Flying 1: Right behind you - Lisa Foxx - E-Book

Flying 1: Right behind you E-Book

Lisa Foxx

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Beschreibung

Schule, Freizeit und die erste große Liebe. Eine schwierige Kombination. Bastians Beziehung zu Sophie läuft nicht so wie erwartet. Seine Noten werden immer schlechter und seine Mum setzt ihm deswegen die Pistole auf die Brust. Die Lösung: Noah Breitenbach Ausgerechnet der soll ihm helfen. Er ist intelligent, beliebt, gutaussehend und ... seltsam verschlossen. Das genaue Gegenteil von Bastian. Das Ergebnis: Überraschend heiße Küsse!

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Seitenzahl: 226

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Ähnliche


Inhaltsverzeichnis
Titel
Kapitel 1: Schlechte Nachrichten
Kapitel 2: Nachhilfe
Kapitel 3: Die erste Stunde
Kapitel 4: Der nächste Tag
Kapitel 5: Kennenlernen
Kapitel 6: Freundschaft
Kapitel 7: Jetzt oder nie
Kapitel 8: Vorträge für Fortgeschrittene
Kapitel 9: Nachhilfe mal anders
Kapitel 10: Böses Erwachen und Realität
Kapitel 11: Sophies Geburtstag
Kapitel 12: Totalausfall
Kapitel 13: Flucht
Kapitel 14: Noah

Flying 1

Right behind you

Lisa Foxx

© 2025 Amrûn Verlag

Jürgen Eglseer, TraunsteinEichenweg 1a, 83278 [email protected]

Umschlaggestaltung im VerlagLektorat: Julia Will Korrektorat: Luise Mertineit-Seidlitz

Gedruckt in der europäischen Union

ISBN 978-3-95869-438-5

Alle Rechte vorbehalten

Besuchen Sie unsere Webseite:

amrun-verlag.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

v1/25

Schlechte Nachrichten

»Aber Mum …«

»Nein, Bastian! Du hattest so viele Chancen und jetzt reicht’s!«

»Das ist unfair.«

»Du kanntest die Abmachung, jetzt leb auch mit den Konsequenzen!«

»Aber das ist doch nicht meine Schuld, was kann ich denn dafür, dass …«

»Bastian Faaber, du bringst eine Fünf nach der anderen nach Hause, bist versetzungsgefährdet und erlaubst es dir ernsthaft, jetzt noch mit mir zu diskutieren?«

»DU hast doch selbst gesagt, dass das an meinem ADHS liegt!«

»Es reicht, Bastian!«

»ABER ICH WILL KEINE NACHHILFE!«

»Und ich will keinen Sohn, der mit einem unterdurchschnittlichen Hauptschulabschluss bis Ende dreißig bei seiner Mutter wohnt und sich durchfüttern lässt!« Okay, wow, das hat gesessen!

Es folgt angespannte Stille. Die Zornesfalten meiner Mutter graben sich tief in ihre hohe Stirn, und ihr heftiges Schnauben unterscheidet sich nicht im Geringsten von meinem eigenen. Das ist alles so verdammt ungerecht. Wieso musste meine Mutter auch ausgerechnet heute früher von der Arbeit nach Hause kommen, bevor ich die Chance hatte, diesen dummen Brief von der Schule abzufangen? Verdammt! Ich bin so am Arsch, ey.

»Dein Vater kommt in einer Stunde nach Hause. Bis dahin will ich dich hier unten nicht mehr sehen«, spricht sie mit bebender Stimme und wendet sich von mir ab. Ihr langes rotes Haar streift mein Handgelenk, als sie an mir vorbeimarschiert und den unheilvollen Brief schwungvoll auf die Kommode wirft.

»Fein«, zische ich patzig, während ich zur Treppe laufe, um mich gleich oben in meinem Zimmer einzuschließen. Ich habe sowieso genug für heute! Am liebsten will ich sie gar nicht mehr sehen oder hören.

