Galerie der Leidenschaften - Deanna Lee - E-Book

Galerie der Leidenschaften E-Book

Deanna Lee

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Beschreibung

Zieh dich aus für mich. Mercy Rothell ist Galeristin in Boston. Ihr letzter großer Coup: Sie hat den bekannten Künstler Shamus Montgomery unter Vertrag genommen. Doch nur unter einer Bedingung: Für seine erotischen Skulpturen muss sie ihm nackt Modell stehen. Mit jeder Sitzung, in der Mercy Shamus' Blicke auf ihrem Körper spürt und seine Hände bei der Arbeit betrachtet, wächst ihre Sehnsucht, sich diesem Mann hemmungslos hinzugeben. Doch er hat keinen Sex mit seinen Modellen …

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Deanna Lee

Galerie der Leidenschaften

Erotischer Roman

Aus dem Englischen von Elsie Meerbusch

Ihr Verlagsname

Über dieses Buch

Zieh dich aus für mich.

 

Mercy Rothell ist Galeristin in Boston. Ihr letzter großer Coup: Sie hat den bekannten Künstler Shamus Montgomery unter Vertrag genommen. Doch nur unter einer Bedingung: Für seine erotischen Skulpturen muss sie ihm nackt Modell stehen. Mit jeder Sitzung, in der Mercy Shamus’ Blicke auf ihrem Körper spürt und seine Hände bei der Arbeit betrachtet, wächst ihre Sehnsucht, sich diesem Mann hemmungslos hinzugeben. Doch er hat keinen Sex mit seinen Modellen …

Über Deanna Lee

Deanna Lee ist Autorin mehrerer erotischer Romane.

Inhaltsübersicht

Für meinen Mann, ...1. Kapitel2. Kapitel3. Kapitel4. Kapitel5. Kapitel6. Kapitel7. Kapitel8. Kapitel9. Kapitel10. KapitelEpilog Zwei Monate später

Für meinen Mann, den geduldigsten Menschen der Welt.

 

Für meine Mutter,die mir eine Schreibmaschine schenkte, als ich ihrvon meinem Wunsch erzählte, Schriftstellerin zuwerden.

 

Für meine Schwester,die meine Texte auch gelesen hat, wenn sie schlechtwaren, und die immer Nachschub wollte.

 

Für meine beste Freundin Amy,die mich stets unterstützt und für mich eine Quelleder Inspiration darstellt.

 

Mein Dank gilt meiner Agentin Jess, die michentdeckt und mir geholfen hat, meinen Traum zuverwirklichen.

1

Ich war nun seit etwa acht Monaten bei Frau Dr. Lesley Price in Therapie; sie wusste mehr über mich als sonst jemand auf der Welt, und das nahm ich ihr übel. Sie wusste, was mich nachts wach hielt und welche Kraft es mich kostete, trotzdem eine gewisse Gelassenheit zu bewahren. Dieses Wissen, das sie über mich hatte, würde zu meiner Heilung beitragen, und allein aus diesem Grund versuchte ich, meine Verärgerung für mich zu behalten. Eine Psychotherapie soll angeblich etwas Erleichterndes haben. Ich aber fühlte mich hinterher immer gereizt und irgendwie deprimiert.

«Sie haben Ihr Ziel bald erreicht.»

Ich nickte, schlug ein Bein unter und versuchte, an der beigefarbenen Wand hinter ihrem Kopf einen Fleck zu finden, auf den ich mich konzentrieren konnte. «Ja, ich bin nah dran.»

«Und die Albträume?»

«Keine, seit März.» Ich seufzte und begegnete endlich Lesleys Blick. «Schon gut, okay, ich hatte ein paar.» Ich schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. «Ich hätte zu einem Mann in Therapie gehen sollen.»

«Es fällt Ihnen leichter, einen Mann anzulügen?»

Ich kicherte. «Geht das nicht allen Frauen so? Hören Sie mal, wie oft haben Sie einem Mann gesagt, dass Größe keine Rolle spielt?»

Lesley spitzte einen Moment lang die Lippen und schüttelte dann den Kopf, was ihre braunen Locken zum Tanzen brachte. «Okay. Aber wir sind vom Thema abgekommen.»

«Sie sind abgeschweift, nicht ich.» Ich verschränkte die Arme vor der Brust. «Ich kann nachts immer noch nicht schlafen, und wenn ich mir das nicht ausdrücklich verboten hätte, würde ich ständig Türen und Fenster kontrollieren. Also liege ich jetzt stattdessen wach im Bett und denke darüber nach, dass ich eigentlich nachschauen müsste, ob die verdammten Fenster und die Scheißtür geschlossen sind.»

«Er ist nicht hier in Boston.»

«Nein, das stimmt.» Ich sah mich im Raum um und betrachtete die eleganten Ledersitzmöbel, bevor ich es mir wieder im Sessel bequem machte. Man hätte meinen sollen, dass Ledersessel eine förmliche Atmosphäre erzeugen, doch ich empfand den Raum im Gegenteil als beruhigend und gemütlich. Sonderbar. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass ich mich im Sprechzimmer einer Psychotherapeutin wohl fühlen könnte.

«Was macht der Sex?» Jetzt war sie wirklich gnadenlos. Aber das hatte ich wohl verdient.

«Weit und breit kein Schwanz in Sicht, egal welcher Größe.» Schulterzuckend sah ich auf meine Hände hinunter. «Es scheint einfach keine Männer zu geben, die für mich sexuell interessant sind.»

«Sie wollen wohl sagen, es scheint keine Männer zu geben, die sich im Bett von Ihnen dominieren lassen; also fangen Sie gar nicht erst an.»

