Roadtrip into your heart - Lisa Foxx - E-Book

Roadtrip into your heart E-Book

Lisa Foxx

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Beschreibung

»Ich steh auf Männer!« Ein Satz, der für Lucas alles verändert. Seine Gefühle, sein Leben, sogar die jahrelange Freundschaft zu Samuel, die auf einmal ungeahnte neue Wege einschlägt. Wer hätte gedacht, dass Samuel plötzlich Interesse an Lucas Sexualität zeigt? Und dafür sogar alles aufs Spiel setzt. Vor allem aber die Liebe zu seiner Freundin, denn als Samuel und Lucas einen gemeinsamen Road Trip durch Frankreich starten, werden einige Karten und vor allem ganz viele Gefühle neu gemischt. »Ich will einfach nur lieben, mit allem was dazugehört!«

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Lisa Foxx

Inhaltsverzeichnis
Titel
Impressum
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Epilog
Danksagung

© 2022 Amrûn Verlag

Jürgen Eglseer, Traunstein

Covergestaltung: Rei Lektorat: Julia Wilfert

Printed in the EU

ISBN TB 978-3-95869-465-1ISBN ebook 978-3-95869-505-4

Alle Rechte vorbehalten

Besuchen Sie unsere Webseite:

amrun-verlag.de

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.d-nb.de abrufbar.

v1/22

Für Julia

Meine Schreibschwester und Geschichtenretterin

Prolog

Fuck! Es ist 16:23 Uhr und ich bin so was von nervös. Ich weiß gar nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Eigentlich ist alles gut, wenn nicht sogar perfekt. Ja, meinetwegen, hier und da ist es ganz schön anstrengend, ständig aufpassen zu müssen, was ich sage. Es fängt bei Kleinigkeiten schon an.

Weich statt rau.

Zärtlich statt grob.

Sie anstelle von Er.

Gott, es ist wirklich lästig, aber das ist doch noch lange kein Grund, sofort alles zu beichten, oder? Shit!

Es ist 16:30 Uhr und ich laufe immer noch zentimetertiefe Gräben in den Parkweg, nur weil ich der Meinung bin, dass es langsam mal an der Zeit ist, meinem besten Freund endlich die Wahrheit zu sagen. Scheiße. Richtig, richtig scheiße. Vielleicht hätte ich doch lieber noch länger drüber nachdenken sollen. Oder mir möglicherweise erst noch die richtigen Worte zurechtlegen sollen. Immerhin ist das hier eine Sache, die man nicht einfach so zwischen Tür und Angel bespricht. Nein, da kann wahnsinnig viel schief gehen.

Lachanfälle.

Verachtung.

Okay, okay, es gibt sicherlich auch viele Dinge, die dafürsprechen. Aber mir würden genauso gut noch fünfzigtausend andere Gründe einfallen, warum es eine absolut bescheuerte Idee ist, sich jetzt zu öffnen.

Und ich hasse Veränderungen. Wenn ich jetzt sagen würde, was ich eigentlich wirklich langsam sagen sollte, dann könnte das eine ganze Reihe von Veränderungen nach sich ziehen. Und wenn ich ganz viel Pech habe, dann fallen diese nicht mal zu meinen Gunsten aus.

Scheißdreck.

16:41 Uhr und ausgerechnet jetzt läuft mir die Zeit davon, weil mein bester Freund gleich da sein wird. Plötzlich erscheinen mir die zwei Jahre, die ich schon mit mir kämpfe, nicht ausreichend genug. Ich will mehr Zeit. Noch ein kleines bisschen mehr Zeit, um noch einmal über alles nachzudenken, obwohl ich längst weiß, dass es nichts ändern würde. Selbst wenn ich mir noch ein paar Wochen, Monate oder Jahre nehmen würde, irgendwann stünde ich wieder hier und würde warten - auf meinen besten Freund.

Die ganzen Ausreden.

All die vorgegaukelten Frauengeschichten.

Ich will nicht mehr drüber nachdenken müssen, was ich sage. Ich will nicht mehr lügen. Aber am allerwenigsten will ich meinen besten Freund verlieren.

16:45 Uhr

Ich werde es sagen. Einfach und direkt.

Ein paar Worte und die Sache ist erledigt. Vielleicht geht er dann. Vielleicht schweigt er. Vielleicht lacht er auch und hält mich für einen Vollhonk, weil er glaubt, ich würde wieder einen meiner Scherze machen. Dabei ist es mir todernst, echt jetzt. Wenn Samuel mich stehen lässt, dann ... Oh Gott, ich will gar nicht soweit denken. Und zum Glück habe ich auch gar keine Chance mehr dazu, mir noch länger den Kopf zu zerbrechen. Sein schwarzer Wagen hält in der Seitenstraße, ganz in der Nähe der Parkbank, neben der ich stehe. Er steigt aus, ich lächle verhalten. Verdammt, mein Herz rast. Mit jedem Schritt, den er näher auf mich zukommt, droht es mir aus der Brust zu springen. Das ist nicht normal. Was soll denn schon Schlimmes passieren? Er wird mir wohl kaum den Kopf abreißen, richtig? Fuck!

»Hey, was gibt es denn so Dringendes? Ich habe leider nicht viel Zeit. Kyra und ich sind zum Essen bei meinen Eltern eingeladen«, sagt er mit dringlichem Blick auf seine Uhr. Kurz danach wirft er einen Flüchtigen nach hinten zu seinem Wagen und deutet mit erhobener Hand an, dass er nur ein paar Minuten braucht. Jetzt erkenne ich auch das Mädchen auf dem Beifahrersitz, von dem ich vorher gar keine Notiz genommen habe. Na toll, also doch eine Aktion zwischen Tür und Angel. Das Einzige, was ich wirklich nicht wollte, war genau das.

»Ja, dauert nicht lang«, verspreche ich, winke Kyra aus der Ferne kurz zu, was sie lächelnd mit einem Nicken erwidert, bevor sie sich wieder abwendet. Sie telefoniert. Ich versuche mich ebenfalls an einem Lächeln, als ich wieder zu Samuel sehe, auch wenn gerade alles in mir den Bach runter geht.

»Geht es dir nicht gut? Du siehst blass aus«, stellt er fest, doch ich schüttle den Kopf.

»Ne, alles bestens, es ist nur ... Keine Ahnung.« Da ist sie wieder. Diese nervenzerfetzende Ratlosigkeit, gepaart mit ganz viel Nervosität. Unruhig kratze ich mir den Nacken. Schreckliche Angewohnheit. Und noch dazu viel zu auffällig.

»Vielleicht setzt du dich lieber«, biete ich an, doch schon im nächsten Moment entscheide ich mich anders. »Nein, bleib lieber doch stehen.« Er hebt verwirrt eine Augenbraue an.

»Ist wirklich alles okay, Lucas?«, fragt er besorgt.

»Ja ... oder nein, eigentlich ... ach verdammt ...«, seufze ich entmutigt. Und es kommt sogar noch schlimmer, weil mir scheinbar nichts Besseres einfällt, als ausgerechnet meinem besten Freund einen hilfesuchenden Blick zuzuwerfen.

»Ist irgendwas Schlimmes passiert? Mit deiner Mutter?«

»Was? Nein, mit der ist alles super«, erwidere ich perplex.

»Okay, ich dachte schon ... Aber du bist dir sicher, dass alles okay ist? Du siehst nämlich nicht so aus«, sagt er, kann aber nicht ganz verbergen, dass er ein wenig ungeduldig wird. Was aber sicher nur an seinem Anschlusstermin bei seinen Eltern liegt.

Okay Lucas. Du hast zwei Optionen:

1. Sprich es einfach aus! Samuel wird es verstehen. Immerhin ist er dein bester Freund.

2. Brich ab. Vergiss die Sache, lass dir eine Notlüge einfallen und verkriech dich zu Hause, bis du neuen Mut gefunden hast für einen zweiten Versuch.

Ja, also … Option zwei fällt leider gleich wieder raus. Mein Kopf ist gerade eine riesige Baustelle. Tausend Satzfetzen schwirren darin herum, bis sie so sperrig im Weg liegen, dass von einer passenden Notlüge jede Spur fehlt. Großartig.

»Okay, das ... das ist etwas komplizierter«, beginne ich also zögerlich. Scheiße nochmal, ich hätte mir doch einen Zettel schreiben sollen.

»Ist in Ordnung, ich hör dir zu.«

»Ja ...« Ich nicke. Suche nach Worten, die mir nicht einfallen wollen. Wie sagt man so was denn am besten?

»Allerdings habe ich wirklich nicht viel Zeit. Wenn es dir grade so schwerfällt, sollten wir vielleicht einfach morgen darüber reden?«

»Morgen?«, wiederhole ich entsetzt. Morgen? Allein der Gedanke, dass ich dann nochmal all meinen Mut zusammenkratzen muss, um ihm so gegenüberzustehen ... Nein, Morgen ist definitiv keine Option mehr.

»Nein, es muss jetzt sein. Es ist nur ... nicht ganz so einfach, weißt du.« Mein Mund ist trocken, meine Hände schweißnass und mein bester Freund wirft einen genervten Blick über seine Schulter, bevor er erneut die Hand hebt und seiner Freundin deutet, dass es noch einen Moment dauert. Ja, Kyra, ich kann so was eben nicht einfach mal so freiheraus sagen. Unsere ganze Freundschaft hängt an meinen nächsten Worten.

