Generation Z - Christian Scholz - E-Book

Generation Z E-Book

Christian Scholz

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Beschreibung

Wie können Unternehmen und Gesellschaft mit der Generation Z umgehen, dieser Frage geht dieses Debattenbuch von Christian Scholz nach. Aber er stellt auch der Generation Z die Frage, wie sie mit ihrem Umfeld umgehen sollte. "Arbeitsscheu", "Kuschel-Kohorte", "verwöhnt oder verwirrt", "radikale Egoisten" ... Das alles sind Beschreibungen für eine neue Generation, die langsam und unaufhaltsam auf uns zurollt - die Generation Z. Und nicht nur das, geradezu zombieartig steckt diese Generation auch andere Generationen an. Da machen sich zwangsläufig Unsicherheit und ungute Gefühle unsere Zukunft betreffend breit. Die Generation Z, die bereits Schulen und Arbeitswelt erobert hat. Bei diesen ab Anfang 1990 Geborenen weicht das Wertemuster fundamental von den Einstellungen voriger Generationen ab. In seinem Buch beschreibt er gleichermaßen positive wie negative Effekte und will vor allem Wege zu einem gegenseitigen Verständnis aufzeigen. Der Leser taucht ein in die Lebenswelt der Generation Z, die aufgewachsen ist mit Massenentlassungen und Zeitarbeit einerseits und ungerecht hohen Vorstandsgehältern andererseits. Es erscheint nachvollziehbar, warum die nächste Generation eine emotionale Bindung an Unternehmen und Verantwortung ablehnt. Für die Generation Z ist Arbeit nur ein Mittel zum Zweck, reduziert auf den Zeitraum zwischen 9 und 17 Uhr. Beruf und Privatleben sind strikt getrennt. So sind die Digital Natives nach Feierabend für den Chef auf ihrem Smartphone nicht mehr erreichbar. Das Buch bietet aber mehr als die Beschreibung dieser "Next Generation". Christian Scholz regt auch zu einem generationenübergreifenden Dialog an: Andere Generationen können ihr Leben durch Übernahme einiger Gedanken der Generation Z bereichern und lebenswerter gestalten. Andererseits muss sich die Generation Z damit arrangieren, dass die volle Bandbreite ihrer Idealvorstellungen gesellschaftlich nicht tragbar ist. Damit erhöht sich die Chance auf ein künftig produktives Zusammenarbeiten und angenehmes Zusammenleben.

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1. Auflage 2014

Alle Bücher von Wiley-VCH werden sorgfältig erarbeitet. Dennoch übernehmen Autoren, Herausgeber und Verlag in keinemFall, einschließlich des vorliegenden Werkes, für die Richtigkeit von Angaben, Hinweisenund Ratschlägen sowie für eventuelle Druckfehler irgendeine Haftung.

 

© 2014 Wiley-VCH Verlag & Co. KGaA, Boschstr. 12, 69469 Weinheim, Germany

Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie nicht eigens als solche markiert sind.

All Rights Reserved. This translation published under license with the original publisher John Wiley & Sons, Inc.

 

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

 

Umschlaggestaltung: bauer-design, Mannheim

Satz: inmedialo Digital- und Printmedien UG, Plankstadt

Print ISBN: 978-3-527-50807-5epub ISBN: 978-3-527-69262-0mobi ISBN: 978-3-527-69263-7

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

A Z wie Zombie: Eine neue Generation, die uns alle irgendwie doch betrifft

Was wir vom Umgang mit Zombies lernen können: Es bewegt sich was, wir merken es kaum, aber es ist da

Warum uns das Konzept „Generation“ weiter hilft: trotz Kritikern, die Schubladen zumachen, bevor sie offen sind

Wieso die Generation Z uns alle fasziniert: zwischen unrealistischer Heroisierung und unfairem „Bashing“

Wo die empirische Basis liegt: Es gibt mehr Daten, als es den Anschein hat

Was wir von der Generation Z schon wissen: einige Antworten und viele Fragezeichen

Wo uns dieses Buch hinführen will: notwendiger Diskurs, versuchsweise Erklärungen und irritierende Vorschläge

B Das Leben der Generation Z: Der ganz alltägliche Wahnsinn

Helikopter-Eltern und abgehobene Politiker

Die verkorkste Bologna-Reform

Finanz-, Wirtschafts- und Europakrisen

Praktikum, Leiharbeit und Werkvertrag als Perspektive?

Winterkorns Millionen als „ethischer Kompass“?

Jenseits von Neil Postman: Medien als Realität

C Das Treffen der Generationen: Die Generation Z steckt andere an

Generation Z: Unterschätzte Relevanz

Generation Y: Zeitlich eng bei Generation Z, aber ganz anderer Hintergrund

Generation X: Inhaltlich eng bei Generation Z, aber ganz andere Konsequenzen

Babyboomer: Viel mehr als nur ein Altersunterschied

D Digital Natives: Die schöne neue Welt der ultimativen Wachstumsbeschleuniger

Der ideale Konsument: Gläsern und gutwillig

Der ideale Lebenspartner: Verlässlich und brav

Der ideale Mitarbeiter: „Always on“ und immer informiert

Der ideale Arbeitsplatz: Kostengünstig und flexibel

Die ideale Arbeitswelt: Mit der Cloud und in der Cloud

E Generation Z als unbequeme Wirklichkeit: Worüber man lieber nicht sprechen möchte

Die Raupe Nimmersatt

Die militante Kuschelkohorte

Die digitalen Naiven

Das Weichei in der Hängematte

F Nachdenkpause und Standortbestimmung: Von der Raupe zum Schmetterling?

G Wo wir handeln könnten: Vorschläge für eine neue andere Lebenswelt

Wann arbeiten? Geregelte Arbeitszeit und geregelte Freizeit

Wo arbeiten? Unternehmen als klar abgegrenzte Zweitwohnung

Wie leben? Selbstdefinition auch durch Konsum

Wie arbeiten? Qualifizierung als ultimative Versicherung

Was arbeiten: Führung als notwendiges Übel

Womit arbeiten? Selektive soziale Medien trennen privat und dienstlich

Wofür arbeiten? Die Abkehr vom Leistungslohn und die Rückkehr der Sinnfrage

H Schluss

Anmerkungen

Personenverzeichnis

Stichwortverzeichnis

Vorwort

Es gibt schon viele gute und lesenswerte Bücher zum spannenden Thema „heutige Jugend“ und „Generation Y“. Sie sind positiv-optimistisch und beschreiben eine Jugend, die sich hochgebildet und technologisch fit in unsere Lebenswelt einbringt. Ihre These: Wir fordern Freiheit und Flexibilität, im Gegenzug helfen wir, die demografische Lücke zu schließen und innovative Impulse zu setzen. Auf der anderen Seite gibt es zunehmend Berichte, die alle darüber klagen, dass diese Generation Y nicht das ist, was wir uns erhofft haben. Da fallen dann schon Worte wie freizeitorientiert, demotiviert und unqualifiziert.