Ich zuckte die Schultern und hätte dann beinahe losgekichert, weil ich mir vorstellte, wie ich wohl in schwarzem Leder mit einer Peitsche in der Hand aussehen würde. «Na ja, die Vorstellung hat was.»

«Etwas mehr Respekt bitte, Mercy.» Ich sah auf und begegnete ihrem strengen Blick. Ihr Gesicht war genauso ernst wie eben ihr Tonfall.

«Okay, schwache Männer turnen mich ab. Starke Männer …» Ich holte tief Luft.

«Machen Ihnen Angst.»

«Nein, ich habe Ihnen schon gesagt, dass ich keine Angst vor Männern oder Sex habe. Ich habe Angst vor Jeff King, und zwar eine solche Heidenangst, wie ich es nie für möglich gehalten hätte.»

«Wie beurteilen Sie diese Angst?»

Ich stand auf und marschierte durchs Zimmer. «Warum haben Sie eigentlich keine Couch?»

Lesley lachte. Ich mochte es, wie sie lachte, unverkrampft und trotzdem stark, und das beruhigte mich. «Wäre eine Couch nicht ziemlich altmodisch? Mir ist es lieber, wenn Sie mir gegenübersitzen.»

Ich warf einen Blick auf das elegante Sitzmöbel mit verstellbarer Rückenlehne, aus dem ich mich gerade erhoben hatte. «Ich habe keine Angst vor Sex.»

«Ich glaube Ihnen, dass Sie das glauben.»

Ich hasse Psychogequatsche. Stirnrunzelnd sah ich aus dem Fenster. «Wann haben Sie sich eigentlich den neuen Jaguar gekauft? Freut mich ja, dass mein Geld einem so guten Zweck zufließt.»

«Letzten Monat.» Sie räusperte sich. «Setzen Sie sich, Mercy.»

Ich ging zum Sessel zurück und setzte mich. «Ich habe heute Nachmittag eine wichtige Besprechung.»

«Ja, das sagten Sie vorhin schon. Ist diese Besprechung wichtig für Ihre Laufbahn in der Galerie?»

«Ich glaube schon. Der Aufsichtsrat dürfte kaum einen Grund finden, meinen Vertrag für nächstes Jahr nicht zu erneuern.»

«Das ist Ihnen wichtig.»

«Erfolg ist jedem wichtig.» Ich holte tief Luft; ich hatte hart und wütend gesprochen. Der nächste Satz klang dann wieder mehr nach mir selbst. «Mir ist noch nie jemand begegnet, der sich über einen Misserfolg gefreut hätte.»

«Macht Ihr Chef Ihnen noch immer zu schaffen?»

«Er ist frustriert, das merke ich genau. Ich verstehe ja, dass er seine Stelle in der Galerie nicht verlieren will. Aber ganz unabhängig davon, wie es mit mir weitergeht, er ist jedenfalls so oder so nächsten August weg vom Fenster.»

«Sie genießen es, ihn zappeln zu sehen.»

Ich zuckte innerlich zusammen und verzog dann das Gesicht. «Er benutzt seine Macht, um Frauen zu manipulieren.»

«Sie würden ihn gerne dafür bestrafen, dass er zu wenig Achtung vor Frauen hat.»

Ja, zum Teufel, ich hätte ihn wirklich gerne abgestraft. «Kann sein.»

«Betrachten Sie ihn als jemanden, der Ähnlichkeit mit Ihrem Vergewaltiger hat?»

«Nein. Er ist überhaupt nicht mit Jeff King zu vergleichen. Milton Storey ist ein Kleingeist, der sich nicht auf neue Anforderungen einstellen kann. Bisher hat er sich durch seinen Status und die Beziehungen, die er durch seine Heirat erworben hat, in seiner Position bei Holman halten können. Das reicht nun aber nicht mehr, und jetzt klammert er sich mit aller Gewalt an seinem Stuhl fest.»

«Gibt es in Ihrem Leben irgendwelche Männer, denen Sie vertrauen, Mercy?»

Ich vertraue Martin.

«Ja.» Lesley seufzte. «Aber Martin Colwell ist in New York. Er gehört der Vergangenheit an. Und das wissen Sie.»

«Okay, na gut. In letzter Zeit hab ich’s nicht so mit dem Vertrauen.» Ich blickte auf, und sie notierte etwas auf einem Schreibblock. Genau das konnte ich überhaupt nicht ausstehen, weil ich nie wusste, ob sie gerade ihren Einkaufszettel schrieb oder mir ein psychologisches Profil attestierte, mit dem ich unversehens in der nächsten Psychiatrie landen würde. Der Therapiestundenwecker gongte leise. Ich schoss aus dem Sessel hoch. «Bis zum nächsten Mal also.»

«Mercy.»

Ich setzte mich wieder und biss die Zähne zusammen. «Ja?»

Lesley streckte die Hand aus, nahm den Wecker vom Schreibtisch und steckte ihn in eine Schreibtischschublade. «Sehen wir einmal vom beruflichen Stress ab. Wenn Sie psychische Fortschritte machen wollen, kommen Sie nicht darum herum, sich Ihren persönlichen Themen zuzuwenden.»

«Ich bin hier, weil ich mich meinen persönlichen Themen zuwenden möchte.»

«Ja.» Sie nickte. «Aber jedes Mal, wenn es so aussieht, als würden wir ein Stück weiterkommen, zucken Sie zurück.»

«Ich gebe mir ja Mühe.»

