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Auf regelmäßigen Spaziergängen berichtet Oehler, der früher mit Karrer ging, einem Dritten, warum Karrer verrückt geworden und nach Steinhof hinaufgekommen ist. Für Karrer war das Gehen Anlaß und Ausdruck seiner Denkbewegung. »Mit Karrer zu gehen, ist eine ununterbrochene Folge von Denkvorgängen gewesen.«, Denkvorgänge, in den Karrer sich klarwerden wollte über die Beziehung des Denkens zu den Gegenständen, über das Verhältnis von Bewegung und Stillstand.
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Seitenzahl: 131
Veröffentlichungsjahr: 2012
Thomas Bernhard
Gehen
Suhrkamp Verlag
Es ist ein ständiges zwischen allen Möglichkei-
ten eines menschlichen Kopfes Denken und zwi-
schen allen Möglichkeiten eines menschlichen
Hirns Empfinden und zwischen allen Möglich-
keiten eines menschlichen Charakters Hinund-
hergezogenwerden.
Während ich, bevor Karrer verrückt geworden ist, nur am Mittwoch mit Oehler gegangen bin, gehe ich jetzt, nachdem Karrer verrückt geworden ist, auch am Montag mit Oehler. Weil Karrer am Montag mit mir gegangen ist, gehen Sie, nachdem Karrer am Montag nicht mehr mit mir geht, auch am Montag mit mir, sagt Oehler, nachdem Karrer verrückt und sofort nach Steinhof hinaufgekommen ist. Und ohne zu zögern, habe ich zu Oehler gesagt, gut, gehen wir auch am Montag, nachdem Karrer verrückt geworden ist und in Steinhof ist. Während wir am Mittwoch immer in die eine (in die östliche) Richtung gehen, gehen wir am Montag in die westliche, auffallenderweise gehen wir am Montag viel schneller als am Mittwoch, wahrscheinlich, denke ich, ist Oehler mit Karrer immer viel schneller gegangen als mit mir, weil er am Mittwoch viel langsamer, am Montag viel schneller geht. Aus Gewohnheit gehe ich, sehen Sie, sagt Oehler, am Montag viel schneller als am Mittwoch, weil ich mit Karrer (also am Montag) immer viel schneller gegangen bin als mit Ihnen (am Mittwoch). Weil Sie, nachdem Karrer verrückt geworden ist, nicht mehr nur am Mittwoch, sondern auch am Montag mit mir gehen, brauche ich meine Gewohnheit, am Montag und am Mittwoch zu gehen, nicht zu ändern, sagt Oehler, freilich haben Sie, weil Sie jetzt Mittwoch und Montag mit mir gehen, Ihre Gewohnheit sehr wohl verändern müssen und zwar in für Sie wahrscheinlich unglaublicher Weise verändern müssen, sagt Oehler. Es sei aber gut, sagt Oehler und er sagt in unmißverständlich belehrendem Ton, von größter Wichtigkeit für den Organismus, ab und zu und in nicht zu großem Zeitabstand, die Gewohnheit zu ändern, und er denke nicht nur an ändern, sondern an ein radikales Ändern der Gewohnheit. Sie ändern Ihre Gewohnheit, sagt Oehler, indem Sie jetzt nicht nur am Mittwoch, sondern auch am Montag mit mir gehen und das heißt jetzt abwechselnd mit mir in die eine (in die Mittwoch-) und in die andere (in die Montag-)Richtung, während ich meine Gewohnheit dadurch ändere, daß ich bis jetzt immer Mittwoch mit Ihnen, Montag aber mit Karrer gegangen bin, jetzt aber Montag und Mittwoch und also auch Montag mit Ihnen gehe und also mit Ihnen Mittwoch in die eine (in die östliche) und Montag mit Ihnen in die andere (in die westliche) Richtung. Außerdem gehe ich zweifellos und naturgemäß mit Ihnen anders als mit Karrer, sagt Oehler, weil es sich bei Karrer um einen ganz anderen Menschen als bei Ihnen und also bei Karrers Gehen (und also Denken) um ein ganz anderes Gehen (und also