Founders' Stories -  - E-Book

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Beschreibung

Axel Täubert ist Head of Start-ups bei Google. Aus einer Unternehmerfamilie stammend, wurden ihm Leistungsbereitschaft und unternehmerisches Denken in die Wiege gelegt und vorgelebt. Schon früh begann er, selbst Unternehmen zu gründen und an und mit ihnen zu wachsen. Heute unterstützt er Start-ups mit Cloud-Lösungen, investiert als Business Angel und engagiert sich in der Initiative "Jugend gründet" des Bundesbildungsministeriums.  Axel Täubert ist Schirmherr der Founder's Story, einem Live- & Podcast-Format von Google, in dem junge Gründerinnen und Gründer über ihre Probleme und Herausforderungen beim Aufbau ihres Start-ups berichten. In diesem Buch stellt er daraus die interessantesten Geschichten und Persönlichkeiten vor, u.a. von: - Vanessa Cann: Co-Founderin von nyonic, Forbes 30 under 30, LinkedIn Top Voice - Mina Saidze: Gründerin von Inclusive Tech, Europas erste Lobby-& Consulting Organisation für Diversity in Tech & AI, Autorin & Forbes 30 Under 30 List - Lubomila Jordanova: CEO von Plan A und Mitbegründerin der Greentech Alliance, Obama Leader, MIT Under 35 Innovator und LinkedIn Top Voice - Jannik Schall: Co-Founder von 1KOMMA5°, seit mehr als zehn Jahren beruflich engagiert im Climatetech Business - Mischa Rürup: Co-Founder von Usercentrics, Serial Founder & Business Angel. Sein Startup ist führend beim Thema Datenschutz - Anastasia Barner: Gründerin von FeMentor, einer reverse mentoring Plattform für Frauen jeden Alters - Daniel Krauss: Co-Founder von Flixbus, einem globalen Mobilitätsanbieter, der seit 2013 für Millionen von Menschen weltweit die neue Art zu Reisen istEs sind die Gründungen von Start-up und Unternehmen, die Wohlstand und Arbeitsplätze schaffen Axel Täubert erzählt aber auch seine ganz persönliche Gründungsgeschichte. Eindrucksvoll weist er darauf hin, dass Deutschland mehr Gründer:innen braucht und dabei von einer neuen Generation diverser junger Menschen nur profitieren kann. Denn die besten Teams bestehen aus Mitgliedern mit unterschiedlichen Perspektiven und sich ergänzenden Kompetenzen. Deshalb ermutigt er gerade junge Menschen dazu, ihr Schicksal selbst in die Hand zu nehmen und sich zu trauen, ihr Business aufzubauen. Denn für eine gute Idee ist es nie zu früh.

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Seitenzahl: 284

Veröffentlichungsjahr: 2024

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[5]Inhalt

Hinweis zum UrheberrechtImpressumGrußwort – Verena PausderVorwort – First Streamer eversimpleclub – Educate the WorldNico Schork & Alex GieseckePlan A – The Power of SerendipityLubomila Jordanovausercentrics – Boring is sexyMischa RürupInclusive Tech – Closing the Diversity Gap in TechMina SaidzeFlixBus – Work hard and be nice to PeopleDaniel Kraussnyonic – Best AI for SocietyVanessa CannCODE University – Curiosity-driven EducationThomas BachemFeMentor – Let’s grow together!Anastasia BarnerAMBOSS – Empowering Doctors to provide the best possible CareDr. Sievert Weiss1KOMMA5° – Living on Wind and Sunlight forever for freeJannik SchallNachwort – Axel TäubertGlossarPersonenverzeichnisFirmenverzeichnisDanke
[1]

Hinweis zum Urheberrecht

Alle Inhalte dieses eBooks sind urheberrechtlich geschützt.

Bitte respektieren Sie die Rechte der Autorinnen und Autoren, indem sie keine ungenehmigten Kopien in Umlauf bringen.

Dafür vielen Dank!

[264]Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de/ abrufbar.

Print:

ISBN 978-3-68951-030-5

Bestell-Nr. 12094-0002

ePub:

ISBN 978-3-68951-031-2

Bestell-Nr. 12094-0101

ePDF:

ISBN 978-3-68951-032-9

Bestell-Nr. 12094-0151

Axel Täubert (Hg.)

Founders’ Stories

1. Auflage, August 2024

© 2024 Haufe-Lexware GmbH & Co. KG, Freiburg

www.haufe.de

[email protected]

Bildnachweis: Nicolai Schork und Alexander Giesecke: © simpleclub, Lubomila Jordanova: © Nadine Stenzel, Mischa Rürup: © usercentrics, Mina Saidze: © Dagmara Musial, Daniel Krauss: © PR Flixbus, Vanessa Cann: ©Vanessa Cann, Thomas Bachem: © James Brooks, Anastasia Barner: © Eric Köckeritz, Jan Sievert Weiss: © AMBOSS, Jannik Schall: © 1KOMMA5°, Verena Pausder: © Patrycia Lukas (S. 6 und Umschlagklappe vorne), Axel Täubert: © Ole Ruröde (S. 10 und Umschlagklappe hinten)

Produktmanagement: Elisabeth Heueisen

Lektorat: Juliane Sowah

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, insbesondere die der Vervielfältigung, des auszugsweisen Nachdrucks, der Übersetzung und der Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen, vorbehalten. Alle Angaben/Daten nach bestem Wissen, jedoch ohne Gewähr für Vollständigkeit und Richtigkeit.

[6]Grußwort Verena Pausder

Liebe Leserin, lieber Leser,

wenn man in Deutschland aufwächst, hört man oft, »das haben wir schon immer so gemacht«. Die Welt ist, wie sie ist, das muss man so annehmen. Sei realistisch, heißt es dann. Such dir einen sicheren Job, rag nicht zu weit aus der Gruppe heraus, denn Ausschläge nach unten und oben mögen wir in Deutschland nicht so gern. Spar bloß genug Geld, aber investier es bitte nicht in Aktien, geh nicht zu sehr ins Risiko, das rächt sich nur, und sei nicht zu übermütig – das tut selten gut.

