Freundinnen - Corinne Luca - E-Book

Freundinnen E-Book

Corinne Luca

0,0
13,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Ziemlich beste Freundinnen Freundinnen sind Weggefährtinnen, Seelenverwandte und Zuhörerinnen. Sie kennen uns besser als wir uns selbst, unsere guten und schlechten Seiten, unsere Ecken und Kanten. Sie spenden uns Trost oder spornen uns an, sie sind unser Kompass bei wichtigen Entscheidungen. Corinne Luca erzählt von den Freundschaften ihres Lebens, vom Kindergarten bis heute, mit all den kleinen und großen Glücksmomenten und Krisen, die das Leben mit sich bringt. In ihren Geschichten zeigt sie die vielen Facetten von Freundschaft – ehrlich, unterhaltsam und zutiefst berührend. - Freundinnen fürs Leben: persönliche Anekdoten und kleine Episoden über die andere große Liebe in unserem Leben - Wie entstehen Freundschaften? Wie viele Freundinnen brauchen wir überhaupt? Und was passiert, wenn Freundschaften auseinander gehen? - Freundschaftswissen: von Kinderknick bis älter werden – neueste Erkenntnisse aus Studien ergänzen die persönlichen Geschichten - Eine originelle Geschenkidee für die beste Freundin! Was bedeutet Freundschaft? Corinne Luca stürzte sich in die Recherche von Fakten und Daten über Freundschaft – um festzustellen, dass man sich lange theoretisch mit Freundschaft befassen kann und am Ende doch nichts über sie erfährt. Stattdessen beleuchtet sie die alltäglichen Momente unserer Beziehungen: Übernachtungsbesuche und Nächte auf Diskoparkplätzen, geteilte Geheimnisse und Wohnungen, gemeinsam bewältigte Schicksalsschläge und neue Welten mit Männern und Kindern. Ihre Geschichten sprühen vor Begeisterung und Glück. Sie erzählen aber auch von Selbstaufgabe, Abhängigkeit, Eifersucht und Enttäuschung. Dieses Buch ist eine Liebeserklärung an alle Sandkuchenbäckerinnen, Spickzettelweitergeberinnen und Liebeströsterinnen. Ein schöner Anlass, um über unsere Freundinnen – die einstigen, die jetzigen und die kommenden – zu reflektieren und zu sagen: "Danke, dass es dich gibt!"

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 172

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



CORINNE LUCA

Freundinnen

DIE ANDERE GROSSELIEBE – NUR BESSER

Zum Schutz einiger Protagonisten wurden einzelne Details verfremdet.

Eine Haftung der Autorin und des Verlages ist ausgeschlossen.

1. Auflage

© 2019 Benevento Verlag bei Benevento Publishing,

eine Marke der Red Bull Media House GmbH, Wals bei Salzburg

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags, der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen sowie der Übersetzung, auch einzelner Teile. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Gesetzt aus der Palatino, Limon Script, Boho Serif, Mark Pro

Medieninhaber, Verleger und Herausgeber:

Red Bull Media House GmbH

Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15

5071 Wals bei Salzburg, Österreich

Satz: MEDIA DESIGN: RIZNER.AT

Umschlaggestaltung: FAVORITBUERO, München

Illustrationen: Shutterstock

Autorenillustration: © Claudia Meitert / carolineseidler.com

ISBN 978-3-7109-0063-1

eISBN 978-3-7109-5073-5

Für unsere Freundinnen, die einstigen,

die jetzigen und die kommenden.

Für all die Sandkuchenbäckerinnen,

Geheimnisträgerinnen und Zuhörerinnen,

für unsere Wunderwaffen in allen Lebenslagen.

Es ist schön, dass es euch gibt.

