Drei räumen auf - G.F. Barner - E-Book

Drei räumen auf E-Book

G. F. Barner

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Beschreibung

Begleiten Sie die Helden bei ihrem rauen Kampf gegen Outlaws und Revolverhelden oder auf staubigen Rindertrails. G. F. Barner ist legendär wie kaum ein anderer. Seine Vita zeichnet einen imposanten Erfolgsweg, wie er nur selten beschritten wurde. Als Western-Autor wurde er eine Institution. G. F. Barner wurde als Naturtalent entdeckt und dann als Schriftsteller berühmt. Seine Leser schwärmen von Romanen wie "Torlans letzter Ritt", "Sturm über Montana" und ganz besonders "Revolver-Jane". Der Western war für ihn ein Lebenselixier, und doch besitzt er auch in anderen Genres bemerkenswerte Popularität. Annabell Kingstone steht hinter dem Tresen des Old-Indian-Saloons. Sie denkt einige schmerzliche Sekunden an Rimrock Wells, als sie seinen Bruder erkennt. Gide Wells geht genauso wie sein großer Bruder Rimrock. Er geht aufrecht und doch etwas geneigt. Es ist eine seltsame Haltung für einen jungen Mann, der achtzehn Jahre zählt. Leicht vorgebeugte Schultern, lange Arme. Und sein Haar ist genauso dunkel wie das von Rimrock. Das war ein Mann, denkt Annabell Kingstone schmerzlich. Er ging weg und hat mich sicher vergessen. Auf der einen Seite die Kingstones, auf der anderen Seite die Wells-Sippe. Eines Tages wird es zu einer Schießerei kommen, denn der alte Rod Kingstone, ihr Vater, hat sich nicht umsonst drei Dutzend harte Burschen geholt. Diese Sache ist alt. Damals waren es ein Kingstone und ein Wells. Sie teilten, aber es war eine schlechte Teilung, die den alten Rod benachteiligte. Darum ist immer noch Feindschaft zwischen den beiden Sippen. Der junge Gide Wells kommt in den Saloon, der einer Kingstone gehört. Jedermann in dieser Stadt weiß, wie schlecht sich Annabell und der alte Rod vertragen. Sie sind zu verschieden, so sagt man. Aber es gibt noch immer einige. Leute, die der Meinung sind, es hätte damals an Rod Kingstone gelegen, daß aus Rimrock Wells und seiner Tochter nichts wurde als ein Ärgernis.

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G.F. Barner – 314 –

Drei räumen auf

G.F. Barner

Annabell Kingstone steht hinter dem Tresen des Old-Indian-Saloons.

Sie denkt einige schmerzliche Sekunden an Rimrock Wells, als sie seinen Bruder erkennt.

Gide Wells geht genauso wie sein großer Bruder Rimrock. Er geht aufrecht und doch etwas geneigt. Es ist eine seltsame Haltung für einen jungen Mann, der achtzehn Jahre zählt. Leicht vorgebeugte Schultern, lange Arme. Und sein Haar ist genauso dunkel wie das von Rimrock.

Das war ein Mann, denkt Annabell Kingstone schmerzlich. Er ging weg und hat mich sicher vergessen.

Auf der einen Seite die Kingstones, auf der anderen Seite die Wells-Sippe.

Eines Tages wird es zu einer Schießerei kommen, denn der alte Rod Kingstone, ihr Vater, hat sich nicht umsonst drei Dutzend harte Burschen geholt.

Diese Sache ist alt. Damals waren es ein Kingstone und ein Wells. Sie teilten, aber es war eine schlechte Teilung, die den alten Rod benachteiligte. Darum ist immer noch Feindschaft zwischen den beiden Sippen.

Der junge Gide Wells kommt in den Saloon, der einer Kingstone gehört.

Jedermann in dieser Stadt weiß, wie schlecht sich Annabell und der alte Rod vertragen.

Sie sind zu verschieden, so sagt man. Aber es gibt noch immer einige.

Leute, die der Meinung sind, es hätte damals an Rod Kingstone gelegen, daß aus Rimrock Wells und seiner Tochter nichts wurde als ein Ärgernis.

