Feuerblüte – Stadt der Wolkentrinker - Katja Brandis - E-Book

Feuerblüte – Stadt der Wolkentrinker E-Book

Katja Brandis

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Beschreibung

Band 2 der faszinierend-phantastischen Trilogie von Bestsellerautorin Katja Brandis Im Westen Dareshs ist die Grenze, die das Land vor der feindlichen Draußenwelt abschirmt, zusammengebrochen. Die junge Schwertkämpferin Alena ke Tassos ergreift mit ihren Freunden und dem Gildenlosen Jorak die Chance, auf eigene Faust die geheimnisvollen Gebiete jenseits der Grenze zu erkunden. Doch sie ahnt nicht, in welche Gefahr sie sich begibt – denn jenseits der Sieben Türme lauern unbekannte Kreaturen, und schon bald entdecken die Gefährten eine fremdartige Zivilisation. Was sie dort erwartet, stellt sie vor eine Zerreißprobe für ihre Freundschaft und alles, woran sie glauben. Gibt es eine Chance für die Liebe zwischen Alena und Jorak? Ein weiteres magisches Abenteuer rund um Schwertkämpferin Alena von »Woodwalkers«-Autorin Katja Brandis für alle Fantasy-Fans ab 12Jahren. 

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Seitenzahl: 483

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Katja Brandis

Feuerblüte

Stadt der Wolkentrinker

 

 

Über dieses Buch

 

 

Aufbruch in ein neues Abenteuer Im Westen Dareshs ist die Grenze, die das Land vor der feindlichen Draußenwelt abschirmt, zusammengebrochen. Die junge Schwertkämpferin Alena ke Tassos ergreift mit ihren Freunden und dem Gildenlosen Jorak die Chance, auf eigene Faust die geheimnisvollen Gebiete jenseits der Grenze zu erkunden. Doch sie ahnt nicht, in welche Gefahr sie sich begibt – denn jenseits der Sieben Türme lauern unbekannte Kreaturen, und schon bald entdecken die Gefährten eine fremdartige Zivilisation. Was sie dort erwartet, stellt sie vor eine Zerreißprobe für ihre Freundschaft und alles, woran sie glauben. Gibt es eine Chance für die Liebe zwischen Alena und Jorak?

 

 

Weitere Bücher von Katja Brandis bei Fischer KJB: 

Daresh – Im Herz des Weißen Waldes

Daresh – Im Tal des Kalten Feuers

Daresh – Das Land der flüsternden Seen 

 

Feuerblüte – Tochter der Flammen

 

 

Weitere Informationen finden Sie unter www.fischerverlage.de/kinderbuch-jugendbuch

Biografie

 

 

Katja Brandis, geb. 1970, studierte Amerikanistik, Anglistik und Germanistik und arbeitete als Journalistin. Sie schreibt seit ihrer Kindheit und hat zahlreiche Romane und Sachbücher für junge Leser*innen veröffentlicht, darunter die Bestsellerserien »Woodwalkers« und »Seawalkers«. Sie lebt mit Mann, Sohn und drei Katzen in der Nähe von München.

 

Weitere Informationen zum Kinder- und Jugendbuchprogramm der S. Fischer Verlage finden Sie unter www.fischerverlage.de

Inhalt

Grenzgänger

Der Lockruf der Gefahr

Jede Hand zählt

Der Fremde im dunklen Umhang

Wenn die Nacht beginnt …

Retter in Not

Jorak

Ein Licht am Horizont

Rhiannon

Joraks Sturm

Im Zeichen der Fünf

Nachts im Bauch der Stadt

Zwei Welten

Mit allen Sinnen

Der Kelch

Das Festival und der Tod

Ein Versprechen

Duell

Nur ein einziger Tag

Das Geheimnis der Diener

Flucht aus Rhiannon

Atakán

Stein für Stein, Wort für Wort

Die Götter des Zufalls

Flugmäuler und Miks

Zeit der Wahrheit

In letzter Sekunde

Schicksal

Alle für einen

Anhang

Dank

Grenzgänger

Der Lockruf der Gefahr

Auf den ersten Blick sahen Skorpionkatzen fast niedlich aus. Ihr silbrig grauer Pelz schützte sie tagsüber vor der Sonne und nachts vor der Kälte auf den Ebenen von Tassos, der Provinz der Feuergilde. Wie alle Nachtjäger hatten sie große Augen. Ausgewachsen gingen sie einem Menschen gerade mal bis zum Knie. Doch ihre Klauen waren messerscharf, und über ihrem Rücken wölbte sich der Schwanz mit dem Giftstachel, der sie zu tödlichen Gegnern machte.

Der Gedanke, eine von ihnen zu zähmen, ging Alena nicht aus dem Kopf. Es war streng verboten, sich mit den Katzen anzulegen. Noch ein Grund mehr, genau das zu tun. Es durfte nur niemand davon erfahren.

Ihr Vater Tavian war in der Schmiede, er schliff gerade einen Dolch. Er blickte nur kurz auf, als sie ihr Smaragdschwert anlegte und sich den Umhang über die Schultern warf. »Wohin gehst du?«

»Vielleicht zu den Phönixbäumen, mal schauen«, sagte Alena und strich sich das glatte rotbraune Haar aus der Stirn. Tavian nickte und konzentrierte sich wieder auf den Dolch. Alena schnappte sich den Lederbeutel mit Essensresten, den sie vorbereitet hatte, und ließ die metallene Tür der Pyramide hinter sich einrasten. Sie achtete darauf, dass niemand sie sah, als sie vom Pfad abbog und in Richtung der Ebene ging.

Skorpionkatzen sind nicht so bösartig, wie viele glauben, dachte Alena mit klopfendem Herzen. Hatte sie nicht mit eigenen Augen gesehen, wie zwei von ihnen schnurrend um Tjeri, den Gefährten ihrer Tante Rena, herumgestrichen waren? Gut, Tjeri war ein Sonderfall, alle Tiere liebten ihn. Aber dafür kam Alena mit Raubtieren besonders gut klar. Wer war schon wie sie mit einem Iltismenschen befreundet? Cchraskar war gerade unterwegs, sonst wäre er bestimmt mitgekommen zu den Katzen. Er liebte riskante Ausflüge.

Alena blickte zum Himmel, um die Zeit zu schätzen. Sie hatte noch einen Viertel Sonnenumlauf, bis die Nacht hereinbrechen würde. In der Dämmerung gingen Skorpionkatzen auf die Jagd, manchmal im Rudel, manchmal allein. Wer ihnen dann begegnete, war in höchster Gefahr. Tagsüber schliefen sie meist, verkrochen in Felsspalten oder eingegraben in den lockeren schwarzen Sand. Es war wichtig, sie in dieser Zeit, wenn sie nicht so angriffslustig waren, besser kennenzulernen.

Alena kletterte auf einen Felsen, um nach einem Rudel Ausschau zu halten. Sie balancierte auf der Spitze des Gesteinsbrockens und blickte über die zerklüfteten schwarzen Ebenen ihrer Heimat hinweg. Es war ein heißer Frühlingstag, die Luft flimmerte über dem sandigen, mit Steinen übersäten Boden. Hier und da wuchsen kniehohe Romeras-Büsche mit ihren langen spitzen Blättern oder lugte der Keim eines Phönixbaums aus dem Sand. Im Norden, ganz weit in der Ferne, erkannte Alena einen grünen Saum, dort begann die Provinz Alaak.

Sie wandte den Blick wieder ihrer näheren Umgebung zu. Da! Diese kleinen Hügel ein paar Funkenflüge entfernt sahen verdächtig aus. Vorsichtig ging Alena darauf zu.

Im letzten Moment bemerkte sie, dass der Sand vor ihr sich leicht bewegte, sonst wäre sie auf eine der Katzen getreten. Das Tier fuhr auf, und Sand rieselte von seinem gesträubten silbergrauen Fell. Schwarze Ohrenspitzen – es war ein junges Männchen. Alena machte erschrocken ein paar Schritte zurück. Wohl doch kein Rudel, eher ein Einzelgänger. So wie sie …

»Na, Kleiner?«, sagte Alena und wagte nicht mehr, sich zu rühren. Der Skorpionkater beobachtete sie und hielt den Stachel drohend gekrümmt. Wahrscheinlich hatte er genauso eine Höllenangst wie sie selbst? Wahrscheinlich überlegte er gerade, ob er weglaufen oder angreifen sollte …

Doch der Kater konnte sich anscheinend für keins von beiden entscheiden. Ratlos blickte er sie an und stieß einen fragenden Laut aus, der wie ein missglücktes Maunzen klang.

»Gut, dann muss ich wohl den nächsten Schritt tun«, sagte Alena. Nervös ging sie noch etwas zurück. Sie musste das Tier irgendwie beruhigen, es an sich gewöhnen. Langsam, ganz langsam setzte sie sich eineinhalb Menschenlängen von ihm entfernt in den heißen schwarzen Sand, um weiter mit ihm zu reden.

Tatsächlich, der Kater beruhigte sich etwas und witterte neugierig. Doch Alena hatte ein mulmiges Gefühl bei der Sache. Würde sie schnell genug außer Reichweite kommen können, wenn der Kater angriff?

Aus dem Augenwinkel bemerkte Alena eine Bewegung. Langsam, um den Skorpionkater nicht zu erschrecken, wandte sie den Kopf – und sprang hastig auf. Es war sehr wohl ein Rudel in der Nähe, und Alenas Stimme hatte es aufgeweckt. Überall rieselte der Sand von grauen Körpern, die sich reckten und in ihre Richtung wandten. Es waren zehn, fünfzehn, mehr als zwanzig Tiere!