[7]Ich denke anders. Diese Grenzen sind mir zu starr, das Korsett ist mir zu eng. Dass wir gesellschaftlich unsinnige Konventionen nicht annehmen müssen und wie schädlich sie sein können, das hat uns zwar schon Heinrich Böll in den ›Ansichten eines Clowns‹ vor Augen geführt – aber das müssen wir in Deutschland trotzdem immer wieder neu lernen.

Beim Startup-Verband sind wir überzeugt: Deutschland hat die perfekten Zutaten, um erfolgreich zu sein: ein großes Potenzial an innovativen Ideen, talentierte Unternehmerinnen und Unternehmer – dazu kommen eine international herausragende Forschungslandschaft und eine starke industrielle Basis.

Und die wichtigste Sache dabei, die magische Zutat: Menschen, die den Status quo herausfordern. Rebellen, Visionärinnen, Pioniere und Idealistinnen, die Grenzen sprengen, neue Wege beschreiten und Unmögliches möglich machen, um Innovationen Realität werden zu lassen und die Menschheit weiterzubringen. Immer wieder waren es visionäre Gründerinnen und Gründer, die die Fackel des Fortschritts entzündet und weitergereicht haben.

Das kann jede und jeder sein. Steve Jobs hat das sehr treffend formuliert: »Das Leben kann viel umfassender sein, wenn du eine einfache Tatsache entdeckst, nämlich dass alles, was du Leben nennst, von Menschen erfunden wurde, die nicht klüger waren als du. Es geht darum, die irrige Vorstellung abzuschütteln, dass das Leben einfach da ist und man nur darin lebt, anstatt es anzunehmen, zu verändern, zu verbessern, ihm seinen Stempel aufzudrücken.«

Also: Du willst ein selbstbestimmtes Leben führen, die Kultur deiner Arbeit prägen, Althergebrachtes umwerfen und Grenzen verschieben? Das alles geht im Großkonzern nur bedingt. Deswegen war es immer mein Traum zu gründen.

Was mich daran so fasziniert? Du sitzt auf dem Fahrersitz, hältst das Lenkrad in der Hand und startest den Motor des Fortschritts, ohne um Erlaubnis bitten zu müssen. Jeder Tag birgt die Möglichkeit, etwas Neues zu erschaffen, etwas, das es zuvor noch nicht [8]gab – einen Zweck zu erfüllen, der größer ist als du selbst. Und in diesem Prozess des Kreierens und Wachsens, in dem du über dich hinauswächst, entdeckst du eine Freiheit, die keine Grenzen kennt. Es gibt weder Routinen noch feste Strukturen – nur das weiße Blatt, das darauf wartet, mit Leben gefüllt zu werden.

Ja, das kann auch süchtig machen – es ist ein wilder Ritt, der dich himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt sein lässt. Aber trotz aller Höhen und Tiefen treibt einen die Leidenschaft an, immer wieder aufzubrechen und neue Horizonte zu erkunden.

Gründerinnen und Gründer faszinieren mich mit ihrem klaren Optimismus, sich nicht mit der Realität abzufinden, sondern sie konstruktiv zu verändern. Sie sehen in jedem Hindernis eine Chance, in jedem Rückschlag eine Möglichkeit zu wachsen und in jedem Problem eine Herausforderung, die passende Lösung zu finden.

In einer Welt, die von ökologischen Problemen, Ungerechtigkeit und Gesundheitskrisen geprägt ist, lehnen sie sich nicht zurück. Sie treiben Deutschland in der digitalen Transformation voran, liefern konkrete Lösungen für ein nachhaltiges Leben und steigern die internationale Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes. Made in Germany war geprägt von Erfindergeist, technischer Innovation und Gründlichkeit. Doch all das verliert zunehmend an Kraft. Deswegen brauchen wir den Start-up-Spirit heute mehr denn je.

Und genau diesen Spirit strahlt dieses Buch aus – es ist voll inspirierender Geschichten, die uns zeigen, worauf es während der Founder’s Journey ankommt. Denn auch Steve Jobs, Bill Gates, Else Kröner oder Özlem Türeci und Uğur Şahin – die unsere Welt mit ihrem Unternehmergeist positiv verändert haben – haben mal klein angefangen.

Alle kennen den Moment, in dem man sich fragt: Wenn ich auf diese Idee komme, kann sich das nicht jeder ausdenken? Ist das gut genug, um erfolgreich zu werden?

[9]Deshalb braucht es Geschichten wie in diesem Buch. Die uns Erfahrungen von Gründerinnen und Gründern näherbringen, die den Mut haben, ihren Träumen zu folgen und ihre Ideen das Licht der Welt erblicken zu lassen. Das sind oft Achterbahnfahrten mit Höhen und Tiefen, Erfolgen und Rückschlägen – und doch sind es genau diese Erfahrungen, die uns prägen und die uns zeigen, dass Scheitern nicht das Gegenteil von Erfolg ist, sondern ein wesentlicher Bestandteil davon.

Lasst euch von den folgenden Founders’ Stories inspirieren, von ihrer Leidenschaft anstecken und findet selbst den Mut, eure Träume zu verwirklichen. Denn in einer Welt voller Möglichkeiten und Chancen liegt es an uns, den Wandel zu gestalten und unsere Zukunft zu formen.

Auf eine Reise voller Entdeckungen, Erkenntnisse und vor allem: auf eine Reise voller Liebe zum Gründen!

Viel Freude beim Lesen,

Verena Pausder

Vorstandsvorsitzende des Bundesverbandes Deutsche Startups e. V.