Denken) handelt, sagt Oehler. Er, Oehler, habe durch die Tatsache, daß ich, nachdem Karrer verrückt geworden und nach Steinhof, Oehler sagt, wahrscheinlich endgültig nach Steinhof gekommen ist, Oehler vor der Entsetzlichkeit, so er selbst, gerettet, am Montag allein gehen zu müssen; dann wäre ich Montag überhaupt nicht mehr gegangen, sagt Oehler, denn es gibt nichts Entsetzlicheres, als am Montag allein gehen zu müssen. Montag, sagt Oehler und allein gehen zu müssen, ist das Entsetzlichste. Mir ist der Gedanke ganz einfach unvorstellbar, sagt Oehler, daß Sie Montag nicht mit mir gehn. Und daß ich also Montag allein gehen muß, was mir ganz unvorstellbar ist. Während Oehler die Gewohnheit hat, seinen Mantel vollkommen geschlossen zu tragen, trage ich meinen Mantel vollkommen offen. Was, denke ich, bei ihm auf seine fortwährende Angst vor Verkühlung und vor Erkältung bei offenem Mantel zurückzuführen ist, ist bei mir auf meine fortwährende Angst, in geschlossenem Mantel ersticken zu müssen, zurückzuführen. Und so hat Oehler tatsächlich fortwährend Angst, erfrieren zu müssen, während ich fortwährend Angst habe, ersticken zu müssen. Während Oehler hohe, bis über seine Knöchel hinaufreichende Schuhe anhat, habe ich Halbschuhe an, weil ich nichts mehr hasse als hohe Schuhe, wie Oehler nichts mehr als Halbschuhe haßt. Eine Ungezogenheit (und eine Dummheit!), sagt Oehler immer wieder, in Halbschuhen zu gehen, eine Unsinnigkeit, in solchen hohen, schweren Schuhen zu gehen, sage ich. Hat Oehler einen breitkrempigen, schwarzen Hut, habe ich einen schmalkrempigen, grauen. Wenn Sie sich angewöhnen könnten, einen solchen breitkrempigen Hut zu tragen, wie ich ihn trage, sagt Oehler oft, während ich oft zu Oehler sage, wenn Sie sich angewöhnen könnten, einen solchen schmalkrempigen Hut zu tragen, wie ich. Auf Ihren Kopf paßt kein schmalkrempiger, sondern nur ein breitkrempiger Hut, sagt Oehler zu mir, während ich zu Oehler sage, auf Ihren Kopf paßt nur ein schmalkrempiger, nicht aber ein so breitkrempiger Hut, wie Sie ihn aufhaben. Während Oehler Fäustlinge anhat, immer die gleichen Fäustlinge, dicke, derbe Wollfäustlinge, die ihm seine Schwester gestrickt hat, habe ich Handschuhe an, dünne, allerdings gefütterte Schweinslederhandschuhe, die mir meine Frau gekauft hat. Nur in Fäustlingen ist einem wirklich warm, sagt Oehler immer wieder, nur in Handschuhen und auch nur in solchen geschmeidigen Lederhandschuhen, sage ich, sind die Hände so beweglich wie meine Hände. Oehler trägt schwarze stulpenlose Hosen, während ich graue Hosen mit Stulpe trage. Wir gehen aber nicht mehr von unserer Kleidung ab und so ist es unsinnig, zu sagen, Oehler solle einen schmalkrempigen Hut, eine Hose mit Stulpe, nicht so enge Röcke, wie er sie anhat, tragen etcetera, ich solle Fäustlinge, schwere, hohe Schuhe anziehen, etcetera, weil wir von der Kleidung, die wir anhaben, wenn wir weggehen, und die wir schon jahrelang anhaben, jahrzehntelang anhaben, wenn wir weggehen, gleich, wo wir hingehen, nicht mehr abgehen, weil uns diese Kleidung in Jahrzehnten zur endgültigen Gewohnheit und also zur endgültigen Kleidung geworden ist. Hören wir etwas, sagt Oehler Mittwoch, prüfen wir, was wir hören und prüfen, was wir hören, so lange, bis wir sagen müssen, das Gehörte ist unwahr, es ist eine Lüge, das Gehörte. Sehen wir etwas, prüfen wir das, was wir sehen, so lange, bis wir sagen müssen, das, was wir sehen, ist