Gespenstergeschichten - Jakob Elias Poritzky - E-Book

Gespenstergeschichten E-Book

Jakob Elias Poritzky

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Beschreibung

Dieses eBook: "Gespenstergeschichten" ist mit einem detaillierten und dynamischen Inhaltsverzeichnis versehen und wurde sorgfältig korrekturgelesen. Jakob Elias Poritzky, eigentlich: Isaak Porycki (1876 - 1935) war ein deutscher Schriftsteller und Theater-Regisseur russischer Herkunft. Aus dem Buch: "Der Garten war ganz in magischem Licht gebadet, und ich sah deutlich die dünnen Zweige der Sträucher, an denen kaum das erste Grün sproßte. Es war der achte oder neunte Mai - eine wundervolle Frühlingsnacht. Es war, als sei ein schwarzblauer Baldachin über dem Garten ausgebreitet, der mit blanken Messingnägeln am Himmel befestigt worden sei. Das zärtliche Himmelslicht überflutete mit seinem Silberschein den stillen Garten, der wie im Zauberschlaf dalag, als hätte Gott die Nacht auch für ihn gemacht, wie er sie für die Menschen geschaffen hat, damit sie in Bewußtlosigkeit versinken und alles Leid des Tages vergessen. Eine unbestimmte qualvolle Unruhe erfüllte mich, als ich die schwarze Dame betrachtete." Inhalt: Muabali Die versunkene Stadt Die Versteinerten Das Gespenst Bachar Japhet

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Jakob Elias Poritzky

Gespenstergeschichten

Spannende Gruselgeschichten: Muabali + Die versunkene Stadt + Die Versteinerten + Das Gespenst + Bachar Japhet

e-artnow, 2015
ISBN 978-80-268-4140-1

Inhaltsverzeichnis

Muabali
Die versunkene Stadt
Die Versteinerten
Das Gespenst
Bachar Japhet

Muabali

Inhaltsverzeichnis

Am Ende hängen wir doch ab Von Kreaturen, die wir machten.

Goethe.

Als ich jüngst nach Hause kam – ich war in einer Gesellschaft, und ich gestehe, daß ich dort ein bißchen viel von dem schweren Burgunder getrunken hatte – und eben die Tür hinter mir geschlossen hatte, hörte ich plötzlich ein klägliches Gewimmer auf der Treppe. Es war nachts zwischen zwölf und ein Uhr; aber ich ängstigte mich durchaus nicht während dieser verruchten Stunde, die den unheilspinnenden Geistern gehört. Wenn diese verfluchten Seelen wandern müssen – was geht es mich an?

Ah, und doch …

Als ich noch einmal die Tür öffnete, um zu erlauschen, wer so verzweifelt jammerte, konnte ich nicht den geringsten Laut eines lebendigen Wesens vernehmen. Zu sehen war nichts; der Treppenflur war teerschwarz. Ich fragte, wer da sei, horchte eine Weile mit gespannter Ängstlichkeit in die Finsternis hinaus, aber es erfolgte keine Antwort. Nur hatte ich, während all meine Nerven etwas Ungewöhnliches erwarteten, das bestimmte grauenvolle Gefühl, als sei jemand an mir vorbeigeschlichen und in den langen Korridor meiner Wohnung hereingekommen und habe sich da verborgen. Das Wimmern in dem Treppenhause war verstummt. Ich fürchtete mich, die Korridortür zu schließen, damit ich – im Falle sich jemand eingeschlichen haben sollte, von dem mir Gefahr drohte – nicht von den übrigen Hausbewohnern abgeschnitten sei, und suchte nun mit fieberigen Händen nach Streichhölzern.

Ehedem hatte ich – wie viele Raucher – in jedem Zimmer, wo es gerade anging, eine Schachtel mit Feuerzeug liegen; aber seit die Zündhölzer so teuer geworden sind, beschränke ich mich darauf, eine einzige Schachtel im Gebrauch zu haben, die ich bei mir trage. Ich wollte Licht anzünden, aber es war kein Hölzchen mehr in dem Kästchen. Auch in der Küche fand ich keins. Indes ich angstvoll und nervös nach dem Feuerzeug suchte, schlich etwas um mich herum – ich streckte die Hand aus gut Glück in die leere Dunkelheit hinein; aber ich griff ins schwarze Nichts.

»Wer ist denn da!« rief ich, heiß vor Angst und Erregung.

Keine Antwort.

»Ich werde schießen,« drohte ich laut, um die Wellen der Furcht, die in mir hochgingen, durch den Lärm meiner eigenen Worte zu besänftigen.

Aber es erfolgte keine Antwort …

Dann, fast wahnsinnig vor Wut und Grauen, warf ich mich zu Boden und begann leise umherzukriechen, immer hoffend und fürchtend, etwas Gräßliches zu greifen oder von einer übernatürlichen Erscheinung ergriffen zu werden. Die Narkose der Dunkelheit betäubte mich fast, und das Herz klopfte mir bis in den Hals hinauf. Indes ich so auf den Knien umherkroch, zornig und furchtsam zugleich, stieß mein Kopf plötzlich mit solcher Heftigkeit an die scharfe Kante irgendeines Möbels, daß ich bewußtlos wurde und umsank.

Ich weiß nicht, wie lange ich so gelegen haben mochte; als ich wieder zu mir gekommen war, lag ich auf der Chaiselongue in meinem Zimmer, ohne daß ich wußte, wie ich dahin gelangt war. Als ich aufschaute, sah ich – so wahr ich lebe! – eine schöne Frauengestalt neben mir stehen, die in völliges Schwarz gekleidet war. Bleiches grünes Mondlicht fiel zum Fenster herein und erhellte mein Zimmer so gut, daß ich ganz deutlich das Gesicht der seltsamen Frau betrachten konnte, die schweigend neben mir stand.

