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Du würdest gern neue Leute kennenlernen und bestehende Freundschaften festigen, aber du weißt nicht so recht, wie? Die gute Nachricht: Die Wochenenden allein auf der Couch sind ab jetzt passé, denn in diesem Buch erfährst du, wie du es schaffst, dass aus flüchtigen Bekannten Freunde werden – und wie du Freundschaften dauerhaft erhältst. Der Kommunikationsexperte und Mediator Ralf During zeigt dir, was du selbst aktiv dafür tun kannst, um mit anderen leichter in Kontakt zu kommen und zu bleiben. Gespickt mit vielen humorvollen Geschichten ist dieser Ratgeber eine unterhaltsame und hilfreiche Lektüre für bessere Beziehungen fürs Leben.
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Seitenzahl: 344
Veröffentlichungsjahr: 2022
RALF DURING
Freunde finden und behalten
RALF DURING
Freunde finden und behalten
Wie du Kontakte knüpfst und anderen im Gedächtnis bleibst
Bibliografische Information der Deutschen NationalbibliothekDie Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Für Fragen und Anregungen
1. Auflage 2022
© 2022 by mvg Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH
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Redaktion: Silke Panten
Umschlaggestaltung: Maria Verdorfer
Umschlagabbildung: shutterstock/Veronika_Decart; shutterstock/GoodStudio
Abbildungen Innenteil: shutterstock/Veronika_Decart
Satz: Christiane Schuster | www.kapazunder.de
eBook by tool-e-byte
ISBN Print 978-3-7474-0484-3
ISBN E-Book (PDF) 978-3-96121-881-3
ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-96121-882-0
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»Es ist interessant, wie wenig Menschen übrig bleiben, wenn man aufhört, sich immer als Erster zu melden.«
INHALT
Vorwort
I. Kein Schwein ruft dich an?
1. Du bist okay, nur nicht für jeden
2. Du bist wie ich, nur ganz anders
3. Der wohltemperierte Mensch
4. Schöne neue Scheinwelt
5. Bindungsökonomie und andere Prioritäten
6. Schicksalsschläge und Konflikte
7. Beziehungstypen und Machtspielchen
8. Fünftes Rad am Wagen
9. Vor falschen Freunden wird gewarnt
II. Wie boykottierst du dich selbst am besten?
1. Die Angst vorm ersten Mal
2. Erwartung und Enttäuschung
3. Mehr Schein als Sein
4. Stimmen im Kopf oder die Wahl der Worte
5. Geben und Nehmen
6. Todsünde Neid
7. Lästern ist lästig
8. Wenn Nachtragen zur Last wird
9. Werte sind verhandelbar
10. Bedürfnis und Bedürftigkeit
11. Deine Liebe gehört mir!
12. Jammerlappen und Griesgrämer
13. Energievampire
III. Wie vertreibst du Menschen am erfolgreichsten?
1. Selbst- und Fremdwahrnehmung
2. Mängelblick und Mangelware
3. Erfahrungen und Vorurteile
4. Narzissen für Narzissten
5. Dramaqueen und Superman
6. Ich weiß, was gut für dich ist
7. Stolperfallen und Fußangeln
8. Wahrnehmungsfilter
9. Wertetyrannei
10. Nackte Tatsachen
11. Erschwindelte Freundschaften
12. Wer bin ich und wenn ja, mit wem?
13. Geisterstunde
IV. Wie aber bleibst du in Erinnerung?
1. Gib dem Glück ein Zuhause
2. Edel sei der Mensch, hilfreich und gut
3. Interesse macht interessant
4. Den gesunden Zahn finden
5. Spiegel der guten Gefühle
6. Freude statt Schmerz
7. Werde dein bester Freund
8. Lass die Hosen an
9. Recht haben oder glücklich sein
10. Das Leben kannst du nur leben
11. Echt statt langweilig
12. Jedes Bild braucht einen Rahmen
13. Keine Leichen im Keller
V. Risiken und Nebenwirkungen
1. Das Vier-Ohren-Prinzip von Friedemann Schulz von Thun
2. Das Innere Team von Friedemann Schulz von Thun
3. Die zwölf Kommunikationssperren von Thomas Gordon
4. Die Brückenkommunikation von Kerstin Bulligan
Der Autor
VORWORT
Das Schönste im Leben neben der Liebe ist die Freundschaft. Leider ist diese oft auch am schwersten zu finden und zu halten. Warum ist das so? Weshalb tun wir uns oft so schwer, andere Menschen kennenzulernen und in deren Gedächtnis zu bleiben? Liegt es an der Zeit, an der Gesellschaft oder doch an uns?
Wir sehen durchschnittlich zehn Menschen am Tag ins Gesicht, ohne uns dessen bewusst zu sein. Da ist der Typ mit der Zeitung im Bus gegenüber, die Bäckersfrau mit der Laugenstange oder der Nachbar, der seinen Hund Gassi führt. Vielleicht auch die Kollegin, mit der wir es noch nie auf ein Feierabendbier geschafft haben. Moment mal. Warum haben wir besagte Kollegin bisher eigentlich nicht einfach gefragt? Vielleicht aus Angst, etwas falsch zu machen und abgelehnt zu werden?
Aber genau dort liegt die Lösung. Im Überwinden dieser Ängste und indem wir uns deren Ursachen ansehen. Ursachen, die erstens in unserem Verhalten und zweitens in dem Eindruck liegen können, den wir beim Gegenüber hinterlassen. Um diese beiden Pole des Kennenlernens geht es in diesem Buch. Und um die Frage, wie du bei anderen im Gedächtnis bleiben kannst. Lerne dazu dich und deine Muster im Umgang mit anderen Menschen besser kennen und erfahre mehr über die Wirkung, die du bei deinem Gegenüber erzielst. Ich verrate dir, weshalb Kontakte nicht im Gedächtnis bleiben und wie sich das ändern lässt.
Das Beste vorweg: Du bist mit deiner Sorge, unsichtbar und allein zu sein, in bester Gesellschaft. Gerade das verbindet dich mit anderen Menschen und ist dein Ticket ins Glück. Denn gute Beziehungen machen Menschen glücklich und glückliche Menschen haben bessere Beziehungen. Beziehungskonflikte hingegen verursachen Stress, der uns krank und unglücklich macht. Sie kosten uns wertvolle Lebenszeit und lassen uns vereinsamen. Das sind zwei Kreisläufe, bei denen du die Wahl hast, in welche Richtung sie sich drehen. Ich helfe dir, die richtige Entscheidung zu treffen.
Kennst du das? Vier Begegnungen, von denen du dachtest, neue Freunde gefunden zu haben.
