Freileitungen und Kabel in Hoch- und Höchstspannungsnetzen kompakt - Markus Palic - E-Book

Freileitungen und Kabel in Hoch- und Höchstspannungsnetzen kompakt E-Book

Markus Palic

0,0

Beschreibung

Das Buch enthält alle wesentlichen Grundlagen der Freileitungs- und Kabeltechnik im Hoch- und Höchstspannungsbereich in allgemein verständlicher Form.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern

Seitenzahl: 324

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Markus Palic / Konstantin O. Papailiou / Guntram Schultz

Freileitungen und Kabel in Hoch- und Höchstspannungsnetzen kompakt

DOI: https://doi.org/10.24053/9783381104826

 

 

© 2023 expert verlag

‒ ein Unternehmen der Narr Francke Attempto Verlag GmbH + Co. KG

Dischingerweg 5 · D-72070 Tübingen

 

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

 

Alle Informationen in diesem Buch wurden mit großer Sorgfalt erstellt. Fehler können dennoch nicht völlig ausgeschlossen werden. Weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen übernehmen deshalb eine Gewährleistung für die Korrektheit des Inhaltes und haften nicht für fehlerhafte Angaben und deren Folgen. Diese Publikation enthält gegebenenfalls Links zu externen Inhalten Dritter, auf die weder Verlag noch Autor:innen oder Herausgeber:innen Einfluss haben. Für die Inhalte der verlinkten Seiten sind stets die jeweiligen Anbieter oder Betreibenden der Seiten verantwortlich.

 

Internet: www.expertverlag.deeMail: [email protected]

 

ISBN 978-3-381-10481-9 (Print)

ISBN 978-3-381-10483-3 (ePub)

Inhalt

GeleitwortVorwort der Autoren1 Geschichte und Grundlagen der elektrischen Energieübertragung1.1 Historie der Stromübertragung1.2 Entwicklung der Hoch- und Höchstspannungsfreileitungen1.3 Entwicklung der Hoch- und Höchstspannungskabel1.4 Gleich- und Drehstrom in der Energieübertragung1.5 Aufgaben und Strukturen elektrischer Energienetze1.6 Grundlagen der Netzplanung1.7 Netzbetrieb2 Gestaltung von Freileitungs- und Kabeltrassen2.1 Freileitungstrassen2.1.1 Mastformen und Landschaft2.1.2 Kompakte Doppelfreileitungen2.1.3 Kompakte Mehrfachfreileitungen2.1.4 Schutzbereiche von Freileitungen2.1.5 Landwirtschaftlich genutzte Bereiche2.1.6 Waldflächen2.1.7 Bereiche mit Höhenbeschränkungen2.1.8 Siedlungsbereiche2.2 Kabeltrassen2.2.1 Drehstrom-Kabeltrassen2.2.2 Gleichstrom-Kabeltrassen2.2.3 Verlegearten2.2.4 Muffen- und Übergangsanlagen2.2.5 Kreuzungen2.2.6 Trassen mit temporären Gestängen2.2.7 Trassenausnutzung3 Genehmigungsverfahren und Umweltverträglichkeit3.1 Verfahren für Hochspannungsleitungen (110 kV)3.2 Verfahren und Gesetze für vordringliche Höchstspannungsleitungen3.2.1 Energieleitungsausbaugesetz (EnLAG)3.2.2 Netzausbaubeschleunigungsgesetz Übertragungsnetz (NABEG)3.2.3 Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG)3.3 Verfahren für nicht vordringliche Höchstspannungsleitungen3.4 Entwicklung des Europäischen Netzverbundes3.5 Raumordnungsverfahren (ROV)3.5.1 Aufgabe der Raumordnung3.5.2 Ablauf eines Raumordnungsverfahrens3.5.3 Raumordnerische Beurteilung3.6 Bundesfachplanung (BFP)3.7 Planfeststellungsverfahren (PFV)3.7.1 Ablauf des Planfeststellungsverfahrens3.7.2 Der Planfeststellungsbeschluss3.8 Das NOVA-Prinzip3.9 Umweltverträglichkeit von Freileitungen und Kabeln3.9.1 Strategische Umweltprüfung (SUP)3.9.2 Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP)3.9.3 Beeinträchtigungen der Avifauna3.9.4 Landschaftspflegerischer Begleitplan und Eingriffsausgleich3.10 Entschädigungen4 Freileitungstechnik4.1 Bemessung von Freileitungen4.1.1 Seilgewicht4.1.2 Eislasten4.1.3 Windlasten4.1.4 Bemessung der Komponenten4.1.5 Elektrische Anforderungen4.2 Leiterseile4.2.1 Typen und grundlegende Eigenschaften von Leiterseilen4.2.2 Kriechen4.2.3 Seilverhalten4.2.4 Seildurchhang4.2.5 Seilbelastung4.2.6 Thermisches Verhalten4.2.7 Korona4.2.8 Bündelleiter4.2.9 Erdseile4.2.10 Hochtemperatur-Leiterseile4.2.11 Freileitungs-Monitoring4.2.12 Seilschwingungen4.3 Isolatoren4.3.1 Klassifizierung4.3.2 Porzellanisolatoren4.3.3 Glasisolatoren4.3.4 Verbundisolatoren4.4 Armaturen4.4.1 Seilarmaturen4.4.2 Isolatorkettenarmaturen4.4.3 Schwingungsdämpfer4.4.4 Abstandshalter4.5 Tragwerke4.5.1 Materialien4.5.2 Mastarten4.5.3 Entwurf der Tragwerks-Geometrie4.5.4 Auf Tragwerke wirkende Belastungen4.5.5 Blitzschutz4.5.6 Erdung4.5.7 Gründungen4.6 Leitungsbau4.6.1 Vermessung und Mastausteilung4.6.2 Vorbereitung der Baustelle4.6.3 Gründungen4.6.4 Mastbau4.6.5 Seilverlegung4.7 Inspektion und Wartung von Freileitungen4.8 Verstärkung und Ertüchtigung von Freileitungen4.8.1 Verstärkung4.8.2 Ertüchtigung5 Kabeltechnik5.1 Kabelaufbau5.2 Kabelkonstruktionen5.3 Kabel für Mittel-, Hoch- und Höchstspannung5.3.1 Mittelspannungskabel5.3.2 Hochspannungskabel5.3.3 Höchstspannungskabel5.4 Gasisolierte Rohrleitungen5.5 Kabel zur Hochspannungs-Gleichstromübertragung5.6 Kabel-Garnituren5.6.1 Muffen5.6.2 Endverschlüsse5.6.3 Steckbare Anschlusssysteme5.7 Kabel- und Bodenerwärmung5.8 Einsatzgebiete6 Freileitungen und Kabel im Versorgungsnetz6.1 Elektrotechnische Aspekte6.1.1 Vergleich der elektrischen Eigenschaften6.1.2 Betriebsverhalten6.1.3 Strombelastbarkeit6.1.4 Verluste6.1.5 Blindleistungsverhalten und übertragbare Leistung6.2 Zuverlässigkeit und Lebensdauer6.3 Elektrische und magnetische Felder (EMF)6.4 Lastfluss- und Kurzschlussverhältnisse im Netz6.5 Zwischenverkabelung6.6 Integration von Gleichstromleitungen in ein bestehendes Drehstromnetz6.7 Kostenvergleich zwischen Freileitungen und Kabeln6.7.1 Kostenkomponenten einer Leitung6.7.2 Kostenvergleich in der Hochspannungsebene6.7.3 Kostenvergleich in der Höchstspannungsebene7 Entwicklungstendenzen und Ausblick7.1 Übertragungsnetz7.2 Verteilnetze7.3 Sektorenkopplung7.4 Technische Entwicklungen im Netzbau7.4.1 Hochtemperaturseile7.4.2 Kompaktleitungen mit Verbundisolatoren7.4.3 Gasisolierte Leitungen (GIL) für Drehstrom und Gleichstrom7.4.4 Supraleiterkabel7.4.5 Kabel zur Hochspannungs-Gleichstromübertragung – Overlay-NetzDankeLiteraturverzeichnisRegister