[10]VorwortFirst Streamer ever

Ich stamme aus einem Haushalt, in dem das Familienunternehmen am Esstisch häufig Gesprächsthema war. Zwar war es kein Start-up1 und mein Vater hatte das Unternehmen auch nicht selbst gegründet, sondern von meinem Großvater übernommen, trotzdem war es etwas Eigenes, für das er Tag und Nacht geschuftet hat.

Leistungsbereitschaft und unternehmerisches Denken wurden mir sozusagen in die Wiege gelegt und danach täglich vorgelebt. [11]Als Kind habe ich sogar ›Büro‹ gespielt und Stunden an einem kleinen Schreibtisch mit Locher und Schreibmaschine verbracht.

Zwar war mein erstes Business nicht hundertprozentig legal, aber diese Jugendsünde ist mittlerweile verjährt.

Nachdem wir das Unternehmen in meiner Jugend wegen sich eintrübender Geschäftsaussichten in der gesamten Branche abwickeln mussten, war ich traurig und erleichtert zugleich. Ich hatte ja miterlebt, wie hart mein Vater gearbeitet und wie sehr ihm der Druck zugesetzt hatte. Die Verantwortung für die Mitarbeitenden und deren Familien wog schwer. Womöglich habe ich mich auch deshalb zunächst gegen das Gründen eines eigenen Unternehmens entschieden – obwohl ich bereits im Alter von 14 Jahren zusammen mit einem Kindergartenfreund mein erstes Business aufgezogen habe.

Zwar war es nicht hundertprozentig legal, aber diese Jugendsünde ist mittlerweile längst verjährt, sodass ich hier davon erzählen kann. Wir haben damals in relativ großem Stil Raubkopien von Computerspielen auf Disketten verkauft. Das war zu einer Zeit, in der die Polizei das noch überhaupt nicht gecheckt hat. Wir hatten ein Logo, eine Kundendatei und teilten Aufgaben wie das Sourcing, die Produktion und den Vertrieb unter uns auf. Und wir machten sogar Werbung. Zum einen verteilten wir Visitenkarten an Kinder in den Computerspielabteilungen von Karstadt und Kaufhof – mit den Festnetznummern unserer Eltern darauf. Zum anderen brachten wir Videokassetten in den Umlauf, ähnlich wie die Streetball-Tapes von ›AND1‹ in den 1990er-Jahren. Ich glaube sogar behaupten zu dürfen, dass wir so was wie die ersten Gaming-Streamer der Welt waren. Aus einer Not heraus, die bekanntlich erfinderisch macht. Denn wir bekamen die Spiele über einen Mit[12]telsmann direkt aus den USA – und zwar noch bevor sie in den einschlägigen Computerzeitschriften in Deutschland getestet, geschweige denn im Handel zum Verkauf angeboten wurden. Das war Fluch und Segen zugleich. Denn alle wussten zwar, dass es den neuesten Shit nur bei uns gab. Aber keiner kannte die Spiele und ungesehen wollte sie niemand kaufen. Also haben wir die Games gezockt und dabei den Monitor abgefilmt, um davon VHS-Kassetten zur Promotion auf dem Pausenhof zu verteilen. Das Ganze lief ein bisschen wie in der Serie ›Mixed by Eric‹. Nur dass wir am Ende nicht in den Bau gewandert sind.

Ich möchte hier ausdrücklich niemanden dazu animieren, illegale Geschäfte zu betreiben. Mir geht es darum zu zeigen, dass Unternehmertum durchaus vor einem Berufsabschluss möglich ist. Das Anliegen dieses Buches ist es nämlich, gerade junge Menschen dazu zu ermutigen, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. Denn es ist nie zu früh für eine gute Idee.

Ein Start-up oder ein anderes Unternehmen zu gründen ist letztlich Ausdruck eines gewissen Zukunftsvertrauens einer Gesellschaft. Gründende sind sozusagen die Hefe im Teig einer Volkswirtschaft – sie schaffen Wohlstand und Arbeitsplätze. Von ihnen braucht Deutschland mehr, denn die Zahl der Neugründungen ist rückläufig. Auch 2023 wurden bundesweit knapp fünf Prozent weniger Start-ups als im Jahr zuvor gegründet.2

Es ist nie zu früh für eine gute Idee.

Obwohl ich mich nach meiner Ausbildung für eine Konzernkarriere entschied, war ich doch stets nebenher (legal) unternehmerisch tätig. Zunächst in Form eines international agierenden Modelabels [13]zusammen mit dem weltweit bekannten Graffiti-Künstler Mirko Reisser aka DAIM. Beim zweiten Mal mit der – aus einer Bierlaune heraus entstandenen – Firma AlpineAir, die frische Bergluft in Dosen nach China exportierte. Beide mit denkbar unterschiedlichem Erfolg.

Über das Arbeiten in Gruppen und komplementäre Teamstrukturen habe ich viel in meiner Zeit als aktiver Rapper gelernt. Ich war damals zwar der mit Abstand organisierteste, aber bei Weitem nicht der beste Rapper unserer Band. Daher kümmerte ich mich vorwiegend um Dinge wie das Booking und die Probe- und Studiotermine, statt um die Beats und Texte. Das übernahmen die musikalischeren und wortgewandteren Jungs und so ergänzten wir uns gegenseitig ideal. Hätten wir alle dieselben Skills – den Fachbegriff hat definitiv irgendein Businesskasper von der Hip-Hop-Szene abgekupfert – gehabt, wären unsere Touren zwar perfekt organisiert, aber die Auftritte lame gewesen.

Scheitern ist Teil des Geschäftsmodells von Start-ups und VCs.

Heute helfe ich Start-ups hauptberuflich mit der Bereitstellung von Cloud-Lösungen, investiere als Business Angel und engagiere mich darüber hinaus bei der Initiative ›Jugend gründet‹ des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF). Im Rahmen all dieser Tätigkeiten habe ich oft genug Start-ups pleitegehen sehen und miterlebt, wie Gründende an sich zweifeln. Diesen versuche ich stets zu vermitteln, dass Scheitern Teil des Geschäftsmodells ist.

