1,99 €
Lieber heute als morgen sähe Amanda von Cohen ihren Bruder Ben mit einer guten Partie verheiratet, denn die Finanzen der Fürstenkinder stehen nicht zum Besten, um nicht zu sagen: kurz vor dem Ruin. Eine Heirat mit einer reichen Erbin wäre die perfekte Lösung, um das Fürstenhaus zu sanieren, und Amanda hat auch schon eine geeignete Kandidatin im Auge.
Stefanie Prinzessin von Gudenthal war schon zu Teenagerzeiten in Ben verliebt, darauf ließe sich doch aufbauen.
Nur leider hat Ben immer noch das Zahnspange tragende Mädchen vor Augen, das sich wie eine lästige Klette an ihn gehängt hat. Äußerst widerwillig fügt er sich deshalb den Plänen seiner Schwester. Das erste Wiedersehen mit Stefanie soll bei einem Ball auf Schloss Gudenthal stattfinden. Aber bevor er sich um die unscheinbare Prinzessin kümmern will, beobachtet er fasziniert eine aufregende Frau auf der Tanzfläche ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2017
Cover
Impressum
Tango mit einem Prinzen
Vorschau
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
© 2016 by Bastei Lübbe AG, Köln
Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin
Verantwortlich für den Inhalt
Titelbild: shutterstock / StockLite
Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam
ISBN 978-3-7325-4239-0
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Tango mit einem Prinzen
Wie sich Stefanie in sein Herz tanzte
Von Katja von Seeberg
Lieber heute als morgen sähe Amanda von Cohen ihren Bruder Ben mit einer guten Partie verheiratet, denn die Finanzen der Fürstenkinder stehen nicht zum Besten, um nicht zu sagen: kurz vor dem Ruin. Eine Heirat mit einer reichen Erbin wäre die perfekte Lösung, um das Fürstenhaus zu sanieren, und Amanda hat auch schon eine geeignete Kandidatin im Auge.
Stefanie Prinzessin von Gudenthal war schon zu Teenagerzeiten in Ben verliebt, darauf ließe sich doch aufbauen.
Nur leider hat Ben immer noch das Zahnspange tragende Mädchen vor Augen, das sich wie eine lästige Klette an ihn gehängt hat. Äußerst widerwillig fügt er sich deshalb den Plänen seiner Schwester. Das erste Wiedersehen mit Stefanie soll bei einem Ball auf Schloss Gudenthal stattfinden. Aber bevor er sich um die unscheinbare Prinzessin kümmern will, beobachtet er fasziniert eine aufregende Frau auf der Tanzfläche …
Amanda von Cohen saß vor dem leeren Kamin und schwenkte ein Glas Wein in der Hand. Er schimmerte honigfarben. Ihre Investitionen hatten nicht den erhofften Geldsegen eingebracht. Die finanzielle Situation war, gelinde gesagt, eine Katastrophe.
So hatten sich ihre Eltern das gewiss nicht vorgestellt, als sie Amanda und ihrem jüngeren Bruder Benjamin Schloss Cohen überlassen und ihnen finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt hatten.
Fürst von Cohen und seine Frau waren vor fünf Jahren in die Karibik aufgebrochen, um sich ihren Lebenstraum zu erfüllen.
Noch einmal ganz von vorne anfangen! Das hatte romantisch geklungen, und Amanda hatte ihre Eltern darin unterstützt, sich eine Strandvilla zu kaufen, alles hinter sich zu lassen, um ihre Liebe zu leben.
Die Eltern hatten diese Entscheidung nie bereut. Sie lebten ein erfülltes, glückliches Leben. Und Amanda gönnte es ihnen von Herzen. Was Fürst und Fürstin allerdings nicht wussten, war die Tatsache, dass Amanda eine Fehlentscheidung nach der anderen getroffen hatte, sodass das Familienvermögen nach und nach erheblich geschrumpft war. Bis auf diesen kläglichen Rest, von dem sie vielleicht noch ein oder zwei Jahre leben konnten.
Auch beruflich hatte sie sich nicht mit Ruhm bekleckert. Sie war als Eventmanagerin tätig, aber ihr Ruf war beschädigt, und es kamen selten Aufträge rein.
Welche Schande, dachte Amanda. Ihre Eltern durften von all dem nichts wissen! Sie wären gewiss sehr enttäuscht, und den Gedanken ertrug Amanda einfach nicht.
