch. Terry nahm an, dass sie nachträglich eingebaut worden war, wie das meiste im Raum. Es gab kein durchgängiges Thema – alles wirkte so, als wäre es nur aus einer Notwendigkeit heraus eingebaut worden. Wie der Gaskamin, der an einer Wand installiert war. Er war nicht alt, aber jemand schien entschieden zu haben, dass der Raum mehr Wärme brauchte, also war ein Kamin gebaut worden. Terrys Blick ruhte auf dem Kamin, dann schaute er sich weiter um. Sein Blick landete wieder auf dem Polizisten. Dieses Mal schaute der nicht zurück, stattdessen hörte er einem seiner Freunde zu. Dabei lag ein kleines Lächeln auf seinem Gesicht.
„Terry“, sagte Julie und er drehte sich wieder um. „Beobachtest du den Kerl?“
Er ignorierte sie und nahm stattdessen einen Schluck Bier. Erst dann wandte er sich ihr zu. „Hältst du mich für oberflächlich?“
„Das ist keine einfache Frage.“ Sie seufzte und stützte einen Ellenbogen auf die Bar, während sie ihn anschaute. „Wenn du meine ehrliche Meinung hören willst, würde ich sagen, dass du eher ichbezogen bist, statt oberflächlich im eigentlichen Sinne. Aber für die meisten Leute ist das ein und dasselbe. Also ja, du bist ein wenig oberflächlich.“ Sie schubste ihn mit der Schulter an. „Hey, du wolltest es wissen.“
Terry schluckte und erwiderte ihren Blick. „Ich schätze, ich hätte nicht fragen sollen, wenn ich deine Meinung nicht hören will.“ Es war nicht die Antwort gewesen, die er gewollt hatte. Er hatte gefragt, weil er gehört hatte, was der Sanitäter im Schwimmbad gesagt hatte. Julie hätte ihm sagen sollen, dass das Unsinn wäre, statt ihm zuzustimmen.
„Ganz genau“, gab sie zurück, und Terry rollte mit den Augen. „Du musst zugeben, dass dir das Aussehen anderer Leute sehr wichtig ist, und du weißt, was dir das gebracht hat bei –“
„Sag seinen Namen nicht“, knurrte Terry gerade laut genug, damit sie es hören konnte.
„Schön“, schnauzte sie. „Aber du weißt, dass ich recht habe. Du hast den perfekten Schwimmer-Körper und stets die perfekte Bräune, sogar im Winter.“
„Ich mag es eben, gut auszusehen.“
„Nein, manchmal bist du von deinem Aussehen geradezu besessen, und als du … du weißt schon wen … kennengelernt hast.“ Sie verdrehte ihre hübschen braunen Augen. Terry wusste, dass er nicht wie von Zauberhand auftauchen würde, wenn man seinen Namen nannte, aber an seinen Ex auch nur zu denken, ließ es ihm kalt den Rücken hinunterlaufen. Sofort fühlte er sich allein in einem Raum voller Menschen. „Du hast dich auf ihn gestürzt, ohne nachzudenken, und sieh, was es dir gebracht hat.“
„Okay, okay …“
„Nein. Du hörst dir das jetzt an. Ich weiß, du bist wirklich süß und heiß und so weiter. Du hast diesen Schwimmer-Körper und den passenden Job dazu, aber Terry, wir reden hier davon, ob du oberflächlich bist oder nicht, während heute unter unserer Aufsicht im Schwimmbad ein Kind fast ertrunken wäre. Meiner Meinung nach beantwortet das von selbst, ob du oberflächlich bist.“ Ihre Augenbrauen hoben sich und Terry wandte den Blick ab.
„Verdammt“, sagte er leise und blickte auf, als die Kellnerin ihnen ihr Essen brachte. „Vielen Dank“, sagte er lächelnd und erhielt im Gegenzug auch ein Lächeln.
Julie nahm einen Bissen von ihrem Salat. „Die Frage ist also, wenn du nicht oberflächlich sein willst, was willst du dagegen tun?“
„Tun?“, fragte Terry.
