Frost wie Schatten - Sara Raasch - E-Book

Frost wie Schatten E-Book

Sara Raasch

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Beschreibung

Dunkles UNHEIL. Gefährliche MAGIE. Ein verzweifelter PLAN.

König Angra lebt und keiner ist vor ihm sicher. Meira würde alles tun, um ihre Welt zu beschützen. Während Angra versucht, sie zu bezwingen, ist Meira fest entschlossen, ihre eigene machtvolle Magie zu meistern. Doch um Angra endgültig zu besiegen, muss sie in ein Labyrinth hinabsteigen, das unter den Königreichen liegt, den Schlüssel zum Sieg birgt – und ein großes Opfer von ihr verlangt. Unterdessen tut Mather alles, um seine Königin zu retten, und sammelt Verbündete um sich, wohl wissend, dass er Meira endlich seine Gefühle gestehen muss. Beide stehen an einem Scheideweg in einem letzten Kampf, bei dem sie alles gewinnen oder verlieren könnten …

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Seitenzahl: 591

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DIE AUTORIN

@ Michelle D. Argyle

SARA RAASCH wusste schon mit fünf Jahren, dass sie für die Bücherwelt bestimmt ist. Während ihre Freunde Limonade verkauften, brachte sie handgezeichnete Bilderbücher an den Mann. Ihre Begeisterung für das geschriebene Wort verleitet sie immer noch zu tollkühnen Aktionen. Schnee wie Asche, ihr Debütroman, schaffte es sofort auf die New-York-Times-Bestsellerliste.

Von der Autorin ist ebenfalls bei cbt erschienen:

Schnee wie Asche (Band 1)

Eis wie Feuer (Band 2)

Mehr zu cbj/cbt auch auf Instagram @hey_reader

Sara Raasch

Frost wie Schatten

Aus dem Amerikanischen

von Katja Hald

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

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1. Auflage

Deutsche Erstausgabe November 2017

© 2016 by Sara Raasch

Die amerikanische Originalausgabe erschien 2015

unter dem Titel »Frost like Night« bei Balzer + Bray,

an imprint of HarperCollins Publishers, New York.

© 2017 für die deutschsprachige Ausgabe by cbt Kinder- und Jugendbuchverlag

in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Alle deutschsprachigen Rechte vorbehalten

Aus dem Amerikanischen von Katja Hald

Lekorat: Catherine Beck

Karte: © 2015 Georg Behringer

Umschlaggestaltung: init | Kommunikationsdesgin, Bad Oeynhausen,

nach einer Vorlage von Erin Fitzsimmons

Jacket art © 2016 by Jeff Huang

he · Herstellung: ang

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN: 978-3-641-19151-1V001

www.cbt-buecher.de

Für Doug und Mary Jo,

die bei Weitem nicht so anstrengend sind wie Sir und Hannah.

Kapitel 1

Meira

Es ist falsch.

Verborgen in einem Torbogen, der in das Verlies des Donati-Palasts führt, spüre ich schon jetzt, wie sich Ventralli verändert. Finsternis breitet sich aus wie der Vorbote eines Gewitters. Doch statt bei meiner Handvoll Winterianern zu bleiben und zu kämpfen, habe ich sie zurückgelassen und folge dem Mann vor mir.

Dabei habe ich keine Ahnung, wer er in Wirklichkeit ist.

Falls einmal Wachen vor dem Verlies postiert waren, sind sie verschwunden. Wahrscheinlich wurden sie in dem Chaos, das Raelyns Machtübernahme ausgelöst hatte, abgezogen. Rechts und links von uns öffnen sich Räume, weit genug entfernt, damit die Menschen darin uns nicht bemerken, jedoch nah genug, um einen schnellen Blick hineinzuwerfen. Soldaten drängen Gruppen von Höflingen gegen die vergoldeten Wände, Bedienstete weinen. Am beängstigendsten sind jedoch die vielen Leute, die tatenlos danebenstehen, während die Soldaten mit Drohungen um sich werfen wie mit Messern. König Jesse sei abgesetzt, verkünden sie, und seine Frau Raelyn nun die Herrscherin über Ventralli, da sie die größere Macht besitze, eine Macht, die ihr König Angra von Frühling verliehen habe und die von nun an jeder nutzen konnte.

»Angra lebt?«

»Ist seine Magie stärker als die der Königlichen Magsignien?«

»Hat er deshalb überlebt?«

Die Fragen übertönen das Gebrüll der Soldaten und mischen sich mit dem dröhnenden Pochen meines Herzens.

»Die Königin von Ventralli hat den König mit Angras Hilfe entmachtet. Auch Cordell steht schon unter Angras Einfluss.« Mir stockt der Atem. »Herbst und Winter hat er unterworfen und den König von Sommer ermordet. Und dennoch zeigen die Menschen keine Angst, sondern scheinen eher erstaunt zu sein.«

Der Mann, dem ich folge– Rares, falls das sein richtiger Name ist–, dreht sich um und sieht mich an.

»In den drei Monaten, in denen Angra verschwunden war, hat er diese Machtübernahmen wahrscheinlich gründlich vorbereitet. Sein Vergeltungsschlag ist also gar nicht so überraschend, wie es scheint«, sagt er. »Und gerade Ihr wisst wohl am besten, wie leicht es ist, Menschen, die eigentlich Angst haben sollten, in Erstaunen zu versetzen.«

»Ich?« Ich schlucke. »Warum soll gerade ich das am besten wissen?«

»Wollt Ihr das wirklich jetzt mit mir diskutieren?« Er sieht mich mit zusammengekniffenen Augen an, wobei sich die Narbe, die sich von der Schläfe bis zum Kinn über seine rechte Gesichtshälfte zieht, kräuselt. »Eigentlich hatte ich vor, uns zunächst aus der unmittelbaren Todesgefahr zu bringen …«

Schwerter krachen gegeneinander und das Brüllen eines Soldaten hallt den Gang herauf. Ohne meine Antwort abzuwarten, biegt Rares um die Ecke, und mir bleibt nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.

Ich sollte keinem mysteriösen Paislyaner hinterherlaufen. Ich sollte Mather helfen, die Winterianer aus dem Verlies zu befreien. Oder mir überlegen, wie ich mir mein Königreich von den Cordellianern zurückhole. Oder Ceridwen vor Raelyn retten. Oder eine Möglichkeit finden, um Theron aus den Klauen von Angras Verderben zu befreien.

Über all die Sorgen, die mich plagen, gerate ich ins Straucheln. Ich hatte immer den Verdacht, Angras Tod könnte eine List gewesen sein, aber ich hätte nie, nicht in meinen schrecklichsten Albträumen, damit gerechnet, er könnte stark genug sein, seine Magie auf Nicht-Magsignienträger zu übertragen.

Aber seine Macht ist verseucht durch das Verderben, das entstand, als die Magie noch nicht an die königlichen Abstammungslinien gebunden war.

Während Rares und ich uns von einem Korridor in den nächsten schleichen, sehe ich die Früchte von Angras Magie mit eigenen Augen. Das Ventralli des Lichts und der Farben, das wir bei unserer Ankunft vorgefunden hatten, ist verschwunden. Alles erinnert nun an die finsteren und trostlosen Straßen von Frühling. Soldaten marschieren mit verkniffenen Gesichtern vorüber, ihre Bewegungen hart und zackig. Höflinge mit großen, verängstigten Augen drängen sich zitternd in kleinen Gruppen, geflissentlich darauf bedacht, es den Eroberern recht zu machen.

Niemand kämpft. Niemand schreit nach Vergeltung oder unternimmt einen Versuch, sich gegen die Soldaten zu wehren.

Das alles ist Angras Werk – obwohl es aussieht, als musste er dazu nichts weiter tun, als seinen höhergestellten Untergebenen Kontrolle über die Magie zu geben. So wie Raelyn, die mit dieser Magie den Sommer-König getötet hatte. Die Menschen auf den Korridoren wirken benebelt, als stünden sie unter dem Einfluss einer fremden Macht oder hätten alle zu viel vom selben schlechten Wein getrunken.

Genau das will Angra. Er versucht, eine Welt der unbegrenzten Macht zu erschaffen, in der jeder besessen ist von einer Magie, die die Menschen mit ihren abgründigsten und dunkelsten Gefühlen überwältigt und so gefügig macht.

Wie kann ich ihn aufhalten? Wie kann ich alle…

Die Frage, die ich meiner Magie damals gestellt hatte, krallt sich in mein Bewusstsein und bringt mich zurück zu dem Moment, als ich mit Lekan und Conall durch die Straßen von Rintiero gerannt bin. Damals waren meine größten Sorgen, wie ich Ceridwen davon abhalten könnte, ihren Bruder zu töten, ob es mir gelingen würde, ein Bündnis mit Ventralli zu schließen, und wo ich den Orden der Lustraten und seine Schlüssel finden könnte, um zu verhindern, dass Cordell Zugang zum Magieschlund bekäme.

Wie kann ich alle retten? Diese Frage hatte ich mir damals gestellt und die Antwort brannte sich mir in die Seele: Indem ich meine Königliche Magsignie opfere und sie der Quelle der Magie zurückgebe.

Aber Winters Magsignie bin ich selbst – alles an mir. Und zu verdanken habe ich es meiner Mutter.