Ein erstes Date. Ihr hattet ein wirklich gutes Gespräch. Der andere wirkte sympathisch, ihr hattet Spaß und echten Tiefgang. Dein Gesprächspartner hat sich geöffnet und dir sogar Privates anvertraut, obwohl ihr euch gerade erst kennengelernt hattet. Die Rechnung ging auf dich und der andere versprach, sich beim nächsten Mal zu revanchieren. Doch zu einem nächsten Mal kam es nie.
Urlaubszeit. Nette Leute im Hotel, die Tischnachbarn kamen aus eurer Gegend. Es wurde viel gelacht. Auf den gemeinsamen Ausflügen kam es zu echten Männergesprächen und vertrautem Frauentalk. Man hielt sich Plätze auf den Ausflugsfahrten frei und wirkte wie eine verschworene Gemeinschaft, die sich seit Jahren kennt. Adressen wurden ausgetauscht und Grillabende geplant. Abende, die nie zustande kamen.
Eine neue Stadt, eine neue Wohnung und eine Party in der Nachbarschaft. Die Leute sind gut drauf, heißen dich willkommen und sind an deiner Geschichte interessiert. Du hast Spaß, lernst jede Menge neue Gesichter kennen und bringst dich ein. Die Worte kommen dir leicht über die Lippen. Du zeigst dich von deiner besten Seite und die anderen feiern dich. Schnell fühlst du dich angekommen – und wurdest dennoch nie wieder eingeladen.
Jahrelang seid ihr gemeinsam um die Häuser gezogen, habt euch die letzte Flasche Gin geteilt und anschließend über der Kloschüssel die Haare hochgehalten. Zwischen euch passte keine Postkarte – die ihr einander auch nie schreiben musstet, weil ihr immer gemeinsam Urlaub gemacht habt. Ihr wart beste Freundinnen und habt euch dennoch seit Jahren nicht mehr gesehen.
Was ist passiert? Nun, meist ist das Leben passiert, und zwar ohne dass du etwas falsch gemacht hast. Denn Lebenswege kreuzen und trennen sich wieder. Es gibt Begegnungen, bei denen du Stein und Bein geschworen hättest, Freunde fürs Leben gefunden zu haben. Doch die Nummer in deinem Handy ist verwaist, Kurznachrichten bleiben vage, E-Mails unbeantwortet, und ein Wiedersehen wird immer unwahrscheinlicher. Dabei hast du alles gegeben, den ganzen Abend aufmerksam zugehört und gute Tipps für jede Lebenskrise parat gehabt. Du fühltest dich als der Fels im tosenden Meer des anderen und sahst euch schon gemeinsam am Steuerrad über den Atlantik treiben. Doch dann kam der Eisberg und die schöne Illusion ging baden.
Natürlich fragst du dich, wohin all die lustigen Stunden des entspannten Miteinanders verschwunden sind. Weshalb schweigt dich dieser Mensch an, der dir vor Kurzem noch sein halbes Leben anvertraut und deinen Rat gesucht hat? Aus welchem Grund haben dich die anderen nie zurückgerufen? Warum ist dieser eine Mensch verstummt, mit dem es so schön geknistert hat? Und wieso musst du dich immer zuerst melden?
Das sind Fragen, die wir uns alle stellen und auf die es viele Antworten gibt. Einige davon möchte ich dir in diesem Buch näherbringen.
Doch was verstehen wir überhaupt unter Freundschaft? Freunde sind der Kitt, der unsere innere Welt mit dem äußeren Erleben verbindet und uns das Gefühl gibt, gern zu leben. Das reicht von sich einmal im Jahr an alte Zeiten erinnern bis hin zur Partnerschaft mit dem besten Freund, also dem täglichen Wir. Dabei heißt Freund nicht gleich Freund. Auch im Hinblick auf Freundschaften unterscheiden wir, wen wir wie nah an uns heranlassen. Das hängt regelmäßig davon ab, wie sehr wir dem anderen vertrauen und uns dem Gegenüber öffnen können.
Deshalb stehen uns manche Menschen auch näher als andere, wobei wir Menschen umso sympathischer finden, je häufiger wir ihnen regelmäßig begegnen, sei es im Büro, beim Yoga oder auf dem Kinderspielplatz. Zu Freunden werden schließlich die, denen wir vertrauen und bei denen wir so sein können, wie wir sind. Menschen, die uns gegenüber ehrlich sind, auch wenn es schmerzt, und die sich mit uns freuen, wenn wir Erfolg im Leben haben. Zu guter Letzt Menschen, die sich offen unsere Themen anhören und auf die wir uns verlassen können.
Freundschaften sind jedoch nicht statisch. Mit unserem Leben verändern sich auch unsere Kontakte. Freundeskreise lösen sich auf, neue Menschen bereichern unseren Alltag und irgendwann, meist in den Vierzigern, nehmen die engen Kontakte allmählich wieder ab. Deshalb ist es wichtig, sich nicht allein auf seine Familie und den aktuellen Partner zu verlassen, sondern sich auch um seine Freunde zu kümmern.
Entscheidend bei dem Konzept Freundschaft ist dabei nicht die Quantität als Maß unserer Verbundenheit, sondern die Qualität, die wir dem einzelnen Kontakt beimessen. Ein enger Freund ersetzt Dutzende lose Bekanntschaften, ein Partner Hunderte Tinder-Flirts. Wir sind vielleicht manchmal allein, aber mit dem Wissen um die richtigen Menschen um uns herum nie einsam.
Wieso dennoch nicht aus jeder Begegnung eine Freundschaft wird und was das mit dir zu tun hat, schauen wir uns in diesem Abschnitt an.
Fangen wir mal bei dir selbst an: Wie oft meldest du dich bei flüchtigen Erstbekanntschaften zurück? Selten? Und falls doch, wieso eigentlich? Wir erinnern uns besonders gern an Menschen, die uns berührt haben, und weniger an jene, die keinen Eindruck hinterließen. Das ist völlig normal und geht deinem Gesprächspartner nicht anders.
Auch dein Gegenüber mag den Kontakt genossen haben, fand dich amüsant und fühlte sich verstanden. Und doch endeten mit dem letzten Bier eure Gemeinsamkeiten und jeder ging seiner Wege. Menschen kommen und gehen, kreuzen deinen Weg und verschwinden wieder. Das hat nichts mit dir zu tun, und falls doch, wirst du es kaum erfahren. Denn jeder kehrt in sein Leben zurück, in dem der andere keinen Platz hat.