„Ja. Tun.“ Sie schaute ihn mit einem brennenden Blick an, bei dem er sofort steif geworden wäre und sie ins Bett gezogen hätte, wäre er hetero. Stattdessen bedeutete dieser Blick für ihn, dass er gleich richtig Ärger bekommen würde.
„Können wir darüber reden?“
„Du willst reden? Okay. Ein Kind ertrinkt fast und wir ziehen es aus dem Becken. Überall in den Nachrichten ist zu hören, dass wir sein Leben gerettet haben, worüber wir beide glücklich sein sollten. Wir haben getan, was wir gut können, wir haben etwas bewirkt. Es war nicht unsere Schuld, dass der Junge hineingefallen ist und sich verletzt hat, egal, was die Mutter sagt. Aber statt uns darüber zu unterhalten und zu überlegen, was wir tun können, damit so etwas nicht noch einmal passiert, hast du eine Identitätskrise, weil Leute, die du überhaupt nicht kennst, dich als oberflächlich bezeichnet haben.“ Sie tätschelte seine Schulter. „Ich denke, die Zeit zum Reden ist vorbei. Schätzchen, sieh es ein – du bist oberflächlich, okay? Und eingebildet, das dürfen wir nicht vergessen. Aber du bist hübsch anzuschauen, also hast du auch ein Recht darauf. Schließlich haben wir beide im Schwimmbad schon Dinge gesehen, die kein Mensch je sehen sollte.“ Sie erschauerten beide.
„Mr. Howard letzte Woche“, warf Terry ein und Julie schüttelte den Kopf. Einer ihrer älteren Gäste war etwas verwirrt gewesen und war splitternackt aus der Umkleide in die Schwimmhalle gelaufen. Und das wollte wirklich keiner von ihnen noch einmal sehen.
„Ja, genau …“ Julie nahm noch einen Bissen. „Verdammt, du lenkst vom Thema ab. Sieh mal, es ist doch so, dass du etwas tun musst, nicht nur darüber reden, wenn du dein Leben ändern willst. Also, was hast du vor?“
„Du meinst, mit jemandem auszugehen, den ich unattraktiv finde?“
Julie schüttelte den Kopf. „Siehst du? Du bist oberflächlich. Euch Männern geht es immer nur ums Aussehen. Hetero-Männer sehen mich an und sehen nur Titten und einen Körper, sonst nichts. Frauen sind emotionaler. Für den Anfang: keine One-Night-Stands mehr!“
„Ich habe so etwas seit … du weißt schon wem … nicht mehr gemacht“, gab Terry mit gesenktem Kopf zu.
Julie stieß ihn mit der Schulter an. „Siehst du? Du hast dich schon gebessert. Aber das ist nur vorübergehend, das weißt du auch. Du bist in Nullkommanichts wieder so wie früher. Also wenn du dich wieder ins schwule Leben stürzt, kein Sex, bevor du den Mann nicht kennengelernt hast, denn nette Männer trifft man nicht, wenn man auf dem Rücken liegt.“
„Und was noch, oh du Weise?“ Terry konnte nicht widerstehen. „Da du ja genau weißt, was ich will.“
Julie legte die Gabel hin. „Das tu ich. Ich sehe, wie du dieses Paar ansiehst, das jeden Tag zum Schwimmen kommt. Die beiden sind schon bestimmt zwanzig Jahre zusammen. Du lässt sie nicht aus den Augen.“
„Sie sehen gut aus“, protestierte Terry, aber es klang hohl.
„Du kannst sagen, was du willst, aber ich sehe den Neid in deinen babyblauen Augen und die Sehnsucht. Du willst das, was sie haben. Jetzt schau mich nicht so an. Du kannst mir so oft du willst sagen ,Ist mir egal’ oder ,Ich hatte schon eine Beziehung und sie hat nicht funktioniert’, aber ich kenne dich. Ich sehe, wie du sie ansiehst. Julies Anti-Öberflächlichkeits-Regel Nummer Eins lautet also, nicht mit Typen zu schlafen, die du nicht kennst. Die zweite lautet, dass du etwas lesen musst, das deinen Horizont erweitert. Es muss nicht Tolstoi sein, aber du solltest dein Gehirn benutzen müssen.“
„Hey, ich lese“, protestierte Terry.