»Äh, ja, ich glaube, ich gehe jetzt lieber wieder.« Alena machte ein paar Schritte zurück. Die Skorpionkatzen begannen sie einzukreisen, krochen mit glitzernden Augen auf sie zu.

Alena zog ihr Schwert. Glatt lag der vertraute Griff in ihren Handflächen. Mit der blanken Klinge drehte sich Alena um sich selbst, so dass die Katzen zurückwichen. Es sind zu viele, dachte sie, selbst Pa könnte es nicht mit so vielen gleichzeitig aufnehmen. Vielleicht konnte sie eine Flammenwand um sich ziehen … aber die konnte sie höchstens ein paar Atemzüge lang halten …

Nein, es gab nur eine Chance. Alena löste langsam den Lederbeutel mit dem Futter vom Gürtel ihrer Tunika. Sie schleuderte den Beutel weit von sich weg – und tatsächlich, die Katzen witterten, was darin war, rasten dem Beutel nach und balgten sich schrill kreischend um das Futter.

Alena machte, dass sie wegkam. Sie nahm einen Umweg, um sicher zu sein, dass sie keinen weiteren Katzen begegnen würde, und die Nacht war schon hereingebrochen, als sie endlich wieder an den Grenzen des Dorfs und damit in Sicherheit war. Schwer atmend und erleichtert bog Alena auf den Fußpfad nach Gilmor ein.

Weit kam sie nicht. »He, du – Alena!«, sagte die Stimme eines Mädchens, und Alena erschrak. In der Dunkelheit neben dem Weg saß jemand! Die Stimme murmelte eine Formel, und eine kleine Flamme loderte hoch. Sie beleuchtete Jelicas herzförmiges Gesicht mit dem kleinen Grübchen am Kinn. Das Licht der Flamme tanzte in ihren weit auseinanderstehenden Augen und auf ihren dunklen Haaren, die ihr Gesicht wie eine Wolke umgaben.

Angespannt blieb Alena auf dem Pfad stehen. Sie mochte Jelica, sie hatte begonnen, sich mit ihr und ihrem Bruder Kilian anzufreunden. Beide gehörten so wie sie zur Feuergilde. Aber ihr wäre lieber gewesen, niemand hätte sie zurückkommen sehen. Was tat Jelica hier? Um diese Uhrzeit waren die meisten Dorfbewohner daheim oder in der Schänke.

»Ich weiß, was du gemacht hast«, sagte Jelica.

»Ach ja?«, sagte Alena vorsichtig.

»Du warst draußen bei den Skorpionkatzen.«

Alena verließ den Weg und setzte sich neben Jelica in das stachelige Wüstengras. Ihr Inneres war in Aufruhr. Woher wusste Jelica das? Sah aus, als wäre sie nicht vorsichtig genug gewesen!

Jelica lachte übermütig. »Ich beobachte dich schon seit einer Weile. Seit du aus Ekaterin zurück bist. Du machst immer gefährlichere Sachen. Erst hast du an den Phönixbäumen herumgeschnitzt, dann hast du Meisterin Kyria so lange gereizt, bis sie dich fast zum Duell gefordert hätte. Und jetzt die Katzen … was wirst du als Nächstes machen? Mit Kaltem Feuer experimentieren?«

Alena grinste in die Dunkelheit. Alles hatte Jelica also nicht rausbekommen! Alena wusste schon seit letztem Winter, wie man mit Kaltem Feuer umging. »Ich glaube, ich muss raus aus diesem Dorf. Es macht mich noch ganz verrückt, hier festzusitzen. Eigentlich wollte ich ja gar nicht zurückkommen …« Sie atmete tief durch. »Mein Vater geht einfach davon aus, dass ich ihm in der Schmiede helfe und sie mal übernehme, wenn ich mehr Erfahrung habe.«

»Dann sag ihm doch, du willst das nicht.« Jelica löschte die Flamme wieder, so dass sie im Dunkeln saßen. Jetzt war es fast schon gemütlich. Niemand würde sie hier finden. Zumindest, wenn nicht gerade jemand aus der Erdgilde vorbeikam – die konnten gut im Dunkeln sehen.

»Ich weiß selbst nicht so genau, was ich will«, gestand Alena. »Ich habe das Gefühl, ich habe meine Aufgabe noch nicht gefunden. Meinen Weg.«

»Du kannst eine Menge machen. Immerhin bist du die beste Schwertkämpferin der ganzen Gegend. Ich jedenfalls werde reisende Goldschmiedin. Erst mal für ein paar Winter. Könnte lustig werden.«

»Klingt gut«, sagte Alena. Das Lob machte sie verlegen. Ihr Vater Tavian – ein Meister vierten Grades, berühmter Waffenschmied und Kämpfer – hatte sie seit ihrer Kindheit unterrichtet. Jetzt, mit sechzehneinhalb Wintern, war sie sogar den meisten Erwachsenen weit überlegen.

Alena kam nicht dazu, weiterzusprechen. Der Schein von Fackeln näherte sich aus dem Dorf, jemand kam den Weg entlang. Mehrere Menschen. Alena fragte sich, was sie um diese Zeit hier wollten. Sie schienen es eilig zu haben und redeten aufgeregt.

»Gehen wir besser«, flüsterte Jelica, und Alena hörte, wie sie aufstand und davonschlich. Sie folgte dem Geräusch ihrer leisen Schritte, so gut es ging, und merkte, dass Jelica zu der Pyramide ihrer Eltern huschte.

Alena zögerte. Sie verstand sich nicht sonderlich gut mit den Eltern von Kilian und Jelica. »Äh … ich glaube, ich komme lieber nicht mit.«

»Quatsch. Hast du Angst, dass sie dich sehen? Ich schmuggle dich einfach in Killians Zimmer.«

Jelica hielt Wort. Zehn Atemzüge später stahlen sie sich ins Zimmer ihres Bruders, einen mit Schriftrollen vollgestopften Raum, in dem es ein wenig muffig roch. Alena wurde immer ein bisschen neidisch, wenn sie sah, wie viele Bücher Kilian hatte. Sie lieh sich jede Woche ein oder zwei Rollen von ihm. Manchmal überlegte Alena, ob sie ihm verraten sollte, dass sie Gedichte schrieb. Bisher hatte sie sich nicht getraut. Ein solcher Zeitvertreib galt in der Feuergilde als verdächtig und verweichlicht.

Kilian hockte auf seiner Schlafmatte, eine vergilbte, fleckige Landkarte auf den Knien. Als sie hereinkamen, schaute er nur kurz auf und vertiefte sich dann wieder in die Karte. Abwesend zupfte er am Ärmel seiner Tunika, der ein ganzes Stück über dem Handgelenk endete. Kilian war im letzten Winter so sehr gewachsen, dass er ständig neue Sachen und an seine Körpergröße angepasste Übungsschwerter brauchte. Obwohl er vierzehn war, zwei Winter jünger als Jelica und Alena, überragte er sie schon.

»He, wo hast du die Karte her?« Jelica warf sich neben ihn auf die Schlafmatte, und Alena setzte sich im Schneidersitz auf den Boden. »Sieht aus wie frisch ausgebuddelt.«

»Sozusagen. Ich habe sie gestern in der Schlucht gefunden, wo Zarko immer noch Dhatla-Erschrecken spielt. Vielleicht hat ein Händler sie verloren, als sich sein Reittier eingegraben hat. Ich habe gehört, dass viele Luftgildenleute sich ihre eigenen Karten zeichnen – das hier sieht aus wie so eine.«

Alena reckte den Hals, um einen Blick darauf zu erhaschen. Es gab nicht viele gute Karten von Daresh, sie hatte erst eine gesehen. Ja, das Ding sah wirklich aus wie selbst gezeichnet statt von einem Kartenmacher der Luftgilde angefertigt, außerdem war es dreckig und abgegriffen »Lass mal sehen. Ist Gilmor auch drauf?«

»Ja.« Kilian lachte. »Obwohl ich nicht weiß, warum sie so einen Fliegendreck wie Gilmor eingetragen haben. Schau mal, da ist Carradan. Man könnte glatt Heimweh kriegen.«

Carradan war eine große Stadt in den Bergen des Südens; die Geschwister waren dort aufgewachsen und erst vor zwei Wintern mit ihren Eltern nach Gilmor gezogen.

Neugierig ließ Alena den Blick über die Karte gleiten. Sie erkannte die Umrisse der vier Provinzen von Daresh – im Norden Alaak, wo vor allem Menschen der Erdgilde wohnten. Im Zentrum und Süden Tassos, das von der Feuergilde kontrolliert wurde, im Westen Vanamee, die Heimat der Wassergilde, und im Osten Nerada, die Provinz der Luftgilde.

»Was ist eigentlich um die Provinzen herum?«, fragte Alena stirnrunzelnd. »Auf der Karte bleibt das alles leer, das ist doch komisch.«

»Was soll da sein?« Jelica blickte sie stirnrunzelnd an. »Da ist Daresh eben zu Ende.«

»Aber es sieht so klein aus! Das kann doch nicht die ganze Welt sein! Was ist auf der anderen Seite?«

»Ist Daresh nicht groß genug für dich?« Jelica lachte und drehte den schweren silbernen Ring, den sie sich selbst geschmiedet hatte, am Finger. Er hatte die Form eines Vogels; seine Schwingen bildeten die Seiten des Rings.