Rares zieht mich hinter eine Topfpflanze, gerade noch rechtzeitig, bevor aus einem Raum direkt vor uns ein Trupp Männer im Laufschritt kommt.

»Nicht jetzt«, flüstert er. Er sucht nach etwas in seinem Hemd und zieht einen Schlüssel an einer Kette hervor. Es ist derjenige, den er mir schon im Verlies gezeigt hatte – der letzte Schlüssel zum Magieschlund in der Tadil-Mine. »Ihr habt mich gefunden. Ihr habt den Orden der Lustraten gefunden – und ja, wir werden Euch helfen, Angra zu besiegen und all dem ein Ende zu setzen. Aber zuerst müssen wir lebend hier herauskommen.«

Seine Worte sind ein Trost, den ich dringend gebraucht habe – so dringend, dass ich mich erst, als er wieder auf den Korridor huscht, frage, woher er überhaupt wusste, was mich beschäftigte.

Es spielt keine Rolle. Entschlossen schlucke ich meine Zweifel hinunter. Ich werde es schaffen. Ich werde vom Orden der Lustraten lernen, so viel ich kann, und dieses Wissen einsetzen. Ich werde mich Angra im Kampf stellen und ihn und seine Magie vernichten. Oder ich nehme ihm die Schlüssel ab, gelange damit in den Magieschlund in Tadil und zerstöre ein für alle Mal sämtliche Magie auf die einzige Art, die ich kenne.

Ob so oder so, ich muss Angra und seine Magie vernichten. Aber Angra ist zu stark für mich. Ich brauche Hilfe, und nur der Orden der Lustraten kann mir zeigen, wie ich meine Magie unter Kontrolle bekomme und dadurch dieselbe unaufhaltsame Macht erlange wie Angra.

Rares führt mich in eine leere Küche mit schweren Holztischen und knisternden Feuerstellen. Überall steht Essen, das wohl Bedienstete zurückgelassen haben, die sich irgendwo vor dem blutigen Gemetzel der Machtübernahme verstecken. Er zieht einen Trinksack hervor und füllt ihn an einer Pumpe in der Ecke.

»Wer seid Ihr?«, gelingt es mir endlich zu fragen.

Er deutet auf einen Messerblock auf der Theke. »Bewaffnet Euch.«

»Mit Küchenmessern?«

»Eine Klinge ist eine Klinge«, entgegnet er unbeirrt. »Auch ein Küchenmesser schlägt blutige Wunden.«

Ich werfe ihm einen finsteren Blick zu und stecke mir ein paar Messer in den Gürtel. Auf meinem Rücken baumelt das leere Holster. Mein chakram ist noch im Ballsaal – steckt in Garrigans Brust.

Ich umklammere den Rand der Küchentheke.

Eine Hand legt sich auf meine Schulter, und als ich aufblicke, sieht Rares mir direkt in die Augen.

»Ich heiße Rares. Das war nicht gelogen«, versichert er mir. »Rares Albescu von Paisly. Ich bin einer der Anführer des Ordens der Lustraten.«

Sein Blick wandert über meine Schulter zur Küchentür, die in den Palast führt. Schritte hallen wider, werden lauter. Wir werden fliehen müssen, bevor er mir mehr sagen kann.

»Ich werde Euch alles erklären«, verspricht er. »Aber erst, wenn wir in Sicherheit sind – in Paisly. Dorthin kann Angra uns nicht folgen.«

»Warum nicht?«, will ich wissen. »Was habt Ihr vor? Warum ist …?«

Rares unterbricht mich, indem er fest meine Schulter drückt. »Bitte, Eure Majestät. Meines Wissens ist Paisly der sicherste Ort für Euch, und ich verspreche Euch, sobald ich kann, werde ich Euch über alles unterrichten.«

»Meira«, verbessere ich ihn. Wenn ich hier schon mein Leben für unser aller Zukunft riskiere, möchte ich wenigsten so angesprochen werden, wie es mir gefällt.

Rares lächelt. »Meira.«

Wir gehen zu einer zweiten Küchentür, die in den Garten führt, und als Rares hindurchschlüpft, packt mich wieder mein schlechtes Gewissen. Aber wenn ich jenen, die ich zurücklasse, helfen will, muss ich mit ihm gehen. Der Orden der Lustraten ist meine beste Chance, Angra aufzuhalten. Dennoch habe ich das Gefühl, davonzulaufen.

Rares dreht sich noch einmal zu mir um. »Wenn du bleibst, kannst du nicht alle retten.«

Du kannst nicht alle retten. Das hatten mir andere auch schon gesagt. Allen voran Sir. Deine Sorge muss zuerst Winter gelten.

Ein heftiger Schmerz durchbohrt mich. Mather hatte mir von Alyssons Tod berichtet, aber was ist mit Sir? Hat er Cordells Angriff auf Jannuari überlebt? Und was ist mit Winter? In welchem Zustand befindet sich mein Königreich? Die Vorstellung, Sir könnte tot sein, quält mich. Er muss einfach am Leben sein, und wenn er es ist, wird er alles tun, um Winter zusammenzuhalten.

Rares Worte klingen mir in den Ohren. Erst jetzt verstehe ich Ihre eigentliche Bedeutung, und mir wird klar, in wie vielen Dingen er sich von Sir unterscheidet. Es sind nicht nur die größeren Augen, die dunklere Haut und die vom jahrelangen Kämpfen stärker vernarbten Hände. Ich habe in ihm etwas erkannt, das ich bei Sir immer vermisst habe. Rares hatte dem Satz drei Worte vorangestellt, die ihm eine ganz andere Bedeutung gaben.

Wenn du bleibst, kannst du nicht alle retten.

Rares konfrontiert mich nicht mit unumstößlichen Tatsachen, sondern stellt mich vor eine Entscheidung.

»Wer bist du?«, flüstere ich noch einmal.

Er lächelt. »Jemand, der lange auf dich gewartet hat, Liebes.«

Kurz nachdem wir das Palastgelände verlassen haben, zerreißt das Heulen eines Horns den grauen Dunst, der in der Luft liegt.

Mein Verschwinden war entdeckt worden. Das bedeutet, sie haben auch den im Verlies angeketteten Theron gefunden, und Mather und den Rest…

Nein. Mather würde niemals zulassen, dass irgendjemand in seiner Obhut etwas geschieht. Und zwar nicht, weil ich es ihm befohlen hatte, sondern allein, weil er es so gewohnt war. Auch wenn er den Thron verloren hat, ist er noch immer ein Anführer. Die Kinder des Taus sehen mit bedingungsloser Loyalität zu ihm auf, die sich nur jene verdienen, die zum Führen geboren sind…

Er ist der einzige Mensch, den ich kenne, der fähig ist, vollkommen unabhängig und eigenständig zu handeln.

Und was ist mit Theron?

Die Frage schießt mir durch den Kopf, während ich mit Rares aus der Stadt renne. Wir schlängeln uns zwischen den schiefen Mauern zweier strahlend schöner Gebäude hindurch und steuern auf den saftig grünen Wald zu, der im Norden an Rintiero grenzt.

Diese Frage. Das war nicht ich. Es klang fast, als ob …

Abrupt bleibe ich stehen. Rares läuft noch ein kleines Stück weiter, dann bemerkt er, dass ich stehen geblieben bin. Die Stimme in meinem Kopf lähmt mich und ich presse die Hände gegen meine Schläfen.

Ein schreckliches Schicksal, Teil derselben Magie zu sein, nicht wahr? Wenn Ihr doch nur stärker wärt.

Alles um mich her verschwimmt, bis ich vor meinem geistigen Auge nur noch Angras Gesicht sehe.

»Nein!«, schreie ich und krümme mich zusammen. Meine Knie schlagen auf der feuchten Erde auf. Angra konnte meine Gedanken hören, als ich mit ihm im Ballsaal des Donati-Palasts war. Aber nun ist er nirgendwo in meiner Nähe. Wie ist es ihm möglich, mit mir zu sprechen? In meinem Kopf? Ich muss ihn aufhalten …

Glaubt Ihr wirklich, Ihr könnt mich aufhalten, Hoheit? Meine Soldaten sind schon auf dem Weg zu Euch. Winter neigt sich seinem Ende zu. Frühlings Zeit ist gekommen.

Als Antwort kommt mir nur ein klägliches Warum? über die Lippen.

Ich hatte ihm die Frage schon einmal gestellt, inmitten des Blutbads im Ballsaal von Donati, neben dem Kopf des Sommer-Königs und den Leichen von Garrigan und Noam. Doch Angra hat mir nicht mehr verraten als den Grund, aus dem er danach trachtet, Winters Minen zu zerstören. Er fürchtet, die reine Magie der Magsignien könnte dem Verderben entgegenwirken, und setzt nun alles daran, diese Bedrohung aus der Welt zu schaffen. Deshalb hatte er Winter über einen so langen Zeitraum immer wieder angegriffen und sich jedem, der versucht hatte, den Magieschlund zu öffnen, entgegengestellt.

Während sein Gesicht meinen Verstand vollständig beherrscht, stelle ich ihm die eine Frage noch mal. Aber sie ist nicht mehr als ein Wimmern in der Dunkelheit.

Warum tut Ihr das…?

Ich musste mit ansehen, wie meine Freunde in diesem Krieg getötet wurden. Ich musste mit ansehen, wie mein Königreich brannte. Und nun laufe ich wieder um mein Leben. Dabei habe ich in all den Jahren nie verstanden, warum. Was will er?