Genau davon können die folgenden zehn Gründerinnen und Gründer ihre eigene ganz persönliche Geschichte erzählen. Deswegen genug der Vorrede und viel Spaß mit ihren Founders’ Stories.

Axel Täubert

1 Wörter in kursiver Schrift werden im Glossar erklärt.

2 »Next Generation«, Bundesverband Deutsche Startups e.V., 2023.

[15]simpleclub Educate the World

[17]Die Firma simpleclub ist ein von Nicolai Schork und Alexander Giesecke im Jahre 2015 gegründetes EdTech Start-up. Beide dürfen sich Mitglieder der Forbes 30 Under 30 sowie der jungen Elite 40 Under 40 des Capital Magazins nennen. Das Businessmodell besteht aus einer B2C-App für Schüler sowie einem B2B-Angebot für ausbildende Unternehmen. Mittlerweile nutzen mehr als zwei Millionen Lernende die App. Nach der Series-A in Höhe von sieben Millionen Euro in 2022 und einer weiteren Angel-Runde in 2023 ist das Start-up derzeit mit einem mehrstelligen Millionenbetrag bewertet. In Zukunft werden zusätzliche Ausbildungsberufe hinzukommen und die User mit einem AI-Tutor beim Lernen unterstützt.

Folgende Learnings sind meiner Ansicht nach die wichtigsten aus der Geschichte von Nico und Alex:

Dos:

Sorgsame Wahl der Co-Founder und GesellschafterBusiness Angels mit relevantem Netzwerk und Know-howStrukturierung des Tages für effizientes ArbeitenErfahrung an jüngere Gründende weitergeben

Don’ts:

Zu lange an falschen Entscheidungen festhaltenMangel an Fokus und zu viele Dinge auf einmal machenHobbys, Sport und Freundeskreis komplett vernachlässigenLoslegen, ohne den Product-Market-Fit zu testen

[18]Nico Schork & Alex Giesecke

STECKBRIEF

Name:NICOLAI SCHORK

Geburtsdatum: 13.09.1994

Geburtsort: Eberbach (Baden-Württemberg)

Ausbildung: Bachelor of Science (Medieninformatik)

Ursprünglicher Berufswunsch: Lehrer

Erste Gründung im Alter von: 17

Fun Fact: Ich fahre als Hobby Extreme-Enduro, quasi mit dem Motorrad über Wege, wo andere nicht einmal wandern würden.

Beruf Vater: Öffentliche Verwaltung

Beruf Mutter: Bankkauffrau

Vorbilder: Steve Jobs – schau dir seine Stanford-Rede auf YouTube an!

Bester Tipp, den ich je bekommen habe: Bau dir ein Netzwerk auf!

Mein persönlicher Myth Buster: »Du kannst nicht während der Schule oder der Uni gründen.« – Doch, kannst du!

Buch, das man gelesen haben muss: ›The 7 Habits of Highly Effective People‹ von Stephen R. Covey

[19]Name:ALEXANDER GIESECKE

Geburtsdatum: 31.03.1995

Geburtsort: Mosbach (Baden-Württemberg)

Ausbildung: Bachelor of Science (Maschinenbau)

Ursprünglicher Berufswunsch: Ingenieur

Erste Gründung im Alter von: 17

Fun Fact: Habe mit drei angefangen, Klavier zu spielen, und wäre fast Pianist geworden.

Beruf Vater: Diplom-Musiker

Beruf Mutter: Diplom-Musikerin und Dozentin an der PH Heidelberg

Vorbilder: Viele, aber nie für alle Eigenschaften (z. B. Elon Musk für seine visionäre Art, aber nicht für seinen Führungsstil)

Bester Tipp, den ich je bekommen habe: Fokus!

Mein persönlicher Myth Buster: »Multitasking ist gut.« – Blödsinn! Viele erfolgreiche Menschen haben gemeinsam, dass sie sich auf eine Sache fokussieren können und Dinge nacheinander abarbeiten, nicht gleichzeitig.

Buch, das man gelesen haben muss: ›The 7 Habits of Highly Effective People‹ von Stephen R. Covey (die Bibel für uns beide)

[20]Alex’ & Nicos Founders’ Story

Ohne Origami gäbe es simpleclub heute nicht. Dabei können wir nicht mal einen ordentlichen Papierflieger falten, dafür aber – zumindest in der Theorie – den Winkel jedes einzelnen Falzes berechnen. Um zu verstehen, wie beides dazu geführt hat, dass wir heute Gründer sind, müssen wir ein wenig ausholen. Unsere Geschichte begann weder in einer Garage im Valley, noch waren wir Nerds an einer Eliteuni in Boston. Wir waren zwei 16-jährige Typen aus einem Kaff nahe Heidelberg, die »etwas im Internet starten« wollten.

Scheitern ist nicht das Gegenteil von Erfolg, sondern ein Teil davon.

[21]Inspiriert von dem Film ›The Social Network‹ bastelten wir fast ein Jahr an einem sozialen Netzwerk herum, in dem man Freunde besser in Gruppen und nach Themenbereichen organisieren konnte. Wir nannten das Prinzip ›Stacks‹ und waren uns sicher: Das wird das nächste große Ding. Vic Gundotra von Google allerdings auch. Denn kurz vor unserem Launch in 2011 kündigte er Google+ an, ein Netzwerk mit ganz ähnlichem Konzept namens ›Circles‹. Im Nachhinein das Beste, was uns passieren konnte. Denn selbst der Suchmaschinengigant mit nahezu unendlichen Ressourcen musste das Projekt ein paar Jahre später aufgrund enttäuschender Nutzerzahlen einstellen. Trotzdem ist es ein Bilderbuchbeispiel dafür, dass Scheitern nicht das Gegenteil von Erfolg ist, sondern ein Teil davon. Denn einzelne Funktionen des Netzwerks leben bis zum heutigen Tag in anderen Google-Produkten wie Photos und Meets weiter.