Geleitwort

Der Netzausbau steht seit Jahrzehnten im Mittelpunkt der öffentlichen Diskussion. Mal stärker, mal weniger stark. Das steigende Umweltbewusstsein und der nötige Ausbau der Energieinfrastruktur prallen immer wieder aufeinander. Einerseits sind Energieversorger und Netzbetreiber gesetzlich verpflichtet, die Infrastruktur den wachsenden und sich derzeit massiv verändernden Rahmenbedingungen durch die Energiewende und der angestrebten SektorenkopplungSektorenkopplung anzupassen. Andererseits ist der Ausbau der hierfür dringend nötigen Anlagen, seien es Windkraftanlagen, Energieleitungen, Umspannanlagen oder Konverterstationen mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden, die vielerorts von weiten Teilen der Bevölkerung abgelehnt werden. Trotz immer wieder neuer gesetzlicher Regelungen zum beschleunigten Ausbau geht es gemessen an den politischen Zielen zu langsam voran. Ein Dilemma, dass sich nicht abstellen, aber deutlich versachlichen ließe, wenn sich alle Beteiligten über die ökologischen, technischen und wirtschaftlichen Gegebenheiten zum Infrastrukturausbau ausführlicher informieren würden. Erfahrungsgemäß entstehen die meisten Konflikte dadurch, dass sich die Experten in den einzelnen Disziplinen zu wenig mit den jeweils anderen austauschen.

Das vorliegende Buch widmet sich einem derzeit sehr wichtigen Anliegen: dem Netzausbau. In einer kompakten und für jedermann verständlichen Weise beschreibt es die einzelnen technischen Komponenten, geht auf deren Umweltverträglichkeit ein und schildert die wichtigsten Verfahren zur Realisierung von Freileitungen und Kabeln in Hoch- und Höchstspannungsnetzen. Eine empfehlenswerte Lektüre für Einsteiger in das Thema Netzausbau und für Beteiligte an öffentlichen Genehmigungsverfahren für überregionale Energieleitungen.

 

Matthias Otte

Abteilungsleiter Netzausbau bei der BundesnetzagenturBundesnetzagentur

Vorwort der Autoren

Durch die beschleunigte Verschiebung der Erzeugungsschwerpunkte im Zuge der Energiewende, weg von den traditionellen, meist nuklear und fossil betriebenen Kraftwerken in der Nähe der Lastschwerpunkte, hin zur regenerativen Stromerzeugung aus Windkraft in der Nord- und Ostsee, muss der Strom über mehrere leistungsstarke Leitungsverbindungen über viele hundert Kilometer in die Mitte und den Süden Deutschlands transportiert werden. Darüber hinaus muss das bestehende Drehstromnetz in allen Spannungsebenen massiv verstärkt und ausgebaut werden. Die anfängliche Absicht, den Ausbau des Hoch- und Höchstspannungs-Drehstromnetzes mehrheitlich in Form von Freileitungen zu realisieren, scheiterte am Widerstand der Bevölkerung. Durch die inzwischen etablierten Beurteilungs- und Genehmigungsverfahren, mit zum Teil exzessiver Öffentlichkeitsbeteiligung, befassen sich neben den Planern, den Genehmigungsbehörden und den Trägern öffentlicher Belange inzwischen auch Heerscharen von Bürgerinnen und Bürgern mit diesem Thema.

Im Mittelpunkt der Diskussion stand und steht neben der grundsätzlichen Frage nach der Notwendigkeit von Leitungsprojekten stets der dringende Wunsch nach deren vollständigen Verkabelung. Die damit verbundenen technischen und wirtschaftlichen Auswirkungen, insbesondere im Hoch- und HöchstspannungsnetzHöchstspannungsnetz, sind vielschichtig und komplex. Deshalb werden sie meist ignoriert. Die in den vergangenen rund 40 Jahren hinzugekommenen verfahrenstechnischen Rahmenbedingungen und ihre fortwährende Novellierung verlangen von allen Verfahrensbeteiligten neben einem soliden Grundwissen über die technische Ausgestaltung ein stetes Hinzulernen und gleichzeitig ein Höchstmaß an Flexibilität.

Das vorliegende Buch stellt eine Kompaktversion des gleichnamigen Fachbuchs der Autoren dar. Es ist vorgesehen für Techniker und Ingenieure, die neu in das Thema einsteigen. Ebenso soll es technische Laien ansprechen, die an Genehmigungsverfahren für Hoch- und Höchstspannungsfreileitungen und -kabel beteiligt sind. Es verzichtet auf wissenschaftlichen Tiefgang und führt leicht verständlich und umfassend in das Thema ein. Demzufolge ist es in einen technischen und einen verfahrenstechnischen Teil gegliedert. Im technischen Teil werden die beiden Betriebsmittel Kabel und Freileitung beschrieben, in ihrer Funktionsweisen miteinander verglichen und ihr Zusammenwirken im Netz beschrieben. Der vorangestellte verfahrens- und umwelttechnische Teil gibt einen Überblick über die durchzuführenden Planungs- und Genehmigungsverfahren, die inzwischen größtenteils durch die BundesnetzagenturBundesnetzagentur detailliert vorgegeben werden.

 

Karlsruhe/Malters, im März 2023

Markus Palic, Konstantin O. Papailiou, Guntram Schultz

1Geschichte und Grundlagen der elektrischen Energieübertragung

1.1Historie der Stromübertragung

Wie so oft in der Geschichte, beginnen bedeutende Entwicklungen mit einem Streit unter Experten. So auch bei der grundlegenden Entscheidung über die Spannungsart- und höhe bei der Fernübertragung elektrischer Energie. Die beiden Protagonisten Thomas Alva Edison und Nikola Tesla stritten im ausgehenden 19ten Jahrhundert unerbittlich darüber. Während sich Edison als Verfechter des Gleichstroms (DC, aus dem Englischen: direct current) vehement für die Gleichstromübertragung einsetzte, bewies Tesla den größeren Weitblick, indem er eine Wechselstromübertragung bzw. mit deren Erweiterung auf drei Leiter eine Drehstromübertragung (AC, aus dem Englischen: alternating current) forderte, die wir heute auf unterschiedlichen Spannungsebenen in der öffentlichen Elektrizitätsversorgung europaweit mit einer FrequenzFrequenz von 50 Hertz (Hz) einsetzen. Weshalb sich die Wechsel- bzw. Drehstromtechnik für die Fernübertragung elektrischer Energie besser eignet, wird in den folgenden Kapiteln eingehend behandelt. Dass wir uns heute erneut mit der Gleichstromübertragung in der Höchstspannungsebene befassen, hat mit dieser Entscheidung erst einmal nichts zu tun. Davon später.