Den Kopf mit beiden Händen fest umklammert, spüre ich, wie sich Finger auf meine Hände legen.

Ich öffne die Augen. Magie fließt durch meine Glieder, kühl und rein, und meine Angst wird zu einer Art Schockzustand.

Rares pumpt Magie in meinen Körper.

Sein Gesicht verzerrt sich, Schweißperlen treten ihm auf die Stirn. »Kämpfe gegen ihn an!«

Ich weiß, dass ich mich Rares’ Magie nicht beugen muss – mich ihr nicht beugen sollte. Doch jede Faser in mir will es. Angst und Panik rollen sich in mir zusammen wie eine Peitsche, drohen mein Innerstes mit einem Hieb zu zerreißen.

Kämpfe! Ich zwinge mich, mich jeder Hilfe, die Rares mir anbietet, zu öffnen.

Ein heftiger Stoß wirft mich nach hinten und ich krache rücklings auf den Boden. An meinen Kleidern kleben Blätter, und mein Kopf fühlt sich an, als hätte in meinem Schädel jemand eine Glocke geschlagen.

Dann erkenne ich Rares wieder, dessen Lippen meinen Namen formen.

»Du …«, meine ich zu sagen. »Was hast du …«

Ein stechender Schmerz lodert hinter meinen Augen, und ich muss mich sehr zusammenreißen, um mich nicht auf den matschigen Boden zu übergeben. Wieder legt Rares seine Hand auf meine und durch einen Schleier der Qual, der alles in ein pulsierendes Rot taucht, sehe ich ihn an.

Ruh dich aus, sagt eine Stimme in meinem Kopf. Aber es ist nicht Angra. Es ist Rares. Er ist in meinem Kopf. Ruh dich aus. Vertrau mir.

Dir vertrauen? Was hast du getan? Du hast mir überhaupt nichts erklärt!

Obwohl ich dagegen ankämpfe, hüllt mich die Bewusstlosigkeit ein wie die verlockenden Düfte eines fröhlichen Fests, und die wiegenden Bewegungen, als Rares mich hochhebt und im Laufschritt durch den Wald trägt, nehme ich nur noch wie im Nebel wahr.

Du bist Sir ähnlicher, als ich dachte, ist mein letzter Gedanke, bevor alles in Dunkelheit versinkt.

Kapitel 2

Mather

Sie ist weg.

Mather bündelte seine Panik, konzentrierte sich auf die Aufgabe, die vor ihm lag, und warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Riegel. Kreischend gab er nach. Die Zellentür öffnete sich. Als Erster stürzte mit erhobenen Fäusten Phil in die Freiheit und der Rest der Taus folgte ihm. Doch bevor Mather ihnen Befehle gab, sprengte er auch noch den Riegel der benachbarten Zellentür und befreite Dendera, Nessa und Conall. Die Hilferufe aus Therons Zelle würden jede Minute Soldaten auf den Plan rufen– und Meira war weg.

»Wir müssen hier raus«, sagte Mather an niemanden gerichtet. Doch als er sich der Treppe zuwandte, zögerte er. Wenn sie auf der Treppe irgendwelchen Soldaten begegneten, würden sie garantiert wieder im Verlies landen. Gab es noch einen anderen Weg nach draußen?

Phil trat auf ihn zu. »Wir könnten uns aufteilen. Ein paar von uns nehmen die Treppe, der Rest geht tiefer ins Verlies und findet heraus, ob es noch einen anderen Weg…«

»Oder ihr folgt einfach mir«, ertönte eine Stimme.

Mather, der aufgrund der Ereignisse des Tages extrem angespannt war, machte einen Satz und griff nach seinem Schwert. Aber bevor man ihn ins Verlies hinuntergeführt hatte, hatte man ihm die Waffen abgenommen, und so blieb ihm lediglich Cordells Königliche Magsignie. Als seine Finger über den Edelstein auf dem Dolchgriff strichen und er sich daran erinnerte, wie Theron ihn achtlos weggeworfen hatte, wanderte einer seiner Mundwinkel nach oben. Ein Teil von ihm verspürte große Lust, Cordells hübsche Magsignie mit Blut zu überziehen.

Die Frau, die in der Mitte des Gangs aufgetaucht war, faltet die Hände über dem Rock eines langen, silbernen Gewands. Es sah fast wie eine Rüstung aus. Ein Teil des Gesichts war unter einer passenden, ebenfalls silbernen Maske verborgen, und beim Sprechen hob sie gebieterisch das Kinn.

»Vorausgesetzt natürlich, ihr wollt am Leben bleiben«, sagte sie.

»Ihr seid eine Ventrallianerin«, entgegnete Mather und baute sich vor ihr auf. »Warum sollten wir Euch trauen?«

»Ich fürchte, euch bleibt nichts anderes übrig«, spottete die Frau.

Mather wollte gerade etwas entgegnen, da kniff Dendera die Augen zusammen und stieß laut hervor: »Ihr seid Herzogin Brigitte, die Mutter des Königs. Ich habe Euch mit Raelyn gesehen!«

Brigitte verdrehte die Augen. »Glaubt ihr, ich würde mich freiwillig an diesem schmutzigen Ort aufhalten, wenn ich mit ihrem Staatsstreich einverstanden wäre?« Sie rümpfte die Nase. »Noch dazu allein? Selbstverständlich könnte ich euch jetzt alles ausführlich erklären, aber es wäre sicher unkomplizierter, ihr würdet mir einfach folgen. Wie gesagt, im Grunde ist es mir gleichgültig, ob ihr überlebt oder sterbt. Ich glaube allerdings, ihr könnt mir noch von Nutzen sein. Also trefft eure Entscheidung. Aber schnell.«

Am oberen Ende der Treppe zum Verlies rüttelte jemand an einer Tür. Sie mussten Therons Rufen gehört haben.

Erschrocken taumelte Mather in Brigittes Richtung. Diese interpretierte das wohl als Einverständnis und machte auf dem Absatz kehrt. Mit wehendem Gewand eilte sie den Gang entlang. Mather und der Rest der Gruppe folgten ihr, ohne weitere Fragen zu stellen. Was blieb ihnen auch übrig? Er musste hier raus – zu Meira. Er musste sicher sein, dass es ihr gut ging und der Mann, mit dem sie gegangen war, nicht Teil einer von Angras Fallen war. Es hatte schon so viele böse Überraschungen gegeben – Cordell hatte sich gegen Winter gewandt, Theron gegen Meira, und die Königin von Ventralli hatte einen Staatsstreich inszeniert. War der Mann, dem Meira gefolgt war, vertrauenswürdig? Dazu kam, dass Winter immer noch von Cordell kontrolliert wurde und sie ihr Königreich unmöglich befreien konnten, solange sie Angras Gefangene waren.

Brigitte bückte sich und verschwand nach rechts in eine Zelle. Mather hielt kurz inne, aber nur bis sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Wenn die alte Hexe sie in einen Hinterhalt lockte …

Doch am hinteren Ende der Zelle öffnete sich knarrend eine mit Stein verkleidete Tür, die sich geschlossen nahtlos in die Wand einfügte.

»Macht die Tür hinter euch zu«, rief Brigitte, bevor sie durch die Öffnung verschwand.

»Hollis«, zischte Mather. »Du machst das Schlusslicht. Sei auf der Hut.«

Hollis blieb in der Zelle stehen, um die anderen vorbeizulassen, während Mather, dessen Muskeln vor aufgestauter Kampfbereitschaft zitterten, Brigitte folgte. Der Stein verschluckte nahezu jedes Geräusch, nur das Klicken der Absätze der Herzogin war zu hören. Es ging nach oben – Treppen. Er sprintete ihr hinterher in der Hoffnung, etwas Abstand zwischen sich und die Gruppe zu bringen. Sollte es sich um eine Falle handeln, hätte er noch Zeit, die anderen zu warnen, und sie könnten rechtzeitig den Rückzug antreten.

Nun, da er an diesem engen, dunklen Ort allein war, begann seine Entschlossenheit jedoch zu bröckeln. Alles war so schnell gegangen – der Mann, Meiras unerwartetes Vertrauen zu ihm, ihre inständige Bitte an Mather, alle zu befreien. Und er hatte es ihr versprochen. Aber eigentlich nur, weil er sie seit Monaten nicht mehr so gesehen hatte. Sie war wie das Auge eines Sturms gewesen – furchterregend, strahlend und unerbittlich.

Die Treppe endete in einem Gang, der zu einer weiteren Treppe führte und an deren Ende Brigittes Schritte plötzlich verhielten. Ein schwaches metallenes Klirren war zu hören – Schlüssel. Mather hielt sich ein paar Schritte im Hintergrund und wappnete sich gegen Soldaten, Pfeile … Angra.

Blind starrte er auf seine Hände, die sich in der Dunkelheit immer wieder zu Fäusten ballten. Er selbst hatte Angra getötet. Er hatte die Magsignie des irren Königs in Abril zerstört und gesehen, wie sich sein Körper in Luft aufgelöst hatte.

Aber was war tatsächlich mit ihm geschehen?

Brigitte öffnete die Tür. Mather zwang sich, die Augen offen zu halten, bis sie sich an das grellgelbe Licht gewöhnt hatten und er ein Stück in den Raum dahinter sehen konnte. Ein scharlachroter Teppich, ein kurzer Tisch, blaue Wände. Keine Soldaten, soweit er erkennen konnte.