entsetzlich. So kommen wir das ganze Leben nicht mehr aus Entsetzlichkeit und Unwahrheit und aus Lüge heraus, sagt Oehler. Tun wir etwas, so denken wir über das, was wir tun, so lange nach, bis wir sagen müssen, es ist etwas Gemeines, es ist etwas Niedriges, es ist etwas Unverschämtes, es ist etwas ungeheuerlich Trostloses, was wir tun, und daß naturgemäß falsch ist, was wir tun, ist selbstverständlich. So wird uns jeder Tag zur Hölle, ob wir wollen oder nicht, und was wir denken, wird, wenn wir es überdenken, wenn wir dazu die erforderliche Geisteskälte und Geistesschärfe haben, in jedem Falle immer zu etwas Gemeinem und Niedrigem und Überflüssigem, was uns lebenslang auf die erschütterndste Weise deprimiert. Denn alles, was gedacht wird, ist überflüssig. Die Natur braucht das Denken nicht, sagt Oehler, nur der menschliche Hochmut denkt sein Denken ununterbrochen in die Natur hinein. Was uns durch und durch deprimieren muß, ist die Tatsache, daß wir durch dieses unverschämte Denken in die gegen dieses Denken naturgemäß völlig immunisierte Natur hinein nur immer noch in eine größere Deprimation hineinkommen, als die, in der wir schon sind. Die Zustände werden durch unser Denken naturgemäß, sagt Oehler, zu immer noch unerträglicheren Zuständen. Denken wir, wir machen die unerträglichen Zustände zu erträglichen Zuständen, so müssen wir bald einsehen, daß wir die unerträglichen Zustände nicht zu erträglichen und auch nicht zu erträglicheren Zuständen gemacht haben (machen haben können), sondern nur noch zu noch unerträglicheren Zuständen. Und mit den Umständen ist es wie mit den Zuständen, sagt Oehler, und mit den Tatsachen ist es dasselbe. Der ganze Lebensprozeß ist ein Verschlimmerungsprozeß, in welchem sich fortwährend, dies Gesetz ist das grausamste, alles verschlimmert. Sehen wir einen Menschen, müssen wir uns in kurzer Zeit sagen, was für ein entsetzlicher, was für ein unerträglicher Mensch. Sehen wir die Natur, müssen wir sagen, was für eine entsetzliche, unerträgliche Natur. Sehen wir etwas Künstliches, gleich welches Künstliche, müssen wir in kurzer Zeit sagen, was für eine unerträgliche Künstlichkeit. Gehen wir, sagen wir ja auch in der kürzesten Zeit, was für ein unerträgliches Gehen, wie, wenn wir laufen, was für ein unerträgliches Laufen, wie, wenn wir stehen, was für ein unerträgliches Stehen, wie, wenn wir denken, was für ein unerträgliches Denken. Machen wir eine Begegnung, denken wir in der kürzesten Zeit, was für eine unerträgliche Begegnung. Machen wir eine Reise, sagen wir uns in der kürzesten Zeit, was für eine unerträgliche Reise, was für ein unerträgliches Wetter, sagen wir, sagt Oehler, über gleich was für ein Wetter, wenn wir über, gleich was für ein Wetter, nachdenken. Ist der Verstand ein scharfer, ist das Denken das rücksichtsloseste und das klarste, sagt Oehler, müssen wir in der kürzesten Zeit von allem sagen, daß es unerträglich und entsetzlich sei. Die Kunst ist also zweifellos die, das Unerträgliche zu ertragen und, was entsetzlich ist, nicht als solches, Entsetzliches zu empfinden. Diese Kunst als die schwierigste zu bezeichnen, ist selbstverständlich. Die Kunst, gegen die Tatsachen zu existieren, sagt Oehler, ist die Kunst, die die schwierigste ist. Gegen die Tatsachen existieren, heißt, gegen das Unerträgliche und gegen das Entsetzliche existieren, sagt Oehler. Wenn wir nicht immerfort gegen, sondern nur immerfort mit den Tatsachen