«Ich möchte, dass Sie über Sex nachdenken, Mercy. Denken Sie darüber nach, welchen Platz die Sexualität in Ihrem Leben einnimmt. Schreiben Sie auf, wie ein normales Liebesleben für Sie aussehen würde. Erzählen Sie mir, was Sie vor Ihrer Vergewaltigung am Sex mochten. Mochten Sie es, wenn Sie hart rangenommen wurden?»

Ich wurde vor Scham und Empörung rot. «Gewaltsamer Sex? Wie kommen Sie denn auf so was? Das wäre mir doch im Traum nicht eingefallen.»

«Hart rangenommen werden ist etwas ganz anderes als eine Vergewaltigung.»

«Sicher.»

«Beim Sex können Wünsche erwachen, die vollkommen normal sind, wenn es zwischen Erwachsenen geschieht und beide einverstanden sind.»

«Vielleicht.» Ich wollte nicht darüber reden. Ich stand auf. «Ich muss jetzt los.»

«Machen Sie Ihre Hausaufgaben.»

Ich nickte. «Einverstanden.»

Als ich zwanzig Minuten darauf in die Kunstgalerie trat, spürte ich, wie ein Teil meiner Vergangenheit von mir abglitt. Meine Arbeit in der Holman Gallery war für mich auf eine ganz neue und eigene Art befriedigend. Ich war ausgefüllt und brauchte keinen Mann in meinem Leben.

Im Obergeschoss der Galerie traf ich meine Assistentin Jane Tilwell, die mich vor meinem Büro erwartete. Sie trug einen Hosenanzug von Armani, der ihre beneidenswert schlanke, sportliche Figur phantastisch zur Geltung brachte. Ihr honigblondes Haar war kurz geschnitten, und ich mochte die stachelige Kurzhaarfrisur. Sie wirkte damit modisch und schwungvoll. Und das passte vermutlich genau zu dem Image, das sie sich geben wollte. Ich mochte Jane wirklich ausgesprochen gern.

Gleich, als ich in der Holman Gallery anfing, war mir aufgefallen, dass Jane Tilwell in ihrer jetzigen Position unterfordert war und zur stellvertretenden Galeriechefin befördert werden sollte. Falls alles so lief wie erhofft und ich wirklich Galeriedirektorin wurde, würde ich da sofort tätig werden. Sie lächelte mich offen und freundlich an, wie es ihre Art war.

«Was gibt es?», fragte ich, blieb vor ihr stehen und warf einen Blick in mein Büro.

«Mr. Storey möchte vor der Verhandlung über den Montgomery-Vertrag noch gerne mit dir reden.» Sie reichte mir die Mappe mit dem Vertrag für Shamus Montgomery.

«Wo ist Milton denn?», fragte ich und sah auf die Uhr. Offen gestanden war ein weiteres Gespräch mit Milton Storey über den Montgomery-Vertrag so ziemlich das Letzte, was ich wollte.

«Mr. Storey befindet sich schon im Konferenzsaal.» Sie zeigte mit einer Kopfbewegung in Richtung unseres großen Konferenzraums, der auf der anderen Seite des Gebäudes lag.

Ich musterte sie kopfschüttelnd. «Du siehst in diesem Anzug wirklich verboten gut aus.»

«Ich hab ihn im Ausverkauf gekriegt.» Sie lächelte mit der selbstgefälligen Miene einer Frau, die ein echtes Schnäppchen gemacht hat.

«Du hast einen Armani-Anzug im Ausverkauf gekriegt und mich nicht angerufen?» Ich sah sie einen Moment lang empört an. «Für so was kann man gefeuert werden.»

Jane lachte, während ich in mein Büro ging, meine Handtasche in eine Schreibtischschublade legte und meinen Organizer herausnahm. Die wichtige Besprechung mit Shamus Montgomery war an diesem Tag mein letzter Termin; sonderbarerweise hob das meine Laune aber auch nicht. Ich hatte das zweitgrößte Bürozimmer im zweiten Stock der Kunstgalerie, doch eine gewisse Ähnlichkeit mit einem Goldfischglas war ihm nicht abzusprechen. Eine einzige große Glasscheibe trennte es vom Großraumbüro ab. Der Architekt, der das Galeriegebäude geplant hatte, hatte ein Faible für Glas, Metall und modernes Design gehabt. Ich hasste ihn. Für eine richtige Wand hätte ich glatt meine beste Tasche von Gucci hergegeben.

Das Zimmer war mattweiß gestrichen, und die Möbel schienen mit dem Raum zu verschmelzen. Auf den ersten Blick konnte ein Besucher sie für eine organische Fortsetzung des Teppichs halten. Mir war das unheimlich. Das Großraumbüro war genauso gestaltet: Einem metallgrauen Teppich entwuchs massenhaft Zeugs aus Glas und Stahl, als wäre dort ein Metallgarten angelegt.

Ich nahm die Mappe mit Montgomerys Vertrag und einen Stift mit. Wenn ich die Konfrontation mit Milton hinausschob, half das niemandem und verzögerte höchstens noch den Vertragsabschluss. Als ich aus dem Büro kam und das Großraumbüro durchschritt, wurde es plötzlich still in dieser Arena. In der Galerie hatte ich Freunde und Feinde. Milton Storey war nun seit beinahe fünfzehn Jahren Direktor, und die Entscheidung des Vorstands, mich ins Spiel zu bringen, hatte hier und da für böses Blut gesorgt. Ich wusste, dass ich, falls ich im August selbst Direktorin wurde, vermutlich ein paar Positionen neu besetzen müsste.

