Flammender Sommer - Catherine Fox - E-Book

Flammender Sommer E-Book

Catherine Fox

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Beschreibung

Eine Trennung per SMS, und Michaela sieht keinen Sinn mehr in ihrem Leben. Da schickt ihr das Schicksal Amanda ins Haus, die in dieser verlassenen Gegend Italiens eine Autopanne hat und bei Michaela übernachtet. Nach einer Liebesnacht bleiben sie zunächst beruflich verbunden, bis Michaelas Ex wieder auftaucht und die Ereignisse eine dramatische Wendung nehmen ...

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Catherine Fox

FLAMMENDER SOMMER

Liebesgeschichte

© 2017édition el!es

www.elles.de [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN 978-3-95609-217-6

Coverillustration: © Lucas Gojda – Fotolia.com

1

Es hat keinen Sinn mehr. Wir beide passen einfach nicht zusammen. Leb wohl.

Die SMS traf Michaela völlig unvorbereitet. Sollte das ein Scherz sein? War diese Nachricht etwa fehlgeleitet worden?

Sofort rief sie Susi zurück. Doch die Mailbox ging ran. Susi hatte ihr Handy aus. Eine dunkle Angst stieg in Michaela hoch. Meinte Susi das tatsächlich ernst? Sie war doch erst vor einer Stunde weggefahren, um noch ein paar Kleinigkeiten einzukaufen.

Michaela hatte sich auf das Wochenende gefreut. Endlich mal wieder nur sie beide. Und jetzt kam plötzlich solch eine SMS? Nein, die war ganz sicher nicht für sie bestimmt gewesen. Entschieden drückte Michaela die Wahlwiederholung, aber wieder meldete sich nur die Mailbox.

Ihr Herz begann zu rasen. Es durfte nicht wahr sein!

Kurzentschlossen ließ Michaela ihre Einkäufe aus den Händen fallen, griff hastig nach ihrem Autoschlüssel und fuhr nach Terni, der nächsten größeren Stadt, wo Susi wohnte. Deren Auto stand nicht vor dem Haus wie sonst, und auf Michaelas Klingeln an der Wohnungstür öffnete auch niemand.

Während Michaela noch fassungslos vor der Tür stand, kam eine Nachbarin die Treppe hoch. Sie erkannte Michaela und grüßte freundlich.

»Haben Sie vielleicht Susi gesehen?«, fragte Michaela mit bebender Stimme.

»Ja. Die ist vor einer Stunde mit einer Reisetasche weggefahren.« Die Frau sah sie überrascht an. »Ist sie nicht bei Ihnen?«

Michaela schüttelte den Kopf. Ihr wurde schwindlig, sie musste sich am Treppengeländer festhalten.

»Ist Ihnen nicht gut?«, erkundigte sich die Nachbarin besorgt.

»Danke . . . Es geht schon. Auf Wiedersehen.«

Michaela wollte nur noch weg. Sie setzte sich ins Auto, schlug die Tür zu, lehnte den Kopf zurück, schloss die Augen.

Susi meinte es ernst. Sie hatte tatsächlich Schluss gemacht. Völlig unerwartet. Wieso? Es lief doch gut zwischen ihnen beiden. Das gab es nicht. Es musste ein Alptraum sein.

Sie musste mit jemandem sprechen. Aber mit wem?

Lukas. Susis bester Kumpel. Michaela wählte seine Nummer.

»Hallo, Lukas, ich bin’s. Hast du eine Ahnung, wo Susi steckt? Ich kann sie nicht erreichen.«

Lukas räusperte sich, druckste herum, bevor er mit der Antwort herausrückte: »Sie ist übers Wochenende zu Lea nach Perugia gefahren.«

Michaela war, als reiße ihr jemand die Beine weg, und sie krache mit voller Wucht zu Boden. Sie schluckte mühsam. »Sie hat eben per SMS mit mir Schluss gemacht . . .«

Erneut zögerte Lukas. »Ja«, gab er schließlich verlegen zu, »sie hat so etwas gesagt.«

Er wusste Bescheid. Alle wussten Bescheid. Die Spatzen pfiffen es von den Dächern. Nur Michaela hatte nichts mitbekommen. Diese Lea, zu der Susi gefahren war, kannte sie schon seit einem Jahr. Manchmal hatte Michaela schon den Verdacht gehabt, dass zwischen den beiden etwas laufen könnte. Aber jedes Mal, wenn sie Susi darauf angesprochen hatte, konnte Susi jegliche Bedenken überzeugend ausräumen. Außerdem – Michaela vertraute Susi. Also glaubte sie ihr.