»Mach deine Hausaufgaben. Der Fernseher bleibt aus, haben wir uns verstanden?«, wirft sie mir noch aus der Küche hinterher, und ich unterdrücke ein wütendes Schnauben. »Jaahaa«, erwidere ich genervt, und dann sprinte ich eilig die Treppen nach oben, ehe mich die neuentflammte Wut meiner Mutter treffen kann. Ihr hochexplosives Temperament ist wirklich zum Kotzen. Ständig muss man aufpassen, was man sagt, wie man es sagt und welches Gesicht man dazu zieht. Richtig ätzend. Aber egal, für den Moment habe ich mich gerettet. Zumindest solange, bis mein Dad nach Hause kommt. Der wird bestimmt auch nicht sonderlich davon begeistert sein, dass ich so schlechte Noten habe und jetzt sogar versetzungsgefährdet bin.

Seufzend falle ich auf mein Bett, versinke in den weichen Kissen und atme den frischen Duft der neuen Bettwäsche ein. Super angenehm. Ein Glück für mich. Wäre meine Mum noch nicht mit dem Bettenbeziehen fertig gewesen, bevor der blöde Brief kam, dann hätte ich das jetzt mit ziemlicher Sicherheit selbst machen dürfen. Und das gehört nun wirklich nicht zu meiner Lieblingsbeschäftigung. Ich bin sechzehn, Gott verdammt! Da hat man andere Dinge im Kopf. Schule und Hausarbeit gehören garantiert nicht dazu.

Ein letztes Mal atme ich tief ein, ehe ich mich wieder aufsetze und meinen Blick auf den sauberen Boden gleiten lasse, direkt hinüber zu meinem zerschlissenen Rucksack, den ich einfach in eine Ecke geworfen habe. Hausaufgaben … Pfff, wer braucht die schon. Selbst wenn ich wüsste, was genau wir aufhaben, würde ich sie nicht machen. Immerhin habe ich doch Sophie, die immer sehr vorbildlich ist und alles ganz ausführlich mitschreibt und hoffentlich auch mit mir teilt. Allerdings muss ich mich dafür hin und wieder bei ihr einschleimen.

Aus diesem Grund ziehe ich auch mein Handy aus der Hosentasche, um ihr gleich mal eine Nachricht zu schicken. Dass sie seit drei Monaten meine feste Freundin ist, scheint sie nämlich nicht davon abzuhalten, mir des Öfteren die kalte Schulter zu zeigen und mich gelegentlich hängen zu lassen. Aber ich liebe sie. Sie ist toll. Total hübsch, beliebt und das mit Abstand süßeste Mädchen an meiner Schule. Aber sie macht es mir eben auch nicht immer leicht. Deshalb muss jedes meiner Worte gut überlegt sein.

Bastian:

»Hey Babe <3 Magst du vorbeikommen? Ich könnte grade echt ein wenig Aufmunterung gebrauchen, außerdem vermisse ich dich total!«

Ich grinse mein Handy noch für zwei Sekunden an, stelle mir Sophies Lächeln vor, wenn sie meine Nachricht sieht, und grinse direkt noch dümmlicher vor mich hin. Anschließend lege ich mein Handy in meinen Schoß, weil ihre Antwort sicherlich noch etwas auf sich warten lässt, und starre an die Decke meines Zimmers. War die wirklich schon immer so schrecklich weiß? Irgendwie wirkt sie langweilig, nicht so wie der Rest meines Zimmers. Ich hab nämlich, zum Leidwesen meiner Mutter, meinen nicht vorhandenen künstlerischen Fähigkeiten freien Lauf gelassen und mich an jeder noch so winzigen Stelle für alle Zeit verewigt. Mit Farbklecksen, mehr oder weniger geistreichen Sprüchen und gekritzelten Comicfiguren. Hin und wieder findet man sogar eine verkrüppelte Version von Zorro aus One Piece, einer von vielen Lieblingscharakteren, die ich habe und die über die Jahre immer mehr wurden. Da wäre zum Beispiel noch- OH. In meinem Schritt vibriert es und ich schnappe mir erst mein Handy, als die Vibration aufgehört hat. Mit dem Gedanken, dass die Nachricht von Sophie ist, hat diese Kleinigkeit auch einen leicht erregenden Effekt … heh. Es kribbelt.