Selbst wenn alles zu passen scheint, garantiert das keine anhaltende Freundschaft. Da mag der andere gut aussehen, die gleichen Interessen haben, deinen Humor teilen – und trotzdem berührt er dich nicht. Du fühlst dich einfach nicht angezogen und findest vielleicht den Menschen, mit dem du so gar nichts gemeinsam hast, viel attraktiver.
Es gibt unzählige Gründe, Menschen wahrzunehmen und sie dennoch zu vergessen. Manchmal passen erster Eindruck und Erwartung nicht zusammen, ein anderes Mal gehen euch nach wenigen Minuten die Themen aus. Da kannst du dir noch so viel Mühe geben, es funkt einfach nicht.
Aber das ist manchmal auch gut so. Wir reagieren sehr feinfühlig, wenn wir uns vor Ablehnung schützen wollen und ungute Veränderungen vermeiden möchten. Meist tun wir das, um uns sicher zu fühlen. Wenn mich also Menschen verunsichern, sorge ich nach dem Gesetz der Resonanz dafür, dass sie mir aus dem Weg gehen. Denn dann fühle ich mich zwar alleine, aber doch sicher und in vertrauter Umgebung mit mir selbst.
Unsicherheit kann Freundschaften aber auch verhindern oder beenden, wenn wir beispielsweise auf Menschen treffen, deren Weltsicht uns erschüttert. Das erleben wir immer wieder in politischen oder kulturellen, religiösen oder anderen emotional besetzten Bereichen, wo unterschiedliche Sichtweisen aufeinanderprallen. Schnell fühlen wir uns angegriffen oder verletzt und versuchen, unseren Standpunkt zu verteidigen. Wir suchen faktisch Halt gegen haltlose Argumente.
Meist aber gibt es keine Lösung, kein Richtig oder Falsch, weil wir – wie noch zu zeigen sein wird – die Welt durch unsere individuelle Brille betrachten und hinter jeder Meinung ein Bedürfnis steckt. Da aber nicht jeder das gleiche Bedürfnis hat oder wir unterschiedliche Strategien zur Befriedigung desselben nutzen, unterscheiden wir uns. Dieser Unterschied kann Angst machen. Und in der Unsicherheit, mit dieser Angst umzugehen, trennen wir uns von dieser »falschen« Meinung, an der unglücklicherweise der ehemalige Freund hängt. Die Trennung dient quasi als Ersatzlösung für ein anderes ungelöstes Problem.
»Nein, darf man nicht!«, widersprach Mechthild energisch ihrer Freundin Lisbeth, die sich gerade ein Steak im sonst vegetarischen Lokal »Zur Seegurke« bestellt hatte und der Ansicht war, dass man sich doch wohl einmal in der Woche etwas Gutes gönnen dürfe. Erneut ließ Mechthild die dramatischen Folgen des Fleischverzehrs für Mensch und Tier vor Lisbeth aufleben und verdarb dieser den Appetit. Die war den ewigen Streit leid, wollte aber auch ihre Bestellung nicht rückgängig machen. Uneins, wie sie den Abend noch retten konnte, bat Lisbeth Mechthild, sich zu beruhigen, als diese ihre zerknüllte Serviette auf den Tisch knallte und erbost das Lokal verließ. Das war das Letzte, was Lisbeth je wieder von ihrer Freundin sah.
Es ist auch möglich, dass uns nur eine Gemeinsamkeit verbindet, ein Hobby, die Vereinsmitgliedschaft, Kollegen oder die zur selben Schule gehenden Kinder. Entfällt dieser Grund, endet häufig auch die Verbindung und der Kontakt schläft ein.
Wie ist das bei dir? Deine bisherige Strategie, Freunde fürs Leben zu finden, scheint nicht aufgegangen zu sein. Denn sonst hättest du dir wahrscheinlich nicht dieses Buch gekauft. Aber keine Sorge, dein Weg bis hierher war nicht umsonst. Zumindest weißt du jetzt, wie es nicht geht. Das mag vielleicht bitter klingen, gerade dann, wenn dir jemand fehlt, den du anrufen kannst. Jemand, der da ist, wenn dir die Decke auf den Kopf fällt. Denn Bindung und Verbundenheit sind ein elementares Grundbedürfnis, ohne dass wir eingehen.
Die wenigsten sind gern alleine, aber ob sich der andere bei dir zurückmeldet, ist nicht zuletzt auch eine Frage der Ökonomie. Schließlich hat die Woche nur sieben Tage und da passt manchmal kein achter Bekannter rein. Auch spielen Altersunterschiede, Attraktivität, soziale Herkunft, Bildungsniveau, Familienstand und sogar das Geschlecht eine Rolle, ob sich eine Verbindung herstellen lässt oder die Unterschiede zu groß sind. So genügt es bereits, sich von der Arbeit zu kennen, um für den Kollegen nach Feierabend tabu zu sein. Und das nur, weil der Privates von Beruflichem getrennt halten möchte.
Man kann auch sagen: Nicht jeder passt zu jedem und nicht jeder hat einen unbegrenzten Bedarf an neuen Bekanntschaften. Ein netter Abend ist noch keine Freundschaft und oft nicht einmal der Beginn davon. Damit aus einem Erstkontakt eine Freundschaft wird, bedarf es vieler Schritte. Einige davon werden wir im Folgenden kennenlernen, andere ergeben sich aus dem praktischen Miteinander selbst.
Ein erster Schritt kann sein, selbst zu dem Freund zu werden, den du gerne hättest, denn du ziehst an, was du aussendest. Auch sollte es dir leichtfallen, dich für den anderen zu interessieren, dich selbst zu melden und deinen Kontakt anzubieten. Hier darfst du gern mit gutem Beispiel vorangehen, statt auf den anderen zu warten. Reagiert der nicht, akzeptiere das. Manche Menschen können Verbindungen nur schlecht aufrechterhalten, andere wollen keine (neuen) Beziehungen. Das ist okay.
Nicht okay wäre es, wenn du dir dafür die Schuld gibst oder den anderen für einen oberflächlichen, gar schlechten Menschen hältst. Weder das eine noch das andere muss stimmen, auch wenn die Wahrheit oft in der Mitte liegt. Es gibt eben jene Menschen, die andere anziehen, und solche, die angezogen werden – nicht immer wechselseitig, aber stets vom Wunsch getragen, dazuzugehören. Wie gesagt, das Streben nach Verbundenheit teilen wir mit allen Menschen, nur nicht mit jedem.
