Fürsten-Roman 2448 - Sandra Heyden - E-Book

Fürsten-Roman 2448 E-Book

Sandra Heyden

0,0
1,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Seit ihr Mann Alain bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, lebt die frühere Künstlerin Florentine de Privée bei ihrer Schwester, Louise Fürstin von Layenthal, und deren Mann, Fürst Severin. Weil sie Alains Tod nicht verkraften kann, flüchtet sich Florentine in die Kunst des Tarot, und schon bald stehen die Leute im fürstlichen Schloss Schlange, um sich von ihr die Karten legen zu lassen. Als Fürst Severin kurze Zeit später auf einer Messe seinen alten Schulfreund Clemens Graf von Rethner wiedertrifft, lädt er ihn spontan auf sein Schloss ein, ohne zu ahnen, dass die Begegnung mit seiner Schwägerin für Clemens zum Schicksal werden soll. Denn Florentine besteht darauf, dem Grafen die Karten zu legen - und sie sieht etwas Schreckliches ...

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 125

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover

Impressum

Wenn die Liebe die Karten mischt

Vorschau

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe der beim Bastei Verlag erschienenen Romanheftausgabe

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

© 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Verlagsleiter Romanhefte: Dr. Florian Marzin

Verantwortlich für den Inhalt

Titelbild: shutterstock / Syda Productions

Datenkonvertierung E-Book: Blickpunkt Werbe- und Verlagsgesellschaft mbH, Satzstudio Potsdam

ISBN 978-3-8387-5761-2

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Wenn die Liebe die Karten mischt

Ist es die Vorsehung, die Florentine ein neues Glück schenken will?

Von Sandra Heyden

Seit ihr Mann Alain bei einem Unfall ums Leben gekommen ist, lebt die frühere Künstlerin Florentine de Privée bei ihrer Schwester, Louise Fürstin von Layenthal, und deren Mann, Fürst Severin. Weil sie Alains Tod nicht verkraften kann, flüchtet sich Florentine in die Kunst des Tarot, und schon bald stehen die Leute im fürstlichen Schloss Schlange, um sich von ihr die Karten legen zu lassen.

Als Fürst Severin kurze Zeit später auf einer Messe seinen alten Schulfreund Clemens Graf von Rethner wiedertrifft, lädt er ihn spontan auf sein Schloss ein, ohne zu ahnen, dass die Begegnung mit seiner Schwägerin für Clemens zum Schicksal werden soll. Denn Florentine besteht darauf, dem Grafen die Karten zu legen – und sie sieht etwas Schreckliches …

Severin Fürst von Layenthal stutzte, als er das prachtvolle Foyer betrat. Eben verschwand eine Person, die er aus dem nahe gelegenen Dorf zu kennen glaubte, im sogenannten Blauen Salon.

Rechts neben der Tür hatte man den antiken Konsolentisch entfernt und dafür einige Biedermeierstühle aufgestellt. Es sah aus wie in einem Wartezimmer.

Auf einem der Stühle saß eine dem Fürsten fremde Dame mit einem albernen Hut auf den gräulichen ondulierten Haaren. Nervös drehte sie immer wieder an ihrem goldenen Ehering. Als sie die Schritte des Fürsten vernahm, blickte sie auf.

»Wollen Sie auch zu Madame de Privée?«, sprach sie ihn an.

Ihr Blick blieb zweifelnd an seinem akkuraten Reitdress hängen.

»Keineswegs!«, gab er knurrend zurück und eilte die doppelläufige Marmortreppe hinauf.

Ein dicker, jadegrüner Teppich verschluckte seine hastenden Schritte. Der Fürst steuerte geradewegs auf das Morgenzimmer seiner Gattin zu.

Fürstin Louise hob verwundert die schön geschwungenen dunklen Augenbrauen, als er eintrat, denn Severin wirkte erhitzt – offensichtlich nicht nur vom morgendlichen Ausritt.

Ärgerlich warf der Fürst seine Reitkappe auf das Sofa der Fürstin. Einen Augenblick später folgte die elegante dunkelblaue Reitjacke.

»Was ist da unten eigentlich los?«, fuhr er seine schöne Frau an, die in einem seidenen Morgenkleid an ihrem Sekretär saß, um auf ganz altmodische Weise ihre Korrespondenz zu erledigen.