Inhaltsverzeichnis

Was mich dieses Buch schreiben ließ

Was ich als Kind über Freundschaft denke

Die Geschichte, in der Nora durchdie Hecke kommt

Freundschaftswissen: Matherätsel

Die mit dem Kochlöffel meiner Mama

Die mit der verlorenen Freundschaft

Die mit dem Arschgeweih und dem Erwachsenwerden

Die mit der Frage aller Fragen

Freundschaftswissen: Frauenfreundschaften

Was ich mit zwanzig über Freundschaft denke

Die Geschichte mit Anne und dem Holztisch

Freundschaftswissen: Gleiche Gene

Die mit dem weingetränkten Teppich

Die mit Jo im Supermarkt

Freundschaftswissen: Wie viele Freunde?

Die mit der Blitzhochzeit, die keine war

Die mit der verschwundenen Tasche

Die mit der Einsamkeit

Freundschaftswissen: Wie Zigaretten

Die mit der Suche

Die mit den Vergleichen

Was ich heute über Freundschaft denke

Die Geschichte mit den E-Mails

Die mit dem langsamen Weg nach Hause

Freundschaftswissen: Tiefe Gespräche

Die ohne »Für immer und ewig«

Die mit den Kindern

Die mit den Müttern

Freundschaftswissen: Kinderknick

Die mit der Stärke

Die mit dem Zoobesuch

Die mit Pauline und den Unterschieden

Freundschaftswissen: Schmerz lass nach

Die mit der Krise

Die mit der unmöglichen Freundschaft

Die mit den Briefen

Freundschaftswissen: Älter werden

Was Freundschaft mit uns macht

Über die Autorin

Was mich dieses Buch schreiben ließ

Es geschah an einem frostigen Abend im Februar, bei einem Italiener ohne richtige Heizung oder mit schlecht gedämmten Fenstern. Anwesend sind: ein trockener Fisch (hier haben sie nicht mit Hitze gespart), meine Freundin Anne, ich selbst und zu viel Wein. So wird unser Gespräch immer lebhafter, meine Wangen röter und meine Handbewegungen ausladender. Während ich gestikuliere, greife ich ab und zu zum Heizkörper und lege meine Hände darauf. Ein bisschen staubig, aber immerhin warm, nachher vielleicht noch mal Hände waschen, wobei, das Brot und den Fisch habe ich ja auch schon so gegessen.

Die zweite Flasche Rotwein kommt zusammen mit der nächsten Vorspeise und steht genau dreißig Sekunden auf unserem Tisch. Dann verschätze ich mich mit dem Winkel zwischen Heizgerät und Oliven-Crostini. Der Inhalt der Flasche ergießt sich über die rot-weiß karierte Decke. Rasant breitet sich der Rotwein aus, wird kurz am Tonkrug gestaut, in dem weiteres Besteck und Servietten auf ihren Einsatz warten, findet dann einen Weg um ihn herum und tropft schließlich an der gegenüberliegenden Seite des Tisches zu Boden. Anne kann gerade noch aufspringen.

Der Kellner kommt hinzu. Ich werde blass und stammele Entschuldigungen. Anne und ich versuchen mit den traurigen fünf Servietten aus dem Tonkrug einen Liter Rotwein aufzuwischen. Inzwischen schauen uns alle im Restaurant zu. Ein paar Gäste an den hinteren Tischen sind aufgestanden, um einen besseren Blick zu haben.

»Lassen Sie nur, Signora.« Der Kellner versucht freundlich und beschwichtigend zu klingen, aber ich kenne diesen Ton. Genauso klinge ich selbst, wenn meine jüngste Tochter etwas verschüttet hat und danach versucht, mir beim Aufwischen zu helfen, wobei sie alles nur noch schlimmer macht. Irgendwie beruhigend, dass nicht nur ich in diesen Situationen keine pädagogisch wertvolle Ruhe vortäuschen kann. Auch die professionelle Servicekraft scheint überfordert.

»Hätten Sie vielleicht Küchentücher?« Mit meiner Frage erlöse ich den Kellner. Er läuft erleichtert in Richtung Küche. Ich weiß nicht, wie lange ich noch wische, ohne dass es einen nennenswerten Effekt hat, weil die rote Suppe einfach überall heruntertropft, vom Tisch, aus den Zipfeln der Decke und erst recht aus meinen übervollen Aufwischservietten.