Zum Glück sah Benjamin es genauso wie sie und bewahrte Stillschweigen darüber. Wenn Vater oder Mutter anriefen, tat er immer so, als sei alles in bester Ordnung.
Das war es aber ganz und gar nicht. Und allmählich mussten Nägel mit Köpfen gemacht werden! Amandas Blick glitt zu dem kleinen Beistelltisch aus Glas, auf dem ein Adelsmagazin lag. Das Titelbild zeigte eine ihr unbekannte Adlige, vielleicht war es auch nur ein Model, darunter stand die Schlagzeile: »Wer heiratet wen diesen Herbst?«
Amanda schüttelte den Kopf. Als würde das irgendjemanden interessieren. Doch just in dem Moment fiel ihr Blick auf den Umschlag, der direkt neben dem Magazin lag. Es war die Einladung zu einem Fest auf Schloss Gudenthal.
Und da kam ihr plötzlich eine Idee! Eine Idee, die so großartig war, dass Amanda sie sogleich mit Benjamin besprechen wollte!
Sie griff nach ihrem Mobiltelefon und rief den jüngeren Bruder an, der mit Freunden unterwegs war, um die Semesterferien in vollen Zügen zu genießen. Amanda seufzte leise. Ben war ein Draufgänger. Es war ein Wunder, dass er nicht derjenige war, der das Familienvermögen in den Sand gesetzt hatte. Zuzutrauen wäre es ihm allemal gewesen.
»Was gibt es denn, Schwesterherz?«, fragte Ben.
»Ich muss etwas mit dir besprechen. Es ist wichtig. Kannst du heute Abend nach Schloss Cohen kommen?«
»Natürlich. Das ist kein Problem. Ich bin gegen zwanzig Uhr da.«
Und wenige Stunden später saßen sich Amanda und Ben auch schon gegenüber. Erneut vor dem leeren Kamin, der im Winter für eine behagliche Wohlfühlatmosphäre sorgte.
»Ich bin wie versprochen hier. Jetzt bin ich gespannt, was du mit mir besprechen möchtest.«
Amanda musterte ihren Bruder sehr genau und war zufrieden.
Er sah gut aus. Die hellbraunen Haare voll und modern geschnitten, das Gesicht markant, die Schultern breit. Er war siebenundzwanzig Jahre alt, immer noch Junggeselle und ein Frauenmagnet.
»Du bist im Bilde über unsere finanzielle Lage?«, hakte Amanda nach.
Ben nickte bedrückt. »Allerdings. Es kommen ja noch Schulden hinzu. Für die geplante Sanierung am Südflügel von Schloss Cohen.«
Ja, richtig! Das hatte Amanda fast vergessen! Es machte die Lage nur noch schlimmer, aber nicht aussichtsloser.
»Es macht mir oft ein schlechtes Gewissen, dass wir unseren Eltern nicht die Wahrheit sagen können«, sagte Ben. »Aber die Folge wäre, dass sie sofort ihre Koffer packen und hierherkommen würden. Ihren Traum müssten sie dann hinter sich lassen. Das wäre sehr schade, finde ich.«
»Das geht mir genauso. Das kannst du mir glauben. Und du hast recht, ihre Enttäuschung wäre immens, wenn sie die Wahrheit erführen. Sie haben uns die Verantwortung übertragen. Nicht nur für Schloss Cohen und unser Vermögen, wir präsentieren auch die altehrwürdige Familie von Cohen, sind sozusagen ihr Aushängeschild. Wir blicken auf einen traditionsreichen Stammbaum zurück. Unsere Vorfahren waren immer angesehen, standen für Gerechtigkeit und Mut ein. Aber mittlerweile ist das Geschlecht derer von Cohen auf einen sehr kleinen Kreis beschränkt. Wir haben Verwandte in Großbritannien, die aber unseren Namen nicht fortführen. Wir beide sind die einzigen Erben. Eine große Verantwortung lastet auf unseren Schultern.«
Ben nickte zustimmend.
»Der Gedanke, dass unsere Familie an einem Berg Schulden scheitert, ist unerträglich.«
»Das sehe ich auch so«, erwiderte Ben.