Abb. 1

Nikola Tesla (links) und Thomas Alva Edison (rechts) – zwei Protagonisten im Stromkrieg [1]

Nicola Tesla war ein serbischer Ingenieur, der sein Studium an der technischen Hochschule in Graz unvollendet abbrach. Danach folgten mehreren Stationen als Konstrukteur und Erfinder. Schließlich landete er 1882 bei „Continental Edison“ in Paris und arbeitete an der elektrischen Straßenbeleuchtung der Stadt. Der dortige Vorsteher Edisons kontinentaler Zweigstelle ermunterte ihn, der besseren Karrierechancen wegen, an den Hauptsitz der Firma nach New York zu wechseln. Dem Vernehmen nach begann dessen Empfehlungsschreiben an den Chef in den USA mit folgendem Wortlaut:

„Mein lieber Edison: ich kenne zwei großartige Männer und sie sind einer von ihnen. Der andere ist der junge Mann.“

 

Der Autodidakt Edison begann seine Karriere ohne eine besondere Ausbildung bei der mit Gleichstrom betriebenen Telegrafie und war der festen Überzeugung, dass auch die Starkstromübertragung mit Gleichstrom erfolgen müsste. Er erkannte Teslas Genialität und beauftragte ihn, mit Aussicht auf eine erkleckliche Prämie, seine Gleichstrommotoren zu verbessern, um sich nicht weiter mit der vermeintlich untauglichen Wechselstromtechnik zu befassen. Als die versprochene Prämie trotz erfolgreicher Bewältigung der Aufgabe ausblieb, kündigte Tesla.

Anschließend entwickelte er gemeinsam mit dem Großindustrielle George Westinghouse die Wechselstromtechnik weiter und begann, sie auch zur Fernübertragung von Elektrizität einzusetzen. So gerieten Edison und Westinghouse, der Teslas Wechselstromforschung unterstützte und deren Ergebnisse vermarktete, heftig aneinander.

In dem Streit beschwor Edison stets die Gefahr, die von Wechselstrom ausgehe und verwies immer wieder auf den mit Wechselstrom betriebenen elektrischen Stuhl, der 1890 im Bundesstaat New York erstmals zum Einsatz kam. Edison unternahm einige Versuche, Wechselstrom wegen dessen Gefährlichkeit behördlich verbieten zu lassen. Ohne Erfolg.

Für die Elektrizitätsübertragung über weite Strecken erwies sich Gleichstrom als weniger geeignet. Die erste Gleichstrom-Überland-Freileitung, die Oskar von Miller (Abb. 2), der spätere Gründer des Deutschen Museums, anlässlich der „Münchner Elektrizitätsausstellung“ 1881 bauen ließ, zeigte es überdeutlich. Der von einer 1,5-PS-Dampfmaschine angetriebene Gleichstromgenerator im 57 km entfernten Miesbach erzeugte die nötige elektrische Energie mit einer Anfangsspannung von etwa 2 kV. Am Leitungsende, auf dem Münchner Ausstellungsgelände, wo sie eine Pumpe für einen kleinen Wasserfall antrieb, betrug sie lediglich noch rund 1,5 kV. Die zur Hochspannungsleitung missbrauchte Telegrafenleitung hatte einen Leitungswiderstand von 3.000 Ohm (Ω) und brachte es gerade einmal auf einen WirkungsgradWirkungsgrad von rund 25 % [1]. Die Wahl eines größeren Querschnitts hätte das Ergebnis sicher verbessert, zufriedenstellend wäre es dennoch nicht gewesen. Da sich die übertragene elektrische Leistung aus dem Produkt aus Strom und Spannung ergibt, wären für die Übertragung höherer Leistungen über längere Strecken, wegen der damals begrenzten Spannungshöhe, große Querschnitte aus teurem Kupfer notwendig gewesen. Obendrein führte das Schalten hoher Gleichströme durch Lichtbögen an den Schaltkontakten fortwährend zu einem unerwünschten Abbrand.

Abb. 2

Oskar von Miller [2]

Abb. 3

Internationale Frankfurter Elektrizitätsausstellung 1891 [3]

Rund zehn Jahre später war es erneut Oskar von Miller, der sich als Pionier hervortat. Für die 1891 in Frankfurt am Main stattfindende „Internationale Elektrotechnische Ausstellung“, die er organisierte, ließ er wieder eine Überlandleitung bauen (Abb. 3). Diesmal mit Drehstrom betrieben, einer Wechselstromvariante für die Übertragung höherer Leistungen, und in einem Design, welches sich für spätere Hochspannungs-Freileitungen als maßstäblich erweisen sollte. Die Einspeisung erfolgte in LauffenLauffen am Neckar und die Leitungslänge betrug stattliche 175 km. Der Clou war diesmal die niedrige Generator-Spannung von 55 V, die über einen Transformator auf 15 000 V hochtransformiert und über die Freileitung nach Frankfurt weitergeleitet wurde, um im dortigen Ausstellungsgelände auf die Betriebsspannung der dort befindlichen Motoren und Glühlampen heruntertransformiert zu werden.

 

Wie aber ist es möglich, Übertragungsspannungen in dieser atemberaubenden Höhe am Leitungsanfang herauf- und am Ende herunterzutransformieren? Das wollen wir uns im Folgenden genauer betrachten.

Die Entdeckung der, dieses Phänomen beschreibenden Elektrodynamik reicht in die erste Hälfte des 19. Jahrhunderts zurück. Seither wurden deren Anwendungen weiterentwickelt und perfektioniert. Jeder, der in der Schule die Mittelstufe durchlief, kennt den Versuch, bei dem die Lehrerin oder der Lehrer einen Dauermagneten in eine mit Kupferdrähten umwickelte Spule tauchte. Der an den beiden Enden der Kupferwicklung angeschlossene Spannungsmesser schlug aus. D. h., eine Spannung wurde erzeugt. Sobald der Dauermagnet zur Ruhe kam, zeigte der Spannungsmesser keine Spannung mehr an. Das bedeutet, dass eine Spannung, die einen Stromfluss ermöglicht, nur dann erzeugt wird, wenn der Dauermagnet im Ringspalt der Spule ständig hin und her bewegt wird. Hierbei handelt es sich um das sogenannte Dynamo-Prinzip, als eine der Möglichkeiten der Stromerzeugung, wie sie beispielsweise im Fahrrad-Dynamo und in Generatoren zur Stromerzeugung genutzt wird. Taucht man in die Spule einen Eisenkern und legt eine Spannung an, entwickelt sich der Eisenkern zu einem Magneten, der wie ein Permanentmagnet eiserne Gegenstände anzieht. Das Prinzip ist also umkehrbar. Einerseits lässt sich durch Bewegung mit einem Permanentmagneten in einer Spule eine Spannung erzeugen, und andererseits erzeugt eine stromdurchflossene Spule in einem Eisenkern ein Magnetfeld. Der nächste Gedankenschritt führt uns zu einer Anordnung, bei der eine Spule mit einem Eisenkern an eine Wechselspannung angeschlossen wird, die die Bewegung des Permanentmagneten aus der ersten Betrachtung ersetzt. Führt man den Eisenkern so weit aus der Spule heraus, dass eine zweite Spule aufgeschoben werden kann, so erzeugt die Wechselspannung in der ersten Spule über die magnetische Kopplung in der zweiten Spule ebenfalls eine Wechselspannung mit derselben FrequenzFrequenz. Dies ist die Grundlage der Transformation. Entsprechend dem Verhältnis der Windungsanzahl in der einen Spule zur Windungsanzahl in der zweiten, ergeben sich nämlich die jeweiligen Höhen der Wechselspannungen in den Spulen. So induziert man beispielsweise (Abb. 4) von einer Spule mit der Windungszahl von N1=50 und einer angelegten Wechselspannung von U1=220 V in einer zweiten Spule mit einer Windungszahl von N2=25, eine Spannung von U2=110 V. Da sich die übertragene Leistung aus dem Produkt von Strom und Spannung ergibt, verhalten sich die Ströme auf der Primär- und Sekundärseite umgekehrt proportional zu den Spannungen. Das bedeutet in unserem Beispiel, dass bei einem Wechselstrom von I1=50 A auf der Primärseite, auf der Sekundärseite ein Strom von annähernd I2≈100 A erzeugt wird. Annähernd deshalb, weil diese Anordnung, wie alle in der Technik, nicht verlustfrei arbeitet. Zur Optimierung des magnetischen Flusses innerhalb des Eisenkerns werden die Spulen wie in Abb. 4 gezeigt angebracht. In dieser Anordnung erreichen die Wirkungsgrade von Transformatoren 95-98 %. Bei dem als Drehstrom bezeichneten Dreiphasenwechselstrom werden alle drei Phasen in den drei Leitern über denselben Mechanismus transformiert. Über dieses physikalische Prinzip konnte in den Drehstromnetzen zwischen den Übertragungsspannungen und den Strömen nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten optimiert werden.