Das blonde Haar fiel in weichen Wellen auf ihre Schultern und umspielte das perfekte Oval ihres hübschen Gesichtes. Ihre Nase war klein und zierlich, und ihre blauen Augen strahlten mit dem Himmel um die Wette.

Fürst Severin seufzte leise. Er selbst war zu seinem Leidwesen nicht mit einem perfekten athletischen Körper gesegnet, sondern leicht untersetzt und bei Weitem nicht so rank und schlank wie seine Gattin.

Auch nach mehr als zwanzig Jahren Ehe liebte er seine Louise wie am ersten Tag. Als Tochter eines verarmten Grafen war sie damals nicht die erste Wahl seiner Eltern gewesen. Doch er hatte sich durchgesetzt. Louise oder keine, hatte er seine strengen, standesbewussten Eltern damals vor die Wahl gestellt.

Severin und Louise waren immer glücklich gewesen. Ihnen war ein überaus wohlgeratener Sohn geschenkt worden, und sie hatten bisher ein wunderbares Leben geführt. Keinen Tag hatte der Fürst diese Ehe bereut – bis heute, durchfuhr es Severin bitter.

Louise hatte ihre Schwester Florentine ins Haus geholt, Florentine de Privée! Sie war die Witwe eines Pariser Künstlers.

Selbst Künstlerin, hatte Florentine stets ein freies, selbstbestimmtes Leben geführt und erst im Alter von fast achtunddreißig Jahren den durchaus bekannten Pariser Maler Alain de Privée kennengelernt und bald darauf geheiratet.

Für beide war es Liebe auf den ersten Blick gewesen. Eine große Liebe, wie Severin eingestehen musste. Eine Liebe, die Florentines ganzes bisheriges Leben auf den Kopf gestellt hatte. Aus Liebe zu Alain hatte sie sogar auf ihre eigenen künstlerischen Ambitionen verzichtet.

Fürst Severin warf sich in einen der zierlichen Sessel, die um einen niedrigen Biedermeiertisch standen. Fürstin Louise hatte ihre Räume konsequent in diesem Stil eingerichtet.

»Ich verstehe nicht, wovon du sprichst, mein Lieber«, entgegnete sie nun und sah ihn fragend an.

»Der Blaue Salon«, gab der Fürst zurück, als müsse seine Gattin doch wissen, was in ihrem Haus vor sich ging.

»Oh!«, ließ sich die Fürstin dann auch verstehend vernehmen.

»Was machen all diese fremden Menschen in meinem Haus?«

»Sie suchen doch nur Rat bei Florentine«, entgegnete seine Gattin zu seinem Entsetzen. »Es hat sich eben herumgesprochen, dass sie offenbar gewisse Fähigkeiten hat.«

»Gewisse Fähigkeiten?« Fürst Severin ließ ein bissiges Lachen hören und sprang auf.

Er überragte seine attraktive Gattin um Haupteslänge und eilte nun mit weiten Schritten zu dem fast raumhohen Sprossenfenster, als könne der Ausblick in den weiten, englischen Landschaftspark, für den Schloss Lay berühmt war, sein Gemüt beruhigen. Er schüttelte sich, als müsse er den Gedanken an seine Schwägerin verscheuchen wie einen bösen Geist.

»Du hättest sie in Paris lassen sollen, Louise«, knurrte er verärgert.

»Also wirklich!«, hielt die Fürstin empört dagegen. »Hast du denn überhaupt kein Mitgefühl mit Florentine? Als ich sie besucht habe, saß sie wie ein Häufchen Elend in dieser winzigen Wohnung am Montmartre, wo alles sie an Alain erinnert hat. Wenn ihre Nachbarn sich nicht gütigerweise ein wenig um sie gekümmert hätten, wäre sie am Ende noch verhungert. Sie war einfach nicht in der Lage, sich um sich selbst zu kümmern, Severin. Du hättest sie sehen sollen. Sie war so verzweifelt, und das ist sie immer noch. Sie wäre allein in Paris untergegangen!«

»Dann wäre mir wenigstens dieses Affentheater erspart geblieben«, gab der Fürst wenig gefühlvoll zu verstehen. »Du hättest damals auf direktem Weg nach Mallorca reisen sollen, wie es geplant war – ohne den Umweg über Paris!«

Nun erhob sich auch die Fürstin und gesellte sich zu ihrem Gatten. Sie verstand seinen Missmut in gewisser Weise, doch sie wollte nicht nachgeben.

