2,99 €
Sarah erlebte keine Zuneigung. Obwohl sie immer wieder enttäuscht wird, glaubt sie an die Liebe. Trotz aller Zweifel schenkt sie Daniel ihr Herz. Doch er kann ihr nicht vertrauen ... Ein gefühlvoller und spannender Liebesroman.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 319
Veröffentlichungsjahr: 2021
Sarah
Daniel
Joe
Mein Teddybär beschützte mich. Ich war vier Jahre alt, als ich ihn bekam. Ein pelziger, brauner Bär der unter dem Weihnachtsbaum lag. Er sah mich mit seinen dunkelbraunen Glasaugen an und es war Liebe auf den ersten Blick. Ich nannte ihn Pezi. Von nun an waren wir unzertrennlich. Pezi war mein Freund, mein Beschützer und vor allem mein Vertrauter. Ich erzählte ihm alles und sprach nie laut oder flüsternd, sondern nur in meinen Gedanken zu ihm. Und er verstand mich. Ich drückte ihn an mich und fand Trost bei ihm. Er litt mit mir, wenn ich von meinem Vater verprügelt wurde und ich vergoss meine Tränen in sein weiches Fell. Er tröstete mich, wenn ich hungrig und weinend im Bett lag, weil meine Mutter mir nichts zu essen gab. Er war immer für mich da.
Die Kinder im Kindergarten waren grausam. Sie schlugen mich und ich wehrte mich nicht. Ich schwieg und ließ es über mich ergehen. Ich kannte es nicht anders.
Vater prügelte und Mutter putzte. Vater holte mich immer ins Wohnzimmer und ich musste mich breitbeinig vor ihn hinstellen. So hatte ich einen besseren Stand, wenn er zuschlug. Die Hände in die Hüften um mich beim Fall besser abzufangen. So erklärte er mir diese Sache. Die Sache war die, dass ich nicht so schnell umfiel. Manchmal ein Schlag oder zwei, selten drei Schläge. Mitten ins Gesicht mit der flachen Hand und ich fiel um. Manchmal blieb ich liegen und rührte mich nicht. Dann schrie er, ich solle aufstehen oder bist du tot. Du bist tot, er lachte. Und Mutter putzte. Sie putzte bei fremden Leuten und zu Hause. Sie stand in der Küche und putzte. Er prügelte, sie putzte und ich fiel um. So einfach war das. Der Prügler, die Putzfrau und das umfallende Kind. Das war meine Familie.
Mein einziger Freund gehörte auch zur Familie. Pezi schlief bei mir, er wärmte mich und er berührte mich. Ich umarmte ihn und kuschelte mich in seinen Pelz. Ich holte mir von ihm die Liebe, die ich mir so sehnlichst von meinen Eltern wünschte und nie bekam. Selten bekamen wir Besuch. Es waren Arbeitskollegen oder der Bruder meines Vaters. Vorher bekam ich immer die besonderen Anweisungen von ihm. Immer lächeln und immer fröhlich sein. Egal was passiert. Ich wurde präsentiert als dummes Kind und ich lächelte. Mein Vater demütigte mich vor seinen Besuch, er nannte mich faul und zu nichts zu gebrauchen. Ich musste Getränke und Brötchen servieren und hatte panische Angst, dass mir etwas runterfiel. Ich fürchtete die verbalen Attacken meines Vaters. Sein Bruder fand es lustig wie mich mein Vater behandelte, sie lachten, weil ich so ungeschickt war und zitterte. Ich musste mich beherrschen nicht zu weinen, mein Herz weinte, aber mein Mund lächelte. Einen Arbeitskollegen meines Vaters tat ich leid, er war der einzige Mensch, der Mitgefühl zeigte. Er sagte zu meinem Vater er soll mich doch nicht so abwerten, ich sei doch ein braves, liebes Kind. Mein Vater war entrüstet und sagte zu ihm, er hätte keine Ahnung wie dämlich ich sei. Der Kollege schwieg und ich schämte mich. Er besuchte uns nie wieder.
Zu Weihnachten wurden Fotos gemacht. Ich unter dem Weihnachtsbaum. Auch da musste ich lächeln. Auf allen Kinderfotos ein fröhliches Lächeln, es schien als hatte ich eine schöne Kindheit. Es fiel mir schwer zu lachen, ich war ein unglückliches, verletztes Mädchen. Als ich meiner Mutter zum Muttertag ein Herz aus Papier bastelte, war ich sehr stolz auf mein Geschenk. Ich fand es wunderschön. Meine Mutter war anderer Meinung, sie betrachtete es kurz und legte es zur Seite. Später fand ich das Herz im Müll. Ich nahm es heraus und versteckte es hinter meinen Büchern. Wieder hatte meine Seele eine weitere Narbe bekommen.
In der Schule war es nicht anders. Ich wurde von den Mitschülern ausgeschlossen und gedemütigt. Sie nannten mich dumm und ich schwieg. Auch die Lehrerin nannte mich einen Dummkopf. Sie holte mich nach vorne zur Tafel und ich schwieg. Ich schwieg, weil ich Angst hatte. Angst vor der Lehrerin und vor den Schülern. Ich wollte mich nicht blamieren, also verstummte ich. Trotzdem war ich eine gute Schülerin. Bei den schriftlichen Schularbeiten bekam ich immer sehr gute Noten. Aber vor der Klasse, bei mündlichen Abfragen schwieg ich, obwohl ich alles wusste. Die Angst vor einer möglichen Demütigung ließ mich stumm werden. Ich quälte mich durch die Schulzeit und hatte nur eine Freundin. Sie stotterte und wurde, genau wie ich, von den anderen gemieden und ausgeschlossen. Wir verstanden uns gut und redeten nur, wenn wir alleine waren. Wenn wir redeten, stotterte sie nicht. Sonst schwiegen wir und wurden als die zwei Dummen bezeichnet.