»Okay, ich weiß nicht genau was gleich passiert. Vielleicht redest du kein Wort mehr mit mir, willst mich vielleicht nie wieder sehen, weil du es eventuell total abartig und eklig findest und glaub mir, ich hab mir das auch oft ganz anders gewünscht, vor allem am Anfang, aber jetzt ist es so und ich kann es nicht ändern«, fange ich an zu reden, wobei ich ihm nicht mal in die Augen sehen kann. Die ganze Zeit fixiere ich nur unsere Schuhe und den doofen Kiesboden.

»Ich versteh wirklich nicht was los ist, vielleicht ...«

»Okay, hör zu, ich … sag es jetzt einfach, ja?«, meine ich, woraufhin er bekräftigend nickt. Okay, dann los. Noch einmal tief einatmen und dann ...

»Ich steh auf Männer. So richtig. Und ich hatte seit unserem Abschlussball kein einziges Date mehr mit einer Frau. Ich bin schwul, und das nicht erst seit gestern.«

16:55 Uhr. Stille.

Ernsthaft, Samuel erwidert nichts. Er steht einfach nur vor mir, schweigend. Nicht einmal eine Regung in seinem Gesicht lässt er zu und ich ... ich traue mich nicht ihm direkt in die Augen zu sehen. Ach scheiße!

Das war‘s wohl.

Aus.

Vorbei.

Endgültig.

Fuck! Vielleicht hätte ich doch lieber meine Klappe halten sollen. Vielleicht ist Samuel nicht offen für sowas. Vielleicht weiß er auch nicht, wie er damit umgehen soll. Oder ich habe ihn gerade maßlos überfordert. Vielleicht ja auch alles gleichzeitig.

Wenn er sich jetzt einfach umdrehen und gehen würde - okay.

Wenn er jetzt sagen würde, dass wir so keine Freunde mehr sein können - okay.

Es wäre verletzend. Es wäre verdammt nochmal richtig beschissen, aber ich würde es akzeptieren können. Nur … Schweigen und gar keine Reaktion zeigen, das ist schlimmer. Er lässt mich in der Luft hängen. Da ist kein Boden mehr unter meinen Füßen und mein Hals fühlt sich so eng an, dass ich kaum atmen kann.

»Ähm ... Samuel?«, krächze ich vorsichtig und suche seinen Blick. Er sieht mich an. Ganz direkt - mit seinen tiefen, dunklen Augen. Auf seiner Stirn zeichnet sich ganz fein eine kleine Falte ab, als würde er nachdenken. Vielleicht über die Worte, die mir möglichst vernichtend, oder schonend, das Ende unserer Freundschaft vermitteln sollen. In diesem Moment fühle ich mich zum ersten Mal richtig elend. Hoffentlich macht er es schnell, damit ich mich für den Rest meines Lebens einigeln kann.

»Hm.« Ein Geräusch von Samuel, mit dem ich fast schon nicht mehr gerechnet habe. Seine typische Antwort auf alles. Mehr nicht? Was bitte soll ich damit anfangen? Oh mein Gott, vielleicht war das der Vorbote für ‚ich reiß dich gleich in Stücke‘, oder so? Oh Gott, mein Herz! Es schlägt so heftig, dass es beinahe wehtut.

»Das heißt, du hast mich angelogen, richtig?«, stellt er schließlich fest. Fuck, ja ... Ich kann es nicht mal abstreiten, nur schuldbewusst den Kopf senken und nicken.

»Das war alles gelogen? Die ganzen Geschichten? Die Eroberungen? Deine ... Experimente?«, fragt er weiter. Verdammt, wieso klingt er denn jetzt so nüchtern? Meinetwegen soll er wütend sein, schimpfen oder schreien, aber diese Gleichgültigkeit in der Stimme gefällt mir nicht.

»Nein, also ... nicht ganz«, verteidige ich mich und er zieht ganz leicht eine Augenbraue nach oben. Ich seufze. Jetzt wird es peinlich. Ich weiß genau, dass Samuel ein verdammt gutes Gedächtnis hat. Vermutlich habe ich über die Hälfte von dem, was ich damals alles getrieben habe, bereits wieder vergessen. Samuel nicht.

»Es stimmt alles, was ich dir erzählt habe. Nur waren es niemals Frauen. Es gibt keine einzige Geschichte, in der eine Frau vorkam«, gestehe ich leise.

»Hm. Der Blowjob auf der Herrentoilette?«, fängt er an zu fragen und mir wird heiß. Mein ganzer Kopf glüht. Scheiße. Samuel ist kein Freund. Er ist ein verfluchter Sadist. Ich nicke, oder soll ich besser den Kopf schütteln?

»Das war keine heiße Studentin, sondern ein Wirtschaftsstudent aus dem zweiten Semester«, gebe ich kleinlaut zu.

»Die Schwestern ...«

»Brüder ...«

»Und die geile Lesbe, die du klargemacht hast?« Uhh, dieses Erlebnis habe ich verdrängt. Ziemlich lange und auch sehr erfolgreich. Mir läuft direkt ein kühler Schauer über den Rücken. Das war damals so unfassbar unangenehm.

»Das war ein verheirateter Mann, dessen Frau uns erwischt hat, als wir grade richtig bei der Sache waren, und glaub mir, ich habe bis zu diesem Zeitpunkt wirklich nicht gewusst, dass er verheiratet war. Sonst hätte ich da nie mitgemacht«, erkläre ich.

»Hm«, macht er erneut und dann schüttelt er den Kopf. »Weißt du, ich hätte mit Vielem gerechnet, aber nicht damit«, sagt er und klingt unfassbar enttäuscht. Ich schlucke betroffen, ehe ich die Luft anhalte, weil Samuels angespannte Züge mich das Schlimmste ahnen lassen. Ich will nicht, dass es vorbei ist.

»Ich mag es nicht, belogen zu werden«, bemerkt er verletzt, während ich reumütig meinen Blick senke. »Schon gar nicht von dir.« Ich weiß. Ich weiß das schon mein ganzes Leben lang. Und doch konnte ich nicht anders.

»Ich weiß«, erwidere ich deshalb kleinlaut.

»Ich hasse es«, bekräftigt Samuel.

»Ich weiß. Es tut mir auch schrecklich leid, wirklich. Ich wusste einfach nicht, was ich tun sollte.«

»Weil du ein Idiot bist.« Er seufzt leise und fährt sich einmal durch die Haare, als würde ihn das Ganze mehr mitnehmen, als er zeigen will.

»Ein schwuler Idiot.«

»Hm.« Samuel schnaubt und dann, gerade als ich mir einbilde, dass auf seinen Lippen so was wie ein Schmunzeln entsteht, ertönt hinter uns ein Hupen. Kyra ... Verdammt. Dabei weiß ich doch noch gar nicht, wie es jetzt weitergehen soll.

»Ach Mist, ich muss wirklich los«, meint Samuel, bewegt sich aber keinen Millimeter.

»Okay.« Nein. Nichts ist okay. Es gibt noch so viel, was ich wissen muss!

»Also … wir sehen uns«, sagt er und will sich doch tatsächlich umdrehen und zu seinem Auto zurückgehen. Shit.

»Warte«, keuche ich und halte ihn kurzentschlossen am Handgelenk zurück. »Ändert das jetzt was zwischen uns?« Meine Stimme klingt fremd. Irgendwie seltsam, weil ich mich selbst so noch nie gehört habe.

»Was sollte sich schon ändern?«, erwidert er jedoch und zuckt leicht mit den Schultern. Es gibt so vieles, was es verändern könnte. In den letzten Wochen sind mir tausende Szenarien durch den Kopf gegangen. Eines schlimmer als das Andere.

»Verdammt, Samuel. Du bist mein bester Freund. Ich will, dass das so bleibt. Auch wenn ich gelogen habe. Und egal, was ich fühle. Ich will weiterhin mit dir Zeit verbringen dürfen. Und mit dir endlich über alles reden können. Alles, verstehst du? Ohne Lügen zu müssen. Ich will zu dir kommen können, wenn‘s mir scheiße geht und ich will neben dir schlafen dürfen, wenn ich beim Feiern übertrieben habe. Meinst du, das geht?«

»Du bist echt ein Vollidiot«, schmunzelt er. »Ich denke ...« Erneutes Hupen, fast schon ohrenbetäubend laut. Ach Kyra, ich mag dich, aber gerade bist du keine Hilfe.

»Ich muss jetzt wirklich, bevor meine Mutter anruft und fragt, wo wir bleiben, sorry. Aber wir sehen uns morgen, okay? Um 18 Uhr bei mir, wie immer. Du besorgst das Bier«, sagt er noch, ehe ich mich nicht mehr halten kann und ihm in die Arme springe. Innerhalb von Sekunden fällt die ganze Anspannung von mir ab. Und Samuel reagiert wie immer. Es ist alles genau wie immer.

Haltung etwas verkrampft. Reserviert. Ganz leichtes Streicheln seiner Hand über meinen Rücken, bevor er mich mit einem Kopfschütteln von sich schiebt.

»Tz, Idiot«, sagt er schmunzelnd und ein befreites, warmes Gefühl erfüllt meine Brust. »Als würde sich dadurch jemals etwas zwischen uns ändern.«

1 – Männerabend

Es ist Freitag, vier Wochen später und fünf Minuten nach halb sechs, als ich meinen Stammkiosk mit Bier und Chips für den restlichen Abend wieder verlasse.