Sophie:

»Das geht nicht. Hast du vergessen? Wir schreiben morgen Mathe und ich denke, du solltest lieber dafür lernen.«

Und schon ist jeder Hauch von Erregung verschwunden. Mathe … ein schrecklicher Lustkiller. Sophie ist wirklich herzlos. Sie lässt nicht zu, dass ich mich in Fantasien mit ihr verlieren kann. Und obendrein erinnert sie mich auch noch an die Mathearbeit, die ich bis eben erfolgreich verdrängt hatte. Jetzt sind fehlende Hausaufgaben das kleinere Problem. Toll. Total doof, echt.

Bastian:

»Ach komm schon, nur für ’ne Stunde, oder so?«

Schadet ja nicht, wenn ich mein Glück erneut versuche, oder? Außerdem bin ich niemand, der schnell aufgibt. In dieser Hinsicht zumindest. Manchmal muss man hartnäckig sein, um zu bekommen, was man will. Und mit Sophie hier auf meinem Bett zu liegen, sie in meinem Arm zu halten, über ihren Rücken zu streicheln und vielleicht endlich mal ein wenig zu knutschen, sind bei weitem die besseren Aussichten, als für Mathe zu büffeln. In meiner Vorstellung hängen unsere Lippen ständig aneinander. Pausenlos. Doch in der Realität …

Sophie:

»Sorry, aber die Arbeit morgen ist wichtig. Die zählt angeblich zu 20 % in die Endjahresnote mit rein! Aber musst du wissen, ist ja deine Note …«

Na super. Genau das musste sie ja jetzt sagen. Als ob meine Mutter mir nicht schon genug Druck macht. Nope, meine eigene Freundin schlägt sich auch noch auf ihre Seite.

Na schön, wenn es denn unbedingt sein muss, stehe ich halt auf und suche nach den letzten Aufzeichnungen aus dem Matheunterricht. Ein loses Blatt nach dem anderen gleitet durch meine Finger, ehe es unbeachtet auf einem Stapel auf der Seite landet. Das ist alles nutzlos! So ’ne verfickte Scheiße, das wird eine Katastrophe, wenn mir nicht bald etwas einfällt, was mir morgen den Arsch rettet. Ich meine, ich kann für Mathe ja nicht einmal versuchen, einen vernünftigen Spicker zu schreiben, weil ich den Stoff ohnehin nicht verstehe. Ich bin hoffnungslos verloren, ohne Witz, ey.

Stöhnend und leider auch ziemlich entmutigt lasse ich mich zurück auf mein Bett fallen. Die Vibration einer neu eingehenden Nachricht kommt mir da ganz gelegen. Ablenkung von dem bevorstehenden Horror ist genau das, was ich jetzt brauche. Zum Glück habe ich Freunde wie Florian aka Flo, der immer da ist, wenn ich ihn brauche. Schon seit der Grundschule. Er hatte damals die rote Power-Ranger-Actionfigur, ich die gelbe, und zusammen waren wir damit ein unschlagbares Team. Quasi der Beginn einer echten Freundschaft.

Flo:

»Hast du ihn?«

Ich seufze niedergeschlagen, bevor ich anfange zu antworten. Flo war es, der mich auf die Idee gebracht hat, die Briefe vor meinen Eltern zu verstecken. Hat die letzten zwei Male auch super funktioniert. Nur heute nicht.

Bastian:

»Nein … Meine Mum war schneller.«

Flo:

»Scheiße!«

Bastian:

»Das kannst du laut sagen. Sie hat eben eine Riesenszene gemacht!«

In allen Einzelheiten berichte ich Florian von dem Ausbruch meiner Mutter, während er mich zwischenzeitlich mit einem ganzen Haufen Mitleid überschüttet. Bester Freund eben!

Bastian:

»Ehrlich, ich glaub, ich kann froh sein, dass sie mir nicht auch noch mein Handy weggenommen hat!«

Flo:

»Stimmt … oh Mann, das ist echt dumm gelaufen heute. Wie geht’s denn jetzt weiter? Wirst du dir jemanden suchen?«

Unwillig verziehe ich das Gesicht.Darüber habe ich nämlich noch gar nicht nachgedacht. Will ich auch jetzt noch nicht. Weil, fuck Mann, Nachhilfe ist scheiße! Das wird so unfassbar viel Zeit fressen. Es gibt immerhin tausend Dinge, die ich lieber tun würde. Vor allem mit Sophie und natürlich auch mit Flo, die dann beide definitiv darunter leiden würden.