Brigitte trat ein und Mather folgte ihr.

»Großmama!«, ertönte der begeisterte Ruf eines Kinds.

Sie befanden sich in einem mit Mahagonimöbeln ausgestatten Schlafgemach – ein Tisch mit Stühlen, ein breites Bett, ein paar zwischen raumhohen Wandteppichen aufgestellte Schränke. Hinter einem der Wandteppiche verbarg sich die Tür, durch die sie gekommen waren. Aber der Raum hatte noch zwei weitere, nicht verborgene Türen, die geschlossen waren.

Brigitte war die Mutter von Jesse Donati, dem König von Ventralli. Mather hatte gesehen, wie dieser schwache König zuerst fuchsteufelswild und dann doch wieder schwach wurde, während seine Frau die Macht über sein Königreich an sich riss. Und nun saß ebendieser König auf einem gepolsterten Sessel vor ihm. Er hatte ein Kind auf dem Schoß, und ein zweites hing an seinem Arm, als wäre er ein Schutzschild, hinter dem es sich verstecken konnte.

Ein drittes Kind, kaum älter, wackelte auf sie zu. »Großmama«, sagte das Mädchen noch einmal, während ihm die Tränen über die mit Spitzen besetzte Maske kullerten.

Brigitte strich dem Mädchen über die dunklen Locken, dann warf sie Mather über die Schulter einen Blick zu. »Ich werde euch helfen, hier herauszukommen, und ihr werdet dafür meinen Sohn und meine Enkelkinder mitnehmen.«

Der Ventralli-König erhob sich, und sofort klammerte sich die Tochter, die sich hinter ihm versteckt hatte, an sein Bein. Der Junge, den er im Arm hielt und der nicht älter als ein Jahr sein konnte, starrte Mather unter seiner kleinen grünen Maske mit großen, ruhigen Augen an.

Phil stellte sich neben Mather, während sich der Rest der Taus um sie versammelte. Dank des geheimen Kampftrainings in Jannuari kannte er jeden von ihnen in- und auswendig. Er musste nicht hinsehen, um zu wissen, dass Trace’ Finger nervös über seiner leeren Messerscheide zuckten, Eli grimmig die Zähne aufeinanderpresste, mit einem Blick so finster wie die Nacht, Kiefer sich alles beobachtend im Hintergrund hielt, jederzeit bereit, ihm zu Hilfe zu kommen, und Hollis und Feige sich schweigend rechts und links der Gruppe postiert hatten.

Es waren Dendera, Conall und Nessa, die Mather im Auge behalten musste. Dendera hatte ihre Arme um Nessa gelegt, sodass Conall die Hände freihatte. Wachsam, mit hartem, grauem Gesicht stand er da. Sein Bruder war genauso unerwartet gestorben wie Alysson.

Mather wandte sich von ihm ab. Er wollte dem Kummer, der in ihm aufstieg, keinen Raum geben. Hoffentlich würde sich Conall ebenfalls beherrschen können.

»Mutter …«, begann Jesse, dessen Überraschung auch die Maske nicht verbergen konnte. »Wer sind …?«

»Gilt unsere Abmachung?«, wollte Brigitte von Mather wissen.

Mathers Augen verengten sich zu Schlitzen. »Ihr bringt uns in Sicherheit?« Er hatte so gut wie keine Erfahrung mit Kindern, aber selbst er konnte sich vorstellen, dass es nahezu unmöglich war, sie unbemerkt aus dem Palast zu bringen.

Einer aus der Gruppe trat einen Schritt vor. Mather hätte erwartet, dass es Dendera war – sie kannte sich von allen mit Kindern am besten aus –, aber als er sich umdrehte, riss er überrascht die Augen auf.

Es war Nessa, die Brigitte fest in die Augen sah und erklärte: »Selbstverständlich gilt unsere Abmachung.«

Mather war kurz davor gewesen, dasselbe zu sagen.

Egal, wie riskant es war, sie würden keine wehrlosen Kinder hier zurücklassen. Die Selbstverständlichkeit, mit der Nessa sich vor das älteste Mädchen kniete, verblüffte Mather.

»Hallo«, sagte sie. »Ich bin Nessa. Und das ist mein Bruder Conall.«

Als seine Schwester mit dem Finger auf ihn zeigte, klappte Conall der Kiefer nach unten. Dennoch gelang ihm eine kleine Verbeugung vor der Prinzessin.

»Melania«, stellte sich das Mädchen vor, wobei ihr das i etwas unbeholfen über die Zunge rutschte.

Dafür, dass in Nessas Augen noch immer Entsetzen stand, schenkte sie Melania ein unglaublich sanftes Lächeln. »Also Melania, was hältst du davon, mit uns auf eine Abenteuerreise zu gehen?«

Melania sah zu ihrer Großmutter. Die Härte in Brigittes Gesicht wich einem Lächeln, woraufhin Melania ihre kleinen Finger in Nessas ausgestreckte Hand legte.

Dann ging alles ganz schnell. Während Brigitte Decken und ein paar wenige andere Dinge für unterwegs aus den Schränken holte, überredeten Dendera und zu aller Überraschung Hollis die anderen Kinder, ebenfalls mit auf »Abenteuerreise« zu kommen.

Der Raum schwirrte vor Geschäftigkeit. Nur der König von Ventralli stand reglos vor seinem Stuhl. Er hatte seinen Sohn nicht mehr auf dem Arm – der klammerte sich inzwischen an Hollis – und starrte mit zusammengepressten Kiefern wild entschlossen zu Boden.

»Ich muss zu ihr«, stieß er plötzlich hervor und sprach damit aus, was sich wie ein Mantra in Mathers Kopf festgesetzt hatte.

Unsicher, wie er darauf reagieren sollte, nahm sich Mather einen Dolch für seine Ausrüstung. Keiner sagte etwas. »Eure Gemahlin macht gemeinsame Sache mit Angra«, entgegnete er zögernd. »Wenn Ihr sie befreit …«

»Raelyn ist mir völlig egal«, knurrte der König. Etwas an seinen Worten ließ Brigitte, die am anderen Ende des Raums gerade eine Decke zusammenfaltete, innehalten.

»Oh, nein. Du wirst dich nicht töten lassen, für diese …«

»Diese was?« Der König drehte sich abrupt zu seiner Mutter um. »Du hast sie in den letzten Jahren vieles genannt. Nutzlos, gefährlich … eine Hure. Aber nun ist ja offensichtlich Raelyn diejenige, auf die diese Beschreibung zutrifft. Also wage nicht, mich daran zu hindern, Ceridwen hinterherzugehen.«

Als er zu Ende gesprochen hatte, war es im Raum mucksmäuschenstill. Die Erwähnung von Ceridwens Name erinnerte Mather an Meiras Abschiedsworte. Sie hatte ihm aufgetragen, Ceridwen zu retten. Warum sorgte sich der Ventralli-König ebenfalls um die Prinzessin von Sommer?

Ein kurzer Blick in das Gesicht des Königs genügte Mather, um zu wissen, warum.

Brigitte kniff die Lippen zusammen und schwieg. Ihr Sohn nahm die grüne Maske ab und richtete sie auf sie wie eine Waffe.

»Ich werde mich nicht in Sicherheit bringen. Nicht, bevor ich diese Maske zerbrochen und Ceridwen gerettet habe.«

Mather runzelte die Stirn. »Warum die Maske zerbrechen?«

Ohne zu zögern, als hätte er sich diese Erklärung schon unzählige Male im Kopf zurechtgelegt, antwortete Jesse: »Die Maske in Gegenwart eines Menschen zu zerbrechen, den man zurückweist, gilt als Zeichen für die endgültige Trennung. Als Zeichen dafür, dass man den Rest seines Lebens mit dem anderen nichts mehr zu tun haben möchte. Es stört einen nicht, sein wahres Gesicht zu zeigen, denn wenn man jemanden nie mehr wiedersieht, wird jedes Geheimnis bedeutungslos.«

Mather nickte. Im Grunde war es ihm egal, was der König tat. Aber wenn er vorhatte, seiner Frau gegenüberzutreten und Ceridwen zu retten, würde Mather sich ihm anschließen. Immerhin konnte er so auch eine der Aufgaben erfüllen, die Meira ihm aufgetragen hatte.

»Seht zu, dass ihr flieht, solange ihr noch könnt«, befahl Mather seiner Gruppe. »Ich selbst werde den König aus dem Palast begleiten. Ich habe da noch etwas zu erledigen.«

»Du verlässt uns auch?«, fragte Kiefer wütend.

Phil sah Mather tief in die Augen. Dann erklärte er: »Er folgt unserer Königin.«

Mather senkte den Kopf. Er rechnete mit weiterem Protest, aber da war nichts als Schweigen. Selbst Kiefer sagte nichts mehr. Allen war bewusst, in welch ernster Situation sich Meira befand. Sie hatte sich einem Mann anvertraut, den keiner von ihnen kannte. Womöglich kämpfte sie in diesem Moment um ihr Leben …

Mather war froh, als Dendera für ihn das Wort ergriff. »Hol sie zurück. Wir anderen«, sie wies auf die Taus, Nessa und Conall, »werden die Kinder in Sicherheit bringen.«

Und dann? Mather schob die Frage beiseite. Er kannte die Antwort nur zu gut. Danach würden sie sich Cordells Machtübernahme in Winter und allen anderen Übeln, die Angra in der Welt anrichtete, stellen müssen. Meira zurückzuholen, bedeutete auch, sie all diesen Konflikten auszusetzen.