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Menschen brauchen Menschen und doch fühlen wir uns nicht mit jeder Begegnung gleichermaßen verbunden. Hier bestimmen zahlreiche Faktoren, ob aus einem Erstkontakt mehr wird, am Ende gar eine Freundschaft. Diese Gründe können in uns und unserer Art liegen, aber ebenso in den äußeren Umständen, unter denen wir einander begegnen. Hier sind Akzeptanz, Flexibilität und Geduld gefragt. Du kannst nicht verhindern, dass Kontakte enden oder gar nicht erst zustande kommen. Aber du musst dich nicht immer dafür verantwortlich fühlen. In vielen Fällen hast du nichts falsch gemacht und der oft belächelte Satz »Es liegt an mir und nicht an dir« stimmt endlich einmal.
Neben dem Grundbedürfnis nach Verbundenheit teilen wir noch viele weitere Bedürfnisse, deren Befriedigung uns hilft, ein glückliches Leben zu führen. So weit, so einfach.
Kompliziert wird es erst dadurch, dass zwar alle Menschen die gleichen Bedürfnisse haben, nur nicht in gleichem Ausmaß. Der eine sagt vielleicht gern, wo es langgeht, die andere trifft nur ungern Entscheidungen. Manch einer steht im Club zufrieden in der Ecke, während andere ausgelassen tanzen. Und wieder andere treiben exzessiv Sport, statt mit Freunden auf der Couch Serien zu schauen. Von sexuellen Vorlieben ganz zu schweigen.
Diese Unterschiede aber ziehen uns entweder an oder stoßen uns voneinander ab, je nach Art des Bedürfnisses und seiner Erfüllung. Wenn zwei besonders ordentliche Menschen zusammenleben, klappt das meist besser, als wenn ein Messie auf einen Minimalisten trifft. Auch würden sich zwei ängstliche Menschen nicht gemeinsam mutiger fühlen.
Tatsächlich haben wir viele unterschiedlich ausgeprägte Vorlieben, die uns mit anderen Menschen harmonieren oder kollidieren lassen. Das wirkt sich unmittelbar darauf aus, wen und wie wir Menschen kennenlernen und wie wir den neuen Kontakt fortsetzen. Spüren wir beim ersten Treffen, dass wir vor unserem Spiegelbild sitzen, hängt unsere Sympathie maßgeblich davon ab, wie sehr wir uns selbst mögen und was genau wir im Gegenüber wiedererkennen.
Leben wir nämlich gegen unsere Bedürfnisse, macht das Glück einen großen Bogen um uns und lässt uns ein Leben lang nach der Erfüllung suchen, die wir uns selbst versagen.
Penelope hat ihren Eltern zuliebe das heimische Tierbestattungsunternehmen »Waldis Ruh« übernommen, obwohl sie eine Tierhaarallergie hat und nahe am Wasser gebaut ist. Außerdem träumt sie seit ihrem zehnten Lebensjahr von einer Karriere als Tänzerin. Nun aber tröstet sie andere zehnjährige Kinder und würde sich am liebsten neben die ihr anvertrauten Tierkadaver legen. Doch seit sie keine Pferde mehr bestatten, sind die Gräber dafür zu klein.
Ein Mensch, der wie Penelope gegen seine Bestimmung lebt, würde sich wohl kaum zu einem anderen Bestattungsunternehmer hingezogen fühlen und einen ähnlich großen Bogen um jene machen, die ebenfalls ihre Träume aufgegeben haben. Anziehend ist eher, wer mit sich und seinen Bedürfnissen im Einklang ist und dank vieler glücklicher Momente der Bedürfnisbefriedigung ein entsprechend glückliches Leben führt. Diese Menschen sind Versorgungsstationen auf dem Marathon, den wir Leben nennen. Entsprechend frequentiert sind sie auch und können sich aussuchen, wem sie in ihrem Leben die Trinkflasche reichen.
Deshalb kümmere dich um deine Bedürfnisse, lerne sie kennen und suche nach Menschen, die diese entweder teilen oder so ergänzen, dass ihr beide voneinander profitiert. Das mag jetzt vielleicht berechnender klingen, als ich es meine. Voneinander zu profitieren heißt hier nur, sich miteinander wohlzufühlen, ohne zusätzlich Energie aufwenden zu müssen.
Hierzu gibt es zahlreiche Tests, die dir zeigen, welcher Typ du im Verhältnis zu deinen Mitmenschen bist, welche Bedürfnisse du in welcher Art und in welchem Umfang hast und wo du dich am besten mit anderen verbinden solltest. Empfehlen kann ich den bewährten Reiss Motivation Profile Test.
Die unterschiedlichen Persönlichkeitstypen haben maßgeblichen Einfluss auf unser Kontaktverhalten und auch darauf, wie vertraut uns ein Mensch wird. Dazu verfügbare Testverfahren versuchen, diese Typen zu kategorisieren und dich in eine der vielen Schubladen zu stecken. Da gibt es Farb- oder Tiermodelle, Berufsbezeichnungen, Archetypen oder die Big Five of Personality.
Allen gemeinsam ist, dass kein Mensch dem anderen gleicht, wir uns aber in vielem ähnlich sind. Das verbindet uns ebenso, wie uns andere Persönlichkeitstypen abstoßen. Die Bandbreite reicht von nachsichtig bis kritisch, harmoniebedürftig bis streitsüchtig oder verträumt bis verwirrt. Es gibt den dominanten Typ, den emotionalen, den extrovertierten und den in sich gekehrten Typ sowie alle möglichen Mischformen.
Die einen suchen Nähe, indem sie jedem nach dem Mund reden, andere brauchen kritische Reibung, um sich zu wärmen. Wieder andere leben nach dem Motto: Angriff ist die beste Verteidigung. Die Erfahrung aber zeigt, dass Menschen, die ihr Leben lieben und sich warmherzig und freigiebig, nachsichtig und mitfühlend, ehrlich und verbindlich zeigen, in der Beliebtheit hohe Plätze belegen. Doch es geht nicht um einen Wettbewerb, sondern um deine Art, Menschen so zu nehmen, wie sie sind – und dich ebenfalls authentisch zu geben.
Kennst du deine Neigungen, Vorlieben und Grenzen, erkennst du diese auch bei anderen. Das hilft dir, dich für oder gegen einen Kontakt zu entscheiden. Umgekehrt gilt das natürlich auch für deinen Gesprächspartner und erklärt, wieso Begegnungen ohne Folgen bleiben können.
All das läuft unbewusst und automatisch ab und trennt dich von deinem Gegenüber, noch bevor sich dein Bewusstsein eine Meinung gebildet hat. Oder du fühlst dich vom Gleichklang mit dem anderen angezogen, meldest dich wieder und sprichst im Idealfall von einer Seelenverwandtschaft.
