Gebrauchsanweisung für Niederbayern - Teja Fiedler - E-Book

Gebrauchsanweisung für Niederbayern E-Book

Teja Fiedler

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Beschreibung

Um es gleich vorwegzunehmen: Niederbayern hat weder Voralpenpanorama noch Fünfseenland, keine einzige Großstadt und keinen Profifußballklub. Aber den Bayerischen Wald und die Donauschleife. Die Herzogsstädte Passau, Deggendorf und Straubing. Die Landshuter Fürstenhochzeit, den politischen Aschermittwoch und das Scharfrichterhaus, die Wiege des bayerischen Kabaretts. Haindling mit seiner Wallfahrtskirche. Das Bäderdreieck Füssing, Griesbach und Birnbach sowie die heilige Dreifaltigkeit. Barocke Opulenz und frommen Klassizismus, Schafkopfen und sinnenfrohes Watten, Fahnenweihen, Volksfeste mit handfesten Raufereien und echten Blaskapellen. BMW, modernste Unternehmen und Privatbrauereien im Überfluss. Und den kleinsten ICE-Bahnhof Deutschlands, den großzügigsten Marktplatz und die besten »Weiberl«, womit keine Frauen gemeint sind …

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www.piper.de

ISBN 978-3-492-97198-0 Mai 2015 © Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2006 Karte: cartomedia, Karlsruhe Coverkonzeption: Büro Hamburg Covergestaltung: Birgit Kohlhaas, kohlhaas-buchgestaltung.de Covermotiv: Marktplatz von Regen (Hubertus Blume/mauritius images) Litho: Lorenz & Zeller, Inning a. A. Datenkonvertierung: CPI books GmbH, Leck  

Für alle niederbayerischen Freunde, die mir bei der Arbeit entscheidend halfen, ganz besonders Angela, Suzanne, Marlis, Werner, Sepp, Georg und nochmals Sepp.

Niederbayern – Bayern ohne Make-up

Ich bin in Niederbayern aufgewachsen. Bin im Sommer barfuß in die Plattlinger Volksschule gegangen, habe in der Maiandacht »Meerstern, ich dich grü-ü-ü-ü-ße« gesungen und nach den Mädchen auf der Empore gegenüber geschielt, diese Mädchen später beim Baden an der Isar befummelt und mir in zwei Volksfestraufereien eine blutige Nase geholt (was besonders schmerzhaft war, weil die anderen angefangen hatten).

Ich bin stets Niederbayer geblieben. Auch wenn ich schon lange nicht mehr dort lebe. Doch ich komme immer wieder zurück. Ich mag meine Heimat. Niederbayern ist Bayern ohne Make-up. Ein Land, in dem die Menschen sie selber sind und sich selbst genügen. Sie verzichten auf die Lifestyle-Schminke, die anderswo häufig mehr das Leben ausmacht, als das Leben an und für sich. In Niederbayern bläst der Wind rauher, ist die Sprache gröber und schmeckt das Schweinerne mit Semmelknödeln und Sauerkraut herzhafter als sonstwo im Freistaat.

Kleiner Griff in die Geschichtskiste: Wo stellten schon die Römer, die bekanntlich zu leben wußten, ihre Villen mit Unterflurheizung und Thermalbad nördlich der Alpen hin? Etwa ins Erdinger Moos oder an den Fuß des Wendelsteins? Nein, sie ließen sich an der Donau, im heutigen Gäuboden, nieder und spähten bei Wein, Weib und Gesang aus ihren Kastellen zum anderen Ufer. Dort rotteten sich im dunklen Wald die Horden zottelhaariger Menschen im Bärenfell zusammen, die bald als Bajuwaren ausschwärmen und das römische Nachtigallenzungen-Gratin durch den Leberkäs ersetzen sollten.

Will sagen, in Niederbayern stand die Wiege der bayerischen Zivilisation, und von hier aus richteten auch die bairischen Herzöge ihre Herrschaft auf. – Kurzer orthographischer Einschub: »bairisch« oder »Baiern« mit einem i steht für den altbairischen Volksstamm, »bayerisch« und »Bayern« mit Ypsilon für den Freistaat und die heutige Sicht der Dinge.

Der erste Wittelsbacher von Format war Ludwig der Kelheimer, ein Einheirater und Städtegründer besonderer Güte, dessen Karriere 1231 auf der Donaubrücke seiner Heimatstadt von einem Meuchelmörder jäh gestoppt wurde. Aus der Mitgift seiner Frau stammt auch das optische Unterpfand des Bayerntums: die weißblaue Raute. Sie zierte zuvor das Wappen der Grafen von Bogen, ebenfalls Niederbayern, deren letzter Sproß die vom Kelheimer gefreite Ludmilla war.

Unglücklicherweise waren wir Niederbayern für Büttenredner und andere Berufs-Lachsäcke lange die Deppen der Nation, bis die Ostfriesen uns ablösten. Niederbayern stand für Hinterwald und tiefste Provinz, für Brett vor dem Kopf und Gehirn in Walnußgröße.