Kilian war ernst geblieben. »Ich glaube nicht, dass irgendjemand genau weiß, was draußen ist. Vater hat erzählt, es gibt eine magische Grenze rund um Daresh, über die man nicht drüberkommt. Die Grenze wurde vor ganz langer Zeit vom Alten Volk geschaffen und wird von Sieben Türmen aufrechterhalten. Um Daresh zu schützen.«

»Ich habe gehört, auf der anderen Seite ist nur Wüste.« Jelica klang nicht besonders interessiert. »Es soll sehr gefährlich sein dort. Warum sollte jemand aus Daresh auf die andere Seite gehen wollen? Das ist doch sinnlos.«

»Ich fände das schon spannend«, widersprach Kilian. »Jenseits der Grenze soll es noch viele Spuren und Ruinen des Alten Volks geben.«

»Jetzt fängt er gleich wieder vom Schatz von Atakán an«, meinte Jelica spitz. »Das Thema hatten wir schon ungefähr zehntausend Mal. Kilian will unbedingt reich und berühmt werden.«

»Ja, und?«, sagte Kilian. »Du willst lieber arm und unbekannt bleiben, was? Macht nichts, dann behalte ich den Schatz eben alleine, wenn ich ihn finde.«

»Was soll das für ein Schatz sein? Jede Menge Gold?« Alena glaubte sich zu erinnern, dass sie mal etwas darüber gelesen hatte. Aber es waren nur ein paar Zeilen gewesen.

Kilian öffnete den Mund, doch Jelica kam ihm zuvor. »Nein. Es ist ein besonderer Schatz, einer, den das Alte Volk hinterlassen hat. Es sind Würfel, die einem Glück, Reichtum, Schönheit, Liebesglück und so was verschaffen können, wenn man sie benutzt. Aber das ist nur ein Gerücht. Kein vernünftiger Mensch glaubt daran, dass es diesen Schatz gibt.«

»Ach, und ich bin nicht vernünftig oder was?« Kilian wirkte beleidigt.

Jelica grinste und wandte sich an Alena. »Das Problem ist auch, dass der Schatz angeblich jenseits der Grenze liegt … und keiner, der danach gesucht hat, je zurückgekommen ist …«

Alena hörte nicht mehr zu. Ihre Fingerkuppen strichen über das glatte Pergament der Karte, ihre Augen folgten den Linien, die die Grenze markierten. Sie überlegte, ob es einen Weg gab, wie sie dorthin kommen konnte. Und darüber hinweg. Diese leeren Flecken auf der Landkarte forderten sie heraus. Ihr Herz schlug so schnell wie damals, als sie sich selbst ihr Meisterschwert verliehen hatte. Vielleicht ist das meine Aufgabe, dachte sie. Herauszufinden, was jenseits der Grenze liegt. Im Land der Sieben Türme. Ihre Finger bemerkten eine ungewöhnlich raue Stelle auf der Karte. Alena runzelte die Stirn. »Moment mal, was ist denn das?«

»Was? Gib mal her.« Kilian beugte sich so dicht über das Pergament, dass seine Nase es fast berührte. »Ich glaube, da hat jemand eine Eintragung wieder entfernt …«

Er untersuchte es ganz genau, gab dann schweigend die Karte an Alena weiter. Als sie die schwachen Buchstaben entziffert hatte, fühlte sie ein Kribbeln durch ihren Körper laufen. »Also, das Erste ist ein A und das Zweite könnte ein T sein …«

»Atakán«, sagte Kilian leise.

»Wunschdenken.« Jelica schüttelte den Kopf. »Man kann nur zwei Buchstaben lesen. Du interpretierst da etwas …« Plötzlich hob sie den Kopf. »Was genau ist da draußen eigentlich los?«

Sie lauschten. Tatsächlich, draußen schien es irgendeinen Aufruhr zu geben. Sie hörten laute Stimmen, rennende Füße. »Los, schauen wir nach«, sagte Alena.

Doch bevor sie aufstehen konnten, näherten sich ihnen schnelle Schritte innerhalb des Hauses. Rostfraß! Nervös überlegte Alena, ob sie sich verstecken sollte. Doch schon wurde die Tür von Kilians Zimmer aufgerissen. Alena erkannte die Mutter der Geschwister. Sie streifte Alena nur mit einem kurzen Blick, schien kaum zu bemerken, dass sie da war. »Schnell«, sagte sie. »Wir sollen alle auf den Dorfplatz kommen.«

»Was ist denn passiert?«, rief ihr Kilian hinterher, doch seine Mutter war schon wieder verschwunden.

Alena und die Geschwister tauschten einen Blick. Dann griffen sie sich ihre Umhänge und Schwerter und hasteten nach draußen.

***

»Was hast du in meinem Stall zu schaffen, Gildenloser?«

Eine harte Hand packte Jorak, schleuderte ihn mit Wucht gegen die Wand des Dhatla-Stalls und warf ihn zu Boden. Blitzschnell rollte Jorak sich weg, zwischen die riesigen Beine der Dhatlas. Der Fußtritt, der auf seine Rippen gezielt hatte, ging ins Leere. Dafür lag Jorak jetzt zwischen armlangen Grabkrallen, die ihn ohne Mühe durchbohren konnten. Doch er hatte keine Angst, er wusste, dass die Dhatlas nicht auf ihn treten würden. Sie hatten sich in den letzten Wochen an ihn gewöhnt. Eine riesige keilförmige Schnauze senkte sich über ihn, blies ihm warmen, nach Pflanzenbrei riechenden Atem in den Nacken.

»Scher dich fort, du räudige Baumratte!«, schrie der Händler.

Jorak kam wieder auf die Füße. Ihm fiel ein Fluch der Feuergilde ein, den er von seinem Vater gehört hatte, vor langer Zeit. »Möge die Flamme Euch verzehren, bis Ihr zu jämmerlichen kleinen schwarzen Klümpchen geworden seid!«

Er genoss den erschrockenen Ausdruck des Händlers und glitt nach draußen. Schade, dachte er, als er in das Gewirr der Gassen eintauchte, aus dem der Blaue Bezirk Ekaterins bestand. Der Stall war bequem gewesen. Jetzt musste er sich eine neue Bleibe suchen. Eigentlich hätte er wie die anderen Gildenlosen im Schwarzen Bezirk von Ekaterin leben müssen, so lautete das Gesetz. Doch Jorak hasste den Gestank und das Elend des Schwarzen Bezirks. Außerdem fühlte er sich den anderen Gildenlosen nicht sehr verbunden. Die meisten von ihnen waren für irgendein Verbrechen aus ihren Gilden ausgestoßen worden und wurden nun behandelt wie Aussätzige. Er dagegen gehörte zu den wenigen Menschen Dareshs, die nie einer Gilde angehört hatten. Aber wen interessierte dieser Unterschied?

Als Jorak durch die Straßen streifte, hielt er nach Möglichkeiten Ausschau, etwas Essbares aufzutreiben. Er hatte an diesem Tag noch nichts in den Magen bekommen, ihm war schwindelig vor Hunger. Geschickt ließ Jorak bei einer schwerbeladenen Handelskarawane, die gerade ihre Waren in Lagerhäuser bringen ließ, ein paar Handvoll Felizas-Sprossen und Rillza-Nüsse mitgehen. Niemand bemerkte es.

Ich könnte erst mal bei Kerrik und Lilas unterschlüpfen, ging es Jorak durch den Kopf. Doch er hasste es, von der Großzügigkeit anderer abhängig zu sein, und er wollte nicht, dass die beiden Ärger bekamen, weil sie einem Gildenlosen Gastrecht boten. Außerdem hatte er gerade sowieso wenig Lust, Kerrik zu sehen. Es hatte keinen Sinn, darum herumzureden – die Sache mit Alena hatte ihre Freundschaft angeknackst. Er konnte einfach nicht vergessen, dass sie mit Kerrik … nein, er wollte jetzt nicht daran denken.

Stattdessen überlegte er, was er an diesem Tag Neues machen konnte. Er hatte sich einmal geschworen, jeden Tag etwas zu tun, was er nie zuvor getan hatte. Dadurch blieb sein Geist beweglich, und er wurde kein Sklave seiner Gewohnheiten. Das konnte leicht gefährlich werden, wenn man so lebte wie er.

Das Neue konnte eine Kleinigkeit sein, zum Beispiel eine ungewöhnliche Frucht zu probieren oder eine Straße zu erkunden, die er sonst nie entlangging. An manche Dinge erinnerte er sich noch genau. Wie er zum ersten Mal mit einem Natternmenschen gesprochen hatte (eine interessante Erfahrung, auch wenn er nicht viel verstanden hatte). Wie er versucht hatte, eine Audienz beim Stadtkommandanten zu bekommen (hatte nicht geklappt, zählte aber trotzdem). Wie er in eins der Gasthäuser gegangen war, zu denen nur Feuerleute Zutritt hatten (er war nach zweimal zehn Atemzügen rausgeflogen). Oder wie er zum ersten Mal ein Mädchen geküsst hatte (es war nur vorübergehend in der Stadt gewesen, er hatte es nie wiedergesehen).

Doch heute fiel ihm nichts ein. Das war ärgerlich. Sonst hatte er immer jede Menge Einfälle, zum Glück meistens dann, wenn er sie brauchte. Er hatte sich daran gewöhnt, sich auf seine Intuition zu verlassen. Doch heute schien sein Kopf wie leergefegt.