Mir geht es gut. Ich fühle mich super und bin noch immer unglaublich erleichtert. Meine gute Laune habe ich definitiv Samuel zu verdanken. Samuel ist nämlich der Beste, weil er recht hatte. Es hat sich nichts zwischen uns geändert. Alles ist wie immer. Total normal. Keine komischen Blicke, kein merkwürdiges Wegzucken, wenn ich ihn mal berühre - was tatsächlich immer noch sehr häufig vorkommt, obwohl ich durchaus versucht habe, das etwas einzuschränken - und neulich hat er mir sogar kommentarlos beim Flirten zugesehen. Samuel ist und bleibt eben der Beste. Ich finde, da darf man ruhig voller Vorfreude die Treppen zu seiner Wohnung nach oben hüpfen und enthusiastisch auf die Klingel drücken. Eine Sekunde, zwei Sekunden ... drei ... und die Tür öffnet sich.

»Hallo Lucas«, begrüßt mich Kyra mit einem bezaubernden Lächeln. Meins ist mir jedoch gerade etwas verrutscht, weil ... Kyra? Ich habe eigentlich nicht mit ihr gerechnet. Es ist doch Freitag! Unser Freitag. Männerabend-Freitag! Frauen sind da tabu, und das schon seit ... ja, seit der sechsten Klasse. Es ist jetzt nicht so, dass wir damals schon viel Frauenbesuch gehabt hätten - also eher gar keinen - aber das spielt keine Rolle, denn hier geht es ums Prinzip.

»Äh, hi Kyra«, erwidere ich verspätet, aber freundlich. Ich weiß nicht so recht, was ich jetzt sagen soll. Es ist noch nie vorgekommen, dass sie bei einem unserer Freitagstreffen anwesend war. »Gut siehst du aus.«

»Danke, du aber auch. Wir haben uns lange nicht gesehen, oder?«, sagt sie und zupft mit den Fingern kurz an meinem Hemdkragen herum, bevor sie ihre Hand flach auf meine Brust legt und den Stoff etwas glättet. Ach Mist, ich hätte wohl das Hemd vorher bügeln sollen.

»Joa, kann sein. Ein paar Wochen waren es schon, oder?« Ist sie deshalb heute hier? Weil wir lange keinen Kontakt hatten? Denkt sie, sie würde etwas verpassen? Das ist doch Blödsinn.

»Wohl eher zwei Monate. Und nein, der kurze Moment neulich im Park zählt nicht, da habe ich dich nur von Weitem gesehen.« Stimmt, da hat sie wohl recht. Aber das ist doch kein Grund heute hier zu sein. Also … es ist nicht so, dass ich ein Problem mit ihr habe, nur ... es ist einfach anders, wenn sie dabei ist. Nicht so locker und entspannt.

»Also was ist jetzt? Willst du hier im Flur Wurzeln schlagen oder reinkommen?«, fragt sie amüsiert und geht zur Seite.

»Äh nein, also klar, ich meine ja.« Kyra kichert leise und ich gehe langsam an ihr vorbei in den Flur. Kyra schließt hinter mir noch die Tür, während ich schon dabei bin meine Schuhe auszuziehen.

Samuel hockt im Wohnzimmer vor der PlayStation und begutachtet ein paar Spiele, was mich dann doch irgendwie hoffen lässt, dass der Abend nicht so eintönig verlaufen wird. Zocken mit Kyra? Hah, ich glaube, da verlässt sie nach zehn Minuten freiwillig das Haus, echt jetzt.

»Hey«, mache ich auf mich aufmerksam. Samuel sieht zu mir hoch, gleich darauf deute ich zurück in den Flur, wo ich Kyra zwischen Küche und Bad verloren habe. Meine Lippen formen stumm ihren Namen und Samuel schmunzelt leicht.

»Keine Sorge, sie verschwindet gleich«, flüstert er. Dann hält er zwei Spiele nach oben. »FIFA oder Tekken?«, fragt er knapp und ich deute mit einem erleichterten Lächeln auf das Linke.

»Ah, du willst also wieder verlieren, hm?«

»Von wegen, heute mach ich dich fertig. Ich hab nämlich trainiert, weißt du?«

»Hm, abwarten.«

Sein ‚Keine Sorge, sie verschwindet gleich‘ war voll für‘n Arsch, echt jetzt. Eine halbe Stunde später ist sie nämlich immer noch da und macht unnötige Kommentare zum Spiel. Außerdem verbessert es weder meine Konzentration noch meine Spielleistung. Denn das, was ich hier veranstalte, gleicht einer Katastrophe. Es ist ein wildes, unkontrolliertes Herumdrücken auf sämtlichen Knöpfen des Controllers. In einem Satz zusammengefasst: Ich bin am Verlieren!

»Oh, das war aber ein toller Trick«, bemerkt Kyra begeistert. Von wegen Trick. Es war eine fiese, absolut feige Attacke. Einfach von hinten angerannt kommen und mich durch die Luft schleudern ... das kann doch jeder Anfänger. »Samuel lässt dich ziemlich alt aussehen, was?«

»Hmpf.«

»Wolltest du nicht eigentlich los?«, mischt sich Samuel unerwartet ein, ohne den Blick vom Fernseher zu nehmen. Das klingt gut. Plötzlich scheint mein Gehirn wieder wach genug zu sein, um einen ganzen Haufen Endorphine auszuschütten. Sogar mein Lächeln ist wieder da und sieh mal einer an, auf einmal kann ich sogar wieder eine vernünftige Kombo-Attacke ausführen. Super Samuel, mach weiter so, damit ich dir endlich richtig den Arsch versohlen ... Oh, okay ...

»Jaja, gleich«, murmelt Kyra. »Sobald sie sich gemeldet hat.« Ach Mensch, warum kann sie nicht jetzt gehen? Freundschaft hin oder her, heute ist Männerabend.

»Oh, jetzt ... Das ging schnell. Sie steht schon unten.« Jetzt klingt sie doch tatsächlich überrascht.

»Wer?«, frage ich halbwegs interessiert.

»Anita. Wir wollten heute ins Kino und später noch etwas trinken gehen«, erklärt sie und ich nicke, konzentriere mich dann aber sofort wieder auf das Spiel und vor allem auf meine Abwehr.

»Viel Spaß«, meint Samuel. Im nächsten Moment stöhne und fluche ich laut, bin sogar kurz davor den Controller einfach wegzuschmeißen, weil ich gegen Samuel nicht mehr ankomme. Wie macht der das? Er ist vollkommen ruhig, aber hochkonzentriert und scheint immer genau im richtigen Moment die richtigen Knöpfe zu drücken, um mich durch sämtliche Ecken des Spielfeldes zu treten. Arschloch.

»Okay Jungs, ich sehe schon«, seufzt Kyra zwischen uns. »Gegen dieses Spiel habe ich gerade keine Chance, hm? Ich geh dann mal«, verkündet sie amüsiert und ich nicke, während Samuel zustimmend brummt.

»Jap, mach das.« Ich wage es für eine Sekunde, zu ihr zu sehen, um sie anzulächeln, und ärgere mich direkt darüber, weil Samuel dadurch genug Zeit hatte meinen Angriff abzublocken. Super. Samuel hingegen schweigt. Ich jetzt auch. Nur Kyra seufzt ein weiteres Mal auf. Im nächsten Moment merke ich, wie sich neben mir etwas verändert. Kyra bewegt sich. Auf dem Bildschirm landet mein nächster Angriff einen direkten Treffer und ich blinzle verwirrt. Wow! Samuel fliegt im hohen Bogen durch die Luft.

»Woaar, geil!«, bemerke ich und lege direkt noch eine Attacke nach. »Ich glaub´s nicht, ich gewinne.« Seltsamerweise erhalte ich keine Antwort. Als ich zur Seite sehe, weiß ich warum. Hätte mir klar sein müssen. Kyra hängt an Samuels Lippen und verwickelt ihn in einen langen, zunehmend intensiveren Kuss. Na prima. So habe ich mir meinen Sieg nicht vorgestellt. Es erscheint mir regelrecht unfair. Immerhin bedeutet es nichts, wenn Samuel derartig abgelenkt wird. Ach verdammt. Ich kann es selbst kaum glauben, dass ich das Spiel auf Pause stelle und einfach mal abwartend zusehe, wie Samuel seine Freundin küsst.

Okay. Das ist vielleicht minimal merkwürdig. Nicht eklig oder so. Auf keinen Fall. Aber eben halt merkwürdig, seltsam … anders. Und schon viel zu lang.

»Ähm, Sam … ich glaub, du bist gleich tot«, räuspere ich mich zaghaft und bin ganz absichtlich zweideutig. So wie Kyra ihm die Atemluft stiehlt, muss man ja auch langsam mal eingreifen. Nicht, dass er nachher wirklich noch umkippt.

»Hm«, seufzt er und schiebt Kyra tatsächlich von sich, die etwas pikiert zurück auf die Couch rutscht, ehe Samuel seinen Controller wieder in die Hand nimmt, die Pause beendet und mich mit zwei gekonnten Angriffen endgültig platt macht. Was zum … Fuck!

»Man Alter, ich war am gewinnen … wieso hast du …?«, springe ich aufgeregt hoch, doch Samuel schmunzelt nur. Ziemlich gemein. »Das hättest du wohl gern, hm?«, ist alles, was er sagt, während Kyra endlich mit einem Seufzen aufsteht. »Okay, Jungs, ich lass euch allein. Aber bleibt anständig«, kichert sie auf dem Weg in den Flur.

