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In Gemeinsam durch die Zeit nimmt die Autorin die Leserschaft mit auf eine bewegende Reise durch sechs Jahrzehnte ihres Lebens. Im Mittelpunkt dieser berührenden Kurzgeschichten stehen neun Menschen, die in entscheidenden Momenten als Wegweiser, Mentorin oder Freund auftraten. Sie alle haben auf ihre Weise Spuren hinterlassen, Gedanken angestossen und Entscheidungen mitgeprägt. Lassen Sie sich inspirieren von den Geschichten, die zeigen, wie wir gemeinsam durch die Zeit gehen und wie die Begegnungen mit anderen unser Leben nachhaltig verändern können. zur Autorin: Lisbeth Born ist 1958 geboren und lebt im Zürcher Oberland. Vor ihrer Pensionierung war sie im Sozialbereich, Personalwesen, Tourismus und Management tätig. Sie ist Mutter von drei Kindern und hat zwei Enkel.
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Seitenzahl: 67
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Für Jana und Andrin
Anmerkung
Henric 1970 – 1974
Marina 1979 – 1988
Jürgen 1984 – 1998
Christina 1986 – 1992
Impressionen
Thomas 1994 – 2000
Uschi 1999 – 2002
Anmerkung der Autorin
Ivan 2003 – 2020
Anmerkung der Autorin:
Steff 2010 – 2013
David 2001 – 2024
Dank
Diese Erzählungen sind autofiktional. Das heisst, alle in diesem Buch vorkommenden Personen sind real. Einige Details der Geschichten sind aus Datenschutzgründen abgeändert worden oder frei erfunden, weil die wahren Gegebenheiten nicht mehr bekannt sind.
Der Titel und Klappentext sind mithilfe von KI generiert worden.
Wieder so ein 1. Schultag an einem mir vollkommen fremden Ort. Meine Familie kommt aus Schweden und mein Vater arbeitet als Ingenieur in internationalen Firmen. Deshalb bin ich heute fernab der Heimat, diesmal in Unterägeri im Kanton Zug, wo ich die 6. Klasse absolvieren soll. Das Dorf hat knapp 5’000 Einwohnerinnen und Einwohner und ist sehr bäuerlich geprägt. Ich bin ja gespannt, was mich hier erwartet. Zum Glück habe ich bereits die ersten Schuljahre in der Schweiz absolviert und spreche daher Deutsch.
Trotzdem – ich verstehe die Aufregung nicht, welche schon bei meiner Ankunft den Pausenhof erfasst. Sind vielleicht meine langen, blonden Haare oder meine coolen, blauen Gummistiefel mit weissem Leuchtband rundherum die Gründe dafür? Oder kommt der Wirbel schlicht daher, dass in Unterägeri jeder ein Exot ist, welcher nicht schon seit Generationen ansässig ist?
Egal warum und weshalb, was kann sich ein 12-jähriger Teenager Besseres wünschen, als so sehr umschwärmt zu werden und im Mittelpunkt zu stehen? Die Jungs buhlen laut und direkt um meine Freundschaft. Die Mädchen hingegen gehen subtiler vor. Sie setzen alle mehr oder weniger vorhandenen Reize ein, um mich zu beeindrucken. Ich selber schaue dem Ganzen vorerst mal zu und geniesse einfach die Aufmerksamkeit.
Eigentlich sollte ich eh andere Prioritäten setzen. Ich muss mich nicht nur schulisch integrieren, was schwierig genug ist, es ist auch die letzte Klasse vor dem Übertritt in die Oberstufe. Meine Eltern erwarten gute Noten und natürlich das Erreichen der standesgemässen Sekundarschule A, welche mir später weiterführende Studien erlaubt. Als wüsste ich jetzt schon, ob ich überhaupt studieren möchte. Dennoch versuche ich die Balance zu finden zwischen den schulischen Anforderungen und meinen eigenen, pubertären Interessen.
Auf dem täglichen Schulweg vom Dorf hinauf ins Waldheimquartier und zurück fällt mir immer wieder ein Mädchen aus der Parallelklasse auf. Sie ist eher klein, mit Brille, unscheinbar und zu schüchtern, um im Rennen um meine Gunst mitzumischen. Doch wir sind fast unmittelbare Nachbarn, und deshalb kommen wir unweigerlich irgendwann ins Gespräch.
Es zeigt sich, dass Lise eine sehr gute Zuhörerin ist und wohltuend unbeteiligt an den Dramen und Rivalitäten um mich herum. Inzwischen habe ich mich nämlich für eines der Mädchen entschieden und «gehe» mit Brigitte. Es ist aber ziemlich kompliziert. Mal will sie, dann will sie wieder nicht, mal tue ich alles, um sie zu gewinnen, mal ist es mir zu anstrengend. Es ist ein endloses Auf und Ab von Glückseligkeit und Herzschmerz.
Lise beruhigt mich, wenn ich unglücklich bin, sie vermittelt, wenn es Missverständnisse gibt, und sie freut sich mit mir, wenn ich im Hoch bin. Was mit einem Schulweggeplänkel begann, entwickelt sich mehr und mehr zu einer Freundschaft.
Mittlerweile habe ich zur Freude meiner Eltern den Übertritt in die Sekundarklasse A geschafft, was es jedoch nicht einfacher macht. Eigentlich habe ich weder Zeit noch Lust, mich mit Mathematik, Deutsch und schon gar nicht mit Französisch auseinanderzusetzen. Glücklicherweise ist Lise eine der Klassenbesten. Obwohl sie in die Parallelklasse geht, ist sie immer wieder bereit, mir bei den Hausaufgaben oder schwierigen Prüfungsvorbereitungen zu helfen.