Das haben wir ein paar Phänomenen zu verdanken. Dem Wolferstetter Keller zu Vilshofen etwa. Dort polterte jeden Aschermittwoch Franz Josef Strauß selig vor vollem Haus und vollen Maßkrügen gegen die Russen und andere Rote los, in einer bayerisch-barocken Diktion, die Intelligenzquotienten und Hochdeutschkenntnisse bei keinem der Anwesenden überforderte. Und dann verschwand er zum Klang des Bayerischen Defiliermarsches durch Tabakschwaden und Begeisterungsstürme wieder hinaus in den politischen Alltag. Für den Rest der Republik war Vilshofen eine Art Komödienstadel.

(Der Wolferstetter Keller als solcher kann nichts dafür. Das ist eigentlich eine ganz handfeste Brauerei-Wirtschaft, in der später bei geringerem Publikumsandrang auch die SPD die Fastenzeit einläuten durfte.)

Außerdem belächelte man jenseits der weißblauen Grenzen, daß in Niederbayern die CSU regelmäßig bei jeder Wahl ein Ergebnis einfuhr, das die besten Resultate der Schwesterpartei CDU im tiefschwarzen Cloppenburg/Land noch weit übertraf und den christlich-sozialen Abgeordneten, der in seinem Stimmkreis nicht die Sechzig-Prozent-Hürde übersprang, in eine Sinnkrise stürzte.

Und wenn man dann auch noch diesen Dialekt mit seinen nasalen, dumpfen Vokalen hörte und höchstens halb verstand, dann stand für die amüsierten »Kenner« meiner Heimat fest: Diese Seppeln sind einfach folkloristische Witzfiguren!

Das ist natürlich ein deppertes Vorurteil vom Kaliber der »tiefen slawischen Sääle« oder der »italienischen Feigheit«. Niederbayern sind konservativ, fromm bis frömmlerisch und manchmal von aufreizender Beharrlichkeit. Aber eben nicht nur. Und bei weitem nicht alle.

Wo könnte man im Klischee vom Hinterwäldler Menschen wie den Abensberger Bierbrauer Leo Salleck unterbringen, der alles über Leonardo da Vinci weiß und im Kellergewölbe neben Weißbier und Brezen für seine Gäste eine naturgetreue Kopie des »Abendmahls« in Originalgröße bereithält? Wo die Kabarettistenschar von Bruno Jonas, Siggi Zimmerschied und Ottfried Fischer bis zum Niederbayern türkischer Herkunft Django Asül? Oder Anna Rosmus mit ihrer couragierten Aufarbeitung der Nazi-Vergangenheit ihrer Heimatstadt, die der Passauerin den Sophie-Scholl-Preis einbrachte? Meinen Plattlinger Jugendfreund Alexeij Sagerer, der damals noch Rudi hieß und seit Jahrzehnten eine feste Größe des Münchner Theaterbetriebs ist? Gar nicht zu reden von Roman Herzog, dem Exbundespräsidenten aus Landshut.

Nur in billigen Witzen und teuren Tourismusbroschüren ist Niederbayern stromlinienförmig. Im wahren Leben ist meine Heimat so widersprüchlich und unterschiedlich wie alle Gegenden dieser Welt, wenn man genauer hinschaut. Niederbayern kann dicht nebeneinander urwüchsig, verschandelt, komisch, hinterfotzig (Erklärung folgt noch!), modern, traditionsbewußt und vernagelt sein.

Ich habe mich bemüht, es so zu beschreiben. Eigene Kapitel über bewährte Bavarica wie Bier, CSU oder Preiß’n wird der Leser vergeblich suchen. Das sind Themen, die ganz Bayern angehen und nicht nur uns. Aber natürlich sind sie immer wieder die treibende Hefe in oder zwischen den Zeilen dieses Buches. Bei allen meinen Landsleuten, die sich von mir ungerecht behandelt fühlen sollten, entschuldige ich mich im vorhinein. Es irrt der Mensch, solang er strebt. Oder ein bisserl weniger geschwollen: »Was woaß denn i scho!«

Fahnenweihe

Nein, das hätte keiner geglaubt, daß es der Stieglbauer Heidi so aus der Feder fließen täte, auch wenn sie auf der Kreissparkasse arbeitet:

»Heut ist für unsere Wehr ein großer Tag, vergessen ist die ganze Müh und Plag. Vom Herrgott gesegnet, vom Priester geweiht, soll dieses Band euch begleiten, für die Jahre und die Zeit.«

Da mußte die Mama vor Rührung schnell ein paar Tränen aus dem Augenwinkel wischen, bevor sie hinuntergelaufen wären in den imposanten Ausschnitt ihres Festtagsdirndls. Mei Tochta, dachte sie zärtlich bewundernd. Der Herr Pfarrer nickte wohlgefällig ob der Erwähnung des unbedingt nötigen himmlischen Beistands für die Fahne der Freiwilligen Feuerwehr von Oberhinterbach und für diese selbst.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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