»Revanche«, zische ich und lasse mich wieder zurück auf Samuels Sofa fallen. Er grinst und nimmt erneut die Spieleinstellungen vor.

3 – 2 – 1 – Kampf beginnt.

Ich liege im Dreck.

Ich steh wieder auf – Samuel weicht aus – Ich fliege … Gott ist das ein beschissenes Spiel.

Egal wie sehr ich mich anstrenge, Samuel ist einfach immer besser als ich.

»Sag mal, Schätzchen«, ruft Kyra. »Hast du meinen Schlüssel irgendwo gesehen?« Hat sie gerade … Schätzchen gesagt?

»Samuel? Hast du gehört, was ich ...«

»Esstisch«, knurrt er, ohne den Blick vom Fernseher zu nehmen, während seine Finger geschickt, aber mit deutlich mehr Druck als zuvor, die aktuelle Runde beenden. Oh mein Gott. Samuel … Schätzchen … das ist mir neu! Ich muss mich grade echt zusammenreißen, um nicht laut zu lachen.

»Ah, stimmt. Hab ihn, danke«, sagt Kyra »Bis morgen. Und trink bitte nicht zu viel, ja?« Samuel erwidert nichts. Im Wohnzimmer herrscht Stille, jedenfalls solange, bis Kyra die Haustür hinter sich zuzieht.

»Alter … Schätzchen?« Ich kann es mir nicht verkneifen, das nochmal anzusprechen.

»Halt die Klappe«, zischt er warnend.

»Awww, Samuel, Schätzchen, jetzt sei doch nicht so«, ziehe ich ihn auf, weil es einfach zu gut ist. Seine Ohren sind rot.

»Lucas …«

»Oho, was ist denn, Schätzchen?«, frage ich mutig.

»Lass. Es.«

»Aaaach, aber Schätzchen, ich … Oh fuck, nicht. Ich hör schon auf, versprochen!« Eilig hebe ich die Hände vor meine Brust und atme erleichtert aus, als Samuel seine Faust, die meiner Schulter sehr nah war, wieder sinken lässt. »Okay, sorry«, werfe ich schlichtend ein, bevor er auf die Idee kommt, noch irgendwas nach mir zu schmeißen. Der Controller liegt nämlich schon verdächtig locker in seiner anderen Hand. »Aber wieso nennt dich Kyra neuerdings Schätzchen? Weiß sie nicht, dass du sowas nicht magst?«

»Doch.« Er seufzt leise. »Aber sie ignoriert es.«

»Nett. Und da ist ihr nichts anderes eingefallen?« Er beißt seine Zähne fest aufeinander, bevor er antwortet. »Doch.«

»Und?«, hake ich neugierig nach.

»Häschen«, nuschelt er schnell und ich weite die Augen.

»Echt jetzt?«

»Aber das hab ich ihr verboten. Genauso wie Schnurzelpurzel, Schnuckel und … eigentlich auch Schätzchen.« Aha!

»Okay, du tust mir leid, echt jetzt.« Und das meine ich wirklich so, auch wenn ich deswegen grinsen muss.

»Hm, willst du noch eine Runde?«, versucht er abzulenken und ich nicke. Dabei sollte ich langsam einsehen, dass ich in diesem Spiel niemals besser sein werde als er. Auch in den nächsten fünf Runden nicht.

Eine gute halbe Stunde später lege ich den Controller frustriert zur Seite. »Sag mal«, beginne ich, öffne das nächste Bier und reiche es an Samuel weiter. »Warum hat sie vorhin gemeint, dass du nicht so viel trinken sollst? Musst du morgen noch irgendwohin fahren? Habt ihr was vor?«

»Hm«, brummt Samuel und setzt seine Flasche an die Lippen, um demonstrativ lange davon zu trinken. »Nein«, erklärt er. »Aber sie ist der Meinung, das würde meine ‚Jungs‘ beeinträchtigen. Ihre Worte«, fügt er hinzu und deutet dabei auf seinen Schritt. Oh. Ohhh. Ich habe noch nie absichtlich auf den Schwanz meines besten Freundes gesehen. Und das auch aus gutem Grund. Immerhin ist es Samuel.

Und Samuel ist mein bester Freund.

Und besten Freunden guckt man nicht auf den Schwanz und auch nicht auf den Arsch. Niemals.

»Okay, aus welcher Klatschzeitung hat sie denn den Blödsinn?« Ich schlucke trocken, versuche mühsam meinen Blick wieder zu heben. Verdammt Lucas, jetzt hör sofort auf, in den Schritt deines besten Freundes zu starren!

»Hm, weiß nicht. Vielleicht aus der Bravo?«, kommentiert er nüchtern.

»Wie bitte? Die Bravo? Gibt es die überhaupt noch?«

»Keine Ahnung, du Idiot«, schmunzelt Samuel, drückt seine Hand gegen meinen Kopf und ich verstehe. Er hat mich verarscht, oder? Dieser Mistkerl.

»Mensch … dann sag sowas doch nicht«, murre ich und lehne mich zurück in die weichen Sofakissen.

»Hm.«

»Jup«, stimme ich einfach mal zu, gedanklich hänge ich aber noch bei seinen Worten. »Ähm, Samuel?«, fange ich langsam an und versuche bereits, die Gedanken in meinem Kopf zu einer vernünftigen Frage zu formulieren.

»Ja, Lucas?«

»Kann sein, dass ich doof bin, aber ... warum ist es denn wichtig, dass deine ‚Jungs‘ nicht beeinträchtigt sind? Eigentlich zählt doch nur, dass sie überhaupt da sind, oder nicht?« Ich komme mir wirklich blöd vor, das laut auszusprechen. Als würde es dafür eine plausible Erklärung geben, die mir nicht bewusst ist. Und mal davon abgesehen, geht mich das überhaupt etwas an?

»Naja, Kyra … sie will ein Kind. Also denke ich schon, dass es wichtig ist, dass sie auch funktionieren.«

»Ach so, ja, sie will … bitte was?« Hat er das wirklich gerade gesagt? Allem Anschein nach ja, denn er seufzt schon wieder so komisch, dann steht er auf und fischt seine Zigarettenschachtel aus der Hosentasche. »Kommst du mit?« Natürlich folge ich ihm auf den Balkon. Immerhin will ich wissen, was hier Sache ist. Kyra möchte ein Kind. Jetzt macht das Gequatsche über seine ‚Jungs‘ auch Sinn, aber so plötzlich? Vor einem halben Jahr hat sie noch behauptet, dass sie sich selbst nicht als Mutter sieht und dass sie sich eher vorstellen könnte, Haustiere zu haben als Kinder. Zu viel Verantwortung und Einschränkungen und so.

»Also, Kyra will echt schwanger werden, jetzt?«, hake ich nach und kann weder verhindern, dass ich skeptisch klinge, noch dass sich meine Freude darüber in Grenzen hält. Hm, blöd, oder? Als bester Freund sollte ich mich mehr darüber freuen, oder? Ein klein wenig mehr Begeisterung an den Tag legen? Klappt grade nicht.

»Will sie«, nickt Samuel bestätigend und zieht an seiner Kippe.

»Krass«, murmle ich nachdenklich. Mein Blick fixiert sich dabei auf Samuel, der hellen Rauch in den Abendhimmel pustet. Samuel als Vater? Samuel, Kyra und ein Kind ... Eine Familie? Ich bin ehrlich, soweit habe ich noch nie gedacht. Die Möglichkeit, dass sich etwas so entscheidend verändern könnte, war für mich bis zu diesem Tag noch nie existent. Und auch jetzt fällt es mir schwer, mir dazu ein Bild vorzustellen, bei dem ich nicht gleich das Gesicht verziehe. Sich die beiden als Eltern vorzustellen, ist schwer genug. Aber mein Gehirn geht noch einen Schritt weiter und versucht allen Ernstes, auch für mich einen Platz in dieser Konstellation zu finden. Genau das ist aber das Problem. Egal, wie ich es versuche zusammenzubasteln, ich passe einfach nicht richtig rein.

»Worüber denkst du nach?«, bricht Samuel die Stille zwischen uns. Mittlerweile habe ich mich halb auf das Balkongeländer gelehnt und starre nach vorn, dahin wo die Lichter der Stadt flackern.

»Ich habe nur gerade festgestellt, dass wir nie darüber geredet haben, ob wir mal Kinder haben wollen«, entgegne ich ruhig.

»Hm«, macht Samuel und zieht in Gedanken versunken an seiner Kippe.

»Und ... willst du auch?«, frage ich ihn mit gerunzelter Stirn. Etwas an der Sache stört mich, aber ich kann nicht genau sagen was. Samuel wirkt unbeteiligt.

»Ich wüsste nicht, was dagegenspricht«, antwortet er reserviert und zuckt mit den Schultern. Kühl und distanziert, ganz so wie er immer ist, wenn es etwas gibt, worüber er sich selbst noch nicht ganz im Klaren ist.

»Es gibt Einiges, was dagegensprechen würde«, erwidere ich mürrisch und merke, dass ich sofort Samuels Blick auf mir liegen habe.

»Aha?«, hakt er nach.