„Comicbücher zählen nicht. Meine Regeln – ich habe das Sagen.“ Und eindeutig zu viel Spaß dabei. „Drittens, du musst etwas geben. Die ersten beiden solltest du selbst schaffen, aber beim Dritten kann ich dir helfen.“
„Oh nein“, sagte Terry und fiel fast vom Stuhl. „Ich will nichts mit alten Leuten zu tun haben.“
„Jetzt schon. Nach der Arbeit nehme ich dich mit und stelle dich vor. Wir brauchen Leute, um die Mahlzeiten auszuliefern. Ich weiß, dass du das kannst.“ Sie fixierte ihn mit ihrem Blick, und Terry konnte fühlen, wie er nachgab. „Du hast damit angefangen, also wirst du das jetzt durchziehen, verstanden? Vielleicht gefällt es dir. Du kannst gut mit Leuten reden und das ist es, was die meisten brauchen. Du lieferst ihnen das Essen und unterhältst dich einen Moment mit ihnen, um zu sehen, ob es ihnen gut geht.“ Julie wandte den Blick nicht ab. „Einige dieser Leute sehen den ganzen Tag kein menschliches Wesen, abgesehen von dir.“
Verdammt. Terry merkte, wie ihm die Argumente ausgingen. „Schön. Ich versuche es. Aber wenn es mir nicht gefällt …“
Julie grinste ihn an. „Ich mache mir eher Gedanken, dass du mit dem Ausliefern nie fertig wirst, weil du den ganzen Tag mit Reden verbringst.“
„Okay. Wie kommt es, dass du keinen Freund hast, bei all deinen tollen Regeln?“ Er wandte sich wieder seinem Essen zu.
„Ich habe nie gesagt, dass bei mir alles stimmt. Ich habe einfach noch keinen netten Kerl getroffen. Außerdem sind diese Regeln für dich, nicht für mich.“ Terry wollte protestieren, aber sie schnalzte mit der Zunge. „Schätzchen, ich bin nicht diejenige von uns, die oberflächlich ist.“ Sie schaffte es drei Sekunden lang, nicht loszulachen, aber dann konnte sie sich nicht mehr halten. Terry stimmte in ihr Lachen ein. Sie war genauso schlimm wie er und das wusste sie auch. „Da gibt es tatsächlich einen Typen, mit dem ich zweimal ausgegangen bin. Er ist wirklich nett. Ich mag ihn.“
„Warum habe ich ihn noch nicht kennengelernt? Ist er so hässlich?“ Terry musste sie einfach ein wenig ärgern. Das war zwischen ihnen so.
„Nein. Er ist ruhig und wirklich intelligent. Zu intelligent für mich.“ Sie biss sich auf die Unterlippe. „Er hat vor Kurzem eine Stelle als Professor am Dickinson College angetreten und er ist wirklich so schlau, dass es mir Angst macht.“ Terry hatte sie selten unsicher erlebt, aber im Moment war sie es ohne Frage. „Was, wenn ich nicht gut genug bin?“
„Hey, das bist du“, erwiderte Terry, ohne nachzudenken. „Du bist für jeden gut genug. Dieser Kerl hat Glück, dass du ein Teil seines Lebens bist.“ Er legte den Arm um ihre Schultern und drückte sie an sich. „Und das weißt du auch.“
Lachen vom Tisch hinter ihnen erfüllte den Raum. Terry musste nachsehen, was dort vor sich ging. Der Polizist erzählte eine Geschichte. Er wirkte so lebhaft. Terry fragte sich einen Moment lang, was er wohl sagte. Was auch immer es war, sein Gesicht leuchtete auf und seine Augen glitzerten. „Du kannst nicht aufhören, ihn zu beobachten, oder?“
„Sei still“, gab Terry zurück und drehte sich wieder um. „Ich wollte nur sehen, worüber sie lachen.“ Er konzentrierte sich wieder auf sein Essen. Er wusste nicht, warum der Kerl ihn interessierte oder was an ihm so faszinierend war, aber er konnte nicht anders, als ihn immer wieder in den Spiegeln zu beobachten.