Aber egal, was du tust, dein Lebensglück hängt maßgeblich von der Art ab, wie zufrieden du mit dir selbst bist. Das wirkt sich auch auf deine Bindungsfähigkeit aus und wie gut du Nähe zulassen kannst. Bindung gibt dem Leben Struktur, Bedeutung und Sinn, erhöht das Glücksgefühl, stärkt das Immunsystem und verlängert dein Leben. Darüber hinaus verringert Nähe zu anderen Menschen das Risiko von Ängsten und Depressionen.
Wie unterschiedlich aber Nähe gesucht wird und wo Menschen Verbundenheit finden, ist auch vom jeweiligen Temperament des Suchenden abhängig. Nicht jeder Deckel passt zum Topf, wie wir im folgenden Kapitel sehen werden.
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Verbundenheit, Bedeutung, Sicherheit, Stimulanz, Macht und Mitwirkung sind nur einige der Bedürfnisse, deren Erfüllung über unser Glück im Leben bestimmt. Wir suchen die Nähe zu anderen Menschen, weil wir die Gemeinschaft brauchen, um zu überleben. Dabei spielen die Art und der Umfang dieser Grundbedürfnisse eine wichtige Rolle, welche Menschen unser Leben bereichern und welche nicht. Mach dir also deine Bedürfnisse bewusst und erkenne deine Vorlieben und Grenzen. Kurzum: Lerne dich und deinen Persönlichkeitstyp kennen und gib dich authentisch, um auf deine Umgebung anziehend zu wirken. Hierzu können dir entsprechende Tests im Internet behilflich sein.
Manchmal sieht man sich in der Welt um und denkt: Menschen? Kennst du einen, kennst du alle. Vor allem, wenn sie in Gruppen auftreten und Jungesellinnenabschiede feiern. Doch schaut man genauer hin, gibt es jene, die betrunken mit dem Bauchladen Kondome verkaufen, und die anderen, die freundlich lächelnd so wirken, als hätte man sie zum Feiern gezwungen.
Ähnlich verhält es sich beim Kennenlernen. Nicht jeder fühlt sich beim Gedanken, fremden Menschen zu begegnen, wohl. Da mag das Alleinsein noch so sehr schmerzen. Extra vor die Tür zu gehen, um sich in einem überfüllten Club von schwitzenden Typen oder überdrehten Mädels antanzen zu lassen, klingt noch weniger verlockend.
Andere hingegen brauchen den Kick, die direkte Konfrontation und das Abenteuer in der Menschenmenge. Je mehr Leute, desto besser die Party. Das heißt jedoch nicht, dass diese Menschen weniger einsam sind. Die Zahl potenzieller Kontakte mag sich zwar erhöhen, je mehr Menschen ich begegne. Verbindungen garantiert das jedoch noch lange nicht. Im Gegenteil, oft verbleibt es hier bei oberflächlichen oder flüchtigen Kontakten, deren Halbwertszeit die Polizeistunde kaum überdauert. In beiden Fällen bestimmt das uns in die Wiege gelegte Temperament über unsere Betriebstemperatur und die Art, Menschen zu begegnen. Deshalb musst du auch niemanden für sein Anderssein bewundern oder verurteilen, es genügt, deinesgleichen zu entdecken und Kontakt aufzunehmen.
Dumpf dröhnten die Bässe über die Köpfe der wogenden Menschenmenge hinweg. Mareile wurde unsanft von ekstatisch tanzenden Leuten umhergeschubst. Sie hatte dem Drängen einer Kollegin nachgegeben und sich auf ein Rockkonzert getraut. Nichts, was sie sich freiwillig ausgesucht hätte, doch sie wollte nicht schon wieder Nein sagen und hoffte auf ein wenig mehr Unterhaltung, als es ihr leeres Wohnzimmer und der einsame Ohrensessel versprachen. An ein Gespräch war allerdings nicht zu denken. Die infernalisch laute Musik ließ lediglich Gesten der Begeisterung oder – wie in Mareiles Fall – der Erschöpfung zu. Sie wollte keine Spielverderberin sein, doch als sie vergeblich versuchte, dem Barkeeper ihre Bestellung entgegenzubrüllen, schien ihr das eigene Wohnzimmer doch verlockender. Ohne sich von ihrer Kollegin zu verabschieden, holte Mareile ihre Jacke und verließ den klaustrophobisch anmutenden Ort. Ein sinnloser Abend, dachte sie noch, während ihre Kollegin knutschend das Konzert verpasste, um wenig später ebenfalls allein nach Hause zu gehen.
Wie ist das bei dir? Brauchst du eine dir vertraute Umgebung und bezeichnest du dich eher als zurückhaltend, still oder passiv – vor allem, wenn es sich um den Kontakt mit fremden Menschen dreht? Oder hält dich nichts im heimischen Sessel, weil dich der Gedanke, da draußen etwas zu verpassen, vor die Tür treibt?
Hier haben wir das klassische Wechselspiel zwischen introvertiertem und extravertiertem Charakter, was einen großen Einfluss darauf hat, wie wir anderen Menschen begegnen. Wo der eine sich nicht traut, auf die andere zuzugehen, überrollt die eine den anderen mit ihrer Partylaune. Dabei möchte ich hier nicht von schüchtern oder aufdringlich sprechen, sondern lediglich von der jeweiligen Art, mit der Außenwelt zu kommunizieren.
Wenn du dich zu den introvertierten Menschen zählst, fühlst du dich mit dir in aller Regel wohl, hältst Alleinsein meistens gut aus und richtest deine Aufmerksamkeit stärker auf dich und dein inneres Erleben als auf die Welt da draußen. Das bedeutet nicht, dass du Menschen meidest und Kontakten aus dem Weg gehst. Aber du brauchst nicht den Trubel, nach dem sich extravertierte Menschen sehnen, um sich zu spüren und dem Alleinsein zu entfliehen.
Das führt aber gelegentlich auch dazu, dass deine Umwelt glaubt, dir läge nicht besonders viel an einem Kontakt. Zu sehr scheinst du mit dir allein zufrieden und gleichgültig gegenüber den Plänen und Aktivitäten anderer zu sein. Stattdessen trifft man dich in der Natur, in Museen oder Buchläden, wo du es genießt, mit Abstand all die anderen Besucher zu beobachten.