Und nun stellte sich heraus, dass sie die ganze Zeit recht gehabt hatte. Dass Susi sie nach Strich und Faden hintergangen hatte. Doch jetzt war es zu spät. Susi war weg, hatte nicht mal den Mumm gehabt, ihr ins Gesicht zu sagen, dass es aus war. Sie hatte sich einfach feige mit einer SMS aus der Affäre gezogen und bei Nacht und Nebel davongemacht.

Michaela wurde es schwarz vor Augen. Mit zitternden Händen kramte sie die Wasserflasche aus dem Staufach ihrer Fahrertür und trank einen großen Schluck. Bloß nicht umkippen!

Sie zwang sich zu einem zweiten Schluck. Atmete ein paarmal tief durch. Allmählich regulierte sich ihr Kreislauf wieder.

Wie sie wieder nach Hause gekommen war, wusste sie später nicht mehr. Sie fiel auf die Couch, und die Stille um sie herum erdrückte sie. Ein nicht enden wollender Weinkrampf brach aus ihr heraus.

2

Nächtelang hatte sie kein Auge zugetan. Ständig flossen neue Tränen. Verzweifelt hatte sie mehrere SMS an Susi geschrieben, nach dem Wieso und Warum gefragt, doch es kam keine Antwort.

Verquollene Augen blickten Michaela nun im Spiegel entgegen. Sie schien innerhalb weniger Tage um fünf Jahre gealtert. Eigentlich begann sie doch jetzt mit ihren vierzig plus gerade erst interessant zu werden. Die Frau, die sie im Spiegel sah, war aber ein einziges Wrack. Wieder bahnten sich die Tränen ihren Weg.

So, wie sie aussah, konnte sie unmöglich ins Freie gehen.

Was sollte sie nur tun? Man war nie darauf vorbereitet, wenn das ganze Leben auf einmal wie ein Kartenhaus zusammenbrach. Sie hatte sich in einer glücklichen Beziehung geglaubt, aber diese war ohne Vorwarnung zu Ende gegangen. Plötzlich stand sie allein da, verlassen und einsam. Nicht einmal ihre beste Freundin Heike in Deutschland konnte sie anrufen, die war in Urlaub auf Teneriffa.

Erschüttert hatte sie festgestellt, dass sie niemanden hatte, mit dem sie reden und sich ausweinen konnte. All die letzten Jahre war sie darauf bedacht gewesen, jede freie Minute mit Susi zu verbringen, und hatte dabei ihre alten Freunde mehr und mehr vernachlässigt. Da konnte sie doch jetzt nicht plötzlich ankommen und Hilfe von ihnen erwarten.

Eine Woche war vergangen seit der schrecklichen SMS. Eine endlos lange, von ständigen Tränenausbrüchen begleitete Woche. Susi hatte sich nur noch einmal kurz gemeldet und geschrieben, dass es keinen Zweck mehr habe. Ihre Entscheidung sei gefallen, und sie hole ihre Sachen später ab.

Auf einer einsamen Insel ausgesetzt zu sein, hätte nicht schlimmer sein können. Nichts war jetzt noch irgendetwas wert, nichts hatte noch eine Bedeutung, nichts hatte mehr Sinn. Die letzten Tage waren leer und lang gewesen, und so würde es auch in Zukunft sein. Michaela sah inzwischen regelrecht ausgemergelt aus, da sie keinen Bissen hinunterbrachte und schon einige Kilo abgenommen hatte. Eingefallene Augen, dunkle Augenringe, hohle Wangen, das Haar in wirren Strähnen um den Kopf. Die Kleidung schien eine Größe zu groß, sie hing schlackernd um ihren Körper. Als würde Michaela einfach immer weniger, um irgendwann ganz zu verschwinden.

Es würde kein Zurück mehr geben. Es war vorbei.

Also konnte sie das Ganze ebenso gut beschleunigen.

Unerwartet ruhig drückte sie alle Schlaftabletten aus der Blisterpackung und löste sie in einem Glas Wasser auf. Ein letzter Blick in den Spiegel. Ein Bild des Schreckens. Dann setzte sie das Glas an die Lippen.

3

Die Türklingel läutete.

Susi! Kam sie etwa zurück?

Hastig schüttete Michaela das Glas mit der milchigen Flüssigkeit in den Ausguss. Ihr Herz klopfte erwartungsvoll. Sie kämmte sich rasch und rannte freudig die Treppe hinunter.