Für beide Positionen gibt es gute Begründungen. Trotzdem bleibt der Widerspruch. Das vorliegende Buch will dazu beitragen, diesen Widerspruch aufzulösen, indem es die These aufstellt und untermauert, dass wir inzwischen jenseits der Generation Y eine ganz neue Generation bekommen haben: die Generation Z. Diese Generation ist zugleich Hoffnungsträger und Problemfall, also sollten wir uns ernsthaft mit ihr beschäftigen und nicht auf populär-triviale Beschwichtigungen „die Generationen sind sowieso alle gleich“ reinfallen.

Problematisch wäre auch, das Konzept „Generation“ zu eng zu sehen: Es kommt nicht dominant auf das Geburtsjahr an, vielmehr auf das Wertemuster. Das hat natürlich eine gewisse Nähe zu Geburtsjahren, aber es kann durchaus einen Vertreter der Generation Z geben, der einige Jahre älter als üblich ist, und umgekehrt in der aktuellen Jugend ein Vertreter mit dem Wertemuster Y steckt.

Dabei will das Buch weder eine Laudatio auf die junge Generation sein, wie sie üblicherweise Vertreter der Generation Y schreiben, noch ist es eine Kampfansage, wie sie die Generation X und die Babyboomer gerne verfassen. Vielmehr verfolgt das Buch fünf Ziele:

Erstens sammelt es Fakten und zeigt die beeindruckende Vielfalt der Phänomene, die hinter der Generation Z steckt. Sie ist keine einfache Weiterführung aus Babyboomern sowie Generation X und Y, sondern eine interessante und eigenständige „Generation“ mit einem ganz spezifischen Wertesystem, das durchaus eine Diskontinuität darstellt.

Zweitens wirbt es um wechselseitiges Verständnis für die jeweils anderen Generationen. Die Generationen haben ihre eigene Prägung, ihre eigenen Stärken und Schwächen, ihre eigene Entwicklungsgeschichte. Sie gilt es zu verstehen, wobei dieses „Verstehen“ in alle Richtungen gehen sollte: So sollte die Generation Z sich in der gleichen Form mit Babyboomern (und allen anderen Generationen) auseinandersetzen wie die Babyboomer (und alle anderen Generationen) mit der Generation Z.

Drittens präsentiert das Buch die These der freiwilligen Ansteckung, wonach andere Generationen aus Überzeugung Wertemuster übernehmen. Die anderen Generationen können viel von der Generation Z lernen und sollten das auch tun, denn gerade auf dem Weg in eine neue und lebenswerte Lebenswelt braucht man die Impulse der Generation Z.

Viertens fordert es von den älteren Generationen keine „Anpassung“ an die Generation Z, sondern weitergehend eine aktive Auseinandersetzung, die in einzelnen Fällen zu einem radikalen Gegensteuern führen kann. Auch wenn es nicht Mehrheitsmeinung von Forschern, Beratern und Unternehmern ist: Unternehmen, Politiker, Eltern, Lehrer sowie Medien müssen und werden sich genau überlegen müssen, wo sie der Generation Z nachgeben und wo sie selber gegenläufige Regeln setzen wollen. Das Schild „Ab hier beginnt der Ponyhof“ dürfte in Teilen ausgedient haben.

Fünftens versteht sich das Buch als ein Diskussionsangebot an die Generation Z, vielleicht sogar im eigenen Interesse über ihre Verhaltensmuster nachzudenken. Denn die wichtigen Entscheidungen treffen in Deutschland immer noch die Babyboomer. Die leistungsorientierten Zeitgenossen sind die Vertreter der Generation Y. Und die Generation X wird immer noch ein Wörtchen mitreden, wenn es um angemessene Verteilung von Lasten geht.

Das Buch ist kein Spezialbuch für Generationsforscher, für Politikberater oder Personalabteilungen. Das Thema geht uns alle an. Es folgt dabei einem Denkschema, das mit meinem Buch Spieler ohne Stammplatzgarantie – Darwiportunismus in der neuen Arbeitswelt (2003) begann und mit Hochleistung braucht Dissonanz (2010) fortgesetzt wurde, wobei dieses Buch natürlich auch ohne diese beiden Texte gelesen werden kann – aber vielleicht Appetit darauf macht.

Um zu zeigen, wie die Generation Z tickt und was ihre Wertemuster sind, bediene ich mich im Buch bisweilen einer fiktiven Protagonistin, der Emily. Sie liefert eine Projektionsfläche für typische Verhaltensweisen der Generation Z. Emily steht stellvertretend für beide Geschlechter: Die Generation Z ist also genauso weiblich wie männlich. In diesem Zusammenhang ein Hinweis: Zur leichteren Lesbarkeit verwendet dieses Buch ansonsten überwiegend die männliche Form, gemeint sind jedoch immer beide Geschlechter.

Bei diesem Buch bin ich ganz vielen Personen aus allen Generationen zu Dank verpflichtet. Ganz besonders danke ich Jutta Hörnlein vom Wiley-VCH-Verlag, die auch dieses dritte Buch von mir in ihrem Verlag perfekt betreut hat. Besonders danke ich zudem Dr. Stefanie Becker, Stefanie Mader, Hanna Rouppo, Yvette Rusniaczek, Maria Scholz, Tobias Scholz, Iris Schröder und Jutta Astrid Stelletta – sowie natürlich auch der einen oder anderen Emily, deren fabelhafte Welt ich teilweise in diesem Buch zu schildern versuche.

Damit kann die Entdeckungsreise in die fabelhafte Welt der Emily und der Generation Z starten: Sie beginnt mit Z wie Zombie und schließt mit Z wie Zeitgeist.

Saarbrücken, Herbst 2014

Christian Scholz

A. Z wie Zombie: Eine neue Generation, die uns alle irgendwie doch betrifft

Egal, ob wir von Schulen, Familien, Unternehmen, Hochschulen, Behörden, Medien oder Einkaufszentren sprechen, überall scheint sich etwas zu verändern. Nichts Dramatisches und Bedrohliches, aber trotzdem: Altbekannte Rituale verschieben sich und etablierte Erklärungsmuster helfen oft nicht mehr. Teilweise ist es nur ein Gefühl und etwas, das wir empirisch noch nicht messen können oder einfach noch nicht gemessen haben. Trotzdem können wir die Existenz dieser Bewegung und dieses Wandels nicht verleugnen.

Was wir vom Umgang mit Zombies lernen können: Es bewegt sich was, wir merken es kaum, aber es ist da

Nennen wir sie Emily. Mit ihren 24 Jahren hat sie einen Job, bei dem sie durchaus gutes Geld verdient, das sie aber ohne schuldhaftes Zögern auch rasch wieder ausgibt: Freizeit, Kleidung, Reisen, Wohnungseinrichtungen und viele andere Dinge sind wichtig für Emily. Natürlich hat sie auch ein iPhone, das sie locker und lässig in ihrer Handtasche mit sich herumführt. Wie viele andere ihrer Generation findet Emily Zombiefilme absolut geil. Diese blassen Gesichter, die etwas unsicher in die Welt starren und trotzdem eine unheimliche Macht verkörpern. Einem Zombie kann niemand entgehen. Zwar ist Zombie nicht unbedingt das Markenzeichen ihrer Generation, aber Emily mag Zombiefilme.