Nach der Schulzeit begann ich eine Ausbildung als Goldschmiedin. Ich arbeitete in einer großen Halle, wir saßen an langen Tischreihen nebeneinander und fertigten Schmuckstücke. Es war laut in der Schmuckfabrik, also schwiegen wir. Auch in der Pause redete kaum jemand. Ich war froh, dass niemand sprach und ich nicht reden musste.
Wir hatten einen Ausbildner, der uns Frauen oft betastete. Eigentlich war dieser Ausbildner das einzige Thema über das in der Pause gesprochen wurde. Er war ein älterer, autoritärer Mann ohne Manieren. Er berührte uns an den Schultern und an der Brust, wenn er die Schmuckstücke kontrollierte. Er verhielt sich so, als bemerkte er es nicht, wenn er jemanden anfasste. Im Sommer wurden seine Übergriffe unerträglich. Es war heiß in der Halle und wir trugen Röcke und leichte Blusen. Er fasste uns ans Knie und schob die Röcke nach oben. Wenn er kam, pressten wir alle die Beine zusammen, damit er uns nicht zwischen die Beine greifen konnte. Alle ließen sich seine Berührungen gefallen. Es wurde erzählt, dass man, wenn man sich wehrte oder sich bei der Geschäftsleitung beschwerte, die Kündigung erhielt. Viele Frauen waren älter und arbeiteten als Hilfskräfte. Die wenigen, jungen Mädchen waren in der Ausbildung. Alle verließen nach Abschluss die Schmuckfabrik. Die alten Frauen blieben.
Der Ausbildner stand oft hinter mir. Er zeigte mir das Löten und berührte meine Brüste, ganz leicht, ein Hauch einer Berührung, aber stark genug um es zu spüren. Es widerte mich an, wie er sie anfasste. Ich arbeitete weiter, reagierte nicht auf seine grapschenden Hände und schwieg. Er beugte sich über mich und betastete mich. Jeder sah es, keiner tat etwas und ich ließ es zu. Ich schämte mich vor den anderen Frauen. Keiner sah mehr zu mir, jeder hatte den Kopf gesenkt. Dann ging er wieder die Tischreihe entlang. Die Frauen sahen mich an und arbeiteten weiter. Jede war ihm ausgeliefert.
Eines Tages kam er nicht. Wir vermuteten, dass er im Urlaub war. Erst nach einer Woche hörten wir, dass er krank war. Nach mehreren Wochen ging das Gerücht um, er hätte Krebs und nicht mehr lange zu leben. Alle hofften, dass er lange nicht kommen würde. Er kam nie wieder.
Das Betriebsklima änderte sich langsam. Die Frauen wurden fröhlicher, manche summten bei der Arbeit ein Lied. Meine Kolleginnen wurden gesprächiger und ich wurde entspannter. Ich hatte die Hälfte meiner Ausbildung hinter mir, aber niemand lernte uns die Schmuckbearbeitung. Die älteren Frauen, die den Schmuck teilweise maschinell herstellten, brauchten keinen Ausbildner, wir vier Mädchen in der Ausbildung jedoch schon. Endlich suchte die Firma wieder einen Ausbildner. Eine Frau aus der Personalabteilung kam in die Halle und holte uns Mädchen in den Pausenraum. Sie erklärte uns, ein Stück der Halle würde abgeteilt und zu einer Ausbildungsstätte umgebaut. Wir würden in Zukunft in diesem Teil der Fabrik arbeiten. Der neue Ausbildner will das so. Dann entließ sie uns wieder an unseren Arbeitsplatz. Wir Mädchen waren unglaublich aufgeregt und erzählten den Frauen die Neuigkeit. In zwei Wochen war der Umbau fertig und wir bezogen unseren neuen Arbeitsplatz.
Und dann kam der neue Ausbildner, ein attraktiver, junger Mann. Wir waren erleichtert, weil er sich uns gegenüber freundlich verhielt. Er hieß Benjamin, aber wir durften ihn mit Ben anreden. Ben war sehr nett und ausgesucht höflich. Er erkundigte sich über unseren Ausbildungsstand und ließ uns ein eigenes Schmuckstück anfertigen. Wir erfuhren, dass er Goldschmied und Schmuckdesigner ist und bei einem bekannten Unternehmen gearbeitet hat. Wie er zu uns gefunden hatte, wusste keiner. Ben begutachtete unsere Arbeiten und lobte uns. Wir mochten ihn und fühlten uns zunehmend wohl in unserer kleinen Werkstatt. Ich bemerkte, dass ich mich immer öfter danach sehnte, dass er mich berühren würde, so wie sein Vorgänger. Doch Ben war sehr distanziert. Er berührte nicht einmal meine Finger, wenn er mir etwas zeigte. Ich hatte mich in Ben verliebt. Ich verzehrte mich nach ihm, mit jedem Wort, jeder Aufmerksamkeit und jeder Geste von ihm, verliebte ich mich noch mehr. Doch Ben suchte keinen körperlichen Kontakt.
Ich war siebzehn und hatte noch keine sexuelle Erfahrung, diese wollte ich mit Ben erleben, aber er schien sich nicht für mich zu interessieren. In der Nacht, in meinem Bett, stellte ich mir vor, wie Ben mich küsste und streichelte und ich bemerkte wie es mich erregte. Immer und immer wieder, er küsste mich zärtlich und streichelte mich, in einer Endlosschleife küsste und streichelte er mich. Ich spürte seine Hand an meinem Körper, aber es waren meine Hände die mich berührten. In der Arbeit schämte ich mich und hoffte, er würde meine Gefühle für ihn nicht bemerken. Jede Nacht das gleiche Spiel. Seine Hände an meinen Lippen, an meinen Körper und wenn ich erregt war an meinen Brüsten. Monatelang streichelte ich mich, nie weiter als bis zum Nabel. Ich hatte noch nie einen Freund und ich war immer noch ungeküsst. Ben sollte der Erste sein, der mich küsste. In meinen Träumen tat er es auch.