Vielleicht lag das daran, dass auch mit Ekaterin irgendetwas nicht stimmte. Wie immer, wenn er durch die Bezirke streifte, beobachtete er ständig, erspürte Stimmung und Pulsschlag der Stadt, registrierte, was sich wo tat. Heute herrschte eine seltsame Stimmung im Blauen Bezirk. Irgendwas ist anders als sonst, dachte Jorak und schlenderte zu ein paar Händlern hinüber, die er flüchtig kannte. Sie diskutierten aufgeregt miteinander.

»He, was gibt’s Neues?«, fragte Jorak.

Sie sagten es ihm.

»Beim Nordwind, das darf doch nicht wahr sein«, meine Jorak und ließ sich auf einen Sack Frühlingsmehl nieder, der gerade abgeladen worden war. Er hatte das Gefühl, dass seine Beine ihn plötzlich nicht mehr trugen.

Auf einmal wusste er, was er heute Neues tun würde.

Er würde sich ein Schwert besorgen.

Jede Hand zählt

Auf dem Dorfplatz war es schon voll, die Fackeln erhellten eine unruhige Menschenmenge. Alena konnte sich nicht erinnern, dass sie jemals alle Bewohner von Gilmor versammelt gesehen hätte. Sie, Jelica und Kilian quetschten sich so weit nach vorne, wie sie es schafften. Alena hielt Ausschau nach ihrem Vater, sah ihn aber nicht.

In der Mitte des Platzes stand ein Bote, er sah verschwitzt und übernächtigt aus. In der Dunkelheit konnte Alena die Säulenbeine und die riesige keilförmige Schnauze des Dhatlas erkennen, mit dem er hergekommen war.

»Was ist denn nun passiert?«, rief jemand ungeduldig, und die Menge lärmte zustimmend.

Erschöpft hob der Bote die Hand, bat um Ruhe. »In Alaak ist die Grenze zwischen Daresh und Draußen zusammengebrochen. Wahrscheinlich hat einer der Türme versagt. Jede Nacht kommen von drüben tödliche Wesen, die keiner von uns je zuvor gesehen hat …«

Schockiertes Schweigen herrschte auf dem Dorfplatz. Alena wagte kaum zu atmen. Alaak, die Provinz der Erdgilde, war nicht weit weg von hier, nur eine Tagesreise. Von dort waren es noch mal zehn Tagesreisen bis zur Außengrenze von Daresh. Was für Biester waren das, beim Feuergeist, und würden sie es schaffen, so weit ins Binnenland vorzudringen?

»Die Regentin hat schon all ihre Soldaten zur Grenze entsandt«, fuhr der Bote fort und musste einen Moment innehalten, bevor er die Kraft fand, fortzufahren. »Aber das genügt nicht. Der Rat bittet euch um Hilfe! Jede Hand zählt.«

»Wie sehen die Wesen denn aus?«, rief jemand.

Das Gesicht des Boten verzerrte sich. »Wie lebende massige Steine, aber Steine, die Mensch und Tier zerfleischen können. Eins der Dörfer in Grenznähe haben sie in einer einzigen Nacht ausgelöscht, es gab keine Überlebenden.«

»Eins ist sicher – die Erdgilde wird’s nicht schaffen, mit den Biestern fertig zu werden«, flüsterte Jelica Alena ins Ohr.

Alena nickte. Im Gegensatz zur Feuergilde waren die Erdleute friedlich, die meisten trugen nicht einmal Waffen.

»Vor allem brauchen wir Feuermeister«, erklärte der Bote. »Vielleicht gelingt es uns, den Turm neu zu beleben.«

Kilian schüttelte fassungslos den Kopf. »Hat der Kerl zu viel Beljas gekaut? Wenn die Türme vom Alten Volk gebaut worden sind, dann verstehen wir sie ja nicht einmal. Wie sollen wir sie dann reparieren?«

»Wir müssen es jedenfalls irgendwie hinkriegen«, sagte Alena. »Oder hast du Lust auf eine Herde blutdurstiger Wesen in eurem Erzlager?«

»Wir haben kein Erzlager«, zischte Kilian zurück.

»Dann halt in eurer Küche!«

Ein paar Leute beschwerten sich, sie sollten still sein. Alena und die anderen wandten sich wieder dem Boten zu, der gerade erklärte, an welcher Stelle die Wesen durchgebrochen waren und was die Truppe der Regentin inzwischen über sie herausgefunden hatte. »Feuer scheint ihnen nicht zu schaden, doch sie mögen Licht nicht. Man kann sie mit einem Schwert verletzen, aber nur sehr schwer töten. Wir haben gefällte Bäume als Barrieren verwendet, das hält sie etwas auf, wenn auch nicht lange. Sie fressen sich überall durch. Und sie ermüden nicht, sie folgen ihrem Opfer einfach so lange, bis es nicht mehr kann, und töten es …«

Ein paar Meter weiter leuchtete das helle Haar von Zarko aus der Menge. Er streifte sie mit einem kalten Blick. »Na, ist euch der Mut schon durchgerostet?«

»Zarko, kümmer dich um deine eigenen Klingen, ja?«, fauchte Jelica.

Hm, dachte Alena. Seit Kilian und Jelica nicht mehr zu Zarkos Gefolgsleuten zählen, ist die Stimmung zwischen ihnen deutlich abgekühlt.

»Ich wette, ihr seht die Grenze nicht mal von weitem«, flüsterte Zarko grinsend.

Alena zuckte die Schultern und beachtete ihn nicht mehr. Wieder schaute sie sich nach ihrem Vater um. Wo blieb er? Es konnte nicht sein, dass er von diesem Aufruhr nichts mitbekommen hatte! Auch Zarko hatte bemerkt, dass ihr Vater fehlte. »Na, traut er sich nicht her?« Sein Grinsen wurde noch breiter.

Alena kniff leicht die Augen zusammen und blickte ihn ein paar Sekunden lang intensiv an, ohne zu blinzeln. Zarko wurde blass und wandte sich ab. Wirkt immer, dachte Alena zufrieden. Rena hatte ihr das beigebracht und erzählt, dass ihre Mutter Alix – die seit langem tot war – diesen »Raubtierblick« gerne eingesetzt hatte. Rena selbst konnte ihn nicht nutzen. Sie war einfach zu nett, und das merkte man.

Ein Mann drängte sich durch die Menge. Alenas Herz machte einen Satz, als sie ihren Vater erkannte. Sie wollte ihm etwas zurufen … doch als sie sah, dass er zwischen den Menschen hinaustrat und auf den Boten zuging, vergaß sie es. Was hatte ihr Pa vor? Er war sehr förmlich gekleidet und trug seine Kampftracht. Es wurde still auf dem Dorfplatz, viele Augen folgten ihm.

»Ich weiß vielleicht, wie wir den Turm wieder in Gang bekommen«, sagte ihr Vater, und seine klare, feste Stimme war überall auf dem Platz zu verstehen.

Der Bote musterte ihn erstaunt. »Wer seid Ihr?«

»Tavian ke Tassos«, antwortete ihr Vater, und Alena konnte sehen, dass der Bote sofort auf der Hut war. Eins war klar, er kannte die alten Geschichten.

»Dem Propheten des Phönix ist es damals geglückt, über die Grenze zu kommen und einen der Türme zu nutzen«, fuhr Tavian nüchtern fort. »Er hat mir etwas von dem erzählt, was er über sie herausgefunden hat. Deshalb weiß ich wahrscheinlich mehr darüber als jeder andere Mensch in Daresh. Ich stelle mich Euch zur Verfügung.«

Der Bote hatte sich schnell von seiner Überraschung erholt. »Dann würde ich vorschlagen, dass Ihr noch heute Nacht abreist. Ich bin froh, dass Ihr helfen könnt.«

»Bleibt abzuwarten«, meinte Tavian grimmig. »Aber ich werde mein Bestes tun.«

Alenas Gefühle waren in Aufruhr. Ihr Pa würde nicht nur an der Grenze kämpfen, er würde jenseits von Daresh mit den Türmen helfen! Sie war stolz auf ihn und hatte gleichzeitig Angst. Es war gefährlich, was er vorhatte. Aber sie würde ihn trotzdem begleiten. Der Gedanke, die Grenze zu überschreiten, ließ ihr Herz schneller schlagen.

»Na also«, flüsterte sie Jelica zu. »Jetzt sehe ich doch noch, was auf der anderen Seite ist. Was ist, seid ihr dabei?«

»Du glaubst doch nicht im Ernst, dein Vater erlaubt, dass du mitgehst … und unsere Eltern werden ganz sicher etwas dagegen haben, dass wir mitgehen!«

Einen Moment lang war Alena besorgt. Doch dann legte sie die Hand an den Griff des Smaragdschwerts und erinnerte sich daran, dass sie ihre Feuerprobe bereits bestanden hatte. »Eigentlich kann mir mein Vater nichts mehr verbieten, schließlich bin ich schon Meisterin. Und eure Eltern … na ja, vielleicht schafft ihr es ja, sie zu überreden.«

Inzwischen hatten die Menschen begonnen, unruhig zu tuscheln. Der Bote besann sich wieder auf seine Pflichten. »Jeder, der helfen möchte, begibt sich an die Stelle, wo die Grenze beschädigt ist«, rief er. »Dort organisiert der Rat der vier Gilden die Verteidigung. Es gibt Sammelpunkte in Fintar, Rellenjo und Girar, an denen meldet ihr euch beim zuständigen Kommandanten der Freiwilligentruppen …«

Irgendjemand hatte ein zweites Dhatla gebracht, voll aufgezäumt schabte es mit den Grabkrallen auf dem Boden herum. Dunkel erhob sich sein riesiger gepanzerter Körper auf dem Dorfplatz.