Hochpeinlich, denke ich. Alle gucken mich an und noch peinlicher, weil mir so etwas immer passiert. Immer, wenn ich entspannt sein will. Dann schaue ich nach oben und sehe Anne, die erst lächelt und dann lacht. »Typisch du«, sagt sie, ohne eine Spur von Vorwurf oder Spott, einfach nur wie jemand, der mich sehr gernhat und sehr gut kennt. Jemand, der mit mir schon eine Menge Rotwein getrunken und aufgewischt hat, und ich mit ihr, metaphorisch und tatsächlich. Mit ihrem Blick und ihrem Lachen nimmt Anne der Situation allen Schrecken und alle Peinlichkeit. Die Leute setzen sich und fangen wieder an zu essen. Der Kellner kommt, lächelt ebenfalls zum ersten Mal und wechselt die Tischdecke. Wir wischen alle drei noch ein wenig mit der Küchenrolle herum. Es ist eine von den guten, die das Fünffache an Flüssigkeit aufsaugt.

Dann sitzen Anne und ich wieder am zugigen Tisch, und ich habe trotzdem ein ganz warmes Gefühl im Bauch, das nicht von der neuen Flasche Wein kommt. Die habe ich nämlich Anne überlassen. Mir ist warm, weil mir an diesem Abend wieder bewusst wird, wie viel Glück ich habe. Weil ich diese Freundin habe, mit der mir nichts jemals peinlich sein muss. Auch wenn es ziemlich peinlich ist. Da ist dieses Gefühl, das in Filmszenen gern damit beschrieben wird, dass sich Frauen wortlos Tampons reichen. Wenn ich mich richtig erinnere, haben Anne und ich das noch nie gemacht. Dafür kennt sie meine Lieblingseissorte und ertränkt lachend rot-weiß karierte Tischtücher mit mir. Mindestens genauso wunderbar.

Ähnlich wie die Weinflasche beim Italiener hat auch dieses Buch von Anfang an seinen eigenen Kopf. Die Idee schlummert bereits eine Weile in mir. Freundschaften faszinieren mich schon immer: warum wir sie schließen, wie sie sich entwickeln und was sie mit uns machen. Also beginne ich, alles zum Thema zu lesen, was ich in die Finger bekomme. Irgendwann weiß ich, was diese Studie und jene Wissenschaftlerin zur Freundschaft sagt und worüber sich die Philosophen Gedanken machten. Ich fange an zu schreiben und ich schreibe munter fast ein halbes Buch, von dem ich hoffe, dass es klug und belesen klingt. Ich möchte es »Das Freundschaftshandbuch« nennen.

Dann komme ich nicht weiter. Ich lege die Stirn immer häufiger in Bügelfalten und starre Freundschaftsfragelöcher in die Luft. Zuerst denke ich, es hat sich nur eine normale Schreibblockade bei mir eingenistet. Eine von denen, die man wegschlafen oder wegspazieren kann. Aber so einfach ist es dieses Mal nicht. Nach meinem Abend beim Italiener weiß ich auch, warum. Das ganze Analysieren und die vielen Fakten fühlen sich nicht mehr richtig an. Nicht, weil mir eine Schreibblockade, sondern weil mir das Leben dazwischengekommen ist.

Es ist wegen Anne und meinem warmen Bauch und wegen der Tatsache, dass ich in nicht allzu ferner Zukunft vierzig werde. Vierzig Jahre sind lang und doch kurz. Halbzeit vielleicht? Man bemerkt, dass die Leute verdammt recht haben, wenn sie sagen, dass das Leben immer schneller vergeht, je mehr man davon verbraucht. An meinen Kindern sehe ich, wie Monate zu Minuten werden. In den vergangenen Jahren habe ich gelebt und geliebt, wurde beklatscht und bin hingefallen. Ich habe herausgefunden, dass selbst nach der Erreichung des größten Zieles verlässlich ein noch größeres auftaucht und dass das alles nicht schlimm ist, sondern einfach der Lauf der Dinge. Dieser Lauf der Dinge hat mich mal enttäuscht, wenn ich es am wenigsten erwartete, und mich dann wieder so glücklich gemacht, wie ich es mir nie hätte erträumen können. Ich habe geheiratet, Kinder bekommen und Bücher geschrieben. Im Rückblick ist da sehr viel buntes Leben und eine (zunächst banale) Erkenntnis: Glück ist selten ein Zustand, sondern eher eine Momentaufnahme.