In der Arbeit war ich ehrgeizig, jedes Lob und jede Bemerkung von ihm, interpretierte ich als Zuneigung. Ich war sicher er mochte mich, er war freundlich, aber distanziert. Meine Lieblingsarbeit war das gravieren von Ringen. Jeden Tag gravierte ich Datum und Namen in Eheringe. Verschiedene Schriften, verschiedene Materialen, verschiedene Größen, aber alles Ringe der Liebe. Ich nannte sie immer Ringe der Liebe, täglich bearbeitete ich mindestens ein Ringpaar der Liebe.
Und dann kam dieser Auftrag der meine Träume zerstörte. Schöne goldene Ringe, der achte Mai 1990, Benjamin und Lisa. Ben, mein Ben, gab diesen Auftrag. Er heiratete in zwei Monaten diese Lisa. Diese Lisa, erfuhr ich, war die Tochter des Chefs der Schmuckfabrik. Ich zitterte als ich die Ringe in die Graviermaschine einspannte. Benjamin und Lisa 08.05.1990 das Hochzeitsdatum in den Ringen der Liebe. Wie oft hatte ich davon geträumt meinen Namen einzugravieren. Sarah! Ben und Sarah. Das Datum unbekannt, in meinen Träumen küssten und streichelten wir uns immer noch. Aus und vorbei, der Traum von Ben, geplatzt wie eine Seifenblase. Ich legte die gravierten Ringe in das Auftragssäckchen zurück, ich war unendlich traurig. Zuhause heulte ich wie ein kleines Kind, ich verzehrte mich nach Ben, doch er wollte mich nicht.
Ich gratulierte Ben zu seiner bevorstehenden Hochzeit und er sah mich zärtlich an. So zärtlich, dass ich hoffte er würde die Hochzeit absagen. Merkte er nicht wie ich mich nach ihm sehnte und spürte er meine Liebe nicht?
Die Hochzeit fand statt, das Hochzeitsfoto hing im Pausenraum. Alle bestaunten es, Ben und Lisa und die ganze Unternehmensleitung. Ben und sein Schwiegervater auf den Fotos, Benjamin würde sein Nachfolger werden und die Firma übernehmen, erzählte man sich. Ich war ein kleines Rädchen in der Firma, was bildete ich mir ein diesen Ben zu kriegen, er wollte mehr, er war ehrgeizig, er wollte Lisa. Nicht mich, Lisa und die Firma, das war sein Ziel, nicht ich, eine bedeutungslose Schmuckarbeiterin. Ich war so naiv. In meinen Träumen hob ich mich auf für Ben, sah keinen anderen Mann an, nur Ben war mein Ziel. Ich hatte das Ziel verfehlt, gewaltig verfehlt. Ich schämte mich für meine Dummheit.
Im Sommer war ich mit meiner Ausbildung fertig. Ich hatte mich durch die Monate gequält, jeden Tag den Mann meiner Träume vor meinen Augen, verheiratet und unerreichbar. Wir feierten unseren Abschluss im Pausenraum und prosteten uns mit Fruchtsaft zu. Ich wollte mir bald einen neuen Job suchen, Goldschmiede waren gefragt. Ben stieß mit seinem Glas an mein Glas und dann küsste er mich auf die Wange. Ich war so überrascht, dass ich errötete. Er sah mich zärtlich an, ich senkte die Augenlider und war sprachlos. Er hatte mich geküsst, er liebte mich. Ich war glücklich. Wieder flammte die Liebe zu ihm heftig auf und ich blieb in der Firma.
Zuhause litt ich immer noch unter der Strenge meiner Eltern. Ich durfte nie ausgehen und musste nach der Arbeit sofort heimkommen. Oft sperrte mein Vater mich in mein Zimmer ein. Er wollte mich unter Verschluss halten, sagte er und lachte. Oft verließ er das Haus und ließ mich eingesperrt. Meine Mutter akzeptierte sein Tun. Er genoss diese Macht über mich. Wenn er heimkam und ich war nicht in meinem Zimmer, weil mich meine Mutter für Arbeiten brauchte, schrie er, warum sie seine Autorität untergräbt und mich frei ließ. Mutter besänftigte ihn und erklärte, sie benötige mich für die Hausarbeit. Ich musste seine Hemden bügeln und sonstige Arbeiten verrichten. Manchmal musste ich sein Auto zu waschen. Ich hatte panische Angst, dass ich es nicht gut genug machte und er noch Schmutzspuren fand. Immer noch prügelte er mich, obwohl ich die Hälfte meines Verdienstes an ihn abgeben musste. Für Kost und Wohnen sagte er. Ich aß immer in der Arbeit, nur am Wochenende daheim und die Miete der Wohnung musste er sowieso bezahlen. Es war einfach nur eine weitere Demütigung, mir mein Geld wegzunehmen. Ich hatte keine Freundinnen und keinen Freund. Wie auch, ich war in der Arbeit oder Zuhause. Ich durfte meine Freizeit nicht draußen verbringen. Ich war meistens eingesperrt und ich fühlte mich sehr einsam. Ich hatte meine Arbeitskolleginnen mit denen ich kaum redete und Ben, der nicht mir gehörte. Ich lebte nicht, ich funktionierte.