World War Z ist der Titel eines Spielfilms, der ruhig und harmlos beginnt. Lediglich wer ganz genau hinhört, der registriert im Hintergrund scheinbar belanglose Nachrichten, die aber Beunruhigung signalisieren könnten. Die Familie des von Brad Pitt gespielten Protagonisten bekommt davon nichts mit, frühstückt friedlich und amerikanisch, steigt in das Familienauto und fährt weg. Langsam wird die Musik etwas düsterer, die Farben etwas grauer – aber alles das sind Veränderungen, die man erst richtig bemerkt, wenn man sich den Film zum zweiten Mal anschaut.

Doch irgendwann kommt selbst bei einem wenig sensiblen Zeitgenossen und Kinobesucher das Gefühl auf, dass hier irgendetwas nicht stimmt. Der Verkehr staut sich und am Ende der Straße beginnt das Realität zu werden, was dem Film seinen Namen gegeben hat, nämlich das Auftauchen von Zombies. Sie lösen eine Pandemie aus, die den Großteil der Weltbevölkerung dahinrafft und den Rest in einem verzweifelten Kampf um ihre Existenz zurücklässt.

Gefährlich im Umgang mit Zombies ist ihre anfänglich schwere Erkennbarkeit: Einen werdenden Zombie erkennt man nicht als solchen, denn er wirkt wie ein ganz normaler Mensch – ein Zustand, der sich irgendwann schlagartig ändert. Brenzlig ist auch die dramatische Ansteckungsgefahr: Zombies können schnell eine Pandemie entfachen, weil der Zombie-Virus nicht nur durch die üblichen Übertragungswege weitergegeben wird, sondern auch durch mehr oder weniger dramatisches Beißen und Heißhunger auf normale Menschen. So werden aus Menschen rasch erschaudernd blass-rot-schwarze Zombies.

Natürlich besteht die Generation Z, von der dieses Buch handelt, nicht aus willenlosen Zombies, sondern aus einer interessanten und intelligenten Bewegung, von der wir alle viel lernen können. Trotzdem gibt es interessante Parallelen zwischen der Generation Z und Zombies:

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Zombies erkennt man nicht!
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Erstens kann man die Generation Z nicht immer sofort als solche erkennen. Üblicherweise werden die sogenannten „Generationen“ mit Geburtsjahrgängen gleichgesetzt. Nur hilft uns der Blick auf das Geburtsjahr im Reisepass nicht weiter. Denn obwohl es gewisse altersmäßige Ballungen gibt, kann auch in einem harmlos aussehenden grauhaarigen Mann ein Vertreter der Generation Z stecken. Deshalb funktionieren altersbezogene Stereotypen kaum und es wäre gefährlich, ihnen für Kategorisierungen blind zu vertrauen.

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Zombies beißen und stecken an!
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Zweitens ist die Generation Z ansteckend, verhält sich also genauso wie Zombies. Hier ereilt uns alle das Schicksal von Brad Pitt im Umgang mit den Zombies, als er sich beim Handgemenge mit den Zombies verletzt und erst einmal nicht weiß, ob er selber infiziert wurde, also auf dem besten Wege ist, zu einem Zombie zu mutieren. Genau das macht die Generation Z so spannend, denn das Verhaltensmuster der Generation Z greift offenbar sukzessive auf Mitglieder anderer Generationen über. Egal, ob Babyboomer, Generation X oder Generation Y: Sie alle können sich mit diesem Virus infizieren und – hier endet diese Parallele zu den Zombies – wollen teilweise sogar mit dem Virus Generation Z infiziert werden. Denn die Generation Z hat angenehme Seiten und interessante evolutorische Vorteile für das Bestehen in unserer aktuellen Lebenswelt.

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Zombies sind bedrohlich!
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Drittens wirken die Vertreter der Generation Z ähnlich wie Zombies für viele Menschen Angst einflößend. Die Vertreter der Generation Z weigern sich beharrlich, tradierte Wertemuster wie Leistungsstreben oder Pflichterfüllung fortzuführen. Betrachtet man Schlagzeilen aus unseren Leitmedien wie „Wollen die auch arbeiten?“ (ZEIT[1]) oder „Generation Weichei“ (FAZ[2]), so signalisieren bereits diese ein eher skeptisches Verhältnis gegenüber der Generation Z. Andere Aussagen gehen deutlich weiter und fragen, wie unsere Arbeitswelt überhaupt zielführend gestaltbar ist, wenn sich diese Generation Z durchsetzt und niemand sie stoppt. Hier ist es wie bei Zombies das Unbekannte und das Anderssein, was Angst macht.

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Zombies verführen zu falschen Handlungen!
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Viertens ähnelt der Umgang mit der Generation Z dem Umgang mit dem Phänomen Zombie. Genauso wie World War Z über weite Strecken eine makaber-düstere Polit-Satire darstellt, grenzt auch bei uns der Umgang mit der Generation Z streckenweise ans Groteske: Da gibt es beruhigende Pseudo-Wissenschaftler, die nach dem Blick in ihre Glaskugel die Existenz des Phänomens schlichtweg abstreiten; sie definieren irgendeine statistisch anmutende Kennzahl, suchen sie, finden sie nicht und kommen zum Schluss, dass es weder einen Unterschied zwischen den Generationen noch irgendeinen Handlungsbedarf gibt. Also: Alles gut! Da gibt es eloquente Manager, die aus ihrer Position der Macht heraus die absolute Deutungshoheit für die Arbeitswelt beanspruchen; sie schimpfen über die Jugend genauso wie über andere Bevölkerungsgruppen und haben im Regelfall auch immer schöne pragmatische Patentrezepte parat. Also: Eigentlich alles schlecht! Da gibt es einige Medien, die ohne wirklichen Durchblick die von ihnen definierte Realität präsentieren; sie artikulieren immer wieder ihre fest vorgefassten Meinungen und stigmatisieren abweichende Meinungen konsequent als Zeichen der Inkompetenz. Also: Eigentlich alles klar! Und schließlich gibt es uns normale Menschen, die mitten drin stecken, Realitäten plus Deutungen erleben und zaghaft-verunsichert versuchen, sich selbst ein plausibles Bild zu machen. Also: Es ist überhaupt nichts auch nur ansatzweise klar.

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Manchmal will man Zombie werden!
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In einem Punkt aber besteht allenfalls eine ansatzweise Parallele zwischen der Generation Z und den Zombies: Denn für manchen, der nicht zur Generation Z gehört, ist genau diese Generation Z absolut positiv besetzt. Sie ist also nicht etwas, das irgendwie dummerweise auf uns zukommt und mit dem man sich notgedrungen irgendwie arrangieren muss. Dieses Zielpublikum sieht in der Generation Z wichtige Facetten der Zukunft, die liebenswert und lebenswert sind, also etwas Erstrebenswertes darstellen, dem man auf jeden Fall nacheifern will. Generation Z ist demnach nicht nur ein Wertemuster, das man sich unfreiwillig durch Ansteckung wie eine Grippe „einfängt“, sondern eine Denkhaltung, die in einigen Teilaspekten so interessant ist, dass man diese gerne übernimmt, sich also freiwillig anstecken lässt.