Fühlst du dich hingegen dem extravertierten Lager zugehörig, findet dein Leben draußen statt: dort, wo dich deine eigenen Gedanken nicht vom Leben ablenken und du im regen Austausch mit der Welt unter Menschen bist. Wenn du dich nicht vor Freunden und Beziehungen retten kannst und dennoch seit Längerem nach dem oder der Richtigen, nach guten Freunden und engen Verbindungen suchst, mag das deiner Umgebung geschuldet sein. Deinesgleichen feiert gern, hinterlässt aber beim Tanzpartner selten den Eindruck, an etwas Längerfristigem interessiert zu sein.
So kann es passieren, dass beide Typen allein durchs Leben gehen und einander nicht begegnen. Der eine liebt die Stille, während sich die andere allein auf der Tanzfläche dreht. Deshalb ist die Erkenntnis, zu welchem Typ du gehörst, hilfreich bei der Strategie, wie du denen begegnest, die du dir im Leben wünschst. Nicht jede zurückhaltende Frau lehnt dich ab und nicht jeder aufdringliche Typ will nur das eine von dir. Manchmal seid ihr nur zu verschieden, um einander zu erkennen, und unterscheidet euch in der Art, Kontakte zu schließen. Hier hast du es in der Hand, flexibler zu reagieren und dich unvoreingenommener auf den anderen einzulassen.
Wir sind es gewohnt, Menschen durch unsere mentale Brille zu sehen und deren Handlungen entsprechend zu bewerten. Lehnt ein Introvertierter eine Partyeinladung ab, gilt er schnell als desinteressiert und wird kein zweites Mal eingeladen. Ganz anders die extravertierte Gastgeberin, die die Stille ihrer Wohnung vertreiben will und ihr soziales Umfeld mit ihren Festivitäten anzustrengen beginnt.
Es ist nicht immer leicht, das eigene Bedürfnis nach Gesellschaft zu befriedigen, wenn die, um die es uns geht, so ganz andere Vorstellungen von Geselligkeit haben. Dann heißt es, die unterschiedlichen Lebenskonzepte zu akzeptieren oder sich darauf einzulassen. Alternativ bleibt dir die Möglichkeit, nach jenen Ausschau zu halten, die dir ähnlicher sind.
Das hängt aber auch vom Grad unseres Unabhängigkeitsbedürfnisses ab. Nicht jeder sucht im Team die Lösung fürs Leben, sondern braucht den persönlichen Freiraum, um sich zu entfalten. Das bedeutet nicht, dass ein solcher Mensch andere ablehnt, wenn er das Alleinsein vorzieht. Vielmehr braucht er nur öfter einen Rückzugsort, um Kraft für die Kontaktpflege zu tanken.
Wieso dennoch viele Menschen einsam, unglücklich und vom Leben überfordert sind, liegt manchmal auch an der Welt, in der sie sich bewegen. Grund genug, sich damit genauer zu befassen.
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Es gibt die stillen und die lauten Momente im Leben und ebensolche Menschen, die diese Momente zu genießen wissen. Nicht immer treffen wir dabei auf jene, die unsere Art, der Welt zu begegnen, teilen. Manch einer zieht sich lieber mit einem Glas Wein auf ein gutes Gespräch zurück, während andere dazu Festivalatmosphäre brauchen. Gemeinsam ist aber beiden Temperamenten der Wunsch nach Verbindung. Zu wissen, zu welchem Typ du gehörst, hilft dir, anderen flexibel und unvoreingenommen zu begegnen, und nimmt dir die Scheu im Austausch mit neuen Kontakten. Manchmal reicht es, leise zu sein, um einen lautstarken Auftritt zu haben und positiv aufzufallen.
Das Leben ist großartig, mondän und luxuriös. Voller wunderschöner Menschen, die ihren Traum leben und so lange mit Freunden auf einer nicht enden wollenden Party tanzen, bis sie mit ihrem Seelenpartner auf der eigenen Insel das Nirwana erreichen.
Das zumindest scheint für viele junge Menschen das erstrebenswerte Ziel zu sein, wenn sie den neuen Göttern der Internetwelt, den sogenannten Influencern, glauben und folgen. Natürlich überzeichne ich hier und ergehe mich in Klischees, um einem Phänomen auf die Spur zu kommen, nämlich der wachsenden Neigung junger Menschen zu Depressionen und Einsamkeit.
Dabei wirken für diese Menschen gerade die sozialen Medien als verlockende Möglichkeit, sich zu vernetzen, auszutauschen und am Leben des anderen teilzuhaben. Bei Menschen mit einem stabilen Freundeskreis funktioniert das auch. Hier unterstützt das Handy die Verbindung und fördert die Kommunikation. Dennoch fühlen sich zahlreiche Millennials statistisch betrachtet einsamer als ihre Eltern und Großeltern im gleichen Alter.
Wie kommt das?
In erster Linie liegt es daran, dass Bilder, Likes sowie Textoder Sprachnachrichten zwar das Belohnungssystem aktivieren, aber keine echte Verbindung schaffen. Die aber ist es, nach der sich auch junge Menschen sehnen. Es sind die Begegnungen im echten Leben, die uns glücklich machen, nicht die retuschierte und gefilterte Scheinwelt, in der Einsamkeit nur einen Klick entfernt ist.
Es konnte nachgewiesen werden, dass Facebook und Co wie eine Droge wirken und dem Dealer auf dem Schulhof mehr und mehr Konkurrenz machen. Immerhin bedienen diese Plattformen den steten Wunsch, sichtbar zu sein, sich zu zeigen und für das, was man ist, gemocht zu werden. Je mehr Likes und Follower, desto näher scheint man diesem Ziel und fühlt sich von der Welt wertgeschätzt.
Doch diese Dopamindusche endet, sobald die äußeren Zeichen der Anerkennung ausbleiben und die virtuellen Freunde keine Herzen, Emojis oder Hugs mehr vergeben. Dann folgt der kalte Entzug, bemisst sich doch die Wertigkeit der Digital Natives nach der Anzahl an Followern, deren Likes, Reposts und Kommentare über deren »social proof« bestimmen. Das bedeutet, je mehr Menschen dir folgen, desto höher stehst du auf der sozialen Leiter und desto mehr orientieren sich andere an dir. Das ist die neue Währung im Internet, aber leider keine Garantie, damit auch glücklich zu werden.