Für uns war die Ankündigung von Google+ zunächst jedoch ein herber Schlag. Wir hatten das Äquivalent der Arschkarte bei Monopoly gezogen: »Gehe nicht über Los, ziehe kein Geld ein.« Der Traum vom Exit wie der von Facebook in ›The Social Network‹ war geplatzt. Wir hatten das Spiel verloren, ohne auch nur einmal die Würfel in die Hand genommen zu haben. Notgedrungen stampften wir unsere Plattform ein und starteten wieder bei null. Doch das Ganze war zugleich ein wichtiges Learning. Wir hatten – wenn auch auf die harte Tour – gelernt, dass sich monatelang einzusperren und irgendein Produkt zu entwickeln nicht zum Erfolg führt. Von Product-Market-Fit hatten wir zuvor nie etwas gehört. Oder wie es Nelson Mandela auf den Punkt gebracht hat:

»I never lose. I either win or learn.«

Nelson Mandela

[22]Doch Learning by Doing kann echt frustrierend sein. In unserer Gegend gab es leider keine Gründenden, von deren Erfahrungen wir hätten profitieren können. Uns fehlten schlicht die Vorbilder in der Familie oder im näheren Umfeld. Unsere Eltern arbeiteten als Musiker, in der Gemeindeverwaltung und als Angestellte in der Bank. Da stand Unternehmertum nicht gerade weit oben auf der Themenliste beim Abendessen. Sogar nachdem wir simpleclub gegründet hatten, hat es Jahre gedauert, bis wir uns als Unternehmer bezeichnet haben. Das ist übrigens einer der Gründe, warum wir uns heute bei ›STARTUP TEENS‹ engagieren. Aber dazu später mehr, denn zum damaligen Zeitpunkt waren wir ja selbst noch Teenager und konzentrierten uns erst einmal aufs Abi.

Sechs Monate nach unserem Monopoly-Moment hörten wir, dass die Bekannte einer Bekannten auf YouTube angeblich Tausende von Euro mit Origami-Faltvideos verdiente. Vorher wussten wir gar nicht, dass man auf der Plattform überhaupt Geld verdienen konnte. Weil viele Mitschüler während der Oberstufe Probleme mit Mathe hatten, suchten wir dort spaßeshalber nach passenden Lernvideos. Zu unserer Überraschung fanden wir tatsächlich ein paar Ergebnisse, die didaktisch in etwa so spannend waren wie das Telekolleg und die aussahen, als wären sie mit einer Kartoffel gefilmt. Bis dato gab es auf YouTube hauptsächlich Erklärvideos von Lehrkräften in Cordjacketts, die an der Tafel standen und maximal einschläfernd erklärten. Und dann kam eins zum anderen. In Mathe kannten wir uns aus und das Nutzerproblem konnten wir jeden Tag im Unterricht beobachten. So entstand 2012 der Vorsatz: »Wir machen jetzt die coolsten Mathevideos Deutschlands.«

Unser Studium war so gut wie durchfinanziert. Mit dieser Motivation starteten wir den Kanal TheSimpleMaths und produzierten jede Woche professionelle Videos. Zu zweit artete das richtig in Arbeit aus. Ein halbes Jahr später kam die erste Abrechnung von YouTube über 10 Dollar – kein Scheiß! Und die bekam man nicht einmal ausgezahlt, bevor man nicht mindestens 70 Dollar erreicht [23]hatte. Bei der damaligen Runrate also in dreieinhalb Jahren! Auf den Monthly-Recurring-Revenue (MRR) hätte man nicht einen Cent raisen können. Origami war anscheinend gefragter als Mathe und wir bewegten uns nicht mal im Bereich Taschengeld, geschweige denn BAföG. Was den kommerziellen Erfolg betraf, hatten wir schlicht unterschätzt, wie viel Reichweite man aufbauen musste, damit sich der Aufwand lohnt. Auch wenn das Feedback und die Kommentare durchweg positiv waren. Dort standen Dinge wie: »Dank euch verstehe ich endlich Mathe!«, »Wegen eurer Videos hab ich ne 1 geschrieben. Jetzt kann ich meinen Traum erreichen und Medizin studieren.« Oder sogar: »Hey Jungs, ich bin blind und höre mir eure Videos an. Das hilft mir extrem beim Mathelernen, danke, dass es euch gibt.«

So was als Jugendlicher zu lesen ist krass. Uns wurde bewusst, dass wir zum ersten Mal im Leben etwas Sinnstiftendes taten. Allerdings verdienten wir keine Kohle und waren kurz davor, alles hinzuschmeißen. Aber aufgrund der Rückmeldungen sagten wir uns: Fuck it! Wir müssen das einfach weitermachen. Intuitiv taten wir genau das, was Larry Page bei Google stets propagierte:

»Focus on the user and all else will follow.«

Larry Page

Ganz offensichtlich lösten wir ein Problem unserer User und das würde sich irgendwann auszahlen. Trotzdem mussten wir dringend das Businessmodell ändern.

Darum läuteten wir 2015 eine horizontale Diversifizierung ein, indem wir weitere Fächer abdeckten und für jedes von ihnen einen separaten Channel aufsetzten. Dementsprechend wurde aus der alten Marke, die uns auf Mathe beschränkte, die neue Brand TheSimpleClub. Dafür meldeten wir das erste Mal eine GmbH an. Den Termin beim Notar werden wir nie vergessen – und zwar [24]nicht nur, weil es die teuerste Vorlesestunde unseres Lebens war. Mit dem Gesellschaftervertrag in den Händen traten wir vor die Tür und kamen uns vor, als hätten wir ein zweites Mal Abi gemacht. Uns stand die gesamte Welt offen, die nur darauf wartete, von uns zum Besseren verändert zu werden. Denn wir waren überzeugt davon, dass unsere Videos Bildung universell zugänglich und damit ein Stückchen gerechter machen würden. Schließlich waren sie ja auch für Kinder verfügbar, deren Eltern sich keine Nachhilfe leisten oder ihren Kindern selbst nicht helfen konnten.