Kurz vor meinem achtzehnten Geburtstag suchte ich mir eine möblierte Wohnung. Ich wollte keinen Tag als nötig bei meinen Eltern leben. An meinem Geburtstag unterschrieb ich den Mietvertrag und ich verdiente jetzt als Fachkraft wesentlich mehr. Es war ein tolles Gefühl, ein Gefühl der Unabhängigkeit.
Statt mir zum Geburtstag zu gratulieren, forderte mein Vater die Hälfte meines jetzt höheren Lohnes. Ich sollte ihm den Betrag monatlich auf sein Konto überweisen. Ich nickte nur, wissend dass dies nie passieren würde. Heimlich packte ich am Abend meine Sachen, nur persönliche Dinge, die ich mir selbst gekauft hatte, wie Kleidung und Bücher. Ich besaß nicht viel, aber es gehörte mir. Alles andere ließ ich zurück, ich wollte nicht an meine Kindheit erinnert werden. Nur mein bester Freund Pezi durfte mit. Der Bär erinnerte mich an die schönen Stunden, die ich mit ihm verbrachte und in denen er mich tröstete und beschützte. Ich transportierte die Sachen am nächsten Morgen in meine kleine Wohnung, in der Nähe der Fabrik.
Mit Herzklopfen und furchtbarer Angst, fuhr ich nach der Arbeit nochmals in die Wohnung meiner Eltern zurück um Abschied zu nehmen. Ich legte den Schlüssel ihrer Wohnung auf den Tisch und sagte.
„Ich bin ausgezogen.“
Ich stellte sie einfach vor vollendete Tatsachen. Es war eine Situation die nur Minuten dauerte. Mein Vater schrie.
„Du bleibst hier, das lasse ich nicht zu, ich werde dich von der Polizei zurückholen lassen!“
Ich schüttelte den Kopf, Mutter stand da und sagte nichts. Vater hob die Hand und wollte mich schlagen, aber ich war darauf vorbereitet, rannte zur Eingangstür und schlug sie mit voller Wucht zu. Es war wie ein Befreiungsschlag.
Ich wusste, dass er es hasste, wenn ich die Tür laut zuschlug und ich wusste, dass er nicht das Recht hatte, mich zurückzuholen. Ich war volljährig und konnte mein Leben selbst bestimmen. Ich war mein eigener Herr. Ich hatte mich befreit von einem Diktator der mich achtzehn Jahre lang quälte und verprügelte. Er hatte seine Macht vollkommen verloren. Es war eine große Last die von mir abfiel. Ihre geschockten Gesichter und die Entgleisung meines Vaters, indem er Macht demonstrierte und ins Leere schlug, erfüllten mich mit Genugtuung. Sie hatten niemanden mehr den sie tyrannisieren konnten. Ich hatte in ihrer Obhut nie Rechte, sondern nur Pflichten. Ich musste mich ihren Launen beugen, mich verbiegen und ihre Misshandlungen erdulden. Jetzt hatten sie niemanden mehr den sie verprügeln, abwerten oder verletzen konnten. Es war eine unglaubliche Erleichterung sie aus meinem Leben zu streichen. Sie hatten aufgehört zu existieren. Ich genoss die Friedlichkeit und die Ruhe die mich in meinem neuen Nest, in meinem eigenen Reich, empfing.
Niemals wieder Angst! Ich war frei!
Jeder freute sich auf die Weihnachtsfeier, wir überlegten was wir anziehen sollten und ich freute mich auf Ben. Ich konnte heimkommen wann ich wollte, ohne dafür verprügelt zu werden. Ich würde das Leben auskosten und bis zum Schluss auf dieser Feier bleiben. Ich liebte diese ungewohnte Freiheit und musste niemanden mehr Rechenschaft ablegen. Mein Leben war leichter, unbeschwerter und angstfrei geworden. Ich war erstmalig froh, auf dieser Welt zu sein. Vielleicht würde Ben mit mir tanzen. Sein Kuss auf die Wange hatte sich nicht mehr wiederholt, auch nicht, als er mir zum Geburtstag gratulierte. Ich war achtzehn Jahre alt und immer noch ungeküsst. Ich wollte einen richtigen Kuss, so wie es Liebende tun, einen Kuss mit dem Mund und mit der Zunge. Ich liebte Ben und wollte keinen anderen.