Als ich den Konferenzsaal betrat, sprach Milton Storey gerade in sein Handy. Ich setzte mich mehrere Stühle von ihm entfernt und warf die Mappe vor mich auf den Tisch. Ich arbeitete erst seit einem halben Jahr in der Galerie. In dieser Zeit hatte ich das Haus so ziemlich umgekrempelt. Milton hatte die meisten Veränderungen schweigend hingenommen, doch er hatte auch gelernt, wann es sich lohnte, einen Kampf zu führen.

Er beendete sein Gespräch abrupt und wandte sich mir zu. Sein Gesicht wirkte ruhig, doch seine Augen verrieten Zorn und außerdem Angst, was ich leider nicht übersehen konnte. Milton Storey wurde aus einer Position verdrängt, an der er hing. Dann legte er los: «Dieser Vertrag mit Montgomery ist ein Fehler.»

«James Brooks legt Wert darauf, dass der Vertrag mit Shamus Montgomery zustande kommt. Er hat mehr als deutlich gemacht, dass er ein beträchtliches persönliches Interesse an einem erfolgreichen Abschluss hat.» Brooks hatte mir sogar gesagt, dass der Verlust von Montgomery meiner Karriere schaden könnte. «Mir ist klar, dass Sie sich für diesen Künstler von sich aus niemals engagiert hätten, aber wir wissen beide, dass der Vorstand Pläne für diese Galerie hat, die Sie persönlich strikt ablehnen.»

«Noch haben Sie meinen Posten nicht.» Sein Gesicht war zornrot, aber was mich erschreckte, war die Kälte in seinen Augen.

«Was hassen Sie eigentlich am meisten an mir?», gab ich zurück. «Mein Geschlecht, mein Alter oder die Tatsache, dass der Vorstand Sie inzwischen nicht mehr für die Person hält, die weiß, was das Beste für die Galerie ist?»

«Sie selbst sind mir unsympathisch, Ms. Rothell. Ihr Alter und Geschlecht ist mir völlig egal», blaffte er mich an und ließ sich dann in seinen Stuhl zurückfallen. Soweit mir bewusst war, hatte er damit zum ersten Mal seine persönliche Abneigung gegen mich zugegeben.

«Man hat mich in die Holman Gallery geholt, damit ich genau solche Projekte wie dieses hier durchführe.»

«Sie richten eine Galerie zugrunde, die ich in jahrelanger Arbeit aufgebaut habe. Sie haben zahlreiche vulgäre Machwerke hier hereingeholt, die unsere Klientel vertreibt.»

«In den sechs Monaten, seit ich die Sammlung betreue, haben unsere Einnahmen sich verdoppelt.»

«Geld, das durch kaum verhüllte Pornographie verdient wurde.»

«Sollten Sie ein Problem damit haben, wie der Laden hier läuft, wenden Sie sich bitte an den Vorstand.»

Ich sah, wie sein Gesicht zornrot anlief, doch er schwieg. Seit dem Tag, an dem ich meine offen gesagt etwas unterbelichtete junge Vorgängerin in der Position der stellvertretenden Galeriedirektorin abgelöst hatte, war es die Nummer eins auf seiner Agenda gewesen, mich zu demontieren.

Doch seine Intrigen machten mir keine Angst. Ich wusste, was der Vorstand wollte, und lieferte es in Hülle und Fülle. Die Tür ging auf, und als Jane Shamus Montgomery hereinführte, setzten wir beide ein Lächeln auf.

Auf meine erste Begegnung mit Shamus Montgomery hatte ich mich drei Tage lang vorbereitet. Doch als ich ihm dann zum ersten Mal persönlich gegenüberstand, wusste ich sofort, dass ich bei weitem nicht gut genug vorbereitet war. Meine Großmutter hatte einmal gesagt, Männer seien wie Wein. Das stimmt. Manche sind herb und schwer zu schlucken, andere dagegen liegen einem so voll und süß auf der Zunge, dass es den ganzen Körper von Kopf bis Fuß durchschauert.

Ich fragte mich, zu welcher Sorte dieser Mann wohl gehören würde.

Der für seine leidenschaftlichen erotischen Skulpturen berühmte Shamus Montgomery gab mir, attraktiv wie er war, plötzlich das Gefühl, dass mir ein Mann im Bett fehlte – und er zog mich mit Blicken geradezu aus. Ich starrte zurück und begutachtete ihn ebenso unverfroren.

Tiefbraune Haut. Augen, die so dunkel waren, dass man sie fast schwarz nennen konnte. Und ausgeprägte, wie gemeißelt wirkende Gesichtszüge, um die jedes Model ihn beneidet hätte. Er trug den typischen kurzen Haarschnitt vieler schwarzer Männer. Und die ganz leicht schräg stehenden Augen riefen seine chinesische Großmutter in Erinnerung.

Ich wusste viel über den Künstler Shamus Montgomery. Doch kaum hatte ich ihn zum ersten Mal gesehen, war mir klar, dass ich auch mehr über ihn als Mann wissen wollte. Es gab keinen Zweifel, dass er mich scharfmachte. Meine körperliche Reaktion überraschte mich. Es war lange her, seit ein Mann zum letzten Mal mein sexuelles Interesse erregt hatte.

Ich stand auf und reichte ihm die Hand. Als sie in der seinen verschwand, hielt ich einen Moment lang den Atem an. Warm, schwielig und stark, dachte ich gleich beim ersten Händedruck. «Freut mich sehr, Mr. Montgomery. Holman weiß die Ehre zu schätzen, die Galerie der Wahl für Ihre nächste Ausstellung zu sein.»