Was aus einem Nebenprojekt in der Schule entstanden war, wurde während der Uni zunehmend zu einem Fulltime-Job. Unsere Freunde und Eltern waren extrem skeptisch und rieten uns andauernd, uns aufs Studium zu konzentrieren. Doch immer mehr Kommentare unter den Videos wie »Warum können Lehrer das nicht so erklären?« oder »Ihr habt mir den Arsch gerettet!« motivierten uns, Vollgas zu geben. Um parallel weiterstudieren zu können, wechselte Nico sogar von einem eher verschulten dualen Studium bei SAP an die Universität, um sein Lernpensum besser einteilen zu können.

Und damit sind wir bei einem Grundproblem des deutschen Schulsystems, das alle dazu verdonnert, denselben Stoff in derselben Zeit zu lernen. Videos hingegen kann man jederzeit anhalten, zurückspulen, langsamer oder auch mal schneller laufen lassen. Außerdem sind sie zu jeder Tageszeit, am Schreibtisch, unterwegs oder auf der Couch konsumierbar. Das sind unschlagbare Vorteile gegenüber dem linearen Lernen in der Schule, denn jeder von uns hat sein eigenes Lerntempo und individuelle Stärken und Schwächen.

Irgendwann waren wir an einem Punkt, an dem wir über drei Millionen Subscriber auf YouTube und fast eine halbe Milliarde Videoaufrufe hatten. Hunderttausende Schülerinnen und Schüler lernten jeden Monat mit uns und Lehrkräfte haben unsere Videos im Klassenzimmer eingesetzt. Damit hatten wir eine riesige [25]Verantwortung und stellten uns die Frage: Ist das die Zukunft der Bildung?

Doch YouTube wurde nicht fürs Lernen konzipiert. Die Algorithmen sind auf maximale Watchtime und damit schlussendlich auf Werbeeinnahmen, nicht auf Lernerfolg hin optimiert. Außerdem hätte Google die Plattform – ähnlich wie Google+ – jederzeit einstellen können. Dann wären wir und damit unser Team, für das wir ja ebenfalls die Verantwortung trugen, am Arsch gewesen. Darüber hinaus reichen Lernvideos, trotz all der erwähnten Vorteile, zum Lernen allein nicht aus. Man konsumiert sie eher passiv, statt den Stoff anzuwenden und zu üben.

Entlassungen – einer der emotional schwierigsten Momente für uns als Gründer.

Wir gelangten zu der Einsicht, dass Videos allein auch für unser Business nicht die richtige Strategie war. Inhalte und Plattform mussten aus einer Hand stammen und wir die Kontrolle über beides haben. Es folgte eine wahre Achterbahnfahrt und der erste große Pivot – weg von einer reinen Videoproduktionsfirma hin zu einem Technologieunternehmen. Die Entscheidung, das Businessmodell umzustellen, war hart. Immerhin waren wir profitabel und hatten 30 hochmotivierte Mitarbeitende. Schweren Herzens entschlossen wir uns damals, die Hälfte des Teams zu entlassen – bis heute einer der emotional schwierigsten Momente für uns als Gründer. Doch wir brauchten für die neue Strategie ein völlig anderes Set-up. Trotzdem geriet der Launch der ersten App in 2016 zum Epic Fail. Wir hatten zwar viele Downloads und jede Menge positive Bewertungen, doch ein Kommentar traf es auf den Punkt: »Hey Jungs, 5 Sterne, weil ich feiere, was ihr macht. Aber die App ist scheiße.«

In Wirklichkeit gab es übrigens einen weiteren Grund für die Umstrukturierung, den wir bislang kaum in der Öffentlichkeit [26]thematisiert haben und der die Situation emotional noch viel härter für uns gemacht hat. Im Hintergrund steckten wir mitten in einem Rechtsstreit mit unserem Ex-Gesellschafter. Wir hatten die GmbH nämlich zusammen mit einem strategischen Partner gegründet, der einen Großteil der Anteile hielt. Ohne in die Details gehen zu wollen, hatte sich diese Firma zum damaligen Zeitpunkt etwas Schwerwiegendes zuschulden kommen lassen. Wir sind keine Anwälte, aber wir glauben, der juristische Fachbegriff lautet: Clusterfuck!

Augen auf bei der Gesellschafterwahl.

Wir sahen keinen anderen Ausweg, als deren Anteile zwangseinzuziehen, woraufhin wir verklagt wurden. Nach zwei Jahren Rechtsstreit hatten wir uns endlich auf einen Vergleich geeinigt, der uns dazu verdonnerte, fast eine Million Euro Abfindung zu zahlen. Das überstieg bei Weitem die finanziellen Möglichkeiten von The-SimpleClub, sodass wir dafür sogar privat bürgen mussten. Wir sind quasi all-in gegangen und haben alles auf eine Karte gesetzt. Diese Zeit war die mit Abstand schwierigste in unserem Gründerleben. Also Augen auf bei der Gesellschafterwahl.

Es bringt nichts, wenn man sich nur mit Leuten umgibt, die einem zu ähnlich sind.

Mindestens genauso wichtig ist es, die richtigen Co-Founder zu finden. Nicht jeder hat das Glück, mit seinem besten Kumpel zu gründen, der mit einem durch dick und dünn geht. Wir beide kennen uns seit der 5. Klasse, vertrauen uns blind und ergänzen uns gegenseitig. Es bringt nichts, wenn man sich nur mit Leuten umgibt, die einem zu ähnlich sind. Darauf achten Geldgeber [27]ebenfalls. Kein vernünftiger Trainer stellt beim Fußball nur Stürmer ohne Abwehr und Torwart auf den Platz. Auch Solo-Foundern stehen Investierende oft skeptisch gegenüber, denn deren Start-ups überstehen nur selten den Bustest, der da lautet: Was passiert, wenn der Gründende vor den Bus läuft? Klingt makaber, ist jedoch ein zusätzliches Risiko für die Kontinuität der Unternehmensführung.