Alena sah, dass ihr Vater zu ihr herüberkam. Dann stand er vor ihr, er roch nach Rauch und heißem Metall, dem unverwechselbaren Geruch der Schmiede.

»Du bleibst hier – ich möchte nicht, dass du gegen diese Biester kämpfst«, sagte er und umarmte sie rasch. »In der Schmiede stehen noch zwei Meisterschwerter, die dringend fertig werden müssen – in ein paar Tagen kommt ein Kurier, der sie holt. Ich verlasse mich auf dich, Alena! Mach dir keine Sorgen, vielleicht bin ich schon in ein paar Wochen wieder da …«

»Aber …«, bekam Alena nur heraus.

Ihr Vater hörte sie nicht mehr. Er wechselte einige Worte mit dem Boten, dann zog er sich am Schuppenpanzer des Dhatlas hoch, das einem Meister aus dem Dorf gehörte. Die Erde bebte, als das Dhatla sich in Bewegung setzte und an ihnen vorbeistampfte. Der Bote ritt in der Gegenrichtung davon, aufs nächste Dorf zu.

Auf dem Dorfplatz, der von Hunderten qualmender Fackeln erleuchtet wurde, liefen aufgeregte Menschen umher, eilten die Bewohner von Gilmor laut diskutierend zu ihren Häusern, Schmieden und Ställen, um zu packen und sich von ihren Angehörigen zu verabschieden.

Wütend und enttäuscht blieb Alena auf dem Platz stehen und blickte hinter den Dhatlas her, die schon fast in der Dunkelheit verschwunden waren.

»So viel zu unserem Abenteuer an der Grenze«, sagte Kilian und seufzte.

***

Das Gartenhaus von Kerrik und Lilas im Grünen Bezirk von Ekaterin war einer der wenigen Orte, an denen Jorak willkommen war. Kerrik führte Handelsexpeditionen in den Lixantha-Dschungel, in dem er aufgewachsen war und in den sich nur wenige Menschen hineinwagten. Jorak hatte vor einigen Wintern begonnen, seinem Freund dabei zu helfen – Lixantha erschreckte ihn nicht, da er es durch Kerrik als einen Ort der Wunder kennengelernt hatte. Seither waren sie nicht nur gute Freunde, sondern auch Geschäftspartner, obwohl Kerrik es geheim halten musste, dass er mit einem Gildenlosen zusammenarbeitete.

Nun saß Jorak wieder einmal mit am Tisch im Heilpflanzengarten, und sein breitschultriger blonder Kompagnon stellte eine dampfende Pfanne mit Pfeilwurzeln auf den Tisch. »Greif zu, Jorak«, sagte Lilas und bot ihm eine Schüssel mit gerösteten Farnblättern an.

Beim Essen erzählte Jorak von den Neuigkeiten, die er auf dem Markt erfahren hatte. Seine Freunde lauschten entsetzt. »Beim Erdgeist, das klingt übel«, sagte Lilas. Ihr hübsches ovales Gesicht, das von dunklem Haar umrahmt wurde, war blass geworden. »Ob wir das bewältigen können? Selbst mit der Hilfe der Feuerleute?«

Kerriks Gesicht war grimmig ernst. »Wir müssen jedenfalls darauf vorbereitet sein, dass sie bis hierher kommen. Gleich morgen müssen wir anfangen die Verteidigung von Ekaterin zu organisieren. Jorak, du könntest …«

»Ich werde auch an die Grenze gehen«, sagte Jorak, und plötzlich war es still am Tisch.

Entgeistert starrten seine Freunde ihn an. Klar, dachte Jorak, die beiden kennen mich nicht gerade als Kämpfer. Bin ich ja auch nicht. Er konnte selbst nicht genau erklären, warum er dem Ruf folgen wollte. Vielleicht, weil er das Gefühl hatte, dass Ekaterin ihm nicht mehr viel Neues bieten konnte, dass seine Zukunft nicht hier lag. Vielleicht wegen der Rastlosigkeit, die ihn seit ein paar Wochen quälte.

»Sie haben gesagt, jede Hand zählt«, meinte Jorak mit einem schiefen Grinsen. »Vielleicht haben sie einfach nur vergessen zu erwähnen, dass damit keine Gildenlosen gemeint sind.«

»Wahrscheinlich.« Kerrik sah ihn nachdenklich an.

»Außerdem will ich weg aus Ekaterin«, gestand Jorak und wartete, wie sein bester Freund darauf reagieren würde.

»Ach so«, meinte Kerrik nur und fragte nicht nach dem Grund.

Schweigend aßen sie weiter und die unausgesprochenen Worte hingen wie Geister in der Luft zwischen ihnen. Ja, auch wegen dir will ich weg, dachte Jorak. Vielleicht wäre es besser gewesen, es zu sagen. Aber Jorak wollte Lilas nicht wehtun, indem er sie an Alena erinnerte. Sie und Kerrik hatten es gerade erst geschafft, ihre Liebe wieder zu heilen. Jetzt all das aufzuwühlen, was im Winter geschehen war, klang nicht nach einer guten Idee.

»Brauchst du noch etwas für die Reise? Können wir dir irgendwie helfen?« Lilas legte ihm die Hand auf den Arm.

Jorak schüttelte verlegen den Kopf. »Ich schlage mich schon durch.«

»Immerhin hat er’s schon ein Dutzend Mal geschafft, Lixantha zu überleben – dann wird das an der Grenze auch irgendwie klappen«, knurrte Kerrik. »Die letzte Expedition in den Dschungel ist wirklich gut gelaufen, eigentlich könnte Jorak die Händler längst alleine führen …«

»Das hat nichts damit zu tun«, erwiderte Lilas gereizt. »Im Dschungel konntest du ihm zeigen, worauf er achten muss. Jenseits der Sieben Türme kennt sich keiner von euch beiden aus!«

Kerriks Blick verdüsterte sich. »Stimmt. Pass einfach auf dich auf, Jo. Lass dich nicht fressen.«

»Ich versuch’s, das kannst du mir glauben.«

»Jedenfalls zahle ich dir schon mal deinen Anteil aus der letzten Expedition aus, auch wenn mir die Händler das Geld noch schuldig sind.« Kerrik ging seine Börse holen und zählte zwanzig Tarba auf den Tisch. Jorak blickte nachdenklich auf die matt glänzenden dreieckigen Münzen, nickte dann und steckte sie ein. Das war eine Menge Geld, und Jorak wusste, dass Kerrik ihm mehr gegeben hatte, als ihm eigentlich zustand. Aber es wäre nicht klug gewesen, abzulehnen. Er musste mehr als die Hälfte davon für ein paar ordentliche Waffen ausgeben. Wenn man den Gerüchten glauben konnte, würde er mit dem Messer nicht viel ausrichten können gegen die Wesen, die nördlich von hier über die Grenze kamen.

»Vielleicht kannst du uns ja mal eine Nachricht schicken«, sagte Kerrik.

»Und ihr mir auch.« Jorak grinste. »Sonst komme ich zurück und stelle fest, dass Ekaterin gar nicht mehr da ist.«

Lilas lächelte etwas gezwungen. Sie kam mit seinem schwarzen Humor nicht besonders gut klar, und es tat Jorak leid, dass er sich den Witz nicht verkniffen hatte. Er umarmte sie und Kerrik, dann machte er sich auf den Weg. Obwohl er merkte, dass Kerrik und Lilas ihm nachsahen, drehte er sich nicht mehr um. Die beiden sollten nicht merken, wie schwer ihm der Abschied fiel.

***

Du bleibst hier – ich möchte nicht, dass du gegen diese Biester kämpfst. Immer wieder echote es in ihrem Kopf. Alena spürte, wie Wut auf ihren Vater in ihr hochbrodelte. Wie hatte er so was sagen können? Wieso hatte er sie nicht mal gefragt, was sie tun wollte? Die paar Atemzüge dafür hätte er sich nehmen können! Er hatte ihr einfach seine Wünsche aufgedrückt. Bedeutete es gar nichts, dass sie Meisterin war und damit ganz offiziell erwachsen?

Ich verlasse mich auf dich, Alena!

Alena verschränkte die Arme hinter dem Kopf und starrte an die schräge metallene Decke ihres Zimmers. Sie tastete sich an den Gedanken heran, wie es wäre, über die Grenze zu gehen und einfach weiterzuziehen, das Land dahinter zu erkunden. Hinein ins Unbekannte. Dinge sehen, die noch nie jemand gesehen hatte. Durch Gegenden reisen, in denen seit Tausenden von Wintern kein Bewohner Dareshs mehr gewesen war. Es würde gefährlich werden, selbst für eine Schwertkämpferin wie sie und mit einem Begleiter wie Cchraskar. Würde sie das schaffen, ging das überhaupt? Was war, wenn sie drüben in Schwierigkeiten geriet? Dann könnte niemand ihr helfen und niemand würde je erfahren, was mit ihr geschehen war …

Sie nahm einen Schluck direkt aus der Kanne Cayoral, die ihr Vater am Nachmittag aufgebrüht hatte. Dabei verschüttete sie ein paar Tropfen, und erschrocken sah sie, dass ihre Hände zitterten.