»Ich bitte dich, Severin. Florentine hatte gerade ihren über alles geliebten Ehemann verloren …«

»Gerade?«, maulte der Fürst. »Er war doch schon ein halbes Jahr unter der Erde, als du meintest, deine Schwester zu uns holen zu müssen …«

»Severin!«, fiel ihm seine Gattin empört ins Wort. »Hätte ich sie vielleicht in eine Anstalt geben sollen?«

»Das wäre vielleicht besser gewesen«, erwiderte er zynisch.

Fürstin Louise stieß ein kurzes sarkastisches Lachen aus. »Ah, du hättest also so erbauliche Schlagzeilen wie Schwägerin des Fürsten von Layenthal in psychiatrische Klinik eingewiesen oder Fürst von Layenthal verweigert eigener Schwägerin Hilfe bevorzugt?«

»Natürlich nicht! Da wären mir ja die Kunden abgesprungen«, entgegnete Fürst Severin murrend und bezog sich dabei auf seinen florierenden Antiquitätenhandel, der mittlerweile nicht nur in Europa einen hervorragenden Ruf genoss.

»Eben!« Die Fürstin nickte. »Du könntest ein bisschen mehr Verständnis für Florentine aufbringen, Severin. Immerhin war sie erst ein paar Monate mit Alain verheiratet, als er bei diesem schrecklichen Unglück ums Leben gekommen ist. Alain war ihr Ein und Alles. Ihn zu verlieren, nachdem sie ihn gerade erst gefunden hatte, hat tiefe Spuren bei ihr hinterlassen. Das braucht einfach Zeit, um zu heilen.«

Fürst Severin sah ein, dass seine Frau recht hatte, wollte es aber nicht zugeben. Seine Schwägerin brachte sein wohlgeordnetes Leben gehörig durcheinander, und das konnte er ihr nicht verzeihen.

Er liebte seine Gewohnheiten und mochte es, wenn alles seinen geregelten Gang ging, und dazu gehörte, dass er sein Heim, das berühmte Schloss Lay, ungern mit fremden Menschen teilte, die Tag für Tag seine Tür belagerten – beziehungsweise den Blauen Salon und das Foyer.

»Warum musste deine Schwester auch diesen armseligen Künstler heiraten, der ihr nichts weiter hinterlassen hat als ein paar grauenhafte Bilder?«

Nun musste die Fürstin doch lachen, und sie drückte ihrem verdutzten Gatten einen liebevollen Kuss auf die Wange.

»Du bist so ein kunstsinniger Mensch, Severin. Aber bei abstrakter Malerei hört dein Verständnis auf, nicht wahr? Alain de Privée war doch schon zu seinen Lebzeiten ein begehrter und hoch gehandelter Künstler. Nach seinem Tod haben seine Werke eine Wertsteigerung ins Exorbitante erfahren. Finanziell ist Florentine sicher nicht auf uns angewiesen. Sie könnte durchaus auf eigenen Beinen stehen.«

»Warum tut sie es dann bloß nicht?«, seufzte ihr Gatte.

»Weil der Schmerz und die Trauer sie fast um den Verstand gebracht haben und sie sich in eine Welt geflüchtet hat, die ihr suggeriert, dass Alain bei ihr ist.«

»Um den Verstand gebracht – das ist richtig«, stimmte der Fürst ihr zu. »Sie bildet sich ein, hellsehen und mit Toten sprechen zu können. Dieses ganze spiritistische Getue geht mir auf die Nerven, verstehst du?«

Die Fürstin nickte und seufzte nun ebenfalls. »Florentine glaubt, auf diese Weise mit ihrem geliebten Alain in Kontakt treten zu können, mit seinem unsterblichen Geist Verbindung aufzunehmen. Natürlich ist das nur eine Spinnerei, aber es hilft ihr, den Schmerz und die Trauer zu ertragen. Und sie schadet ja niemandem damit …«