Die Weihnachtsfeier war sehr vornehm. Der Chef hatte ein nobles Restaurant ausgewählt, wir waren alle beindruckt. Keine der Schmuckarbeiterinnen hatte je in einem so teuren Restaurant gegessen. Ben saß bei seinem Schwiegervater an einem anderen Tisch, Bens Frau war nicht gekommen. Nach dem Dinner gingen wir in einen nahen Tanzclub, auch dort waren Tische für uns reserviert. Wir waren ausgelassen, einige schon leicht betrunken. Ben forderte mich zum Tanz auf und zum ersten Mal berührten sich unsere Körper. Ich schmiegte mich an ihn und er zog mich zu sich. Ich spürte seinen Atem und roch sein Rasierwasser. Noch nie war ich Ben so nah. Eifersüchtig sah ich ihn auch mit den anderen tanzen, es tat weh ihn engumschlungen tanzen zu sehen. Der Chef verließ als Erster die Weihnachtsfeier und langsam verabschiedeten sich meine Kolleginnen. Ich harrte aus, bis nur noch Ben und ich am Tisch saßen. Es war bereits zwei Uhr morgens und Ben fragte mich, ob er mich nach Hause fahren sollte. Ich nickte und errötete. Ich war aufgeregt, als ich mit Ben zum Auto ging. Galant öffnete er mir die Autotür und ich stieg zitternd ein. Ben und ich ganz alleine in seinem Auto, würde er mich endlich küssen oder würde er weiter distanziert sein? Er startete den Motor und fuhr die Straßen entlang, ich konnte mich in der Dunkelheit nicht orientieren. Er sprach kein Wort und ich war so nervös, dass ich auch nichts sagte. Dann bog er von der Fahrbahn in einen schmalen Feldweg ein, schaltete die Scheinwerfer aus und stellte den Motor ab. Es war sehr dunkel und ich war wie gelähmt, schwieg und tat nichts. Ich spürte seine tastenden Hände an meinen Beinen, dann schob er mir den Rock hoch. Er beugte sich über mich und hantierte am Beifahrersitz. Mit einem Ruck stellte er die Lehne um, ich lag jetzt bewegungslos auf dem Sitz und wartete auf einen Kuss oder auf streichelnde Hände, so wie ich es mir in meinen Träumen vorgestellt hatte. Ich spürte fordernde Hände zwischen meinen Beinen und ein hastiges ziehen an meiner Strumpfhose, dann an meinen Höschen. Immer noch war ich wie erstarrt, als er in mich eindrang. Es war wie ein Stich zwischen meinen Beinen, wie ein heftiger, schmerzvoller Stich eines harten, viel zu großen Gegenstandes. Ich stöhnte vor Schmerzen laut auf. Ben bewegte sich auf und ab, er stöhnte und ich biss die Zähne zusammen um nicht zu schreien. Jeder Stoß ein wiederkehrender Schmerz, immer und immer wieder, bis er stöhnend auf mir lag. Dann tastete er in der Dunkelheit nach dem Lichtschalter im Auto und holte sich Taschentücher aus einem Fach. Er sah mich nicht an, als er mir auch ein Taschentuch reichte. Zitternd nahm ich das Tuch und presste es zwischen meine Beine. Als er seinen Penis abwischte, sah er das Blut. Mein Blut, ich sah seinen schockierenden Blick, dann sah er mich an.
„Ach Sarah, warum hast du mir nicht gesagt, dass du deine Tage hast, sieh dir das an, diesen Blutfleck auf meinem Sitz.“
Er klang verärgert, fast aggressiv, ich erwiderte.
„Ich habe meine Tage nicht, ich bin noch Jungfrau!“
In seinen Augen sah ich Unverständnis, er sprach leise.
„Das kann doch nicht sein, du bist doch schon achtzehn!“
Verzweifelt suchte ich nach Worten.
„Ich habe mich aufgehoben, für den Mann den ich liebe, ich bin“, ich stockte und korrigierte mich, „ich war noch Jungfrau!“
Plötzlich musste ich weinen und Ben nahm mich sanft in die Arme. Ich lehnte mich an ihn und schluchzte. Er streichelte mich und ich weinte. Dann schob er mich weg und zog sich die Hose hoch. Ich legte ein Taschentuch in mein Höschen um das Blut aufzusaugen und schob meinen Rock hinunter. Ben stellte die Lehne wieder gerade und startete den Motor. Ich saß schweigend und verwirrt neben ihm. Das war also mein erstes Mal. Ich hatte es mir anders vorgestellt, diesen besonderen Moment. Er nahm mir meine Unschuld und die romantische Vorstellung von meiner ersten sexuellen Erfahrung. Das war also der Sex, den Männer offensichtlich wollten. Schnell und ohne Zärtlichkeit und danach Schweigen. Meine Tränen flossen wieder in der Dunkelheit als mich Ben nach Hause fuhr. Ich stieg schweigend aus dem Auto und ging ohne mich umzudrehen ins Haus. Ben, meine große Liebe fuhr davon.
Das ganze Wochenende kreisten meine Gedanken um den Freitag, an dem ich meine Unschuld an einem Mann den ich liebe, verloren hatte. Aber warum schlief er mit mir, warum? Liebte er mich doch? Aber er küsste mich nicht, warum gab er mir nicht den ersehnten Kuss? Wie würde er am Montag in der Arbeit reagieren, nachdem er Lisa betrogen hatte? Die Fragen quälten mich die Tage und die Nächte. Dort wo meine Jungfräulichkeit verloren ging, tat alles weh, es war empfindlich und brannte. Doch ich spürte ihn immer noch in mir, schmerzhaft im Körper und in meinem Herz. Ich hatte Angst vor unserer ersten Begegnung in der Fabrik, furchtbare Angst.
Am Montagmorgen in der Arbeit, kam eine Kollegin auf mich zu und sagte, Ben will mich in seinem Büro sprechen. Ich nickte und stand auf, meine Beine zitterten, als ich von der Halle in das Büro ging. Ben saß hinter seinen Schreibtisch und deutete auf einen Stuhl. Ich setzte mich und sah ihn nicht an. Er beugte sich über den Tisch, ganz nah zu mir und sprach leise. „Ich bedauere was passiert sei. Die Umstände waren mir nicht bekannt und du weißt, dass ich verheiratet bin.“
Ich sah auf und fragte.
“Welche Umstände meinst du?“
„Ich konnte doch nicht ahnen, dass du noch unberührt bist, wenn man dich ansieht glaubt man doch nicht, dass du keine sexuelle Erfahrung hast. Du mit deiner weiblichen Figur, ich dachte du hattest schon mehrere Männer und du zeigst dich nur so unschuldig.“
Ich schüttelte beschämt den Kopf. Er hatte mich völlig falsch eingeschätzt, er musste meine Unerfahrenheit doch bemerkt haben. Er stand auf, kam nah zu mir und legte die Hand auf meine Schulter, dann flüsterte er.
„Das muss unter uns bleiben und niemand darf etwas erfahren. Ich nickte und Ben sprach weiter.
“Ich würde dich gerne wiedersehen, jeden Freitag, willst du das auch?“ Wieder nickte ich, er sagte.
„Gut, in der Arbeit benimm dich wie immer und du musst mich auch siezen, am Freitag darfst du mich duzen. Ich nickte wieder, er streichelte über mein Gesicht und ich ging.