AM NÄCHSTEN Tag war es auf der Arbeit ruhig, Gott sei Dank. Es gab keine Vorfälle. Terrys Boss, Mr. Hilliard, rief ihn am Ende seiner Schicht zu sich, um ihm zu sagen, dass es dem Jungen wieder gut ging, weil er und Julie sein Leben gerettet hatten. „Solche Dinge sind tragisch, aber ihr seid hier, um zu verhindern, dass sie passieren, und um zu helfen, wenn sie doch passieren.“
„Danke“, erwiderte Terry, aber er fühlte sich immer noch schuldig.
„Wir werden neue Verhaltensregeln aufstellen und sie allen Mitgliedern per Newsletter zukommen lassen“, fügte er hinzu. Terry nickte. „Du hast nichts falsch gemacht“, versicherte er.
„Vielen Dank. Ich bin froh, dass es ihm gut geht.“
„Das sind wir alle. Schnell zu handeln, rettet Leben, und das ist genau das, was Julie und du getan habt.“ Mr. Hilliard lächelte ihn aufmunternd an, ehe Terry das Büro verließ. Er fühlte sich besser, als er zu den Umkleideräumen ging. Er legte seine Schwimmbekleidung ab und zog sich seine Straßenklamotten an, nahm seine Tasche und ging zur Lobby, wo Julie auf ihn wartete, um ihn zu seiner ersten Tour als freiwilliger Essenslieferant mitzunehmen. Terry war etwas nervös, aber Julie schien ziemlich zufrieden zu sein.
„Was freut dich denn so?“, fragte er.
„Cotton will am Samstagabend mit mir ausgehen. Er hat gesagt, es wird etwas Besonderes und dass ich mich schick anziehen soll.“ Julie strahlte, während er die Tür für sie öffnete. Sie schien zu schweben und das freute ihn. „Du kannst hinter mir herfahren. Wir fahren nur die West Street entlang für etwa acht Blocks.“ Julie ging zu ihrem Auto und Terry stieg in seinen Mustang. Er liebte seinen Wagen, auch wenn er eine stetige Erinnerung war an … Er weigerte sich, an ihn zu denken. Er hatte mehr als einmal darüber nachgedacht, das Auto zu verkaufen oder es gegen ein anderes einzutauschen, aber das konnte er sich eigentlich nicht leisten. Und er liebte das Auto wirklich. Es war mitternachtsblau, mit grauer Innenausstattung und hatte alles, was man sich nur wünschen konnte. Er startete den Motor und folgte Julie vom Parkplatz durch die Stadt.
Fünf Minuten später parkten sie gegenüber von einem Gebäude, das aussah, als wäre es früher eine große Autowerkstatt gewesen.
„Lavelle trägt hier die Verantwortung. Sie kann immer Hilfe gebrauchen“, erklärte Julie. „Das war früher ihre Werkstatt, aber sie hat sie umgebaut und sich eine Sondergenehmigung der Stadtverwaltung besorgt. Sie ist ein wundervoller Mensch und kümmert sich mit all ihrer Energie um andere.“ Julie hatte einen warnenden Tonfall, aber Terry wusste nicht wieso. Sie führte ihn nach drinnen, wo ihn die ganze Aktivität fast erschlug.
Die Werkstatt war zu einer professionellen Küche umgebaut worden. An den Tischen packten Frauen Essen in Styropor-Behälter, beschrifteten sie und legten sie in Tüten.
„Julie“, rief eine schwarze Frau mittleren Alters und eilte zu ihnen. „Es ist so schön, dass du uns Unterstützung mitbringst.“ Sie wandte sich Terry zu.