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Evolutionär geht es um Anpassung, aber auch um bewusste Abgrenzung und Differenzierung.
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Gerade deshalb werden wir nicht umhinkommen, uns mit dieser Generation Z näher zu beschäftigen und sie genau zu analysieren. Wir müssen uns darüber klar werden, wie wir zu ihr stehen, wie wir mit ihr umgehen und wie wir ihr vielleicht nacheifern wollen – falls wir nicht sogar selber schon zur Generation Z gehören. Gleichzeitig muss die Generation Z ihre Besonderheit verstehen und sich in unserer aktuellen Lebenswelt positionieren. Demnach kann es auch nicht um einen Diskurs zwischen „uns“ und „denen“ gehen, sondern um eine gemeinschaftliche Auseinandersetzung mit unserer gemeinsamen Lebenswelt und den dort agierenden Generationen.

Nur eines können wir uns auf keinen Fall erlauben: das Thema zu verleugnen und uns dieser Herausforderung nicht zu stellen. Zu offenkundig ist die gesellschaftliche Relevanz von dem, was in unserer Lebens- und Arbeitswelt passiert.

Warum uns das Konzept „Generation“ weiter hilft: trotz Kritikern, die Schubladen zumachen, bevor sie offen sind

Geprägt von einer verkorksten Bildungsreform, umgeben von Klimawandel, Wirtschaftskrise und Massenentlassungen blickt Emily trotzdem mit ihren 24 Jahren nicht pessimistisch in die Zukunft.
Ein besseres Wort ist „realistisch“: Emily weiß, wo sie steht, sie kennt ihre Grenzen und hat ein gutes Gefühl dafür, was alles für sie erreichar ist.

Es gibt Forscher, die eine Diskussion mit und um den Begriff „Generation“ in positiver Hinsicht für typisch deutsch halten[3]: Danach hat England seine Klasse, Frankreich seine Republik mit gesellschaftlichen Abstufungen und Deutschland seine Generationen, wie man sehr schön an Ausdrücken wie „die Generation von 1914“ und die „68er-Generation“ sehen kann. Spätestens mit dem Ausdruck „Generation X“ und den Überlegungen zur „Generation Y“ haben aber auch die US-Amerikaner dieses Klassifizierungssystem entdeckt und ihm weltweite Akzeptanz verschafft.

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Generationenkonzept: Diskutierbar aber nützlich
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Über die Unumstößlichkeit des Begriffs „Generation“ kann man trefflich und auf hohem Niveau streiten. Denn: „Generation ist ein weiträumiges begriffliches Vehikel, dessen Benutzung bei der sozusagen vorwissenschaftlichen Verständigung über Herkunft, Situation und identitätsstiftende Zugehörigkeit offensichtlich schwer zu vermeiden ist. Allerdings verbirgt sich nicht selten hinter einer vermeintlichen Generation lediglich ein kulturelles Milieu, das sich für den Nabel der Welt hält oder für einen solchen gehalten wird.“[4] Es kann sich also bei der Beschreibung einer Generation durchaus um eine Minderheit handeln, die aber am meisten Aufmerksamkeit auf sich gezogen und damit die Kraft zur Prägung bekommen hat.

Umgangssprachlich ist „Generation“ eine Gruppe von Personen, die aus einer identischen altersbedingten Zeitspanne kommen. Dieses soziologische Konzept ist nicht neu und erst Recht nicht zum ersten Mal in Zusammenhang mit den Generationen X und Y erfunden worden, sondern hat eine ganze Reihe von Vorläufern: So lokalisierten Neil Howe und William Strauss[5] bisher insgesamt 19 derartige Generationen, die mit der Zeitspanne 1588-1617 („Puritaner“) beginnen und bis in die heutige Zeit reichen. Ansonsten steckt hinter den Generationenkonzepten eine umfangreiche – aber teilweise auch kontrovers diskutierte – theoretische Basis, auf deren Diskussion aber im Rahmen dieses Buches verzichtet und statt dessen auf die relevante Literatur[6] verwiesen werden soll.

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Generationen werden geprägt.
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Das Konzept der Generationen umfasst aber nicht nur die Idee von Zeitspannen, die der Generation vordergründig den Namen verschafft. Vielmehr wird von den Protagonisten des Generationenkonzeptes argumentiert, dass es gerade auch die historischen Ereignisse sind, die eine Generation prägen. Damit macht es selbstverständlich einen Unterschied, ob eine Generation Mondlandung und Woodstock erlebt hat (Babyboomer) oder aber die ersten „Personal Computer“ mit Kassettenlaufwerk und das Ende des kalten Krieges (Generation X) beziehungsweise Google und 9/11 (Generation Y) und dadurch nachhaltig geprägt wird. Oder aber ob man eine Prägung durch John F. Kennedy (Babyboomer), George Bush Senior (Generation X) beziehungsweise Barack Obama (Generation Y) erfährt. Babyboomer erlebten die Einführung des Fernsehers, die Generation X den Walkman und die Generation Y die flächendeckende Einführung des Internets.

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Nicht alle entsprechen dem Stereotyp.
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Bei allen diesen Einflüssen spielt es keine Rolle, ob wirklich alle Vertreter der Generation diese selber erleben: Nicht jeder Babyboomer konnte beim Start von Mondraketen dabei sein und auch nicht jeder beim Entstehen der Festivalkultur. Aber egal, ob die Mehrzahl dabei oder betroffen waren: Die äußeren Umstände waren quer durch die Generationen unterschiedlich und prägten vor allem Kinder sowie Jugendliche, weil hier die Aufnahmebereitschaft für derartige Impulse am größten war.

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Prägungen bleiben bestehen.
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Diese Prägung aus der Jugend bleibt nach Ansicht der Forscher trotz gewisser facettenartiger Schattierungen über das ganze Leben konstant[7]: So fangen die Babyboomer (geboren von 1950-1964) zunächst an als „durch die Umstände verwöhnt“, haben dann ihre visionäre Phase beispielsweise in der Ausrichtung auf den Weltfrieden, nur um dann moralisierend zu agieren und am Ende in die Facette „weiser“ Babyboomer zu wechseln.

Also: Trotz kleinerer Veränderungen bleibt immer ein konstanter Kern, der sich aus der umgebungsbedingten Prägung ergibt.

Unabhängig von der Klassifizierung nach Generationen bleibt aber die durchgängige Erkenntnis, dass selbst bei derartigen Konzepten nicht von einer kompletten Homogenität auszugehen ist: In allen Generationen gibt es eine hohe Varianz, was aber nichts an der tendenziellen Unterschiedlichkeit und der charakterisierenden Prägung ändert.

Zeit- und Umgebungseinflüsse führen zum eigentlichen Kern des Generationenkonzeptes, nämlich den typischen Wertemustern: Auch wenn eine Generation nie einen vollkommen homogenen Block repräsentiert, gibt es doch für jede Generation Werte, die besonders dominieren. So gelten[8] für die Generation Y Individualismus kombiniert mit Egoismus als typisch, während die zeitlich davor liegende Generation X eher etwas skeptischer die Welt betrachtet. Diese Werte prägen Privatleben und Berufstätigkeit ebenso wie die Rolle als Konsument, Medienschaffender oder Politiker.