Ihr Antlitz war gelb wie altes Elfenbein und mit einem blumigen Hauch getönt – wie jene kostbaren gelben Rosen, die so stark duften – und ihre Augen waren auffallend leuchtend und groß. Plutarch erinnert daran, daß die Pupillen der Katze im Vollmond sich erweitern, beim Abnehmen des Mondes sich aber wieder zusammenziehen und an Glanz einbüßen. Daran mußte ich denken, als ich die sonderbaren und unwirklich großen Augen der schweigsamen Frau sah. Ihr kleiner, schöngeschweifter Mund war rot wie Kirschsaft.

Ich schnellte empor und rieb mir den Kopf, der von dem Stoß noch heftig schmerzte. Jetzt fiel mir wieder alles ein, und es überlief mich schaurig, als striche mir eine Totenhand über den Körper.

»Wer sind Sie?« fragte ich; »wie kommen Sie hierher? Waren Sie es, die so gejammert hat, wie ein kleines, hilfloses Kind? Warum schlichen Sie sich so verstohlen ein und auf diese seltsame Weise?«

Und als sie noch immer nicht antwortete, schrie ich, maßlos vor Erregung: »Was wollen Sie?«

Die Kopfhaut tat mir weh vor wahnsinniger Angst. Und im stillen dachte ich: »Was alles in diesem Berlin passiert!«

Ich richtete noch einen ganzen Schwall törichter, konventioneller Fragen an sie; aber ich fragte nur aus Angst und durchaus nicht aus Neugierde. Denn je mehr ich fragte, desto klarer wurde es in mir, daß dies nicht mit rechten Dingen zugehen konnte. Das erste, was ich mir dann im stillen vornahm, war dies: keinem Menschen von dem Erlebnis zu erzählen. Niemand wird mir das glauben, sagte ich zu mir; meine Freunde werden sagen, ich hätte geträumt oder sei betrunken gewesen. Sie werden mich auslachen, obwohl sie genau wissen, daß gerade mir immer die sonderbarsten Dinge begegnen.

Die schwarze Unbekannte stand noch immer neben mir, ohne sich zu bewegen, nur ihre Augen funkelten und glänzten wie Jett.

Die lächerlichsten Gedanken huschten durch meinen Kopf. Ich wollte ans Fenster stürzen und in den Garten hinunterspringen; ich wollte an die Rettungsstation telephonieren, die Polizei herbeirufen, wollte durch mein Geschrei den Portier des Hauses wecken, der wahrscheinlich wie ein Brummkreisel schnarchte, während ich hier in tausend Ängsten stand; aber als ob dies sonderbare, stumme Wesen neben mir gehört hätte, wie ich diese feigen Vorsätze in mir erwog, lachte es jetzt. Ich stellte mir immer vor, daß Gespenster so lachen müßten, wie meine Unbekannte lachte.

Sie hielt mir die Hand hin, die ich begierig ergriff. Ihre Hand war weich wie Sammet, warm, allerliebst, reizend, fein, zart und eigenartig; eine seltsame, gefährliche, nervöse Hand, deren Nägel sich wie sanfte Krallen in mein Fleisch preßten.

Sie winkte mir, ihr zu folgen.

Und wir schritten zum Fenster; aber ich hörte nur meine Schritte auf dem Teppich.

»Schlafe ich denn, zum Teufel?« fragte ich mich wieder und sah mich im Zimmer um, wo alles – Bücher, Bilder, Vasen – an gewohnter Stelle stand. Kein Zweifel, ich war vollkommen wach …

Wie ich in den Garten des Hauses gekommen bin, weiß ich nicht mehr. Ob wir hinuntersprangen oder flogen – bei Gott! – ich weiß es nicht mehr.

Der Garten war ganz in magischem Licht gebadet, und ich sah deutlich die dünnen Zweige der Sträucher, an denen kaum das erste Grün sproßte. Es war der achte oder neunte Mai – eine wundervolle Frühlingsnacht. Es war, als sei ein schwarzblauer Baldachin über dem Garten ausgebreitet, der mit blanken Messingnägeln am Himmel befestigt worden sei. Das zärtliche Himmelslicht überflutete mit seinem Silberschein den stillen Garten, der wie im Zauberschlaf dalag, als hätte Gott die Nacht auch für ihn gemacht, wie er sie für die Menschen geschaffen hat, damit sie in Bewußtlosigkeit versinken und alles Leid des Tages vergessen. Eine unbestimmte qualvolle Unruhe erfüllte mich, als ich die schwarze Dame betrachtete.

Das verführerische Gestirn beglänzte ihre biegsame Gestalt, und als von einem Dache der angrenzenden Häuser das sehnsüchtige Klagen umherstreichender Katzen herabscholl, winkte sie stumm hinauf, als wollte sie sagen: »Ich komme gleich!« vielleicht hatte sie auch Macht über sie und gebot ihnen nur zu schweigen.

Die Luft war warm und umfloß mich wie ein Bad.

Ich betrachtete meine stumme Begleiterin jetzt genauer und glaubte sie endlich als eine Gestalt wiederzuerkennen, die mir manchmal in meinen Träumen begegnet war,

»Bist du es?« fragte Ich, aber meine eigene Stimme schien von weit, weit her zu kommen und klang fremd. »Bist du Muabali?«

Sie nickte.

»Aus Ägypten? … Die Königin?«

Sie nickte wieder und schmiegte sich an mich, als ob sie gestreichelt sein wollte. Ich liebkoste sie und sie reckte sich vor Wohlbehagen …