Da, zwei volle Sätze. Ich entzog ihm meine Hand und bezwang das überwältigende Verlangen, über den Konferenztisch zu krabbeln und mich auf seinen Schoß zu kuscheln. Ich setzte mich. Ich nutzte die Zeit, in der Milton den Künstler begrüßte, um wieder zu mir zu kommen. Shamus hatte mich sexuell so angeturnt, dass ich einen Moment lang völlig durcheinander gewesen war.

«Ich bin Ihretwegen hier, Ms. Rothell. Ihnen eilt ein großer Ruf voraus.»

Die Röte stieg mir ins Gesicht, und das nervte mich total. Rot werden gehörte nicht zum Image der smarten, modernen Frau. Ich hatte mehr als zwei Jahre darauf verwandt, mich wieder aufzubauen. Psychotherapie, Selbstverteidigungskurse und meine Entschlossenheit hatten mir geholfen, mir einen Platz in der Welt zu schaffen, an dem ich mich sicher fühlen konnte, weil ich alles unter Kontrolle hatte.

Ich lehnte mich im Stuhl zurück, und Shamus Montgomery entschied sich für den Platz unmittelbar mir gegenüber. Er war groß, mindestens einsneunzig, und er bewegte sich so geschmeidig wie eine große Raubkatze. Er setzte sich und sah dann ausschließlich mich an, als wäre ich allein mit ihm im Raum. Diese Art männlicher Aufmerksamkeit hatte ich früher immer sehr genossen, doch jetzt machte sie mich befangen. Mein Gott, der Mann war einfach atemberaubend.

Ich wartete, bis er saß, bevor ich etwas sagte. «Sie haben gesagt, dass Sie zweiundzwanzig bereits fertiggestellte Objekte ausstellen wollen.»

«Ja, aber ich zeige immer dreiundzwanzig Werke. Und mein Publikum erwartet das von mir.» Er neigte den Kopf und sah mir aufmerksam ins Gesicht. «Für die abschließende Arbeit brauche ich die richtige Frau.»

«Die Galerie wird Ihnen dabei behilflich sein, ein Modell zu finden.» Ich zog den Vertrag aus der Mappe und legte ihn vor mich. Die richtige Frau. Ich unterdrückte ein Stirnrunzeln. Hatte ich diesem wahnsinnig attraktiven Mann gerade die richtige Frau versprochen?

«Ich habe mich schon für ein Modell entschieden.»

Er hat schon die richtige Frau gefunden, dachte ich. Die Glückliche. Sobald ich herausgefunden hatte, wer sie war, würde ich sie wahrscheinlich innigst hassen. «Gut. Ich habe die von Ihrem Anwalt gewünschten Vertragsänderungen vorgenommen und die bereits vereinbarten Änderungen wieder mit eingeschlossen. Ich muss jedoch gestehen, dass dem Vorstand Ihre Vertrauensbruchklausel nur mit Mühe schmackhaft zu machen war.»

«Ich überlasse meine Arbeiten nicht gerne Menschen, denen ich nicht vertrauen kann. Falls ich mit der Holman Gallery keine unangenehmen Überraschungen erlebe, wird mein Werk selbstverständlich in Ihren kompetenten Händen bleiben.» Er hielt inne, sah mir aufmerksam ins Gesicht und fragte leise: «Wollen Sie nicht wissen, wer für mich Modell sitzen wird?»

Ich zwang mich, seinem Blick zu begegnen, und schwelgte im Anblick dieser dunkelbraunen Augen und dichten dunklen Wimpern. In seinen Augen und auf den leicht nach oben gebogenen festen Lippen lag Humor. Wieder verspürte ich ein heftiges Verlangen, Duft und Geschmack dieses Mannes zu erkunden. Ich ließ den Blick über seine ausgeprägten, kantigen Gesichtszüge wandern. Der Mann mir gegenüber sah aus wie ein gefallener Engel. Ein zutiefst anzüglicher, reizvoller gefallener Engel.

Sein Lächeln erwidernd, blickte ich nachdrücklich auf den Vertrag, bevor ich antwortete. «Die Galerie wird das von Ihnen für Ihre letzte Arbeit gewünschte Modell besorgen.» Ich schob den Vertrag zusammen mit dem Stift über den Tisch.

Milton Storey stöhnte auf, als Shamus den Stift ergriff und den Vertrag mit einem energischen Schriftzug unterzeichnete. Er schob mir die Seiten über den Tisch zurück, ließ sie aber nicht los, als ich danach griff. «Ich erwarte Sie dann um achtzehn Uhr.»

Ohne Miltons geschocktes Aufkeuchen zu beachten, sah ich auf und begegnete seinem Blick

Ich gaffte ihn mit offenem Mund an. «Verzeihung?»

«Sie werden mir für mein letztes Projekt Modell sitzen, Ms. Rothell.» Ich unterzeichnete die beiden Ausfertigungen des Vertrags, und er stand auf. «Sie wissen, wo mein Atelier liegt?»

Ich nickte vollkommen verwirrt. Mit überraschend ruhigen Händen reichte ich ihm seine Vertragskopie und lehnte mich dann im Stuhl zurück. Überrumpelt wie ich war, empfand ich sogar einen gewissen Stolz darüber, dass ich nicht vergessen hatte, die Verträge zu unterzeichnen und ihm seine Ausfertigung auszuhändigen. Ich sah zu, wie er den Vertrag faltete und in die Innentasche seines Jacketts steckte.

Nachdem er noch ein paar Worte mit Milton gewechselt hatte, ging der verdammte Typ hinaus und ließ mich mit dem Vertrag zurück.