existieren, sagt Oehler, gehen wir in der kürzesten Zeit zugrunde. Tatsache ist, daß unsere Existenz eine unerträgliche und entsetzliche Existenz ist, existieren wir mit dieser Tatsache, sagt Oehler, ohne gegen diese Tatsache zu existieren, gehen wir auf die erbärmlichste und auf die gewöhnlichste Weise zugrunde, es sollte uns also nichts wichtiger sein, als immerfort wenn auch nur in, so doch gleichzeitig gegen die Tatsache einer unerträglichen und einer entsetzlichen Existenz zu existieren. Die gleiche Anzahl Möglichkeiten, in (und mit) der Tatsache der unerträglichen und entsetzlichen Existenz zu existieren, ist die gleiche, wie gegen die unerträgliche und entsetzliche Existenz und also in (und mit) und gleichzeitig gegen die Tatsache der unerträglichen und entsetzlichen Existenz. Der Mensch hat immer die Möglichkeit, in (und mit) einer und folglich in allen und gegen alle Tatsachen zu existieren, ohne gegen diese Tatsache und gegen alle Tatsachen zu existieren, wie er immer die Möglichkeit hat, zwar in (und mit) einer Tatsache und mit allen Tatsachen zu existieren und gegen eine und alle Tatsachen und also vor allem gegen die Tatsache, daß die Existenz unerträglich und entsetzlich ist. Es ist immer eine Frage von Geisteskälte und Geistesschärfe und von Rücksichtslosigkeit von Geisteskälte und Geistesschärfe, sagt Oehler. Die meisten Menschen, über achtundneunzig Prozent, sagt Oehler, haben weder Geisteskälte, noch Geistesschärfe und haben nicht einmal Verstand. Diesen Beweis hat zweifellos die ganze bisherige Geschichte erbracht. Wohin wir schauen, weder Geisteskälte, noch Geistesschärfe, sagt Oehler, alles eine riesige, eine erschütternd lange Geschichte ohne Geisteskälte und ohne Geistesschärfe und also ohne Verstand. Wenn wir die Geschichte anschauen, deprimiert vor allem ihre völlige Verstandeslosigkeit, von Geistesschärfe und Geisteskälte ganz zu schweigen. Insoferne ist es keine Übertreibung, zu sagen, die ganze Geschichte ist eine völlig verstandeslose Geschichte, wodurch sie auch eine vollkommen tote Geschichte ist. Wir haben zwar, sagt Oehler, wenn wir die Geschichte anschauen, wenn wir in die Geschichte hineinschauen, wozu es einem Menschen wie mir von Zeit zu Zeit nicht an Kühnheit fehlt, eine ungeheure Natur hinter, tatsächlich unter uns, aber in Wirklichkeit gar keine Geschichte. Die Geschichte ist eine Geschichtslüge, behaupte ich, sagt Oehler. Aber zurück zum Einzelnen, sagt Oehler. Verstandhaben hieße doch nichts anderes, als mit der Geschichte und in erster Linie mit der eigenen persönlichen Geschichte schlußmachen. Von einem Augenblick auf den andern überhaupt nichts mehr akzeptieren, heißt Verstand haben, keinen Menschen und keine Sache, kein System und naturgemäß auch keinen Gedanken, ganz einfach nichts mehr und sich in dieser tatsächlich einzigen revolutionären Erkenntnis umbringen. Aber so zu denken, führt unweigerlich zu plötzlicher Geistesverrücktheit, sagt Oehler, wie wir wissen und was Karrer mit plötzlicher totaler Verrücktheit hat bezahlen müssen. Er, Oehler, glaube nicht daran, daß Karrer jemals wieder aus Steinhof entlassen wird, dazu ist seine Verrücktheit eine zu elementare, sagt Oehler. Sich zwar immer mehr und mehr in den aufregendsten und in den ungeheuerlichsten und in den epochemachendsten Gedanken zu schulen und sich solchen einzigen für ihn noch möglichen Gedanken mit einer noch immer größeren Entschlossenheit