Abb. 4

Das TrafoprinzipTrafoprinzip

 

In der Ausstellung präsentierten die Pioniere der Elektrizitätsübertragung das Projekt als „Kraftübertragung LauffenLauffen-Frankfurt“. Die ankommende Hochspannung wurde anschließend auf 100 V heruntertransformiert und betrieb neben rund 1000 Glühlampen einen 74 kW starken Drehstrom-Synchronmotor, der auf dem Ausstellungsgelände eine Pumpe für einen mehrere Meter hohen künstlichen Wasserfall antrieb. Und das alles mit einem Übertragungswirkungsgrad von immerhin 75 %. Der mit Wasserkraft angetriebene Synchrongenerator, am anderen Ende der Leitung in Lauffen, hatte eine Leistung von 221 kW und erzeugte eine Wechselspannung mit einer FrequenzFrequenz von 40 Hz [4].

Mit diesem Projekt bestätigte die Ausstellung eindrücklich die Leistungsfähigkeit der Elektrizität und deren vielfältige Nutzungsmöglichkeiten. Vor allem aber zeigte sie eines: Für eine wirtschaftliche Fernübertragung elektrischer Energie eignete sich die Wechselstromtechnik weitaus besser als ihr gleichmäßig fließender Gegenpart. In der einschlägigen Literatur wird dieses Ereignis häufig als die „Geburtsstunde“ der elektrischen Energieübertragung und -versorgung bezeichnet [5]. Durch die auf dem elektromagnetischen Prinzip beruhende Transformation von niedrigen auf hohe und höchste Spannungen und umgekehrt, verbunden mit außerordentlich hohen Transformations-Wirkungsgraden, konnten große elektrische Leistungen in einer höheren Spannungsebene mit geringen Verlusten über weite Strecken übertragen werden. Obendrein konnte der Stromfluss leichter unterbrochen werden, da sowohl der Strom als auch die Spannung in ihrem zeitlichen Verlauf Null-Durchgänge hatten. Das war der eigentliche Durchbruch für die Übertragungstechnik mit Wechselstrom und für den Ausbau von Stromnetzen.

In den folgenden Jahren und Jahrzehnten stieg der Bedarf an Elektrizität rasant. Die Glühlampen verdrängten die Öl- und Gaslichter, und Elektromotoren der verschiedensten Gattungen übernahmen die individuellen Antriebe von Maschinen und verdrängten ebenso rasch die Dampfmaschinen mit ihren störungsanfälligen und unfallträchtigen Transmissionen, die sich an den Decken der Fabrikhallen entlangzogen. Die lokalen Erzeuger, die in der Nähe liegende Verbraucher versorgten, schlossen sich zusammen oder wichen großen, effizienteren Erzeugungseinheiten, die in größerer Entfernung zu den Lastschwerpunkten lagen und so Transportleitungen und später Transport- und Verteilnetze benötigten, um diese zu erreichen.

Da sich die elektrische Übertragungsleistung, wie erwähnt, aus dem Produkt von Spannung und Strom errechnet, konnten über Transformatoren beinahe beliebig hohe Spannungen erzeugt werden, die bei den Leitungen lediglich längere Isolatoren benötigten, die deutlich billiger herzustellen waren als Kupferleitungen mit großen Querschnitten für hohe Ströme. So entstanden wirtschaftliche, an die Transportentfernung angepasste und optimierte Höhen von Strömen und Spannungen.

Die Transportentfernungen wurden immer größer, und sie zogen steigende Übertragungsspannungen nach sich. Bald gab es die noch heute gern benutzte Faustformel, wonach die Übertragungsspannung je km Entfernung zwischen den Kraftwerken, Umspann- und Schaltanlagen ungefähr 1 kV betragen sollte.

Damit wurde es möglich, die immer größer und effizienter werdenden Erzeugungseinheiten, die sich rasch zu Großkraftwerken auswuchsen, dort zu platzieren, wo die Primärenergie zur Verfügung stand. Dies galt und gilt für die Wasserkraft und die fossilen Rohstoffe, im Fall von Braunkohle, die im Tagebau gefördert oder bei der Steinkohle, die auf See- und Flusswegen leicht zu den Kraftwerken transportiert werden konnte. So wurden die Kraftwerke immer weiter ausgebaut und die erzeugte elektrische Energie über immer größere Strecken zu den Verbrauchszentren, den großen Industrieanlagen und Großstädten transportiert. Auf diese Weise ließ sich auch der Transport der Energieträger optimieren. Die Rohstoffe für die Stromproduktion, die schwer waren und in großen physischen Mengen benötigt wurden, hatten so kurze bzw. bequeme Wege und die Elektrizität konnte an jedem Netzknoten in nahezu beliebiger Menge ein- und ausgespeist werden.

1.2Entwicklung der Hoch- und Höchstspannungsfreileitungen

Bereits 1912 wurde die erste 110-kV-DoppelfreileitungDoppelfreileitung Europas zwischen dem Brandenburgischen Lauchhammer und dem Sächsischen Riesa mit einer Länge von rund 50 km und einer Übertragungsleistung von 20 MW in Betrieb genommen. 1929 folgte die Spannungsstufe 220 kV. Die sogenannte „Nord-Süd-Leitung“ zog sich über insgesamt 600 km hin, von Brauweiler in der Nähe von Köln bis nach Tiengen, in Südbaden, unweit der Schweizerischen Grenze. Die erste 380-KV-Drehstrom-Freileitung in Deutschland nahm 1957 ihren Dienst auf, nachdem die Schweden bereits fünf Jahre zuvor eine Leitung in dieser Spannungsebene mit einer Übertragungsleistung von 1000 MW in Betrieb genommen hatten. Diese Leitung bildete den Ursprung des deutschen Höchstspannungs-Übertragungsnetzes in dieser Spannungsebene. Der Griff auf die bisher in Europa höchste Übertragungsspannung wurde nötig, weil die Braunkohlekraftwerke im rheinischen Revier stetig ausgebaut wurden, und die Übertragungskapazitäten der darunterliegenden Spannungsebenen nicht mehr ausreichten [4]. Die als DonaumastDonaumast bezeichnete Mastform, die bei dieser Leitung zum Einsatz kam, sollte später in Deutschland für Doppelfreileitungen im freien Gelände zum Standard werden (Abb. 5).