»Außer, dass das halbe Dorf hier erscheint, um sich von ihr die Karten legen zu lassen – sogar so vernünftige Menschen wie Apotheker Schulze. Wie kann man nur an etwas derartig Irrationales glauben?«

»Mama, hättest du etwas dagegen, wenn ich …«

Prinz Nathan, der in das Morgenzimmer seiner Mutter stürmte, hielt inne, als er die Worte seines Vaters vernahm. Er runzelte die Stirn, denn er konnte dessen Abneigung gegen Florentine nicht nachvollziehen. Auch wenn ihr Gebaren etwas seltsam anmutete, Nathan mochte seine Tante, und ihre tragische Situation nötigte ihm Mitgefühl ab.

»Das liegt daran, dass ihre Vorhersagen häufig richtig sind«, mischte er sich nun mit leichtem Zynismus in das Gespräch ein und musterte seinen verärgerten Vater von der Seite. »Seit Florentine Tarotkarten legt, ist ihre Trefferquote noch besser geworden. Da ist es doch kein Wunder, dass sich das herumgesprochen hat und immer mehr Menschen ihrem Rat vertrauen. Mir hat sie auch gute Prüfungsnoten vorhergesagt …«

»Stimmt«, pflichtete seine Mutter ihm bei, dankbar für die unerwartete Unterstützung. »Und sie hatte recht, oder? Nathan hat seine ersten Prüfungen an der Universität doch mit Bravour bestanden.«

»Das hat er ja wohl seinem eigenen Fleiß und seinem Talent zu verdanken und nicht den dubiosen Vorhersagen seiner Tante.« Die kleinen dunklen Augen des Fürsten blitzten empört.

»Ich finde, man muss ein wenig Nachsicht mit Tante Florentine üben«, entgegnete der junge Prinz und zog damit den dankbaren Blick seiner Mutter auf sich. »Sie macht schließlich eine schwere Zeit durch.«

Fürstin Louises Mutterherz glühte vor Stolz auf den sensiblen, rücksichtsvollen Sohn.

»Papperlapapp«, murrte jedoch der Fürst, der sich auf verlorenem Posten wähnte. »Ich will sie wieder loswerden!« Das klang sehr entschieden. »Ich wünschte, Florentine würde Alains Tod endlich überwinden und sich einen neuen Mann suchen!«

»Wie kannst du nur so herzlos sein?«, empörte sich seine Gattin daraufhin. »Wäre es dir recht, wenn ich mich nur wenige Monate nach deinem Tod in die Arme eines anderen stürzen würde?«

»Das ist doch etwas völlig anderes«, gab Fürst Severin entgeistert zurück.

Prinz Nathan, ein hochgewachsener junger Mann mit braunem Haar und braunen Augen, der zur großen Erleichterung seines Vaters das gute Aussehen seiner Mutter geerbt hatte, räusperte sich indigniert.

»Sollten wir nicht allmählich frühstücken?« Er deutete auf die Uhr auf dem Kaminsims, die eine bereits fortgeschrittene Morgenstunde anzeigte.

Im Fürstenhaus pflegte man für gewöhnlich am späten Vormittag gemeinsam zu frühstücken und nahm bis dahin mit einem spartanischen frühmorgendlichen Imbiss vorlieb.

»Wirklich, wie die Zeit vergeht«, stimmte die Fürstin zu und warf ihrem Gatten einen spöttischen Seitenblick zu. »Vor allem, wenn man sich aufregt – wegen nichts.«

»Wegen nichts?« Fürst Severin folgte seiner Gattin in ihr Ankleidezimmer. »Ich rege mich doch nicht wegen nichts auf. Wie kannst du das sagen?«

Prinz Nathan, der im Morgenzimmer zurückblieb, schüttelte den Kopf.

»Dann hole ich schon mal Florentine«, entschied er und machte sich auf den Weg, um seine Tante zum Frühstück abzuholen, das im idyllischen Gartensalon eingenommen wurde.

Mit seinen vielen raumhohen Fenstertüren gewährte der Salon einen zauberhaften Blick in den Schlosspark, der nach englischem Vorbild angelegt worden war. Um diese Jahreszeit begannen dort gerade die ersten Krokusse und Osterglocken zu blühen.