Bastian:

»Keine Ahnung, Mann. Ich hab keine Lust, meine wertvolle Zeit mit ätzender Nachhilfe zu verschwenden. Aber so wie Mum heute ausgetickt ist, bleibt mir nichts anderes übrig. Wie wär’s … kannst du dich nicht opfern und so tun, als würdest du mir Nachhilfe geben?«

Ich finde, das isteine brillante Idee!

Flo:

»Sorry Bro, aber das checkt deine Mum doch sofort und wenn das passiert, will ich ganz bestimmt nicht in der Nähe sein.«

Ach verdammt! Leider kann ich ihm da nur zustimmen. So schön der Gedanke auch war, es würde nicht funktionieren. Dafür kennt uns meine Mutter zu gut. Sie würde von Anfang an wissen, dass wir beide keine einzige Vokabel lernen, selbst wenn sie jegliche Technik aus meinem Zimmer verbannt, mit der wir uns sonst immer die Zeit vertreiben. Flo und ich würden mit Sicherheit auch ohne Playstation irgendeine Beschäftigung finden. Hauptsache, sie hat nichts mit Schule zu tun. Ich würde sogar freiwillig mit ihm Mensch-ärgere-dich-nicht spielen oder Mau-Mau.

Bastian:

»Hast ja recht … das ist alles so beschissen!«

Florian stimmt mir zu, beteuert noch, dass er jetzt echt nicht in meiner Haut stecken wollen würde, und dann verabschieden wir uns, weil er von seiner großen Schwester genötigt wird, mit den Hunden rauszugehen, was das Schreiben am Handy leider etwas schwierig macht. Klasse.

Und nun? Was mache ich jetzt? Um schlafen zu gehen, ist es noch zu früh. Zum Lernen fühl ich mich allerdings auch nicht in der Lage. Meine Laune ist ohnehin schon auf dem Nullpunkt, das muss nicht noch schlimmer werden. Also Ablenkung, auf andere Gedanken kommen, das wäre jetzt genau das Richtige. Automatisch wandert mein Blick zu meinem Fernseher. Netflix wäre eine Option. Florian hatte neulich von so einer neuen Serie erzählt, die ziemlich witzig sein soll. Ich könnte definitiv etwas zum Lachen gebrauchen. Andererseits, wenn meine Mutter hört, dass der Fernseher läuft, dann …

Prompt schüttle ich den Kopf und verwerfe diesen Gedanken. Ich will sie jetzt ganz sicher nicht noch mehr reizen. Alternativ schnappe ich mir meinen Laptop und die Kopfhörer, die daneben liegen, und gehe zurück zum Bett. Mein Laptop landet auf meinem Schoß und während er hochfährt, entwirre ich die Kabel meiner Kopfhörer. Dass die sich ständig so verheddern und verknoten müssen. Keine Ahnung, warum das passiert, aber jedes Mal, wenn ich sie in die Hand nehme, habe ich Kabelsalat.

Als Erstes suche ich den Ordner mit den neuen Musikdateien heraus, die ich von Florian bekommen habe, und klicke sie an. Mit der passenden Musik im Ohr surfe ich anschließend ziellos durchs Internet. Verfolge flüchtige Gedanken, die mich dazu bringen, den letzten DSDS-Sieger zu googeln, den neuesten Promitratsch nachzulesen und mir ein paar lustige Videos anzusehen. Da gibt es Leute, die versuchen ernsthaft, Kreditkarten mit der Stirn zu fangen. Also ehrlich, wie bescheuert ist sowas? Dass das bei ausnahmslos allen ein schmerzhaftes Ende nimmt, ist kaum verwunderlich. Aber es ist witzig anzusehen und es bringt mich immerhin zum Lachen. Ob ich Florian eventuell auch dazu überreden könnte? Allerdings würde das am Ende bedeuten, dass ich durch diesen Blödsinn ebenfalls Kopfschmerzen haben werde. Ich sollte da vielleicht nochmal gründlich drüber nachdenken und keine voreiligen Entscheidungen treffen.