Ich wurde Bens heimliche Geliebte. Jeden Freitag spielte er mit seinen Bruder Tennis. Danach kam er zu mir. Sein Bruder wusste von seiner Liebschaft mit mir und gab ihm ein Alibi für die kurzen Stunden in meiner Wohnung. Ben führte mich behutsam in die körperliche Liebe ein. Ich verkrampfte mich, wenn er mich auszog und ich nackt vor ihm lag. Ich brauchte lange um mich zu entspannen, die Schmerzen beim ersten Mal ängstigten mich noch immer. Ben hatte Geduld, er küsste mich und streichelte mich, aber nie an meinen erogenen Zonen. Er zog mich aus und küsste und berührte mich. Ben zog sich nie aus. Er streichelte mich solange, bis ich mich entspannte. Dann hörte er auf und ging. Zwei Monate küsste und streichelte er mich, mehr nicht. Dann fing er an mich an den Brüsten zu streicheln, ganz sanft, er strich mit dem Zeigefinger darüber, immer und immer wieder, bis es mich erregte. Ich atmete schneller und fing an, ihn zu streicheln. Sein Körper war hart und ich spürte die Konturen seiner Armmuskeln. Ich küsste ihn leidenschaftlich und streichelte ihn am Hals. Ich griff unter sein Shirt, er schob mich weg, stand auf und ging. Jeden Freitag das gleiche Spiel, er streichelte mich bis zur Erregung und ging. Seine Frau war nie ein Thema zwischen uns, er kam, war zärtlich und ging wieder. Nie sprach er über sie und nie fragte ich nach ihr. Ich war sicher, die Zärtlichkeiten gab er nur mir. Nach weiteren zwei Monaten war ich so erregt, dass er mich nahm. Es tat nicht weh, er war sanft und vorsichtig und er war, bis auf seine geöffnete Hose angezogen.
Wir liebten uns jede Woche und ich liebte ihn und seine Hände. Hände die streichelten, nicht schlugen. Hände die zärtlich waren. Lippen die mich küssten. Meine Träume hatten sich erfüllt.
Die Wochen vergingen, er kam jede Woche am Freitag immer zur gleichen Zeit. Ich lebte für diesen einen Tag.
Die Wochenenden waren nicht gut. Ich sehnte mich nach Ben und seinen Händen und hoffte, er würde zu mir kommen. Er kam nie. Nie, außer am Freitag und dieser Freitag wurde mein Lieblingstag und gleichzeitig der traurigste Tag, wenn er mich nach zwei Stunden kurz vor Mitternacht, wieder verließ. Ich versuchte, ihn bei der Arbeit zu sprechen oder zu sehen, aber das war kaum möglich. Seit dem Abschluss meiner Ausbildung saß ich wieder in der Halle bei den anderen Kolleginnen. Die Firma hatte einen neuen Ausbildner engagiert und Bens Büro lag im ersten Stock neben dem Chefbüro. Ben stieg zum Juniorchef auf und bekam eine eigene Sekretärin. Ohne Termin konnte man nicht zu Ben ins Büro und ich sah ihn kaum. Ich hoffte, dass er mich anrufen oder besuchen würde, aber er kam immer nur am Freitag. Unser Verhältnis dauerte bereits sechs Monate. Ich sehnte mich nach ihm und fing an Forderungen zu stellen. Ich wollte ihn telefonisch erreichen können und öfters treffen. Ben winkte ab. Ich müsste doch verstehen, dass unser Geheimnis nicht publik werden darf. Aber ich hörte nicht auf ihn zu bedrängen. Jedes Mal, wenn er kam und mit mir schlief fragte ich ihn, ob er nicht einmal mit mir spazieren gehe oder ins Kino. Vielleicht auch in ein Restaurant. Ben blieb stur, es wäre zu gefährlich, aber ich gab nicht auf und fragte ob er nicht einmal die ganze Nacht mit mir verbringen könnte. Ich wollte in seinen Armen einschlafen und aufwachen, mit ihm frühstücken und den Tag verbringen. Das was verliebte Paare gemeinsam taten. Mein Leben bestand aus Arbeit, den Freitag und warten. Ich wartete auf den Freitag und auf ihn. Ich blieb zu Hause und wartete, vielleicht würde er anrufen oder kommen. Ich wartete vergeblich. Aber immer wieder drängte ich ihn, er sollte mehr Zeit mit mir verbringen. Und schließlich gab er nach.
Bens Schwiegervater erkrankte und Ben musste alleine zu einer Schmuckmesse in eine andere Stadt fahren. Es waren zwei Einzelzimmer gebucht und Ben stornierte das Zimmer seines Schwiegervaters nicht, sondern lud mich ein mitzufahren. Ich war glücklich als wir die Stadt verließen, Ben und ich im Auto zu einer zweistündigen Reise zur Schmuckmesse. Endlich durfte ich ein ganzes Wochenende mit ihm verbringen, die ganze Nacht und zwei lange Tage, ich war so aufgeregt. Ich liebte ihn mit jeder Faser meines Körpers, ich betete ihn an und war so glücklich mit ihm alleine zu sein. Wir hörten uns im Autoradio Liebeslieder an und Ben lächelte mich an. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und wünschte die Autofahrt würde nie enden. Ich träumte, wie wir engumschlungen die Messe besuchen würden, Kaffee tranken und uns am Abend liebten. Ich schwebte wie auf Wolken und war unendlich glücklich.