»Naja, ein Kind bedeutet Arbeit und Zeit ... Und du bist erst fünfundzwanzig, Samuel.«

»Dir ist aber schon klar, dass es Menschen gibt, die ihr erstes Kind mit neunzehn bekommen? Manche sind sogar noch jünger«, schnaubt er belustigt.

»Ja, was ich im Übrigen auch für total bescheuert halte. Jetzt mal ernsthaft, Samuel. Wer schmeißt denn schon freiwillig so früh sein Leben weg?«

»Wer behauptet, dass man sein Leben wegschmeißt, nur weil man sich dafür entscheidet ein Kind zu bekommen?«

»Na hör mal, ein Kind bedeutet voll viel Stress. Du kannst nicht mehr feiern gehen. Nicht mehr einfach so verreisen, wie es dir gefällt. Du kannst nicht mehr machen was du willst, weil du ja Verantwortung hast ... Da gibt es so viele Dinge ...«, seufze ich, werde mir dabei immer mehr bewusst, dass ich wohl niemals Kinder haben werde. Mal abgesehen davon, dass ich schwul bin und noch nie darüber nachgedacht habe. Es wäre nicht grundsätzlich ausgeschlossen gewesen.

»Das sehen viele Eltern sicherlich anders. Ein Kind kann immerhin auch eine Bereicherung sein«, murmelt Samuel. Irre ich mich, oder klingt er gerade tatsächlich etwas vage und verunsichert? Sucht er Bestätigung? Bei mir? Ausgerechnet bei mir? Der gerade eben beschlossen hat, dass Kinder nicht so sein Ding sind?

»Vielleicht«, sage ich. »Aber dann sicherlich nur, wenn man den richtigen Partner hat.«

»Hm«, macht er müde und schnipst die zweite Kippe, die er kaum geraucht hat, über den Balkon.

»Habt ihr euch das denn gut überlegt?«

»Hm, sie redet seit drei Monaten davon«, gesteht er. Wow, seit drei Monaten schon? Erstaunlich und seltsam zugleich. Seit wann hat es Kyra denn so eilig?

»Ich glaube, es hat angefangen, nachdem sie sich mit Anita gestritten hat.«

»Okay?«

»Ja, die zwei haben sich vor ein paar Monaten heftig gestritten. Ich weiß auch nicht genau, worum es ging, aber angeblich wollten sie nie wieder etwas miteinander zu tun haben.« Ich nicke. »Danach hat sie jedenfalls zum ersten Mal von einem Kind gesprochen, allerdings kam es mir nicht besonders ernst vor«, sagt er und zuckt mit den Schultern.

»Und warum hast du mir nichts davon gesagt?«

»Keine Ahnung, ich dachte, sie beruhigt sich schon wieder.«

»Hat sie aber nicht?«

»Nein. Sie hat ihre Pille abgesetzt.«

»Oh« Klinge ich zu geschockt? Ich bin es jedenfalls. »Und du? Was willst du?« Er zieht viel länger als gewöhnlich an seiner Zigarette.

»Es spricht nichts dagegen. Wir haben beide Arbeit, verdienen gutes Geld. Wir haben eine Wohnung und alt genug sind wir eigentlich auch«, erklärt er in einem geschäftlichen Ton, als würde er irgendeinem seiner Klienten die derzeitige Aktienlage erläutern.

»Erst fünfundzwanzig«, werfe ich doch nochmal trotzig ein.

»Immerhin keine neunzehn«, schmunzelt Samuel zurück.

»Trotzdem noch viel zu früh.«

»Hm, möglich.« Die restliche Kippe raucht er schweigend neben mir. Meine Gedanken kreisen um ihn. Im Zentrum steht sein Kind, namenlos und ohne Gesicht, als könnte ich es noch nicht zuordnen, weil irgendetwas fehlt. Ein paar Details, ein paar Emotionen, vielleicht auch nur ein Wort oder eine Geste. Samuel wirkt alles andere als überzeugt und sicher und wenn es Samuel schon nicht ist, wie kann ich es dann sein?

»Sag mal, und gegen das Rauchen hat Kyra nichts?« Samuel seufzt, dann grinst er mich an. »Als ob.«

2 – Road Trip?

Zweieinhalb Monate später weiß ich nicht mehr, was ich denken soll. Samuel meldet sich kaum noch. Und wenn, dann geht es um Kyra. Oder den potentiellen neuen Kinderwagen. Oder um die Wickelkommode der Großeltern. Kyra macht Stress. Dabei ist sie noch nicht einmal schwanger! Denke ich jedenfalls. Wenn sie es wäre, wüsste ich doch bestimmt schon längst davon. Oder? Es nervt mich! Ich weiß gar nicht, wie Samuel das die ganze Zeit aushält! Nur Babygelaber, in jeder freien Minute. Schrecklich. Und außerdem ziemlich frustrierend. Mein bester Freund hat keine Zeit mehr für mich, dabei ist es doch noch gar nicht nötig, sich so viele Gedanken zu machen.

»Jean-Lucas« Die Stimme meines Kollegen hallt durch den Krankenhausflur und lässt mich abrupt herumfahren. »Können Sie bitte das Bett in der 169 noch neu beziehen, bevor Sie gehen?« Na aber klar doch, nichts lieber als das. Ich habe ja auch nur in fünf Minuten Feierabend.

»Natürlich, Vincent«, antworte ich höflich, mit einem Lächeln auf den Lippen, obwohl mir mehr danach wäre, genervt die Augen zu verdrehen und meinen Kollegen ein faules Arschloch zu nennen. Ich kann ihn nicht leiden. Ständig kommandiert er nur rum. Und wie man meinen Namen richtig ausspricht, hat er nach ganzen drei Jahren, die ich nun schon hier arbeite, immer noch nicht gelernt. Nämlich ohne dieses doofe Jean, dafür aber Lucas mit einem hörbaren s am Ende. Dabei habe ich ihm mehrfach gesagt, dass ich die französische Version meines Namens nicht leiden kann. Arroganter Schnösel. Ich schwöre, irgendwann werde ich ihm die Meinung geigen, und dann kann er mich mal kreuzweise und seine Betten selbst beziehen, aber hallo.

Als ich jedoch mit frischem Bettzeug Zimmer 169 erreiche, wird mir klar, warum Vincent, der Wichslappen, niemals auch nur einen Fuß in dieses Zimmer setzen wird, um sich die Hände schmutzig zu machen. Wundervoll. Da hatte jemand besonders guten Stuhlgang. Herzlichen Glückwunsch, Lucky, heute ist dein Glückstag, du darfst einmal kräftig in die Scheiße fassen. Besser kann es ja nicht werden.

Oh doch, kann es. Als ich das Zimmer verlasse, die versaute Bettwäsche noch in den Armen, sehe ich ihn. Fuck, ich hätte nein sagen und direkt in die Umkleideräume gehen sollen.

»Hey«, begrüßt mich Samuel, als hätten wir nicht seit ein paar Tagen totale Funkstille.

»Was machst du denn hier?«, erwidere ich murrend. Es passt mir gar nicht, dass er ausgerechnet heute unangekündigt hier auftauchen muss.

»Ich will dich abholen«, entgegnet er ruhig, beinahe so gelassen wie er am Türrahmen zum Dienstzimmer lehnt. Perfektion in jeder Zelle seines Körpers.

»Wozu? Waren wir verabredet?«, hinterfrage ich und atme anschließend kurz durch. Verdammt, ich kann gar nicht richtig sauer sein, immerhin ist Samuel hier.

»Nein, aber jetzt sind wir es«, sagt er bestimmt.

»Aha, und warum so plötzlich?« Auch wenn ich mich freue, ihn zu sehen, muss ich es ihm trotzdem nicht zu einfach machen.

»Erklär ich dir, sobald du in meinem Auto sitzt.«

»Wer sagt, dass ich überhaupt Bock drauf habe, jetzt mit dir Zeit zu verbringen?«, täusche ich mangelndes Interesse vor, während ich die Akte aus Zimmer 169 zurücklege. Samuel hinter mir schnaubt belustigt. »Jeder will Zeit mit mir verbringen«, entgegnet er schmunzelnd.

»Pff, ganz schön arrogant, Sam, bilde dir mal nicht zu viel ein.«

»Keine Sorge, nur so viel wie nötig. Außerdem kenne ich dich lange genug, um zu wissen, dass du alles tun würdest, um von mir zum Essen eingeladen zu werden«, sagt er, mit einem viel zu charmanten Lächeln. Ach verdammt, damit hat er mich jetzt. Ja gut, er hatte mich von Anfang an. Samuel einen Wunsch abschlagen? Wie käme ich denn nur auf so eine absurde Idee.

»Meinetwegen, dann komm ich eben mit.« Betont gleichgültig zucke ich mit den Schultern.

»Gut«, kommentiert Samuel. »Ich habe übrigens nichts anderes erwartet« Er schmunzelt und ich seufze leise.

»Jaja, tu wenigstens so, als hätte ich eine Wahl gehabt.«

»Aber du hattest doch eine«, erwidert er, die linke Augenbraue leicht angehoben, und grinst. Frechheit.

»Hmhm, klar. Wenn man es genau nimmt, dann hast du mich gerade mit einem Essen erpresst.«

»Wirklich?«, erwidert er erstaunt, während wir gemeinsam den Flur entlanglaufen.