Das Europäische Verbundnetz wird bis heute in dieser Spannungsebene und mit einer FrequenzFrequenz von 50 Hz betrieben. Dass sich hieran in Zukunft etwas ändert, gilt als äußerst unwahrscheinlich. Hinzukommen wird allerdings die geplante Höchstspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ), vorwiegend über Erdkabel, die künftig als integrierter Bestandteil des bestehenden Übertragungsnetzes für die Übertragung hoher Leistungen zwischen weit voneinander entfernt liegenden Punkten vorgesehen ist. Die moderne Leistungselektronik und eine fortschrittliche Kabeltechnik ermöglichen, was in den Anfängen der Stromübertragung undenkbar war.

Abb. 5

Leitungsmast im Leitungszug der 380-kV-Leitung Rommerskirchen-Hoheneck [6]

In dünnbesiedelten Flächenstaaten wie Russland, China und Kanada kamen zur Überbrückung größerer Distanzen bald Drehstrom-Freileitungen mit noch höheren Übertragungsspannungen zum Einsatz. So baute die Kanadische Hydro-Quebec 1965 die erste 735-kV-Freileitung über 500 km mit einer Übertragungsleistung von 5.300 MW. 1985 nahm der kasachische Energieversorger KEGOC die weltweit erste Drehstromfreileitung mit 1.150 kV in Betrieb. Nach mehreren Ausbaustufen misst die Leitung inzwischen über 1.400 km. Die Übertragungsleistung wird mit 5.500 MW angegeben. Bei dieser Spannungsebene sollte es im Drehstrombereich weltweit erst einmal bleiben. Die Entwicklung der Spannungsstufen zeigt Abb. 6.

Dank der modernen Halbleitertechnik können für den Transport von sehr großen Leistungen inzwischen auch hohe Gleichspannungen eingesetzt werden. Wie später zu sehen sein wird, bietet die Gleichspannungs- bzw. Gleichstromübertragung eine hervorragende Möglichkeit, Energie über große Entfernungen mit sehr geringen Verlusten zu übertragen. Allerdings handelt es sich dabei bisher stets um Punkt-zu-Punkt-VerbindungPunkt-zu-Punkt-Verbindungen. An beiden Enden einer solchen Leitung sind großräumige Umrichter-Stationen erforderlich, die die Leitungen in das bestehende Höchstspannungs-Drehstromnetz einbinden.

Abb. 6

Entwicklung der Drehstrom-Spannungsstufen mit Freileitungen weltweit

Die bisher höchste Spannungsebene für die Höchstspannungs-Gleichstromübertragung über Freileitungen beträgt ± 1.100 kV (also 2.200 kV zwischen Plus- und Minuspol).

Mit wachsenden Übertragungsspannungen, und den damit einhergehenden größeren Abständen zwischen den Leitern, steigen die resultierenden elektrischen Feldstärken in der Nähe von Freileitungen in der Höchstspannungsebene stark an. Sie können, wie später zu sehen sein wird, zu risikobehafteten Sekundäreffekten führen, vor denen in der näheren Umgebung von Leitungen Schutzvorkehrungen nötig sind. Unabhängig von den elektrischen Phänomenen stieg durch das zunehmende Umweltbewusstsein in der Bevölkerung, insbesondere in Ländern mit freiheitlichen Gesellschaftsordnungen, mit Beginn der 1980er Jahre der Widerstand gegen Freileitungen in den höheren Spannungsebenen. Während sie bis dahin zwar nicht beliebt, aber doch als nötig erachtet worden waren, kippte die Stimmung, teilweise bis hin zur strikten Ablehnung. Militante Gruppen verübten Mitte der 1980er Jahre sogar Anschläge auf Höchstspannungsmaste, indem sie die Eckstiele ansägten. Glücklicherweise verliefen die Aktionen glimpflich. Allenthalben hörte man die Forderung nach Verkabelung. Dies galt fortan nicht nur für neu geplante Leitungen. Auch die bestehenden Freileitungen kamen in die Kritik und sollten unabhängig von ihrer Spannungsebene und -art verkabelt werden.

1.3Entwicklung der Hoch- und HöchstspannungskabelHöchstspannungskabel

Die Entwicklung gebrauchstauglicher Energiekabel dürfte mit einer Erfindung des gebürtigen Schweizers John Krüsi begonnen haben, der als Mitarbeiter von Edison drei isolierte Leiter in ein Stahlrohr einzog und mit heißem Teer vergoss. In der Patentschrift von 1883 wird auch eine MuffeMuffe beschrieben, in der die „Kabel“ verbunden werden (Abb. 7). Bis heute ähnelt der Aufbau von Muffen, also den Verbindungselementen von Kabelteilstrecken, diesem Grundmuster.

Abb. 7

Darstellung des Kruesi-TubeKruesi-Tubes mit den drei Leitern im Rohr (unten), einer offenen MuffeMuffe (mittig) und einer verschlossenen Muffe (oben) [8]

Das patentierte Kabel diente der Stromübertragung vom ersten US-Kraftwerk „Pearl Street“ in New York, welches einige 100 von zuvor von Edison erfundenen Glühfadenlampen in der Stadt versorgte, und die mit der von Edison bevorzugten Gleichstrom mit einer Gleichspannung von 110 V betrieben wurden.

Mit zunehmenden Übertragungsspannungen stiegen die Anforderungen an die Spannungsfestigkeit des isolierenden Dielektrikums, das im Gegensatz zum Isoliermedium Luft bei Freileitungen, in den Kabeln auf wenige Zentimeter zusammenschrumpfte.

Ab der Jahrhundertwende verbesserten geschichtete, mineralölgetränkte Papierisolierungen die Spannungsfestigkeit der Starkstromkabel deutlich. Etwa zur gleichen Zeit kam auch die Umstellung der allgemeinen Stromversorgung von Gleich- auf Wechselstrom, die für die höheren Übertragungsspannungen auch eine höhere Spannungsfestigkeit benötigte. Bald folgten die ersten so genannten GürtelkabelGürtelkabel, die in den darauffolgenden Jahrzehnten zum Standard werden sollten. Sie bestanden aus drei mit ölgetränktem Papier umwickelten Adern, die noch einmal insgesamt eine weitere ölgetränkte, papierisolierte Lage als Gürtel und anschließend einen Bleimantel erhielten. Nach außen schützte sie eine innere Hülle, gefolgt von einer BewehrungBewehrung aus Stahlband und einer äußeren Schutzhülle aus Faserstoffen (Abb. 8+9).

Abb. 8

Aufbau eines alten Gürtelkabels

Abb. 9

30-kV-Gürtelkabel im Jahr 1911 [9]

1911 kam dieser Kabeltyp mit einer Betriebsspannung von 30 kV erstmals auf dem europäischen Kontinent bei der Versorgung der Stadt Berlin und dessen umgebenden Landbereichen zum Einsatz [9].