vollkommen auszuliefern, sei seine tagtägliche Disziplin, aber nur immer bis zu dem äußersten Grade vor der absoluten Verrücktheit. Geht man so weit, wie Karrer, sagt Oehler, ist man plötzlich entschieden und absolut verrückt und mit einem Schlag wertlos geworden. Denken und immer mehr und immer mehr mit immer größerer Intensität und mit einer immer noch größeren Rücksichtslosigkeit und mit einem immer noch größeren Erkenntnisfanatismus, sagt Oehler, aber nicht einen Augenblick zu weit denken. Jeden Augenblick können wir zu weit denken, sagt Oehler, einfach zu weit gehen in unserem Denken, sagt Oehler, und alles ist wertlos. Darauf komme ich jetzt wieder zurück, worauf Karrer immer wieder zurückgekommen war, sagt Oehler, daß es nämlich auf der Welt oder besser in dem, was wir als die Welt bezeichnen, weil wir es immer als die Welt bezeichnet haben, überhaupt keinen Verstand gibt, analysieren wir, was der Verstand ist, müssen wir sagen, es gibt überhaupt keinen Verstand, aber das hat Karrer schon analysiert, sagt Oehler, daß es nämlich, wie Karrer ganz richtig gesagt hat und worauf er durch fortgesetzte Beschäftigung mit diesem unglaublich faszinierenden Gegenstand schließlich gekommen ist, keinen Verstand, sondern nur einen Unterverstand gibt. Der sogenannte menschliche Verstand, sagt Oehler, ist, wie Karrer gesagt hat, immer nur ein sogenannter Unterverstand, auch Subverstand. Denn wäre Verstand möglich, sagt Oehler, wäre ja auch Geschichte möglich, aber Geschichte ist nicht möglich, weil Verstand nicht möglich ist, und aus Unterverstand oder Subverstand, eine Erfindung Karrers, sagt Oehler, entsteht Geschichte nicht. Die Tatsache des Unterverstandes oder des sogenannten Subverstandes, sagt Oehler, ermöglicht aber zweifellos den Fortbestand der Natur durch die Menschen. Hätte ich Verstand, sagt Oehler, hätte ich ununterbrochen Verstand, sagt er, hätte ich mich längst umgebracht, aber ich habe mich nicht umgebracht, weil ich nicht ununterbrochen Verstand habe. Was an dem oder von dem, was ich sage, zu verstehen ist, sagt Oehler, ist daran zu verstehen, was daran nicht zu verstehen ist, ist daran nicht zu verstehen. Wenn auch nicht alles zu verstehen sei, so sei doch alles eindeutig, sagt Oehler. Was wir Denken nennen, hat ja auch mit Verstand nichts zu tun, sagt Oehler, hierin hat Karrer recht, wenn er sagt, wir haben keinen Verstand, weil wir denken, denn Verstand zu haben, bedeutete, nicht zu denken und also kein Denken zu haben. Was wir haben, ist nichts als nur Verstandesersatz. Ein Ersatzdenken ermöglicht unsere Existenz. Das ganze Denken, das gedacht wird, ist ein Ersatzdenken, weil wirkliches Denken nicht möglich ist, weil es wirkliches Denken nicht gibt, weil die Natur wirkliches Denken ausschließt, weil sie wirkliches Denken ausschließen muß. Sie mögen mich jetzt für verrückt halten, sagt Oehler, aber wirkliches und das heißt,
tatsächliches Denken, ist vollkommen ausgeschlossen. Wir bezeichnen aber, was wir für Denken halten, als Denken, wie wir als Gehen bezeichnen, was wir für Gehen halten, wie wir sagen, wir gehen, wenn wir glauben, wir gehen und gehen, sagt Oehler. Was ich jetzt gesagt habe, hat überhaupt nichts mit Ursache und Wirkung zu tun, sagt Oehler. Und sagen wir ruhig Denken, wo es sich nicht um Denken handelt, und sagen wir ruhig Verstand, wo es sich überhaupt nicht um Verstand handeln kann, und sagen wir ruhig, es handle sich um alle Begriffe