»Ach sei still, ich hab recht!« Wir sind fast beim Ausgang, da taucht Vincent auf und versperrt uns den Weg. Sein Gesichtsausdruck verrät nichts Gutes. Oh fuck, bitte keine Überstunden. Nicht heute. Das ertrag ich nicht. Abfällig schnaubend drückt er mir ein dünnes Blatt Papier gegen die Brust und ich schlucke trocken. Hä?

»Ich weiß nicht, wie Sie das gemacht haben, aber der Heidenreich hat Ihren Urlaubsantrag bewilligt«, zischt er mir entgegen.

»Urlaubs- was?«, stammle ich irritiert. Wovon spricht er da bitte? Ich habe überhaupt keinen Antrag gestellt.

»Jetzt tun Sie nicht so scheinheilig. Ganze drei Wochen!«, faucht er mich an, doch ich kann nur blinzeln und entschuldigend die Schultern hochziehen. »Ich habe doch gar nicht ...«, will ich mich verteidigen, doch Samuel rammt mir unvermittelt seinen Ellenbogen in die Seite. Aua! Sein Blick und das leichte Kopfschütteln irritieren mich.

»Gehen Sie mir einfach aus den Augen, bevor ich Ihren Antrag doch noch versehentlich verschwinden lasse«, knurrt Vincent, ehe er fluchend und mit hochrotem Kopf an mir vorbei stiefelt und im Dienstzimmer verschwindet. Er wirft die Tür so hart zu, dass sogar das Glas der Scheiben unter der Wucht erzittert.

»Was war das denn bitte?«, frage ich perplex. Samuel zuckt mit den Schultern und deutet mit einem Nicken auf den Zettel. »Ich würde sagen, du hast die nächsten drei Wochen Urlaub.«

»Ja, aber ... warum?« Samuel schmunzelt wissend, dann setzt er sich erneut in Bewegung. »Komm jetzt. Wir sind spät dran und du musst noch duschen«, erwidert er. Dieser ... Samuel, hat er etwa …

»Okay, warte, wie hast du das gemacht?« Gemeinsam verlassen wir die Station und begeben uns auf direktem Weg zu den Umkleideräumen.

»Na, wie schon? Ich habe einen Antrag für dich gestellt und es offensichtlich gut genug begründet«, meint er gelassen.

»Aber … Echt jetzt? Sowas kannst du doch nicht einfach bringen!«

»Klar kann ich, siehst du doch.«

»Ja, schon ... aber wie sieht das denn aus? Jetzt werden die alle über mich reden.« Vor allem Vincent, der keine Gelegenheit auslässt.

»Tun sie doch sowieso schon, Lucas. Die Leute reden immer, das liegt in ihrer Natur. Mal ganz davon abgesehen, steht dir der Urlaub auch zu«, sagt er und ich öffne die Tür zum Umkleideraum.

»Ja, natürlich, aber ... jetzt haben sie einen handfesten Grund über mich zu reden.« Samuel folgt mir, bleibt aber im vorderen Bereich stehen, während ich zu meinem Spind gehe.

»Und der wäre? Dass du einen tollen Freund hast, der dir gerade einen dreiwöchigen Urlaub organisiert hat? Das muss wirklich sehr schlimm sein.« Er nimmt mich nicht ernst.

»Ach, Sam, du weißt genau, was ich meine«, brumme ich gedämpft gegen den Stoff meines T-Shirts, das ich mir gerade über den Kopf ziehe.

»Lass sie halt neidisch sein, na und?« Er hat ja gut reden. Samuel würde sich sogar noch darüber freuen, wenn er nach drei Wochen zurückkommt und sein Mittagessen ganz allein in der Cafeteria einnehmen kann. Aber das trifft auf mich nicht zu. Ich mag Gesellschaft. Und den guten Kontakt zu meinen Kollegen. Jetzt werden sie sich das Maul darüber zerreißen und dann nie wieder ein Wort mit mir wechseln wollen. Mehr noch, sie werden mich bestimmt hassen, verachten … ausstoßen. Shit, ich muss mir eine andere Arbeit suchen. Vielleicht ein anderes Krankenhaus? Aber in dieser Stadt gibt es nur dieses eine und wegziehen ist dann vielleicht doch etwas übertrieben, oder? Maaahhh, warum entscheidet Samuel sowas immer allein?

»Jetzt hör schon auf«, sagt er, als ich umgezogen wieder neben ihm herlaufe. »Ich kann deine Gedanken ja durchs ganze Krankenhaus hören.« Er seufzt leise, legt mir eine Hand auf die Schulter und lächelt. Sehr zaghaft. »Und ich gehe jede Wette ein, mindestens die Hälfte davon ist völlig übertrieben, oder?« Er hebt die rechte Augenbraue an, ich verziehe den Mund.

»Hmm, mag sein«, brumme ich, während wir auf den Ausgang des Krankenhauses zugehen. »Du hättest mich trotzdem vorher fragen können.«

»Hätte ich, aber dann wäre es keine Überraschung mehr gewesen«, entgegnet er schulterzuckend. Natürlich, so kann man das auch rechtfertigen.

Wenig später verlassen wir das Krankenhaus. Für die nächsten drei Wochen. Krass, so richtig glauben kann ich das noch gar nicht.

»Warum das Ganze eigentlich?«, frage ich neugierig. Als wir sein Auto erreichen, bleibe ich auf der Beifahrerseite stehen und sehe ihn an. Samuel betätigt die Zentralverriegelung und öffnet seine Tür. Bevor er einsteigt, lächelt er mich an. »Weil wir wegfahren«, sagt er und ohne ein weiteres Wort der Erklärung, steigt er ein.

»Aha. Okay, wohin und warum?«, frage ich direkt hinterher.

»Ist das wichtig?«

»Ja, natürlich.« Seufzend lasse ich mich in den Sitz neben ihn fallen, schnalle mich an und betrachte Samuels Profil, während er den Motor startet.

»Warum? Reicht es dir nicht zu wissen, dass ich einfach Zeit mit dir verbringen will?«, fragt er, legt den ersten Gang ein und fährt langsam vom Parkplatz. Konzentriert bleibt sein Blick auf der Straße.

»Hm, doch ... aber ...«

»Dann gibt es auch kein aber.« Schachmatt. Und für einen Moment bin ich tatsächlich fast sprachlos. Aber eben nur fast.

»Was willst du denn drei Wochen lang tun?«

»Wirst du schon sehen«, antwortet er und biegt oben an der Kreuzung links ab.

»Das ist nicht hilfreich.«

»Deine Neugier auch nicht«, erwidert er.

»Ich will ja nur wissen, was mich erwartet.« Ich finde, das ist voll logisch und total berechtigt, echt!

»Hmm, und ich will, dass du dich überraschen lässt.« Ein schwerfälliges Seufzen verlässt meine Lippen. »Keine Sorge, du erfährst es schon noch. Versprochen.« Mehr sagt er nicht und ich sehe ein, dass ich im Moment nichts Genaueres aus ihm herauskriege. Dieser Sturkopf.

Minuten später parkt er sein Auto auf dem großen Parkplatz vor dem Mehrfamilienhaus, in dem ich meine kleine Wohnung habe. Und ich bin genauso schlau wie vorher.

»Dann geh mal packen, ich warte solange hier«, meint er gelassen und steigt aus, um sich eine Zigarette anzuzünden.

»Aber duschen muss ich auch noch. Sicher, dass du nicht mit hochkommen willst?«, frage ich, doch Samuel schüttelt den Kopf. Die Zigarette in der einen und sein Handy in der anderen Hand.

»Schon okay. Ich warte hier und bestelle uns einen Tisch bei deinem Lieblingsitaliener.« Okay, Samuel meint das wirklich ernst, oder? Krass! Na gut, dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig.

»Okay, okay! Ich beeile mich, bis gleich.« Eilig laufe ich los, steige die Treppen zu meiner Wohnung nach oben, um dann sofort einen Koffer und eine Reisetasche mit Sachen vollzustopfen, von denen ich glaube, dass ich sie in den nächsten Wochen gebrauchen könnte, bevor ich unter die Dusche springe, mich im Eilverfahren wasche und wieder nach unten sprinte. Hoffentlich fahren wir ans Meer. Ich will nicht umsonst drei Badehosen eingepackt haben.

»So, da bin ich. Wo geht’s hin?«, versuche ich erneut mein Glück. Samuel, der neben mir im Auto sitzt und auf seinem Handy herum tippt, sieht jedoch nicht einmal zu mir auf. Das leichte Schmunzeln erkenne ich aber trotzdem. »Guter Versuch«, sagt er und ich seufze.

»Aber nicht so erfolgreich wie gedacht.« Trotzdem lache ich. Es ist ein schönes Gefühl, hier zu sein, neben ihm zu sitzen und zu wissen, dass die nächsten Wochen nur uns gehören werden. »Aber du weißt, dass ich vor Neugier gerade sterbe, oder?«

»Sicher weiß ich das«, schmunzelt er, legt den Rückwärtsgang ein und schenkt mir ein Zwinkern, als sich kurz darauf unsere Blicke treffen.

»Du bist echt fies. Darf ich wenigstens raten?«, frage ich, während er routiniert ausparkt und anschließend den Gang wechselt.

»Kann ich dich denn davon abhalten?« Ich schüttle grinsend den Kopf. »Nein, keine Chance. Also … mein erster Tipp wäre Miami!« Erstaunt zieht er die Augenbrauen nach oben.