Da sie aus einer Grossfamilie kommt und dort wenig Platz und noch weniger Privatsphäre hat, treffen wir uns jeweils bei mir zu Hause. Ich habe im Gegensatz zu ihr den Luxus eines eigenen Zimmers und sogar einen eigenen Fernseher. Also quatschen wir, schauen fern oder erledigen die schulischen Pflichten.
Meine Mutter ist ein riesengrosser Fan von diesem anständigen, ruhigen Mädchen. Wahrscheinlich hegt sie die Hoffnung, dass Lise mir meine pubertären Flausen etwas austreiben kann.
Das Hauptaugenmerk von mir und meinen Freundinnen und Freunden dreht sich in dieser Phase nämlich fast ausschliesslich um die Fragen, bei wem zu Hause die nächste Party steigen wird, wer dabei ist beim Fussballspiel im Waldheimwäldli oder wann wieder eine sonntägliche Disco in der Aula des Schulhauses stattfinden wird.
Zum Glück gibt es genügend Mitschülerinnen und Mitschüler, welche einen geeigneten Raum und die Erlaubnis der Eltern für Partys haben. Wir brauchen nicht viel: eine Musikanlage, Chips, Getränke und natürlich die leere Flasche für das bekannte Küss-Spiel. Dabei sitzen alle im Kreis und reihum dreht jede und jeder die Flasche auf dem Boden. Diejenige Person, auf die der Flaschenhals zeigt, muss bzw. darf geküsst werden.
Die etwa vierzig Schülerinnen und Schüler der beiden Sekundarklassen haben sich unausgesprochen in zwei Lager aufgeteilt, die «Braven» und die «Coolen». Letztere sind eine Gruppe von zirka acht Mädchen und acht Jungen, welche den Ton angeben, Partys veranstalten, bei den anderen dazu eingeladen werden und sich um die Anführerinnen und Anführer scharen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass ich auf der Seite der Jungs der Leader bin, wer sonst, hihi … Das hängt zum einen wohl damit zusammen, dass ich aufgrund der häufigen Schulwechsel ein Jahr älter bin. Aber mein skandinavischer Hintergrund und mein fremdländisches Aussehen tragen sicher ebenso ihren Teil dazu bei.
Eher erstaunlich ist es, dass auch die ehemals kleine, schüchterne Lise zu den «Coolen» gehört. Ein Wachstumsschub im letzten Jahr, das Weglegen ihrer Brille, sowie die Freundschaft mit mir haben ihren Status innert kurzer Zeit massiv verbessert. Sie gehört bestimmt nicht zu den Leaderinnen, dies lässt ihr zurückhaltender Charakter nicht zu, aber sie ist voll dabei und breit akzeptiert.
Wir verbringen zusammen eine wunderbare Jugendzeit mit viel Spass, Action und all den Vergnügungen, welche man als Teenager so sehr liebt. Über die Pfingsttage erlauben uns unsere Eltern sogar, einige Tage im Ferienhaus von Annemarie in Schönengrund/AR zu verbringen. Ein absolutes Highlight – drei Tage nur Party und Spass.
Mit zwei Freunden habe ich begonnen, Musik zu machen. Ganz wie unsere Vorbilder, die grossen Rockstars der 70er Jahre, spiele ich begeistert elektrische Gitarre oder versuche es zumindest zu lernen. Wir haben einen kleinen Übungsraum im Park des leerstehenden Hotels Waldheim und geben dort im privaten Rahmen die eine oder andere Kostprobe vor ausgewähltem Publikum.
Viel zu schnell verfliegt die unbeschwerte Zeit. Leider verlässt meine treue Freundin Lise die Schule und das Dorf nach der 2. Sek., um im Kantonshauptort Zug das Gymnasium zu besuchen.
Aber auch meine Zeit in Unterägeri neigt sich dem Ende entgegen. Meine Eltern haben entschieden, nach Schweden zurückzukehren. So werde ich im Sommer, nach Abschluss der 3. Oberstufe, einmal mehr alles hinter mir lassen müssen, um in Schweden die Highschool zu absolvieren.
Ich werde wieder Freunde verlieren und am neuen Ort bei null anfangen müssen, das Los eines Kindes von Expat-Eltern. Das einzig Tröstliche dabei ist, dass sich die Gruppe sowieso auflösen wird. Meine Freundinnen und Freunde in Unterägeri beginnen irgendwo eine Lehre oder besuchen weiterführende Schulen. Fertig mit Partytime … der Ernst des Lebens ruft.
Einige Tage vor meiner definitiven Abreise verbringe ich den Abend damit, in unserem Musikraum das Material zusammenzupacken. Lise kommt vorbei, um sich zu verabschieden. Wir sind beide wirklich traurig. Angesichts der wehmütigen Stimmung bin ich versucht, ihr erstmals auch körperlich meine Zuneigung zu zeigen. Doch Lise behält einen klaren Kopf und lässt nicht zu, dass unsere Freundschaft auf eine komplizierte Art endet. Recht hat sie, ich werde sie vermissen.
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„Freundschaft ist Liebe mit Verstand.“
Nach einem spannenden und anspruchsvollen Praktikum als Betreuerin auf einem therapeutischen Jugendschiff, wo ich Jugendlichen in schwierigen Lebenslagen half, ihre Herausforderungen zu meistern, habe ich den Entschluss gefasst, diese Berufsrichtung weiterzuverfolgen.
Motiviert, mir mehr theoretisches Wissen anzueignen, starte ich im Oktober 1979 in Zürich meine Ausbildung zur Sozialarbeiterin. Mein Ziel ist nicht nur das Erreichen eines anerkannten Diploms, sondern gleichwohl eine Auseinandersetzung mit meinen eigenen Stärken, Schwächen und Werten.