Magdalena rekelt sich im flirrenden Licht des Sommerabends, während das Meer im Hintergrund dem Sonnenuntergang entgegenglitzert. Die Wellen, die gegen den weißen Rumpf der Jacht branden, lassen Schaumkronen im Wasser tanzen. Möwen schreien in der Ferne und sanftes Gläserklirren gibt dem perlenden Gelb im Champagnerglas die würdige Note. Das Video endet und einzelne Selfies mit dem teuren Markengetränk komplettieren Magdalenas Feed. Mit Genugtuung nimmt die junge Frau die wachsende Begeisterung ihrer Follower wahr, kommentiert all die Herzen und Dollar-Emojis und lässt ihre Fanbase wissen, wie dankbar sie für all die Liebe ist. Dann legt sie ihr Mobiltelefon zur Seite, greift wieder nach dem Lappen und setzt ihre Arbeit fort. Der Inhaber der Luxusjacht hatte ihr zwei Stunden gegeben, bis er und seine Gäste auf einem frisch geputzten Boot eigene Selfies machen würden. Magdalena war es egal, auf sie wartete zu Hause niemand.
Einen angesehenen Status zu erhalten, erfordert nämlich ein beständiges Mehr, um die Blicke weiterhin auf sich und die gepostete Illusion des eigenen Lebens zu ziehen. Dieses Mehr hält uns aber vom eigentlichen Ziel ab, nämlich uns mit echten Menschen zu verbinden, diese zu treffen und das Leben zu führen, das uns bislang nur Filter und Retusche ermöglicht haben.
Menschen wollen Menschen und nicht nur deren Worte. Text- und Sprachnachrichten haben längst Telefonanrufe ersetzt, Bilder und Videos die früheren Dia-Abende mit Freunden. Wir leben auf Abstand, weil es so leicht scheint, Nähe digital zu ersetzen. Damit aber verschieben wir unsere Priorität weg vom anderen auf unser Alleinsein und vergrößern den emotionalen Abstand nur noch mehr. Damit wird jedes Selfie zum Manifest der inneren Einsamkeit.
Oft besteht die Angst, sich im realen Außen zu zeigen, darin, die eigene Verletzbarkeit zu spüren, die wir hinter unserem virtuellen Profil verstecken konnten. Viele sind es nicht mehr gewöhnt, auf fremde Menschen zuzugehen, ein echtes, erstes Gespräch von Angesicht zu Angesicht zu führen und dabei auch Fehler machen zu dürfen. Stattdessen muss der Schein gewahrt bleiben. Das Gleiche geschieht an den virtuellen Kontaktbörsen, wo sich Menschen für den kurzen Rausch in den Armen eines anderen feilbieten. Dieser Rausch ist manchmal nur einen Swipe nach rechts entfernt und doch bleibt der eigentliche Wunsch nach einer Beziehung und einem erfüllten Zusammensein auf der Strecke. Der Wühltisch der Liebe verspricht schnelle Abenteuer, die Einsamkeit aber dauert an.
Da helfen auch Hashtags nichts, egal, wie viel Verbindung sie uns mit einer Community vorgaukeln, die sich unter diesem Label zu finden scheint. Diese gemeinsamen Interessen sind flüchtig und enden nicht selten in einem Shitstorm, wenn man der falschen Blase gefolgt ist. Das sorgt dann zwar auch für Aufmerksamkeit, der aber bestenfalls die Bedeutungslosigkeit folgt.
Im ungünstigen Fall führt virtuelle Ausgrenzung auch im echten Leben zur Isolation, wenn dein Leben viral geht, ohne bei jedem auf Gegenliebe zu stoßen. So hat ein rasch gedrehtes Video über den Ärger mit dem Chef schon manches Arbeitsverhältnis beendet. Schließlich kann sich jeder heute ein vorschnelles Urteil über dich und dein Leben bilden, egal, ob die andere Person dich kennt und weiß, welcher Mensch sich hinter deinem Account versteckt. Es ist der schnelle K(l)ick, der unsere Sucht bedient und die Einsamkeit füttert.
Das dabei vermisste Leben findet draußen statt, dort, wo weder Photoshop noch geborgte Statussymbole eine Fantasiewelt erzeugen, für die uns andere beneiden. Denn Neid und Bewunderung ersetzen keine echte Liebe, keine vertrauensvolle Freundschaft. Sie trennen uns vielmehr von den Menschen, die ihr Alleinsein ebenfalls hinter bunten Bildern und lustigen Videos verstecken.
Auch wenn das nur für einen kleinen Teil der Internetcommunity gelten mag: Die Mechanismen im Netz sind darauf angelegt, uns im Feed zu halten, weit weg von denen, die unsere Priorität verdient hätten. Wie du das ändern kannst, soll uns im nächsten Kapitel beschäftigen.
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Viel zu oft legen wir unser Leben in die Hände anderer und machen unser Glück von deren Urteil abhängig. Eine Steigerung dieser Fremdbestimmung erfährt man in sozialen Netzwerken, in denen die Verpackung über den Wert des Geschenks bestimmt. Geliebt zu werden verkommt zum Beliebtsein, ohne dass echte Gefühle daran mitwirken. Entsprechend bleiben viele hinter ihren Heile-Welt-Fotos im Schatten allein. Mach dir bewusst, dass das echte Leben draußen stattfindet, fernab von Hashtags, Photoshop und zur Schau gestellten Statussymbolen. Genieße dein Leben, so wie es ist, nicht wie dich die virtuelle Scheinwelt glauben lässt, dass es sein müsste.
Das Leben ist wie eine Busfahrt, bei der Menschen ein- und wieder aussteigen. Jeder bringt neue Impulse, Inhalte, Werte und Bedürfnisse mit, die mit deinem Leben in Resonanz gehen oder eben nicht.
Das hat viel mit den jeweiligen Lebensumständen zu tun, in denen du Menschen begegnest. Das mag beim Sport sein, im Studium, auf der Arbeit oder am Glascontainer deiner Nachbarschaft. Es gibt unzählige Schnittpunkte, an denen sich Menschen über den Weg laufen und die sich für einen Erstkontakt eignen. Aber es gibt ebenso unzählige Erstkontakte, die im Sande verlaufen.
Bei dem Ganzen geht es weniger um den einen Menschen, der dich aus deiner Einsamkeit reißt. Es geht darum, mit offenem Herzen und ebensolchen Augen die vielen Gelegenheiten im Leben wahrzunehmen und deinem Glück auf die Sprünge zu helfen. Denn all die Menschen, denen du tagtäglich begegnest, sind auf der Suche nach etwas, das sie im Leben erfüllt, glücklich macht und miteinander verbindet. Genau wie du. Und doch scheint die Welt immer weiter auseinanderzurücken, werden die Kontakte flüchtiger und die Gemeinsamkeiten weniger. Das liegt an uns selbst und wird sich erst ändern, wenn wir aufhören, länger auf das Glück zu warten.