Der Prozess der kreativen Zerstörung gehört bei Start-ups dazu.

Vor allem ermöglichen zwei oder mehr Founder die Verteilung der Aufgaben auf mehrere Schultern. Obwohl wir beide einen technischen Universitätsabschluss besitzen, haben wir trotzdem eine klare Aufgabenteilung. Einer kümmert sich um die Produktentwicklung und Technologie und der andere um Business Development, Vertrieb und Marketing. Nur das Unternehmen führen, das machen wir als Co-CEOs zusammen. Nicht umsonst schreiben wir diese Zeilen gemeinsam und im Plural. Anders war es nur einmal ganz am Anfang. Da haben wir uns in getrennte Räume gesetzt und unabhängig voneinander unsere Vision für TheSimpleClub aufgeschrieben. Und was sollen wir sagen: Wir hatten einen Match. Seitdem gibt es uns nur im Doppelpack. Sowohl intern nach dem Vieraugenprinzip als auch extern bei gemeinsamen Presseterminen oder gegenüber unseren Investierenden. Das ist nicht unbedingt das gängigste Modell, aber für uns funktioniert es. Außerdem hält man so automatisch sein Ego in Schach und konzentriert sich auf die Sache, denn um die geht es ja schließlich.

Und deswegen haben wir damals fast alles in die Tonne getreten und die gesamte Firma neu aufgebaut. Quasi ein kompletter Reset. Dieser Prozess der kreativen Zerstörung gehört bei Start-ups zwar dazu, ist aber trotzdem schmerzhaft. Gerade in schwierigen [28]Fahrwassern zeigt sich, ob ein Gründerteam zusammenhält. Und eins ist sicher: Heute sind wir unendlich dankbar, dass wir die Phase des Rechtsstreits nicht allein durchstehen mussten.

Neben dem Pivot haben wir unsere Company abermals umfirmiert und in simpleclub umbenannt. Ihr denkt euch womöglich: Warum nicht gleich so? Ist doch im wahrsten Sinne des Wortes einfach. Im Nachhinein schon. Aber Facebook hieß ursprünglich ja auch The Facebook, bis der Founder von Napster zu Mark Zuckerberg sagte: »Drop the The!« Die legendäre Szene dazu in ›The Social Network‹ hatten wir anscheinend nicht verinnerlicht, sonst hätten wir uns den Umweg gerne erspart. Wahrscheinlich lag es nicht nur am Artikel, aber der Pivot und unser großer App-Relaunch 2019 waren ein voller Erfolg. Wir hatten einen viel besseren Product-Market-Fit und konnten genug Gewinne erwirtschaften, um die Abfindung zu begleichen. All-in zu gehen hatte sich ausgezahlt und simpleclub gehörte endlich wieder zu 100 Prozent uns.

»Drop the ›The‹!«

Sean Parker

2020 kam dann das, was heute keiner mehr hören will: die Pandemie. Kurz vor der Schulschließung während des ersten Lockdowns hatten wir eine spontane Hilfsaktion gestartet und kostenlose Schullizenzen in ganz Deutschland verteilt. Die Idee kam uns, nachdem sich viele Lehrkräfte und Schulleitende in Panik bei uns gemeldet hatten. Als wir die Aktion am Freitag auf Social Media gepostet hatten, ist unsere Inbox übers Wochenende förmlich explodiert. Wir hatten mal eben innerhalb von 48 Stunden 1,9 Millionen Lizenzen im Wert von weit über 30 Millionen Euro verteilt! Damit waren wir fast in jeder Schule Deutschlands vertreten. Das ging natürlich einher mit einer riesigen Verantwortung. Egal wie erfolgreich der App-Relaunch zuvor auch war, mit so vielen Nutzenden in so kurzer Zeit hatten wir selbst in unseren kühnsten [29]Träumen – beziehungsweise im Best-Case-Szenario des Businessplans – nicht gerechnet. Dabei wollten wir so viel mehr mit der Plattform erreichen und noch schneller agieren. Aber dafür mussten wir uns finanziell neu aufstellen.

Durchschnittlich überlebt eines von zehn Start-ups.

Deshalb sind wir von bootstrappt auf Risikokapital umgestiegen. Statt also mit dem eigenen Geld, das monatlich reinkam, zu haushalten, haben wir Fremdkapital eines Venture-Capital (VC) aufgenommen. Diese erwarten von ihren Investments schnelles und exponentielles Wachstum – in unserem Fall kein Problem. Denn deren Rechnung ist denkbar einfach: Durchschnittlich überlebt eines von zehn Start-ups. Daher brauchen die VCs beim Exit einen Multiple von zehn oder mehr, um die Verluste der neun gescheiterten wettzumachen. Während man sich als Gründer also ausmalt, ein paar Jahre mit dem Geld eines Exits bei fünffacher Bewertung in Thailand zu chillen, zöge man damit in Wirklichkeit die Durchschnittsperformance des Fonds herunter. Das reicht nämlich nicht, um mit dem eingesetzten Kapital die versprochene Rendite zu erzielen. Denn VCs haben sich ihr Geld auch nur von sogenannten Limited Partners (LPs) geliehen, die es ordentlich verzinst wissen wollen. Bitte nicht falsch verstehen: Wir sind HV Capital sehr dankbar, dass sie an uns geglaubt und sich 2020 mit zwei Millionen Euro an simpleclub beteiligt haben. Damit konnten wir die Company stärker aufstellen und in die Weiterentwicklung der Plattform investieren. Dabei war und ist unser Anspruch, dass wir die besten digitalen Lerninhalte in Deutschland produzieren – Punkt.