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Trotz statistischer Streuung klare Aussagen
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Trotzdem: Es gibt immer eine beachtliche Streuung innerhalb einer Generation (Intragenerationsvarianz), die aber trotzdem zu klaren Unterschieden zwischen den Mittelwerten der verschiedenen Generationen führt (Intergenerationsdifferenz).

Wie bei allen Konzepten, die in das Scheinwerferlicht der Öffentlichkeit treten, positionieren sich sofort die Kritiker[9]: Sie kritisieren zum einen zu geringe Unterschiedlichkeit der Generationen, würden sich also eine bessere zahlenmäßige Untermauerung wünschen. Zum anderen sehen sie eher zufallsbedingte Trennungslinien zwischen den Generationen, was zu insgesamt eher zufällig-vagen Aussagen führt; man fordert also klarere „natürliche“ Grenzen zwischen den Generationen.

Aus diesen Problemen heraus warnen die Kritiker vor allem vor der Gefahr der Stereotypen: Falls man zu schnell und zu scherenschnittartig Personen aufgrund der Zugehörigkeit zu einer Altersgruppe auf ein Wertemuster zuordnet, besteht selbstredend die Gefahr von kontraproduktiven Interventionen bis hin zum sozialkonstruktivistischen Schaffen von (falscher) Wirklichkeit. Spricht man also jemandem wegen seines Geburtsdatums die Fähigkeit zur Eigeninitiative ab, so kann man mit dieser Beurteilung nicht nur falsch liegen – was alleine schon schlimm wäre –, man kann letztlich sogar eine etwaig vorhandene Eigeninitiative im Keim ersticken und damit die Wirklichkeit schaffen, die man selber (fälschlicherweise) „gesehen“ hat.

Gerade die Gefahr der Falsch-Typisierung existiert, soll uns aber nicht davon abhalten, mit dem Generationenkonzept zu arbeiten, wohl aber – und darauf wird noch einzugehen sein – eine extreme Vorsicht walten zu lassen.

In dem Konzept der Generationen liegt ein nicht zu unterschätzender Mehrwert, der allerdings gleichzeitig auch zu Widerstand führt:[10] „Hier wird eine besondere Qualität der Kategorie Generation deutlich. Generationen stiften Verbindungen und stellen so ein Mittel zur verständlichen Kommunikation miteinander dar. Wenn man von ihnen spricht, bedeutet dies mehr als eine bloße Einordnung von Menschen unter besonderen Überschriften oder den Bezug auf vergangene Handlungen. [...] Und vielleicht liegt in dieser doppelten, beinahe transzendenten Qualität des Begriffes der Grund verborgen, warum sich die Sozialwissenschaften häufig schwer damit tun, von Generationen zu sprechen.“

Ein funktionelles Generationenkonzept hat für Unternehmen ebenso wie für Einzelpersonen und die Gesamtgesellschaft Vorteile, stiftet also Nutzen:

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Generationenlogik ist differenziert.
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Erstens steckt dahinter die Hinwendung zu einer bewusst-differenzierten Betrachtungsweise. Man geht also nicht mehr nur vom typischen Mitarbeiter, Kunden oder einem anderen Akteur aus, sondern eben von unterschiedlichen Generationen. So werden Entscheidungsträger gezwungen, unterschiedliche Gruppen zu differenzieren und dann unterschiedliche Gruppen auch unterschiedlich zu behandeln.

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Generationenlogik ist universell.
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Zweitens liefert die Generationenlogik ein Konzept, das seine Gültigkeit quer über die unterschiedlichsten Anwendungsfälle erhält. Das Verstehen der Generation Z erlaubt also gleichermaßen Aktivitäten, die sich auf das Privat- wie auch auf das Berufsleben beziehen. Denn die Generationenlogik ist ein universelles Konzept, das Aussagen über das allgemeine Wertesystem einer Bevölkerungsgruppe macht.

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Generationenlogik ist dynamisch.
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Drittens hilft die Generationenlogik, die zentralen Kräfte sowie deren Veränderungen in unserer Gesellschaft zu erkennen und in ihrer Verursachungsstruktur zu verstehen. Die Dynamik der Generationen erklärt Spannungen und Schwierigkeiten ebenso wie Innovationen und Fortschritt.

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Generationenlogik ist vereinfachend.
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Viertens reduziert die Generationenlogik die Komplexität, indem sie die Vielzahl möglicher Gestaltungsformen auf einige wenige zurückführt, die in sich möglichst homogen sind und sich gleichzeitig untereinander möglichst stark unterscheiden. Wegen dieser deutlichen Unterschiedlichkeit erhöht die Generationenlogik gleichzeitig die Varietät, weil jede der Generationen letztlich klar unterschiedliche Aktionen verlangt.

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Generationenlogik ist relativierend.
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Fünftens – ein wichtiges, aber auf den ersten Blick etwas paradoxes Argument – wirkt das Generationenkonzept gegen unzulässige Stereotypisierung. Denn gerade solche Leute, die sich entrüstet gegen die verengende Unzulässigkeit von „Generationen“ wenden, sind alles andere als immun dagegen, im täglichen Leben vielleicht noch viel engere und im Ergebnis wirklich falsche Schubladen zu verwenden.

Generell wird somit angesichts der klaren Vorteile, die bei korrektem Umgang offenkundig sind, die Sinnhaftigkeit des Generationenkonzeptes zur Komplexitätsreduktion und zur Analyseschärfung kaum bestritten. Denn natürlich kann man Menschen nicht alleine aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu bestimmten Altersklassen in einzelne Stereotypen einteilen, weil zwangsläufig die individuellen Umstände und die individuellen Entwicklungsschritte ebenso prägen: Trotzdem gibt es derartige Unterschiede, die man im Sinne von Tendenzaussagen nutzen kann – vor allem im Umgang mit der Generation Z. Zum Verständnis und als Untersuchungsobjekt ist daher die Kategorisierungsform Generation Z sinnvoll und erkenntnisfördernd.

Wieso die Generation Z uns alle fasziniert: zwischen unrealistischer Heroisierung und unfairem „Bashing“

SMS von Emily an ihren Chef: „Es könnte sein, dass ich es nicht ganz schaffe, heute pünktlich zu sein. Ich musste schon lange mal mein Auto in die Werkstatt bringen und dann gibt es ja diesen Berufsverkehr. Bis gleich.“

Spricht man von der jüngeren Generation, so hat es sich seit Tausenden von Jahren eingebürgert, kritisch mit dieser Altersgruppe umzugehen. So wird bereits Sokrates – vermutlich aber fälschlicherweise[11] – immer wieder folgendes Zitat zugeschrieben: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer.“

Derartiges gilt in der Tendenz auch für die jüngere Generation von heute, wobei es gleichgültig ist, ob man sie (schon) Generation Z nennt, oder ob man sich auf die jüngeren Vertreter der Generation Y bezieht. Für diese Gruppe, die ihre Prägung im weitesten Sinne Anfang der 1990er Jahre gefunden hat, gibt es eine faszinierende Besonderheit, die es in dieser Form bei anderen Generationen nicht gegeben hat: Die Generation Z wird nämlich auf der einen Seite als Heilsbringer in stark überhöhter Weise heroisiert, auf der anderen Seite aber massiv und weit über Sokrates hinausgehend als materialistische Monster kritisiert.

