Geschichten am Rand der Detonation - Armin Sengbusch - E-Book

Geschichten am Rand der Detonation E-Book

Armin Sengbusch

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Beschreibung

Armin Sengbusch hat Dialoge aufgeschrieben, die er so geführt hat. Jeder kennt solche Situationen, die aus der Hölle des Alltags stammen. Der Autor meint es gut, liegt vermeintlich richtig und erlebt immer wieder ein großes Desaster. Zuviel und zu schnell zu reden, bringt eben nicht immer Vorteile mit sich. Aber es gibt dadurch sehr lustige Dialoge.

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Seitenzahl: 68

Veröffentlichungsjahr: 2024

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Für die Unendlichkeit.

Nachdruck und Vervielfältigung jeder Art, auch auf Bild-, Ton-, Daten- und anderen Trägern, Fotokopie (auch zum »privaten« Gebrauch), Digitalisierung – in jedweder Form – sind nicht erlaubt und nur nach vorheriger Absprache mit dem Autor möglich.

Niemand mag Klugscheißer.

Inhalt

Der rechte Platz

Der Vordrängler

Das Grinsen

Erziehungsfragen

Logischer Transport

Fragwürdige Maskeraden

Nashörner und Tiger

Tierische Menschen

Blockadebrecher

Der Urinator

Wenn keiner guckt

Schmaler Grat

Der Abholschein

Mitgliedssache

Ganz weit vorn

Fast privat

Hilfsbereit

Mobil ist nicht gleich mobil

Ersatzkartendrama

Inkorrekte Reservierungen

Das kommt mir spanisch vor

Der Rechtsstaat

Kurz vor dem Abflug

Man kann ja nicht alles wissen

Um an eine andere Kasse zu gelangen,

bitte einmal rückwärts und dann

nach rechts oder links verwesen.

Der rechte Platz

Ich lebe immer kurz vor der Detonation. Ich sitze im Bus, komme gerade von einem kleinen Einkauf zurück und trage eine Mütze und einen Jutebeutel. Eine ältere Dame steigt ein. Ich lächle sie freundlich an und nicke ihr zu.

Ich: »Darf ich Ihnen meinen Sitzplatz anbieten?«

Sie: »Nein.«

Ich: »Entschuldigung.«

Sie: »Sie brauchen sich nicht entschuldigen! Ihren Platz nehme ich nicht! Es ist ja schon schlimm genug, dass jemand wie Sie den Bus benutzen darf.«

Ich: »Zunächst brauche ich mich nicht ZU entschuldigen, das ist eine simple Grammatikregel. Doch ich entschuldige mich gern, falls ich Ihnen zu nahegetreten bin. Und schließlich wüsste ich gern noch, wer ich bin.«

Sie: »Sie sind einer von den Nazis.«

Ich: »Aha. Und das wissen Sie, weil …?«

Sie: »Tun Sie nicht so! Ich habe den Bericht über Sie im Fernsehen gesehen!«

Ich: »Moment, ich war im Fernsehen?«

Sie: »Nicht Sie, aber Ihre Spießkumpanen: diese Typen mit Mützen und Stoffbeutel, die neuen Nazis. Schlimm genug, dass wir das schon mal hatten, aber sie kommen ja immer wieder.«

Ich: »Ja, das ist schlimm. Und jetzt sind alle Menschen mit Mütze und Jutebeutel Nazis? Ich war zum Beispiel gerade beim Einkaufen, verweigere seit 13 Jahren Plastiktüten und habe keine Haare.«

Sie: »Mit der Glatze trauen Sie sich wohl nicht mehr raus! Dann wüsste man ja gleich, wohin Sie gehören!«

Ich: »Das wissen SIE ja ohnehin schon ganz genau. Übrigens: Ist der Herr mit der Mütze da drüben und dem Jutebeutel auch ein Nazi? Muss ich den kennen?«