Das ist alles schon zehn Jahre her. Vor fünf Jahren kam Annabell aus dem Osten zurück und machte diesen Saloon auf.

»Hallo«, sagt Gide Wells und lehnt sich an den Tresen. »Buddy, gib mir ein Glas Whisky. Guten Abend, Annabell.«

Sie macht zwei Schritte am Tresen vorbei und bleibt dicht vor ihm stehen.

»Hallo Gide!« sagt sie mit ihrer warmen Stimme. »Du kommst allein in die Stadt? Nimm deinen Drink und dann geh wieder, Gide.«

Sie sieht ihn mit ihren blauen Augen warnend an. Gide zuckt langsam die Achseln.

»Ich denke, ich kann hier trinken, wie jeder andere Mann«, erwiderte er ruhig. »Miss Kingstone, ich will nichts, als meine Ruhe haben.«

»Nichts anderes wollen deine Brüder auch«, erwiderte sie. »Gide, jeden Freitag kommen Manuel Atlanta und Jingo her. Vielleicht gibt es Ärger, wenn sie dich hier sehen. Hast du etwas von deinem Bruder gehört?«

Gide Wells zieht die Augenbrauen hoch. In diesem Augenblick sieht er so aus wie Rimrock Wells vor Jahren. Und niemand weiß das so gut wie Annabell Kingstone.

»Noch immer interessiert?« fragt der junge Wells. »Annabell, niemand weiß etwas von ihm. Bekomme ich nun meinen Drink?«

»Gide, du weißt, wie sehr Silver Jingo und Atlanta euch lieben.«

»Ich habe mit ihnen nichts zu tun«, erklärt Gide. »Und ich habe auch keine Angst vor ihnen. Mein Bruder fürchtet sich, allein in die Stadt zu reiten, ich nicht. Meinen Drink.«

Der Keeper schiebt ihm ein Glas zu und sieht Annabell besorgt an.

Gide trinkt das Glas leer und reicht es dem Keeper, der mit den Achseln zuckt und ihn verstört anblickt.

Annabell legt leicht den Arm auf die Hand Gides und sieht ihn offen an: »Gide, du weißt doch, daß sie sehr rauh sind und sofort schießen. Du hast eine Waffe bei dir.«

»Nun gut, ich trinke mein Glas leer und gehe wieder. Genügt dir das?« fragt er.

»Gott sei Dank«, sagt sie. »Gide, du brauchst nichts zu bezahlen. Sagst du mir Bescheid, wenn du etwas von Rimrock hörst?«

Der Junge sieht sie an und lächelt leicht.

»Du bist zehn Jahre älter als ich«, sagt er. »Aber ich denke manchmal, ich könnte mich unsterblich in dich verlieben. Ich wüßte niemanden, der so aussieht wie du, Annabell. Du bist gar nicht so, wie eine Kingstone sein sollte. Denkst du noch immer an Rimrock? Hast du ihn geliebt?«

Annabell Kingstones Augen verdunkeln sich jäh.

»Das stimmt, Gide«, sagt sie leise. »Du hast einen dickschädeligen und stolzen Vater, Gide.«

»Nun ja, er will nichts von Rimrock wissen«, sagt Gide trocken. »Und es ist jedesmal ein Spaß, wenn unser alter John sagt, daß ich so bin wie Rimrock. Dad wird jedesmal mächtig wütend. Nun, ich denke, Rimrock wird schon seinen Grund gehabt haben, als er ging, was?«

»Der Grund war ich«, sagt sie. »Eine Kingstone und ein Wells. Gide, stell dir das vor.«

»Prost«, sagt Gide.

»Ich muß noch Tabak für Malcolm kaufen und für Dad Zigarren. Auf Wiedersehen, Annabell. Und schönen Dank.«

Gide Wells wendet sich langsam um. In der Schwingtür stehen Silver Jingo und Manuel Atlanta. Jeder dieser beiden Männer trägt zwei Revolver, dunkle Weste, dunkles Hemd, dunkle Hose und gleiche Stiefel. Jeder hat ein breitrandigen Hut auf und ein kantiges und hartes Gesicht. Sie stehen da, und hinter ihnen tauchen die Köpfe von vier weiteren Reitern der Kronen-Ranch auf, die Rod Kingstone gehört.