Generation Z als Heilsbringer: Alles wird wunderbar!

Wie man sich die wunderbare Wirklichkeit mit den Vertretern der Generation Z vorstellt, kann man im Artikel „Generation Z kommt auf Arbeitsmarkt“ in der schweizerischen Handelszeitung nachlesen[12]: „Sie sind es gewohnt, rasch auf Veränderungen zu reagieren und sind tendenziell risikofreudiger. Zudem sind sie selbstbewusst, fordernd und brauchen Freiheiten. Bevor sie einen Auftrag ausführen, möchten sie verstehen, weshalb sie dies tun sollen.“ Das klingt natürlich mehr als sympathisch, wenngleich man sich die Frage stellt, ob nicht auch andere Generationen den Sinn der Arbeit erfahren wollten.

Sympathisch klingt auch die Beschreibung der zukünftigen Arbeitsmoral und der Arbeitsorganisation, wobei häufig der auf den ersten Blick sehr ähnliche Begriff „Digital Natives“ Verwendung findet: „Die neue Generation Z will nicht weniger leisten, aber sie will selber entscheiden, wann, wie und wo sie ihre Aufgaben erledigt. […] Zudem sind die Digital Natives gewohnt, mit neuen Medien und Technologie wie Smartphone oder Tablet-PC umzugehen. Sie können von überall her E-Mails beantworten und sehen deshalb keine Notwendigkeit, jeden Tag von 8 bis 18 Uhr im Büro zu sein. Was letztlich zählt, sind die Resultate. Weil die heutige Jugend keine klare Trennung zwischen Privat- und Berufsleben macht, ist sie flexibler einsetzbar.“

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Freiheit als Motivation
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In diesem Argument steckt eine Argumentationskette, die uns im Zusammenhang mit der Generation Z immer wieder begegnen wird. Sie besteht aus fünf positiv zu bewertenden Elementen: (1) hohe Leistungsbereitschaft, (2) hohe Technologiekompetenz, wodurch sich (3) eine räumliche Unabhängigkeit und (4) eine fließende Verbindung von Berufsleben mit Privatleben ergibt, was sich letztlich für Unternehmen in (5) erhöhter Flexibilität und besserem Unternehmenserfolg auszahlt.

Die einzige verbleibende Frage, die sich bei einer derartig positiven Betrachtung der Wirklichkeit stellt, betrifft die Führungskräfte der übrigen Generationen mit ihrer Fähigkeit, sich rasch und umfassend auf die Wünsche dieser Generation Z einzustellen. Oder anders formuliert: Wann verstehen die anderen Generationen endlich, dass – zum Glück – an der Generation Z kein Weg vorbei geht?

Ein etwas umfassenderes und zudem stilistisch wunderschön ausgeschmücktes Beispiel für diese Heroisierung der jungen Generation ist ein Artikel aus der ZEIT, in dem eine Journalistin – sie liegt mit Jahrgang 1982 am Übergang von Generation X zu Y – in „Wir“-Form beschreibt, wie die aktuell-junge Generation die Arbeitswelt verändern wird[13]: „Wir wollen arbeiten. Nur anders. Mehr im Einklang mit unseren Bedürfnissen. Wir lassen uns im Job nicht versklaven, doch wenn wir von einer Sache überzeugt sind (und der Kaffeeautomat nicht streikt), geben wir alles. Wir suchen Sinn, Selbstverwirklichung und fordern Zeit für Familie und Freunde.“

Dann kritisiert sie die aktuelle Arbeitswelt weitgehend zutreffend, indem sie auf Stress, Burnout, Ungerechtigkeit und viele andere unschöne Nebeneffekte eingeht, um dann auf ihr eigentliches Credo zu kommen: „Meine Generation will das ändern. Und die Älteren können uns dankbar sein, denn auch sie wollen anders arbeiten. Auch sie wünschen sich mehr Flexibilität und mehr Freiräume, wie Studien belegen, auch sie sehnen sich nach regelmäßigem Feedback und einer klaren Perspektive. Meine Generation kämpft also nicht nur für sich, sie kämpft für eine Kultur, die allen nützt.“

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Demografie als Waffe
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Danach kommt ein immer wiederkehrendes Argument: „Was uns von älteren Arbeitnehmern unterscheidet, ist, dass wir einen Trumpf in der Hand halten, der unseren Eltern und Großeltern vorenthalten war. Es ist der Trumpf der Demografie, die Macht der Knappheit in einem Land, dem allmählich die Fachkräfte ausgehen.“

Die Konsequenz daraus ist für die Autorin des Beitrags ein klares Bild der zukünftigen Arbeitswelt: „Eine an Ort und Zeit gebundene Arbeit ist ein Relikt aus der Industriegesellschaft, als es noch eine klare Trennung zwischen Beruf und Freizeit gab. Die heutige Berufswelt wandelt sich aber mehr und mehr zu einer Kreativ- und Wissensökonomie, in der sehr viele Arbeiten am Computer von einem beliebigen Ort mit Internetzugang aus erledigt werden können. Warum also nicht mal um vier Uhr das Büro verlassen, um im Café oder abends zu Hause weiterzuarbeiten? Smartphones und Laptops verwandeln den Arbeitsplatz in ein mobiles Büro. In unserer Welt zerfließen die Sphären aus Arbeit und Privatleben wie die Milch und der Espresso in unserem Latte Macchiato. Wir lesen auch nach Feierabend Arbeits-Mails, wollen dann aber im Büro auch Facebook nutzen dürfen.“

Ganz typisch für die Debatte ist auch diese Aussage, die von der ZEIT Akademie stammt:[14] „Da kommt eine Generation mit anderen Vorstellungen von Arbeit, Zusammenarbeit und persönlicher Entwicklung, als es die Masse der Mitarbeiter in den Unternehmen gewohnt ist. Dabei kann die Generation [...] sich auch noch auf ihre Wichtigkeit verlassen: Demografische Entwicklungen machen sie unverzichtbar. Man wird sich um deren Wünsche kümmern müssen, wenn man sie haben oder halten will.“

Wir sehen immer wieder die gleiche Argumentation, die im Ergebnis in eine fluid-flexible Arbeitswelt mündet, bei der die neue Generation die Karten im Interesse aller geschickt ausspielt, die ihr der demografische Druck in die Hände gespielt hat. Letztlich fehlen scheinbar – wie auch im Artikel aus der Handelszeitung – nur noch die harten und konsequenten Umschulungsmaßnahmen für diejenigen Vertreter der anderen Generationen, die bisher sinnfrei-bedrückt in Hamsterrädern geglaubt haben, irgendeinem offenbar völlig überflüssigen Wohlstand nachzulaufen.