„Lavelle, das ist Terry. Wir sind Arbeitskollegen. Er möchte uns gerne helfen.“
Terry streckte die Hand aus und Lavelle schüttelte sie. „Das weiß ich wirklich zu schätzen. Eine unserer Lieferantinnen hat sich letzte Woche die Hüfte gebrochen. Sie ist schon aus dem Krankenhaus entlassen worden und jetzt bringen wir auch ihr Mahlzeiten.“ Sie drehte sich um. „Viele Leute – hauptsächlich ältere Menschen, aber nicht nur – haben es nicht leicht im Leben. Die meisten haben keine Familien. Sie bekommen von uns drei Mahlzeiten pro Woche geliefert. Aber es geht nicht nur ums Essen. Es geht auch darum zu sehen, ob es ihnen gut geht.“ Lavelle führte ihn nach drinnen. „Einer unserer Fahrer hat zum Beispiel einer Dame geholfen, ihre Katze zu finden.“
Terry schluckte hörbar.
„Du musst nur Hallo sagen und dich vorstellen, hineingehen und ein paar Minuten mit ihnen verbringen. Sie lieben Gesellschaft.“ Lavelle trat etwas näher. „Hast du ein Handy?“
Terry nickte.
„Nimm es immer mit. Wenn es jemandem nicht gut geht, ruf 911 an. Oder mich, dann tue ich es.“ Sie klang todernst, deshalb fragte Terry sich, was die Lieferanten wohl schon alles zu sehen bekommen hatten. Er fragte nicht nach, sondern nickte nur und tauschte mit Lavelle die Telefonnummern aus.
„Macht ihr das umsonst?“, fragte er.
„Alle hier sind Freiwillige. Die Empfänger bezahlen, was sie können, aber wir weisen niemanden ab. Niemandem darf Nahrung verweigert werden.“ Lavelle blickte zu Julie, die nickte. Terry fragte sich unvermittelt, was er über seine beste Freundin nicht wusste. Verdammt, anscheinend war er wirklich so ichbezogen. „Also, die Essenspakete sind fertig und mit Namen beschriftet. Hier ist die Liste mit den Lieferungen. Sie befinden sich alle in derselben Gegend, damit du nicht durch die ganze Stadt fahren musst. Wir versuchen, es so einzurichten, dass die Leute immer von demselben Fahrer beliefert werden – auf die Art lernen sie dich kennen.“
„Okay“, stimmte Terry zu. Das war’s wohl mit ‘eine einmalige Sache’. Er blickte zu Julie, die ihre Pakete schon geholt hatte und sie zu ihrem Auto brachte.
„Du musst dich auf den Weg machen, Schätzchen. Das Essen bleibt in den Behältern warm, aber die Zeit ist trotzdem wichtig.“ Sie musste den Zweifel in seinem Blick gesehen haben. „Es gibt Menschen, die praktisch nichts haben. Du kannst dir nicht vorstellen, wie sehr du ihren Tag verbesserst. Vertrau mir.“ Lavelle führte ihn zu einem Tisch aus Edelstahl. „Bitte sehr.“ Sie reichte ihm einen Zettel und ein Informationsblatt. „Ruf mich an, wenn du Fragen hast, und sei nicht schüchtern. Sprich mit den Leuten.“
„Das kann er gut“, warf Julie ein, und Lavelle lächelte.