Aber eines war immer konstant: In diesen Momenten waren jedes Mal geliebte Menschen um mich herum. Mit ihnen wurde es mir viele Male unvermittelt warm im Bauch. Sorgen konnten sich entfernen, manchmal für immer und manchmal zumindest für kurze Zeit. Und immer kam die Seele zur Ruhe, wenn sie vorher in Aufruhr war.

Die Welt, in der wir leben, ist komplizierter geworden, weniger verständlich und stellt immer neue Ansprüche an uns. Verständnisvoll zu bleiben und den Menschen zugewandt ist manchmal schwer. Irgendeiner meckert und nervt immer. Oft ist es sogar man selbst. Ich glaube: Gerade deswegen brauchen wir andere Menschen, brauchen wir Beziehungen und Freundschaften, mehr denn je. Wir sollten uns an sie erinnern, in sie investieren und sie pflegen. Auch wenn das Leben und ein (zumindest gefühlter) Zeitmangel es nicht immer leicht machen.

»Ohne Freundinnen ist das Leben nur halb so schön.« Fünf Euro ins Phrasenschwein. Oder keine Angst vor Kitsch und Gefühlen. Die Magie der Freundschaft zu beschwören hört sich stets ein wenig nach wolkigen Teenagerträumen an. Weil sich »meine beste Freundin« in Zeiten des Ichs mit endloser Flexibilität für Beruf und Lebenschancen nicht mehr so einfach schreibt. Weil es sich heute fast wie eine Leichtsinnigkeit anfühlt, sich fest an jemanden zu binden, mit dem man nicht die gleichen Gene oder Tisch und Bett teilt. Und doch tun wir es jeden Tag. Selbst die größten Zyniker und Einzelgänger wünschen sich in einem Winkel ihres Herzens, dass diese Idee von Vertrauen und Verbundenheit wahr ist. Es sind die Menschen um uns und die Geschichten mit ihnen, die uns zu dem machen, was wir sind. Nach diesem Abend mit Rotwein-See wusste ich: Ich will kein schlaues Erklärbuch über Freundschaft mehr schreiben. Die bisherigen Seiten hatten mich sowieso mit dem Gefühl zurückgelassen, dass man sich lange theoretisch mit Freundschaft befassen kann und vermutlich doch nichts über sie erfährt. Das ist ein bisschen wie mit der Liebe.

Ich will stattdessen versuchen, der Freundschaft, der kleinen und der großen, der federleichten und der schmerzhaften, in Geschichten nahezukommen. Denn manchmal, mitten in den kleinen und großen Glücks- und Unglücksmomenten des Alltags hat man eben doch das Gefühl, etwas von ihr zu verstehen.

So bin ich von den Fakten zum Erzählen gekommen. So ist dieses Buch ein Buch mit vielen kleinen Episoden geworden. Sie handeln von den Sandkuchenbäckerinnen, den Spickzettelweitergeberinnen, den Liebeströsterinnen, den Wegbegleiterinnen und Zuhörerinnen. Sie handeln von meinen Freundinnen und meinen Freundschaften. Es sind Geschichten von Begeisterung, Glück, Selbstaufgabe und Selbsterkenntnis, Erzählungen von Abhängigkeit, Eifersucht und Enttäuschung und irgendwie auch immer von der Liebe. Sie spannen sich von meiner Kindheit bis ins Heute. Da ist die Geschichte, in der ich mich frage, wie viele Freundinnen man eigentlich braucht (»Die mit der Suche«). Oder die, die von einer verlorenen Freundschaft und dem Scheitern an mir selbst berichtet (»Die mit der verlorenen Freundschaft«). Die Überschriften klingen nicht ganz zufällig wie Folgentitel der US-amerikanischen Serie Friends (»The one where Ross and Rachel … you know«), meiner bescheidenen Meinung nach eine der besten Serien aller Zeiten. Ach, und um Freundschaft geht es dort auch.