Eine halbe Stunde später scrolle ich mich im Internet durch eine Vielzahl an Bildern über Gitarren, die mein Herz ein klein wenig schneller schlagen lassen. Ich brauche eine. Definitiv. Das ist das Einzige, was mir derzeit – neben Knutschen mit meiner Freundin – definitiv fehlt. Am liebsten hätte ich direkt eine, die so richtig geilen Sound hat. Das wäre ein Traum. Ich stell mir das so gut vor. Ich, Sophie an meiner Hand und die Gitarre über meiner Schulter, schlendern durch die Stadt, bis zu einem Parkhaus oder einer Brücke, so wie die heißen Typen in ihren Musikvideos. Dann fange ich an zu spielen. Sie himmelt mich an, weil ich natürlich unwiderstehlich cool aussehen werde, und am Ende schweben ihre Lippen ganz nah vor meinen. Oh ja, ich brauche eine, auch wenn ich von dem einen Exemplar, das ich gerade ins Auge gefasst habe, mit seinen über 4000 Euro, richtig Schnappatmung bekomme. Sind die denn verrückt? So viel? Das krieg ich doch im Leben nicht zusammen. Na, vielleicht wäre eine ganz einfache, klassische Akustikgitarre für den Anfang eine Option. Die sind zumindest erschwinglich. Ich müsste halt sparen, weil ich meine Eltern gar nicht erst fragen brauche. Sie haben mir vor zwei Jahren schon ein Keyboard gekauft, weil ich unbedingt eines wollte. Nach vier Wochen stand das leider in einer Ecke, weil ich nicht in der Lage war, mit meinen Fingern den leuchtenden Tasten zu folgen. Das war einfach immer zu schnell für mich. Aber dieses Mal geht es ja auch nicht um Tasten, sondern um Saiten. Das liegt mir bestimmt mehr. Zupfen statt drücken, klingt doch viel einfacher.

Ein kleines Problem bleibt jedoch. Der Kostenpunkt einer Gitarre, selbst wenn ich mich auf eine normale Standardausführung beschränke, übersteigt leider meinen derzeitigen Finanzstatus, und damit sind wir wieder bei meinem Ausgangsproblem.

Nachhilfe.

Das ist so mies. Es drückt meine Stimmung auch gleich wieder nach unten. Dennoch halte ich mit einem sehnsüchtigen Gesichtsausdruck für einen Moment an der schönen Vorstellung fest, ehe ich die Musik ausstelle, den Laptop herunterfahre und mich in mein Bett fallen lasse. Und nebenbei hoffe ich, dass ich meine Mum morgen früh dazu überreden kann, mir doch bitte eine Entschuldigung zu schreiben, weil ein einziger Nachmittag leider nicht ausreicht, um mir den Stoff eines halben Jahres in den Kopf zu prügeln. Selbst wenn ich es ernsthaft versucht hätte. Im Zweifelsfall habe ich halt einfach ganz schreckliche Bauchschmerzen.

Meine Mum macht mir am nächsten Morgen einen dicken, fetten Strich durch meinen genialen Plan. Sie ist eine Hexe! So eine gottverdammte Hexe, da sie aus unerfindlichen Gründen schon wusste, dass wir heute diese bescheuerte Arbeit schreiben. Sie hat mich sogar trotz perfekt vorgetäuschtem Würgen und Husten in ihr Auto gesetzt und bis vor das Schultor gefahren, wo ich jetzt mit finsterem Blick stehe und auf die Zeiger meiner Armbanduhr starre. Nicht mehr lange und der ätzende Höllentag beginnt. Um ganz genau zu sein, habe ich noch exakt fünf Minuten, um ins Gebäude zu gehen, den dritten Stock gerade noch pünktlich zu erreichen und das Klassenzimmer zu betreten. Das Stundenklingeln zeigt mir deutlich, dass ich gewohnt unpünktlich ankommen werde, und auch wenn ich weiß, welche Folgen es haben wird, beschleunige ich meine Schritte nicht. Jetzt ist es auch egal. Zu spät ist immerhin zu spät.

Mein rechtes Ohr liegt dicht an der Zimmertür, aber alles, was ich höre, ist … nichts. Totenstille. Angespannt kaue ich dabei auf meiner Oberlippe herum und lege nur zögerlich meine Finger auf die Türklinke. Vielleicht schaffe ich es ja, mich ganz unauffällig hineinzuschleichen und auf meinen Platz zu setzen? Ha, dummer Gedanke.