„Wunderbar. Dies ist eine der wenigen Gelegenheiten, wo die Gabe der Geschwätzigkeit ein Segen ist.“ Terry mochte Lavelle bereits jetzt. „Und jetzt macht euch auf den Weg.“
Terry lud das Essen ein und nahm die Instruktionen sowie den Informationszettel mit. Er stieg in sein Auto und fuhr in den nordöstlichen Teil der Stadt. Die ersten drei Adressen waren leicht zu finden und er wurde überall mit einem Lächeln empfangen. Es waren Damen – seine Mutter hatte ihm beigebracht, Frauen ab einem gewissen Alter als Damen zu bezeichnen, und diese Damen hatten besagtes Alter schon vor einer Weile erreicht. Alle drei Damen freuten sich, ihn zu sehen und boten ihm einen Stuhl an. Terry fragte, wo er Teller finden konnte. Er brachte ihnen das Essen an den Tisch oder vor den Fernseher, bevor er sich verabschiedete. Bei der vierten Adresse bestach er die spindeldürre Frau damit, ihre Katze zu suchen, wenn sie etwas aß. Die Katze fand er in der Waschküche. Sobald er die Tür geöffnet hatte, schoss sie heraus und stürzte sich auf ihren Futternapf. Er wusste nicht, wie lang das arme Ding eingesperrt gewesen war, aber er würde nach ihr sehen, wenn er das nächste Mal herkam. Bei den nächsten Adressen lief alles glatt. Die vier Damen und der Mann kannten den Ablauf und schienen sich zu freuen, ihn zu sehen. Sie fragten alle nach Gladys. Er nahm an, das war die Dame, die sich die Hüfte gebrochen hatte, daher erzählte er, sie wäre wieder zu Hause.
Nach ungefähr einer Stunde fuhr Terry vor dem letzten Haus vor. Er war müde und etwas aufgeregt, aber er fühlte sich wirklich gut. Alle waren so nett und unglaublich dankbar gewesen. Die meisten Leute waren älter. Einige benutzten Gehhilfen, andere schlurften umher. Zwei hatten ihn zum Abschied umarmt, und einer hatte angeboten, das Essen, das Terry mitgebracht hatte, mit ihm zu teilen. Sie alle hatten eines gemeinsam – sie schienen freundlich, aber einsam zu sein. Es berührte Terry in einer Art und Weise, die er nicht erwartet hatte. Nicht nach … Er erschauerte, weil sich das Arschloch von einem Ex immer wieder in seine Gedanken drängte. Es war schon Monate her, aber er konnte ihn nicht vergessen. Er war früher einmal ein normaler Mensch gewesen, und das würde er auch wieder werden, komme, was da wolle.
Terry fand einen Parkplatz, holte die letzte Mahlzeit hervor und lief über die North Street zu einem kleinen, einfachen Reihenhaus. Davon gab es viele in der Stadt und er war heute schon bei vier fast identischen gewesen. Er klingelte und wartete. Schwere Fußschritte erklangen auf der anderen Seite der Tür. Terrys Herz begann zu klopfen. Diese Fußtritte klangen so vertraut. Der Klang von schweren Stiefeln war zum Synonym für Schmerz und Erniedrigung durch jemanden, den er liebte, geworden. Terry schluckte und zwang sich, nicht davonzurennen. Die Tür öffnete sich und er ließ fast das Essen fallen.
RED STARRTE durch die Fliegengittertür auf den Rettungsschwimmer, den er am Tag zuvor vernommen und der ihn später im Restaurant beobachtet hatte. Er wusste, dass der Junge ihn total abstoßend fand. Er hatte ihn im Hanover Grille auf die gleiche Art beobachtet wie Schaulustige, die sich nicht von einem Zugunglück abwenden können, und jetzt stand er vor der Tür seiner Tante Margie. „Wie kann ich Ihnen helfen?“, fragte er förmlich, dabei ließ er ein wenig seine Polizistenstimme durchscheinen.
„Red, das ist bestimmt die Dame, die mir ein paar Mal pro Woche Abendessen liefert. Kein Grund, auf sie loszugehen.“ Seine Tante tauchte mit ihrer Gehhilfe hinter ihm auf. „Oh“, machte sie. „Du bist nicht Gladys.“
„Nein, ich bin Terry. Gladys ist gestürzt und hat sich verletzt, deshalb vertrete ich sie.“ Er trat auf die Tür zu, aber Red öffnete sie nicht. Er würde niemanden einfach so ins Haus seiner Tante lassen.
„Red, öffne die Tür und lass ihn herein“, schalt seine Tante.
Red stieß die Tür auf und ließ Terry herein, aber behielt ihn scharf im Auge.