Das erste deutsche 110-kV-ÖlkabelÖlkabel, ebenso aus drei Einzelleitern bestehend, wurde 1928 in Nürnberg verlegt. Nachdem Anfang der 1930er Jahre erste 220-kV-Ölkabel getestet wurden, errichtete der Pariser Energieversorger 1936 ein großes 220-kV-Kabelnetz mit Niederdruckölkabeln in der Stadt [10].

Anfang der 50er Jahre führte die rasant steigende Lastentwicklung der Nachkriegszeit in der 110-KV-Ebene zum breiten Einsatz von Niederdruck-Ölkabeln mit Blei und -Aluminiummänteln, sowohl in Ein- als auch in Dreileiterausführungen. Parallel hierzu bauten die Schweden 1952 die ersten 380-kV-Kabelstrecken als ÖlkabelÖlkabel, die sie wenige Jahre später bereits auf 425 kV anhoben.

Obschon die ersten kunststoffisolierten Kabel in der Niederspannungsebene bereits in den vierziger Jahren Verwendung fanden, kamen die ersten 110-kV-Polyethylen-Kabel (PE) in Deutschland erst 1973 auf den Markt. Anfängliche Probleme mit sogenannten water trees, also „Feuchtigkeitsbäumchen“ in feinen Rissen der Kunststoffisolation, die Teilentladungen und in der Folge Kabelfehler und Kabelzerstörungen verursachten, führten zur Weiterentwicklung in Richtung längs und -querwasserdichten, vernetzten Polyethylen-Kabeln (VPE). Diese haben sich in dieser Spannungsebene seither etabliert und sind allenthalben weit verbreitet.

Mitte der siebziger Jahre wählten die Schluchseewerke AG für die Ableitung aus ihrem Kavernenkraftwerk in Wehr mit einer Systemlänge von 700 m einen bis dahin wenig verwendeten Leitungstyp. Eine sogenannte Gasisolierte LeitungGasisolierte Leitung (GIL), mit einer Betriebsspannung von 420 kV, führt den Drehstrom jeweils über einen auf Kunststoffisolatoren gestützten Rohrleiter in einem gasgefüllten größeren Rohr. Im Ringspalt befindet sich das unter Druck stehende Isoliergas Schwefelhexafluorid (SF6). Aufgrund der hohen Kosten und dem Einsatz des als stärkstes Treibhausgas bekannten Isolationsmittels kam diese Technologie in der Folgezeit für den Stromtransport nur in Sonderfällen zum Einsatz.

1976 baute die Berliner Städtische Elektrizitätswerke AG (Bewag) die weltweit erste über 8 km lange innerstädtische 380-kV-Kabelverbindung. Sie bestand aus zwei papierisolierten Niederdruck-ÖlkabelÖlkabel-Systemen in Einzelleiterausführung mit einem Leiterquerschnitt von 1.200 mm². Zur Ableitung der in den Kabeln erzeugten Wärme wurden sie in wasserdurchströmten Faserzementrohren verlegt.

Die verbesserte Kunststoffkabeltechnologie führte 1988 zum ersten 220-kV-Drehstromkabel mit vernetztem Polyethylen (VPE) als Isolierstoff. Und schon 1996 ging das erste 380-kV-VPE-Kabel in Betrieb.

Mit dem Aufkommen der Hochspannungs-Gleichstromübertragung entwickelte sich die VPE-Kabeltechnologie in diesem Segment in den vergangenen zwei Jahrzehnten ausgesprochen rasant. Während sich mit VPE-Gleichstromkabeln 1997 bei einer Betriebsspannung von + 10 kV, also insgesamt 20 kV, gerade mal eine Leistung von 3 MW übertragen ließ, lag sie 2017 mit + 640 kV bei 3.000 MW. Die übertragbare Leistung vertausendfachte sich innerhalb von 20 Jahren in mehreren Stufen.

In den nächsten Jahren sollen die Nord-Süd-Kabelstrecken in Deutschland vorwiegend als HGÜ-Kabel mit + 525 kV, einem Kupferquerschnitt von 3.000 mm² und einer Übertragungsleistung von mehr als 2.000 MW pro System verlegt werden. Die historische Entwicklung der Energiekabel zeigt Abb. 10.

Im Zuge der Energiewende steht in Deutschland und sicher auch in ganz Europa künftig eine fundamentale Weiterentwicklung aller Netzebenen bevor. Der bisherige Netzausbau orientierte sich ausschließlich an leistungsfähigen Verbindungen von nach und nach entstandenen Erzeugungs- und Lastschwerpunkten, die zum großen Teil wenige hundert Kilometer voneinander entfernt lagen. In den kommenden Jahren und Jahrzehnten ist nunmehr eine grundlegende Neuausrichtung zu erwarten. Zu der bevorstehenden Abschaltung nuklearer und mit Kohle betriebener Kraftwerke, die von Windparks in der Nord- und Ostsee sowie durch weitläufig auf dem Festland verteilten Windkraft- und Photovoltaikanlagen sowie flexiblen Gaskraftwerken ersetzt werden sollen, passt die vorhandene Struktur des Höchstspannungsnetzes nicht mehr. Während es in den VerteilnetzVerteilnetzen einer zum Teil massiven Verstärkung bedarf, damit Photovoltaik und Onshore-WindkraftanlageOnshore-Windkraftanlagen restriktionsfrei in das Nieder, Mittel- und HochspannungsnetzHochspannungsnetz einspeisen können, benötigt das ÜbertragungsnetzÜbertragungsnetz leistungsstarke Verbindungen zwischen den neuen Erzeugungsschwerpunkten im Norden und den durch Kraftwerksstillegungen energetisch verwaisenden Süden der Republik. Die noch vor wenigen Jahren geplante Energieübertragung über mehrere Nord-Süd-Verbindungen, die auf einem massiven Ausbau des Höchstspannungs- Drehstromnetzes in Freileitungsbauweise basierte, scheiterte am zum Teil massiven Widerstand der Bevölkerung. Kaum wurde die Planung einer Höchstspannungs-Freileitung offenkundig, formierte sich der Widerstand auf breiter Front. Die Zerschneidung und Entwertung der ohnehin schon dicht besiedelten Landschaftsräume durch massive Freileitungen wurden von weiten Teilen der Bevölkerung strikt abgelehnt.

Abb. 10

Spannungsstufen in der Entwicklung von Kabeltechniken

1.4Gleich- und Drehstrom in der Energieübertragung

Die Frage, welche Spannungsart in der öffentlichen Stromversorgung Verwendung finden sollte, entschied sich, wie im vorangegangenen Kapitel ausführlich behandelt wurde, schon Ende der 1890er Jahre. Die Urväter der Elektrizitätsversorgung hatten, wie zu sehen war, gute Gründe, sich für Drehstrom zu entscheiden. Nun aber wird allenthalben von HGÜ, also von Hochspannung-Gleichstrom-Übertragung gesprochen, und sie wird für die Nord-Süd-Verbindungen sogar behördlich verordnet. Wie verträgt sich das?

Die Energieübertragung mit Drehstrom in einem „vermaschten“ HöchstspannungsnetzHöchstspannungsnetz genießt alle Vorzüge, die eine flächendeckende, mehr oder weniger homogene Verteilung von Erzeugungs- und Lastschwerpunkten an Land benötigt. Durch die bereits erwähnte Verschiebung der Erzeugungskapazitäten hin zur Offshore-Windkraft in die Gewässer der Nord- und Ostsee erfordert leistungsfähige Leitungsverbindungen zu den Last- bzw. Verbrauchsschwerpunkten in Deutschlands Süden und Südwesten. Die erstbeste Lösung, diese als Drehstrom-Freileitungen auszuführen, scheiterte am erbitterten Widerstand der Bevölkerung. Eine Verkabelung in der Spannungsebene mit Drehstromkabeln schied aus, weil sie bei größeren Kabellängen einen so hohen Blindleistungsbedarf besitzen, dass sie keine Wirkleistung mehr übertragen können.