Nachdenklich steht Waldemar am Grabstein seiner Frau. Sie waren fast fünfzig Jahre lang verheiratet gewesen, und doch fiel es ihm schwer, sich an gute Zeiten mit Elfriede zu erinnern. Nicht weil sie sich zerstritten hatten, sondern weil sie ihr ganzes Leben damit beschäftigt waren, auf den einen Tag zu warten, an dem sie endlich Zeit für all das haben würden, das sie glücklich machen würde. Nun hat Waldemar die Zeit, die Kinder sind groß, die Rente längst angetreten. Das Leben allerdings ist fast vorbei und Waldemar bleibt allein zurück.
Tatsächlich läufst du deinem Glück nicht über den Weg. Du trägst es in dir. Und du erkennst es am Leuchten deiner Augen, wenn du einem Menschen begegnest, der zu dir passt. Leuchtet nichts, schau dich weiter um. Die Welt ist voller Menschen, die sich für dich und deine Geschichten interessieren. Verschwende nicht deine Zeit, auf den richtigen Moment zu warten. Dieser Moment ist jetzt, und hier findest du auch die zu dir passende Begleitung.
Leider schieben viele Menschen das Leben vor sich her. Sie knüpfen ihre Zufriedenheit an äußere Bedingungen und glauben, dass erst deren Erfüllung sie glücklich macht. Entsprechend richten sie ihre Prioritäten und damit die Wahl ihrer sozialen Aktivitäten daran aus. Doch um in der Zukunft glücklich zu werden, darfst du im Hier und Jetzt lernen, es bereits zu sein.
Menschen sind Teil dieses Glücks. Menschen, die wir andernfalls vertrösten, hinhalten oder ignorieren, nur weil wir einem größeren Ziel hinterherjagen. Am Zielpunkt angelangt, stellen wir dann fest, dass wir genauso unzufrieden sind wie zuvor und ein neues Ziel brauchen, eine neue Illusion des Glücks.
Wer auf dem Weg zur Karriere versäumt, seine Kinder aufwachsen zu sehen, weiß, wovon ich spreche. Wer seinen Partner an ein viel zu großes Haus verliert oder seinem Körper keinen Genuss gönnt, weil er von Idealmaßen träumt, findet sich bald mit sich und dem Leben unzufrieden wieder. Kein Geld der Welt ersetzt die Freunde, die ich nicht einlade, weil ich für eine teure Reise spare.
Hier verschieben sich die Prioritäten weg aus einem realen Leben in eine erträumte Wirklichkeit, die so nie eintreten wird. Denn egal, wie viele Ziele jeder im Leben erreicht, ohne Freunde an der Seite bedeuten sie wenig.
Natürlich entscheiden wir uns selten rein willkürlich für oder gegen einen Kontakt, egal, wie lange der schon besteht. Oft hängt das Engagement von äußeren Umständen ab. Wo Menschen Stunden entfernt leben, wird es schwer, sich spontan auf einen Kaffee zu treffen. Auch verändern Familienplanung oder berufliche Umstände die zur Verfügung stehende Zeit. Hier muss man sich entscheiden und seine Zeit einteilen. Das ist Bindungsökonomie.
Menschen haben keine unbegrenzten Ressourcen, die sie beliebig mit anderen teilen können. Weder zeitlich noch räumlich können wir jeder Begegnung die gleiche Bedeutung beimessen. Hier treffen wir also bewusst oder unbewusst eine Auswahl und finden im Nachhinein Gründe, wieso dieser Kontakt eingeschlafen ist.
Trägheit und Gleichgültigkeit sind zwei dieser Gründe. Vielleicht sind es sogar die häufigsten Gründe, wenn es um Kontaktabbrüche geht, ganz im Sinne von: Aus den Augen, aus dem Sinn. Wenn ich ewig nichts mehr von X oder Y gehört habe, kann ich entweder die Ruhephase beenden und die alte Freundschaft neu erblühen lassen. Oder ich verzichte darauf und gestehe mir ein, dass mir weder X noch Y fehlen.
Allerdings ist Trägheit ein gefährliches Ruhekissen aus Routinen und Gewohnheiten. Mag der Alltag uns auch noch so oft daran hindern, unsere sozialen Kontakte zu pflegen, die Belastbarkeit von Freundschaften ist endlich. Denn egal, wie häufig wir versprechen, uns zu melden, jedes Aufschieben vergrößert den Abstand – bis er zu groß wird und die Verbindung reißt.
Daneben gibt es natürlich viele Menschen, die keine Schnittmenge mit dir bilden. Das mag vorübergehend so sein, wenn deren Leben gerade mit anderen Themen voll ist, oder dauerhaft, wenn eure Wellenlängen auf unterschiedlichen Frequenzen funken. Doch das hat nichts mit dir zu tun. Wozu es also persönlich nehmen, wenn Kontakte einschlafen oder erst gar nicht vertieft werden?
Gleichzeitig haben selbst Menschen, die du schon länger und vielleicht sogar gut kennst, ihre Gründe, sich aus deinem Leben zurückzuziehen, wenn ihnen andere Dinge wichtiger werden. Stell dir einmal vor, dein bester Freund wird Vater oder deine engste Freundin soll in den Vorstand befördert werden. Das ändert im Leben dieser dir wichtigen Menschen alles – und damit auch in deinem Leben. Leider nicht immer zu deinem Vorteil, aber daran trägst du keine Schuld. Diese Menschen verlieren nämlich nicht das Interesse an dir, sondern verschieben lediglich ihre Priorität. Egal, ob es die Flucht vor der Steuerbehörde ist oder eine geschlechtsangleichende Operation, Dinge ändern sich und mit ihnen die Kontakte.
Einen Sonderfall erleben wir, wenn einer unserer Freunde plötzlich einen neuen Partner hat und sich nicht mehr meldet. Dann verschiebt die neue Liebe die bisherigen Prioritäten. Hier fehlt rasch die Zeit für frühere Bekanntschaften, die zwar wichtig bleiben, aber meist vorübergehend ausgeblendet werden. Man könnte auch sagen: Leidenschaft schlägt Freundschaft. Langfristig ist das allerdings keine kluge Entscheidung.
Doch auch der neue Partner mag Einfluss auf die Freizeitgestaltung des ehemaligen Freundes oder der einst besten Freundin nehmen und eifersüchtig darüber wachen, nur keine Minute der trauten Zweisamkeit teilen zu müssen. Unter Umständen sind wir ja sogar froh, dem neuen Glück eine Zeit lang nicht zu begegnen. Meist dann, wenn sich alles nur noch um die frisch erblühte Liebe dreht und frühere, gemeinsame Themen in den Hintergrund treten.