Amanda lächelte. »Wir haben viele Fehler gemacht. Falsche Entscheidungen getroffen. Menschen vertraut, die es nicht gut mit uns meinten. Aber nun ist mir eine Idee gekommen, wie wir das Ruder herumreißen können.«
»Das ist gut! Erzähl mir mehr.«
»Wir müssen jedoch alle Opfer bringen, um den Namen der Familie zu wahren.«
»Nachvollziehbar.«
»Ich denke, dass es nur eine Möglichkeit gibt, einen weitläufigen Skandal abzuwenden. Du bist ein junger, attraktiver Mann. Im rechten Alter, um zu heiraten.«
Ben verschluckte sich und hustete. Amanda zeigte Nachsicht. Sie hatte damit gerechnet, dass ihr Vorschlag ihn erschrecken würde.
»Ich soll … was?«
»Eine reiche Erbin. Das wäre die Lösung all unserer Probleme, Ben. Denk doch mal nach!«
»Aber … warum soll … ausgerechnet ich, den Karren aus dem … Mist ziehen. Warum suchst du dir nicht einen reichen Erben?«
Amanda nahm die Einladung vom Beistelltisch und hielt sie Ben vor die Nase.
»Weil reiche Erben in der Regel nicht vom Himmel fallen. Aber in diesem Fall gibt es bereits eine Kandidatin, die alle Voraussetzungen erfüllt.«
Ben nahm die Einladung zögerlich in die Hand.
»Schloss Gudenthal. Da waren wir ja seit einer Ewigkeit nicht mehr.«
Amanda nickte. »Du erinnerst dich gewiss an Stefanie von Gudenthal.«
»Ja, dieses graue Mäuschen mit der Zahnspange, das als Teenager in mich verliebt war … du schlägst doch nicht ernsthaft vor, dass ich …« Er brach ab.
»Warum nicht? Sie dürfte in deinem Alter sein. Und gewiss ist sie jetzt keine graue Maus mehr. Aber eine reiche Erbin, die bereits ein stattliches Vermögen ihr Eigen nennt und deren Familie mehrere erfolgreiche Unternehmen führt. Noch dazu hast du einen Stein bei ihr im Brett.«
»Das ist nicht gesagt. Es ist schließlich über zehn Jahre her, dass sie in mich verliebt war.« Ben machte ein unglückliches Gesicht. »Das ist doch alles an den Haaren herbeigezogen. Unsere Vorfahren mögen früher aus politischen Gründen geheiratet haben, doch heutzutage werden solche Entscheidungen aus anderen Motiven getroffen.«
»Ben, denk doch mal nach. Es ist die Lösung für all unsere Probleme! Geh mit mir zu dem Fest auf Schloss Gudenthal, und sieh dir Stefanie erst mal an. Vielleicht gefällt sie dir ja sogar.«
»Ich hatte eigentlich nicht vor, in absehbarer Zeit zu heiraten, weißt du.«
»Pläne ändern sich manchmal. Gib dir einen Ruck! Ich würde dir diese Option nicht vorschlagen, wenn wir eine Wahl hätten.«
Er starrte nachdenklich auf die Einladung. Amanda wusste, wie verzweifelt auch Ben ob der schwierigen Lage war, auch wenn er es nicht immer zeigte.
Die Furchen auf seiner Stirn ließen erahnen, dass er mit sich rang. Das Ansehen der Familie, der Stolz der Eltern, beides war ihm ebenso wichtig wie ihr.
»Hingehen können wir ja. So oder so«, meinte er schließlich.
»Gut, das ist doch schon mal ein Wort. Ich bin sicher, dass du dich blendend mit Stefanie verstehen wirst.«
»Nicht so schnell, Schwesterherz«, mahnte Ben ernst. »Ich weiß, was du vorhast. Du siehst mich schon im Bräutigamfrack. Aber ich entscheide, ob ich ihr den Hof machen werde oder nicht.«
Amanda hob beide Hände.
»Natürlich. Du hast das letzte Wort.«
»Gut, dann sind wir uns ja einig.«
***
Eine Woche später fand ein rauschendes Fest auf Schloss Gudenthal in der Nähe des brandenburgischen Wiesenburg statt. Alles, was Rang und Namen hatte, war geladen. Verwandte, Bekannte, Prominente.