Bemüht, nicht zu zittern, legte ich das Dokument wieder in die Mappe, auf der Shamus Montgomerys Name prangte, und stand auf. «Ich muss die Papiere abheften.»

Ohne Milton noch eines Blickes zu würdigen, verließ ich den Raum und eilte in mein Büro.

Dort stieß ich auf Jane. Sie sprang lächelnd von meinem Schreibtisch auf. «Ich habe alle E-Mails in deinem Anfragenordner beantwortet. Morgen Vormittag hast du vier Termine, und ich habe den Flug für Ms. Carol Banks fest gebucht. Sie wird wie geplant Freitag hier eintreffen.» Jane stellte sich vor mich und sah mich aufmerksam an. «Und?»

Ich nickte. «Er hat unterschrieben.»

«Heiliger Strohsack, Mercy! Wie cool!» Sie nahm die Mappe aus meiner fast gefühllosen Hand. «Was ist los?»

Ich schluckte kräftig und schüttelte den Kopf. «Du wirst es nicht glauben.»

«Komm schon, raus mit der Sprache.»

«Shamus Montgomery möchte, dass ich ihm für sein letztes Ausstellungsobjekt Modell sitze.»

«O Gott!»

Ja, allerdings. O Gott. Der verdammte Kerl hatte den Vertrag erst nach meiner Zusicherung unterschrieben, dass die Galerie ihm das gewünschte Modell zur Verfügung stellen würde. Damit hatte er mich wirklich in eine ausweglose Situation manövriert. Ausweglos und gleichzeitig faszinierend. Ich war erregt und verängstigt zugleich. Ich konnte nicht abstreiten, dass ich Shamus Montgomery wahnsinnig attraktiv fand.

«Mercy, das ist doch total klasse.»

Ich drehte mich um und starrte sie wütend an. «Und was, Jane, soll daran bitte total klasse sein?»

«Komm schon! Dieser tolle Typ möchte, dass du dich nackt ausziehst, damit er nach deinem Vorbild eine Skulptur erschaffen kann. Was zum Teufel könnte denn besser sein?»

Ich war dreißig Pfund über meinem Idealgewicht und kämpfte mit Größe 40. Ich hatte nie zu den Frauen gehört, die ständig Diät machen; dennoch wäre ich gern ein bisschen schlanker gewesen. Außerdem hatte ich nicht die geringste Lust, für einen Künstler zu strippen. Ich schüttelte leise den Kopf, merkte dann aber, dass Jane mich kritisch musterte. Sie ging stirnrunzelnd zur Bürotür und machte sie zu.

Dann drehte sie sich um und sah mich energisch und aufmunternd an. «Mercy, du bist eine wirklich schöne Frau.»

«Danke, Jane.» Ich hielt mich nicht für unattraktiv und konnte Jane nicht erklären, was ich wirklich dachte.

«Du hast ein wunderschönes Gesicht und einen tollen, erotischen Körper.» Mit ausgestreckten Armen zeichnete sie ihre eigene straffe, schlanke Figur nach. «Ich seh doch fast aus wie ein Junge.»

Lachend schüttelte ich den Kopf und setzte mich hinter meinen Schreibtisch. «So einen Jungen hab ich wirklich noch nie gesehen.»

Jane lehnte sich gegen meinen Schreibtisch. «Schau mal, jemand wie Shamus Montgomery liegt bei so was niemals verkehrt. Er will dich als Modell, Mercy. Nicht mich und nicht Miss Johnson mit ihren falschen Titten da draußen.»

Ich blickte durch die Scheibe ins Großraumbüro, wo Sarah Johnson arbeitete. «Du meinst, die sind aus Silikon?»

«Aber natürlich. Was denn sonst?» Jane schnaubte. «Ich hab mir schon überlegt, dass ich sie beim Umweltschutzamt anzeigen müsste.»

«Wieso denn das?»

Jane zuckte die Schultern. «Die Frau ist garantiert nicht mehr biologisch abbaubar.»

Ich lachte und sah mir Sarah noch einmal an. Milton hielt an ihrem Schreibtisch Hof. In meinen Augen war Milton ein grauenhafter Langweiler, aber mir war vollkommen klar, warum Sarah Interesse heuchelte. Sie glaubte, dass er ihr in der Kunstwelt weiterhelfen konnte. Auch wenn klar war, dass seine Tage bei der Holmann Gallery gezählt waren, verfügte Milton Storey doch noch über Einfluss.

Milton hörte auf, vor Fräulein Umweltgefahr zu balzen, und näherte sich meinem Büro. «Am besten machst du dich jetzt dünn», legte ich Jane nahe. «Sonst fragt er dich mal wieder, warum du noch immer nicht mit seinem Junior ausgegangen bist.»

Jane verzog das Gesicht und schoss an Milton vorbei nach draußen, als dieser gerade in mein Büro trat. Ihr plötzlicher Abgang verwirrte ihn einen Moment lang, und sein Blick zuckte mehrmals von ihrer aufregenden Figur zu mir und wieder zurück, bevor er sich auf mein Gesicht heftete.

«Was kann ich für Sie tun, Milton?»

«Ich habe gerade Sarah von dem Vertrag mit Shamus Montgomery erzählt. Sie wäre bereit, an Ihrer Stelle Modell zu sitzen.» Milton steckte die Hände in die Hosentaschen und legte den Kopf schief. «Sie ist jung und schlank.»