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Generation Z als Hoffnungsträger
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Unabhängig davon, ob die Demografie wirklich der jungen Generation in die Hände spielt, und ob wirklich alle anderen Generationen wie Lemminge bereitwillig Hamster gespielt haben, findet man schließlich in BRAND EINS eine alles zusammenfassende Charakterisierung:[15] „Die Generation Digital ist mit Computern, Smartphone und Internet aufgewachsen. Um sie zu ködern, müssen Unternehmen mehr bieten als nur Jobs.“ Nicht überraschend kurz darauf auch der Hinweis darauf, was geboten werden muss: „Freiheit und Flexibilität“ und „Räume für Spieltrieb, hohe Transparenz. Wir wollen wissen, welcher Kollege welche Visionen hat. Und wir wollen Mentoren statt Chefs.“ Gleichzeitig lernt man, dass auch Unternehmen wie die Telekom dabei sind, „sich hübsch für diesen Flirt“ zu machen. Dazu kommt ein damaliger Personalvorstand der Telekom zu Wort. Er „kann sich vorstellen, im Rahmen einer neuen Form der Sozialpartnerschaft ‹noch innovativere Beschäftigungsformen zu etablieren›. Zum Dating gehören Komplimente: Die Digital Natives seien ‹Vorreiter neuer Lebens- und Arbeitsmodelle, und dies im Wissen ihrer Marktmacht›, schmeichelt der Manager. ‹Talente müssen sich nicht den Strukturen eines Konzerns unterordnen, sondern der Konzern muss sich an den Bedürfnissen seiner Talente ausrichten›.“ Und komplett wird dann der Traum in diesem Artikel mit den Vertretern der Generation Z, denn die „vermischen Beruf und Privatleben ganz natürlich“.

Neben der einen Gruppe, die sich aus allen vier Generationen zusammensetzt und über die Perspektiven der Generation Z jubelt, steht eine ganz andere Meinung.

Generation Z als materialistische Monster: Vorsicht, wir werden aufgefressen!

Auf dieser anderen Seite gibt es sie, die negativ geprägten Gegenmeinungen, die ganz massiv vor der Generation Z warnen und die dabei ganz spezifische Merkmale dieser Generation abschreckend in den Mittelpunkt ihrer Plädoyers stellen.

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Generation Z als Bedrohung
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Die Bloggerin „Go2Mommy“ beschreibt in ihrem Blog[16] wie sie die Generation Z erlebt und verwendet bereits in der Überschrift den markanten Ausdruck „materialistische Monster“. Ihr Hauptargument: Jugendliche sind an einem Punkt angelangt, wo sie sich letztlich nur mehr über materiellen Besitz definieren und daraus ihr Selbstwertgefühl ableiten. Gleichzeitig gehen sie brutal und herablassend nicht nur mit Erwachsenen um, sondern auch mit ihren Altersgenossen, die nicht das Glück angemessen reicher Eltern haben. Bereits im Grundschulalter wird danach Status durch Besitz definiert und die Anerkennung in der Gruppe durch den Besitz des neuesten Smartphones.

Die Angst vor der Generation Z mit ihren kleinen und großen Monstern spürt man bereits im Umgang mit Kindern in Aussagen[17] wie „Wir haben Angst vor unseren eigenen Kindern“ oder „Eltern vernachlässigen ihre eigenen Bedürfnisse“.

Diese Kritik „an der Jugend“ klingt in vielen Punkten dem ähnlich, wie auch Eltern früherer Generationen über ihre Kinder geurteilt haben und sollte deshalb nicht überbewertet werden. Allerdings übersteigt zum einen die Intensität dieser Entwicklung das Niveau der Vorgängergenerationen, zum anderen agieren diese „kleinen Monster“ offenbar auch massiv gegeneinander. So schraubt gerade die konsequente Einbindung in einen internetbasierten Erfahrungsaustausch die Messlatte für den Standard hoch, der zur Grundausstattung eines Vertreters der Generation Z gehört. Dass diese „Monster“ – und hier bietet sich der etwas grenzwertige Vergleich zu den eingangs erwähnten Zombies an – gerade auch die sozialen Medien bis hin zu einer konkreten Belästigung ihrer Altersgenossen nutzen, verstärkt die Problematik.

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Sexting = Sex + Texting
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Denn jetzt sind es nicht mehr „nur“ wie früher einzelne Aktivitäten von einzelnen Personen gegen einzelne „Gegner“: Vielmehr lassen sich durch soziale Medien sofort und ohne viel Aufwand ganze Wellen auslösen, die dann auf das ab diesem Zeitpunkt völlig wehrlose Opfer niederprasseln. Vieles von dem, was diese „kleinen Monster“ mit- und gegeneinander anstellen, basiert dabei auf einer fast schon rührend wirkenden Naivität. Exemplarisch dafür steht das „Sexting“ als Wortkombination aus Sex und Textbotschaft. Hier ging es am Anfang primär um das Versenden von thematisch eindeutigen Aussagen, führte dann aber rasch dazu, dass vor allem jüngere Mädchen etwas freizügige Fotos im engsten Freundeskreis verschickten, was in den USA bereits einen gravierenden Gesetzesverstoß darstellt. Das war und ist aber nicht das alleinige Problem: Viel dramatischer wurde die oft weitreichende Weiterleitung dieser Fotos in tsunamiartiger Form. Gegen eine derartige Massenverbreitung im World Wide Web ist dann nichts mehr zu machen.

Um sich abzusichern und trotzdem nicht auf diesen Spaß zu verzichten, bekam die Generation Z das Computerprogramm „Snapchat“. Diese Applikation erlaubt es, Fotos zu machen, die sich nach wenigen Sekunden selbst zerstören und deshalb auch nicht mehr weiter verbreitungsfähig sein sollten. Dass man – zumindest am Anfang – durch ein einfaches Kopieren des Bildschirminhaltes dieses Foto genauso sichern und verbreiten konnte, war aber den meisten offenbar eher digital-naiven Nutzern offenbar ebenso wenig bekannt wie das Potenzial des sich mit den Bildern aufbauenden „Shitstorms“ als unkontrollierbare Verleumdungs- und Kritikwelle im Internet.

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Cybermobbing und Cyberbullying als Ausdrucksform der Generation Z
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Die „kleinen Monster“ der Generation Z kämpfen über alle verfügbaren Kanäle nicht nur mit den anderen (älteren) Generationen, sondern richten über soziale Medien ihren Bannstrahl gerade gegen andere Vertreter ihrer Generation. Das Ergebnis ist dann Cyberbullying beziehungsweise Cybermobbing[18], ein Phänomen, von dem 39 Prozent der Jugendlichen in Deutschland zwischen 8 und 17 Jahren bereits betroffen sind[19]. Üblicherweise[20] versteht man darunter die bewusste und wiederkehrende Schädigung einer anderen Person durch soziale Medien, wobei Täter meist anonym bleiben, die Angriffe unkontrollierbare Verstärkung durch ein breites Publikum erfahren und die Opfer teilweise fast schon zufällig gefunden werden, dann aber in umgekehrter Weise durch einen lawinenartigen Verstärkungseffekt brutal in der Hilflosigkeit erstickt werden. Denn anders als bei „einfachem“ Mobbing oder Bullying gibt es selten eine persönliche 1:1-Beziehung. Vielmehr kann ein Täter viele kleine Monster auf den Weg schicken, die dann alle das eine Opfer treffen und manchmal sogar mit seinem Tod enden: Auch wenn in den dazu dokumentierten Fällen manchmal junge Erwachsene Auslöser waren, agierten dabei doch immer Kinder als monsterartige Multiplikatoren.[21]

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Jede Kritik an der jungen Generation ist gefährlich.
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Verglichen mit dem imposanten Altar, auf den die Lobpreisungen für die junge Generation mit ihrer Lebenswelt stehen, gibt es eindeutig seltener kritische Stellungnahmen.