Was aber ist dieses sonderbare Phänomen „BlindleistungBlindleistung“? Betrachten wir zunächst eine Spule, die bei Motoren und Transformatoren in Form so genannter Wicklungen die Basis bildet. Ohne sie würden beide Betriebsmittel nicht funktionieren. Bevor durch eine solche Spule ein Strom fließt, muss an beiden Enden bereits die volle Spannung anliegen. Erst dann beginnt ein Strom zu fließen. Im Fachjargon heißt das, der Strom eilt der Spannung nach. Bei einer Wechselspannung bedeutet das, dass der Strom, kaum dass er zu fließen begonnen hat, durch die Umpolung schon wieder in die entgegengesetzte Richtung fließen muss. Bei einer FrequenzFrequenz von 50 Hertz 100mal pro Sekunde. Damit ergibt sich ein geringerer Wirkanteil des Stromflusses, weil stets ein Teil träge zurückbleibt. Diesen ständig umkehrenden Anteil nennt man Blindstrom, da er zum tatsächlich wirksamen Stromtransport nicht beiträgt, den Leiterquerschnitt aber mit nutzt. Er wird als induktiver Blindstrom bezeichnet, der in Verbindung mit der anliegenden Wechselspannung die unerwünschte sogenannte Blindleistung bewirkt. Alle elektrotechnischen Bauelemente, bei denen der Strom durch Spulen fließt, sind potenzielle Verbraucher von induktivem Blindstrom. Im Bereich der elektrischen Energietechnik betrifft das neben Generatoren und Motoren auch Transformatoren und Freileitungen. Das ist die eine Seite der Medaille.

Die andere Seite wirkt entgegengesetzt. Dieses Phänomen lässt sich anhand eines mit Wechselspannung betriebenen Kabels sehr anschaulich erklären. Betrachten wir anstelle einer Spule einen so genannten Kondensator. Dieser besteht aus zwei ausgedehnten Platten, die durch ein isolierendes sogenanntes DielektrikumDielektrikum getrennt sind. Legt man an die Platten eine Gleichspannung an, so verteilen sich die Ladungsträger auf den beiden Platten und es entsteht im Dielektrikum ein gleichmäßiges, elektrisches Feld. Wird aber an die beiden Platten eine Wechselspannung angelegt, müssen die Ladungsträger im Takt der FrequenzFrequenz ständig zwischen Spannungsquelle und den Platten hin und her fließen. Eine weitere Besonderheit bei dieser Anordnung ist, dass sich die Ladungsträger erst auf den beiden Platten verteilen müssen, bevor dazwischen eine Spannung dazwischen entstehen kann. D. h., der Strom muss erst fließen, bevor sich die Spannung aufbaut. Im elektrotechnischen Jargon eilt hier der Strom der Spannung voraus, während er bei Spulen dem Strom nacheilt. Quantitativ werden diese Eigenschaften bei Spulen durch den Begriff Induktivität (abgekürzt: L) und bei Kondensatoren durch den Begriff KapazitätC (abgekürzt: C) beschrieben.

Abb. 11

Das HochspannungskabelHochspannungskabel als langgestreckter Kondensator

Hoch- und HöchstspannungskabelHöchstspannungskabel entsprechen in ihrer Bauform und ihren Wesenseigenschaften einem langgestreckten, konzentrischen Kondensator. Die Leiteroberfläche wirkt als eine Platte und die Außenhülle, der SchirmSchirm, als die andere (Abb. 11, linker Bildteil). Stellen wir uns hierzu zwischen dem Leiter des Kabels und dessen Mantel eine Vielzahl kleiner Kondensatoren vor. Wird nun eine Wechselspannung U zwischen dem Leiter und den in der Regel geerdeten Außenmantel angelegt, wandern die Ladungsträger durch die ständige Umpolung zwischen der Quelle und den Platten hin und her. Auf diese Weise erzeugen sie einen Strom, der nur das Kabel belastet, aber zum eigentlichen Stromtransport nichts beiträgt. Der Gesamtstrom durch den Leiter, der als ScheinstromScheinstrom bezeichnet wird, setzt sich aus dem wirksam übertragenen Strom, dem Wirkstrom und dem kapazitiven Blindstrom zusammen. Allerdings nicht algebraisch, sondern in Form zweier Vektoren, die senkrecht aufeinander stehen. Mit zunehmender Länge des Kabels steigt dessen Kapazität und somit auch der kapazitive Blindstrom. Bei Höchstspannungskabeln führt dieses Phänomen zu Längenbeschränkungen. Wird nämlich für den Transport des Blindstroms der gesamte Leiterquerschnitt benötigt, kann kein Wirkstrom mehr übertragen werden. Dies ist der Grund dafür, dass in der Hoch- und Höchstspannungsebene die Integration von Kabeln in das mit Drehstrom betriebene Leitungsnetz auf Verlegelängen meist weit unter 100 km beschränkt ist.

Somit existieren zwei Arten von Blindstrom, die trotz ihres unerwünschten Erscheinens segensreiche Eigenschaften besitzen. Sie lassen sich nämlich gegenseitig kompensieren. Da bei Kapazitäten der Strom der Spannung voraus- und bei Induktivitäten nacheilt, können Sie sich gegenseitig mit Blindstrom versorgen und so den Blindstromanteil im jeweiligen System reduzieren oder gänzlich aufheben. Damit kann über die Versorgungsleitungen ein hoher Anteil an Wirkstrom und damit verbunden an Wirkleistung übertragen werden.

Einrichtungen zur KompensationKompensation sind aber sowohl technisch wie auch wirtschaftlich sehr aufwändig und machen längere Kabelverbindungen in Höchstspannungs-Drehstromnetzen zudem störungsanfälliger.

 

Anders verhält es sich bei Gleichstromkabeln. Da Gleichstromkabel grundsätzlich keinen Blindleistungsbedarf besitzen, können sie in beliebigen Längen kompensationsfrei in den höchsten Spannungsebenen eingesetzt werden. Hier liegt die Begrenzung lediglich im elektrischen Widerstand der Leiter, der zu Stromwärmeverlusten führt, die das Kabel erwärmen und bei ungünstiger Dimensionierung den Boden um die Kabel austrocknen können. Diese Gefahr lässt sich aber durch große Querschnitte und damit verbundene, niedrige elektrische Widerstände reduzieren.

 

Nun stellt sich die Frage, weshalb sich die Urväter der Elektrizitätsversorgung damals nicht für den Gleichstrom entschieden, wie Edison es forderte.

Gleichstrom hat gegenüber Wechselstrom zwei gravierende Nachteile. Zum einen funktioniert bei Gleichstrom das TrafoprinzipTrafoprinzip nicht. Da sich die transportierte elektrische Leistung aus dem Produkt von Strom und Spannung ergibt, ist eine wirtschaftliche Optimierung des Netzausbaus durch eine entsprechende Wahl der Übertragungsspannung und des Stromes hier nicht möglich. Zum anderen lassen sich hohe Gleichströme kaum schalten. Will man den Stromfluss unterbrechen, ziehen die Schaltkontakte einen Lichtbogen, der sich nur äußerst schwer löschen lässt. Erst die technische Entwicklung in den vergangenen Jahrzehnten hat Gleichstromschalter hervorgebracht, deren Einsatz jedoch nur zögerlich erfolgt. Deshalb werden bis jetzt HGÜ-Strecken auf der Wechselstromseite der Stromrichteranlagen geschaltet.