Mein Mathelehrer hat es natürlich sofort gemerkt, als ich die Tür einen Spalt breit geöffnet habe. Ich schlucke und verziehe meinen Mund zu einem schiefen Grinsen. »Guten Morgen, ich … Entschuldigen Sie, aber mein Bus hatte …«

»Spar dir die Ausreden«, unterbricht er resigniert mein Gestammel, ehe er einen Schritt zur Seite geht. »Es ist noch genug Zeit, setz dich und fang an«, sagt er und drückt mir im Vorbeigehen mein Arbeitsblatt in die Hand. Es wirkt nicht so, als würde er sehr viel von mir erwarten. Tatsächlich glaube ich sogar, dass er mich überhaupt nicht leiden kann. Aber mir egal, das beruht nämlich auf Gegenseitigkeit.

»Danke«, murmle ich noch und begebe mich dann zu meinem Platz ganz hinten in der letzten Reihe. Zum Glück schaut mich keiner meiner Mitschüler an. Sie scheinen dafür alle viel zu sehr in die Mathearbeit vertieft zu sein. Hochkonzentriert sind die, als ob sie genau wüssten, was sie tun. Reines Wunschdenken. Unser Mathelehrer ist ein richtig fieses Aas! Der sucht immer die schwierigsten Aufgaben raus.

Die Einzige, die für einen kurzen Moment aufsieht, ist Sophie. Als ich an ihrem Tisch vorbeikomme, sieht sie mir direkt in die Augen und ihr Blick jagt mir sofort einen eisigen Schauer über den Rücken. Ihre stechend blauen Augen verfolgen mich einen Moment, dann schüttelt sie mit dem Kopf. Verdammt, ich hab ja schon längst ein schlechtes Gewissen und Magenschmerzen und vielleicht sogar Durchfall – das volle Programm eben, weil ich längst weiß, dass das hier nichts wird.

Alle Zahlen, Striche, Gleichungen, die ich auf das Arbeitsblatt schreibe, sind von mir frei erfunden und nichts weiter als ein stümperhafter Versuch, vielleicht durch Zufall wenigstens ein paar Punkte zu bekommen. Aber sehr viel Hoffnung habe ich da nicht, und mit jeder Minute, die vergeht und mir die Zeit raubt, noch sinnvolle Lösungen auf dieses beschissene Papier zu schreiben, wird die Stimme meiner Mutter lauter und drohender. Sie schallt vernichtend durch meinen Kopf.

»Gleich morgen suchst du dir jemanden, der dir Nachhilfe gibt, sonst kannst du dein Taschengeld für das nächste halbe Jahr vergessen!«

Nachhilfe

Mir ist schlecht. So richtig kotzübel.

Mein verhasster Mathelehrer sammelt die Arbeiten ein. Reihe für Reihe geht er von einem Schüler zum nächsten. Mit jedem Schritt, den er geht, wird mir unwohler. Mein Hals schnürt sich zu, ich kann kaum atmen. Meine Handflächen fangen an zu schwitzen. Mein Versagen liegt quasi vor mir und wartet jetzt nur noch darauf, von ihm mit einer fetten roten Sechs belohnt zu werden. Wundervoll, eine wirklich großartige Aussicht.

Nachdem Florian eine Reihe vor mir sein Arbeitsblatt übergeben hat, wirft er mir einen fragenden Blick zu. Ich schüttle nur resigniert den Kopf, bevor ich auf das lückenhaft bekritzelte Papier blicke, das ich dem Lehrer reiche, sobald er vor mir steht. Ich verzichte absichtlich darauf, nochmal aufzusehen. Ich weiß auch so, was er von mir und meinen Leistungen hält, da brauche ich ganz sicher keine Bestätigung für. Ich warte noch, bis er wieder verschwunden ist, ehe ich mein Schreibzeug in meinen Rucksack schmeiße und dann ungeduldig die letzten Sekunden bis zur Pause abwarte.

»Das war ein einziges Fiasko«, stöhne ich Flo entgegen, nachdem uns das Pausenklingeln endlich aus der Stunde erlöst hat.

