Gedankenspiele über die Geselligkeit - Karl-Markus Gauß - E-Book

Gedankenspiele über die Geselligkeit E-Book

Karl-Markus Gauß

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Beschreibung

Der begnadete Essayist und preisgekrönte Autor Karl-Markus Gauß stellt seine Gedankenspiele über die Geselligkeit an. Was ist Geselligkeit eigentlich genau und warum ist sie wichtig? Wann finden gesellige Momente statt? Mit wem teilt man sie – nur mit engsten Freund*innen oder auch mit Wildfremden? Und was unterscheidet sie von den vermeintlich verwandten Begriffen wie der Freundschaft und Gemütlichkeit? Wie ist es historisch betrachtet um die Geselligkeit bestellt? Von Schleiermacher bis Simmel oder kuriosen Ratgeberfundstücken von 1940 bis zum dänischen Exportgut aus der jüngsten Zeit – Karl-Markus Gauß beleuchtet scharf, klug und auch mit einem Augenzwinkern diesen wunderbaren Begriff, der in niemandes Leben zu kurz kommen sollte.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 25

Veröffentlichungsjahr: 2025

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Karl-Markus Gauß

 

Gedankenspiele über die

Geselligkeit

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Literaturverlag Droschl

Auf dem Friedhof einer Kleinstadt in Apulien entdeckte ich vor mehr als vier Jahrzehnten einen Grabstein, dem ich eine Lehre fürs Leben verdanke. Aus einem ovalen, etwas verwitterten und aufgebogenen Foto in Schwarz-Weiß schaute mich ein alter Mann mit verhaltenem Lächeln an, und über seinem Bildnis und den Lebensdaten stand der Satz: »Amava le ore solitarie e socievoli.« Ich war so begeistert, dass ich die junge Frau, die mich begleitete, sogleich wissen ließ, dass genau dieser Satz dereinst auf meiner Parte abgedruckt werden sollte: Er liebte die einsamen und die geselligen Stunden! Sie versprach es dem Jüngling im nachsichtigen Wissen, dass er ihr zu imponieren versuchte, und ist bis heute froh, noch nicht in die Lage versetzt worden zu sein, mir seinen Wunsch erfüllen zu müssen.

Ich liebe es, jeden Tag einige Stunden und jeden Monat ein paar Tage für mich in selbstgewählter Einsamkeit zu verbringen und bei der Arbeit keinen zu haben, auf dessen Einwände ich eingehen müsste oder an den ich mich um Rat wenden könnte, sondern ganz auf mich allein gestellt zu sein. Die Geselligkeit aber achte ich als die wahrhaft demokratische unter den Tugenden, gründet sie doch auf der Begabung und dem Willen freier Menschen, sich befristet miteinander zu verbinden, nicht um Verabredungen zu treffen, Netzwerke aufzubauen, Geschäfte anzubahnen oder dass der eine den anderen von seiner Sicht auf die Welt überzeuge. Vielmehr erinnert die Geselligkeit daran, dass uns nicht alles zum Mittel für Zwecke dienen muss, sondern Menschen einander ohne Berechnung als Gleiche unter Gleichen begegnen und in ihrer Verschiedenheit akzeptieren können. Nein, akzeptieren ist zu wenig, sondern sich vielmehr daran erfreuen, gleichen Ranges und doch in Temperament, Auffassungen, Ansichten, Eigenheiten verschieden zu sein.

Fragt man ein wenig herum, was »gesellig« bedeute, bekommt man zu hören: freundlich, umgänglich, aufgeschlossen, interessiert, ungezwungen, unterhaltsam, wohlwollend, menschenzugewandt, aufmunternd, gesprächsfreudig … Das alles sind löbliche Eigenschaften, die man nicht für sich alleine entfalten kann, die Geselligkeit setzt voraus, dass man sich in Gesellschaft begibt, sie sucht und durch sein Verhalten auch miterschafft. Gesellig kann nur sein, wer Teil einer regelmäßig zusammentreffenden Gruppe, eines spontan sich bildenden Kreises, einer zufälligen oder geplanten Zusammenkunft von mehreren Menschen wird und durch seine Präsenz, beteiligt am Gespräch auch als Zuhörer, das Seine zur Bildung dieser Gesellschaft beiträgt.