Was aber hat sich seit dem Beginn der Stromübertragung so sehr verändert, dass heute möglich und gängig geworden ist, was damals unmöglich war? Bereits Ende der dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts wurde an Versuchsstrecken mit der Gleichstromübertragung experimentiert, die über Quecksilberdampf-Gleichrichter aus dem Drehstromnetz gespeist wurden. 1939 gelang es schließlich über sogenannte Quecksilberdampf-Ventile, vom Entwickler, der Schweizerischen BBC als „Mutatoren“ bezeichnet, auch netzgeführte Wechselrichter herzustellen [11]. Damit war man nun in der Lage, aus hohen Wechselspannungen nicht nur hohe Gleichspannungen zu erzeugen, sie konnten am anderen Ende auch wieder ohne rotierende Umformer in Wechselspannungen zurückgewandelt und in ein Drehstromnetz eingebunden werden. So wurden die Vorteile der Gleichstromtechnik zur Energieübertragung durch bessere Ausnutzung des Leiterquerschnitts genutzt.

Aber auch die Verbindung von Netzen unterschiedlicher FrequenzFrequenz oder unterschiedlicher Verfahren zum Netzschutz gelang über so genannte Gleichstrom-Kurzkupplungen.

Offshore-Windkraftanlagen können nur über Seekabel mit dem Festland verbunden werden. Dies macht bei größeren Entfernungen, wie zuvor ausgeführt Probleme, die sich nur mit Hilfe der Gleichstromtechnik wirtschaftlich lösen lassen.

Der endgültige Durchbruch in der Stromrichter-Technologie gelang in den neunziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts mit bipolaren Transistoren (Insulated Gate Bipolar Transistor, IGBT).

Ergo: Durch die moderne Halbleitertechnologie erfährt die Gleichstromübertragung eine Renaissance und eignet sich besonders für die Übertragung hoher Leistungen über große Entfernungen mittels Höchstspannungskabeln. Diese Verbindungen sind bisher aber lediglich Punkt-zu-Punkt-VerbindungPunkt-zu-Punkt-Verbindungen, die, wie schon erwähnt, wechselstromseitig geschaltet werden.

1.5Aufgaben und Strukturen elektrischer Energienetze

In den meisten europäischen Ländern unterscheidet man grundsätzlich zwischen Übertragungs- und VerteilnetzVerteilnetzen (Abb. 12). Während Verteilnetze dazu dienen, die elektrische Energie auf den Spannungsebenen 0,4 bis hin zu 110 kV von den, in das ÜbertragungsnetzÜbertragungsnetz eingebetteten Umspannanlagen zu den Städten, Fabriken, den Handwerksbetrieben und Haushalten zu „verteilen“, obliegt dem Übertragungsnetz vorrangig die „Übertragung“ hoher Energiemengen zwischen den Einspeisungen aus Großkraftwerken, Offshore-Windparks und den Schalt- und Umspannanlagen über größere Distanzen. Dies erledigen sie auf den Spannungsebenen 150 (Offshore-Seekabel), 220 und 380 kV. Obschon alle Spannungsstufen über 1 kV definitionsgemäß als „Hochspannung“, und über 300 kV als „Höchstspannung“ gelten, haben sich im Sprachgebrauch unter Fachleuten im deutschsprachigen Raum vier Spannungsebenen etabliert.

Niederspannung bis 1000 V (in der Regel 230/400 V),

Mittelspannung, hauptsächlich 10 und 20 kV,

Hochspannung 110 kV sowie

Höchstspannung 150, 220 und 380 kV.

Abb. 12

Spannungsebenen in Deutschland

In manchen Literaturstellen sind auch abweichende Definitionen und Spannungsebenen zu finden, auf die im Folgenden nicht weiter eingegangen wird.

Die Höchstspannungsebene (220 und 380 kV) bildet in Deutschland die übergeordnete Netzebene, die untereinander, mit Großkraftwerken und über sogenannte Kuppelleitungen mit den Höchstspannungsnetzen der Anrainerstaaten verbunden und so in das zentraleuropäische Verbundnetz eingebettet ist. Dieses Verbundnetz reicht von der nordöstlichen Region Polens bis zur südwestliche Spitze Portugals und wird als UCTE-Netz bezeichnet.

Aber zurück zum deutschen Netz. Über eine Vielzahl von Umspannanlagen wird die Energie aus der Höchstspannungsebene in die 110-kV-Netze eingespeist. Große Metropolen wie Berlin, Hamburg oder München sind wegen ihres hohen Leistungsbedarfs direkt in das HöchstspannungsnetzHöchstspannungsnetz eingebunden. Die darunterliegende 110-kV-Ebene übernimmt die Versorgung größerer Städte, ländlicher Regionen und größerer und mittlerer Fabrikationsanlagen. Gleichzeitig übernimmt ein eigenständiges, von der öffentlichen Versorgung unabhängiges 110-kV-Freileitungsnetz mit einer FrequenzFrequenz von 16,7 Hertz die Bahnstromversorgung, die in sogenannten Unterwerken auf die Fahrdrahtspannung des Bahnnetzes von 15 kV heruntertransformiert wird.

An das öffentliche 110-kV-Netz sind wiederum Mittelspannungsnetze mit verschiedenen Betriebsweisen über unzählige Umspannanlagen angeschlossen. Die meisten Mittelspannungsnetze werden mit 10 oder 20 kV betrieben und versorgen kleinere Fabriken, größere Werkstätten und die Trafostationen in den Ortslagen der Städte und Gemeinden. In den Trafostationen entspringt auch die „letzte Meile“, also das Versorgungsnetz zu den Letztverbrauchen, das sich straßenzugweise verzweigt und Haushalte und kleine Betriebe in der niedrigsten Spannungsstufe der öffentlichen Stromversorgung mit 0,4 kV (landläufig 380 V) versorgt.

Bis in die 90er Jahre des vorigen Jahrhunderts verliefen die Energieflüsse stets von Netzen der höheren zu Netzen mit den niedrigeren Spannungsebenen. Im Wesentlichen also von den über das Landesinnere verteilten Großkraftwerken, die in die Höchstspannungsebene einspeisen, hin zu den Verbrauchern in den darunterliegenden Netzebenen. Dank der inzwischen in allen Spannungsebenen einspeisenden meist regenerativen Erzeugern, haben sich die Energieflussrichtungen zum Teil umgekehrt. Die Erzeugungsüberschüsse in den unterlagerten Netzen schwappen mitunter über in die darüberliegenden. Durch das TrafoprinzipTrafoprinzip, welches gleichermaßen das Herunter- wie Herauftransformieren ermöglicht, kann die Energie den Gegebenheiten entsprechend zwischen den Spannungsebenen vice versa fließen. Das bedeutet, dass Energieflüsse, wie am Beispiel der ersten großen Windparks in der Eifel, die bereits Anfang der 2000er Jahre mehr elektrische Energie in das MittelspannungsnetzMittelspannungsnetz