Dieses Buch ist nicht »Das Freundschaftshandbuch« geworden, an das ich ursprünglich dachte, und ich bin darüber sehr froh. Es ist eher die Art Buch, die eine Flasche Wein verschüttet und darüber herzlich lachen kann. Es ist wie ich und meine Freundinnen. Ich hoffe, Sie haben genauso viel Freude beim Lesen der Geschichten wie ich beim Schreiben, und ich wünsche mir, dass die eine besondere dabei ist. Die, die Sie die sympathische Frau im Buchladen einfach ansprechen lässt. Die, die Sie dazu bringt, einen fast vergessenen Namen in der Suchmaschine einzutippen. Die, die Sie überzeugt, die Chefin, den Partner oder die Kinder zu vertrösten, um mal wieder anzurufen und zu sagen: »Komm, ich hab keine Zeit, wir sollten uns unbedingt treffen.« Vielleicht nehmen Sie dann zum Treffen sogar dieses Buch mit.

Was ichalsKindüberFreundschaftdenke

Andere Kinder sind nett zu dir, wenn du sie nicht beißt oder an den Haaren ziehst.

Wenn du jemanden als Freundin haben willst,nimm sie an die Hand und spiel mit ihr.

Freundschaften mit Jungs machen keinen Sinn. Sie sind laut, popeln und essen die Popel dann auf.

Wenn jemand deine Freundin ist. gibt sie dir von ihrer Schokolade ab. Wenn jemand will, dass du ihr deine ganze Schokolade gibst, ist sie nicht deine Freundin.

Prinzessin spielen geht immer. Barbies sind toll, aber schrecklich kompliziert anzuziehen. Regenbogen malt man in allen Farben, und Mamas Make-up ist stets großflächig aufzutragen.

Für Übernachtungsbesuche braucht ihr

identische Schlafanzüge.

Wenn ihr euch verabschiedet,

müsst ihr euch Spielzeug ausborgen.

Bei Kindergeburtstagen darfst du so viele Freundinnen einladen, wie du alt bist.

Wenn du dich streitest, solltest du danach fragen: »Wollen wir uns wieder vertragen?«

Wenn du ein Geheimnis erfährst, musst du mitder rechten Hand schwören, dass du schweigenwirst wie ein Grab. Das klappt nicht immer.

Wenn du erwachsen bist,

wird alles so sein wie jetzt.

Die Geschichte, in der Nora durch die Hecke kommt

In den Sommerferien zwischen der ersten und zweiten Klasse beschließen meine Eltern umzuziehen. Es ist keine große Sache. Wir ziehen ein paar Kilometer weiter, von einem Dorf in das andere. Nur dass im anderen Dorf ein Haus steht. Ich kenne es gut. Es ist das Haus meiner Oma, die jetzt in eine Wohnung zieht und uns die zwei Stockwerke mit Garten überlässt.

Ich kann mich nicht erinnern, auf der Suche nach einer Freundin gewesen zu sein, als ich in diesem Sommer Nora treffe. Überhaupt kann ich mich nicht erinnern, eine beste Freundin herbeigesehnt zu haben. Auch wenn mich mit sieben langsam der Verdacht beschleicht, dass eine andere Person vielleicht sinnvoll wäre. Schon allein, um den sich anbahnenden Schock zu verdauen, dass meine Eltern mich doch nicht so blind verstehen, wie ich denke. Bisher hielt ich nämlich sie für meine besten Freunde.

Ich ahne bereits, dass Freundschaft etwas anderes ist als Familie. Ich weiß aus Büchern, dass man sich vor nichts fürchten muss, wenn man Freunde hat. Dass sie einander helfen, weil der kleine Bär dem kleinen Tiger auf dem Weg nach Panama eine Regenhütte baut, damit er nicht nass wird. Und der kleine Tiger Pilze sucht, als sie Hunger haben. In meiner Vorstellung ist Freundschaft etwas Selbstverständliches. Etwas, das einfach passiert, wenn es an der Zeit ist. Es ist nichts, wonach man sucht oder woran man scheitert.