Du hast Angst, wurde es Alena klar. Und trotzdem willst du dorthin. Unbedingt. Was ist eigentlich mit dir los? Alle werden dich für verrückt halten. Und Pa wird schrecklich wütend auf dich sein.

Du bleibst hier – ich möchte nicht, dass du gegen diese Biester kämpfst.

Immerhin: Davon, dass ich nicht über die Grenze gehen soll, hat er nichts gesagt, dachte Alena trotzig. Außerdem habe ich nichts versprochen. Er hat mich nicht gefragt, und ich habe nicht ja gesagt.

Sie brauchte jemanden, der ihr einen Rat geben konnte. Vielleicht war dieser Jemand nicht einmal ein lebendes Wesen. Nachdenklich zog Alena ihr Schwert. Ob es ihr noch einmal einen Traum schicken konnte? Sie strich mit den Fingern über den großen Smaragd, der im Griff eingebettet war. Bei ihrem Kampf gegen den Weißen Panther hatte ihr Schwert ihr durch Träume geholfen, ihr einen Weg gezeigt, wie sie mit dem Dämon fertig werden konnte …

Alena legte die Hand um den Ledergriff ihres Schwerts und zwang sich, alle Gedanken aus ihrem Kopf zu verbannen, zur Ruhe zu kommen. Sie musste einschlafen! Doch die Nachricht vom Fall der Grenze, die Aufregung, ließ sich nicht so leicht verdrängen. Es schien ewig zu dauern, bis ihre Augenlider schwer wurden, bis sie es schaffte, wegzudämmern …

 

Wirbelnder Nebel. Alena sieht kaum die Hand vor dem Gesicht. Nervös bleibt sie stehen, blickt sich um, versucht im weißen Nirgendwo etwas zu erkennen. Schritt für Schritt wagt sie sich hinein ins Unbekannte. Doch auf einmal kann sie es kaum mehr erwarten, anzukommen. Freude durchpulst sie. Sie beginnt zu rennen, obwohl sie nicht sieht, wohin. Der Nebel lichtet sich etwas, gerade genug, dass Alena eine eigenartige Landschaft dahinter ahnen kann, und eine schlanke Gestalt, die sich gegen den hellen Himmel abzeichnet …

 

Mit einem Ruck erwachte Alena. Der Cayoral, den sie vorhin verschüttet hatte, war noch nicht getrocknet; sie konnte kaum mehr als ein paar Momente geschlafen haben. Langsam löste sie die Finger vom Griff ihres Smaragdschwerts. Ein Echo der Freude, die sie vorhin gespürt hatte, kehrte zurück, als sie an den Traum dachte. Jetzt war sie sicher, dass sie jenseits der Grenze etwas Wunderbares finden konnte. Etwas, das ihr Leben verändern würde.

Sie musste aufbrechen – sobald wie möglich.

Doch ein nagendes schlechtes Gefühl in ihrem Inneren blieb. Es fühlte sich nicht gut an, einfach so zu gehen. Sie wünschte, sie hätte sich richtig von ihrem Vater verabschieden können. Ich brauche mal wieder ein Ritual, dachte Alena. Ein Abschiedsritual. Aber nicht jetzt. Kurz bevor ich gehe.

Sie begann die Sachen zusammenzusuchen, die sie für die Reise brauchte. Auch als sie hörte, wie jemand die Pyramide betrat, Schritte im Gang wahrnahm, packte sie weiter. Sie wusste längst, wer das war. Jelicas Schritte waren leichtfüßig und übermütig, Kilians ein wenig schüchtern, gleichmäßig. Alena wandte sich erst um, als sie Jelicas Stimme hörte.

»Du gehst also trotzdem.« Jelica lehnte im Türrahmen. »Überrascht mich ehrlich gesagt nicht. Aber was ist mit den Schwertern, die du fertig schmieden sollst?«

Alena ließ sich nicht beim Packen stören. Eine zweite Tunika zum Wechseln, Schleifstein, Verbandszeug – jetzt brauchte sie nur noch Proviant. »Ich arbeite heute die Nacht durch. Meinetwegen auch noch den ganzen Tag morgen. Aber dann mache ich mich auf den Weg.«

»Allein? Zu Fuß?« Kilian sah beeindruckt, aber auch ein bisschen besorgt aus. Er hockte sich auf eine Werkbank und stützte sich mit den Armen nach hinten ab.

»Nicht allein«, sagte Alena, hob den Kopf und sog die Luft ein. Sie musste lächeln. Es war nicht schwer zu merken, dass ihr bester Freund in der Nähe war, dazu roch er zu stark nach Raubtier. »Cchraskar, ich finde es ganz schön albern, dass du dich versteckst!«

»Vorrsicht ist bessser als blaue Fleccken, Feuerblüte.« Das haarige Gesicht des Iltismenschen lugte hinter der Tür hervor. Als Cchraskar grinste, kamen seine Fangzähne prächtig zur Geltung. »Die mögen micch nicht hier im Dorrf.«

»Warum hast du Meister Palek auch den Torquil-Braten geklaut, den er zum Dörren rausgehängt hatte?« Alena schüttelte den Kopf. »Das war nicht gerade schlau! Er konnte sich denken, wer’s war.«

Kilian und Jelica beobachteten Alenas besten Freund mit großen Augen. Obwohl sie Cchraskar schon ein paarmal gesehen hatten, faszinierte er sie noch immer. Man sah nicht oft Halbmenschen in den Siedlungen, meistens blieben sie unter sich und scherten sich nicht um die »Dörflinge« – denen sie Spitznamen gaben, die oft weniger schmeichelhaft waren als Alenas Name »Feuerblüte«.

»Habt ihr gefragt, ob ihr mitkommen dürft?«, fragte Alena die Geschwister.

Kilian blickte zur Seite, sein Mund war verkniffen. »Ja. Keine Chance, wie ich’s mir schon gedacht habe.«

»Schade«, meinte Alena und versuchte, nicht zu zeigen, wie enttäuscht sie war. Es wäre eine nette Abwechslung gewesen, menschliche Gesellschaft zu haben.

Jelica blickte sie neugierig an. »Was genau hast du vor? Wirst du mitkämpfen?«

»Nein.« Alena zurrte den Ledergurt um ihr Gepäck fest. »Nur wenn mir eins von den Viechern über den Weg läuft. Eigentlich will ich über die Grenze. Dass einer der Türme zusammengebrochen ist, ist eine Chance, wie es sie nur einmal im Leben gibt. Ja, ich weiß, das ist irgendwie egoistisch. Alle anderen verteidigen Daresh, nur ich nicht. Aber ich muss es einfach tun.«

»Suchst du nach dem Schatz?« Kilian sah sehnsüchtig aus.

»Vielleicht – wenn ich gerade Zeit habe«, antwortete Alena. Der Schatz war ihr nicht besonders wichtig. Tavian und sie waren nicht arm. Wozu sollten sie noch mehr Besitz horten? Alena hatte kein Interesse daran, in einem Palast zu leben oder ein eigenes Dhatla zu reiten. Nur dass man sich in Atakán angeblich Liebesglück herbeiwürfeln konnte, klang interessant. Sie musste wieder an Kerrik denken, an sein sonnenfarbenes Haar und seine ruhige Kraft. Vergiss es, dachte sie streng. Vergiss ihn endlich, Rostfraß und Asche!

»Ach verdammt«, rief Kilian. »Ich komme mit!«

Jelica fuhr herum. »Ich glaube, der Gedanke an diese dreimal verfluchten Würfel von Atakán hat dir das Hirn geröstet!«

»Es geht mir nicht nur um den Schatz.« Kilian blickte ärgerlich und ein wenig schuldbewusst drein. »Diese Biester einfach an der Grenze zurückzuschlagen reicht nicht. Wir sollten herausfinden, wo sie herkommen und ob dort drüben vielleicht noch Schlimmeres lauert. Ich wette, sie werden uns noch dankbar sein dafür, dass wir uns nach drüben gewagt haben!«

Gute Idee, dachte Alena anerkennend. Die muss ich mir merken, falls irgendjemand auf die Idee kommt, mir Vorwürfe zu machen.

Doch Jelica schienen Kilians Worte eher noch wütender zu machen. Sie stieß sich vom Türrahmen ab und blitzte ihren Bruder an. »Und was ist, wenn sie den Turm reparieren, bevor ihr zurückkommt?«

»Das werden sie nicht so bald hinkriegen«, sagte Alena und entschuldigte sich in Gedanken bei ihrem Vater dafür.

»Keine Sorge, ich passe sccchon auf sie auf«, behauptete Cchraskar und sträubte wichtigtuerisch sein Fell, so dass er viel größer wirkte, als er war.

»Na gut«, meinte Jelica plötzlich. »Ich komme auch mit.«

Alena war verblüfft. Doch als sie sah, wie Jelica Kilian anblickte, begriff sie. Sie brachte es nicht fertig, ihren Bruder allein gehen zu lassen. Ihren kleinen Bruder, der inzwischen größer war als sie.

***

Zwei Tage später, als die neuen Meisterschwerter fertig zum Abholen bereitlagen, stand Alena noch vor dem Morgengrauen auf. Obwohl sie fast die ganze Nacht durchgearbeitet und sich nur kurz hingelegt hatte, war sie nicht müde. Wieder einmal war sie dankbar dafür, dass Feuerleute in Zeiten der Gefahr wenig Schlaf brauchten.