Jung, schlank und aus Silikon. Ein einziger Blick auf Sarah, und ich wusste genau, was in ihrem Kopf vorging. Ich würde niemals zulassen, dass sie in ihrem Evaskostüm aus der Änderungsschneiderei eines Schönheitschirurgen für Shamus Montgomery posierte. Auch wenn ich noch daran zweifelte, dass ich wirklich für ihn Modell sitzen wollte, so war mir doch vollkommen klar, dass ich sie auf keinen Fall in dieser Rolle dulden würde. «Mr. Montgomery hat seine Wahl getroffen. Und ich habe ihm versprochen, dass die Galerie ihm das gewünschte Modell zur Verfügung stellt.» Ich lehnte mich in meinem Bürosessel zurück und genoss es, Milton zappeln zu sehen.

Schließlich blickte er zu Sarah hinüber und zuckte die Schultern.

Miss Tolle Titten starrte mich wütend an und beugte sich wieder über ihre Arbeit.

Mein Telefon läutete. Milton schlenderte aus meinem Büro und ließ dabei die Tür hinter sich offen, was ich hasste wie die Pest. Als ich den Hörer abnahm, stand Jane schon da und machte lautlos zu. Sie würde mir fehlen, wenn ich ins Gefängnis kam, weil ich Milton ermordet hatte.

«Hallo?»

«Ms. Rothell.»

Shamus Montgomery. Seine Stimme klang sanft und kultiviert, aber dennoch weckte sie etwas unsagbar Wildes in mir. Ich wollte ihn wegen seiner Anmaßung zurechtweisen. Aber in Wirklichkeit gefiel mir seine Arroganz so sehr, dass ich die nächste Auseinandersetzung mit ihm kaum erwarten konnte. Aber vielleicht ging es ihm ja ganz ähnlich, sonst hätte er mich nicht so schnell angerufen.

«Mr. Montgomery. Wie gut, dass Sie sich melden. Sie haben mir praktisch keine Zeit gelassen, über Ihr Angebot nachzudenken.» Nach meiner hitzigen Eröffnung schwieg er einen Moment lang.

«Das war kein Angebot.»

Seufzend sah ich auf meinen Schreibtisch hinunter und warf dann einen Blick auf Jane, die im Großraumbüro saß. Sie hielt ein Blatt Papier hoch, auf dem in großen roten Lettern SHAMUS MONTGOMERY IST EIN GOTT stand. Ich warf ihr einen wütenden Blick zu und drehte meinen Sessel dann so, dass ich weder sie noch die alberne Aufschrift sehen musste.

«Ich kann Ihnen versichern, dass es Dutzende von Frauen gibt, die mit dem größten Vergnügen für Sie nackt Modell sitzen würden. Nur gehöre ich zufällig nicht dazu.» Das war eine verdammte Lüge. Na ja, eine halbe Lüge. Die Vorstellung, mich für Shamus Montgomery auszuziehen, bereitete mir keinerlei Schwierigkeiten; nur mit dem Modellstehen konnte ich mich einfach nicht anfreunden. Ich konzentrierte mich auf meine Fingernägel und blickte finster auf die Nagelhäutchen. Die demonstrierten ausgezeichnet, wie ich mich fühlte: ramponiert.

«Ich habe das Gefühl, dass Sie einmal etwas Neues ausprobieren sollten.»

«Ich schmore nicht im eigenen Saft», blaffte ich ihn an und ärgerte mich sofort über mich selbst, da er ja gar nichts dergleichen behauptet hatte.

Sein Schweigen war beunruhigend. Ich konnte geradezu hören, wie sich die Rädchen in seinem Kopf drehten, während er darüber nachdachte, was meine heftige Reaktion über mich aussagte. Ich schloss die Augen und wartete darauf, dass er etwas sagte. Irgendetwas.

«Kommen Sie pünktlich, Mercy.»

Er legte auf. Ich schlug die Beine übereinander und versuchte, mein feuchtgewordenes Höschen und das sanfte Pulsieren meiner Klitoris nicht zu beachten. Verärgerung und Begehren lieferten sich einen Kampf in meinem Körper, und da ich weder das eine noch das andere abreagieren konnte, war ich gefrustet und gründlich verwirrt. Ich konnte mich nicht erinnern, je einem Mann begegnet zu sein, der eine derart heftige körperliche Reaktion bei mir hervorrief.

Ich drehte meinen Bürosessel herum und schaute zu Jane hinüber, die so tat, als arbeite sie an ihrem Computer. Bei einem Blick auf meinen eigenen Monitor sah ich, dass mein Instant Messenger blinkte. Ich klickte das Fenster an und fand eine Nachricht von Jane:

«Nur ein Volltrottel würde sich die Chance entgehen lassen, einen Sommer NACKT an Shamus Montgomerys Seite zu verbringen.»

«Du kannst mich mal», mailte ich zurück, und dann schaltete ich den Messenger aus.

Ich sah, dass Jane kicherte, drehte meinen Bürostuhl zum Fenster und schaute nach draußen. Sie hatte recht. Shamus Montgomery war ein attraktiver, hochtalentierter Mann, und manche Frauen reisten Tausende von Meilen, um für ihn Modell zu stehen. Ich sollte mich durch die Einladung in sein Atelier geehrt fühlen. Er war ein großartiger Künstler, und ich wusste, was er aus einer Frau herausholen konnte. Dennoch beunruhigte es mich, dass er versuchte, sich auch meiner Seele zu bemächtigen.

Mich vor einem Mann wie Shamus auszuziehen war ein viel größerer Schritt als alles, woran meine Therapeutin und ich bisher gearbeitet hatten. Der Gedanke, ausgeliefert und verletzlich zu sein, war mir unerträglich. Ich hatte mir alle Mühe gegeben, mein schreckliches Erlebnis in New York zu überwinden, aber das hieß noch lange nicht, dass ich mich nackt zur Schau stellen wollte.