Ben besuchte die Messe alleine, er konnte mich seinen Geschäftspartnern nicht vorstellen und ich müsste das doch verstehen, sagte er. Ich nickte und vertrieb mir die Zeit im Hotel mit fernsehen. Aber die Nacht würde er mir gehören, die ganze Nacht. Wir würden uns lieben und das Frühstück im Zimmer einnehmen. In meinem Zimmer stand ein Doppelbett. Die Wahl unserer Liebesnacht fiel daher auf mein Zimmer. Ich malte mir unsere Liebesnacht in den schönsten Farben aus, er würde mich streicheln, küssen und die ganze Nacht lieben und dann würde ich in seinen Armen einschlafen und gemeinsam wieder aufwachen. Ich wartete auf ihn und träumte vor mich hin. Immer wieder sah ich auf die Uhr und wurde zunehmend unruhiger, weil er immer noch nicht bei mir war.
Ben kam spät in der Nacht. Er war betrunken, stürzte auf mein Bett und schlief sofort ein. Ich lag neben ihm, mit meinen neu gekauften Dessous und betrachtete Ben. Er im feinen Anzug völlig betrunken und schnarchend. Unsere erste gemeinsame Nacht hatte ich mir anders vorgestellt. Am Morgen wachte er völlig verkatert auf. Ben duschte, trank einen Kaffee und fuhr wieder in die Messehalle. Ich blieb im Zimmer und aß das Frühstück für zwei Personen. Dann wartete ich auf Ben, der mich kurz vor Mittag abholte. Bei der Heimfahrt machte ich ihm Vorwürfe und er schwieg. Als ich ihn fragte ob er auch mit Lisa schlief, reagierte er verärgert und antwortete, natürlich würde er mit Lisa schlafen und ob ich noch nie von ehelichen Pflichten gehört habe und der Alte, so nannte er den Chef, will einen Erben. Ich sagte zu ihm, dass ich dachte, er würde der Firmenerbe werden. Ben wurde wütend und drohte mir, unser Verhältnis zu beenden, wenn ich nicht aufhören würde ihn zu bevormunden und so brachte er mich zum Schweigen. Ich hatte Angst ihn zu verlieren, ich liebte ihn so sehr. Die Woche darauf sagte er den gemeinsamen Freitag ab. Ich litt vor Sehnsucht und hoffte, er würde nächsten Freitag wiederkommen. Ich durfte ihn nicht wieder verärgern.
Ich hatte von der Weihnachtsfeier ein Foto, worauf Ben abgebildet war. Er sah darauf nicht sehr vorteilhaft aus, aber das war mir gleichgültig. Für mich war er mein Traummann. Täglich sah ich mir sein Foto an, ich hielt es an mein Herz, küsste es und war so verliebt.
Ben fing mit einem Spiel an, das mich noch enger an ihn band. Er änderte ständig seine Laune, ich wusste nie in welcher Stimmung er zu mir kam. Er war unglaublich zärtlich und dann wieder unbeherrscht. Ich versuchte alles um ihn nicht zu reizen, ich las ihm jeden Wunsch von den Augen ab. Er kaufte mir Blumen und schwor mir ewige Liebe. Dann wieder kam er nicht und ich weinte, weil ich mich nach ihm sehnte. Manchmal schlief er mit mir ohne mich zu küssen oder zu streicheln. Ich versuchte immer lieb zu sein, nur damit er lieb zu mir war. Meinen zwanzigsten Geburtstag verbrachte ich alleine zu Hause. Ben schien meinen Geburtstag vergessen zu haben. Es kränkte mich, aber ich schwieg.
Im Pausenraum erzählte man, dass Lisa schwanger sei. Ich war erschüttert, weil ich es zufällig von den Kolleginnen erfuhr und nicht von Ben. Endlich bekommt der Chef den ersehnten Enkel, sagten sie. Ich rannte auf die Toilette, mir war richtig übel geworden. Ich spürte mein Herz schlagen und die Wut in mir hochsteigen. Ben hätte es mir doch anvertrauen können! Ich ging wieder in die Halle zurück. Ich war so enttäuscht von Ben, dass ich ihn nicht mehr sehen wollte. Wie konnte er mich nur so hintergehen und meine Liebe so ausnützen. Ich weinte über mein Leben und weil Ben Vater werden würde. Ich fing an, Bewerbungen an Firmen zu schreiben. Ich wollte keinen Tag als nötig in dieser Fabrik bleiben. Als Ben wie üblich am Freitag kam, öffnete ich die Tür nicht. Er läutete mehrmals, rief meinen Namen und klopfte. Ich stand hinter der Tür und verzehrte mich nach Ben, aber der Schmerz der Enttäuschung war stärker als die Liebe zu ihm. Nächsten Tag rief er mich an und machte mir Vorwürfe, weil ich ihm nicht geöffnet hatte. Ich sagte, ich wäre nicht zu Hause gewesen und konnte ihn wegen Lisa telefonisch nicht erreichen und er hatte mir verboten, ihn anzurufen. Ich sagte, es wird jetzt wohl noch schwieriger werden ihn zu erreichen, nachdem Lisa ein Baby bekommt. Ben schwieg. Ich erklärte ihm, wir könnten uns die nächsten drei Wochen nicht sehen, ich habe mir Urlaub genommen und werde wegfahren. Ben wurde wütend und fragte mit wem ich in den Urlaub fahre. Ich erklärte, dass ich ihm das nicht sagen werde, mir wurde auch nicht gesagt, dass er Vater werde. Ben schwieg und ich legte den Hörer auf. Kurz darauf fand ich eine Stelle bei einem Juwelier in der Nähe meiner Wohnung. Ich kündigte in der Schmuckfabrik ohne es Ben mitzuteilen. Meinen Urlaub verbrachte ich alleine zu Hause. Ich weinte um die verlorene Liebe zu Ben und stopfte mich mit Schokolade voll. Ich war sehr schlank, aber ich nahm in diesen drei Wochen vier Kilo zu.