Ernst und konzentriert legte Alena die schwarze Tracht an, die die Feuergilde zum Kampf trug. Dann wanderte sie zu einem Hügel in der Nähe, von dem aus man das ganze Dorf überblicken konnte. Dort setzte sie sich im Schneidersitz auf den Boden. Schweigend, das blanke Schwert auf den Knien, wartete sie auf den Sonnenaufgang. Es war ein herrlicher Anblick, als die ersten hellen Strahlen die Spitzen der Pyramiden wie mit flüssigem Gold überzogen.

Alena war feierlich zumute. Sie stand auf und verbeugte sich leicht, so wie es vor einem rituellen Kampf üblich war. »Es war eine gute Zeit in Gilmor«, sagte sie und versuchte ihre Stimme fest und sicher klingen zu lassen.

Sich von der Schmiede zu verabschieden, in der sie aufgewachsen war, fiel ihr schwer. Alena sah sich ein letztes Mal darin um. Das Feuer in der Esse war ausgegangen, und die beiden Ambosse kauerten massiv und klobig auf dem Boden. Hier und dort standen halb fertige Schwerter herum, der ungeschliffene Stahl noch dunkelgrau und voller kleiner Dellen, so dass die Klingen aussahen wie aus Stein gehauen. Es roch nach kaltem Rauch und Asche. Nur wenn das große Schmiedefeuer brannte, war dieser Ort wirklich lebendig.

Sie wickelte das Messer mit dem Griff aus Schlangenbaumholz – ihre Meisterarbeit – in ein weiches Tuch und ließ es mitten auf dem großen Tisch. Dort würde ihr Vater es sofort sehen. Es war gleich nach dem Smaragdschwert das Wertvollste, was sie besaß.

Dafür suchte sie sich aus seinen Dingen etwas aus, das sie mit ihm verband und bei sich tragen konnte. Sie entschied sich für eine kleine Schriftrolle mit einem seiner Gedichte, das sie besonders mochte, und verwahrte sie sorgfältig in einer Innentasche ihrer Tracht. Eine gute Wahl, dachte Alena. Gedichte sind ein Stück Seele des Menschen, der es geschrieben hat …

Alena war nicht nach Reden zumute, als sie mit Kilian und Jelica nach Norden aufbrach, und die Geschwister schienen es zu spüren, denn sie waren genauso einsilbig. Solange sie noch in der Nähe des Dorfs waren, gingen sie abseits der Wege. Hier in der Gegend riskierten sie, jemanden zu treffen, der sie kannte – und der wusste, dass ihnen ganz bestimmt niemand erlaubt hatte, dem Ruf zu folgen. Alena hatte keine Lust, Fragen beantworten zu müssen.

Es war eine gute Zeit, um durch Tassos zu wandern. Jetzt, im Frühling, heizte sich der schwarze Sand zwar tagsüber auf, aber frühmorgens war die Luft noch frisch und kühl. Alena war froh, dass sie den warmen Umhang mitgenommen hatte, der einst ihrer Mutter Alix gehört hatte. Ihre Sandalen knirschten auf dem harten Vulkangestein, und Alena hörte das Tappen von Cchraskars Pfoten neben sich. Ab und zu zertrat sie versehentlich die Blüten eines Wüstenveilchens, und ein schwacher süßlicher Geruch zog durch die Luft.

»Bähhh«, meckerte Ccchraskar. »Das verstopft einem jarr die Nase wie eine Pfütze Düftwasser!«

Alena hörte ihm kaum zu. Sie fühlte sich unsicher. Eigentlich wusste sie nicht gerade viel über Kilian und Jelica. Es war gar nicht so lange her, dass sie ihr die Messer ins Gesicht gehalten hatten, weil sie Zarkos Getreue waren und Zarko mit Alena abrechnen wollte. Und jetzt reisten sie zusammen. Alena fragte sich, ob sie sich auf die beiden verlassen konnte. Ihr Gefühl sagte ja. Sie hatte die beiden von Anfang an gemocht, auch wenn sie als Zarkos Gefährten um ein Haar mit ihr gekämpft hätten. Vielleicht musste man manchmal auf seinen Instinkt hören … und alles andere auf sich zukommen lassen.

Am nächsten Tag erreichten sie Alaak und stießen auf die große Handelsstraße. So voll hatte Alena sie noch nie gesehen. Tausende von Menschen aller Gilden strebten nach Norden – aber es gab auch viele Flüchtlinge, die sich mit ihren Habseligkeiten nach Süden davonmachten, plärrende Kinder an den Händen und Säuglinge in geflochtenen Tragetaschen auf dem Rücken. Selbst ohne ihre Amulette zu sehen, erkannte Alena an ihren großen dunklen Augen und kräftigen Fingern, dass sie zur Erdgilde gehörten. Von Rena wusste sie, dass die meisten Erdmenschen unterirdisch lebten und Tunnel gruben.

»Ganz schön was los hier«, sagte Kilian beeindruckt. »Der Ruf hat sich schnell verbreitet …«

Alena und die anderen gingen am Rand der Straße, um nicht versehentlich von einem der Dhatlas niedergetrampelt zu werden, die die Straße entlangschlurften. Heller Staub lag in der Luft und setzte sich in Alenas Nasenlöchern fest. Das Quietschen von Karrenrädern, das Schleifen von Grabkrallen und die Rufe von Menschen klangen ihnen in den Ohren.

»Ich würde vorschlagen, wir lagern heute Nacht irgendwo in den Wäldern, ein ganzes Stück weg von der Straße«, schlug Alena vor und hielt sich die Nase zu, als ein Dhatla neben ihr einen riesigen, dampfenden Haufen auf die festgestampfte Erde setzte. »Da ist es ruhiger!«

»Ja, schlafen wir uns noch mal richtig aus«, meinte Jelica und nahm einen Schluck aus ihrem ledernen Trinkbeutel. »Bevor wir zu nah an der Grenze sind. Hat der Bote nicht gesagt, dass die Wesen nachts auf Jagd gehen?«

»Doch. Wir müssen bald anfangen, tagsüber zu schlafen und nachts zu wandern. Ich will nicht im Schlaf von so einem Biest überrascht werden.« Alena war das ganz recht, sie war sowieso ein Nachtmensch.

Kilian wirkte nachdenklich und wurde immer stiller. Schließlich fragte ihn Alena vorsichtig: »Alles klar mit dir?«

»Inzwischen wissen unsere Eltern, dass wir weg sind. Aber ich glaube, die werden uns nicht suchen können. In diesem Getümmel – keine Chance.«

»Das stimmt«, sagte Alena – und wurde nun selbst schweigsam. Nach mir sucht keiner, dachte sie. Ihr Vater wusste nicht, dass sie die Schmiede im Stich gelassen hatte, Rena und Tjeri hatten keine Ahnung, was Alena vorhatte, und sonst interessierte sich niemand dafür, was sie tat und wo sie war.

Es war ein berauschendes Gefühl, dass sie nun wieder selbst über ihr Schicksal bestimmte. Aber Angst machte es ihr auch.

Der Fremde im dunklen Umhang

Joraks Geld reichte noch, um sich auf dem Weg nach Norden ein Zimmer in einem Gasthaus zu nehmen. Er brauchte lange, bis er eins gefunden hatte, in dem sie einen Gildenlosen wie ihn aufnahmen. Das Zimmer war klein und hatte keinen Kamin, aber er hatte in seinem Leben so oft auf dem Boden und in zugigen Ecken der Stadt geschlafen, dass er den ungewohnten Luxus genoss. Die wenigen Münzen, die er noch übrig hatte, reichten entweder für drei Krüge Polliak oder ein heißes Bad. Joraks innerer Schweinehund brauchte nicht lange, um sich zu entscheiden.

In der Gaststube blickten sie ihn erst angewidert und misstrauisch an. Aber als sie merkten, dass er nicht auf Ärger aus war und zahlen konnte, beachteten sie ihn nicht mehr. Der Wirt, ein Mann der Luftgilde, war in guter Stimmung, weil er zurzeit ein volles Haus hatte. Als Jorak fragte: »Na, wie gehen die Geschäfte?«, blieb er für eine kurze Plauderei.

»Blendend«, berichtete der Wirt. »Im Moment sind viele Leute unterwegs, die dem Ruf folgen – die meisten aus Tassos, wenn mich nicht alles täuscht. Mal schauen, wie viele wieder zurückkommen!«

Jorak horchte auf. Er wusste, dass Alena im Norden von Tassos lebte, im Dorf Gilmor. Eigentlich versuchte er, nicht mehr an sie zu denken – es war sowieso aussichtslos –, aber der kleinste Anlass brachte die Sehnsucht zurück. Wieso hatte er eigentlich nie daran gedacht, dass auch sie auf dem Weg zur Grenze sein könnte?

»Es war nicht zufällig ein Mädchen der Feuergilde mit schulterlangen rotbraunen Haaren dabei? Schlank, langbeinig, hübsch?«, fragte er ohne viel Hoffnung.

Erstaunt blickte ihn der Wirt an. »Moment mal, ja, so eine habe ich gestern im Ort gesehen. Eine junge Meisterin. Sie hatte ein eigenartiges Schwert, es hat einen großen Smaragd am Griff. Als ich das gesehen habe, dachte ich: Hm, mit der legst du dich besser nicht an, wenn dir dein Leben lieb ist!«

Jorak war es, als bliebe sein Herz stehen. Alena. Es musste Alena sein.

