Gebrauchsanweisung für München - Thomas Grasberger - E-Book

Gebrauchsanweisung für München E-Book

Thomas Grasberger

0,0
12,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Manche glauben, München bestehe nur aus Dallmayr und Maximilianstraße, Käfer-Zelt und Schickimicki, Freizeitspaß im Voralpenland und einer Stadtsilhouette ohne Hochhäuser. Aber München ist mehr. Hinter den Kulissen der Film- und Bierstadt gibt es Skurriles und Vielfältiges zu entdecken, nicht nur im Englischen Garten oder an den Stammtischen der bayerischen Grantokratie. Thomas Grasberger ergründet das kulturelle Leben jenseits von Oktoberfest, Gasteig und Tollwood; er erkundet die Seele des »echten« Münchners, seine Föhnfühligkeit und andere Hinterfotzigkeiten des lokalen Wetters. Der Autor führt uns in eine Zeit, als Schwabing noch Boheme bedeutete und Giesing noch ein Arbeiterviertel war.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Inhalt

Cover & Impressum

Prolog – Versuch über das Nichts oder Von der Schwierigkeit, eine Stadt zu beschreiben, die es so nie gegeben hat

Ankunft

Wo, bittschön, ist München?

München von Kopf bis Fuß

Und wächst und wächst und wächst – Boomtown München

Umland ist überall

Das Leben ist Föhn – Münchner Wetter

Der echte Münchner?

Phantomsch(m)erz Schickeria

Noch echter: der Zugereiste

Ja wie reden Sie denn? Sprache in München

Glaubensfragen

Essen

Königin im Schweinsdarm – die Weißwurst

Trendsport? Lauter neue Wellen!

Total neben der Spur – Vom Kampf der Räder

Fußball

Nach Strich und Tafel – Armut in einer reichen Stadt

Mythos Bier oder Die Topografie des Brauens

Lang lebe die Demokratie!

Lang lebe der König!

Münchner Kultur oder Das Kreuz mit der Dauerwelle

Zen oder Die Kunst, einen Biergarten zu finden

Immer gemütlich? Der Münchner bei der Arbeit

Ja wo leben wir denn? Luxusgut Wohnen

Epilog – Da geh her! Schön dableiben

Münchner Lebensart? Eine Momentaufnahme, Frühjahr 2020

Glossar

München von Kopf bis Fuß

Bei aller Liebe des Münchners zur Mobilität gibt es auch so etwas wie eine Kernzone. Jene Ansammlung von Häusern, Straßen und Grünzonen, die der Eingeborene oder Zugereiste mit Leben erfüllt, wenn er nicht gerade in Italien oder beim Skifahren am Spitzing ist. Von Großstadt wollen wir in diesem Zusammenhang aber nicht reden. Der Berliner Schriftsteller, Philosoph und Kritiker Ludwig Marcuse hat einmal den Begriff »dörfliche Großstädter« geprägt und über diese recht treffend gesagt: »Auch der Großstädter wohnt nie in einer großen Stadt, sondern in irgendeinem Dörfchen innerhalb von New York, London, Paris, Berlin.«

Das gilt auch für München. Es besteht aus vielen kleinen Dörfern, die mehr oder weniger lose zusammenhängen und dabei doch organisch miteinander verbunden sind. Sie alle haben nicht nur verschiedene Größen, sondern auch unterschiedliche Funktionen, die für das Gesamtgefüge mehr oder weniger bedeutend sind. Sie können sich das wie einen menschlichen Körper vorstellen. Die Kernzone München ist im Großen so aufgebaut wie ein einzelner Münchner im Kleinen. Diese Behauptung macht eine anatomische Untersuchung notwendig. Beginnen wir mit der Visite:

Stellen Sie sich einen echten Münchner vor. Nackt. Auch kein schöner Anblick, werden Sie jetzt vielleicht sagen, zumindest nicht beim ersten Hinschauen. Das macht nichts. Die Stadt München ist auf den ersten Blick, nämlich oberflächlich und an ihren Rändern betrachtet, auch nicht besonders reizvoll. Es bedarf eines genaueren Hinsehens. Also, ein echter, nackter Münchner: mit Hand und Fuß und Kopf und einer sauberen Wampn, einem von Hopfen und Schwein wohlgeformten Bauch. Nur den gamsbärtigen Trachtenhut und ähnlich folkloristischen Zierrat müssen wir ihm vorher noch abnehmen. Auf die Stadt bezogen heißt das, wir kümmern uns nicht weiter um das Hofbräuhaus und vergleichbare Touristeneinrichtungen. Was anatomisch nicht zwingend ist, wird weggelassen und an die nächstbeste japanische Reisegruppe verschenkt.

Fahren wir fort mit der medizinischen Untersuchung. Und zwar oben am Kopf. Wo der beim Münchner idealtypisch ungefähr zu verorten ist, dürfte klar sein. Aber wo hat die Stadt ihren Kopf?

Die bayerische Staatskanzlei, sagen viele, scheide für die Rolle schon mal aus, weil ein Kopf per definitionem etwas ist, das in irgendeiner Form Intelligenz beherbergen muss. Das ist arg polemisch, und dennoch: Die Staatskanzlei eignet sich schon rein architektonisch viel besser für eine rustikale Schulter- und Nackenpartie samt kräftig entwickelten Oberarmen. Mia san mia!

Vielleicht ist der Kopf eher ein wenig randständig, zum Beispiel draußen im Südwesten, in Martinsried-Großhadern. Das Forschungszentrum für Biotechnologie als das Gehirn Münchens? Klingt eigentlich vernünftig, andererseits: ein gentechnischer Kopf? Zum Schluss wird unser Modell-Münchner noch ein g’spaßiger Mutant. Dann hat er vielleicht bald zwei Köpfe oder drei? Schaut auch nicht gut aus. Nicht einmal bei einem Bayern.

Ebenso wenig ist das boomende Informationstechnologiezentrum im Nordwesten Münchens als Kopf geeignet. Unser Anatomie-Münchner hätte dann einen Bildschirm auf. Das würde zwar gut zur Laptop- und Lederhosen-Philosophie der Nackenpartie, also der bayerischen Staatskanzlei, passen, verträgt sich aber nicht so gut mit den Erfordernissen des Fremdenverkehrs. Unser Münchner hätte dann statt eines Gesichts nur mehr eine Mattscheibe. Und so was ist in München nur ausnahmsweise erlaubt, nämlich bei Föhn.

Ende der Leseprobe