»Miami?«, wiederholt er und schnaubt anschließend leise. »Natürlich, liegt ja quasi um die Ecke.«

»Das heißt nein, stimmt’s?« Samuel schmunzelt noch immer. »Exakt.« Verdammt, Miami wäre echt geil gewesen. Aber schon okay, es gibt noch mehr schöne Orte, zum Beispiel …

»Die Niagarafälle«, spreche ich laut aus. Samuel betätigt den Blinker und bringt das Auto an der nächsten Ampel zum Stehen. »Dafür müssten wir nach Kanada. Merkst du selbst, oder?«, fragt er und ich hebe die Schultern an. »Schon, aber ich dachte … egal, vielleicht … oh, ich hab’s!« Begeistert lächle ich ihn an, lege meine Hand auf seinen Oberschenkel und lehne mich ihm etwas entgegen. »Rio! Rio de Janeiro«, hauche ich ihm vorfreudig zu. Samuel blinzelt, dann runzelt er die Stirn. »Brasilien?«, murmelt er. »Ist definitiv eine Reise wert, aber …«

»Auch zu weit weg, hm?« Er nickt. Die Ampel springt auf Grün und er fährt weiter. »Ach schade«, seufze ich.

»Einen Versuch hast du noch.« Oha, da muss ich jetzt ganz genau überlegen.

»Okay, dann … ähm, London?« Für einen Moment ist es ganz still im Auto. Samuel überlegt, dann zupft ein Lächeln an seinem rechten Mundwinkel. »Du wirst es erfahren. In frühestens sieben Stunden.«

»Na super, du bist so gemein. Aber gut, dann warte ich jetzt. Sind ja nur sieben Stunden. Hab ich voll kein Problem mit.« Am Ende sind es wahrscheinlich doch mehr, weil wir noch beim Italiener halten, aber damit komm ich auch klar.

»Ahm, was ist eigentlich mit Kyra?«, fällt mir spontan noch ein. Ich kann mir nämlich nicht vorstellen, dass sie begeistert davon ist, dass Samuel jetzt solange wegfährt.

»Die ist zuhause«, erwidert er knapp.

»Und was hat sie dazu gesagt?«, frage ich weiter nach. Samuel blickt stur geradeaus, als er nach einem deutlichen Zögern antwortet. »Nichts.« Nur glaube ich ihm das nicht. Ich denke, da steckt mehr dahinter, nur scheint er nicht darüber reden zu wollen.

Inzwischen sind wir in Frankreich unterwegs. Genauer gesagt in Amiens und ich bin immer noch total erstaunt. Damals, in der Schule, war das noch eine gemeinsame Spinnerei von uns, weil ich unbedingt meinen Vater kennenlernen wollte. Schließlich habe ich ihm einen Namen zu verdanken, den damals niemand meiner Freunde aussprechen konnte. Zumindest nicht so, wie er richtig ausgesprochen wird. Ich erinnere mich noch ganz genau daran, wie Samuel und ich einen Plan geschmiedet und stundenlang darüber geredet haben, wo wir mit der Suche anfangen sollen. Aber durchgezogen haben wir es nie. Um ehrlich zu sein, haben wir unseren Plan irgendwann aus den Augen verloren. Was nicht schlimm ist, ich will ihn nämlich gar nicht mehr suchen oder treffen. Der Zug ist für mich schon lange abgefahren, aber es ist trotzdem richtig geil, jetzt hier zu sein. Amiens hat wunderschöne Gärten. Wir haben sogar direkt am ersten Tag eine Bootstour gemacht und den Zoo besucht. Selbst die Kathedrale hat mich beeindruckt, dabei ist das erst der Anfang. Samuel hat eine richtig geile Tour geplant. Wir werden uns Lyon ansehen, Dijon, Grenoble, Toulouse und ganz am Ende natürlich auch Paris. Ich bin zwar nach wie vor etwas verwundert, warum er mit mir und nicht mit Kyra nach Paris fährt, aber er wird schon seine Gründe haben.

Amiens liegt bereits einige Kilometer hinter uns, als ich das Radio lauter drehe und anfange mitzusingen. Ich kann immer noch nicht fassen, dass er vergessen hat, eine Playlist für diesen Roadtrip zu erstellen. Gerade läuft How deep is your Love von den Bee Gees und mein Kopf wippt passend zum Takt mit. Samuel fährt und schweigt. Er ist generell ein wenig ruhiger geworden, seit wir wieder im Auto sitzen. Und immer, wenn ich zu ihm sehe, ohne dass er es bemerkt, wirkt er nachdenklich.

»Lucas?« Samuel bricht sein Schweigen genau in dem Moment, als Adele anfängt zu singen.

»Hm?«, erwidere ich, um ihm zu signalisieren, dass ich ihm zuhöre. Ich grinse, aber das merkt er nicht. Wie auch? Er guckt ja schon wieder voll konzentriert auf die Straße.

»Du hast mir noch gar nicht erzählt, wie es eigentlich passiert ist.« Zum Glück hat er das Radio leiser gedreht, sonst hätte ich ihn jetzt mit Sicherheit nicht verstanden.

»Was denn passiert?«, frage ich irritiert. Samuel seufzt und blickt stur geradeaus auf die Fahrbahn, die sich kaum verändert.

»Hm«, brummt er ausweichend, scheinbar um nach den richtigen Worten zu suchen. »Du sagtest, du bist schwul«, stellt er noch einmal fest und ich runzle die Stirn. Was ist denn jetzt los? Ich dachte, das Thema hätten wir längst abgehakt.

»Äh ja, hab ich gesagt und auch so gemeint«, erwidere ich, habe aber schon ein mulmiges Gefühl im Bauch. »Warum? Also ich meine, warum sprichst du das jetzt an?«

»Ich«, sagt er und räuspert sich leise. »Ich habe mich nur gefragt, wie es passiert ist«, sagt er gefasst, aber da ist auch Unsicherheit, die er versucht zu überspielen.

»So kann man das eigentlich nicht sagen. Es ist nicht passiert«, versuche ich eine passende Antwort zu finden. »Ich bin es einfach. Schon immer«, gestehe ich. Seltsam. Warum reden wir jetzt plötzlich darüber?

»Schon immer, hm?«, brummt er nachdenklich.

»Jap. Also zumindest schon sehr lange.« Vor uns verdichtet sich der Verkehr und Samuel drosselt ein wenig die Geschwindigkeit.

»Und wann ist es dir dann so richtig bewusst geworden?«

»Uhm, willst du eine ehrliche Antwort?«, frage ich, muss sogar ein wenig lachen, als er mir einen mahnenden Blick zuwirft, bevor er schnell wieder zurück auf die Straße sieht. »Sorry, war eine blöde Frage, ich weiß. Es ist nur so schrecklich klischeehaft«, gebe ich zu. Immerhin bemerkt er die Wärme nicht, die sich von meinem Nacken bis zu meinen Ohren ausbreitet.

»Ich möchte es trotzdem gern wissen«, sagt er und ich nicke.

»Also gut, ähm, du kannst dich an die Klassenfahrt in der Achten erinnern? Als wir alle in Bad Lausick waren?«, fange ich also an, obwohl es mir wirklich peinlich ist. Dabei muss es das gar nicht. »Also damals ... erinnerst du dich noch an Milo von der Jugendherberge ...«

»Der mit uns das Lagerfeuer gemacht hat?«

»Genau der.« Ich glaube, jetzt sind nicht nur meine Ohren rot, sondern auch mein ganzes Gesicht.

»Also … ich fand den damals echt scharf, und … ach Gott, ist das albern. Um es kurz zu machen: Ich hatte da meinen ersten feuchten Traum. Von diesem Typen«, murmle ich und sehe verlegen zur Seite. »Danach war es nur noch eine Frage der Zeit, bis es mir klar wurde.«

»Hm.« Samuels Antwort fällt knapp aus, ehe er wieder so wirkt, als wäre er überall, aber nicht wirklich hier.

»Warum?«, frage ich neugierig nach, doch mein bester Freund zuckt nur mit den Schultern.

»Warst du deshalb damals so durch den Wind am nächsten Tag?«, umgeht er stattdessen mit einer Gegenfrage eine richtige Antwort und lässt mich damit ertappt seufzen.

»Gut möglich.«

»Hm.« Ich sehe noch sein kurzes, wissendes Schmunzeln, bevor es wieder verblasst und einer starren Miene weicht. Hach, Samuel, manchmal würde ich echt zu gern in deinen Kopf sehen, nur um zu verstehen, was in dir vorgeht.

Keine zwei Minuten später dreht er die Musik wieder lauter und signalisiert damit unmissverständlich, dass sein Gesprächsbedarf vorerst gedeckt ist. Möglicherweise hat er auch einfach keine Fragen mehr. Ganz im Gegensatz zu mir.

Mein Kopf schwirrt. Da sind tausend neue Fragen, die nach einer Antwort verlangen und die ich selbst erstmal ordnen muss.

Tausend Fragen, die unbeantwortet bleiben, weil ich mich nicht traue, sie anzusprechen, während Justin Bieber zum neunten Mal sein Sorry im Radio zum Besten gibt.