Der Grund dafür liegt in einem fast schon automatisierten Generationen-Diskurs: Schreibt ein Babyboomer auch nur einen kritischen Halbsatz über die junge Generation, beweist er, dass er Angst hat, diese Generation nicht versteht und überhaupt nicht einmal den Einschaltknopf seines Computers findet.

Ganz schlimm aber wird es, wenn sich jemand aus der Generation Z kritisch mit der eigenen Generation auseinandersetzt. Ein Beispiel dafür ist Julia Engelmann. Auf YouTube[22] sieht man, wie sie in einem vollen Hörsaal verspielt-schüchtern ans Mikrofon tritt und sich in ihren Poetry-Slam-Vortrag „Eines Tages Baby“ mit ihrer eigenen Generation auseinandersetzt. Ihre Botschaft: Aufwachen und endlich Träume in die Tat umsetzen. Ansonsten bleibt nur die bedrohliche Konsequenz, am Ende dazustehen und zugeben zu müssen, dass man es eigentlich fast geschafft hätte – aber eigentlich doch nicht, und es jetzt zu spät ist. Man hätte das Leben leben können, hat es aber nicht. Auch wenn die Buchversion ihres Textes viele gute Rezensionen einsammelte, gab es massive Kritik, beispielsweise im Feuilleton der WELT[23]: „Trauriges Klischee einer Generation von Nichtsnutzen. Julia Engelmann positioniert sich [...] mit 22 noch gegen das Erwachsenwerden. Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern auch Rufmord an einer ganzen Generation.“ Aus ihrer Selbstkritik wird eine „persönliche Bestandsaufnahme einer jungen Frau, die sich ein wenig spätpubertär selbst reflektiert [...] ein trauriges Klischee einer vermeintlichen Generation von Nichtsnutzen, die viele Träume haben, aber vor lauter Katzenvideos auf YouTube nichts gebacken bekommen“. Sicherlich wird Julia Engelmann angesichts ihres Top-Ranges für die Buchfassung bei Amazon und rund 7 Millionen Aufrufe ihres Vortrages bequem mit dieser Kritik leben können. Trotzdem zeigt sie, wie gefährlich Selbstkritik der Generation Z sein kann.

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Selbstkritik der Generation Z ist noch gefährlicher.
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Das Gleiche erlebte eine andere Vertreterin der jungen Generation im SZ-Magazin[24] für ihren Artikel „Hilfe, die Welt will was von uns: Sie sind ängstlich, lieb und unfähig, Verantwortung zu übernehmen – was ist bloß mit der Generation der 25-Jährigen los?“. Auch gegen ihre Aussagen wie „wir sind vor allem süchtig danach, etwas zu sagen“, „Tendenz zur Affirmation“ und „Meine Generation macht einfach alles irgendwie ein bisschen“ hagelte es im Forum zu diesem Beitrag massive Kritik. Und das, obwohl beispielsweise ihre Schilderung einer Vorlesung wirklich makaber ist, bei der ein Professor auf eine neoliberale Rechtfertigung von Kinderarbeit keinen Widerspruch bekam, sondern lediglich ein „Oh Mann, so kommen wir mit dem Stoff ja nie bis Semesterende durch!“.

Also: Vorsicht mit Kritik und negativ wirkenden Erklärungen zur Generation Z!

Generation Z als Fragezeichen: Nichts Genaues wissen wir nicht!

Die Positionen der absoluten Heroisierung und des absoluten Verdammens lassen sich nur schwer in einen Kompromiss auflösen: Zu unterschiedlich liegen sie diametral gegenüber.

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Neo-Biedermeier als Lebensentwurf der Generation Z
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Wie perfekt eine Auseinandersetzung mit der jungen Generation in ein einziges großes Fragezeichen mündet, sah man bei einem Diskussionsabend an der Wirtschaftsuniversität Wien[25]: Da beklagt eine Studentin, dass Unternehmen ihr nicht genug „Respekt und Akzeptanz“ entgegen bringen, weshalb sie auch generell nicht in Unternehmen arbeiten wird. Dass hinter vielen Verhaltensweisen der Jugendlichen purer Individualismus (positiv formuliert) beziehungsweise purer Egoismus (negativ formuliert) steckt, darüber sind sich aber alle einig. Selbst ein Jahr in der Dritten Welt zu verbringen, kann danach als egozentrischen Grund den Wunsch zur Selbstverwirklichung haben und sich damit erklären lassen. Einig war man sich auch darüber, dass die Bereitschaft, sich zu Tode zu arbeiten, gesunken ist und ein Neo-Biedermeier regiert, bei dem die Familie und das Häuschen im Grünen dominieren.

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Auch andere Generationen haben „Nein“ gesagt.
Jetzt aber wird das „Nein“ akzeptiert.
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Bereits wegweisend und vielsagend ist die Überschrift des Berichts zur Veranstaltung: „Die Generation, die Nein sagen kann.“ Dahinter steckt zunächst einmal eine Generation, die tatsächlich Nein sagt. Sie weigert sich also, Dinge zu tun, die sie nicht will, und sie verweigert sich unter anderem den Karrieremustern der vorherigen Generationen. Interessant ist dabei das Wort „kann“: Bedeutet es nur „sie tut es“ oder bedeutet es auch, dass sie das Recht und die Möglichkeit hat? Was an dieser Stelle undiskutiert blieb: Auch die vorigen Generationen haben „nein“ gesagt: Die Babyboomer zum Vietnam-Krieg und zu vielen gesellschaftlichen Verwerfungen, die Generation X zum Leistungsstreben und die Generation Y teilweise zu ihrer eigenen Gesundheit. In allen diesen Fällen hat „die Gesellschaft“ dieses „Nein“ nicht akzeptiert und es massiv unterdrückt. Genau das aber ist anders: Das „Nein“ der Generation Z ist offenbar damit salonfähig und akzeptabel.

Demnach gibt es drei zentrale Probleme: Als reines Wahrnehmungsproblem scheint es schwierig zu sein, die Merkmale der Generation Z überhaupt angemessen zu erfassen. Als tiefer liegendes Erklärungsproblem fehlen Deutungsmuster, die das komplexe Zusammenspiel dieser Faktoren entschlüsseln und vor allem zeigen, dass in beiden empirisch beobachtbaren Extrempositionen Wahrheit steckt. Und schließlich bleibt das Gestaltungsproblem und die Frage, wie die Generation Z mit der Gesellschaft beziehungsweise die Gesellschaft mit der Generation Z umgehen sollte – was in beide Richtungen offenbar anders verläuft als früher.

Wo die empirische Basis liegt: Es gibt mehr Daten, als es den Anschein hat