Aber sie war die Königin. Sie war seine Königin. Und wie immer sie sich bezüglich Winters Haltung in dem Krieg, der sich hier zusammenbraute, auch entschied, er würde ihren Befehlen gehorchen – und sie nie wieder in einem Kampf allein lassen.

Dendera wandte sich an Brigitte. »Wie kommen wir aus dem Palast?«

Es kostete Brigitte sichtlich Kraft, den Blick von ihrem Sohn abzuwenden. Als sie es endlich tat, strich sie mit den Fingern über ihre Maske, als wollte sie sichergehen, dass sie noch an ihrem Platz war. »Es gibt hier noch einen zweiten Geheimgang«, sagte sie und ging auf einen anderen Wandteppich zu.

Dendera wollte ihr gerade folgen, als Nessa ihr die Hand auf den Arm legte.

»Und wohin sollen wir gehen?«, flüsterte sie, während Melania sich an sie klammerte und das Gesicht in ihren Röcken vergrub. Sie straffte die Schultern. »Winter ist nicht mehr sicher.«

»Einen Tagesritt von der Stelle, wo der Langstone auf den Südlichen Eldrige-Wald trifft, gibt es ein Flüchtlingslager der Sommerianer«, schlug Jesse vor. »Dort werdet ihr sicher sein.«

»Gut«, sagte Dendera. »Wir stehlen uns ein paar Pferde, vielleicht auch einen Wagen oder ein Boot, und treffen euch dann dort.« Sie sah Mather scharf an, und ihm war klar, dass es sich nicht um einen Vorschlag handelte. Er würde es in dieses Lager schaffen – mit Meira.

Dendera drehte sich mit der Prinzessin auf dem Arm dem König zu, der sich mit einem Kuss auf die Stirn endgültig von seiner Tochter verabschiedete. Schnell, als traue er sich nicht zu, es noch länger zu ertragen, küsste er auch noch die andere Tochter und seinen Sohn. Als er sich wegdrehte, standen Tränen in seinen blutunterlaufenen Augen. Schmerz zeichnete seine Gesichtszüge – aber auch Entschlossenheit.

Der König sah Brigitte an, aber die wandte sich an Mather. »Geht denselben Weg zurück, den wir gekommen sind«, erklärte sie ihm. »Wenn ihr euch auf dem zweiten Treppenabsatz nach links wendet, findet ihr dort eine Tür, die in die große Eingangshalle führt.«

»Danke«, sagte Mather, und Dendera, Nessa und Conall setzten sich sofort in Richtung des zweiten Gangs in Bewegung. Hollis hatte den Prinz von Ventralli auf dem Arm. Sowohl ihm als auch Feige war anzusehen, dass sie Dendera ohne Widerspruch folgen würden. Der Rest der Taus schien noch unentschlossen und warf Mather unsichere Blicke zu. Hätte er dieses Mal nicht noch schneller vorankommen müssen als auf der Reise von Winter hierher, hätte er sie sofort mitgenommen. Doch auch die Kinder benötigten allen Schutz, den sie bekommen konnten, und Dendera war die Einzige, die je wirklich gekämpft hatte – auch wenn Conall eine tödliche Entschlossenheit an den Tag legte, wie Mather sie noch bei keinem Soldaten gesehen hatte.

Mather zögerte. Mit seinen Taus fühlte er sich stärker. Vollständiger.

Doch dann zerschlug Hollis die Unsicherheit mit dem Schwur, den sie bei ihren geheimen Übungseinheiten geleistet hatten. »Wir lassen uns nicht besiegen«, knurrte er.

Mather lächelte. »Wir lassen uns nicht besiegen.«

Hollis und Feige setzten sich in Bewegung, Eli folgte ihnen und zog seinen Bruder mit sich. Auch Kiefer riss sich los und verschwand mit finsterem Gesicht und hängenden Schultern in dem neuen Gang.

Trace zögerte. Er sog scharf die Luft ein, als hätte er noch eine Frage, doch dann zuckte er nur die Schultern. »Wer als Erster im Lager ist«, verabschiedete er sich mit einem herausfordernden Grinsen.

Nur Phil blieb wie angewurzelt stehen.

»Geh«, befahl ihm Mather. »Die anderen brauchen dich.«

Phil hob eine Augenbraue. »Tut mir leid, Nicht-Mehr-König, aber mich wirst du so leicht nicht los.«

»Ich meine es ernst, Phil.«

Doch Phil sah ihn auf eine Art an, die jeden weiteren Protest zunichtemachte. »Wir stecken da gemeinsam drin. Wir alle. Und wenn wir uns trennen müssen, geht keiner allein.«

Feige, die hinter Hollis eigentlich schon verschwunden war, steckte noch einmal den Kopf ins Zimmer. »Und auch keine.«

Phil lächelte. »Und auch keine. Das heißt, ich komme mit dir.«

Sein ansteckendes Grinsen strahlte Zuversicht aus.

Mather spürte, wie er weich wurde.

Im Grunde war er froh, nicht allein zu sein.

Mit einem dumpfen Schlag schloss sich die Tür zum Gang, und Mather blieb mit Jesse, Phil und Brigitte zurück.

Brigitte ließ sich auf einem Stuhl nieder und spitzte die faltigen Lippen. Während Mather schon auf den Gang zueilte, durch den sie gekommen waren, und Phil winkte, ihm zu folgen, ging Jesse noch einmal zu seiner Mutter. Mather wartete.

»Danke«, sagte Jesse.

Brigitte zuckte die Schultern. »Geh jetzt. Raelyn wird bald merken, dass ich euch in meine Gemächer gebracht habe.«

Die Finger des Königs schlossen sich um die Schulter seiner Mutter und drückten sie sanft. Endlich sah sie ihn mit tränenverschleierten Augen an und ihr versteinertes Gesicht wurde weich.

»Geht«, flüsterte sie. »Mir geht es gut.«

Mit einem Kloß im Hals und brennenden Augen wandte sich Mather zum Gehen.

Jesse drängte sich an ihm vorbei in den Gang.

Brigitte zog ihr Gewand zurecht und richtete den Blick auf die Tür, durch die zweifellos jeden Moment Raelyn hereinstürzen würde, um sich genauso erbarmungslos an ihr zu rächen wie am Sommer-König. Mather hatte von diesem Kampf nur das Ende gesehen – wie sie dem König das Genick brach –, doch das war ihm Beweis genug, dass Raelyn auch gegenüber Brigitte keine Gnade zeigen würde.

Mather duckte sich in den Treppenabgang und zog die Tür hinter sich zu. Mit einem leisen Klicken fiel sie ins Schloss.

Nun gab es kein Zurück mehr. Für niemanden.

Kapitel 3

Ceridwen

In Simons Bordellkutsche war es stickig. Schweißgeruch mischte sich mit dem ungelüfteten Rauch von Plumeria-Räucherstäbchen, der Boden war übersät mit seidenen Kissen und Satindecken. Trotz des unaufhörlichen Gemeckers ihres Bruders, sie solle sich doch endlich wie eine »echte Sommerianerin« benehmen und an seinen Ausschweifungen beteiligen, war Ceridwen noch nie in einer dieser Kutschen gewesen. Sie zog die Knie ans Kinn. Alles, was sie im Moment hören konnte, waren seine spöttischen Bemerkungen, die sie ihr Leben lang gehasst hatte. Und das Knacken der Wirbel, als Raelyn ihm das Genick brach.

Holpernd zogen die Ochsen die Kutsche durch die Straßen von Rintiero und Ceridwen ließ sich kraftlos hin- und herschaukeln. Ihr erschöpfter Körper hatte den Bewegungen nichts mehr entgegenzusetzen.

»Cerie.« Als sich Lekan vor sie kniete, stöhnte er auf. Dann streckte er das Bein und fiel auf den Kutschenboden. Quer über sein Knie lief ein tiefer Schnitt, ein zweiter über seine Wange, und Ceridwen wusste, dass auch der Rest seines Körpers mit Wunden übersät war. »Cerie…«

Ihm versagte die Stimme. Aber was hätte er auch sagen sollen? Was hätte sie sagen sollen?

Ceridwen schloss die Augen und sah Simons Gesicht, das von Raelyns Würgezauber hochrot angelaufen war.

»Schweigt… Raelyn… Lasst sie in Ruhe!«

Simon hatte um Ceridwens Leben gefleht, obwohl sie Minuten zuvor noch in der festen Absicht auf den Platz gestürmt war, ihn eigenhändig umzubringen.

Aber noch bevor sie auch nur leise hätte protestieren können, war sein Kopf mit einem Knacksen zur Seite gekippt, und sein Leben war vorbei.

Ceridwen öffnete die Augen.

Lekan hatte einen Streifen von einer Decke abgerissen und wischte ihr damit das Blut vom Arm.

»Lass das«, zischte sie durch zusammengebissene Zähne.

Er ignorierte sie. »Er war dein Bruder. Du hast ihn geliebt«, sagte er ruhig.