»Aber hübsch … na ja …«, sagte der Wirt. »Kurven muss ein Mädel haben, sonst hat man ja nichts in der Hand!«

»Sie ist wunderschön.« Jorak funkelte ihn an.

»Ja, ja, die Liebe.« Der Wirt grinste.

Jorak ärgerte sich, dass er den Mund nicht gehalten hatte. »War jemand bei ihr?«, fragte er.

»Ein Iltismensch. Andere Menschen – vielleicht auch. Es war ein großes Gewimmel.«

Cchraskar. Jorak erinnerte sich. Der Iltismensch hieß Cchraskar. Und jetzt gab es nicht mehr den geringsten Zweifel, dass sie es war.

»Noch einen Krug Polliak gefällig?«, fragte der Wirt.

»Nein, ich danke Euch. Aber könnte mir einer von Euren Leuten ein Bad richten?«

Zehn mal zehn Atemzüge später saß Jorak in der Wanne und schrubbte sich wie ein Wilder. Er überlegte, wie er es anstellen konnte, Alena und ihre Freunde zu treffen. Eine Tagesreise Vorsprung war ganz schön viel. Und was war, wenn er sie eingeholt hatte? Sie mochte ihn ja nicht mal. Die Erinnerung daran, wie er sich mit seinem Versuch, eine Flamme zu rufen, vor ihr blamiert hatte, ließ ihn selbst nach einem halben Winter gequält aufstöhnen.

Aber da war noch eine zweite Erinnerung, die er hütete wie einen Schatz. Diesen Moment, als er nach ihrem Duell mit Cano im Palast der Trauer neben ihr gesessen hatte, als sie verletzt und bewusstlos gewesen war. Wie er ihr zärtlich Blut und Ruß aus dem Gesicht gewischt hatte. Klar, sie wusste nichts davon. Aber er würde es nie vergessen.

Auf einmal fiel ihm die Entscheidung leicht. Ja, er würde versuchen, sie einzuholen. Alles Weitere musste er auf sich zukommen lassen.

***

Alena zählte nicht mehr mit, wie viele Ortschaften sie schon durchquert hatten. Sie wusste nicht mal, wie das Erdgildendorf hieß, in dem sie gerade rasteten. Wichtig war nur, dass es eine Schänke hatte, in der sie ihre Wasserbeutel wieder auffüllen konnten. Der Gastraum des Erdhauses war so voll mit Menschen, die dem Ruf folgten, dass sie sich zunächst vergeblich nach einem Sitzplatz umsahen. Dank Cchraskar klappte es schließlich – als die Gäste ihn neben sich bemerkten, rückten sie erschrocken zur Seite und machten Platz.

Mit einem breiten Grinsen setzte sich der junge Iltismensch neben Alena und stützte sich mit den Vorderpfoten auf der Sitzbank auf. Iltismenschen waren aufgerichtet nur etwa einen Kopf kleiner als Menschen, und Cchraskar konnte bequem über die Tischkante schauen.

»Ich höre mich ein bisschen um«, verkündete Jelica. Sie hatte kein Problem damit, jeden den sie trafen, anzusprechen. »Wie kommen wir zur Grenze? Ach, da wollt ihr auch hin? Habt ihr gehört, wie’s vor Ort aussieht?«, fragte sie und hatte ruck, zuck ein Gespräch angefangen. Mit einem rundlichen Kerl, der in Vanamee einen Regenfischverleih hatte und eine Horde zahmer Kampfkrabben mitbrachte. Mit einem Armbrustschützen aus Nerada, dem ein kleiner schwarzer Vogel auf der Schulter saß. Mit muskulösen Erdleuten aus den Steinbrüchen von Telfa, mit einem zerlumpten Geschichtenerzähler und einem halben Dutzend anderer Gestalten.

»Sie ist einfach furchtbar neugierig auf Menschen«, meinte Kilian entschuldigend. »Manchmal kommt es mir vor, als müsste inzwischen jeder in Daresh sie kennen – oder zumindest jemanden kennen, der sie kennt.«

»Ich wünschte, ich wäre auch so«, gestand Alena. »Aber so was schaffe ich nicht.«

Kilian zuckte die Schultern. »Ich auch nicht. Doch ich fand es spannend, in Carradan immer wieder neue Leute zu treffen. Unsere Eltern hatten ein offenes Haus, ständig waren irgendwelche Gäste da …«

»Aucch Halbmenschen?«, erkundigte sich Cchraskar interessiert.

»Nein. Einmal hat sich ein Natternmensch in die Küche verirrt, aber wir, äh, haben ihn schnell wieder rausgeworfen.«

Cchraskar brummte etwas Unübersetzbares in seiner Sprache.

»Findet in Carradan nicht die Gipfelnacht statt?« Alena hatte sich schon immer gewünscht, einmal bei diesem Fest mitmachen zu können. Feuerleute aus ganz Daresh versammelten sich und zogen auf den Berg Yintabor, um dort das alte Ritual zu vollziehen.

»Doch. Unsere Eltern haben sie organisiert. Bis vor zwei Wintern. Da gab’s Ärger, und meine Eltern haben alles hingeschmissen und sind nach Gilmor gezogen.«

»Wahrscheinlich langweilt ihr euch da ganz schön, was? In Gilmor gibt’s ja nur ein paar Hundert Leute, man kennt sich, Überraschungen sind praktisch ausgeschlossen …«

»Meinst du das ernst?« Kilian lächelte. »Du warst letzten Winter ja wohl die größte Überraschung! Es war aber auch nicht übel, zu Zarkos Getreuen zu gehören. Schade, dass er uns vor die Wahl gestellt hat – entweder wir dürfen ihm weiter Gefolgschaft leisten, oder wir sind mit dir befreundet. Da haben wir uns für dich entschieden.«

»Das war nett von euch«, sagte Alena verlegen und war froh, dass in diesem Moment Jelica zurückkam. Sie wuchtete fünf Krüge Cayoral heran, zwei einfach gekleidete Erdleute zockelten hinter ihr her. Schüchtern blickten die jungen Männer auf den Boden. Anscheinend hatten sie bisher noch nicht viel mit der Feuergilde zu tun gehabt.

»Das sind Bonto und Lollok«, erklärte Jelica, lud sie ein, sich zu setzen, und schob ihnen je einen Krug zu. »Die Burschen leben hier in der Gegend und haben Dhatlas gezüchtet. He, Bonto, erzähl meinen Freunden, was du über die Grenze weißt!«

Bontos Gesicht hellte sich auf, als er Jelica ansah. Kein Zweifel, sie hatte einen neuen Bewunderer. »Tja, das Ding ist in zwei Tagesreisen Entfernung. Man sieht es normalerweise nicht. Die Gegend spiegelt sich sozusagen darin, und man erkennt nicht, dass dort die Welt zu Ende ist. Aber jetzt kann man die Grenze auf einen Blick ausmachen. Auf unserer Seite ist es grün, auf der anderen Seite sind nur Steine.«

»Hast du probiert drüberzukommen?«

»Früher nicht, das ging nicht. Diese Tore waren zu unheimlich.« Bonto schauderte. »Als die Grenze zusammengebrochen ist, bin ich aber auch einen halben Sonnenumlauf lang rübergewandert. Am Tag natürlich. Da sind die Biester verschwunden. Aber da ist nichts. Also bin ich wieder umgedreht.«

Alena, Kilian und Jelica sahen sich an.

»Noch können wir zurück«, sagte Jelica. Ihre Stimme klang angespannt.

»Vergiss es«, meinte Kilian.

»Geh doch.« Alena merkte, dass das ziemlich schroff geklungen hatte, und fügte hinzu: »Nach einer Weile hört die Wüste bestimmt auf.«

Sie sah, wie Kilian die Hand in die Tasche schob, und wusste, er umklammerte die Karte. Die Karte, auf der mitten im Nichts jenseits der Grenze ein Wort stand. Ein Wort des Alten Volks.

Cchraskar blickte zwischen Alena und Jelica hin und her und zuckte beunruhigt mit den Ohren. »Ssstreiten ist ungesund, das ist es«, sagte er vorwurfsvoll. »Man kann Bisswunden kriegen dabei.«

Alena musste grinsen. »Keine Sorge, wir haben nicht gestritten«, erklärte sie ihm und blickte zu Jelica hinüber. Sie beachtete Alena nicht mehr und unterhielt sich gerade mit einem der Erdmenschen.

»Die verdammten Biester haben alle unsere Dhatlas getötet«, beklagte sich Lollok. »Selbst wenn sie es schaffen, die Grenze zu beleben, sind wir ohne unsere Zuchttiere am Ende.«

»Sie haben eure Dhatlas getötet?« Kilian starrte ihn an. »Aber die sind doch von oben bis unten gepanzert!«

»Frag mich nicht, wie sie es machen. Ich weiß nur, wir verschwinden von hier. Und zwar bald!«

Hm, das klang nicht gut. Alena legte die Hand auf den Knauf ihres Smaragdschwerts. Erstaunt merkte sie, dass er sich warm anfühlte. Der Stein im Griff hatte begonnen, ganz leicht zu leuchten. Das hatte er bisher nicht oft getan. Was wollte er ihr diesmal sagen? Wollte er sie warnen? Oder ihr – wie der Traum – sagen, dass sie auf dem richtigen Weg war?

Jelica bemerkte ihren überraschten Blick. »Was ist?«