3 – Gespräche

Justin Bieber lief heute, ungelogen, schon dreiundzwanzigmal. Ich habe mitgezählt und eine Strichliste angefertigt. Ich glaube, mittlerweile kann ich den Song auswendig. Zumindest kann ich ihn besser als Französisch. Mehr als ›Bonjour‹ und ›Salut‹ und ein paar wenige Vokabeln ist bei mir nicht hängen geblieben. Mir liegt diese Sprache einfach nicht, dabei habe ich wirklich versucht, sie zu lernen. Nur eben nicht erfolgreich. Dabei finde ich, dass die sogar echt schön klingt. Zum Glück habe ich Samuel, der sie fließend beherrscht und dafür sorgt, dass es egal ist, ob ich die Leute um mich herum verstehe.

Gerade befinden wir uns auf dem Weg nach Nantes, einer Stadt im Westen Frankreichs, von der ich noch nie zuvor gehört habe. Aber es ist aufregend, all das hier kennenzulernen und zu erkunden. Zusammen mit Samuel, der gerade lässig an seinem Auto lehnt, eine Kippe zwischen seinen Lippen und das Handy am Ohr, und auf mich wartet, weil ich eben auf der Toilette war. Er sieht gut aus. Wäre er nicht mein bester Freund, würde ich sogar sagen, dass er gerade richtig sexy aussieht. Trotz der Zigarette und dem angestrengt finsteren Gesichtsausdruck. Je näher ich ihm komme, desto mehr habe ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmt. Meine Schritte werden langsamer und Samuel hebt seinen Blick.

»Mach, wie du denkst« Samuel klingt genervt. Als ich langsam neben ihm zum Stehen komme, höre ich ihn schnauben. »Ja, ich melde mich, bis dann«, würgt er sein Gespräch ab. Seltsam, mir war so, als wäre die Stimme am anderen Ende weiblich gewesen. Kyra? Oder seine Mutter? Allerdings würde sich Samuel niemals erlauben, so mit seiner Mutter zu sprechen.

»War das Kyra?«, versuche ich deshalb eine Bestätigung für meine Vermutung zu bekommen. Er nickt und zieht noch einmal kräftig an seiner Kippe, ehe er sie auf den Boden wirft und mit dem Fuß ausdrückt.

»Wir sollten weiter«, meint er, öffnet die Fahrertür und steigt, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ein. Oha, da ist aber gerade jemand sehr angespannt und genervt.

»Was wollte sie denn?«, frage ich ihn trotzdem, nachdem ich mich ebenfalls ins Auto gesetzt habe. Samuel wirft mir einen vernichtenden Blick zu und ich weiß genau, was er denkt. Warum kann ich nicht einfach die Klappe halten und hinnehmen, dass er schlecht drauf ist? Tja, weil ich zu neugierig bin, deshalb. Und weil er es seit Beginn unserer Reise vermeidet, Kyra auch nur mit einer Silbe zu erwähnen. Ich hatte sogar kurzzeitig gedacht, die beiden hätten sich eventuell getrennt.

»Reden«, antwortet Samuel knapp und startet den Motor.

»Ach was, darauf wäre ich auch selbst gekommen«, erwidere ich augenrollend, und schnalle mich an.

»Dann frag nicht.« Samuel fährt mit viel zu viel Gas los und lässt die Reifen quietschen.

»Und wenn es mich nun mal interessiert, was dich so beschäftigt? Scheinbar hat es ja irgendwas mit Kyra zu tun, oder?«

»Warum?«, seufzt er.

»Warum was?«

»Warum musst du dich überall einmischen?«, fragt er gestresst und schaut mehrmals zur anderen Seite nach hinten, bevor er die Spur wechselt. Samuel wirkt abweisend und angespannt.

»Na, weil man das unter Freunden so macht. Und du bist mein bester Freund!« Es ist nicht beabsichtigt, dass ich jetzt leicht gereizt klinge, aber es passiert einfach. Ständig muss man diesem Arsch beweisen, was er einem bedeutet. Manchmal ist das echt anstrengend. Samuels Kiefer spannt sich an.

»Kyra nervt, das ist alles.« Eine Antwort, die mich ruhig und zufrieden stellen soll, was sie aber nicht tut.

»Womit nervt sie denn?«, hake ich genauer nach. Samuel muss man immer alles aus der Nase ziehen. Immer!

»Sie nervt eben, reicht das nicht?« Ich schüttle den Kopf.

»Ne, ehrlich gesagt nicht. Und ich versteh auch nicht, warum du nicht darüber reden willst. Ist es so schlimm? Du weißt, dass du mit mir reden kannst, oder? Ich hör dir zu, du kannst mir alles erzählen«, biete ich ihm an, auch wenn ich bereits vermute, dass er es nicht tun wird. Warum auch? Samuel und Probleme, die er nicht allein gelöst bekommt? So was kommt doch niemals vor. Natürlich nicht.

»Ach ja? Erzählst du mir denn auch alles?«, fragt er stattdessen mit hochgezogener Augenbraue, was ich durch einen zufälligen Blick auf sein Profil erkenne.

»Hä? Aber natürlich«, behaupte ich, ohne eine Sekunde darüber nachzudenken. Auch wenn ich dafür keine Garantie geben kann, weil ich hin und wieder auch mal etwas vergesse. Dann war es aber meistens auch nicht wichtig.

»Und warum hast du dann noch nichts von deinem Date erzählt?«

»Ich hatte ein Date?«, frage ich ehrlich irritiert, weil ich mich an niemanden erinnern kann, den ich gedatet habe. »Wann denn? Vor einem halben Jahr, oder was? Also bitte, Samuel, daran kann ich mich absolut nicht mehr erinnern.«

»Vor zwei Wochen, Lucas«, erwidert er schnaubend. Fuck. Vor zwei Wochen hatte ich echt ein Date?

»Du hast es ernsthaft vergessen?«

»Ja, warte kurz. Vor zwei Wochen, da war ich auf dem Weg zum Sportverein, um mein Dauer-Abo zu kündigen, was ich aber nicht getan habe, weil … ah, stimmt.«

»Du erinnerst dich?«, fragt Samuel derartig unspektakulär, dass mir das Grinsen eigentlich gleich wieder vergehen müsste.

»Jup.« Tut es aber nicht.

»Und?«

»Was und? Das war nichts Großes«, winke ich ab. Immerhin habe ich es selbst vergessen und an seinen Namen kann ich mich auch nicht mehr erinnern. Mike oder Kevin, keine Ahnung. »Ich habe ihn vor dem Studio getroffen. Wir haben uns ganz nett unterhalten und dann hat er mich gefragt, ob wir uns abends bei diesem Eventdings vom Fitnessstudio wiedersehen«, erzähle ich, runzle dabei aber die Stirn. Ich habe das, ehrlich gesagt, gar nicht als Date gesehen. »Woher weißt du überhaupt davon?« Nicht, dass es mich stört, es wundert mich nur, weil, wenn ich ihm nichts davon gesagt habe, wer dann?

»Anita«, sagt er knapp, mit einem Grummeln in der Stimme. »Sie hat dich gesehen und es direkt Kyra erzählt.«

»Ah, verstehe.« Hätte ich auch von selbst draufkommen können.

»Und? Was war da jetzt?« Samuel presst die Worte angestrengt über seine Lippen. Warum regt ihn das so auf? Für mich war das kaum von Bedeutung.

»Ganz ehrlich? Das war eigentlich nur Sex, nichts weiter.« Ich zucke mit den Schultern.

»Ihr hattet Sex?«, fragt Samuel plötzlich eine Spur zu überrascht.

»Klar, warum nicht?«

»Springst du mit jedem gleich beim ersten Date in die Kiste?« Oha, warum wirkt er denn jetzt auf einmal so pissig? Ich kann doch nichts dafür, dass er in seinem Leben bisher nur mit Kyra gevögelt hat.

»Ne, nur, wenn ich merke, dass da nichts Ernstes draus wird«, erwidere ich, auch wenn ich ihm eigentlich überhaupt keine Rechenschaft schuldig bin. Zumal er mich kennt und das wissen müsste.

»Und woran machst du das fest?« Hm, gute Frage.

»Keine Ahnung, manchmal merkt man sowas einfach. Wir hatten ein paar gute Gespräche und definitiv auch Spaß zusammen, aber irgendwie … da hat einfach das gewisse Etwas gefehlt. Außerdem …«, sage ich und fange direkt an neckend zu grinsen. »Hatte er von Anfang an so ein deutliches ›fick mich‹ in den Augen stehen, da war direkt klar, dass es nur um Sex geht«, gebe ich zu und Samuels Augen werden minimal schmaler, bevor er antwortet.

»Hatte er das?«, fragt er voller nicht vorhandener Begeisterung.

»Jaha. Er hat es sogar gesagt, mehrmals. Er hat gebettelt und gefleht ... also, damit wir uns nicht falsch verstehen, ich find das an sich schon reizvoll, aber ... es war dann doch ein wenig langweilig.« Ganz im Gegensatz zu Samuels hochinteressanten Reaktionen, die ich nicht ganz verstehe.

»Also fandst du den Sex mit ihm langweilig?«, stellt Samuel fest. Sein Blick hängt auf der Straße - sicherlich nicht ungewöhnlich - aber seine Haltung ist trotzdem verspannt, dabei bin ich doch derjenige, der hier ausgefragt wird.

»Na ja, nein, so kann man das auch nicht sagen«, beginne ich zögerlich. »Der Sex war schon gut, aber ...« Ich atme tief ein und neige nachdenklich den Kopf, weil ich nicht genau weiß, wie ich weitersprechen soll.

»Aber?«, hakt er nach. Seine Neugier ist genauso schlimm wie meine.