Ceridwens Muskeln wurden hart wie Stein. »Ich habe ihn gehasst.«

Lekans Finger krampften sich um den Satinfetzen und das Rubbeln an Ceridwens Schulter wurde spürbar kräftiger. Den Blick starr auf seine Arbeit gerichtet, schwieg Lekan, als wäre er ein ganz normaler Sklave und sie eine ganz normale Prinzessin und die Flecken auf ihrer Haut nicht das Blut ihres Bruders.

Ceridwen starrte auf die Spritzer. Raelyns unverhohlene Freude, als sie den Befehl gab, Simon den Kopf abzutrennen, war krank gewesen. Als ein Soldat anfing, Simons Nacken durchzusäbeln, und das Blut unter dem Druck des Messers in alle Richtungen spritzte, war sie vor Entsetzen nicht einmal in der Lage gewesen zurückzuweichen.

Simon war tot. Enthauptet vor ihren Augen.

Sie schob Lekan zur Seite und versuchte aufzustehen. Die Kutsche war jedoch so niedrig, dass sie mit dem Rücken gegen die fleckige Decke prallte und nach vorne kippte. Mit knacksenden Handgelenken fing sie ihren Sturz gerade noch ab, und es folgte ein Wutanfall, der die komplette Kutsche zum Wanken brachte.

»Ruhe da drin!«, brüllte von draußen ein Ventrallianer-Soldat.

Ceridwen rappelte sich wieder auf und warf sich mit voller Wucht gegen die Seite der Kutsche, sodass diese noch stärker schwankte. Aber sie kippte nicht um. Unbeirrt fuhr sie durch die Stadt, während Ceridwen schrie, erneut Anlauf nahm und sich wieder gegen die Seitenwand warf. Irgendwie musste sie sich abreagieren. Sie hätte den Kummer, der sie zu zerreißen drohte, sonst nicht ertragen.

Eigentlich hätte ihr Simons Tod gar nicht leidtun dürfen. Schließlich hatte sie gewollt, dass er stirbt. Er sollte nur einen Bruchteil des Leids, das er seinen Sklaven zugefügt hatte, am eigenen Leib erfahren. Sie hatte ihm sein ewiges Grinsen aus dem Gesicht wischen wollen. Nur ein einziges Mal hatte sie sehen wollen, wie er um Vergebung bettelte, statt sie immer nur anzustrahlen.

Ceridwen schluckte ein Schluchzen hinunter, das ihr in der Kehle steckte.

Wann immer er sie sah, hatte er gelächelt und gestrahlt, als ob sie ihm der liebste Mensch in ganz Sommer wäre, und sie hatte das jedes Mal zum Kochen gebracht. Sie erinnerte sich, wie er Meira zum ersten Mal in seinem Bordell getroffen hatte. Das Ganze war als politisches Treffen gedacht, aber ihm war nur Ceridwen wichtig gewesen – wo sie war und ob er sie im Blickfeld hatte.

Flammen und Hitze! Auch wenn er ihr Königreich zerstört und ihr Volk ins Elend getrieben hatte, sie hatte er immer geliebt. Dabei hatte sie sich nichts mehr gewünscht als seinen Hass, weil …

Keiner konnte ihr verbieten, ihn zu hassen.

Lekan schlang die Arme um Ceridwen und riss sie zu Boden. Durch das schmale Fenster, das man zugenagelt hatte, bevor man sie in die Kutsche warf, schoss eine Klinge. Wie eine silberne Zunge schnellte sie knapp über Ceridwens Kopf ins Kutscheninnere.

Ihr Hals war vom Schreien ganz rau und auf ihrer Zunge lag der bittere Geschmack der Reue. Es war nur gerecht, dass sie darunter litt … unter ihrem Verrat.

Denn nichts anderes war es gewesen. Sie hatte Simon hintergangen, während er sie immer geliebt hatte.

Aus Angst vor dem, was sie als Nächstes tun könnte, klammerte sich Ceridwen verzweifelt an Lekan. Sie fühlte sich vollkommen leer. Da war nichts, was Raelyn ihr noch hätte nehmen können. Von Jesse hatte sie sich vor ein paar Stunden getrennt und nun hatte Raelyn ihr auch Simon und Sommer entrissen.

Aber nein, es war nicht Raelyn gewesen. Konnte man Raelyns wirrem Gebrabbel glauben, war das alles Angras Werk. Ceridwen ertappte sich bei dem Wunsch, diese Verbrechen wären tatsächlich Raelyn zuzuschreiben, denn es war ihr ein Rätsel, wie sie sich gegen Angra wehren sollte. Sie kannte ja noch nicht einmal das gesamte Ausmaß dessen, was geschehen war. Angra hatte Raelyn Magie gegeben und Simon die Macht, auch Nicht-Sommerianer zu kontrollieren.

Dieser Krieg war so viel größer als sie. Korrupten Königen war sie gewachsen, aber dem hier? Dunkle Magie und ein Netz des Bösen, dessen Fäden sich über ganz Primoria spannten?

Als das Grauen sie vollständig zu lähmen drohte, sog Ceridwen die rauchige, widerwärtig süße Luft tief ein und wandte sich Lekan zu.

»Meira konnte entkommen«, erklärte sie ihm, mehr um sich selbst davon zu überzeugen. »Sie wird … all dem ein Ende bereiten.«

Lekan löste einen Arm aus ihrer Umklammerung und ließ ihn mit einem dumpfen Plumps auf den Kutschenboden fallen. Dann streckte er die Finger und rieb sich mit einem gequälten Zischen das verletzte Bein. Noch bevor er protestieren konnte, riss Ceridwen weitere Stoffstreifen von einer Decke, faltete daraus eine armselige Kompresse und band sie fest um Lekans Knie. Danach rieb sie sich die Hände an den Schenkeln sauber und versuchte, einen klaren Kopf zu bekommen.

»Sind die Türen verriegelt?« Die Frage galt mehr ihr selbst als Lekan.

Er schob seinen Verband zurecht. »Fünf ihrer Wachen hat Raelyn bei uns gelassen, den Rest hat sie mitgenommen.« Lekan verstummte. Aber Ceridwen wusste, woran er dachte und was er nicht wagte, laut auszusprechen.

Raelyn hatte auch Simons Kopf mitgenommen.

Ceridwen kroch zu den Türen am hinteren Ende der Kutsche und drückte dagegen. Wie nicht anders zu erwarten, gaben sie nicht nach. Auf der Suche nach einer Schwachstelle oder einem groben Holzsplitter, den sie herausbrechen und statt der Waffen, die man ihnen abgenommen hatte, benutzen konnte, tastete sie den Türrahmen ab. Nichts.

Die Kissen und Decken vielleicht – man könnte sie zu einer Art Seil zusammenknoten und den ahnungslosen Soldaten, der die Kutschentür öffnen würde, damit würgen. Aber das würde sicher erst auf dem Palastgelände geschehen, wo garantiert sehr viel mehr als nur fünf von Raelyns Männern die Gefangenen in Empfang nehmen würden. Und wenn sie einem der Soldaten das Satinseil fest um die Luftröhre schlang und ihn als Geisel nahm, bis sie und Lekan sich befreit hatten?

Raelyn kontrollierte noch immer die Stadt. Sie war voll von Angras dunkler Magie.

Und sie beabsichtigte, Jesse und seine Kinder zu ermorden.

Ceridwen schnappte sich die nächstbeste Decke und fing an, sie in Streifen zu reißen. Lekan richtete sich etwas auf, um sich besser an die Wand lehnen zu können. Den Blick starr zur Decke gerichtet, versuchte er, seine Schmerzen zu unterdrücken. Aber seine Verletzungen waren zu schlimm, als dass er bei einem Kampf eine große Hilfe wäre. Ceridwen musste ihn in Sicherheit bringen und dann zurückkommen und … Ja, was dann? Wie sollte sie das komplette Heer von Ventralli im Alleingang bezwingen? Sicher gab es in Rintiero noch Menschen, die Jesse gegenüber loyal waren und ihr helfen würden, ihn und seine Kinder zu retten. Sie musste Verbündete finden – oder Meira. Meira würde ihr ganz bestimmt helfen.

Es sei denn, Raelyn hatte sie schon umgebracht. Möglicherweise hatte Raelyn mit ihrem Staatsstreich schon die ganze Stadt unterworfen und Jesse und seine Kinder waren längst tot. Damit wäre der letzte Hoffnungsschimmer längst erloschen, während Ceridwen noch hilflos in dieser Kutsche festsaß.

Ihre Hände hörten auf zu arbeiten. Eine leise Stimme drang aus ihrer inneren Leere zu ihr durch und flüsterte ihr zu, sie solle sich nicht darum scheren, was Raelyn Jesse antat. Vier Jahre lang hatte sie so getan, als ob sie das nicht kümmere. Warum sollte sie also gerade jetzt damit anfangen?

Doch alles in ihr begehrte gegen diese Stimme auf. Das hier hatte mit den letzten vier Jahren nichts zu tun. Es ging nicht darum zu ignorieren, dass Raelyn mit Jesse im selben Bett lag – es ging darum zu ignorieren, dass Raelyn ihn töten würde. Und nicht nur ihn, auch seine Kinder. Egal, was vor Kurzem zwischen ihnen beiden vorgefallen war, Ceridwen würde seine Kinder nicht sterben lassen. Einer der Gründe, weshalb es ihr in der Vergangenheit so schwergefallen war, ihn zu verlassen, war, dass er seine Kinder abgöttisch liebte. Jesse war ein Mann, einKönig, der im Zimmer seiner Tochter über den Boden robben konnte, nur um sie vor Freude quieken zu hören.