»So schlimm?« Das fragt er ernsthaft? Auf meinen fassungslosen Blick zuckt er jedoch nur mit den Schultern. »Ich fands okay, gab schon schwierigere Arbeiten als die heute.« Er übergeht mein Grummeln und genehmigt sich auf dem Weg nach draußen erstmal einen Schokoriegel. Er hat ja keine Ahnung!

»Ja, schön für dich«, brumme ich. »Du hättest mir echt mal ein paar Antworten zuschieben können«, murre ich, obwohl ich eigentlich weiß, dass das nicht fair ist. Florian weiß das auch. »Du Witzbold, wie hätte ich das machen sollen? Der Baumann hat dich doch keine Sekunde aus den Augen gelassen.« Verzweifelt raufe ich mir die Haare und stöhne auf. »Ich weiß ja, sorry Mann! Mir ist auch klar, dass du nichts dafür kannst, dass ich den Stoff bei ihm nicht verstehe.« Seit dem Lehrerwechsel vor einem Jahr geht es bei mir in Mathe stetig bergab. »Ich hab auch ehrlich gesagt keine Ahnung, wie ich das wieder ausbügeln soll. Ich kann schlecht ’nen Vortrag halten wie in Geschichte, um ’ne gute Note zu kriegen.« Flo nickt. Mal ganz davon abgesehen, dass Vorträge auch nicht ganz oben auf der Liste von Dingen stehen, die ich gut kann.

»Vielleicht hilft es, wenn du mal mit dem Baumann sprichst? Möglicherweise kann er dir Einzelunterricht in Stochastik geben?«, schlägt Flo kauend vor. Davon halte ich allerdings gar nichts.

»Bist du verrückt? Ich würde lieber einen Kochkurs mit meiner Mum besuchen, bevor ich freiwillig mit dem Baumann Extrastunden mache«, wehre ich ab. Das ist wirklich mit Abstand das Letzte, was ich will. Vorher geh ich zum Direx und frage den, ob der mir weiterhelfen kann. Mit dem lässt sich wenigstens hin und wieder vernünftig reden, auch wenn der sicherlich auch nicht mein größter Fan ist. Nicht grundlos, aber das ist ein anderes Thema.

Das Ende vom Lied ist, dass ich mir mit meiner schlechten Laune nur die Pause versaue. Florian sind nach kurzer Zeit schon alle aufbauenden Worte ausgegangen und nicht einmal Sophie kam zu mir, um mich wieder aufzumuntern. Im Gegenteil, sie bestraft mich zusätzlich noch mit Missachtung, die meinen Stimmungspegel noch weiter in den Minusbereich sinken lässt. Aber letztendlich ist das auch ein ausschlaggebender Faktor dafür, dass ich beschließe, etwas zu ändern. Ganz gleich, wie sehr ich Lernen verabscheue, die Idee mit dem Direx geht mir irgendwie nicht mehr aus dem Kopf.

Ich kann noch immer nicht fassen, dass ich es tatsächlich gemacht habe. Ehrlich, den blöden Gesichtsausdruck des Schulleiters werde ich jetzt ewig nicht mehr los. Der kennt mich leider viel zu gut, weil ich viel zu oft bei ihm im Büro sitze. Wenn man mich fragt, dann immer nur wegen nicht erwähnenswerter Kleinigkeiten. Aber die Erwachsenen machen aus jeder Mücke direkt einen Elefanten. Nervig. Na, jedenfalls hat er nicht glauben können, dass ausgerechnet ich nach einer Nachhilfe suche, aber welche Wahl habe ich schon? Schließlich brauche ich mein Taschengeld. Schon allein, um Sophie hin und wieder mal auf ein Eis einzuladen. Oder ins Kino. Was aber nicht geht, wenn meine Mutter mir den Geldhahn abdreht. Außerdem könnte ich dann nicht mehr für mein neues Hobby sparen. Es wird zwar nicht leicht, immer etwas abzuzweigen, aber ich hab mir da was überlegt. Jeden Monat mindestens fünfzehn Euro, dann hab ich in einem Jahr mein Ziel erreicht, auch wenn meine Mutter spätestens nach den ersten Spielversuchen genervt auf der Matte stehen wird. Ich kenn sie dahingehend genauso gut wie meine musikalischen Fähigkeiten, aber was nicht ist, kann ja noch werden. Und eine eigene Gitarre zu besitzen und darauf zu spielen, reizt mich mehr denn je. Und vor allem sieht man damit viel cooler aus als mit einem Mathebuch … Wenn diese Nachhilfe also meine einzige Chance ist, das Geld anzusparen, dann muss ich da wohl jetzt durch.