Beide Männer lächeln nach der ersten Überraschung. Dann geben sie gleichzeitig der Tür einen Stoß.

»Silver«, sagt Atlanta sanft und sieht mit seinen wasserhellen Augen zum Tresen. »Ich habe schlimmen Durst, Bruder.«

Jingo sieht ihn kurz an und erwidert das unmerkliche Augenzwinkern seines Partners knapp.

»Es ist immer schlimm, wenn man Durst hat«, sagt er heiser. »Leute, ich gebe eine Runde aus – für alle, die in diesem Saloon sind.«

Der Teufel, denkt Atlanta. Er hat es also richtig verstanden, und der Junge wird trinken müssen, wenn er uns nicht beleidigen will. Silver, du bist ein verdammt schlauer und gerissener Bursche.

Er sieht Silver an und grinst wieder. Die sechs Männer gehen zum Tresen. Gide stößt sich leicht ab und dreht sich der Tür zu. Manuel Atlanta hat lange Beine. Und als er eins ausstreckt, stolpert Gide und fällt auf die Knie.

»Hallo, mein Freund«, sagt Atlanta sanft. »Ich schätze es gar nicht, wenn jemand die Einladung eines meiner Freunde ausschlägt. Ich hoffe, du hast dir nichts getan. Warum gehst du los, wenn ich gerade einen Schritt machen will? Und warum paßt du nicht auf, wo deine Füße sind? Du hast mich am Schienbein erwischt, entschuldige dich, Junge.«

Gide sagt ruhig: »Ich denke nicht daran, mich zu entschuldigen. Und es tut mir fast leid, daß ich nicht ganz dein Schienbein traf, Atlanta.«

Gide Wells steht langsam auf. Er sieht Atlanta an, der vor Staunen den Mund öffnet. Dann bemerkt er den ungläubigen Ausdruck auf Jingos Gesicht.

»Ich wollte gehen, und ich werde gehen. Für mich gilt die Einladung nicht«, sagt Gide trocken und will sich drehen, als Manuel Atlanta blitzschnell seine Hand ausstreckt und Gide festhält.

Annabell erklärt zornig: »Gide, geh hinaus, und du, Atlanta, läßt ihn los – augenblicklich. Hier gibt es keinen Ärger.«

Aber Atlanta schlägt schon, und der Schlag trifft haargenau Gide Wells’ Kinn.

Gide Wells geht rückwärts, kommt in die Nähe Jingos, und der holt mit der linken Faust aus.

Gide Wells sieht die Faust kommen, duckt sich instinktiv und schießt die linke Faust ab.

Jingo dreht sich weg, aber genau in den rechten Schwinger hinein, den Gide nun abfeuert. Dieser Schwinger landet an Silver Jingos Kinn, und der stellt sich auf die Zehenspitzen.

Atlanta macht zwei blitzschnelle Schritte nach vorn, hebt seine Faust und sagt wütend: »Herum mit dir, du Totschläger.«

Und dann wirbelt Gide auch schon herum, und sieht zu spät die schon erhobene Faust Atlantas.

Zwar will er sich ducken, dem Schlag ausweichen, aber die Faust ist zu schnell und trifft ihn am Kopf.

Es ist Gides erster harter Kampf mit den Fäusten. Einiges hat ihm der alte Vormann der Ranch, John Abbot, beigebracht. Aber, all diese Dinge reichen nicht aus, um mit zwei Revolvermännern fertig zu werden. Die Schläge treffen, und er fühlt bleierne Müdigkeit in sich aufkommen.

Hart keuchend taumelt er hin und her und muß immer wieder Schläge einstecken. Er bekommt glasige Augen, steht einen Augenblick hilflos da und fällt dann zu Boden.

Gide Wells ist fertig, das sehen alle.