Sie würde ihn und seine Kinder befreien. Es herrschte Krieg, und ihr erster Schritt würde sein, den König von Ventralli zu befreien. Dann würde sie die Winter-Königin finden, sich mit ihr gegen Angra neu formieren und ihn dafür bezahlen lassen, dass er es gewagt hatte, Anspruch auf Sommer zu erheben – und durch Raelyn Simon hatte töten lassen.

Sie konnte das schaffen.

»Halt!«

Ceridwen erstarrte, und während das Gefährt langsam zum Stehen kam, huschten ihre Augen zur Kutschentür. Instinktiv drückte sie das Gesicht gegen den schmalen Spalt, den die Bretter vor dem vernagelten Fenster ließen. Sie wollte alles mitbekommen, was draußen vor sich ging. Doch dann zog sie sich schnell wieder zurück. Es war durchaus möglich, dass noch mehr verirrte Klingen den Weg durch diesen Spalt fanden. Sie waren noch nicht am Palast angekommen, sondern befanden sich wahrscheinlich noch in der Stadt, umgeben von den magenta- und olivfarbenen Gebäuden Rintieros, die nun größtenteils im Schatten lagen.

Lekan sah Ceridwen fragend an. Warum hatten sie angehalten?

Beide verhielten sich vollkommen still. Ceridwen ging in die Hocke, den aus Stofffetzen geflochtenen Zopf straff zwischen beiden Handgelenken gespannt.

Ein Pferd wieherte. »Wir würden den Inhalt dieser Kutsche gern käuflich erwerben.«

Ceridwen versuchte, die Stimme zuzuordnen. Sie gehörte niemandem, den sie kannte, und auch keinem der Soldaten, die sie bewachten.

Ein Mann lachte. »Das könnt Ihr vergessen. Wir haben unsere Befehle.«

»Befehle schon, aber habt ihr auch Gold?«

Das Klimpern von Münzen war zu hören. Von vielen Münzen, soweit Ceridwen das beurteilen konnte. Jemand wollte sie kaufen?

Sie blähte die Nasenflügel. Wahrscheinlich ein perverser Ventralli-Lord, der auf der Kutsche die Flammen von Sommer erkannt hatte und dachte, was alle dachten: Hier gebe es Sklaven zu kaufen.

Ein Soldat pfiff durch die Zähne. Für einen kurzen Moment war es still.

»Die Kutsche könnt ihr behalten«, bohrte der Käufer weiter. »Ich will nicht, dass eure Königin zu schnell dahinterkommt.«

Eure Königin. Das war kein Ventrallianer.

Schließlich gab der Anführer der Soldaten ein Schnauben von sich. Wieder klimperten die Münzen. »Sie gehören Euch.«

Schlüssel klapperten. Schritte bewegten sich auf die Tür zu. Ceridwen erhob sich ein wenig und platzierte sich zwischen Lekan und dem Mann, der sie gleich holen würde. Es gelang ihr, ihren Atem zu verlangsamen, aber ihr Herz kümmerte das wenig. Wie wild pochte es gegen ihre Rippenbögen, während der Schlüssel ins Schloss glitt.

Knarrend öffnete sich die Tür.

Sie schob sich leicht nach vorn, bereit zum Sprung …

Im diffusen Licht der Straßenlaternen blinzelte sie der Käufer, ein Soldat, irritiert an. Seine Haut glänzte dunkel. Im Schatten hinter ihm stand inmitten einer Gruppe von Pferden und weiteren Soldaten eine Frau. Ihr dunkles Haar war direkt über dem steifen Kragen ihres grauen Wollumhangs zu einem Knoten gebunden und auf ihrem Rücken schimmerte im Zwielicht eine Axt.

Ceridwens Anspannung löste sich und sie atmete hörbar aus.

»Giselle?«

Es war die Königin von Yakim, die sie gekauft hatte.

Kapitel 4

Meira

Ich habe es so satt, wegen der Magie ständig in Ohnmacht zu fallen. Es ist der erste Gedanke, der mir durch den Kopf schießt, als ich wieder zu mir komme.

Links von mir knackt und knistert ein kleines Feuer. Die Luft ist rauchverhangen, dennoch zwinge ich mich, die Augen zu öffnen, und bin dankbar, ins nächtliche Dunkel zu blicken, statt in grell explodierendes Sonnenlicht. Mein Kopf pocht im Sekundentakt.

»Du kannst dich auch selbst heilen«, vernehme ich Rares’ Stimme.

Ich presse die Finger gegen die Stirn und versuche, auch die letzten Schmerzen zu vertreiben. Dann rolle ich mich auf die Seite. Wir sind auf einer von Bäumen umgebenen Lichtung, von den sich neigenden Ästen hängt dichtes Blätterwerk. Rares, der einen Wetzstein über eines der Küchenmesser zieht, die ich gestohlen habe, sieht nicht einmal auf.

»Wenn ich meine Magie schon so gut kontrollieren könnte, wäre ich dir nie gefolgt«, fauche ich ihn an. »Was hast du überhaupt mit mir gemacht? Wie hast du es gemacht?«

Rares prüft die Klinge mit dem Daumen und seufzt. »In der Küche eines armen Schluckers hätten mich derart schlecht gepflegte Messer kaum verwundert, aber in der Küche des Königs von Ventralli? Es ist eine Schande.«

Ich starre ihn nicht mehr ganz so wütend an. »Nicht mal Hühner haben verdient, mit solchen Klingen geschlachtet zu werden«, grummelt er weiter.

Gerade hole ich Luft, um ihn mit Fragen zu bombardieren, da hebt er den Blick.

»Vielleicht sollte ich dich als Erstes Geduld lehren.«

Ich rapple mich auf die Knie, wobei ich gegen leichten Schwindel kämpfe. Ich bin so nah am Feuer, dass die von den knisternden Ästen aufstiebenden Funken auf meiner Haut prickeln.

»Wie kommt es, dass du Magie hast?«, frage ich tonlos. »Und warum wirkt sie auf mich?«

Rares stützt die Ellbogen auf die Knie. Während er mich intensiv mustert, spielt er mit seinem Messer. »Du befürchtest, ich könnte mich dir nicht erklären, und selbst wenn, würde ich dir nicht alles sagen, was du wissen musst. Du hast Angst, dass es ein Fehler war, mir zu vertrauen. Am allermeisten fürchtest du jedoch, mich nicht rechtzeitig gefunden zu haben. Habe ich damit all deine Sorgen erkannt, Liebes?«

»Ich …«

»Ich könnte mich darauf beschränken, dir zu versichern, dass ich deinen früheren Mentoren in keiner Weise gleiche. Aber nun, da wir in Sicherheit sind – insofern das überhaupt möglich ist –, werde ich mehr tun als das und dir, wie ich es versprochen habe, alles erklären. Jedes Detail, jeden Grund, jede Kleinigkeit, die uns hierhergebracht hat. Nun ja, vielleicht nicht jede Kleinigkeit – das wäre dann wohl doch etwas übertrieben.«

»Aber … warum?«

»Weil es eben unwichtig ist.«

»Nein«, stöhne ich. »Das meine ich nicht. Warum du mir alles erklären willst?«

Er zwinkert. »Warum nicht?«

Ich lasse mich zurück auf den Boden sinken. Alles erklären? Einfach so? Ich war es gewohnt zu streiten. Sir musste ich immer anbetteln, mir gewisse Dinge zu erklären, und Hannah regelrecht anflehen, mir mehr zu sagen.

Rares wendet sich wieder dem Schärfen seines Messers zu. Dann holt er einmal tief Luft und beginnt. Seine Stimme klingt irgendwie unbeteiligt, als könne er sich selbst gar nicht hören. »Deine Mutter hat dir berichtet, wie es war, als die Welt zum ersten Mal vom Verderben heimgesucht wurde. Die Menschen setzten Magie ein, um Böses zu tun, und als Nebenprodukt entstand das Verderben. Die Monarchen Primorias gingen dagegen vor, indem sie ihren Untertanen die Magsignien in einer brutalen Säuberungsaktion abnahmen.«

Ich beiße mir auf die Zunge, um nicht zu fragen, woher er weiß, dass Hannah mir davon erzählt hatte. Ich habe Angst, wenn ich ihn unterbreche, könnte er bemerken, wie freizügig er mir all diese Informationen gibt.

»Tausende starben damals«, fährt er fort. »Und noch sehr viele mehr wurden vom Verderben besessen und verloren sich in ihrem Trachten nach dem Bösen. Es war eine Zeit großer Verzweiflung – und so erschufen die Monarchen die Königlichen Magsignien in der Hoffnung, deren geballte Magie könne die Welt vom Verderben befreien. Und das taten sie auch, für einige Zeit zumindest. Es gab acht Magsignien, eine für jedes Königreich, vier, die an weibliche Thronfolger gebunden waren, vier, die an männliche Thronfolger gebunden waren. In Paisly war das nicht anders, nur dass wir uns im Gegensatz zum Rest der Welt weigerten, dem Willen unserer Monarchin so einfach nachzugeben. Wir erkannten in den Königlichen Magsignien den Beginn eines Teufelskreises der Gewalt. Magie wurde weiterhin angewandt, und man legte große Mengen davon in die Hände von acht Menschen, die machthungrig werden konnten. Wer konnte garantieren, dass sie sich nicht dem Bösen zuwandten und das Verderben zurückbrachten? Für uns hatte die Magie keinen Platz in der Welt – der Preis war viel zu hoch. Also schlossen wir uns zu einer Rebellengruppe zusammen, dem Orden der Lustraten, die sich gegen die Königin stellte.« Rares hält inne. Er hebt den Blick von seinem Messer und sieht mich an. »Und unsere Rebellion hatte Erfolg.«

»Paisly hat keine Königin mehr?« Die Frage schafft es kaum, den Raum zwischen uns zu überbrücken.