Doch als sie die Tür öffnete, stand ihr eine fremde junge Frau gegenüber. Schlagartig starb ihre Hoffnung.

»Entschuldigen Sie bitte«, sagte die Fremde in ungelenkem Italienisch, aus dem Michaela den deutschen Akzent deutlich heraushörte. »Ich habe mit meinem Auto eine Panne, und der Akku meines Handys ist leer. Könnte ich bitte Ihr Telefon benutzen?«

Fast automatisch ließ Michaela die Frau eintreten. Sie musste Anfang zwanzig sein. Mit einer Handbewegung deutete Michaela zum Telefon, das auf einer kleinen Anrichte stand, und sagte auf Deutsch: »Bitte. Das Telefonbuch liegt gleich in dem Fach darunter.«

Die Augen der Fremden hatten aufgeleuchtet, als Michaela in ihrer Muttersprache antwortete. Sie bedankte sich, und Michaela ging in die Küche, während die Frau telefonierte. Sie bemühte sich, an nichts zu denken. In wenigen Minuten würde die Fremde wieder weg sein, und dann konnte sie beenden, was sie angefangen hatte.

Die junge Frau musste ihr Telefonat beendet haben, denn draußen auf dem Vorplatz war es still. Auf einmal stand sie in der Küchentür. Michaela straffte sich.

»Konnten Sie jemand erreichen?«, fragte sie, bemüht, sich die Niedergeschlagenheit nicht anmerken zu lassen.

Mit einem resignierten Schulterzucken antwortete die Fremde: »Meine Werkstatt kann den Wagen leider erst am Montag abschleppen, und hier in der Umgebung war niemand zu finden, der mir helfen könnte. Alle haben geschlossen.«

»Ja, das ist der Nachteil hier auf dem Land. Es ist meilenweit nichts. Wo kommen Sie her?«

»Ich bin aus Terni und muss zu einem Meeting nach Cortona. Aber bevor ein Taxi hier ist und ich bei dem Meeting bin, ist alles schon vorbei.« Sie kicherte in sich hinein.

Michaela betrachtete die Fremde eingehend. Zu was für einem Meeting ging man wohl heutzutage in durchsichtiger Bluse, ledernem Minirock und High Heels?

»Könnte ich bitte noch Ihre Toilette benutzen, bevor ich gehe?«, erkundigte sich die Frau.

Auch das noch . . . Das Bad im Erdgeschoss war voller schmutziger Wäsche und sah chaotisch aus. Aber Michaela konnte sie wohl schlecht hinter die Büsche im Garten schicken. »Die Treppe rauf und gleich die erste Tür rechts.«

Die Fremde ging hinauf und verschwand im Bad. Schlagartig fiel Michaela ein, dass sie dort das leere Glas hatte stehen lassen, in dem sie vorhin die Tabletten aufgelöst hatte. Wenn die Fremde das nun fand . . .

Und wenn schon. Es machte keinen Unterschied.

Sie hörte die Frau die Treppe herunterkommen. »Was bin ich Ihnen schuldig?«, fragte sie Michaela mit prüfendem Blick, als sie die Küche wieder betrat.

»Ist schon in Ordnung«, winkte Michaela ab und begann den Geschirrspüler auszuräumen, nur um beschäftigt zu erscheinen. Sie wollte allein sein.

Die Fremde blieb jedoch in der Tür stehen und schien es nicht eilig zu haben, zu gehen. »Kann ich etwas für Sie tun?«, fragte sie.

Erstaunt richtete sich Michaela auf und drehte sich zu ihr herum. »Wie kommen Sie denn darauf?«

»Nun, ich dachte . . . ach, nichts. Ich gehe dann besser. Vielen Dank für alles. Auf Wiedersehen.«

Die Fremde verabschiedete sich mit einem Händedruck, der etwas länger anhielt, als es eigentlich üblich war. Oder bildete Michaela sich das nur ein? Die Wärme ihrer Hand fühlte sich jedenfalls angenehm an, und Michaela tat nichts, um ihrerseits die Verabschiedung zu beschleunigen.