Trotz all dieser Ängste und meiner Verärgerung darüber, dass er mich ausmanövriert hatte, war da eine leise sexuelle Erregung, die ganz dicht unter der Oberfläche simmerte. Mich überkam die Vorstellung, ich spürte seine Hände und er legte sich mit seinem ganzen Gewicht auf mich und schöbe unverfroren seinen Schwanz in meine Unerfülltheit. Ich ließ den Kopf sinken. «Was für ein nervenzerfetzender Albtraum.»

 

Nach der Arbeit eilte ich nach Hause, um Zuflucht in meiner Wohnung zu suchen. Ich lebte nun seit zwei Jahren in Boston und hatte mir in dieser Zeit ein Zuhause geschaffen, einen Ort, der ganz auf mich zugeschnitten war und mir ganz allein gehörte. Es war eine Zweizimmerwohnung mit Küche und großem Bad. Ich hatte sie modern, aber behaglich eingerichtet und alle Räume cremeweiß gestrichen. Später hatte es mich dann überkommen, und ich hatte knallbunte Kissen und Läufer gekauft und in allen Zimmern verteilt. Ich gestand mir selbst durchaus ein, dass meine Wohnung meine Zufluchtsstätte vor den Unbilden der Welt war. Schließlich hatte ich auf die harte Tour gelernt, wie grausam das Leben sein konnte.

Ich zog die Schuhe aus und stellte sie neben die Tür. Nachdem ich rasch die Post durchgegangen war und die Werbung weggeworfen hatte, nahm ich den Rest mit in die Küche und setzte mich.

Der erste Brief kam aus New York, und der Absender war mein Ex-Lover Martin. Die Beziehung zu Martin war eine der wenigen in meinem Leben, bei der die Freundschaft das Ende der sexuellen Beziehung überdauert hatte. Der Brief sah aus wie eine Hochzeitseinladung. Ich hatte recht. Mit finsterer Miene las ich die Karte und warf sie dann auf den Tisch. Mir war klar, dass ich nicht hingehen würde. Selbst für die Hochzeit eines Freundes war ich nicht imstande, mein Unbehagen zu überwinden und nach New York zu fahren.

Die Hochzeitskarte hatte mich aus der Fassung gebracht, und ich wusste auch, warum. Es war selbstsüchtig und schrecklich gemein, aber ich bedauerte, dass Martin jemanden gefunden hatte, mit dem er sein Leben teilen wollte. Wobei er das mit Sicherheit verdient hatte. Martin war der netteste Mann, der mir je über den Weg gelaufen war. Es war schrecklich selbstsüchtig von mir, aber insgeheim wäre es mir am liebsten gewesen, wenn er weiter auf Abruf für mich bereitgestanden hätte. Von mir selbst entsetzt, strich ich mir rasch mit der Hand übers Gesicht.

Ich stand auf, machte mir ein Sandwich und setzte mich damit an den Küchentisch. Dann öffnete ich meine restliche Post, und zum Schluss war nur noch ein großer brauner Umschlag aus dem Museum übrig, für das ich in New York gearbeitet hatte. Schlimmstes befürchtend, machte ich ihn auf und kippte den Inhalt auf dem Tisch aus. Ich wusste gar nicht mehr, dass ich mich mit meiner privaten Adresse in die Mailing-Liste des Museums eingetragen hatte, aber dem war offensichtlich so. Was für ein idiotischer Fehler. Die glänzenden Werbebroschüren rutschten durcheinander, als ich eine Pressemitteilung mit einem Foto Jeff Kings herausgriff. Er war befördert worden und hatte nun die Position inne, die ich vor mehr als zwei Jahren aufgegeben hatte.

Mein Gott, wie ich ihn hasste! Ob ich wohl jemals so weit kommen würde, dass ich sein Gesicht sehen konnte, ohne geradezu körperlich zu fühlen, wie seine Hände sich in mein Fleisch krallten? Fast meinte ich, sein Rasierwasser zu riechen. Es machte mich rasend, dass schon sein Foto genügte, in meinen Schutzraum einzudringen und mich zu verletzen.

Das Telefon läutete, als ich gerade den letzten Bissen meines Sandwichs herunterwürgte. Ich stürzte mich erleichtert auf den Hörer. «Hallo?»

«Hi. Was trägst du heute Abend, wenn du zu Montgomery gehst? Hast du auch daran gedacht, dass die Dessous aufeinander abgestimmt sein müssen? Und leg doch dieses tolle Parfüm auf, das wir letzte Woche in der Mall gekauft haben, du weißt schon, das mit dem Namen dieser Sängerin.» Jane schwieg einen Moment lang. «Hey, bist du noch dran?»

«Ja. Ich ziehe mein ärmelloses blaues Kleid an und natürlich auch eine passende Unterwäschegarnitur, aber Parfüm lege ich nicht auf.»

«Ach, komm schon, Mercy!»

«Jane, ich habe nicht die Absicht, Shamus Montgomery zu verführen oder sonst irgendwie zu provozieren.»

Ich blickte mich in der Küche um und sah dann kurz auf meine Post, die noch auf dem Küchentisch lag.

«Wenn bei dir nicht bald mal was passiert, muss ich meine Mitgliedschaft beim Penthouse-Forum erneuern.»

Ich lachte, weil sie wie ein quengeliges Kind klang. «Warum siehst du nicht zu, dass du selbst mal wieder flachgelegt wirst? Verdammt, dann könntest du’s gleich für mich mit machen.»