Das Bildungssystem hierzulande könnte heute ebenfalls schon wesentlich besser sein. Denn es existieren durchaus Konzepte, die sich in der Lernforschung bewährt haben, aber in deutschen [30]Schulen keinen Einzug finden. Dabei wollen wir mit unserer App keinesfalls Lehrkräfte ersetzen. Vielmehr möchten wir sie bei der Vermittlung von Inhalten unterstützen. Dadurch bleibt ihnen hoffentlich mehr Zeit für ihre Rolle als Coach, Mentor und Motivator und nicht für mehr Frontalunterricht. Eine weitere Herausforderung für uns ist, dass digitale Lösungen in Deutschland leider zu wenig in den Unterricht miteinbezogen werden. Etablierte Beziehungen mit klassischen Schulbuchverlagen, komplizierte Anträge zum Abrufen der Gelder zur Digitalisierung, langsame Behörden und eine übertriebene Angst vor Datenschutz sind hohe Hürden für EdTech Start-ups wie simpleclub.

Deswegen müssen wir die User direkt ansprechen. Wir versuchen auch gar nicht erst, unser Produkt den Eltern zu verkaufen, sondern setzen bewusst auf Pull-Marketing, bei dem die Schülerinnen und Schüler im Fokus der Kommunikation stehen. Ziel ist, diese so für die Lernplattform zu begeistern, dass sie sich von ihren Eltern ein Abo wünschen. Denn seien wir doch mal ehrlich: Jugendliche machen in dem Alter, in dem die Probleme in der Schule losgehen, so ziemlich alles – nur nicht das, was ihre Eltern von ihnen wollen. Und der Erfolg gibt uns recht. Heute lernen jeden Monat über zwei Millionen Menschen mit unseren Inhalten.

Unsere Vision ist die Verschmelzung des Schulsystems mit digitalen Lösungen fürs Lernen.

Von der Regierung wurde das Thema Digitalisierung in der Vergangenheit leider sträflich vernachlässigt. Nicht nur, aber auch in der Bildung. Das hat wohl jeder mit schulpflichtigen Kindern spätestens während der Coronapandemie gemerkt. Das können wir uns als Gesellschaft nicht länger leisten und deshalb haben wir 2021 die ›Initiative der deutschen digitalen Bildungsanbieter [31](iddb)‹ mitgegründet. Im Rahmen dieser Vereinigung sind wir mit der Politik zur Digitalisierung der Bildung im Dialog. Unsere Vision ist die Verschmelzung des Schulsystems mit digitalen Lösungen fürs Lernen.

Denn wir wollen auf keinen Fall, dass nur Schüler aus privilegierten Familien unsere App nutzen können. Auch wenn wir günstiger als Nachhilfestunden sind, finden wir genauso als bezahltes Zusatzprodukt am Nachmittag statt. Langfristig sollen nicht Schülerinnen und Schüler beziehungsweise deren Eltern für die App zahlen, sondern die Schulen. Doch dort wird weiterhin mit verstaubten Büchern gelernt. Unser Ziel, simpleclub in den Schulalltag zu integrieren, haben wir bis dato nicht erreicht.

Und bis wir in Deutschland so weit sind, braucht es jede Menge Zeit. Doch die ist bei Start-ups neben dem Funding grundsätzlich knapp. Denn egal, wie viel man geraist hat – jede Runway ist endlich. Um das B2C-Modell weiter zu skalieren, benötigten wir also abermals frisches Geld und haben 2022 eine Series-A-Finanzierungsrunde in Höhe von sieben Millionen Euro mit zusätzlichen Investierenden wie 10X-Founders und einflussreichen Business Angels gedreht. Letztere können ein wichtiges Asset für Start-ups sein. Dabei geht es weniger um das Geld, das sie mitbringen, sondern vielmehr um die Erfahrung und das Netzwerk, welche sie beisteuern. Manchmal können sie auch von außen einen frischen Blick auf das Unternehmen werfen, den man selbst wegen Betriebsblindheit nicht mehr hat.

In unserem Fall genügt es oft schon, dass wir zu zweit sind, um uns gegenseitig kritisch zu hinterfragen. Und so kam knapp ein Jahr später der Zeitpunkt, an dem wir den ursprünglichen Plan abermals über den Haufen warfen.

»Everyone has a plan, till they get punched in the mouth.«

Mike Tyson

[32]Schon seit 2019 hatten wir uns einen weiteren Revenue-Stream erschlossen – den der Berufsausbildung. Dieser Geschäftsbereich war uns fast ein wenig in den Schoß gefallen, denn Azubis wollten nach der Schule weiter mit uns lernen und wünschten sich die App diesmal nicht von ihren Eltern, sondern von ihrem Ausbildungsbetrieb. Die Firma Brillux kam damals auf uns zu, um die Lerninhalte ihrer Auszubildenden zu digitalisieren, woraus sich bald unser B2B-Modell entwickelte. Damit verlängerten wir quasi den Customer Life Cycle von Schülern um zwei bis drei Jahre. Außerdem war der Churn vergleichsweise gering, denn Unternehmen stellen jedes Jahr neue Azubis ein und benötigen die Lizenzen daher dauerhaft. Derzeit verzeichnen wir sogar negativen Churn. Das entspricht vom Prinzip der mathematischen Regel »Minus mal minus ergibt plus« und bedeutet, dass die Kundenzahl sogar wächst, weil sie Lizenzen dazubuchen. Schulabgänger hingegen mussten wir jedes Jahr durch neue Abonnenten ersetzen.

Als frühphasiges Start-up sollte man zu viele Baustellen auf einmal tunlichst vermeiden.

Ende 2022 haben wir uns zusammengesetzt, um die Modelle nebeneinanderzulegen und zu vergleichen. Das