Sie: »Wenn Sie ihn nicht kennen, ist er wohl auch kein Nazi.«

Ich: »Ungern vermiese ich Ihnen den Gedankengang, aber ich kannte Herrn Hitler auch nicht.«

Sie: »Sie haben ja keine Ahnung!«

Ich: »Nein, natürlich nicht. Wissen Sie eigentlich, was ein Nazi ist?«

Sie: »Natürlich!«

Ich: »Vielleicht sehen wir das ja ähnlich: Aus meiner Sicht ist ein Nazi ein Mensch, der andere aufgrund von Äußerlichkeiten vorverurteilt, Worte für ihn erfindet und ihn gesellschaftlich ächtet.«

Sie: »Kommen Sie mir nicht mit Ihrem Propaganda-Mist!«

Ich: »Nein, keinesfalls. Schlimm wird es für Sie nur morgen, wenn ich mir eine Perücke aufsetze, eine Plastiktüte trage und Sie freundlich frage, ob sie diese Typen mit Mützen auch so schrecklich finden.«

Sie: »Wie meinen Sie das?«

Ich: »Wenn sich jemand verkleidet, erkennt man ihn nicht. Das ist das Komplizierte an der Menschheit, dass man nie weiß, was im anderen steckt. Wenn Sie mir morgen mit einem Jutebeutel und eine Mütze begegnen, weil Sie gerade einkaufen waren und es kalt ist, was mache ich dann mit Ihnen?«

Sie: »Aber die Dokumentation im Fernsehen…«

Ich: »…die war bestimmt super. Aber im Grunde genommen hat diese Dokumentation nur eine weitere Schublade geöffnet, die wir gar nicht brauchen.«

Sie: »Sind Sie denn nun ein Nazi?«

Ich: »Für diese Frage könnte ich Sie umarmen und allein das sollte Ihnen zeigen, dass ich kein Nazi bin. Fragen ist manchmal besser als vermuten.«

Sie: »Dann stehen Sie jetzt mal auf, junger Mann, und machen Platz für eine alte Dame!«

Ich: »Mist.«

Immerhin gibt es einen Nazi weniger auf der Welt, obwohl ich nie einer war. Dafür stehe ich natürlich auf, obwohl ich lieber sitzengeblieben wäre. Für den Weltfrieden mache ich das gern.

Der Vordrängler

Ich lebe immer kurz vor der Detonation. Vor wenigen Tagen stand ich am Tresen des Bäckers meines Vertrauens. Ich habe meinen Teil Lebenszeit mit dem Warten gefüllt, als mich die Verkäuferin freundlich anlächelt. Ich will gerade etwas bestellen, als sich ein Mann zwischen mich und den Tresen schiebt.

Er: »Geht auch ganz schnell!«

Ich: »Auf einen Quickie habe ich gerade keine Lust.«

Der Mann sieht mich verwirrt an, die Verkäuferin lacht.

Er: »Sex? Wie meinen Sie das?«

Ich: »Oh, kennen Sie die Geschichte mit den Bienen und den Blüten?«

Er: »Wollen Sie mich verarschen?«

Ich: »Ich bin doch kein Proktologe! So etwas müssen Sie schon selbst übernehmen.«

Er: »Kann ich dann jetzt?«

Ich: »Ich habe keine Ahnung, was Sie können.«

Er: »Ich will etwas bestellen!«

Ich: »Dann, äh, bestellen Sie sich doch hinter mir an.«

Er: »Ich hab's eilig!«

Ich: »Echt? Wo müssen Sie hin?«

Er: »Zur Arbeit!«

Ich: »Das ist tragisch. Soll ich Ihnen eine Entschuldigung schreiben?«

Die Verkäuferin prustet laut los.