Ich mache die Frauen in meiner Familie für meine entspannte Haltung gegenüber der Freundschaft verantwortlich. Als Kind liebe ich es, meine Oma und ihre Freundinnen beim Kartenspiel zu beobachten. Die Frauen scherzen und erzählen sich Geschichten, manche davon so oft, dass auch ich sie bald auswendig kenne. Von Zeit zu Zeit legt sich eine Schwere über die Runde: Kinder kommen nicht mehr zu Besuch, Männer gehen für immer, und irgendwann fehlt eine der Freundinnen ganz. Und doch habe ich das Gefühl, dass keine Traurigkeit diesen Frauen ihre Zusammengehörigkeit nehmen kann.

Mit sieben halte ich Freundschaft für so etwas wie mein Geburtsrecht als Frau. Auch die besondere Einstellung meiner Oma Beziehungen gegenüber kenne ich schon. Sie meint damit wohl nicht unbedingt nur Freundschaften, was sich daran zeigt, dass ich die Sätze immer häufiger höre, je tiefer ich in die Pubertät rutsche. Aber bereits in diesem Sommer macht es für mich Sinn, wenn sie sagt: »Wenn du am Strand stehst und etwas Glitzerndes im Wasser siehst, kannst du dich hineinstürzen und wie eine Verrückte danach suchen. Dann bist du am Ende, wenn du Pech hast, eine tropfende traurige Gestalt. Oder du wartest, bis etwas an Land gespült wird. Weißt du, man kann auch einfach warten, bis das Glück zu einem kommt. Irgendwann kommt es ganz sicher.«

Mit dieser Gewissheit und einem Stapel Erstlesebücher gehe ich in die Sommerferien. Ich verbringe meine Tage im neuen Garten und bin zufrieden. Mein Vater hebt am heißesten Wochenende des Jahres eine Grube aus, die er mit einem Pool bestückt. Es geschieht auch in der Hoffnung, mich zu einer anderen Aktivität als dem Lesen zu überreden, das ich gerade erst entdeckt habe. Ich überlege, ob ich die Buchseiten mit dem Laminiergerät aus seinem Arbeitszimmer so einschlagen kann, dass mein Buch auch unter Wasser nicht nass wird. Seit ich mich erinnern kann, bin ich fasziniert von den Figuren aus Kinderbüchern. Warum man sich mit der Realität beschäftigen soll, wenn man genauso gut lesen kann, verstehe ich auch später manchmal nicht. Mit 23 schließe ich mich auf einer als »Party des Jahres«-hochgejubelten WG- Feier auf der Gästetoilette ein, um Das kunstseidene Mädchen zu lesen. Ich finde, dass Irmgard Keun mir mehr über die Unsicherheiten und Abgründe meiner Zwanziger beibringen kann als die Veranstaltung vor der Tür. Oma wäre stolz gewesen, weil ich mich nicht nass mache, zumindest nicht an diesem Abend.

In diesem Sommer fasziniert mich das erste Mal in meinem Leben ein Mensch so sehr wie die Figuren aus meinen Büchern. Der Mensch heißt Nora. Ich bin fasziniert von ihr, weil sie mich versteht. Weil sie im Herzen auch mehr Einzelgängerin als Mittelpunkt ist. Weil wir bald unsere Zeit lesend nebeneinander verbringen, Nora mit ihren Comics und ich mit meinen Büchern. Wir lesen in unseren Zimmern, im Gras und spätnachts im Garten meiner Eltern. Wir lesen in unserem Zelt im Schein der Taschenlampe. So lange, bis die vertrauten Atemgeräusche der anderen ankündigen, dass sie bald einschlafen wird. Manche erinnern Gerüche an ihre Kindheit oder eine bestimmte Musik. Für mich ist es Noras gleichmäßiger, sich stetig verlangsamender Atem. Zu wissen, dass sie bald schlafen wird.