Wohin Prinzessin Stefanie blickte, sah sie prunkvolle Gewänder und glitzernde Paillettenkleider. Das Büffet bot kulinarische Abwechslung, und auch für Musik war in Form einer Live-Band gesorgt. Ihre Eltern hatten sich selbst übertroffen.
»Na, Schwesterchen, bist du auf Männerfang?«, fragte Jonas, ihr jüngerer Bruder, der in seinem Anzug sehr vornehm aussah.
Normalerweise bevorzugte der Prinz legere Kleidung. Aber Stefanie musste zugeben, dass ihm die feine Aufmachung gut zu Gesicht stand. Bedauerlicherweise änderte dies aber nichts an seinem vorlauten Verhalten. Er war ein typischer Achtzehnjähriger. Darüber konnte auch der Anzug nicht hinwegtäuschen. Von wegen, Kleider machen Leute!
Sie seufzte leise. »Was soll die Frage?«
»Nun, die Auswahl ist doch heute Abend ziemlich groß, findest du nicht?«
»Sehe ich aus, als hätte ich es derart nötig, unbedingt in einer Beziehung zu stecken? Die Pleite vom letzten Mal reicht mir, vielen Dank auch.«
»Du bist sechsundzwanzig Jahre, Schwesterchen. Wird Zeit, dass wir dich unter die Haube bringen.«
Stefanie lachte. »Du bist unverbesserlich, Jonas. Ich habe von Männern erst einmal genug, das kannst du mir glauben. Und falls du es nicht tust, gebe ich es dir gern noch mal schriftlich.«
Der Mann, dem Prinzessin Stefanie ihr Herz geschenkt hatte, hatte sie mit einer alten Flamme betrogen. Er hatte sich danach zwar herzerweichend bei ihr entschuldigt, aber Stefanie hatte ihm nicht mehr vertrauen können.
»Für eine Frau, die kein Interesse mehr am männlichen Geschlecht hat, hast du dich aber ganz schön herausgeputzt.«
Jonas griff nach einem Glas Sekt vom Tablett eines vorbeieilenden Kellners.
Stefanie schaute an sich herunter. Das Kleid war in der Tat sehr hübsch, aber wenig aufreizend. Jonas übertrieb wie immer maßlos.
Sie mochte ohnehin die schlichte Eleganz. Trotzdem war das Kleid viel farbenfroher als die Garderobe, die sie sonst zu tragen pflegte, falls sie überhaupt Kleider trug. Sie bevorzugte, ähnlich wie Jonas, Jeans und T-Shirt, wenn sie nicht gerade auf einen Ball ging.
»Es freut mich, dass dir mein Kleid gefällt«, gestand sie diplomatisch.
»Ja, du siehst ganz okay aus für eine große Schwester«, betonte Jonas und hob hervor, dass es sich um ein ehrliches Kompliment handelte.
Stefanie schmunzelte und schüttelte amüsiert den Kopf. Ihr Bruder war ein Rotzlöffel, und das wusste er auch. Manchmal schlug er über die Stränge, aber er hatte das Herz am rechten Fleck, und Stefanie liebte ihn sehr. Auch wenn er oft Chaos verbreitete.
»Ich schau mir mal das Büffet an«, meinte Jonas und verabschiedete sich von ihr.
Lässig schlenderte er durch den Saal, das Glas Sekt in der rechten Hand, die andere in seiner Hosentasche vergraben. Er würde eines Tages ein Herzensbrecher sein, dessen war sich Stefanie sicher.
»Steffi?«, sprach sie plötzlich ein junger Mann an.
Die Prinzessin musste zwei Mal hinsehen, ehe sie ihn erkannte. War das nicht Ben von Cohen, ihre Jugendliebe? Was machte der denn hier?
Ihre Eltern verschickten traditionell ihre Einladungen auch an die Familie von Cohen. Aber der Fürst und die Fürstin hatten Deutschland vor einiger Zeit verlassen, während die Geschwister von Cohen die Einladungen bisher immer ausgeschlagen hatten.
Doch nun stand Ben vor ihr. Und er sah umwerfend aus. Die hellbraunen Haare hingen ihm sanft in die Stirn, die blauen Augen funkelten, das Kinn war männlich und markant. Eine interessante Mischung. Er war erwachsen geworden, ohne Zweifel. Aber ein wenig blitzte noch der Jugendliche von damals in ihm durch.