Sie begleitete die Fremde zur Tür und sah ihr nach, wie sie den Kiesweg zum Gartentor hinausging und sich draußen auf der staubigen Landstraße Richtung Stadt wandte. Einem Impuls folgend, setzte sie sich ebenfalls in Bewegung und lief ihr nach. »Sie wollen nicht wirklich zu Fuß in die Stadt?«

Die Fremde blieb stehen und drehte sich um. »Mir bleibt nichts anderes übrig. Für ein Taxi reicht mein Geld leider nicht. Vielleicht nimmt mich jemand per Anhalter mit.«

Michaela war bei ihr angelangt. »In einer halben Stunde ist es stockdunkel«, sagte sie. »Hier draußen sehen Sie dann die Hand vor Augen nicht mehr. Die Straße ist nicht beleuchtet, und es ist gefährlich, allein als Frau hier durch die Gegend zu spazieren. Sie können bei mir übernachten, wenn Sie möchten, und morgen fahre ich Sie mit meinem Auto in die Stadt. Heute geht es leider nicht mehr, ich habe vorhin zwei Gläser Wein getrunken.« Es war mehr als eine Flasche gewesen, die Michaela im Laufe des Nachmittags geleert hatte, aber das musste sie der Fremden ja nicht unbedingt auf die Nase binden.

Die sah sie unschlüssig an und sagte schließlich verlegen: »Ich möchte Ihnen keine Umstände bereiten.«

»Tun Sie nicht. Mein Haus ist groß genug, da ist auch Platz für zwei. Kommen Sie.« Michaela hakte sie am Arm unter, und sie gingen zum Haus zurück.

»Ich heiße übrigens Amanda«, stellte sich die Fremde vor, als sie die Tür wieder erreichten.

»Michaela.«

Vielleicht war es gut so, ein wenig Gesellschaft zu haben. Das gab Michaelas Vorhaben einen kleinen Aufschub.

4

Während Michaela die Spaghetti im Topf rührte und die Meeresfrüchte im Wok wendete, rieb Amanda den Parmesankäse.

»Wieso haben Sie eigentlich nicht die Autobahn nach Cortona genommen?«, wollte Michaela wissen. »Das wäre doch der schnellste Weg von Terni aus gewesen.«

»Eben aus dem Grund, der dann auch eingetreten ist. Mein Auto ist nicht mehr das jüngste. Es klappert an allen Ecken und Enden und fällt bald auseinander. Damit möchte ich nicht unbedingt auf der Autobahn liegenbleiben. Ich hatte befürchtet, dass es irgendwann passieren wird, nur habe ich nicht heute damit gerechnet.«

»Wo steht Ihr Auto?«, fragte Michaela weiter.

»Irgendwo auf einem Feldweg zwischen den Olivenhainen, etwa zwei Kilometer von hier. Ich dachte, ich könnte eine Abkürzung nehmen, und irgendwie habe ich mich wohl verfahren. Bin einfach losgelaufen, als nichts mehr ging, und Ihr Haus war das Erste, worauf ich stieß. Bis Castel Ritaldi ist es wohl noch ein Stück?«

»Eine Viertelstunde mit dem Rad.« Michaela goss die Spaghetti ab, gab noch etwas Olivenöl in den Wok und schwenkte dann Nudeln und Meeresfrüchte zusammen darin. Anschließend servierte sie davon zwei Portionen auf dem eichenen Küchentisch, schenkte Weißwein in zwei Gläser, stellte Mineralwasser dazu und setzte sich Amanda gegenüber. »Oder wäre Ihnen Bier lieber?«, erkundigte sie sich.

»Nein, der Wein ist völlig okay. Danke.«

»Na dann, guten Appetit und zum Wohl.«

»Guten Appetit«, prostete Amanda zurück. In scharfem Kontrast zu ihrem aufreizenden Äußeren wirkte sie jetzt sehr zurückhaltend, fast unsicher.

Aufmerksam beobachtete Michaela die junge Frau, während sie die Spaghetti verzehrten. Amanda trug ihr langes, blondes Haar offen, es legte sich fließend und weich um ihre Schultern. Hin und wieder begegnete Michaela einem Blick aus großen, tiefblauen Augen, die absolut unschuldig wirkten.

Sie ist halb so alt wie ich, dachte Michaela. Sie könnte meine Tochter sein.

Ein leiser Seufzer entrang sich ihrer Brust. Sie hatte nie Kinder gewollt. Aber jetzt ertappte sie sich bei dem Gedanken, dass sie vielleicht eines hätten adoptieren sollen, Susi und sie. Dann wäre Michaela jetzt nicht ganz allein.

»Wohnen Sie allein hier?«, brach Amanda das Schweigen. Sie schien Michaelas Gedanken gelesen zu haben.