Zunächst aber ist von Nora noch nichts zu sehen und meine Eltern sorgen sich ein wenig. Sie sind extra in den Ferien umgezogen, damit ich »Anschluss« finden kann, wie sie es nennen. Nun versuchen sie, den Gedanken wegzuschieben, dass sie mich an diesen neuen Ort verpflanzt haben und ich vielleicht unglücklich bin. Als sie mir ohne jeden Anlass Rollschuhe schenken, um mich auf die Straße zu locken, ahne ich, was sie erwarten, und fahre von nun an jeden Tag mit einem Buch in der Hand die Straßen auf und ab. Als ich stürze, kaufen sie mir Knie- und Ellenbogenschoner.

Bei einem dieser Rollschuhausflüge sehe ich Nora zum ersten Mal, wie sie in einer Hecke verschwindet. Ein paar Straßen von meinem Elternhaus entfernt gibt es ein verlassenes Haus, umrahmt von ungeschnittenem Strauchwerk. Genau durch dieses undurchdringlich scheinende Geäst geht das Mädchen, das ich noch nicht kenne, als wäre es eine Tür. Ich blicke mich um, aber niemand außer mir ist auf der Straße. Es wäre auch egal, denn bald bemerke ich: Mit Noras Verschwinden verhält es sich wie mit vielen verbotenen Dingen. Wenn man sie mit großer Selbstverständlichkeit tut, nimmt sie kaum jemand wahr, schon gar nicht die Erwachsenen.

Ich hingegen sehe Nora deutlich vor mir durchs Grün gehen und ich sehe sie noch ein paar Mal, bevor sie irgendwann auch mich sieht und dann, ein paar Tage später, meine Hand nimmt und mich mit sich zieht. So stolpere ich auf meinen Rollschuhen hinterher, unsicher und neugierig zugleich.

Nora ist so alt wie ich und wohnt nur ein paar Straßen entfernt zusammen mit ihrer acht Jahre älteren Schwester und ihren Eltern in einer Wohnung. Ein Jahr später wird sich ein weiteres Kind ankündigen, das sich als kleiner Bruder herausstellt. Nora besteht auf der Einschätzung, dass ihre Mutter nur noch ein Kind bekommt, weil sie selbst so unglaublich süß gewesen sei. Schließlich, so erklärt sie weiter, habe ihre Mutter doch eigentlich geschworen, dass sie mit dem Thema durch sei. Es ist ein Schnipsel aus der Erwachsenenwelt, aus einem heimlich mitgehörten Gespräch, den Nora mir hier offenbart. Er macht auf mich ziemlichen Eindruck.

Die Konkurrenz des kleinen, spannenden Bruders muss ich nicht lange fürchten. Zwei Wochen nach seiner Ankunft verkündet Nora ihren Eltern, dass sie ihn wieder zurückbringen können, sie hätte jetzt genug mit ihm gespielt. Technisch gesehen ist Nora also beinahe ein Einzelkind, wie ich eines bin, und ich glaube, sie wäre manchmal wirklich gern eines gewesen. Bereits in den ersten Tagen sagt sie, wie »schön übersichtlich« meine Familie sei.

Dass Noras Familie anders ist als meine eigene, bemerke ich, aber es beeindruckt mich mehr, als es mich verwundert. Ich höre, wie im Dorf gesagt wird, dass Noras Mutter ihre Fenster häufiger putzen könnte und dass bei ihnen die Rollläden manchmal bis zum Mittag nicht geöffnet werden. Noras Familie fällt auf, genauso wie Noras zweiter Vorname: »Pamela«. Sie ist nach Pamela Ewing aus der Fernsehserie Dallas benannt, was mich sehr an meiner neuen Freundin beeindruckt. Noras Mutter selbst erklärt mir, dass sie den Namen aufgrund von Pams einwandfreiem Charakter und ihrem umwerfenden Aussehen für ihre Tochter ausgesucht hat. Auch wenn sie den Drehbuchautoren der Serie nie verzeihen wird, dass sie Pamela Ewing Letzteres durch einen Autounfall nahmen.