Allerdings find ich es unfassbar bescheuert, jetzt hier wie blöde durch das Schulgebäude zu laufen und nach diesem … wie hieß der noch gleich – Professor Dr. Brunner, genau – zu suchen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich diesen Lehrer noch nie zuvor gesehen habe, hat mir der Direx auch keine wirklich gute Wegbeschreibung gegeben. Nebengebäude hat er gefaselt. Hochschule, durch den gläsernen Verbindungstrakt, der neben der Cafeteria die einzige Möglichkeit bietet, von der Sekundarschule in die Hochschule zu kommen, und dann zum Raum N302 … toll.

Da gibt es nur ein Problem. Ich bin keiner dieser oberschlauen Hochschultypen, die nur mit diesen modernen Hightech-Schlüsselkarten in das neue Gebäude dürfen. Dementsprechend ratlos stehe ich nun also vor dieser Tür. Dickes, einbruchssicheres und vermutlich sogar lasergeschütztes Panzerglas schirmt mich von einem ordentlichen, sauberen Flur ab.

Ich wette, die leben da drin voll keimfrei und steril, so isoliert wie die sind. Wenn ich das mit unserem Schulgebäude vergleiche … bemalte Flure, dauerhaft überflutete Toilettenräume, kein Tisch ohne Kritzeleien und nicht zu vergessen natürlich die zahlreichen Kaugummis, die unter jedem Stuhl kleben. Was soll ich sagen? Wir haben eindeutig die bessere Schulzeit, oder nicht?

Tja, aber mein Seufzen und Anstarren der Tür löst nicht mein Problem. Sie bleibt geschlossen. Drecksding. Bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als auf das Stundenende zu warten. Und das, obwohl ich schon längst zu Hause sein könnte. Diese Intelligenzbolzen der Hochschule haben nämlich immer länger, als ob sie nur fürs Lernen existieren würden. Wo haben die da noch Zeit für Spaß? Mal im Ernst, ich würde viel lieber dreimal am Tag ins Kino gehen, als da drin zu hocken und Klausuren zu schreiben.

Keine Ahnung, wie lange ich hier stehe und warte, aber irgendwann reißt mich ein Piepen, das von der Tür kommt, aus meinen Gedanken. Dabei habe ich gerade so wunderbar vor mich hingedöst und in meiner Fantasie Sophie bewundert, die mit ihrem knappen Röckchen, das sie neulich getragen hat, vor mir getanzt hat. So aufreizend, grazil und … OH – beinahe hätte ich die Chance verpasst, durch die nun offene Tür zu gehen. Gesagt, getan, und sofort strömt mir ungehemmt der Geruch von neuer Farbe und Desinfektionsmittel in die Nase. Hah, ich hab’s doch gewusst. Die kleinen Pisser haben schlichtweg Schiss vor Keimen.

Meine Schritte werden langsamer, je weiter ich in das Gebäude vordringe. Immer mehr Leute kommen mir entgegen und werfen mir komische Blicke zu. Ja verdammt, ich verpeste eure heiligen Hallen mit meiner Dummheit, Idioten. Als ob mir mein Notendurchschnitt auf der Stirn steht … So sehen sie mich jedenfalls an. Aber vielleicht liegt das auch an meiner lässigen Kleidung. Ich trage eine locker geschnittene blaue Chinohose, die ihre besten Tage bereits hinter sich hat, und ein weißes Shirt, das ich mir vor zwei Jahren auf einem Festival gekauft habe und das definitiv nicht mehr so strahlend weiß ist wie am Anfang. Aber es sieht cool aus. Verdammt cool! Nur falle ich damit eben aus deren überpeniblem Muster. Sie tragen … Jacketts. Enge, figurbetonte Jacketts mit Hemd und Kragen und … Himmel nochmal, das ist abartig und so … so schwul irgendwie.