Er: »Darauf kann ich verzichten, ich muss schnell zum Bus!«

Ich: »Naja, die Busse haben hier immer Verspätung, das weiß ich aus eigener Erfahrung. Da würde ich an Ihrer Stelle nicht auf die Minute gucken.«

Er (schüttelt genervt den Kopf): »Ich hätte schon längst bestellt haben können.«

Ich: »Ich auch!«

Er: »Aber bei mir ist es dringender!«

Ich: »Die Toiletten sind hier hinten links, das schaffen Sie noch.«

Er: »Haben Sie mal so richtig auf die Fresse bekommen?«

Ich: »Mehrfach. Vom Schmerzensgeld habe ich mir eine Bäckerei gekauft.«

Die Verkäuferin kichert.

Er: »Sie haben immer eine Antwort parat, was?«

Ich: »Nur, wenn mir jemand solche Steilvorlagen liefert. Möchten Sie noch etwas sagen?«

Er (dreht sich zur Kassiererin): »Zwei Croissants und eine Rosinenschnecke!«

Ich: »Lustig, das wollte ich auch bestellen. Ist aber nicht gut für die Figur.«

Verkäuferin (zeigt auf mich): »Ich glaube, der Herr war zuerst da!«

Er: »Mann, ich habe es wirklich eilig!«

Ich: »Hektik ist nicht gut für die Gesundheit! Der Herzinfarkt wartet bestimmt schon auf Sie. Dabei ist es hier ist es so gemütlich. Nehmen Sie Platz, bestellen Sie sich etwas und genießen Sie Ihr Frühstück mit einem frisch gebrühten Kaffee. Gibt es alles hier in der Bäckerei!«

Er: »Wissen Sie, wenn ich gewusst hätte, was für ein Klugscheißer am Tresen steht, hätte ich woanders angehalten. Wahrscheinlich sind Sie der Grund dafür, warum alle Busse hier immer Verspätung haben! Ich hatte zwei Minuten Zeit, um mir schnell mein Frühstück zu holen, zwei Minuten Zeit.«

Der Mann zeigt auf den Bus der Linie 25, der hinter meinem Rücken mit Warnblinker steht. Mein Gesicht läuft rot an und ich trete einen Schritt zurück. Der Mann bestellt, gibt sogar Trinkgeld und eilt dann zu seinem Arbeitsplatz zurück.

Klar, hätte er gleich sagen können, aber wenn man es eilig hat, kann das mal passieren.

Seit diesem Tag fahre ich nicht mehr mit dem Bus. Ich habe Angst, dass der Fahrer meinen Fahrschein für ungültig erklärt und mich mit Croissants bewirft. Verdient hätte ich es.

Das Grinsen

Ich lebe immer kurz vor der Detonation. Neulich in der U-Bahn. Mir gegenüber sitzt ein breitschultriger, muskulöser Mann. Ich sitze und lächle.

Er: »Was grinst du?«

Ich: »Ich verstehe die Frage nicht.«

Er: »Was du grinst!«

Ich: »Ich versuche es mal mit einer Interpretation: WAS ich grinse, ist wohl klar: Ich grinse ein Grinsen. Da du weißt, was ein Grinsen ist, möchtest du nicht wissen, was ich grinse, sondern eher, warum ich grinse. Ist das so?«

Er: »Halt‛s Maul, Alter!«

Ich: »Du hast mich doch was gefragt und ...

Er: »Ich hab‛ gesagt: Halt‛s Maul.«

Ich: »Moment! Du hast mich etwas gefragt und es wäre unhöflich, dann zu schweigen.«

Er: »Ich hau dir Eine rein!«

Ich: »Das wäre angesichts der Kameras hier dann wieder ein Grund zum Grinsen.«

Er: »Scheiß auf die Kameras, ich mach dich platt!«

Ich: »Und vorher bläst du dich auf, ich sehe schon.«

Er: »Alter!«

Ich: »Ja, richtig, ich könnte dein Vater sein.«

Er: »Halt‛s Maul, ich fick‛ deine Mutter!«