»Ben?« Sie lächelte und spürte, dass es heftig in ihren Wangen kribbelte, nur, weil er sie angesprochen hatte. Oh je, sie würde sich doch nicht erneut Hals über Kopf in ihn verlieben? Gerade eben hatte sie Jonas klargemacht, dass sie vom männlichen Geschlecht Abstand nehmen wollte. Und nun das? Natürlich war der Gedanke lächerlich. Aus dem Alter war sie nun wirklich schon raus. Und doch war da wieder diese Anziehungskraft von damals.
»Du siehst zauberhaft aus«, gestand Ben und lächelte.
Es war so ein schönes, strahlendes Lächeln. Stefanie bemerkte, dass sie ihn unentwegt anstarrte, und senkte beschämt den Blick.
»Vielen Dank. Das Kompliment kann ich nur zurückgeben.«
»Ich hätte dich fast nicht wiedererkannt«, gestand Ben. »Du hast dich sehr verändert. Zum Positiven, meine ich.«
Es war kein Geheimnis, dass er sie damals nicht besonders anziehend gefunden hatte. Sie hingegen war Feuer und Flamme für ihn gewesen.
»Das ist lieb von dir. Ich hatte gar nicht mit deinem Erscheinen gerechnet. Ist Amanda auch hier?«
»Ja, sie steht gerade am Büffet.« Er deutete vage in die Richtung. »Erzähl doch mal. Was gibt es Neues?«
»Oh, so einiges. Wir haben uns ja eine halbe Ewigkeit nicht gesehen. Ich helfe meinem Vater im Verlag aus und habe dort auch eine Ausbildung absolviert.«
Die Familie Gudenthal betrieb – nebst zahlreicher anderer Unternehmen – seit Generationen den hauseigenen Verlag »Gudenthal«, der unter anderem Sachbücher publizierte.
»Interessant. Ich erinnere mich, dass du schon früher eine begeisterte Leserin warst«, entgegnete Ben.
»Ja, das ist noch immer der Fall. Und du fandest es stets lächerlich und hieltest mich für eine unverbesserliche Träumerin.«
»Ach, vergiss das ganz schnell. Damals war ich dumm und unreif. Verzeih.«
»Du musst dich wirklich nicht entschuldigen, Ben. Das alles ist lange her. Wie ist es dir in der Zwischenzeit ergangen?«
Sie schaute ihn neugierig an. Ein Mann wie er hatte gewiss viel erlebt.
»Ich studiere Jura.«
»Das klingt doch großartig. Ja, wir sind wirklich aus dem Zahnspangenalter raus, was?« Sie lächelte und bemerkte, dass er so merkwürdig auf ihren Mund blickte. Jedoch nicht auf eine romantische Weise.
»Ist alles in Ordnung?«, fragte die Prinzessin fürsorglich, aber Ben schwieg.
Plötzlich war dieses Bild vor seinen Augen aufgetaucht. Ben schüttelte den Kopf, aber es ging nicht weg. Er sah die kleine Stefanie mit ihrer Zahnspange. Und die alten Gefühle kamen wieder hoch. Keine positiven Gefühle. Eher ein Fluchtreflex!
»Ben?«
»Alles bestens«, erwiderte er rasch. »Ich genieße einfach den interessanten Abend. Ein tolles Fest, stimmige Atmosphäre.«
Er wollte weg!
»Das höre ich gern. Ich werde dein Kompliment an meine Eltern weiterleiten.«
»Mach das.«
»Ich finde es übrigens schön.«
»Was denn?«
»Dass ihr beide hier seid und wir uns endlich mal wiedersehen. Ich muss zugeben, ich habe oft an dich gedacht. Ich muss dir damals ganz schön auf die Nerven gegangen sein, tut mir wirklich leid.«
Er lächelte gezwungen.
»Das … ist doch längst vergessen. Und so nervig war es nun auch wieder nicht.« Von wegen! Sie war eine kleine Klette gewesen …
Stefanie lachte herzlich.
»Nun, die Zeiten sind ja vorbei und du hast gewiss eine nette Frau kennengelernt.«
»Ich … oh, ich bin … nicht vergeben.«
Sie hob eine Braue.
»Das überrascht mich. Du bist doch ein toller Kerl. Wo ist der Haken?«
»Es gibt keinen.« Er knetete seine Finger. »Das Gespräch mit dir ist wirklich erheiternd.«
»Aber?«