Als Nathan den Blauen Salon durch eine Nebentür betrat, traf er seine Tante zu seiner Erleichterung allein an. Der Prinz, gerade zwanzig Jahre alt, fand Florentine eigentlich recht hübsch für ihr Alter.

Mit ihren knapp vierzig Jahren hatte Florentine de Privée eine magische, irgendwie seltsam überirdische Ausstrahlung. Besonders ihre smaragdgrünen Augen schienen mehr sehen zu können als die anderer Menschen. Sie konnten das Herz eines Menschen erkennen und noch weit mehr.

Florentine saß an einem kleinen runden Tisch. Auf einer blutroten Samtdecke waren die Tarotkarten ausgelegt. Sie trug einen bunten Kaftan, der ihr ein etwas exotisches Aussehen verlieh, dazu ein buntes seidenes Stirnband, das die voluminöse Lockenpracht ihrer dunkelblonden, schulterlangen Haare bändigte. Das kleine, ebenmäßige Gesicht darunter wirkte schmal.

Sie sah auf, als ihr Neffe eintrat. Lächelnd streifte sie das Stirnband ab.

»Willst du mich zum Frühstück abholen?« Auch ihre Stimme war warm und einfühlsam.

Prinz Nathan gab das Lächeln zurück und deutete auf den Tisch.

»Hast du das in den Karten gelesen?«

Florentine lachte laut auf. »Nein, das sagt mir meine Uhr. Es ist kurz vor elf!«

***

»Ich wünsche euch eine gute Reise!«

Clemens Graf von Rethner stand in der eleganten Lobby des luxuriösen Berliner Hotels und umarmte seine Tochter herzlich, wenn auch voller Wehmut.

Pia von Rethner wirkte nervös und ließ die Küsse ihres Vaters ungeduldig über sich ergehen.

»Mailand, Papa!«, brach es nun aus dem jungen Mädchen hervor, das sein langes weizenblondes Haar zurückwarf. »Ich kann es noch gar nicht glauben.«

»Ich würde es auch lieber nicht glauben«, gab der Vater sorgenvoll zurück.

»So bekannt bin ich doch noch gar nicht. Ich stehe doch erst ganz am Anfang meiner Karriere, und schon darf ich auf der Mailänder Modewoche laufen. Ist das nicht toll? Anton ist ein Genie, findest du nicht?«

Pias helle Stimme klang aufgeregt, und Clemens’ Augen suchten den etwas untersetzt wirkenden Mann, der sich ein wenig abseits hielt und immer wieder ungeduldig auf seine teure Armbanduhr blickte.

Anton Federwein besaß eine bekannte Modelagentur und hatte vor Kurzem die Tochter des Grafen unter Vertrag genommen, nachdem ein sogenannter Model-Scout in einer Diskothek auf sie aufmerksam geworden war.

Pia, gerade achtzehn Jahre alt, groß und sehr schlank, war geschmeichelt gewesen und hatte sich von Anton Federwein beeindrucken lassen – eher einwickeln, fand der Graf, der den nunmehrigen Manager seiner Tochter für einen aalglatten Geschäftsmann hielt, dem der eigene Profit weit über das Wohl seiner Schützlinge ging.

Vehement war Graf Rethner gegen eine Modelkarriere seiner Tochter gewesen, die immerhin kurz vor ihrem Abitur stand. Doch Pia und seine Gattin hatten ihn überstimmt. Nachdem Gräfin Sybille, eine ehemalige Lehrerin, ihm versichert hatte, den Schulstoff, den die Tochter während der Reisen versäumte, mit ihr aufzuarbeiten, hatte auch Clemens von Rethner schließlich zugestimmt.

Und jetzt machten sich Pia, Sybille und Anton auf den Weg nach Mailand, wo in den nächsten Tagen die Modewoche beginnen sollte, die alljährlich im Frühjahr stattfand.

»Es wird Zeit«, mahnte Anton Federwein nun. »Das Taxi ist da!«

Clemens umarmte nun auch seine Frau, wenn auch nicht mit der gleichen Herzlichkeit, mit der er sich von Pia verabschiedet hatte.