Jeder Mann in dem Saloon weiß, daß es ein völlig gemeiner und ungleicher Kampf war, aber keiner macht den Mund auf und sagt etwas dagegen. Sie schweigen alle aus Angst vor dem Rudel der Revolverhelden, das mit den Fäusten keine erste Klasse, es dafür aber mit den Revolvern ist.

»Der Saloon ist für alle Leute der Kingstone Ranch geschlossen«, sagt Annabell Kingstone kalt und holt eine Schrotflinte unter dem Tresen hervor. »Ich sah noch niemals einen schmutzigeren Kampf als diesen hier. Ich wünsche euch nur, daß ihr eines Tages Rimrock Wells begegnet, denn dann werdet ihr in die Knie gehen, wenn ihr ihn nur seht. Schert euch raus und sagt meinem Vater, er soll morgen kommen. Ich will mit ihm reden. Wenn er nicht kommt, muß er mir mein Erbteil auszahlen, dann ist er pleite.«

Die Männer verlassen den Saloon und reiten auf den Wilderness-Saloon zu. Sie werfen einen Blick zurück auf Gide und den Gaul, den einer der Boys der Breadstone-Ranch, der Nachbarranch des alten Wells, am Zügel führt.

Dann gehen sie in den Saloon, und am anderen Ende der Stadt verschwindet Hendrik Fireland mit dem angebundenen Gide Wells.

Gide Wells wacht erst auf, als sie an der Weggabelung zu den beiden Ranches sind. Hier fließt der Long Creek, der das Land der Wells-Sippe von dem der Breadstone-Ranch trennt.

Über den Creek führt eine Holzbrücke. Fireland rüttelt Gide heftig.

»Gide«, sagt er heiser, »wach auf!«

Gide Wells hebt schwach den Kopf und flüstert: »Einen Hut voll Wasser. Gib mir einen Hut Wasser und binde mich los, wer du auch bist.«

»Ich bin das, Gide«, sagt der Mann neben ihm. »Hier ist Hendrik Fireland. Du warst ein ziemlicher Narr, Gide. Sie hätten dich totschlagen können.«

Er bindet ihn los, und Gide sackt auf den Boden. Fireland schleift ihn zum Fluß, und Gide kriecht in das Wasser. Er atmet hastig und stoßweise. Dann sagt er prustend: »So entzwei bin ich noch nicht, Hendrik. Vielen Dank, ich komme schon allein zurecht. Du kannst ruhig nach Hause reiten.«

»Wirklich?« fragt Fireland heiser. »Du kannst doch nicht gehen?«

Gide Wells spuckt einen Strahl Wasser und einen Zahn aus und sagt grimmig: »Du wirst verdammt noch sehen, was ich alles kann. Sind die Schufte weggeritten?«

»Annabell nahm ihre Schrotflinte und hat die Männer aus dem Saloon geworfen.«

»Verdammt, ich glaube, sie haben mir die Arme zerschlagen. Ich kann den rechten Arm nicht bewegen.«

»Mach keine neue Narrheit«, sagt Fireland warnend. »Du bist für die Revolverschießer nicht schnell genug, Gide.«

Gide versucht aufzustehen, aber die Knie geben nach. Er steckt den Kopf wieder in das Wasser.

Fireland denkt, daß Gide unheimlich hart sein muß, denn jeder Mann würde drei Tage kein Glied nach dieser Prügelei bewegen können.

Gide steigt ächzend und taumelnd aus dem Wasser und geht auf sein Pferd zu. Dort zieht er sich mit Hilfe von Fireland in den Sattel und klappert in der kühlen Nacht vor Kälte mit den Zähnen. Schließlich sieht Fireland, daß er reiten kann und verabschiedet sich.

Gide Wells reitet ächzend und fluchend über die Holzbohlen der Brücke. Nach schlimmen drei Stunden sieht er die Ranch.

Durch das große Tor reitet Gide Wells auf die Ranch seines harten Vaters.

John Abbot, der alte Vormann steht schon eine ganze Weile am Fenster und blickt auf den Weg zur Stadt.

Er wartet, der alte und ergraute Mann, der das Herz eines Löwen besitzt, wenn es auch ein müdes Herz ist, das manchmal gar nicht mehr will.