»Wir haben eine Regentin, die die Rolle der Königin übernimmt, wann immer das erforderlich ist. Aber eine echte Königin hat Paisly nicht – und auch keine Königliche Magsignie.«

»In der Nacht des Aufstands weigerte sich die Königin zu verhandeln«, erzählte er weiter. »Sie sah in unserer Forderung nicht die Rettung des Reichs, sondern eine Bedrohung. In der Schlacht opferte sie sich für ihr Königreich – kurz nachdem der Orden die Königliche Magsignie Paislys, einen Schild, zerbrochen hatte.«

»Was?«, japse ich und schlinge die Arme um den Oberköper, als müsste ich mich festhalten. Ich kann kaum glauben, dass er mir die Wahrheit und keine Gutenachtgeschichte am Lagerfeuer erzählt.

Rares’ dunkle Augen bohren sich in meine. »Keinem von uns war bewusst, was wir getan hatten, bevor es zu spät war. Jeder in Paisly, von den Gefolgsleuten der Königin bis zu den Mitgliedern des Ordens, wurde von der Magie durchdrungen. Wir alle wurden zu Magsignien – so wie deine Mutter es für Winter gewollt hatte.«

Der Schock lässt mich schwanken. »Woher weißt du das?«, frage ich.

Aber Rares hat es eilig weiterzuerzählen. »Nach dem Aufstand waren die Gefolgsleute der Königin stark in der Unterzahl. Der Orden kam an die Macht und seither regiert er Paisly. Wir glauben noch immer, dass Magie in dieser Welt nichts verloren hat, und daher halten wir unser Königreich so geheim wie möglich. Natürlich lässt sich gelegentlicher Kontakt zu anderen Königreichen nicht vermeiden, aber es ist schon erstaunlich zu sehen, was man alles verbergen kann, wenn keiner weiß, wonach er suchen muss. Insbesondere dann, wenn das Königreich in einem Gebirge liegt.« Er zwinkert mir zu. »Es ist ziemlich leicht, in den Bergen etwas zu verstecken.«

Mir klappt der Kiefer nach unten. Was Hannah für Winter wollte, war in einem anderen Königreich längst geschehen. Als die Magsignie zerbrochen wurde und ihre Königin sich für sie opferte, hatte sich die Magie auf alle Untertanen übertragen. Es gibt ein ganzes Land voller Menschen wie mich, die die Magsignien einer Magie sind, die sie ablehnen. Kein Wunder, dass Rares behauptet, Paisly sei vor Angra sicher.

Aufgeregt beuge ich mich nach vorn. »Aber dann seid ihr in der Lage, Angra aufzuhalten. Paisly kann ein Heer zusammentrommeln und ihn im Handumdrehen …«

Rares’ Blick lässt mich verstummen. »Das wird nicht funktionieren. Jeder von uns ist zwar eine Magsignie, aber seit dem Krieg sind nicht mehr viele von uns übrig. Daher haben wir uns für einen anderen Weg entschieden. Wir haben in ganz Primoria Mitglieder des Ordens verteilt und darauf gewartet, dass sich ein Magsignienträger findet, der ähnliche Ziele verfolgt wie wir. Der Orden hat zwar ein Heer zu seiner Verteidigung aufgestellt, Angras Streitkräfte setzen sich inzwischen aber aus den Armeen von mindestens drei Königreichen zusammen, und jeder Soldat ist von seiner Magie durchdrungen. In den Bergen könnten wir ihn sicher aufhalten, um ihn ohne Hilfe zu schlagen, haben wir jedoch nicht genügend Kämpfer. Aber wir werden dich unterstützen. Obwohl der Orden davon überzeugt ist, dass es in Primoria keine Magie geben sollte, haben uns die Umstände zu Magieexperten gemacht. Wir werden dir also beibringen, wie du deine Magie kontrollieren und für deine Ziele – dir von Angra die anderen Schlüssel zum Magieschlund zu holen und alle Magie zu zerstören – nutzen kannst.

Mein Herz droht mir aus der Brust zu springen. »Davon weißt du auch?«

In Rares’ dunklen Augen spiegelt sich das Gelb der Flammen, als er mir ein trauriges Lächeln schenkt. »Teil derselben Magie zu sein, ermöglicht eine mentale Verbindung. Eine andere Magsignie zu berühren, verstärkt diese Wirkung noch. Du hast das im Hautkontakt mit anderen Magsignienträgern am eigenen Leib erfahren. Wirklich mächtige Magsignien können auch ohne Körperkontakt in deine Gedanken und Erinnerungen eindringen – aber nur so lange, bis du genügend Vertrauen zu der eigenen Magie hast, um ein solches Eindringen dauerhaft zu blockieren. Du musst dich übrigens nicht dafür bedanken, dass ich Angra aus deinem Kopf vertrieben habe. Eines Tages wirst du ihn allein abwehren müssen, aber für den Moment, kann er nicht mehr in deine Gedanken eindringen.«

Ich fasse mir an die Schläfe. »Moment mal … Dann konnte Angra meine Gedanken schon hören, bevor ich wusste, dass er noch am Leben ist?«

Ein kurzes Nicken. »Ja.«

Mir wird übel. Ich kippe nach vorn und stütze den Kopf in die Hände. Womöglich hatte er alles mitbekommen – all meine Pläne und kläglichen Versuche, ihn zu stoppen. Es spielte keine Rolle, ob ich ihn berührt hatte oder nicht. Er konnte mit mir sprechen, wann immer er wollte. Mit wem konnte er das noch?

Ich weiß es. Er hatte es mit Theron getan und kann es mit jedem tun, der nicht durch die reine Magie einer Magsignie vor dem Verderben geschützt ist.

Ich starre in die Flammen. »Dann hast du ihn für mich aus meinem Kopf vertrieben? Aber wie? Ich bin nicht aus Paisly und deine Magie dürfte eigentlich nur bei Bewohnern von Paisly wirken.«

»Für die Magie menschlicher Magsignien gelten andere Regeln«, entgegnet Rares. »Auf einen normalen Winterianer habe ich tatsächlich keinen Einfluss. Aber du bist voll von derselben Magie, die auch durch meinen Körper fließt. Wir sind miteinander verbunden. Sicher hast du schon festgestellt, dass zwischen dir und anderen Magsignienträgern ebenfalls eine Verbindung besteht. Die Königlichen Magsignien wurden zwar erschaffen, um nur einer ganz bestimmten Abstammungslinie zu dienen, aber im Kern ist die Magie, die ihnen innewohnt, dieselbe – daher sind alle Magsignienträger miteinander verbunden. Tut mir leid, dass du ohnmächtig geworden bist, aber du wirst widerstandsfähiger werden. Du warst nur ungefähr drei Stunden bewusstlos. In der Zeit konnte ich dich nicht einmal über Ventrallis Grenzen tragen.«

Entsetzt starre ich ihn an. Ich hatte drei Stunden mit Schlafen vergeudet?

In diesen drei Stunden kann alles Mögliche passiert sein. Vielleicht konnten Mather und die Winterianer aus Rintiero fliehen – oder meine schlimmsten Befürchtungen waren wahr geworden. Wenn wir auf dem Weg nach Paisly waren, konnte die Reise zudem Wochen dauern. Und mit jeder Sekunde, die verstrich, schlossen sich Angras Klauen fester um die Welt.

Dabei weiß ich nicht einmal, was er genau vorhat. Was wird er als Nächstes tun? Wen wird er töten? Welches Königreich als Erstes zerstören?

Wie ein eisernes Band legt sich mir die Angst um den Hals und ich kann weder schlucken noch atmen. Völlig gelähmt starre ich Rares an, während die Schmerzen erneut gegen meinen Schädel pochen.

Wir dürfen keine Zeit verlieren.

»Du sagtest, du kannst mir helfen, ihm die Schlüssel abzunehmen«, presse ich hervor. »Bei allem, was dein Orden weiß, wirst du die Magie sicher auch dazu befragt haben, wie man sie zerstört. Und sie wird dir dasselbe gesagt haben wie mir – indem man eine Magsignie opfert und sie zurück in den Schlund wirft.«

Rares nickt langsam.

»Und du willst mir helfen, Angra die Schlüssel abzunehmen«, wiederhole ich. »Du hilfst mir, die Magie vollständig zu zerstören. Das heißt …«

In meinem Kopf flackern Erinnerungen auf. Die elektrisierende Wirkung des Magieschlunds und seine zerstörerischen Finger, deren Magie ausschließlich nach Objekten greifen und sie bewohnen konnte. Versuchten Menschen, sich von der Magie berühren zu lassen, war es wie ein Blitzschlag, der sie versengte.

Unter Rares’ bohrendem Blick verwandelt sich meine Angst in nacktes Grauen.