Nach dem Urlaub räumte ich in der Fabrik meinen Arbeitsplatz, Ben sah mich und zitierte mich in sein Büro. Ich wollte keinen Aufstand vor meinen Kollegen inszenieren und ging mit meinen Sachen zu ihm ins Büro. Er hatte von meiner Kündigung erfahren und reagierte anders als ich erwartete. Er liebte mich doch und ich fehlte ihm und er litt, weil er mich drei Wochen nicht sehen konnte. Sogar von Scheidung sprach er. Ich war zuerst überrascht und dann glücklich. Ben liebte mich noch und ich willigte ein, mich wieder mit ihm zu treffen. Ich hatte zugenommen, mein Körper war kurviger geworden und meine Brüste größer. Ben schien es zu gefallen. Er streichelte und küsste mich und der Sex war leidenschaftlicher. Jeden Freitag liebten wir uns, es waren zwei Stunden voller Zärtlichkeit.
An einem Freitag kam Ben mit einer Flasche Sekt. Er will mit mir die ganze Nacht verbringen, sagte er. Ich war glücklich. Wir tranken Sekt und liebten uns die ganze Nacht. Es war schön in seinen Armen einzuschlafen und wieder aufzuwachen. Die ganze Nacht gehörte er mir. Früh am Morgen verließ er mich und kam am Abend wieder. Wieder liebten wir uns leidenschaftlich, die ganze Nacht, ich war so glücklich. Ich freute mich, den Sonntag mit ihm zu verbringen, aber dann holte er mich wieder aus meinen Träumen. Er erklärte mir, dass er am Freitag Vater von einem Mädchen geworden war und darum konnte er zwei Nächte mit mir verbringen. Ich war fassungslos! Lisa lag im Spital und gebar sein Kind und er vergnügte sich zwei Nächte mit mir. Aber dann war es mir egal, Lisa war mir egal, Ben gehörte zu mir, wir waren füreinander bestimmt.
Ich fragte Ben ob er Lisa lieben würde und er antwortete, in gewisser Weise schon, sie war schließlich die Mutter seiner Tochter. Aber mich würde er lieben und der Sex mit mir sei aufregend. Mit Lisa war der Sex langweilig. Ich hasste Lisa, weil sie mit Ben verheiratet war und jetzt waren sie eine Familie. Ich war seine Geliebte, die heimliche Geliebte für die Nacht. Und trotzdem liebte mich Ben mehr als Lisa, ich war sicher, dass er das tat. Unser Liebesleben lief weiter, jeden Freitag. Ich nahm nochmals zehn Kilo zu. Ich aß, wenn ich am Wochenende alleine war und ich aß aus Frust, Langeweile und Liebeskummer und wurde immer dicker.
Neben mir zog eine neue Mieterin ein, sie war mir sofort sympathisch. Renate war zweiundzwanzig und sehr lustig. Wir redeten und gingen spazieren, trafen uns im Café und verbrachten viel Zeit miteinander. Renate und ich waren bald unzertrennlich und wir wurden Freundinnen. Nur Freitag sah ich Renate nicht, Ben war wichtiger für mich, Renate akzeptierte das. Mit der Zeit erzählte ich Renate mehr von Ben, auch dass er verheiratet war. Sie konnte mich nicht verstehen, ich wäre doch für ihn nur eine willkommene Abwechslung zu seiner Ehe, sagte sie. Ich glaubte ihr nicht. Sie hörte sich meinen Kummer an, weil Ben Weihnachten mit Lisa verbrachte und sie tröstete mich, weil er wieder meinen Geburtstag vergaß. Als Ben mit Lisa verreiste, fragte ich Renate, ob sie mit mir den Urlaub verbringen wollte. Sie stimmte sofort zu und wir fuhren nach Jesolo.
In Italien nahmen wir uns in einer kleinen Pension ein Doppelzimmer. Wir mussten sparen, weil wir uns Bekleidung kaufen wollten. Renate und ich genossen unseren Urlaub. Wir schliefen am Strand und schwammen viel. Beim Essen hielten wir uns zurück, das ersparte Geld konnten wir in Kleidung investieren. Das Frühstück in der Pension war üppig und die Getränke kauften wir im Supermarkt, nur am Abend gingen wir Pizza essen. Wenn man schon in Italien verweilte, musste man einfach Pizza essen gehen. Wir plünderten die Märkte und bald hatten wir eine ansehnliche Stückzahl von verschiedener Kleidung. Auch der Modeschmuck war für mich sehr begehrenswert. Ich konnte mich für meine Arbeit beim Juwelier inspirieren lassen. Ich dachte nicht an Ben, der Urlaub war so schön, dass ich am Strand nie an ihn dachte. Nur beim Einschlafen sehnte ich mich nach Ben. Wie schön wäre es hier mit Ben engumschlungen zu liegen und nicht neben Renate. Aber ich war dankbar, mit ihr den Urlaub verbringen zu dürfen. Ohne sie wäre ich sicher zu Hause geblieben. Am letzten Tag unserer Abreise gönnten wir uns ein Glas Wein und ich war ein wenig berauscht. Ich mochte keinen Wein, ich trank nie Alkohol, aber Renate bestand auf eine kleine Flasche Rotwein. Er war süß und schmeckte gut. Der Wein steckte in meinen schweren Gliedern und lähmte meine Zunge. Lachend und lallend gingen wir noch zum Strand. Wir hielten uns gegenseitig fest um nicht umzufallen. Am Strand war eine Gruppe junger Italiener, die uns zuriefen mit ihnen zu feiern. Sie sprachen deutsch und kichernd schlossen wir uns der Gruppe an. Eine Flasche Alkohol wurde herumgereicht, ich konnte nicht erkennen was ich trank. Ich nahm nur einen kleinen Schluck, ich wollte mich nicht noch mehr betrinken.