Da kommt er endlich, denkt John. Er kommt spät, als wenn er im Schritt geritten ist. Er hängt ja schief im Sattel.

John hastet zum Hof. Sein flüchtiger Blick streift das Haupthaus, aber er sieht das Licht im Schlafzimmer nur schwach brennen. Der Alte schläft sicher schon.

John Abbot rennt über den Hof und greift dem Falben Gides in die Zügel. Er starrt Gide an.

»Gide«, sagte er leise. »Was, zum Teufel, hat es gegeben? Junge, unter welche Herde bist du geraten? Steig ab, aber leise. Wenn der alte Drachen es merkt, ist der Teufel los.«

»John, ich war ein Narr«, sagt Gide bitter und sackt in die Knie, als er vom Pferd herunter ist. Er will wieder aufstehen, aber er schafft es nicht mehr.

»Ich bin zu Annabell gegangen, und sie sagte mir gleich, daß Jingo und Atlanta kommen würden. Ich wollte meinen Mut vor mir selbst beweisen und blieb.«

»Oh, verdammt«, sagt der Alte. »Du hast noch die nächsten Prügel vor dir. Wenn dein Vater hört, daß du bei Annabell gewesen bist, explodiert er.«

»John, was machen wir?«

»Ich kann einfach sagen, du schläfst noch, oder ich habe dich weggeschickt. Wo hast du seine Zigarren?«

»Ich habe sie nicht«, antwortet Gide Wells. »Mir ist es egal, was er denkt und ob er brüllt. Ich brauche ein Bett, John.«

»Nun, es wird die Hölle werden«, ächzt der Alte bitter. »Damals war es so mit deinem Bruder, und heute bist du zu Annabell gegangen. Er wird es hören, und der Teufel wird dich holen. Es ist ein Elend mit seinem dicken Schädel. Los, komm, ich bringe dich ins Haus.«

Er zieht ihn hoch, und Gide Wells taumelt auf die Tür des Hauses zu. Leise geht der alte John Abbot mit ihm durch den Flur. Rechts sind drei Zimmer, für jeden Wells eins.

In der Tür des zweiten Zimmers taucht Malcolm Wells auf. Der zweitälteste Wells ist groß und hager. Er hinkt, seitdem ihn jemand aus dem Hinterhalt erledigen wollte. Auch er sieht hart aus, aber der Zug um seine Mundwinkel ist bitter.

Dieser Malcolm Wells ist nach seiner Verletzung nur noch ein halber Mann.

»Gide«, sagt er erschrocken und leise, als er Gides zerschlagenes Gesicht sieht. »Gide, wie siehst du aus, Bruder? Wer hat dich verprügelt?«

Er kommt näher und faßt seinen jüngeren Bruder unter. Dabei blickt er auf die Treppe in das Obergeschoß und hält lauschend den Kopf schief.

»Bruder, komm zu mir, aber sei leise. Wenn Old Rimrock aufwacht, dann wird es bitter.«

»Der Teufel soll dich holen, du junger Narr«, knurrt Malcolm und macht die Tür zu Gides Zimmer auf. »Geh nur hinein. Und dann pack aus. John, eine Flasche Whisky, ich werde ihm die Beulen damit einreiben.«

Er hilft, Gide auf das Bett zu legen, macht dann die Lampe an und hockt sich auf den Bettrand.

Gide, der bald darauf mit reinem Whisky abgewaschen wird, erzählt keuchend die bittere Geschichte der Prügelei.

»Du hast dich wie ein Narr benommen«, sagt Malcolm düster. »Dieses Rudel hat den Teufel im Leib, und du hättest dir sagen müssen, wie es ausgehen wird. Wenn Vater es hört, wird er wild. Er wird dich noch einmal verprügeln.«

»Dann gehe ich auch weg«, antwortet Gide finster. »Ich denke, ich kann nichts dafür. Und ich bin ein Wells. Ich brauche mich nicht verprügeln zu lassen, verdammt.«

Er schläft bald darauf erschöpft ein, und sein Bruder geht wieder in sein Zimmer zurück.

Der alte John Abbot steht noch eine Weile reglos auf dem Vorbau des Hauses und sieht in die Nacht hinaus.

Eines Tages muß ich es ihnen sagen, denkt der alte Mann. Sie werden Hilfe brauchen. Und es wird nur einen Mann geben, der hier helfen kann.

Warum ist Old Rimrock nur so ein Narr?

Er denkt an die stille und weißhaarige Frau, die niemals mit ihrem Mann über ihren ältesten Sohn zu sprechen wagt. Sie ist still und beugt sich seinem harten Willen, aber Gott allein mag wissen, wie schwer es für die Mutter von Rimrock Wells ist, alles in sich hineinzufressen. Eines Tages wird sie sicher etwas sagen.

Der alte John Abbot geht über den Hof. Er ist alt und grau auf dieser Ranch geworden. Und er denkt, daß er der einzige Mann ist, der etwas über Rimrock weiß, der sein Pferd nahm und verschwand.

*

Old Rimrock wacht mit dem ersten Hahnenschrei auf und blickt auf die Tür zum Zimmer seiner Frau Anne hin. Die Tür ist zu, denn er schnarcht, und sie kann das nicht haben.

Er steht auf und zieht sich an, ein großer und schwerer Mann mit einem Bart und buschigen Augenbrauen.

Er stampft die Treppe hinunter und geht in sein Arbeitszimmer, um sich eine Zigarre zu holen. Aber er findet keine.

»Vergessen, was?« schnarrt er grimmig. »Natürlich vergessen. Oder sind sie in der Küche?«

Er macht die Tür auf, und als er brüllt, wackeln die Fenster.

»Frau, sind meine Zigarren in der Küche?«

»Hier sind keine«, antwortet Anne Wells und macht die Küchentür wieder zu. »Muß das schon am frühen Morgen sein?«

»Ja, es muß«, erwidert er und sieht, wie die Haustür aufgeht und John Abbot hereinkommt.

»Boß, deine Zigarren«, sagt Abbot ruhig und schämt sich nicht, daß er schrecklich lügt. »Gide hat die Dinger zerdrückt. Und nur drei sind noch ganz. Hier sind sie.«

Es sind die letzten aus der Kiste, die ihm Old Rimrock vor drei Monaten zum Geburtstag schenkte.

»Na gut, dann soll er neue holen«, sagt Old Rimrock. »Bestell ihm, er soll in einer halben Stunde bei mir sein, ich muß auch neues Papier haben. Wo steckt er?«

»Er ist ganz früh aufgestanden und zum Fluß geritten«, lügt Abbot. »Sicher kommt er gleich wieder, Boß.«

Der Alte nickt, Abbot geht hinaus und wischt sich den Schweiß von der Stirn.

Old Rimrock geht zur Küche, er hat Durst auf einen Schluck Kaffee.

Er muß an der Tür zu Gides Zimmer vorbei und sieht am Boden Blutflecke.

Ganz langsam öffnet der alte Löwe die Tür und sieht seinen Sohn, der auf der Seite liegt und fest schläft. Und noch langsamer macht Old Rimrock die Tür wieder zu. Die Zigarre steht waagerecht in seinem Mund, seine Augen blinzeln ein wenig, und nur die beiden Adern an Hals und Stirn schwellen an.

Und dann geht der alte Rancher los. Er sieht John Abbot auf der Bank am Küchenanbau sitzen.

»John, mein Guter«, sagt er freundlich. »Da ist noch etwas, komm doch mal her.«

John Abbot sieht ihn an und steht langsam auf. Diesen Ton kennt er. »Well, Boß«, fragt er heiser. »Rimrock, du kannst sagen, was immer du willst, aber…«

»Du gibst zu, daß du gelogen hast?« brüllt da der Alte los. »Weggeritten, als es graute. Zum Fluß geritten. Im Traum vielleicht, du verdammter Lügenbeutel. In seinem Zimmer liegt er und pennt. Und sein Gesicht sieht aus, als wenn eine Dampfwalze darüber hinweggegangen ist.«